S 2 LW 652/04

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 2 LW 652/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 LW 4/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Unter Aufhebung des Bescheides vom 29.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2004 wird die Beklagte verpflichtet, die Klägerin auch für die Zeit vom 01.09.2003 bis 31.10.2004 von der Versicherungspflicht zu befreien.

2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Befreiung der Klägerin noch für die Zeit ab 01.10.2003 bis 31.10.2004 von der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse und hierbei insbesondere um die Frage, ob der Bezug von Erziehungsgeld als ein Befreiungstatbestand nach § 3 ALG zu verstehen ist.

Die 1980 geb. und jetzt 26-jährige Klägerin ist seit 17.05.2000 mit dem Beigeladenen, Herrn C., geb. 1970, verheiratet. Die Klägerin und ihr Ehemann sind die Eltern aufgrund von Adoption der 2000 geborenen Zwillinge E. und F., die ihr zur Pflege ab dem 24.04.2003 mit dem Ziel der Adoption gegeben wurden. Die Klägerin bezieht seit dem 24.04.2003 Erziehungsgeld in Höhe von monatlich 614,00 Euro. Mit Bescheid vom 24.09.2003 stellte die Beklagte zunächst ab dem 01.01.2003 Versicherungspflicht des Ehemannes als Landwirt zur Landwirtschaftlichen Alterskasse fest. Auf dessen Antrag hin befreite sie ihn mit Bescheid vom 09.12.2003 ab dem 01.01.2003 bis zum 31.08.2003, weil er die entsprechende Einkommensgrenze überschreite. Mit weiterem Bescheid vom 09.12.2003 lehnte sie die Befreiung ab dem 01.09.2003 ab, weil er seit diesem Zeitpunkt nur noch Arbeitslosenhilfe beziehe und es sich hierbei nicht um ein Erwerbsersatzeinkommen im Sinne eines Befreiungstatbestandes handele.

Mit Bescheid vom 04.11.2003 stellte die Beklagte ab dem 01.01.2003 Versicherungspflicht der Klägerin als Ehefrau eines Landwirts fest. Auf Antrag der Klägerin vom 16.12.2003 befreite die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 29.01.2004 ab dem 01.01.2003 von der Versicherungspflicht, weil sie die entsprechende Einkommensgrenze überschreite.

Mit weiterem Bescheid vom 29.01.2004 stellte sie ab 01.10.2003 Versicherungspflicht der Klägerin als Ehefrau eines Landwirts fest und hob insofern die Befreiung wieder auf.

Hiergegen legte die Klägerin am 25.02.2004 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, sie sei wegen Kindererziehung zu befreien. Seit ihrer Existenzgründung hätten sie kein Einkommen über 15.500 EUR. Es reiche kaum zum Leben. Über die Erziehungszeiten reichte sie eine Bescheinigung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ein.

Mit weiterem Bescheid vom 02.03.2004 stellte die Beklagte Befreiung von der Versicherungspflicht für die Zeit vom 01.05.2003 bis 31.08.2003 für die Dauer der Erziehungszeit fest,

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die maßgebliche Mindestgröße betrage 5 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Der Ehemann der Klägerin bewirtschafte seit 01.01.2003 0,36 ha Ackerland, 5,44 ha Grünland, 0,56 ha Forst, 0,77 ha Unland, 0,02 ha Gartenland und 0,05 ha Hof- und Gebäudefläche. Damit überschreite er die Mindestgröße. Die Versicherungspflicht sei gesetzlich auch für Ehegatten geregelt. Nach dem Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte würden ab Beginn des Pflegeverhältnisses Kindererziehungszeiten vom 01.05.2003 – 31.08.2003 angerechnet werden. Hierbei sei auch berücksichtigt worden, dass sich die Kindererziehungszeit um Zeiten der Erziehung von zwei Kindern verlängere.

Hiergegen hat die Klägerin am 15.07.2004 die Klage erhoben. Sie trägt vor, sie erhalte Erziehungsgeld bis zum 23.04.2005 in Höhe von monatlich 614 EUR und damit über dem Mindestbetrag von 400 EUR. Es handele sich um Erwerbersatzeinkommen. Es stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit dem von den Eltern erzielten Erwerbseinkommen und sei keine kindergeldbezogene Leistung. Auch das BSG gehe von einem Erwerbersatzeinkommen aus. Nr. 1 des § 3 Abs. 1 ALG werde nicht durch Nr. 2 verdrängt.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 29.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von der Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland auch für die Zeit vom 01.09.2003 bis 31.10.2004 zu befreien.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf den Inhalt der Verwaltungsakte und trägt ergänzend vor, Erziehungsgeld solle nicht in erster Linie Erwerbseinkommen ersetzen, sondern diene überwiegend anderen Funktionen.

Mit Bescheid vom 24.05.2005 hat die Beklagte die Klägerin ab dem 17.03.2005 von der Versicherungspflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 (Pflege eines Pflegebedürftigen) befreit. In der mündlichen Verhandlung hat sie weiter ein Teilanerkenntnis für den Zeitraum ab dem 01.11.2004 abgegeben, das die Klägerin angenommen hat.

Mit Beschluss vom 01.02.2006 hat die Kammer die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 29.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2004 ist, soweit er durch das Teilanerkenntnis der Beklagten nicht erledigt ist, rechtswidrig und war daher aufzuheben. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG auch für die Zeit vom 01.10.2003 bis 31.10.2004.

Versicherungspflichtig sind Landwirte. Landwirt ist, wer als Unternehmer ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft betreibt, das die Mindestgröße erreicht. Unternehmer ist, wer seine berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Unternehmen der Landwirtschaft sind Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues, der Fischzucht und der Teichwirtschaft; die hierfür genutzten Flächen gelten als landwirtschaftlich genutzte Flächen. Zur Bodenbewirtschaftung gehören diejenigen wirtschaftlichen Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer, die der Unternehmer zum Zwecke einer überwiegend planmäßigen Aufzucht von Bodengewächsen ausübt, sowie die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, sofern diese nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung rechnet. Ein Unternehmen der Landwirtschaft erreicht dann die Mindestgröße, wenn sein Wirtschaftswert einen von der Landwirtschaftlichen Alterskasse im Einvernehmen mit dem Gesamtverband der Landwirtschaftlichen Alterskassen und der Berücksichtigung der örtlichen oder regionalen Gegebenheiten festgesetzten Grenzwert erreicht; der Ertragswert für Nebenbetriebe bleibe hierbei unberücksichtigt. Landwirt nach Absatz 2 ist nicht, wer ein Unternehmen der Landwirtschaft ohne die Absicht der nachhaltigen Gewinnerzielung betreibt. Der Ehegatte eines Landwirts gilt als Landwirt, wenn beide Ehegatten nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte nicht voll erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ist; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Die Ehegatten sind verpflichtet, innerhalb von drei Monaten nach Übernahme des Unternehmens der Landwirtschaft oder, sofern die Eheschließung nach der Übernahme des Unternehmens der Landwirtschaft erfolgt, innerhalb von drei Monaten nach der Eheschließung gegenüber der zuständigen landwirtschaftlichen Alterskasse zu erklären, welcher Ehegatte das Unternehmen als Landwirt nach Absatz 2 betreibt. Sie können innerhalb dieser Frist auch erklären, dass sie beide das Unternehmen gemeinschaftlich betreiben. Wird eine Erklärung nicht fristgerecht abgegeben, bestimmt die landwirtschaftliche Alterskasse, welcher Ehegatte Landwirt nach Absatz 2 ist. Tritt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ein, kann innerhalb von drei Monaten gegenüber der landwirtschaftlichen Alterskasse erneut erklärt werden, welcher der Ehegatten das Unternehmen betreibt oder dass beide das Unternehmen gemeinschaftlich betreiben. Betreibt jeder der Ehegatten ein Unternehmen der Landwirtschaft, sind beide Landwirte nach Absatz 2. Die Sätze 1 bis 7 gelten entsprechend für Ehegatten von Unternehmern, die ein Unternehmen der Imkerei, der Binnenfischerei oder der Wanderschäferei betreiben (vgl. § 2 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte vom 29.07.1994 in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 21.12.2000, BGBl. I S. 1983 – ALG -).

Streitig ist zwischen den Beteiligten nach dem Teilanerkenntnis der Beklagten lediglich das Vorliegen eines Befreiungstatbestandes noch für den Zeitraum 01.10.2003 bis 31.10.2004. Nicht streitig ist zwischen den Beteiligten, dass der Beigeladene Inhaber einer Fläche ist, die die Mindestgröße für eine Versicherungspflicht nach § 1 ALG erreicht. Der Kammer sind keine Umstände ersichtlich, die an der Überschreitung der Mindestgröße Anlass zu zweifeln gäben. Von daher ist grundsätzlich von einer Versicherungspflicht der Klägerin auszugehen.

Die Klägerin hat aber entgegen der Auffassung der Beklagten einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht, weil die Voraussetzungen hierfür für den strittigen Zeitraum vorliegen. Erziehungsgeld ist als Erwerbersatzeinkommen im Sinne des § 3 Abs. 1 ALG anzusehen.

Landwirte und mitarbeitende Familienangehörige werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit, so lange sie 1. regelmäßig Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, vergleichbares Einkommen oder Erwerbsersatzeinkommen beziehen, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft jährlich 4.800 Euro überschreitet 2. wegen Erziehung eines Kindes in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie nach § 56 Abs. 4 SGB VI von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind 3. wegen der Pflege eines Pflegebedürftigen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie von der Versicherungspflicht befreit sind, oder 4. wegen der Ableistung von Wehr- oder Zivildienst in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind oder nur deshalb nicht versicherungspflichtig sind, weil sie versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind (§ 3 Abs. 1 ALG).

Erwebersatzeinkommen sind Leistungen, die aufgrund oder in entsprechender Anwendung öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht werden, um Erwerbersatzeinkommen zu ersetzen. Hierzu zählen insbesondere Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztenkrankengeld, soweit es nicht nach § 55 SGB VII gewährt wird oder Übergangsgeld, Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem 3. Buch Sozialgesetzbuch und vergleichbare Leistungen von einem Sozialleistungsträger (§ 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 Nr. 2 ALG).

Die Klägerin hat im strittigen Zeitraum Erziehungsgeld in Höhe von monatlich 614 EUR erhalten. Dieser Betrag lag über der Mindestgrenze von jährlich 4.800 Euro bzw. bei monatlichem Einkommen von 400 Euro monatlich.

Erziehungsgeld ist als Erwerbersatzeinkommen auch im Sinne des § 3 ALG anzusehen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, ist der Charakter einer Sozialleistung als Lohnersatzleistung nicht anhand des konkreten Einzelfalles, sondern generell anhand der gesetzlichen Zweckbestimmung einer solchen Leistung zu bestimmen ist. Sicherlich ist das Erziehungsgeld nicht unmittelbar den typischen Lohnersatzleistungen, wie etwa dem Krankengeld, dem Verletztengeld oder dem Arbeitslosengeld gleichzustellen. Andererseits kann ihm aber nicht jeglicher Lohnersatzcharakter abgesprochen werden. Das Erziehungsgeld wurde als neuartige Sozialleistung mit dem Gesetz über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub vom 6. Dezember 1985 (BGBl I S. 2154) eingeführt. Das Erziehungsgeld ist nicht danach ausgestaltet worden, tatsächliche Einkommenseinbußen konkret auszugleichen oder den tatsächlichen Betreuungsaufwand zu entschädigen; es will vielmehr die Betreuung und Erziehung eines Kindes durch eine nicht voll erwerbstätige sorgeberechtigte Person in der ersten Lebensphase des Kindes allgemein fördern, indem für Mütter und Väter eine größere Wahlfreiheit zwischen der Tätigkeit für die Familie und einer Erwerbstätigkeit geschaffen wird. Dementsprechend hat der Gesetzgeber, in die Begünstigungen durch das Bundeserziehungsgeldgesetz nicht nur selbständig Tätige und im Betrieb ihres Ehemannes helfende Frauen einbezogen, sondern auch Mütter, die vor der Geburt ihres Kindes nicht erwerbstätig waren. Daraus ergibt sich jedoch kein ausschlaggebendes Argument gegen die Behandlung des Erziehungsgeldes als einer Lohnersatzleistung. Denn das Erziehungsgeld verfolgt zumindest auch den Zweck, den in aller Regel stattfindenden wirtschaftlichen Nachteil einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit während und wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes auszugleichen. Dem entspricht es, dass das Erziehungsgeld nur zusteht, wenn der Antragsteller in der Erziehungszeit keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 1992, Az: 7 RAr 12/91, SozR 3-4100 § 113 Nr. 1 = NZS 1992, 105 = SGb 1993, 230, zitiert nach juris, Rdnr. 29 f.)

Wenn auch diese Entscheidung des BSG zu arbeitsförderungsrechtlichen Bestimmungen ergangen ist, so misst die Kammer diesen Ausführungen gleichfalls Bedeutung für § 3 ALG zu. Die Charakterisierung als Lohnersatzleistung kann nicht jeweils gebietsspezifisch unterschiedlich angenommen werden. Somit ist davon auszugehen, dass Erziehungsgeld grundsätzlich als Lohnersatzleistung zu verstehen ist.

Entgegen der von der Kammer zunächst in ihrer Verfügung vom 06.09.2005 geäußerten Rechtsauffassung, an der nach nochmaliger Prüfung nicht mehr festgehalten wird, was die Kammer mit den Beteiligten auch bereits in der mündlichen Verhandlung erörtert hat, spricht auch die Systematik und die von der Beklagten angeführte Vorschrift nach § 3 Abs. 4 Satz 4 ALG nicht dafür, dass der Befreiungstatbestand wegen der Erziehung eines Kindes nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 ALG eine abschließende Befreiungsmöglichkeit wegen der Erziehung von Kindern regelt. Insofern handelt es sich nicht um eine gegenüber Nr. 1 speziellere Vorschrift. Die in Abs. 4 Satz 4 genannten Leistungen wie Kinderzuschuss, Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen, die ausdrücklich außer Betracht zu bleiben haben, führen gerade das Erziehungsgeld nicht auf. Insofern musste im Jahr 1994 bei Verabschiedung des ALG dem Gesetzgeber die Auffassung des BSG zum Erziehungsgeld bekannt gewesen sein.

Soweit das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz im Urteil vom 03.07.2003, Az.: L 5 LW 4/03, juris davon ausgeht, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht wegen der Erziehung eines Kindes nur in den ersten 36 Lebensmonaten des Kindes möglich ist, was auch für Adoptiveltern, bei denen typischerweise erst einige Zeit nach der Geburt des Kindes die Erziehung beginne, gelte, lag dem Sachverhalt offensichtlich kein weiterer Bezug von Erziehungsgeld zugrunde. Zwar baut § 3 ALG wesentlich auf den rentenversicherungsrechtlichen Vorschriften auf, die eine entsprechende Sonderregelung für Adoptiveltern nicht kennen, was für eine rentenrechtliche Vorläufervorschrift vom Bundessozialgericht, Urteil vom 28.11.1990, Az.: 4 RA 40/90 grundsätzlich als verfassungsgemäß angesehen wurde. Gleichfalls sieht Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.01.2004, Az.: L 8 RA 33/03, juris es als verfassungsgemäß an, dass anders als in § 4 Abs. 1 Satz 2 BErzGG § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI keine Sonderregelung hinsichtlich des Beginns und der Dauer von Erziehungszeiten bei angenommenen Kindern getroffen hat. Das ALG baut jedoch nur bezüglich der Kindererziehungszeiten nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 auf den rentenversicherungsrechtlichen Zeiten auf, die im Regelfall auch mit den Zeiten des Bezugs von Erziehungsgeld korrelieren. Andererseits ist aber ein wesentlicher Befreiungstatbestand das Erzielen eines Einkommens und hat der Gesetzgeber das Erziehungsgeld als Einkommensart nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Angesichts der vorherigen Rechtsprechung des BSG zur Charakterisierung des Erziehungsgeldes wäre dies aber zu erwarten gewesen, hätte er das Erziehungsgeld nicht als "vergleichbare Leistung" i. S. d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ALG ansehen wollen.

Nach allem war der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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