Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RA 779/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 4018/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 R 29/07 BH
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 16. Dezember 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Anpassung der Regelaltersrente des Klägers für das Jahr 2002.
Der 1927 geborene Kläger bezieht ab 01.04.1989 von der Beklagten Altersruhegeld und erhielt von der deutschen Post AG eine Mitteilung über die Rentenanpassung zum 01.07.2002, wonach sich der Zahlbetrag seiner monatlichen Rente um circa 20 Euro erhöhen werde.
Hiergegen hat er mit Schriftsatz am 17.07.2002 unter Hinweis auf seine früheren Gerichtsverfahren wegen Rentenanpassungen (u. a. mit dem Az. S 31 RA 418/95) Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben. Sein Rechtsmittel hat er damit begründet, dass bei der Rentenerhöhung das Gleichheitsprinzip gegenüber anderen Berufsgruppen verletzt werde. Auch für die Entscheidung über eine Rentenerhöhung sei die Mitwirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen gewerkschaftsähnlichen Institution so wie bei den Tarifpartnern in der Arbeitswelt erforderlich.
Die Beklagte hat sich unter Verweis auf § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zunächst geweigert, ein Widerspruchsverfahren durchzuführen, weil bereits Klagen des Klägers hinsichtlich der Rentenanpassung für die Jahre 2000 und 2001 beim SG anhängig seien und die Rentenanpassung für das Jahr 2002 in engem sachlichen Zusammenhang mit dem dortigen Streitstoff stünden.
Durch Gerichtsbescheid vom 16. Dezember 2003 hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 01.07.2002 mit der Begründung abgewiesen, dass die Beklagte die Rentenanpassung in richtiger Anwendung der verfassungsgemäßen Vorschriften der §§ 68, 69, 255 c SGB VI vorgenommen habe.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgerichts (LSG) eingelegt und beantragt, die Rechtsfrage einer unzureichenden Rentenanpassung dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Die Rentner seien eine Berufsgruppe und müssten wie alle anderen vergleichbaren Gruppen in Deutschland gleich behandelt werden. Bei der Rentenerhöhung müsse die Mitwirkung einer Rentnervereinigung erfolgen. Daher sei die Bundesregierung sein eigentlicher Prozessgegner.
Am 10.06.2005 hat der Kläger direkt beim LSG eine "Erweiterungsklage" gegen die Rentenanpassung zum 01.07.2005 erhoben. In diesem Verfahren sind die Beteiligten nach Erörterung am 05.08.2005 übereingekommen, zunächst bei der Beklagten ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheides vom Juli 2002 zurück.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 16. Dezember 2003 sowie des Bescheides vom Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2005 zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2002 höhere Rente zu zahlen.
Die Beklagte beantragte, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG). Insbesondere ist die Anfechtungsklage nunmehr zulässig, weil ein Widerspruchsverfahren ordnungsgemäß abgeschlossen wurde.
Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger wendet sich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG gegen die Rentenanpassungsmitteilung der Beklagten zum 01.07.2002, die inhaltlich die Erhöhung des aktuellen Rentenwertes zum 01.07.2002 auf 25,86 EUR anstelle des bis zum 30.06.2002 geltenden aktuellen Rentenwertes von 25,31406 EUR/49,51 DM (01.07.2001) betrifft. Bei dieser Rentenanpassungsmitteilung handelt es sich um einen Verwaltungsakt, durch den die Festsetzung des monatlichen Wertes seines Rechts auf Altersrente gemäß der in der Anpassungsmitteilung genannten Veränderungsformel erhöht wird (vgl. Urteil des BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 13). Dies zeigt sich auch anhand des Wortlauts der Regelung des Gesetzgebers zu § 255c SGB VI, wonach Widerspruch und Klage gegen die Veränderung des Zahlbetrags der Rente keine aufschiebende Wirkung haben.
Der Regelungsgehalt dieser Rentenanpassungsmitteilung erschöpft sich aber auch schon in der zeitlich begrenzten, wertmäßigen Fortschreibung eines bereits zuerkannten Rechts auf Rente, hier bezogen auf den Zeitraum vom 01.07.2002 bis 30.06.2003. Die vom Kläger ebenfalls beanstandete Rentenanpassungsmitteilung für den Zeitraum ab 01.07.2005 ist bereits Gegenstand eines Vorverfahrens/Widerspruchsverfahrens und unterliegt nicht im Sinne von § 96 SGG der Prüfung im vorliegenden Berufungsverfahren (vgl. Urteil des BSG vom 24.07.2003, Az.: B 4 RA 62/02 R). Rentenanpassungsmitteilungen enthalten jeweils selbstständig anfechtbare Verwaltungsakte über die wertmäßigen Fortschreibungen eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente durch Feststellung des Veränderungsfaktors. Diese Feststellungen stehen rechtlich und faktisch neben den Feststellungen des jeweiligen Geldwertes eines Rechts oder Anspruchs. Spätere Rentenanpassungsmitteilungen ändern weder die Wertfestsetzung in frühe-ren Rentenbescheiden noch die Rentenanpassungsmitteilungen der vorhergehenden Jahre ab noch ersetzen sie diese.
Soweit der Kläger seinen Rentenanspruch insgesamt hinsichtlich der Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung vom Senat überprüft wissen will, wie er es z.B. in seinem Berufungsschriftsatz vom 13.01.2004 und dem im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz zum Ausdruck bringt, ist eine Klage hiergegen unzulässig. Zur jährlichen individuellen Rentenanpassung ist ausschließlich über den Grad der Änderung des bereits festgestellten Geldwertes des Stammrechts zu entscheiden. Dazu werden weder die Regelungen noch die sie tragenden Rechenschritte der Rentenwertfestsetzung ("Grundbescheid") sämtlich oder teilweise wiederholt (vgl. Schon BSGE 63, 266, 267 = SozR 3642 § 9 Nr. 3, 6, 8; SozR 3-1300 § 31 Nr. 13, 17, 24); entsprechend führen Grundbescheidsmängel nicht zur Rechtswidrigkeit von Anpassungsbescheiden (vgl. BSGE 63, 266, 267; SozR 3-1300 § 31 Nr 13, 17, 24, Urteil des BSG vom 31. 7. 2002 - B 4 RA 120/00 R, Gliederungspunkt 2.1). Insoweit fehlte es mangels erneuter Entscheidung der Beklagten an einem Rechtsschutzbedürfnis. Dasselbe gilt auch für die zukünftigen Auswirkungen (z.B. die Rentenanpassung im Jahr 2003) der mit § 255e SGB VI im Jahre 2002 eingeführten neuen Rentenformel.
Sachlicher Gegenstand des Verfahrens ist es damit, ob die Beklagte die Rentenanpassung für das Jahr 2002 richtig vorgenommen hat. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich nicht in der vom SG zitierten Vorschrift des § 255 c SGB VI. Diese Vorschrift ist durch Art. 22 Nr. 5 des HaushaltssanierungsG vom 22.12.1999 eingefügt worden und betraf ursprünglich die Renten-anpassung für die Jahre 2000 und 2001. Im Rahmen des Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG) vom 21. März 2001 sowie das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz -AVmG) vom 26. Juni 2001 wurde die Rückkehr zur Anpassung entsprechend der Entgeltentwicklung der Arbeitnehmer beschlossen und § 255 c auf das Jahr 2000 begrenzt (Art. 1 Nr. 51 AVmEG). Damals handelte es sich um eine Aussetzung der Anpassung an die durchschnittliche Bruttolohnentwicklung lediglich im Ausmaß eines Inflationsausgleichs.
Für das Jahr 2002 erfolgte die Rentenanpassung gemäß der Verordnung zur Anpassung der Renten im Jahre 2002 (Rentenanpassungsverordnung 2002 - RAV 2002) vom 7. Juni 2002 (BGBl. I S. 1799).
Rentenanpassungen finden seit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten - Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) vom 23.02.1957 (BGBl I, 45) statt (Dynamisierung). Sie sollten seither nicht mehr nur ein Zuschuss zum Lebensunterhalt sein, sondern den durch versichertes Arbeitseinkommen erworbenen Anteil des Lebensstandards nach dem Maß der eigenen Vorleistung bewahren. Entsprechend orientierte sich die Anpassung grundsätzlich an der aktuellen Entwicklung der beitragsbelasteten Arbeitsverdienste der aktuell zwangsversicherten Arbeitnehmer. Insoweit wird den Vorstellungen des Klägers über die Gestaltung der Lohnentwicklung durch Partner der Tarifautonomie durchaus Rechnung getragen. Bis zur Einführung des SGB VI, zum 01.07.1992, erfolgte eine bruttolohnbezogene Anpassung. Nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI ist diese Anpassung seither auch an die Belastung mit Sozialabgaben gekoppelt und berücksichtigt daher durchaus auch die wirtschaftliche Situation der Arbeitnehmer. Mit der Verordnungsermächtigung nach § 69 SGB VI wird die Bundesregierung zur Änderung des aktuellen Rentenwertes ermächtigt. Dennoch ist gemäß § 65 SGB VI die Anpassung im Einzelfall durch die Rentenversicherungsträger erforderlich. Deren Durchführung erfolgt bei laufenden Renten, wie bereits ausgeführt, gem. § 119 Abs. 2 durch die Deutsche Post AG.
Auf Grund der Ermächtigung der §§ 69 Abs. 1 und 255b Abs. 1 des SGB VI bestimmte die Bundesregierung, dass der aktuelle Rentenwert vom 1. Juli 2002 an 25,86 Euro beträgt, ohne dass dieses Bedenken begegnet. Durch Form und Inhalt der geschehenen Rentenanpassung ist der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.
An der Vereinbarkeit der Rentenanpassungsverordnung wie auch des § 69 SGB VI mit der Verfassung hat der Senat keine Zweifel. Zunächst erhöht sich für den Kläger die Rente für das Jahr 2002 in dem durch die Rentenformel vorgesehenen Umfang. Der aktuelle Rentenwert beträgt 25,86 Euro und hat sich gegenüber dem bisherigen Wert von 48,58 DM (ab 01.01.2002 von 25,31406 Euro) um 2,16 % erhöht. Im Vergleich dazu lag die Rentenerhöhung im Jahr 2000 bei 0,6 % und 2001 bei 1,91 %.
Der Kläger ist durch die zum 01.07.2002 getroffene Regelung eines Austausches des aktuellen Rentenwertes auch noch nicht von einer Reduzierung der Anpassung um den Altersvorsorgeanteil getroffen, wie ihn § 255e SGB VI für zukünftige Jahre vorsieht. Die Rentenformel hat zwar insoweit durch die Einbeziehung eines Altersvorsorgeanteils der privaten Altersvorsorge (sog. Riesterrente ) eine Reduzierung bewirkt (vgl. § 255e SGB VI). Diese modifizierte Nettoanpassungsformel verändert von der Rentenanpassung zum 01.07.2001 an bis zur Rentenanpassung 01.07.2010 die allgemeine Regelung zur Rentenanpassung nach § 68 SGB VI. Dieser Zeitraum entspricht im wesentlichen dem Zeitraum der stufenweisen Einführung der steuergeförderten privaten Altersvorsorge (Altersvorsorgeanteil). Demgemäss entfaltet diese neue Rentenformel aber erst mit Beginn der Förderung der privaten Altersvorsorge im Jahre 2002 ihre Wirkung und führt erst bei der Rentenanpassung 2003 zur Berücksichtigung eines Altersvor-sorgeanteils. Mit ihm wird der Anstieg der steuerlich geförderten Beiträge zur privaten Alterssicherung unabhängig von ihrem tatsächlichen Volumen auf die Anpassung der Renten zurückgekoppelt (vgl. Ruland, Rentenversicherung nach der Reform - vor der Reform, NZS 2001, S.395). Anpassungswirksam wächst der Altersvorsorgeanteil von 2002 an mit jährlich 0,5% des Einkommens in Schritten von einem halben Prozentpunkt bis 2009 auf 4%. Das wird bei den Rentenanpassungen um ein Jahr zeitverzögert erstmals im Jahre 2003 und letztmals 2010 berücksichtigt.
Auch das BSG hat keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anpassung im Jahre 2002. Nach dem Urteil vom 21.11.2003 (Az. B 4 RA 23/04 B) entsprechen die Anpassungen der Renten zum 01.07.2001, 01.07.2002 und 01.07.2003 den gesetzlichen Vorgaben der §§ 68, 255 e, 255 f SGB VI. Die §§ 68, 255 e und 255 f SGB VI in der Fassung des AVmEG sind verfassungsgemäß. Bereits im Urteil vom 31.07.2002 in der Streitsache B 4 RA 120/00 R (BSGE 90, 11-27; SozR 3-2600 § 255c Nr. 1) hat danach das BSG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung zum 01.07.2000 nur in Höhe der Inflationsrate (§ 255 c SGB VI) entschieden, dass dadurch weder die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG noch das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und mit dem Rechtsstaatsprinzip garantierte Teilhaberecht verletzt sind. Dies gilt nach Auffassung des BSG auch für die Regelungen der §§ 68, 255 e, 255 f SGB VI in der Fassung des AVmEG, da diese Regelungen gegenüber der des § 255 c SGB VI für die Rentner eine Verbesserung darstellen. Denn der Gesetzgeber ist ab 2001 zu einer modifizierten Bruttoanpassung gegenüber der noch für 2000 geltenden Rentenanpassung im Rahmen eines Inflationsausgleichs zurückgekehrt.
Der Senat hält im Übrigen auch den mit der Riesterrente verfolgten Plan für verfassungsgemäß. Damit verfolgt der Gesetzgeber legitime Ziele. Ziel dieser Reform ist die langfristige Stabilisierung des Beitragssatzes. Parallel dazu wird im AVmG eine verstärkte private Altersvorsorge der Versicherten empfohlen und auch in erheblichem Umfang durch steuerliche Vergünstigungen oder Zuschüsse gefördert. Der Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung soll die Möglichkeit erhalten, seine Altersvorsorge sachgerecht seinen persönlichen Lebensverhältnissen anzupassen. Flankierend kommen andere die Struktur der Rentenversicherung verbessernde Maßnahmen, wie z.B. Einschnitte in der Hinterbliebenenversorgung und die Einbeziehung weiterer Einkommensarten in die Einkommensanrechnung, hinzu, die nicht ausschließlich nur Rentenempfänger wie den Kläger betreffen. Übergangs- und Vertrauensschutzregelungen gewährleisten im Übrigen, dass die bereits laufenden Renten in ihrem Umfang unverändert bleiben und erst bei künftigen Anpassungen durch die neue Rentenanpassungsformel die Erhöhung gebremst wird. Derartige Inhalts- und Schrankenbestimmung durch den Gesetzgeber sind, wie das SG zurecht ausgeführt hat, nicht rechtswidrig. Die Kürzung sowohl von Rentenansprüchen als auch von Rentenanwartschaften wird allgemein als Inhalts- und Schrankenbestimmung angesehen (Sodan, Verfassungsrechtliche Determinanten der gesetzlichen Rentenversicherung NZS 2005, 561). Sie greifen in die Interessen der Beteiligten nicht ohne Grund oder übermäßig ein (BVerfGE 18, 121). Der Abflachung des Anstiegs der Rentenkurve zwischen 2003 und 2010 durch die Einführung einer "modifizierten Nettoanpassungsformel" steht die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge mit staatlicher Förderung in Form von Zulagen und Steuerfreibeträgen gegenüber. Daher werden die Belastungen der Versicherten durch die geschmälerten Rentenaussichten abgemildert. Die Stabilisierung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Rentensystems wird damit wieder eher gewährleistet. Im übrigen steht dem Gesetzgeber bei der Feststellung der Erforderlichkeit einer Maßnahme eine weite Einschätzungsprärogative zu. Die verfassungsrechtliche Prüfungskompetenz be-schränkt sich hier auf eine Evidenzkontrolle (Siehe etwa BVerfGE 76, 220, 241). Ein staatlicher Grundrechtseingriff erweist sich erst als unangemessen und damit unverhältnismäßig, wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit nicht mehr gewahrt ist. Bei der Abwägung zwischen der Belastung des Versicherten durch die Schmälerung der Rentenansprüche und -anwartschaften einerseits sowie der Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits muss beachtet werden, dass der Versicherte in ein Solidarsystem eingebunden ist und nicht nur die Chancen, sondern grundsätzlich auch die Risiken dieses Systems trägt. Mehr als andere Eigentumspositionen weisen sozialversicherungsrechtliche Ansprüche und Anwartschaften einen sozialen Bezug auf.
Im übrigen gebietet Art. 3 GG (Gleichbehandlungsgebot) die Generationengerechtigkeit, was insbesondere bei langfristig wirkenden Rentenreformen Beachtung finden muss. Besonderheiten ergeben sich vor allem bei der Vergleichsgruppenbildung zwischen derzeitigen Bestandsrentnern einerseits und zukünftigen Rentenbeziehern, die gegenwärtig noch Beitragszahler und Zugangsrentner sind, andererseits (vgl. zu alledem, Sodan: Verfassungsrechtliche Determinanten der gesetzlichen Rentenversicherung, NZS 05. 561). Solange bisher die demographische Last allein von den Beitragszahlern getragen worden ist, kann auch von den Rentenbeziehern ein mäßiger Anteil eingefordert werden. Dieser ist sozialverträglich ausgestaltet (kein Eingriff in die eigentliche Substanz, sondern bei der Anpassung) und wird in Schritten über die Jahre 2003 bis 2010 gestreckt. Der Eingriff ist im Übrigen weit geringer als er zunächst durch das Rentenreformgesetz 1999 (Absenkung des Rentenniveaus auf 64%) beabsichtigt war (vgl. Wiechmann, Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung 2003, DAngVers 2003, S. 307, 309).
Die vom Kläger angestrebte Beteiligung einer gewerkschaftsähnlichen Institutionen an der Festlegung der jährlichen Rentenanpassung ist von der geltenden Rechtsordnung, deren Gestaltung dem Gesetzgeber obliegt, nicht vorgesehen. Das Fehlen einer solchen Mitwirkungsberechtigung erweist sich auch unter keinem ersichtlichen Aspekt als verfassungswidrig.
Die Berufung des Klägers ist demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat sieht keine Veranlassung, die Revision zulassen (§ 160 Absatz 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG). Insbesondere hat sich das BSG, wie oben ausgeführt, schon mit der Frage auseinander gesetzt, ob die Rentenanpassung für das Jahr 2002 der geltenden Rechtsordnung und insbesondere der Verfassung entspricht.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Anpassung der Regelaltersrente des Klägers für das Jahr 2002.
Der 1927 geborene Kläger bezieht ab 01.04.1989 von der Beklagten Altersruhegeld und erhielt von der deutschen Post AG eine Mitteilung über die Rentenanpassung zum 01.07.2002, wonach sich der Zahlbetrag seiner monatlichen Rente um circa 20 Euro erhöhen werde.
Hiergegen hat er mit Schriftsatz am 17.07.2002 unter Hinweis auf seine früheren Gerichtsverfahren wegen Rentenanpassungen (u. a. mit dem Az. S 31 RA 418/95) Klage beim Sozialgericht München (SG) erhoben. Sein Rechtsmittel hat er damit begründet, dass bei der Rentenerhöhung das Gleichheitsprinzip gegenüber anderen Berufsgruppen verletzt werde. Auch für die Entscheidung über eine Rentenerhöhung sei die Mitwirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen gewerkschaftsähnlichen Institution so wie bei den Tarifpartnern in der Arbeitswelt erforderlich.
Die Beklagte hat sich unter Verweis auf § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zunächst geweigert, ein Widerspruchsverfahren durchzuführen, weil bereits Klagen des Klägers hinsichtlich der Rentenanpassung für die Jahre 2000 und 2001 beim SG anhängig seien und die Rentenanpassung für das Jahr 2002 in engem sachlichen Zusammenhang mit dem dortigen Streitstoff stünden.
Durch Gerichtsbescheid vom 16. Dezember 2003 hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 01.07.2002 mit der Begründung abgewiesen, dass die Beklagte die Rentenanpassung in richtiger Anwendung der verfassungsgemäßen Vorschriften der §§ 68, 69, 255 c SGB VI vorgenommen habe.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgerichts (LSG) eingelegt und beantragt, die Rechtsfrage einer unzureichenden Rentenanpassung dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Die Rentner seien eine Berufsgruppe und müssten wie alle anderen vergleichbaren Gruppen in Deutschland gleich behandelt werden. Bei der Rentenerhöhung müsse die Mitwirkung einer Rentnervereinigung erfolgen. Daher sei die Bundesregierung sein eigentlicher Prozessgegner.
Am 10.06.2005 hat der Kläger direkt beim LSG eine "Erweiterungsklage" gegen die Rentenanpassung zum 01.07.2005 erhoben. In diesem Verfahren sind die Beteiligten nach Erörterung am 05.08.2005 übereingekommen, zunächst bei der Beklagten ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheides vom Juli 2002 zurück.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 16. Dezember 2003 sowie des Bescheides vom Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2005 zu verurteilen, ihm ab 1. Juli 2002 höhere Rente zu zahlen.
Die Beklagte beantragte, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG). Insbesondere ist die Anfechtungsklage nunmehr zulässig, weil ein Widerspruchsverfahren ordnungsgemäß abgeschlossen wurde.
Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger wendet sich mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG gegen die Rentenanpassungsmitteilung der Beklagten zum 01.07.2002, die inhaltlich die Erhöhung des aktuellen Rentenwertes zum 01.07.2002 auf 25,86 EUR anstelle des bis zum 30.06.2002 geltenden aktuellen Rentenwertes von 25,31406 EUR/49,51 DM (01.07.2001) betrifft. Bei dieser Rentenanpassungsmitteilung handelt es sich um einen Verwaltungsakt, durch den die Festsetzung des monatlichen Wertes seines Rechts auf Altersrente gemäß der in der Anpassungsmitteilung genannten Veränderungsformel erhöht wird (vgl. Urteil des BSG SozR 3-1300 § 31 Nr. 13). Dies zeigt sich auch anhand des Wortlauts der Regelung des Gesetzgebers zu § 255c SGB VI, wonach Widerspruch und Klage gegen die Veränderung des Zahlbetrags der Rente keine aufschiebende Wirkung haben.
Der Regelungsgehalt dieser Rentenanpassungsmitteilung erschöpft sich aber auch schon in der zeitlich begrenzten, wertmäßigen Fortschreibung eines bereits zuerkannten Rechts auf Rente, hier bezogen auf den Zeitraum vom 01.07.2002 bis 30.06.2003. Die vom Kläger ebenfalls beanstandete Rentenanpassungsmitteilung für den Zeitraum ab 01.07.2005 ist bereits Gegenstand eines Vorverfahrens/Widerspruchsverfahrens und unterliegt nicht im Sinne von § 96 SGG der Prüfung im vorliegenden Berufungsverfahren (vgl. Urteil des BSG vom 24.07.2003, Az.: B 4 RA 62/02 R). Rentenanpassungsmitteilungen enthalten jeweils selbstständig anfechtbare Verwaltungsakte über die wertmäßigen Fortschreibungen eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente durch Feststellung des Veränderungsfaktors. Diese Feststellungen stehen rechtlich und faktisch neben den Feststellungen des jeweiligen Geldwertes eines Rechts oder Anspruchs. Spätere Rentenanpassungsmitteilungen ändern weder die Wertfestsetzung in frühe-ren Rentenbescheiden noch die Rentenanpassungsmitteilungen der vorhergehenden Jahre ab noch ersetzen sie diese.
Soweit der Kläger seinen Rentenanspruch insgesamt hinsichtlich der Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung vom Senat überprüft wissen will, wie er es z.B. in seinem Berufungsschriftsatz vom 13.01.2004 und dem im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Schriftsatz zum Ausdruck bringt, ist eine Klage hiergegen unzulässig. Zur jährlichen individuellen Rentenanpassung ist ausschließlich über den Grad der Änderung des bereits festgestellten Geldwertes des Stammrechts zu entscheiden. Dazu werden weder die Regelungen noch die sie tragenden Rechenschritte der Rentenwertfestsetzung ("Grundbescheid") sämtlich oder teilweise wiederholt (vgl. Schon BSGE 63, 266, 267 = SozR 3642 § 9 Nr. 3, 6, 8; SozR 3-1300 § 31 Nr. 13, 17, 24); entsprechend führen Grundbescheidsmängel nicht zur Rechtswidrigkeit von Anpassungsbescheiden (vgl. BSGE 63, 266, 267; SozR 3-1300 § 31 Nr 13, 17, 24, Urteil des BSG vom 31. 7. 2002 - B 4 RA 120/00 R, Gliederungspunkt 2.1). Insoweit fehlte es mangels erneuter Entscheidung der Beklagten an einem Rechtsschutzbedürfnis. Dasselbe gilt auch für die zukünftigen Auswirkungen (z.B. die Rentenanpassung im Jahr 2003) der mit § 255e SGB VI im Jahre 2002 eingeführten neuen Rentenformel.
Sachlicher Gegenstand des Verfahrens ist es damit, ob die Beklagte die Rentenanpassung für das Jahr 2002 richtig vorgenommen hat. Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich nicht in der vom SG zitierten Vorschrift des § 255 c SGB VI. Diese Vorschrift ist durch Art. 22 Nr. 5 des HaushaltssanierungsG vom 22.12.1999 eingefügt worden und betraf ursprünglich die Renten-anpassung für die Jahre 2000 und 2001. Im Rahmen des Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG) vom 21. März 2001 sowie das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz -AVmG) vom 26. Juni 2001 wurde die Rückkehr zur Anpassung entsprechend der Entgeltentwicklung der Arbeitnehmer beschlossen und § 255 c auf das Jahr 2000 begrenzt (Art. 1 Nr. 51 AVmEG). Damals handelte es sich um eine Aussetzung der Anpassung an die durchschnittliche Bruttolohnentwicklung lediglich im Ausmaß eines Inflationsausgleichs.
Für das Jahr 2002 erfolgte die Rentenanpassung gemäß der Verordnung zur Anpassung der Renten im Jahre 2002 (Rentenanpassungsverordnung 2002 - RAV 2002) vom 7. Juni 2002 (BGBl. I S. 1799).
Rentenanpassungen finden seit dem Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten - Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) vom 23.02.1957 (BGBl I, 45) statt (Dynamisierung). Sie sollten seither nicht mehr nur ein Zuschuss zum Lebensunterhalt sein, sondern den durch versichertes Arbeitseinkommen erworbenen Anteil des Lebensstandards nach dem Maß der eigenen Vorleistung bewahren. Entsprechend orientierte sich die Anpassung grundsätzlich an der aktuellen Entwicklung der beitragsbelasteten Arbeitsverdienste der aktuell zwangsversicherten Arbeitnehmer. Insoweit wird den Vorstellungen des Klägers über die Gestaltung der Lohnentwicklung durch Partner der Tarifautonomie durchaus Rechnung getragen. Bis zur Einführung des SGB VI, zum 01.07.1992, erfolgte eine bruttolohnbezogene Anpassung. Nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI ist diese Anpassung seither auch an die Belastung mit Sozialabgaben gekoppelt und berücksichtigt daher durchaus auch die wirtschaftliche Situation der Arbeitnehmer. Mit der Verordnungsermächtigung nach § 69 SGB VI wird die Bundesregierung zur Änderung des aktuellen Rentenwertes ermächtigt. Dennoch ist gemäß § 65 SGB VI die Anpassung im Einzelfall durch die Rentenversicherungsträger erforderlich. Deren Durchführung erfolgt bei laufenden Renten, wie bereits ausgeführt, gem. § 119 Abs. 2 durch die Deutsche Post AG.
Auf Grund der Ermächtigung der §§ 69 Abs. 1 und 255b Abs. 1 des SGB VI bestimmte die Bundesregierung, dass der aktuelle Rentenwert vom 1. Juli 2002 an 25,86 Euro beträgt, ohne dass dieses Bedenken begegnet. Durch Form und Inhalt der geschehenen Rentenanpassung ist der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.
An der Vereinbarkeit der Rentenanpassungsverordnung wie auch des § 69 SGB VI mit der Verfassung hat der Senat keine Zweifel. Zunächst erhöht sich für den Kläger die Rente für das Jahr 2002 in dem durch die Rentenformel vorgesehenen Umfang. Der aktuelle Rentenwert beträgt 25,86 Euro und hat sich gegenüber dem bisherigen Wert von 48,58 DM (ab 01.01.2002 von 25,31406 Euro) um 2,16 % erhöht. Im Vergleich dazu lag die Rentenerhöhung im Jahr 2000 bei 0,6 % und 2001 bei 1,91 %.
Der Kläger ist durch die zum 01.07.2002 getroffene Regelung eines Austausches des aktuellen Rentenwertes auch noch nicht von einer Reduzierung der Anpassung um den Altersvorsorgeanteil getroffen, wie ihn § 255e SGB VI für zukünftige Jahre vorsieht. Die Rentenformel hat zwar insoweit durch die Einbeziehung eines Altersvorsorgeanteils der privaten Altersvorsorge (sog. Riesterrente ) eine Reduzierung bewirkt (vgl. § 255e SGB VI). Diese modifizierte Nettoanpassungsformel verändert von der Rentenanpassung zum 01.07.2001 an bis zur Rentenanpassung 01.07.2010 die allgemeine Regelung zur Rentenanpassung nach § 68 SGB VI. Dieser Zeitraum entspricht im wesentlichen dem Zeitraum der stufenweisen Einführung der steuergeförderten privaten Altersvorsorge (Altersvorsorgeanteil). Demgemäss entfaltet diese neue Rentenformel aber erst mit Beginn der Förderung der privaten Altersvorsorge im Jahre 2002 ihre Wirkung und führt erst bei der Rentenanpassung 2003 zur Berücksichtigung eines Altersvor-sorgeanteils. Mit ihm wird der Anstieg der steuerlich geförderten Beiträge zur privaten Alterssicherung unabhängig von ihrem tatsächlichen Volumen auf die Anpassung der Renten zurückgekoppelt (vgl. Ruland, Rentenversicherung nach der Reform - vor der Reform, NZS 2001, S.395). Anpassungswirksam wächst der Altersvorsorgeanteil von 2002 an mit jährlich 0,5% des Einkommens in Schritten von einem halben Prozentpunkt bis 2009 auf 4%. Das wird bei den Rentenanpassungen um ein Jahr zeitverzögert erstmals im Jahre 2003 und letztmals 2010 berücksichtigt.
Auch das BSG hat keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anpassung im Jahre 2002. Nach dem Urteil vom 21.11.2003 (Az. B 4 RA 23/04 B) entsprechen die Anpassungen der Renten zum 01.07.2001, 01.07.2002 und 01.07.2003 den gesetzlichen Vorgaben der §§ 68, 255 e, 255 f SGB VI. Die §§ 68, 255 e und 255 f SGB VI in der Fassung des AVmEG sind verfassungsgemäß. Bereits im Urteil vom 31.07.2002 in der Streitsache B 4 RA 120/00 R (BSGE 90, 11-27; SozR 3-2600 § 255c Nr. 1) hat danach das BSG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung zum 01.07.2000 nur in Höhe der Inflationsrate (§ 255 c SGB VI) entschieden, dass dadurch weder die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG noch das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und mit dem Rechtsstaatsprinzip garantierte Teilhaberecht verletzt sind. Dies gilt nach Auffassung des BSG auch für die Regelungen der §§ 68, 255 e, 255 f SGB VI in der Fassung des AVmEG, da diese Regelungen gegenüber der des § 255 c SGB VI für die Rentner eine Verbesserung darstellen. Denn der Gesetzgeber ist ab 2001 zu einer modifizierten Bruttoanpassung gegenüber der noch für 2000 geltenden Rentenanpassung im Rahmen eines Inflationsausgleichs zurückgekehrt.
Der Senat hält im Übrigen auch den mit der Riesterrente verfolgten Plan für verfassungsgemäß. Damit verfolgt der Gesetzgeber legitime Ziele. Ziel dieser Reform ist die langfristige Stabilisierung des Beitragssatzes. Parallel dazu wird im AVmG eine verstärkte private Altersvorsorge der Versicherten empfohlen und auch in erheblichem Umfang durch steuerliche Vergünstigungen oder Zuschüsse gefördert. Der Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung soll die Möglichkeit erhalten, seine Altersvorsorge sachgerecht seinen persönlichen Lebensverhältnissen anzupassen. Flankierend kommen andere die Struktur der Rentenversicherung verbessernde Maßnahmen, wie z.B. Einschnitte in der Hinterbliebenenversorgung und die Einbeziehung weiterer Einkommensarten in die Einkommensanrechnung, hinzu, die nicht ausschließlich nur Rentenempfänger wie den Kläger betreffen. Übergangs- und Vertrauensschutzregelungen gewährleisten im Übrigen, dass die bereits laufenden Renten in ihrem Umfang unverändert bleiben und erst bei künftigen Anpassungen durch die neue Rentenanpassungsformel die Erhöhung gebremst wird. Derartige Inhalts- und Schrankenbestimmung durch den Gesetzgeber sind, wie das SG zurecht ausgeführt hat, nicht rechtswidrig. Die Kürzung sowohl von Rentenansprüchen als auch von Rentenanwartschaften wird allgemein als Inhalts- und Schrankenbestimmung angesehen (Sodan, Verfassungsrechtliche Determinanten der gesetzlichen Rentenversicherung NZS 2005, 561). Sie greifen in die Interessen der Beteiligten nicht ohne Grund oder übermäßig ein (BVerfGE 18, 121). Der Abflachung des Anstiegs der Rentenkurve zwischen 2003 und 2010 durch die Einführung einer "modifizierten Nettoanpassungsformel" steht die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge mit staatlicher Förderung in Form von Zulagen und Steuerfreibeträgen gegenüber. Daher werden die Belastungen der Versicherten durch die geschmälerten Rentenaussichten abgemildert. Die Stabilisierung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Rentensystems wird damit wieder eher gewährleistet. Im übrigen steht dem Gesetzgeber bei der Feststellung der Erforderlichkeit einer Maßnahme eine weite Einschätzungsprärogative zu. Die verfassungsrechtliche Prüfungskompetenz be-schränkt sich hier auf eine Evidenzkontrolle (Siehe etwa BVerfGE 76, 220, 241). Ein staatlicher Grundrechtseingriff erweist sich erst als unangemessen und damit unverhältnismäßig, wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit nicht mehr gewahrt ist. Bei der Abwägung zwischen der Belastung des Versicherten durch die Schmälerung der Rentenansprüche und -anwartschaften einerseits sowie der Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits muss beachtet werden, dass der Versicherte in ein Solidarsystem eingebunden ist und nicht nur die Chancen, sondern grundsätzlich auch die Risiken dieses Systems trägt. Mehr als andere Eigentumspositionen weisen sozialversicherungsrechtliche Ansprüche und Anwartschaften einen sozialen Bezug auf.
Im übrigen gebietet Art. 3 GG (Gleichbehandlungsgebot) die Generationengerechtigkeit, was insbesondere bei langfristig wirkenden Rentenreformen Beachtung finden muss. Besonderheiten ergeben sich vor allem bei der Vergleichsgruppenbildung zwischen derzeitigen Bestandsrentnern einerseits und zukünftigen Rentenbeziehern, die gegenwärtig noch Beitragszahler und Zugangsrentner sind, andererseits (vgl. zu alledem, Sodan: Verfassungsrechtliche Determinanten der gesetzlichen Rentenversicherung, NZS 05. 561). Solange bisher die demographische Last allein von den Beitragszahlern getragen worden ist, kann auch von den Rentenbeziehern ein mäßiger Anteil eingefordert werden. Dieser ist sozialverträglich ausgestaltet (kein Eingriff in die eigentliche Substanz, sondern bei der Anpassung) und wird in Schritten über die Jahre 2003 bis 2010 gestreckt. Der Eingriff ist im Übrigen weit geringer als er zunächst durch das Rentenreformgesetz 1999 (Absenkung des Rentenniveaus auf 64%) beabsichtigt war (vgl. Wiechmann, Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung 2003, DAngVers 2003, S. 307, 309).
Die vom Kläger angestrebte Beteiligung einer gewerkschaftsähnlichen Institutionen an der Festlegung der jährlichen Rentenanpassung ist von der geltenden Rechtsordnung, deren Gestaltung dem Gesetzgeber obliegt, nicht vorgesehen. Das Fehlen einer solchen Mitwirkungsberechtigung erweist sich auch unter keinem ersichtlichen Aspekt als verfassungswidrig.
Die Berufung des Klägers ist demnach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat sieht keine Veranlassung, die Revision zulassen (§ 160 Absatz 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG). Insbesondere hat sich das BSG, wie oben ausgeführt, schon mit der Frage auseinander gesetzt, ob die Rentenanpassung für das Jahr 2002 der geltenden Rechtsordnung und insbesondere der Verfassung entspricht.
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