Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RA 354/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 4062/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 19. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1954 geborene Kläger war nach Abschluss einer Lehre als Funkmechaniker in diesem Beruf und später als Wartungstechniker für Telefonanlagen tätig. Nach seiner Übersiedlung aus der früheren DDR im Jahre 1988 arbeitete er als Nachrichtengerätemechaniker; ab 1996 übte er die Tätigkeit eines Kundenberaters in einem Versicherungsunternehmen aus, zuletzt in Teilzeit (20 Wochenstunden). Seit 04.05.2000 besteht Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit.
Aus einem in der Zeit vom 17.05. bis 14.06.2000 durchgeführten Heilverfahren wurde der Kläger wegen eines noch fortbestehenden Reizzustandes im Bereich der Halswirbelsäule als arbeitsunfähig, jedoch im Übrigen mit der Beurteilung einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten eines Kundenberaters bei Vermeidung von Zwangshaltungen für die LWS und häufigen Überkopftätigkeiten entlassen (Entlassungsdiagnosen: Chronisch-rezidivierendes HWS-Syndrom mit Funktionsstörung der Kopfgelenke, Blockierung und muskulärer Dysbalance, pseudoradikuläres Lumbal-Syndrom, BS-Prolaps L4/S1 und ISG-Affektion links, reaktive Depression mit Panikattacken, Dorsalgie bei muskulärer Dysbalance, Tinnitus links). Die Fortführung der während der Heilbehandlung durchgeführten psychotherapeutischen Behandlung wurde wegen reduzierter psychischer Belastbarkeit empfohlen.
Der Kläger, der dem Ergebnis des Entlassungsberichts widersprach, stellte am 29.08.2000 bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, den er mit zwei Bandscheibenvorfällen, Wirbelsäulenbeschwerden und Tinnitusleiden begründete. Er legte dazu Atteste der behandelnden Ärzte Dr.S. (Internist), Dr.N. (Orthopäde), Dr.N. (HNO-Arzt) und Dr.H. (Nervenarzt) vor. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 18.01.2001 mit der Begründung ab, der Kläger sei trotz "Wirbelsäulenbeschwerden ohne wesentliche funktionelle Störungen oder Nervenausfälle bei Bandscheibenschäden, beginnenden Hüftgelenksarthrosen und einer hypochondrischen Störung mit Beschwerdeüberlagerung ohne Leistungsminderung" noch in der Lage, in seinem bisherigen Berufsbereich sowie auf dem allgemeinen Arbeitsfeld weiterhin vollschichtig tätig zu sein. Grundlage waren Begutachtungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet vom 07.11.2000 bzw. 11.12.2000. Der Orthopäde Dr.S. hatte den Kläger wegen eines chronischen Wirbelsäulensyndroms und initialen Coxarthrosen als Kundenberater bzw. für Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne Witterungseinflüsse und ohne länger andauernde einseitige Wirbelsäulenhaltungen für vollschichtig einsatzfähig gehalten. Der Nervenarzt Dr.D. hatte eine hypochondrische Störung sowie eine Somatisierungsstörung erhoben und Tätigkeiten als Kundenberater bei einer Versicherung halb- bis unter vollschichtig, sonstige Büroarbeiten ohne ausschließliches Telefonieren für vollschichtig möglich gehalten.
Der Widerspruch des Klägers gegen den ablehnenden Rentenbescheid, den dieser nicht begründete, blieb erfolglos (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 29.06.2001).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) machte der Kläger geltend, aufgrund der Schwere der einzelnen Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem, orthopädischem und HNO-ärztlichem Gebiet nicht mehr zu vollschichtiger Erwerbstätigkeit in der Lage zu sein; ein leistungsgerechter Teilzeitarbeitsplatz stehe ihm nicht zur Verfügung.
Das SG holte Befundberichte und ärztliche Unterlagen des Dr.N. , Dr.H. , Dr.N. und Dr.S. ein und zog die Schwerbehindertenakten des Amtes für Versorgung und Familienförderung N. bei (GdB 50).
Es holte im Wege der Beweisaufnahme zunächst ein Gutachten des Orthopäden Dr.K. vom 20.03.2002 ein, in dem dieser die Diagnosen erhob: "Impingementsyndrom linkes Schultergelenk; Bandscheibenprotrusion L4/L5, minimal L5/S1; Bandscheibenprotrusion HW6/HW7; chronisch-rezidivierendes Cervikalsyndrom mit Streckfehlstellung im Bereich der mittleren und unteren Segmente; leichtgradige thorakolumbale Skoliose; pseudoradikuläres Lumbalsyndrom". Fachfremd erwähnte der Gutachter eine hypochondrische Störung, eine multiple Somatisierungsstörung, einen Zustand nach Hörsturz linksseitig November 1997, vestibuläre Störungen mit Schwindelattacken, gering- bis mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit linksseitig sowie Tinnitus beidseitig. Der Gutachter hielt leichte Arbeiten in wechselnder Stellung ohne besondere nervliche Belastung (Zeitdruck, Wechsel- und Nachtschicht, hohe Verantwortung), ohne besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems (überwiegendes Stehen oder Gehen, häufiges Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken oder Überkopfarbeit, Zwangshaltungen, häufiges Steigen), ohne ungünstige äußere Bedingungen (Tätigkeiten im Freien, Einfluss von Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen, Nässe und Lärm) und ohne Unfallgefährdung (Arbeiten auf Leitern und Gerüsten) vollschichtig bzw. mindestens sechs Stunden täglich auch als Kundenberater für möglich. Es sei gegenüber den Untersuchungsergebnissen durch Dr.S. im Rentenverfahren keine Änderung eingetreten.
Der Kläger, der sich in der Zeit vom 22.08. bis 18.09.2002 zur stationären Behandlung in der Psychosomatischen Klinik R. aufhielt, nahm dort u.a. an einem Schmerzbewältigungstraining im Rahmen eines verhaltenstherapeutischen Programms teil. Im Befundbericht der behandelnden Ärzte vom 31.10.2002 wurde u.a. eine somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F 45.4), ein Tinnitus (ICD-10 H 93.1) und eine Panikstörung, remitiert (ICD-10 F 41.0) diagnostiziert. Weiter hieß es u.a., es sei zu einer Besserung der mäßig depressiven Verstimmung zu einer leichtgradigen Depression gekommen; die laut Testwert schwerstgradige Tinnitusbelästigung habe sich während des Aufenthalts nicht verbessert. Der Kläger habe geringfügig von dem Angebot der Klinik profitieren können, die Angst vor der Zukunft habe jedoch die Therapie überschattet; der Kläger fühle sich nicht in der Lage, eine Arbeit wieder aufzunehmen.
In dem auf Veranlassung des Erstgerichts weiter eingeholten nervenärztlichen Fachgutachten des Dr.H. vom 20.01.2003, in dem sich dieser ausführlich mit der Aktenlagevorgeschichte auseinandersetzte, wurden die Diagnosen "hypochondrische Störung (ICD-10 F 45.02), Tinnitus aurium, gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit links bei Zustand nach Hörsturz links, degeneratives Wirbelsäulenleiden ohne Wurzelreiz- oder Wurzelausfallserscheinungen" gestellt. Es wurde dazu ausgeführt, die hypochondrische Störung gehe mit vermehrter Änstlichkeit und Neigung zu depressiven Verstimmungen einher; es handele sich um ein echtes psychisches Krankheitsbild, welches der Kläger weder unter eigener zumutbarer Willensanstrengung noch mit ärztlicher Hilfe in absehbarer Zeit überwinden könne; jedoch seien vorübergehend auftretende Angstzustände oder depressive Episoden unter ärztlicher Hilfe und geeigneter psychopharmakologischer Behandlung in absehbarer Zeit überwindbar. Aufgrund der Kombination der genannten körperlichen Leiden mit den psychischen Störungen war der Kläger nach Auffassung des Gutachters insofern beeinträchtigt, als er nicht mehr in der Lage war, mittelschwere und schwere körperliche Arbeit zu bewältigen, körperlich leichte Tätigkeiten, u.a. die Tätigkeit eines kaufmännischen Angestellten, konnte er dagegen bei Vermeidung von Belastungen für die Wirbelsäule und Schultern sowie erheblicher nervlicher Belastungen und Lärmeinwirkung vollschichtig verrichten. Zu vermeiden waren ebenso dauerndes bzw. ausschließliches Telefonieren, Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten, häufiges Heben und Tragen von Lasten, Überkopfarbeiten, längere Arbeiten in Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten im Freien und unter ungünstigen Witterungsbedingungen. Die geistig-seelische Leistungsfähigkeit des Klägers beurteilte der Gutachter als ausreichend für eine Umstellung auf andere qualifizierte Tätigkeiten. Relevante Einschränkungen der Wegefähigkeit bestanden ebenfalls nicht.
Auf Antrag des Klägers erstellte der Arzt für Psychotherapeutische Medizin und Psychoanalyse Dr.K. gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das nervenfachärztliche Gutachten vom 04.12.2003. Nach Erhebung einer Vielzahl von Beschwerden des Klägers, eines ausführlichen neurologischen Untersuchungsbefundes nebst apparativen Untersuchungen (EEG, akkustisch evozierte Hirnstammpotentiale, Tibialis-SEP links, Medianus-SEP links, EMG) sowie nach Erhebung eines psychischen Befundes einschießlich Testung der kognitiven Leistungsfähigkeit und Testung mit dem Gießener Persönlichkeitsinventar erhob der Gutachter die Diagnosen: 1. Somatoforme Schmerzstörung, 2. Lumboischialgien beidseits bei bekannter Diskopathie und Radikolopathie, 3. Cervikobrachialsyndrom links bei Diskopathie und Radikulopathie, 4. somatoforme Störung im Bereich des Bewegungsapparates und der Kreislauforgane, erlebt als Wirbelsäulensyndrom und Dyscardien sowie Spannungskopfschmerz, 5. Angst und depressive Störung, gemischt, 6. Tinnitus beidseits bei Innenohrschwerhörigkeit links und Zustand nach Hörsturz, 7. Cervikocephalgien mit Vertigosymptomatik, 8. Migräne ohne Aura, 9. Verdacht auf beginnende cerebrale Leistungsinsuffizienz unklarer Genese.
Fachfremd erwähnte der Gutachter außerdem eine Hypercholesterinämie sowie einen Verdacht auf Impingementsyndrom. Der Gutachter führte aus, es handele sich bei den vorliegenden Gesundheitsstörungen um echte psychische Krankheitsbilder bzw. Versagenszustände mit Krankheitswert, die unter eigener zumutbarer Willensanstrengung und unter ärztlicher Hilfe im Verlauf eines Jahres zum Teil überwindbar und zum Teil zumindest wesentlich besserbar seien. Bezüglich der lumbalen Symptomatik stellte er eine Verschlechterung (beidseits positiver Lasegue bei 60 Grad) fest. Unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen hielt er den Kläger noch für in der Lage, vollschichtig bzw. mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten aus wechselnder Ausgangslage, teilweise im Sitzen, in geschlossenen Räumen zu verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Bücken, Überkopfarbeit und Zwangshaltungen sowie mit starker Belastung des Bewegungs- und Stützsystems, Tätigkeiten mit hoher Verantwortung, Wechselschichten, Absturzgefahr, Gefährdung durch laufende Maschinen, Tätigkeiten unter ungünstigen äußeren Bedingungen (Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen), schließlich Tätigkeiten mit außergewöhnlicher Arbeitszeitgestaltung. Aufgrund der Hörminderung und des Tinnitus sei eine Tätigkeit als Kundenberater nicht mehr möglich. Die geistig-seelische Leistungsfähigkeit des Klägers sei aber als ausreichend anzusehen für die Umstellung auf andere qualifizierte Tätigkeiten, z.B. als kaufmännischer Angestellter, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines Hörgeräts. Der Gutachter empfahl insoweit eine HNO-ärztliche Stellungnahme.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 19.02.2004 ab. Es bestehe kein Anspruch auf die beantragte Rente wegen Erwerbsminderung. Die Voraussetzungen des § 43 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung seien ebensowenig gegeben wie die des § 44 Abs.2 SGB VI a.F. und die Voraussetzungen der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach §§ 43 und 240 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung. Der Kläger sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich eine gesundheitlich und sozial zumutbare Erwerbstätigkeit zu verrichten. Das SG setzte sich im Einzelnen mit den von Dr.K. und Dr.H. festgestellten Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet auseinander. Diese führten zwar in ihrer Kombination zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, seien in ihrer Gesamtheit jedoch nicht so gravierend, dass nicht noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vorwiegend im Sitzen, aber auch in wechselnder Stellung bei Vermeidung qualitativer Leistungseinschränkungen wie besondere nervliche Belastung und dauerndes bzw. ausschließliches Telefonieren vollschichtig ausgeübt werden könnten. Die qualitativen Einschränkungen seien weder für sich betrachtet noch insgesamt so gravierend, dass deshalb ernste Zweifel an der vollschichtigen Einsetzbarkeit des Klägers bestehen müssten. Nach den weiteren Ausführungen des SG ist die Ausübung des bisherigen Berufes als telefonischer Kundenberater nicht mehr möglich. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit komme aber dennoch nicht in Betracht, weil dem Kläger die Tätigkeit eines kaufmännischen Sachbearbeiters oder eines Versicherungsangestellten im Außendienst oder auch im direkten Kundenkontakt im Innendienst weiterhin vollschichtig zumutbar sei, sofern der Anteil des Telefonierens auf maximal 25 bis 30 % der Arbeitszeit beschränkt bliebe und Telefonate dabei nicht unbedingt länger als 25 Minuten dauerten. Diese Voraussetzungen könnten bei einer sachbearbeitenden Tätigkeit mit Sicherheit eingehalten werden. Ein unzumutbarer sozialer Abstieg im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei damit nicht verbunden.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil und macht geltend, auch leichte körperliche Arbeiten nicht mehr vollschichtig verrichten zu können. Durch den Tinnitus in Verbindung mit der vorliegenden Schwerhörigkeit liege eine erhebliche Beeinträchtigung vor, eine Tätigkeit mit Kundenkontakt oder Telefonieren sei keinesfalls zumutbar, die Kommunikationsfähigkeit sei deutlich eingeschränkt. Der Kläger beruft sich weiter auf seine orthopädischen und neurologischen bzw. seelischen Beschwerden und verweist auf ein Attest des behandelnden Rheumatologen Dr.K. vom 07.05.2004, wonach er seit Jahren unter diffusen weichteilrheumatischen Schmerzen leide; es handele sich um eine Fibromyalgie mit Erschöpfungssymptomatik und Panikattacken.
Die Beklagte verwies darauf, dass die Diagnose einer Fibromyalgie an sich kein reduziertes Leistungsvermögen begründe; bereits Dr.K. habe in seinem Gutachten diese Gesundheitsstörung unter dem Begriff der somatoformen Schmerzstörung gewürdigt. Die Begriffe Fibromyalgie und somatoforme Schmerzstörung seien in den Hauptsymptomen identisch (Dauerschmerzen ohne dem Schmerzcharakter entsprechende organpathologische Befunde im Stütz- und Bewegungsapparat). Ein neuer Sachverhalt liege insoweit nicht vor.
Der Senat zog die Schwerbehindertenakten des Versorgungsamts N. bei (GdB 60 wegen "seelischer Störung mit somatoformen und psychovegetativen Beschwerden und Erschöpfungssyndrom; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden der Halswirbelsäule; Schwerhörigkeit links mit subjektiven Ohrgeräuschen"). Er holte weiter Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr.S. und Dr.K. sowie eine Arbeitgeberauskunft der Firma K. Versicherungen vom 11.02.2005 zum letzten Arbeitsverhältnis des Klägers ein.
Er beauftragte den Gutachter Dr.S. mit der Erstellung eines Gutachtens auf HNO-fachärztlichem Gebiet. Dieser erhob im Gutachten vom 15.11.2004 aufgrund seiner Untersuchung des Klägers (HNO-Spiegelbefunde, diverse Hörprüfungen, Gleichgewichtsprüfungen, Rhinomanometrie, Ultraschall, Röntgen Nasennebenhöhlen und Farb-Duplexsonographie), die Diagnosen: 1. Zustand nach Hörsturz links 1997 mit geringgradiger Schwerhörigkeit links und störendem Tinnitus. 2. Altersbedingte Hochtonschwerhörigkeit rechts mit annähernder Normalhörigkeit im sozialen Sprachbereich mit gelegentlichem Tinnitus (eigene Angaben). Der Gutachter führte dazu aus, die Gesundheitsstörungen, deren MdE er auf 10 % einschätze, beeinträchtigten die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht, Büroarbeiten könnten ihm seit Antragstellung im August 2000 zugemutet werden; zwar könne er laut Gutachten Dr.H. vom 20.01.2003 die letzte Erwerbstätigkeit als Teleagent im Callcenter bzw. als Kundenberater nicht mehr ausüben, er könne sich aber auf andere Tätigkeiten umstellen. Einschränkungen bezüglich der geringgradigen Schwerhörigkeit mit Tinnitus links bei annähernder Normalhörigkeit rechts bestünden nicht, eine Hörgeräteversorgung sei nicht notwendig.
Auf Antrag des Klägers, der ein Attest des behandelnden HNO-Arztes Dr.N. vom 28.02.2005 über glaubhafte Beschwerden und erhebliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit von Seiten des Tinnitus vorlegte, wurde der Gutachter Dr.O. mit der Erstellung eines Gutachtens im Fachgebiet Physikalische und Rehabilitative Medizin beauftragt. In seinem umfangreichen Gutachten vom 17.10.2005 stellte Dr.O. nach Erhebung der Anamnese und der vom Kläger geklagten Beschwerdesymptomatik, einer körperlichen Untersuchung einschließlich orientierender neurologischer Untersuchung, Erhebung von Einzelbefunden durch Dolorimetrie und standardisierte Patientenfragebögen verschiedener Art die Diagnosen (Bl.137 LSG-Akte): "Fibromyalgiesyndrom mit generalisierten Schmerzen wechselnder Lokalisation und vegetativen Symptomen; chronisches HWS-Syndrom mit myofaszialer Komponente und degenerativen Veränderungen; chronisches LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und mit ausgeprägten Myosen der Rückenstrecker, Angststörung und depressive Verstimmung. Als weitere Diagnosen nannte er eine Nephrolithiasis und einen Tinnitus links. Der Gutachter legte dar, der Kläger habe im Laufe vieler Jahre, ausgehend von einem chronischen Wirbelsäulensyndrom, ein generalisiertes Schmerzsyndrom entwickelt, das die Kriterien einer Fibromyalgie erfülle. Diese chronische Schmerzerkrankung bestehe mindestens seit Anfang 2000 und stehe hinsichtlich der gesamten Beschwerdesymptomatik beim Kläger im Vordergrund. Keiner der Vorgutachter habe die Symptomatik richtig einordnen können, sondern nur jeweils einen Symptomenkomplex in den Vordergrund gerückt, was der Krankheit nicht gerecht werde. So habe der Kläger bereits bei der Begutachtung durch Dr.S. an Fibromyalgie gelitten; dieser habe ebenso wie der nervenärztliche Gutachter im Rentenverfahren, Dr.D. , nicht erkannt, dass es sich bei den geklagten Beschwerden um Hauptsymptome der Fibromyalgie handele (Schmerzen und Schlafstörungen) und dies bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht ausreichend berücksichtigt. Der Orthopäde Dr.K. habe bei seiner Begutachtung im erstinstanzlichen Verfahren ebenfalls nicht erkannt, dass das Krankheitsbild über lokale, durch degenerative Veränderungen bedingte Schmerzen hinausgehe. Auch Dr.H. habe die geklagten Schmerzen und Schlafstörungen nur unzureichend evaluiert, offenbar habe er keine Erfahrung mit Patienten mit chronischen Schmerzen, was sich auch daraus ergebe, dass er einen fehlenden Leidensdruck wegen des Fehlens einer konsequenten pharmakologischen Behandlung unterstelle. Selbst Dr.K. berücksichtige in seinem nervenärztlichen Gutachten die für chronische Schmerzpatienten typische Schlafstörung bzw. die Krankheitsfolgen nur unzureichend. Angesichts der Vielzahl seiner Diagnosen und der zugrunde liegenden Symptome sowie der langen Krankheitsgeschichte und der erfolglosen Therapiemaßnahmen ergebe sich aus seiner Sicht zwanglos eine Einschränkung der quantitativen und qualitativen Leistungsfähigkeit bei beruflichen Tätigkeiten. Der Gutachter vertrat die Auffassung, der Kläger sei durch seine Schmerzzustände, Schlafstörungen und die daraus folgende Müdigkeit und schnelle Erschöpfbarkeit in seiner Leistungsfähigkeit derart gemindert, dass ihm auch leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen nur mehr weniger als sechs Stunden täglich (mindestens vier Stunden) zumutbar seien, wobei Arbeiten mit häufigem Bücken, unter Zeitdruck, im Akkord und im Schichtdienst, unter Einfluss von Kälte oder Nässe sowie auf Leitern und Gerüsten und an gefährdenden Maschinen zu vermeiden seien. Die letzte Erwerbstätigkeit als Kundenberater hielt der Gutachter nicht mehr für möglich. Er bejahte im Übrigen die Umstellungsfähigkeit des Kägers für andere Erwerbstätigkeiten und verneinte eine Einschränkung bei der Zurücklegung von Wegen.
Die Beklagte nahm zu dem Gutachten dahingehend Stellung, dass die darin enthaltene Leistungsbeurteilung allein auf den subjektiven Angaben des Klägers beruhe. Die Beschreibung des Tagesablaufs und die Teilnahme am sozialen Leben erscheine gegenüber dem Vorgutachten des Dr.H. , in dem die Untersuchungsbefunde, insbesondere der psychopathologische Befund, ausführlich und schlüssig bewertet worden sei, reduzierter. Die Beklagte empfahl daher die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Dr.H. zum Gutachten des Dr.O ...
In seiner nervenärztlichen Stellungnahme vom 30.12.2005 hob Dr.H. hervor, dass Dr.O. in seinem Gutachten keinerlei objektive Befunde anführe, welche sich in relevanten und funktionell bedeutsamen Punkten von den in den Vorgutachten erhobenen Befunden unterschieden (Beweglichkeit der Wirbelsäule, Beschreibung von Myosen und Druckschmerzhaftigkeit muskulärer Strukturen). Die neurologische Untersuchung sei vollkommen unauffällig gewesen, ein psychopathologischer Befund oder eine orientierende Dokumentation des psychischen Zustandes sei überhaupt nicht erfolgt; die weiterführenden Befunde beträfen in erster Linie Selbstbeurteilungsfragebögen, etwa das Beck-Depressions-Inventar, welches auf der Basis einer subjektiven Einschätzung vorgegebener Auswahlfragen erstellt werde. Diese Beurteilungsbögen seien in Begutachtungssituationen generell kritisch zu bewerten, da sie im Wesentlichen von der Mitarbeit des Probanden abhingen und eine tendenziöse Bearbeitung nicht auszuschließen sei. Weiter führt Dr.H. aus, trotz der Festlegung auf ein chronisches Schmerzsyndrom bzw. eine Fibromyalgie gingen aus dem Gutachten des Dr.O. keine gravierenden funktionellen Einschränkungen und Defizite hervor. Zwar seien bei Schmerzsyndromen neben sogenannten objektivierbaren Befunden auch subjektive Auswirkungen der wahrgenommenen Schmerzsymptomatik im Alltag zu berücksichtigen. Beim Kläger sei bei der damaligen Untersuchung durch Dr.H. eine insgesamt ausgeglichene Stimmung ohne depressive Symptomatik feststellbar gewesen, erhebliche Defizite im Alltag hätten sich nicht ergeben. Auch Dr.O. beschreibe keine derartige Symptomatik. Er gehe in seinem Gutachten nicht wesentlich auf die bedeutsamen Sachverhalte einer Angststörung, einer hypochondrischen Störung oder einer differenzialdiagnostisch zu erwägenden somatoformen Störung ein und stelle darüber hinaus eine relevante und konsequente Behandlung der psychischen Problematik in Abrede, wobei offensichtlich anamnestische Angaben des Klägers zu früherer und derzeitiger Medikation zugrunde lägen. Diese Angaben seien jedoch nicht nachvollziehbar, zumal keinerlei Angaben zu den verabreichten Dosierungen, den Verordnungs- bzw. Einnahmezeiträumen oder zu Nebenwirkungen gemacht worden seien; gleiches treffe auch auf psychotherapeutische Maßnahmen wie einer bei Schmerzstörungen indizierten Verhaltenstherapie zu. Im Übrigen sei die schmerzdistanzierende Wirkung antidepressiver Medikamente gut belegt und mittlerweile gängige Praxis; insofern stünden durchaus noch Therapieoptionen zur Verfügung. Da sich insgesamt aus dem Gutachten des Dr.O. keinerlei neue Gesichtspunkte, wie Hinweise auf eine komplizierende psychische Erkrankung (etwa eine manifeste depressive Störung), keine objektiven Belege kognitiver Defizite ergäben, sei selbst bei Betonung eines Schmerzsyndroms aus sozialmedizinischer Sicht der allgemein anerkannten Einschätzung zu folgen, welche davon ausgehe, dass somatoforme Schmerzstörungen oder eine Fibromyalgie zwar mit qualitativen Leistungsbeeinträchtigungen einhergehe, dennoch die Verrichtung leichter und zustandsangepasster Tätigkeiten vollschichtig möglich sei. Dr.H. verwies im Übrigen auf seine fundierten Erfahrungen im Umgang mit Schmerzpatienten.
Der Kläger stellte durch seinen Bevollmächtigten zunächst Antrag auf Anhörung eines weiteren gerichtlichen Sachverständigen gemäß § 109 SGG auf algesiologischem Fachgebiet. Nach Hinweis des Senats, dass das Gutachten des Dr.O. die Fibromyalgie- bzw. Schmerzproblematik abdecke und Gründe für eine ausnahmsweise weitere Begutachtung durch einen Arzt des Vertrauens nach § 109 SGG nicht ersichtlich seien, erklärte er sich mit einer Entscheidung des Verfahrens ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 SGG einverstanden. Der Kläger nahm in einem eigenen Schreiben vom 31.01.2006 persönlich Stellung. Er protestiere gegen die Darstellung des Dr.H. , der mit der Wiedergabe der klägerischen Aussagen zu seinen Hobbies und zur Teilnahme an Veranstaltungen einen Teil der Angaben weggelassen habe, um ihn als Simulant oder Arbeitsunwilligen darzustellen. Dr.H. habe offenbar von Fibromyalgie noch nie etwas gehört, auch müsse ihm die Situation auf dem Arbeitsmarkt vollkommen fremd sein. Der Kläger übersandte zwei Artikel zur Krankheit Fibromyalgie mit den Titeln "Das missachtete Leiden" und "Das ungeklärte Leiden".
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.02.2004 sowie des Bescheids der Beklagten vom 18.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2001 zu verpflichten, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten, des Versorgungsamts Nürnberg und der Agentur für Arbeit, Nürnberg Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.
Zutreffend hat das Erstgericht den Klageantrag abgewiesen. Die Voraussetzungen der §§ 43, 44 SGB VI in der hier noch anzuwendenden bis 31.12.2000 geltenden Fassung liegen auch nach Auffassung des Senats nicht vor. Ebenso besteht keine teilweise oder volle Erwerbsminderung bzw. teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 240 SGB VI n.F.
Dies steht für den Senat aufgrund der umfangreichen Beweisaufnahme in beiden Instanzen fest. In deren Verlauf kam es zu einer orthopädischen Begutachtung und zu zwei Gutachten auf nervenfachärztlichem Gebiet - zwischenzeitlich zu einer stationären Behandlung in der Psychosomatischen Klinik R. -, ferner zu Gutachten auf Hals-Nasen-Ohren-fachärztlichem Gebiet, einem Gutachten eines Sachverständigen für physikalische und rehabilitative Medizin sowie einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme auf nervenärztlichem Gebiet.
Es liegen danach beim Kläger eine Vielzahl von Gesundheitsstörungen auf den verschiedenen Fachgebieten vor, die in den jeweiligen Gutachten aufgelistet sind, darunter im Vordergrund stehend ein chronisches Schmerzsyndrom bzw. - in den Hauptsymptomen identisch - ein Fibromyalgiesyndrom. Aufgrund der Gesundheitsstörungen in ihrer Gesamtheit ist die Leistungsfähigkeit des Klägers auch aus Sicht des Senats deutlich beeinträchtigt. Es ergeben sich dabei deutliche qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens. So sind schwere und mittelschwere Arbeiten nicht mehr möglich, einseitige Körperhaltungen und starke Belastungen des Stütz- und Bewegungssystems haben ebenso zu entfallen wie Arbeiten, die hohe Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit stellen (häufiges und langes Telefonieren, Zeitdruck, Schichtdienst), ferner Tätigkeiten mit Kälte- und Nässeexposition. Es besteht aber noch ein positives vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Ausgangslage ohne die genannten besonderen Belastungen. Zeitliche Leistungseinschränkungen sind in Übereinstimmung mit allen befragten Gutachtern mit Ausnahme des Dr.O. nicht anzunehmen.
Der anders lautenden Auffassung des Dr.O. in seinem nach § 109 SGG erstellten Gutachten vom 17.10.2005, der ausgehend von der im Vordergrund stehenden Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms mit generalisierten Schmerzen wechselnder Lokalisation und vegetativen Symptomen ein auf vier bis unter sechs Stunden reduziertes Leistungsvermögen des Klägers annimmt, tritt der Senat nicht bei. Es mag zwar sein, dass sich beim Kläger ausgehend von einem chronischen Wirbelsäulensyndrom im Laufe der Jahre eine generalisierte Schmerzstörung entwickelt hat, die die Kriterien einer Fibromyalgie erfüllt und mindestens seit dem Jahre 2000 besteht, ferner, dass die von den verschiedenen Gutachtern und auch den Ärzten des im Jahre 2000 erfolgten Heilverfahrens erhobenen Befunde/Diagnosen auch als Bestandteile einer Fibromyalgie zu sehen sind, so dass diese Diagnose möglicherweise schon eher hätte gestellt werden können. Dies ist aber letztlich nicht entscheidend. Zum einen ist damit noch nicht gesichert, ob auch das Vollbild einer Fibromyalgie vorgelegen hat. Zum anderen ist - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - die Diagnose "Fibromyalgie" keine Berentungsdiagnose. Wie bei vielen anderen Erkrankungen kann sich das verbliebene Leistungsvermögen bei Personen mit dieser Diagnose sehr unterschiedlich darstellen. Nach den Richtlinien in der "Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung", herausgegeben vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, bleibt zumindest in der Regel eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, monotone Arbeitsabläufe und besonderen Stress erhalten.
Im Falle des Klägers haben alle befragten Gutachter mit Ausnahme des Dr.O. , insbesondere auch die Ärzte der stationären Heilbehandlungen in den Jahren 2000 und 2002, in ihrer sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen des Klägers für leichte Arbeiten angenommen, trotz einer reduzierten psychischen Belastbarkeit. Sie haben damit ihren jeweiligen, bei der Untersuchung gewonnenen Eindruck über die dem Kläger verbliebenen Leistungsressourcen zum Ausdruck gebracht. Dabei steht nicht in Frage, dass beim Kläger echte psychische Krankheitsbilder bzw. Versagenszustände mit Krankheitswert vorliegen; normale Verwaltungs- bzw. Büroarbeiten ohne häufiges und besonders langes Telefonieren sind dadurch jedoch nicht ausgeschlossen. Dem steht nicht entgegen, dass der von Schmerzerleben, Ängstlichkeit und Neigung zu depressiver Verstimmung geprägte Kläger von sich selbst ein anderes Leistungsbild hat; in dieser Situation vermag er wohl nicht zu erkennen, dass ein leistungsgerechter Arbeitsplatz aus therapeutischer Sicht sogar von Vorteil sein könnte.
Gegen die Darlegungen des Dr.O. zur Leistungsbeurteilung ist - wie von Dr.H. in seiner überzeugenden nervenärztlichen Stellungnahme vom 30.12.2005 ausgeführt - einzuwenden, dass er keinerlei von den Vorgutachten abweichende objektive Befunde erheben konnte bzw. einen wenigstens orientierenden psychopathologischen Befund überhaupt nicht erhob. Von einer wesentlichen Verschlechterung ist daher nicht auszugehen. Dr.O. stützte sich in seinen Aussagen in erster Linie auf Selbstbeurteilungsfragebögen und damit auf die subjektiven Angaben des Klägers, auf die jedoch eine gutachtliche Leistungsbeurteilung in der Regel nicht allein gestützt werden sollte. Testergebnisse sind keineswegs als objektiver Störungsnachweis anzusehen; sie können nur als eine Informationsquelle unter anderen dienen, die erst in der Gesamtbewertung aller verfügbaren Informationen eine gutachterliche Bewertung und daraus resultierende Entscheidung ermöglichen; sie sind zudem hochgradig von der Kooperationsbereitschaft - und der aktuellen Befindlichkeit - des Untersuchten abhängig und daher kritisch zu bewerten (vgl. Merten in Der Medizinische Sachverständige 2/2006 S.59/61). Auch bezüglich der früheren und derzeitigen Medikation geht Dr.O. offensichtlich pauschal von den Angaben des Klägers aus, die für den Gutachter Dr.H. mangels näherer Angaben zu verabreichenden Dosierungen, Einnahmezeiträumen oder Nebenwirkungen so nicht nachvollziehbar sind. Dr.H. sieht insoweit noch offene Therapieoptionen. Ohne Zweifel ist aber das Ausschöpfen aller therapeutischen Möglichkeiten vor Inanspruchnahme von Leistungen zumutbar und indiziert.
Die Einwendungen des Klägers gegen die gutachtlichen Darlegungen des Dr.H. kann der Senat nicht nachvollziehen. Inbesondere teilt er nicht die Auffassung, der Gutachter habe den Kläger als Simulant oder als arbeitsunwillig hinstellen wollen. Eine unsachliche Haltung des Dr.H. ist auch bei kritischer Durchsicht des Gutachtens nicht zu erkennen. Er hat im Übrigen die an ihn gestellten Fragen beantwortet, zur Situation auf dem Arbeitsmarkt hatte er sich nicht zu äußern.
Mit dem nach Auffassung aller gerichtlichen Sachverständigen und auch des vom Kläger ausgewählten Gutachters Dr.K. verbliebenen Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend in geschlossenen Räumen ohne Kälte- und Nässeexposition sowie ohne besondere nervliche Belastungen, vor allem ohne häufiges und langes Telefonieren, kann der Kläger zwar seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Teleagent bzw. Kundenberater nicht mehr ausüben, er ist deswegen aber nicht berufsunfähig. Es handelte sich bei der letzten Tätigkeit laut Angaben des Arbeitgebers im erstinstanzlichen Verfahren um eine kurzfristig angelernte Tätigkeit. Ausgehend von der Wertigkeit dieses bisherigen Berufes ist der Kläger nach dem vom Bundessozialgericht im Rahmen der Prüfung von
Berufsunfähigkeit entwickelten sog. Mehrstufenschema der Gruppe der kurzfristig angelernten Arbeitnehmer zuzurechnen. Er ist damit auf ähnliche Tätigkeiten seiner Gruppe, aber auch auf die darunter liegende Gruppe der Arbeitnehmer mit ungelernten Tätigkeiten verweisbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt es eine ausreichende Anzahl von einfachen und körperlich leichten Tätigkeiten, die dem Leistungsvermögen des Klägers entsprechen und bei denen auch die zu vermeidenden Arbeitsbedingungen nicht anfallen. Eine konkrete Verweisungstätigkeit braucht nicht benannt zu werden, dies auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer möglichen "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" - oder einer "spezifischen schweren Leistungsbehinderung", die die ausnahmsweise Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würden. Die in qualitativer Hinsicht bestehenden Einschränkungen sind im wesentlichen bereits vom Begriff der leichten Arbeit mitumfasst bzw. - wie etwa eine Kälte- und Nässeexposition - im Regelfall mit üblichen leichten Arbeiten nicht verbunden. Auch ist bei Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Regelfall nicht von hohen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit auszugehen. Rechtlich unerheblich ist, ob dem Kläger ein entsprechender Arbeitsplatz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden kann, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung getragen wird; dementsprechend bestimmen § 43 Abs.2 Satz 4 SGB VI a.F. und § 240 Abs.2 Satz 4 SGB VI n.F., dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig bzw. mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Erst recht liegt angesichts der noch vollschichtigen Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte körperliche Arbeiten Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs.2 SGB VI a.F. nicht vor, ebenso keine teilweise oder volle Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs.1 und 2 SGB VI n.F.
Die Berufung hat nach alledem keine Aussicht auf Erfolg und ist mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1954 geborene Kläger war nach Abschluss einer Lehre als Funkmechaniker in diesem Beruf und später als Wartungstechniker für Telefonanlagen tätig. Nach seiner Übersiedlung aus der früheren DDR im Jahre 1988 arbeitete er als Nachrichtengerätemechaniker; ab 1996 übte er die Tätigkeit eines Kundenberaters in einem Versicherungsunternehmen aus, zuletzt in Teilzeit (20 Wochenstunden). Seit 04.05.2000 besteht Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitslosigkeit.
Aus einem in der Zeit vom 17.05. bis 14.06.2000 durchgeführten Heilverfahren wurde der Kläger wegen eines noch fortbestehenden Reizzustandes im Bereich der Halswirbelsäule als arbeitsunfähig, jedoch im Übrigen mit der Beurteilung einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten eines Kundenberaters bei Vermeidung von Zwangshaltungen für die LWS und häufigen Überkopftätigkeiten entlassen (Entlassungsdiagnosen: Chronisch-rezidivierendes HWS-Syndrom mit Funktionsstörung der Kopfgelenke, Blockierung und muskulärer Dysbalance, pseudoradikuläres Lumbal-Syndrom, BS-Prolaps L4/S1 und ISG-Affektion links, reaktive Depression mit Panikattacken, Dorsalgie bei muskulärer Dysbalance, Tinnitus links). Die Fortführung der während der Heilbehandlung durchgeführten psychotherapeutischen Behandlung wurde wegen reduzierter psychischer Belastbarkeit empfohlen.
Der Kläger, der dem Ergebnis des Entlassungsberichts widersprach, stellte am 29.08.2000 bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, den er mit zwei Bandscheibenvorfällen, Wirbelsäulenbeschwerden und Tinnitusleiden begründete. Er legte dazu Atteste der behandelnden Ärzte Dr.S. (Internist), Dr.N. (Orthopäde), Dr.N. (HNO-Arzt) und Dr.H. (Nervenarzt) vor. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 18.01.2001 mit der Begründung ab, der Kläger sei trotz "Wirbelsäulenbeschwerden ohne wesentliche funktionelle Störungen oder Nervenausfälle bei Bandscheibenschäden, beginnenden Hüftgelenksarthrosen und einer hypochondrischen Störung mit Beschwerdeüberlagerung ohne Leistungsminderung" noch in der Lage, in seinem bisherigen Berufsbereich sowie auf dem allgemeinen Arbeitsfeld weiterhin vollschichtig tätig zu sein. Grundlage waren Begutachtungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet vom 07.11.2000 bzw. 11.12.2000. Der Orthopäde Dr.S. hatte den Kläger wegen eines chronischen Wirbelsäulensyndroms und initialen Coxarthrosen als Kundenberater bzw. für Tätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne Witterungseinflüsse und ohne länger andauernde einseitige Wirbelsäulenhaltungen für vollschichtig einsatzfähig gehalten. Der Nervenarzt Dr.D. hatte eine hypochondrische Störung sowie eine Somatisierungsstörung erhoben und Tätigkeiten als Kundenberater bei einer Versicherung halb- bis unter vollschichtig, sonstige Büroarbeiten ohne ausschließliches Telefonieren für vollschichtig möglich gehalten.
Der Widerspruch des Klägers gegen den ablehnenden Rentenbescheid, den dieser nicht begründete, blieb erfolglos (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 29.06.2001).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) machte der Kläger geltend, aufgrund der Schwere der einzelnen Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem, orthopädischem und HNO-ärztlichem Gebiet nicht mehr zu vollschichtiger Erwerbstätigkeit in der Lage zu sein; ein leistungsgerechter Teilzeitarbeitsplatz stehe ihm nicht zur Verfügung.
Das SG holte Befundberichte und ärztliche Unterlagen des Dr.N. , Dr.H. , Dr.N. und Dr.S. ein und zog die Schwerbehindertenakten des Amtes für Versorgung und Familienförderung N. bei (GdB 50).
Es holte im Wege der Beweisaufnahme zunächst ein Gutachten des Orthopäden Dr.K. vom 20.03.2002 ein, in dem dieser die Diagnosen erhob: "Impingementsyndrom linkes Schultergelenk; Bandscheibenprotrusion L4/L5, minimal L5/S1; Bandscheibenprotrusion HW6/HW7; chronisch-rezidivierendes Cervikalsyndrom mit Streckfehlstellung im Bereich der mittleren und unteren Segmente; leichtgradige thorakolumbale Skoliose; pseudoradikuläres Lumbalsyndrom". Fachfremd erwähnte der Gutachter eine hypochondrische Störung, eine multiple Somatisierungsstörung, einen Zustand nach Hörsturz linksseitig November 1997, vestibuläre Störungen mit Schwindelattacken, gering- bis mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit linksseitig sowie Tinnitus beidseitig. Der Gutachter hielt leichte Arbeiten in wechselnder Stellung ohne besondere nervliche Belastung (Zeitdruck, Wechsel- und Nachtschicht, hohe Verantwortung), ohne besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems (überwiegendes Stehen oder Gehen, häufiges Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken oder Überkopfarbeit, Zwangshaltungen, häufiges Steigen), ohne ungünstige äußere Bedingungen (Tätigkeiten im Freien, Einfluss von Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen, Nässe und Lärm) und ohne Unfallgefährdung (Arbeiten auf Leitern und Gerüsten) vollschichtig bzw. mindestens sechs Stunden täglich auch als Kundenberater für möglich. Es sei gegenüber den Untersuchungsergebnissen durch Dr.S. im Rentenverfahren keine Änderung eingetreten.
Der Kläger, der sich in der Zeit vom 22.08. bis 18.09.2002 zur stationären Behandlung in der Psychosomatischen Klinik R. aufhielt, nahm dort u.a. an einem Schmerzbewältigungstraining im Rahmen eines verhaltenstherapeutischen Programms teil. Im Befundbericht der behandelnden Ärzte vom 31.10.2002 wurde u.a. eine somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F 45.4), ein Tinnitus (ICD-10 H 93.1) und eine Panikstörung, remitiert (ICD-10 F 41.0) diagnostiziert. Weiter hieß es u.a., es sei zu einer Besserung der mäßig depressiven Verstimmung zu einer leichtgradigen Depression gekommen; die laut Testwert schwerstgradige Tinnitusbelästigung habe sich während des Aufenthalts nicht verbessert. Der Kläger habe geringfügig von dem Angebot der Klinik profitieren können, die Angst vor der Zukunft habe jedoch die Therapie überschattet; der Kläger fühle sich nicht in der Lage, eine Arbeit wieder aufzunehmen.
In dem auf Veranlassung des Erstgerichts weiter eingeholten nervenärztlichen Fachgutachten des Dr.H. vom 20.01.2003, in dem sich dieser ausführlich mit der Aktenlagevorgeschichte auseinandersetzte, wurden die Diagnosen "hypochondrische Störung (ICD-10 F 45.02), Tinnitus aurium, gering- bis mittelgradige Schwerhörigkeit links bei Zustand nach Hörsturz links, degeneratives Wirbelsäulenleiden ohne Wurzelreiz- oder Wurzelausfallserscheinungen" gestellt. Es wurde dazu ausgeführt, die hypochondrische Störung gehe mit vermehrter Änstlichkeit und Neigung zu depressiven Verstimmungen einher; es handele sich um ein echtes psychisches Krankheitsbild, welches der Kläger weder unter eigener zumutbarer Willensanstrengung noch mit ärztlicher Hilfe in absehbarer Zeit überwinden könne; jedoch seien vorübergehend auftretende Angstzustände oder depressive Episoden unter ärztlicher Hilfe und geeigneter psychopharmakologischer Behandlung in absehbarer Zeit überwindbar. Aufgrund der Kombination der genannten körperlichen Leiden mit den psychischen Störungen war der Kläger nach Auffassung des Gutachters insofern beeinträchtigt, als er nicht mehr in der Lage war, mittelschwere und schwere körperliche Arbeit zu bewältigen, körperlich leichte Tätigkeiten, u.a. die Tätigkeit eines kaufmännischen Angestellten, konnte er dagegen bei Vermeidung von Belastungen für die Wirbelsäule und Schultern sowie erheblicher nervlicher Belastungen und Lärmeinwirkung vollschichtig verrichten. Zu vermeiden waren ebenso dauerndes bzw. ausschließliches Telefonieren, Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten, häufiges Heben und Tragen von Lasten, Überkopfarbeiten, längere Arbeiten in Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten im Freien und unter ungünstigen Witterungsbedingungen. Die geistig-seelische Leistungsfähigkeit des Klägers beurteilte der Gutachter als ausreichend für eine Umstellung auf andere qualifizierte Tätigkeiten. Relevante Einschränkungen der Wegefähigkeit bestanden ebenfalls nicht.
Auf Antrag des Klägers erstellte der Arzt für Psychotherapeutische Medizin und Psychoanalyse Dr.K. gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das nervenfachärztliche Gutachten vom 04.12.2003. Nach Erhebung einer Vielzahl von Beschwerden des Klägers, eines ausführlichen neurologischen Untersuchungsbefundes nebst apparativen Untersuchungen (EEG, akkustisch evozierte Hirnstammpotentiale, Tibialis-SEP links, Medianus-SEP links, EMG) sowie nach Erhebung eines psychischen Befundes einschießlich Testung der kognitiven Leistungsfähigkeit und Testung mit dem Gießener Persönlichkeitsinventar erhob der Gutachter die Diagnosen: 1. Somatoforme Schmerzstörung, 2. Lumboischialgien beidseits bei bekannter Diskopathie und Radikolopathie, 3. Cervikobrachialsyndrom links bei Diskopathie und Radikulopathie, 4. somatoforme Störung im Bereich des Bewegungsapparates und der Kreislauforgane, erlebt als Wirbelsäulensyndrom und Dyscardien sowie Spannungskopfschmerz, 5. Angst und depressive Störung, gemischt, 6. Tinnitus beidseits bei Innenohrschwerhörigkeit links und Zustand nach Hörsturz, 7. Cervikocephalgien mit Vertigosymptomatik, 8. Migräne ohne Aura, 9. Verdacht auf beginnende cerebrale Leistungsinsuffizienz unklarer Genese.
Fachfremd erwähnte der Gutachter außerdem eine Hypercholesterinämie sowie einen Verdacht auf Impingementsyndrom. Der Gutachter führte aus, es handele sich bei den vorliegenden Gesundheitsstörungen um echte psychische Krankheitsbilder bzw. Versagenszustände mit Krankheitswert, die unter eigener zumutbarer Willensanstrengung und unter ärztlicher Hilfe im Verlauf eines Jahres zum Teil überwindbar und zum Teil zumindest wesentlich besserbar seien. Bezüglich der lumbalen Symptomatik stellte er eine Verschlechterung (beidseits positiver Lasegue bei 60 Grad) fest. Unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen hielt er den Kläger noch für in der Lage, vollschichtig bzw. mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten aus wechselnder Ausgangslage, teilweise im Sitzen, in geschlossenen Räumen zu verrichten. Zu vermeiden seien Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Bücken, Überkopfarbeit und Zwangshaltungen sowie mit starker Belastung des Bewegungs- und Stützsystems, Tätigkeiten mit hoher Verantwortung, Wechselschichten, Absturzgefahr, Gefährdung durch laufende Maschinen, Tätigkeiten unter ungünstigen äußeren Bedingungen (Kälte, Hitze, Zugluft, starke Temperaturschwankungen), schließlich Tätigkeiten mit außergewöhnlicher Arbeitszeitgestaltung. Aufgrund der Hörminderung und des Tinnitus sei eine Tätigkeit als Kundenberater nicht mehr möglich. Die geistig-seelische Leistungsfähigkeit des Klägers sei aber als ausreichend anzusehen für die Umstellung auf andere qualifizierte Tätigkeiten, z.B. als kaufmännischer Angestellter, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines Hörgeräts. Der Gutachter empfahl insoweit eine HNO-ärztliche Stellungnahme.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 19.02.2004 ab. Es bestehe kein Anspruch auf die beantragte Rente wegen Erwerbsminderung. Die Voraussetzungen des § 43 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung seien ebensowenig gegeben wie die des § 44 Abs.2 SGB VI a.F. und die Voraussetzungen der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach §§ 43 und 240 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung. Der Kläger sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich eine gesundheitlich und sozial zumutbare Erwerbstätigkeit zu verrichten. Das SG setzte sich im Einzelnen mit den von Dr.K. und Dr.H. festgestellten Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Gebiet auseinander. Diese führten zwar in ihrer Kombination zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, seien in ihrer Gesamtheit jedoch nicht so gravierend, dass nicht noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vorwiegend im Sitzen, aber auch in wechselnder Stellung bei Vermeidung qualitativer Leistungseinschränkungen wie besondere nervliche Belastung und dauerndes bzw. ausschließliches Telefonieren vollschichtig ausgeübt werden könnten. Die qualitativen Einschränkungen seien weder für sich betrachtet noch insgesamt so gravierend, dass deshalb ernste Zweifel an der vollschichtigen Einsetzbarkeit des Klägers bestehen müssten. Nach den weiteren Ausführungen des SG ist die Ausübung des bisherigen Berufes als telefonischer Kundenberater nicht mehr möglich. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit komme aber dennoch nicht in Betracht, weil dem Kläger die Tätigkeit eines kaufmännischen Sachbearbeiters oder eines Versicherungsangestellten im Außendienst oder auch im direkten Kundenkontakt im Innendienst weiterhin vollschichtig zumutbar sei, sofern der Anteil des Telefonierens auf maximal 25 bis 30 % der Arbeitszeit beschränkt bliebe und Telefonate dabei nicht unbedingt länger als 25 Minuten dauerten. Diese Voraussetzungen könnten bei einer sachbearbeitenden Tätigkeit mit Sicherheit eingehalten werden. Ein unzumutbarer sozialer Abstieg im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei damit nicht verbunden.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil und macht geltend, auch leichte körperliche Arbeiten nicht mehr vollschichtig verrichten zu können. Durch den Tinnitus in Verbindung mit der vorliegenden Schwerhörigkeit liege eine erhebliche Beeinträchtigung vor, eine Tätigkeit mit Kundenkontakt oder Telefonieren sei keinesfalls zumutbar, die Kommunikationsfähigkeit sei deutlich eingeschränkt. Der Kläger beruft sich weiter auf seine orthopädischen und neurologischen bzw. seelischen Beschwerden und verweist auf ein Attest des behandelnden Rheumatologen Dr.K. vom 07.05.2004, wonach er seit Jahren unter diffusen weichteilrheumatischen Schmerzen leide; es handele sich um eine Fibromyalgie mit Erschöpfungssymptomatik und Panikattacken.
Die Beklagte verwies darauf, dass die Diagnose einer Fibromyalgie an sich kein reduziertes Leistungsvermögen begründe; bereits Dr.K. habe in seinem Gutachten diese Gesundheitsstörung unter dem Begriff der somatoformen Schmerzstörung gewürdigt. Die Begriffe Fibromyalgie und somatoforme Schmerzstörung seien in den Hauptsymptomen identisch (Dauerschmerzen ohne dem Schmerzcharakter entsprechende organpathologische Befunde im Stütz- und Bewegungsapparat). Ein neuer Sachverhalt liege insoweit nicht vor.
Der Senat zog die Schwerbehindertenakten des Versorgungsamts N. bei (GdB 60 wegen "seelischer Störung mit somatoformen und psychovegetativen Beschwerden und Erschöpfungssyndrom; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden der Halswirbelsäule; Schwerhörigkeit links mit subjektiven Ohrgeräuschen"). Er holte weiter Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr.S. und Dr.K. sowie eine Arbeitgeberauskunft der Firma K. Versicherungen vom 11.02.2005 zum letzten Arbeitsverhältnis des Klägers ein.
Er beauftragte den Gutachter Dr.S. mit der Erstellung eines Gutachtens auf HNO-fachärztlichem Gebiet. Dieser erhob im Gutachten vom 15.11.2004 aufgrund seiner Untersuchung des Klägers (HNO-Spiegelbefunde, diverse Hörprüfungen, Gleichgewichtsprüfungen, Rhinomanometrie, Ultraschall, Röntgen Nasennebenhöhlen und Farb-Duplexsonographie), die Diagnosen: 1. Zustand nach Hörsturz links 1997 mit geringgradiger Schwerhörigkeit links und störendem Tinnitus. 2. Altersbedingte Hochtonschwerhörigkeit rechts mit annähernder Normalhörigkeit im sozialen Sprachbereich mit gelegentlichem Tinnitus (eigene Angaben). Der Gutachter führte dazu aus, die Gesundheitsstörungen, deren MdE er auf 10 % einschätze, beeinträchtigten die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht, Büroarbeiten könnten ihm seit Antragstellung im August 2000 zugemutet werden; zwar könne er laut Gutachten Dr.H. vom 20.01.2003 die letzte Erwerbstätigkeit als Teleagent im Callcenter bzw. als Kundenberater nicht mehr ausüben, er könne sich aber auf andere Tätigkeiten umstellen. Einschränkungen bezüglich der geringgradigen Schwerhörigkeit mit Tinnitus links bei annähernder Normalhörigkeit rechts bestünden nicht, eine Hörgeräteversorgung sei nicht notwendig.
Auf Antrag des Klägers, der ein Attest des behandelnden HNO-Arztes Dr.N. vom 28.02.2005 über glaubhafte Beschwerden und erhebliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit von Seiten des Tinnitus vorlegte, wurde der Gutachter Dr.O. mit der Erstellung eines Gutachtens im Fachgebiet Physikalische und Rehabilitative Medizin beauftragt. In seinem umfangreichen Gutachten vom 17.10.2005 stellte Dr.O. nach Erhebung der Anamnese und der vom Kläger geklagten Beschwerdesymptomatik, einer körperlichen Untersuchung einschließlich orientierender neurologischer Untersuchung, Erhebung von Einzelbefunden durch Dolorimetrie und standardisierte Patientenfragebögen verschiedener Art die Diagnosen (Bl.137 LSG-Akte): "Fibromyalgiesyndrom mit generalisierten Schmerzen wechselnder Lokalisation und vegetativen Symptomen; chronisches HWS-Syndrom mit myofaszialer Komponente und degenerativen Veränderungen; chronisches LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen und mit ausgeprägten Myosen der Rückenstrecker, Angststörung und depressive Verstimmung. Als weitere Diagnosen nannte er eine Nephrolithiasis und einen Tinnitus links. Der Gutachter legte dar, der Kläger habe im Laufe vieler Jahre, ausgehend von einem chronischen Wirbelsäulensyndrom, ein generalisiertes Schmerzsyndrom entwickelt, das die Kriterien einer Fibromyalgie erfülle. Diese chronische Schmerzerkrankung bestehe mindestens seit Anfang 2000 und stehe hinsichtlich der gesamten Beschwerdesymptomatik beim Kläger im Vordergrund. Keiner der Vorgutachter habe die Symptomatik richtig einordnen können, sondern nur jeweils einen Symptomenkomplex in den Vordergrund gerückt, was der Krankheit nicht gerecht werde. So habe der Kläger bereits bei der Begutachtung durch Dr.S. an Fibromyalgie gelitten; dieser habe ebenso wie der nervenärztliche Gutachter im Rentenverfahren, Dr.D. , nicht erkannt, dass es sich bei den geklagten Beschwerden um Hauptsymptome der Fibromyalgie handele (Schmerzen und Schlafstörungen) und dies bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht ausreichend berücksichtigt. Der Orthopäde Dr.K. habe bei seiner Begutachtung im erstinstanzlichen Verfahren ebenfalls nicht erkannt, dass das Krankheitsbild über lokale, durch degenerative Veränderungen bedingte Schmerzen hinausgehe. Auch Dr.H. habe die geklagten Schmerzen und Schlafstörungen nur unzureichend evaluiert, offenbar habe er keine Erfahrung mit Patienten mit chronischen Schmerzen, was sich auch daraus ergebe, dass er einen fehlenden Leidensdruck wegen des Fehlens einer konsequenten pharmakologischen Behandlung unterstelle. Selbst Dr.K. berücksichtige in seinem nervenärztlichen Gutachten die für chronische Schmerzpatienten typische Schlafstörung bzw. die Krankheitsfolgen nur unzureichend. Angesichts der Vielzahl seiner Diagnosen und der zugrunde liegenden Symptome sowie der langen Krankheitsgeschichte und der erfolglosen Therapiemaßnahmen ergebe sich aus seiner Sicht zwanglos eine Einschränkung der quantitativen und qualitativen Leistungsfähigkeit bei beruflichen Tätigkeiten. Der Gutachter vertrat die Auffassung, der Kläger sei durch seine Schmerzzustände, Schlafstörungen und die daraus folgende Müdigkeit und schnelle Erschöpfbarkeit in seiner Leistungsfähigkeit derart gemindert, dass ihm auch leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen nur mehr weniger als sechs Stunden täglich (mindestens vier Stunden) zumutbar seien, wobei Arbeiten mit häufigem Bücken, unter Zeitdruck, im Akkord und im Schichtdienst, unter Einfluss von Kälte oder Nässe sowie auf Leitern und Gerüsten und an gefährdenden Maschinen zu vermeiden seien. Die letzte Erwerbstätigkeit als Kundenberater hielt der Gutachter nicht mehr für möglich. Er bejahte im Übrigen die Umstellungsfähigkeit des Kägers für andere Erwerbstätigkeiten und verneinte eine Einschränkung bei der Zurücklegung von Wegen.
Die Beklagte nahm zu dem Gutachten dahingehend Stellung, dass die darin enthaltene Leistungsbeurteilung allein auf den subjektiven Angaben des Klägers beruhe. Die Beschreibung des Tagesablaufs und die Teilnahme am sozialen Leben erscheine gegenüber dem Vorgutachten des Dr.H. , in dem die Untersuchungsbefunde, insbesondere der psychopathologische Befund, ausführlich und schlüssig bewertet worden sei, reduzierter. Die Beklagte empfahl daher die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Dr.H. zum Gutachten des Dr.O ...
In seiner nervenärztlichen Stellungnahme vom 30.12.2005 hob Dr.H. hervor, dass Dr.O. in seinem Gutachten keinerlei objektive Befunde anführe, welche sich in relevanten und funktionell bedeutsamen Punkten von den in den Vorgutachten erhobenen Befunden unterschieden (Beweglichkeit der Wirbelsäule, Beschreibung von Myosen und Druckschmerzhaftigkeit muskulärer Strukturen). Die neurologische Untersuchung sei vollkommen unauffällig gewesen, ein psychopathologischer Befund oder eine orientierende Dokumentation des psychischen Zustandes sei überhaupt nicht erfolgt; die weiterführenden Befunde beträfen in erster Linie Selbstbeurteilungsfragebögen, etwa das Beck-Depressions-Inventar, welches auf der Basis einer subjektiven Einschätzung vorgegebener Auswahlfragen erstellt werde. Diese Beurteilungsbögen seien in Begutachtungssituationen generell kritisch zu bewerten, da sie im Wesentlichen von der Mitarbeit des Probanden abhingen und eine tendenziöse Bearbeitung nicht auszuschließen sei. Weiter führt Dr.H. aus, trotz der Festlegung auf ein chronisches Schmerzsyndrom bzw. eine Fibromyalgie gingen aus dem Gutachten des Dr.O. keine gravierenden funktionellen Einschränkungen und Defizite hervor. Zwar seien bei Schmerzsyndromen neben sogenannten objektivierbaren Befunden auch subjektive Auswirkungen der wahrgenommenen Schmerzsymptomatik im Alltag zu berücksichtigen. Beim Kläger sei bei der damaligen Untersuchung durch Dr.H. eine insgesamt ausgeglichene Stimmung ohne depressive Symptomatik feststellbar gewesen, erhebliche Defizite im Alltag hätten sich nicht ergeben. Auch Dr.O. beschreibe keine derartige Symptomatik. Er gehe in seinem Gutachten nicht wesentlich auf die bedeutsamen Sachverhalte einer Angststörung, einer hypochondrischen Störung oder einer differenzialdiagnostisch zu erwägenden somatoformen Störung ein und stelle darüber hinaus eine relevante und konsequente Behandlung der psychischen Problematik in Abrede, wobei offensichtlich anamnestische Angaben des Klägers zu früherer und derzeitiger Medikation zugrunde lägen. Diese Angaben seien jedoch nicht nachvollziehbar, zumal keinerlei Angaben zu den verabreichten Dosierungen, den Verordnungs- bzw. Einnahmezeiträumen oder zu Nebenwirkungen gemacht worden seien; gleiches treffe auch auf psychotherapeutische Maßnahmen wie einer bei Schmerzstörungen indizierten Verhaltenstherapie zu. Im Übrigen sei die schmerzdistanzierende Wirkung antidepressiver Medikamente gut belegt und mittlerweile gängige Praxis; insofern stünden durchaus noch Therapieoptionen zur Verfügung. Da sich insgesamt aus dem Gutachten des Dr.O. keinerlei neue Gesichtspunkte, wie Hinweise auf eine komplizierende psychische Erkrankung (etwa eine manifeste depressive Störung), keine objektiven Belege kognitiver Defizite ergäben, sei selbst bei Betonung eines Schmerzsyndroms aus sozialmedizinischer Sicht der allgemein anerkannten Einschätzung zu folgen, welche davon ausgehe, dass somatoforme Schmerzstörungen oder eine Fibromyalgie zwar mit qualitativen Leistungsbeeinträchtigungen einhergehe, dennoch die Verrichtung leichter und zustandsangepasster Tätigkeiten vollschichtig möglich sei. Dr.H. verwies im Übrigen auf seine fundierten Erfahrungen im Umgang mit Schmerzpatienten.
Der Kläger stellte durch seinen Bevollmächtigten zunächst Antrag auf Anhörung eines weiteren gerichtlichen Sachverständigen gemäß § 109 SGG auf algesiologischem Fachgebiet. Nach Hinweis des Senats, dass das Gutachten des Dr.O. die Fibromyalgie- bzw. Schmerzproblematik abdecke und Gründe für eine ausnahmsweise weitere Begutachtung durch einen Arzt des Vertrauens nach § 109 SGG nicht ersichtlich seien, erklärte er sich mit einer Entscheidung des Verfahrens ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 SGG einverstanden. Der Kläger nahm in einem eigenen Schreiben vom 31.01.2006 persönlich Stellung. Er protestiere gegen die Darstellung des Dr.H. , der mit der Wiedergabe der klägerischen Aussagen zu seinen Hobbies und zur Teilnahme an Veranstaltungen einen Teil der Angaben weggelassen habe, um ihn als Simulant oder Arbeitsunwilligen darzustellen. Dr.H. habe offenbar von Fibromyalgie noch nie etwas gehört, auch müsse ihm die Situation auf dem Arbeitsmarkt vollkommen fremd sein. Der Kläger übersandte zwei Artikel zur Krankheit Fibromyalgie mit den Titeln "Das missachtete Leiden" und "Das ungeklärte Leiden".
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 19.02.2004 sowie des Bescheids der Beklagten vom 18.01.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.06.2001 zu verpflichten, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten, des Versorgungsamts Nürnberg und der Agentur für Arbeit, Nürnberg Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.
Zutreffend hat das Erstgericht den Klageantrag abgewiesen. Die Voraussetzungen der §§ 43, 44 SGB VI in der hier noch anzuwendenden bis 31.12.2000 geltenden Fassung liegen auch nach Auffassung des Senats nicht vor. Ebenso besteht keine teilweise oder volle Erwerbsminderung bzw. teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §§ 43, 240 SGB VI n.F.
Dies steht für den Senat aufgrund der umfangreichen Beweisaufnahme in beiden Instanzen fest. In deren Verlauf kam es zu einer orthopädischen Begutachtung und zu zwei Gutachten auf nervenfachärztlichem Gebiet - zwischenzeitlich zu einer stationären Behandlung in der Psychosomatischen Klinik R. -, ferner zu Gutachten auf Hals-Nasen-Ohren-fachärztlichem Gebiet, einem Gutachten eines Sachverständigen für physikalische und rehabilitative Medizin sowie einer ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme auf nervenärztlichem Gebiet.
Es liegen danach beim Kläger eine Vielzahl von Gesundheitsstörungen auf den verschiedenen Fachgebieten vor, die in den jeweiligen Gutachten aufgelistet sind, darunter im Vordergrund stehend ein chronisches Schmerzsyndrom bzw. - in den Hauptsymptomen identisch - ein Fibromyalgiesyndrom. Aufgrund der Gesundheitsstörungen in ihrer Gesamtheit ist die Leistungsfähigkeit des Klägers auch aus Sicht des Senats deutlich beeinträchtigt. Es ergeben sich dabei deutliche qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens. So sind schwere und mittelschwere Arbeiten nicht mehr möglich, einseitige Körperhaltungen und starke Belastungen des Stütz- und Bewegungssystems haben ebenso zu entfallen wie Arbeiten, die hohe Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit stellen (häufiges und langes Telefonieren, Zeitdruck, Schichtdienst), ferner Tätigkeiten mit Kälte- und Nässeexposition. Es besteht aber noch ein positives vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Ausgangslage ohne die genannten besonderen Belastungen. Zeitliche Leistungseinschränkungen sind in Übereinstimmung mit allen befragten Gutachtern mit Ausnahme des Dr.O. nicht anzunehmen.
Der anders lautenden Auffassung des Dr.O. in seinem nach § 109 SGG erstellten Gutachten vom 17.10.2005, der ausgehend von der im Vordergrund stehenden Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms mit generalisierten Schmerzen wechselnder Lokalisation und vegetativen Symptomen ein auf vier bis unter sechs Stunden reduziertes Leistungsvermögen des Klägers annimmt, tritt der Senat nicht bei. Es mag zwar sein, dass sich beim Kläger ausgehend von einem chronischen Wirbelsäulensyndrom im Laufe der Jahre eine generalisierte Schmerzstörung entwickelt hat, die die Kriterien einer Fibromyalgie erfüllt und mindestens seit dem Jahre 2000 besteht, ferner, dass die von den verschiedenen Gutachtern und auch den Ärzten des im Jahre 2000 erfolgten Heilverfahrens erhobenen Befunde/Diagnosen auch als Bestandteile einer Fibromyalgie zu sehen sind, so dass diese Diagnose möglicherweise schon eher hätte gestellt werden können. Dies ist aber letztlich nicht entscheidend. Zum einen ist damit noch nicht gesichert, ob auch das Vollbild einer Fibromyalgie vorgelegen hat. Zum anderen ist - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - die Diagnose "Fibromyalgie" keine Berentungsdiagnose. Wie bei vielen anderen Erkrankungen kann sich das verbliebene Leistungsvermögen bei Personen mit dieser Diagnose sehr unterschiedlich darstellen. Nach den Richtlinien in der "Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung", herausgegeben vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, bleibt zumindest in der Regel eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, monotone Arbeitsabläufe und besonderen Stress erhalten.
Im Falle des Klägers haben alle befragten Gutachter mit Ausnahme des Dr.O. , insbesondere auch die Ärzte der stationären Heilbehandlungen in den Jahren 2000 und 2002, in ihrer sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung ein zeitlich nicht eingeschränktes Leistungsvermögen des Klägers für leichte Arbeiten angenommen, trotz einer reduzierten psychischen Belastbarkeit. Sie haben damit ihren jeweiligen, bei der Untersuchung gewonnenen Eindruck über die dem Kläger verbliebenen Leistungsressourcen zum Ausdruck gebracht. Dabei steht nicht in Frage, dass beim Kläger echte psychische Krankheitsbilder bzw. Versagenszustände mit Krankheitswert vorliegen; normale Verwaltungs- bzw. Büroarbeiten ohne häufiges und besonders langes Telefonieren sind dadurch jedoch nicht ausgeschlossen. Dem steht nicht entgegen, dass der von Schmerzerleben, Ängstlichkeit und Neigung zu depressiver Verstimmung geprägte Kläger von sich selbst ein anderes Leistungsbild hat; in dieser Situation vermag er wohl nicht zu erkennen, dass ein leistungsgerechter Arbeitsplatz aus therapeutischer Sicht sogar von Vorteil sein könnte.
Gegen die Darlegungen des Dr.O. zur Leistungsbeurteilung ist - wie von Dr.H. in seiner überzeugenden nervenärztlichen Stellungnahme vom 30.12.2005 ausgeführt - einzuwenden, dass er keinerlei von den Vorgutachten abweichende objektive Befunde erheben konnte bzw. einen wenigstens orientierenden psychopathologischen Befund überhaupt nicht erhob. Von einer wesentlichen Verschlechterung ist daher nicht auszugehen. Dr.O. stützte sich in seinen Aussagen in erster Linie auf Selbstbeurteilungsfragebögen und damit auf die subjektiven Angaben des Klägers, auf die jedoch eine gutachtliche Leistungsbeurteilung in der Regel nicht allein gestützt werden sollte. Testergebnisse sind keineswegs als objektiver Störungsnachweis anzusehen; sie können nur als eine Informationsquelle unter anderen dienen, die erst in der Gesamtbewertung aller verfügbaren Informationen eine gutachterliche Bewertung und daraus resultierende Entscheidung ermöglichen; sie sind zudem hochgradig von der Kooperationsbereitschaft - und der aktuellen Befindlichkeit - des Untersuchten abhängig und daher kritisch zu bewerten (vgl. Merten in Der Medizinische Sachverständige 2/2006 S.59/61). Auch bezüglich der früheren und derzeitigen Medikation geht Dr.O. offensichtlich pauschal von den Angaben des Klägers aus, die für den Gutachter Dr.H. mangels näherer Angaben zu verabreichenden Dosierungen, Einnahmezeiträumen oder Nebenwirkungen so nicht nachvollziehbar sind. Dr.H. sieht insoweit noch offene Therapieoptionen. Ohne Zweifel ist aber das Ausschöpfen aller therapeutischen Möglichkeiten vor Inanspruchnahme von Leistungen zumutbar und indiziert.
Die Einwendungen des Klägers gegen die gutachtlichen Darlegungen des Dr.H. kann der Senat nicht nachvollziehen. Inbesondere teilt er nicht die Auffassung, der Gutachter habe den Kläger als Simulant oder als arbeitsunwillig hinstellen wollen. Eine unsachliche Haltung des Dr.H. ist auch bei kritischer Durchsicht des Gutachtens nicht zu erkennen. Er hat im Übrigen die an ihn gestellten Fragen beantwortet, zur Situation auf dem Arbeitsmarkt hatte er sich nicht zu äußern.
Mit dem nach Auffassung aller gerichtlichen Sachverständigen und auch des vom Kläger ausgewählten Gutachters Dr.K. verbliebenen Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, überwiegend in geschlossenen Räumen ohne Kälte- und Nässeexposition sowie ohne besondere nervliche Belastungen, vor allem ohne häufiges und langes Telefonieren, kann der Kläger zwar seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Teleagent bzw. Kundenberater nicht mehr ausüben, er ist deswegen aber nicht berufsunfähig. Es handelte sich bei der letzten Tätigkeit laut Angaben des Arbeitgebers im erstinstanzlichen Verfahren um eine kurzfristig angelernte Tätigkeit. Ausgehend von der Wertigkeit dieses bisherigen Berufes ist der Kläger nach dem vom Bundessozialgericht im Rahmen der Prüfung von
Berufsunfähigkeit entwickelten sog. Mehrstufenschema der Gruppe der kurzfristig angelernten Arbeitnehmer zuzurechnen. Er ist damit auf ähnliche Tätigkeiten seiner Gruppe, aber auch auf die darunter liegende Gruppe der Arbeitnehmer mit ungelernten Tätigkeiten verweisbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt es eine ausreichende Anzahl von einfachen und körperlich leichten Tätigkeiten, die dem Leistungsvermögen des Klägers entsprechen und bei denen auch die zu vermeidenden Arbeitsbedingungen nicht anfallen. Eine konkrete Verweisungstätigkeit braucht nicht benannt zu werden, dies auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer möglichen "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" - oder einer "spezifischen schweren Leistungsbehinderung", die die ausnahmsweise Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würden. Die in qualitativer Hinsicht bestehenden Einschränkungen sind im wesentlichen bereits vom Begriff der leichten Arbeit mitumfasst bzw. - wie etwa eine Kälte- und Nässeexposition - im Regelfall mit üblichen leichten Arbeiten nicht verbunden. Auch ist bei Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Regelfall nicht von hohen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit auszugehen. Rechtlich unerheblich ist, ob dem Kläger ein entsprechender Arbeitsplatz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden kann, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung getragen wird; dementsprechend bestimmen § 43 Abs.2 Satz 4 SGB VI a.F. und § 240 Abs.2 Satz 4 SGB VI n.F., dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig bzw. mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Erst recht liegt angesichts der noch vollschichtigen Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte körperliche Arbeiten Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs.2 SGB VI a.F. nicht vor, ebenso keine teilweise oder volle Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs.1 und 2 SGB VI n.F.
Die Berufung hat nach alledem keine Aussicht auf Erfolg und ist mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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