Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 84/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 41/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Nichtabrechenbarkeit der Leistungen nach den Nr. 1218, 1219, 1230, 1500, 1543, 1545, 2213 und 2619 EBM für einen Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, der an der hausärztlichen Versorgung teilnimmt, ist nicht zu beanstanden.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um sachlich-rechnerische Berichtigungen verschiedener, zur fachärztlichen Versorgungsebene gehörenden Leistungen in den 14 Quartalen IV/00 – II/04 mit Ausnahme des Quartals III/03; im Einzelnen handelt es sich um die Leistungen nach den Nr. 1218, 1219, 1230, 1500, 1543, 1545, 2213 und 2619 EBM.
Der Kläger ist seit dem 18.04.1995 als Vertragsarzt niedergelassen und nimmt seit dem 01.01.1996 als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung im hausärztlichen Bereich teil.
Nachdem die Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) durch Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 3 SGB V vom 20.06.2000 mit Wirkung zum 01.10.2000 in Leistungen der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung nach § 87 Abs. 2 a) SGB V aufgeteilt wurden, korrigierte die Beklagte durch verschiedene Absetzungen im Rahmen von Berichtigungsbescheiden im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung die meisten Abrechnungen des Klägers im streitbefangenen Zeitraum vom Quartal IV/00 bis zum Quartal II/04 mit Ausnahme des Quartals III/03. Der Kläger legte gegen die Berichtigungsbescheide jeweils Widerspruch ein. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Vorgänge:
Quartal Absetzungen (Nr. des EBM) Datum Bescheid Datum Widerspruch
IV/00 1218: 3x 16.05.2001 20.05.2001
1219: 35x
1230: 38x
1560: 93x
2213: 9x
2240: 2x
2619: 2x
I/01 1218: 3x 26.07.2001 27.07.2001
1219: 41x
1230: 40x
2121: 1x
2213: 3x
2240: 1x
2619: 3x
II/01 1218: 5x 17.12.2001 19.12.2001
1219: 34x
1230: 37x
III/01 1218: 2x 05.03.2002 17.03.2002
1219: 30x
1230: 31x
1545: 2x
IV/01 1218: 3x 19.06.2002 03.07.2002
1219: 29x
1230: 30x
1543: 1x
1545: 1x
I/02 1218: 5x 17.09.2002 29.09.2002
1219: 20x
1230: 24x
1545: 4x
1567: 1x
II/02 1218: 14x 16.12.2002 18.12.2002
1219: 24x
1230: 34x
III/02 1218: 5x 17.03.2003 13.04.2003
1219: 33x
1230: 39x
IV/02 1218: 4x 09.07.2003 31.07.2003
1219: 28x
1230: 31x
I/03 1218: 7x 19.11.2003 23.11.2003
1219: 25x
1230: 28x
1545: 2x
2619: 1x
II/03 1218: 12x 12.01.2004 18.01.2004
1219: 27x
1230: 35x
1500: 2x
1545: 7x
IV/03 1218: 9x 28.07.2004 04.08.2004
1219: 28x
1230: 35x
1545: 2x
2213: 1x
I/04 1218: 6x 16.11.2004 20.11.2004
1219: 34x
1230: 40x
1500: 1x
1545: 2x
II/04 1218: 9x 02.12.2004 12.12.2004
1219: 30x
1230: 36x
Darüber hinaus wurde im betroffenen Zeitraum mehrfach die abgerechnete Nr. 2213 EBM von der Beklagten in die abrechungsfähige Nummer 2021 EBM umgewandelt und abgerechnet.
Seine Widersprüche gegen die Berichtigungsbescheide begründete der Kläger im allgemeinen und bezüglich der einzelnen Abrechnungsnummern wie folgt:
Es sei grundsätzlich nicht zu verstehen, dass Leistungen, die er und andere Kinderärzte seit Jahrzehnten zum Nutzen der Kinder erbrächten, nun wegen einer nicht nachvollziehbaren Trennung zwischen Hausarzt- und Facharztziffern nicht mehr abgerechnet werden dürften. Es werde verkannt, dass Kinderärzte nicht nur die Haus-, sondern auch die Fachärzte für Kinder seien, so dass das Leistungsspektrum nicht derart eingeengt werden dürfte.
Zu den Ziffern 1218, 1219, 1230 (alle Quartale): Die Ziffern 1218 und 1219 beinhalteten einen Sehtest, gegliedert nach dem Lebensalter. Kinderärzte seien für solche Tests apparativ und fachlich gerüstet, zumal die Leistungen seit 30 Jahren von Kinderärzten erbracht würden. Die Leistungen würden im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen erbracht, es sei absurd, Kinder deshalb zum Augenarzt zu überweisen, dort komme es nur zu langen Wartezeiten und einem Punktwertverfall. Der Farbsehtest der Ziffer 1230 sei ebenfalls eine seit 30 Jahren als Bestandteil kinderärztlicher Tätigkeit erbrachte Leistung, auch hierfür seien Kinderärzte apparativ und fachlich gerüstet, es gebe auch hier keinen Grund, die Kinder gleich zum Augenarzt zu schicken.
Zu Ziffer 1500 (II/03, I/04): Es handele sich um eine Laryngoskopie, diese sei wegen einer Fremdkörperaspiration erforderlich. Er habe neben seiner kinderärztlichen Weiterbildung auch eine Weiterbildung als Kinderanästhesist absolviert und habe im Rahmen seiner Tätigkeit am Klinikum Essen eigenständig Narkosen durchführen dürfen, außerdem müsse er als Allergologe fähig sein, zu intubieren. Hierbei müsse immer eine Laryngoskopie durchgeführt werden. Der Ausschluss der Leistung sei daher nicht nachvollziehbar.
Zu Ziffer 1543 (IV/01): Es handele sich um die Entfernung eines festsitzenden Fremdkörpers im Gehörgang, dies sei Bestandteil kinderärztlicher Ausbildung und komme, da Kinder sich gerne Fremdkörper in Körperöffnungen steckten, nicht selten vor. Die Änderung der Gebührenordnung sei daher absurd.
Zu Ziffer 1545 (III/01, IV/01, I/02, I/03, II/03, IV/03, I/04): Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb Abszesse in der Haut, nicht aber im Gehörgang eröffnet werden dürften. Hilfsweise habe eine Änderung in Ziffer 2140 erfolgen müssen, denn auch im Gehörgang sei Haut.
Zu Ziffer 1560 (IV/00): Die Ziffer solle im Wege der Umwandlung in Ziffer 1597 geändert werden, sie sei irrtümlich angesetzt worden für die Durchführung eines Tympanogramms.
Zu Ziffer 1567 (I/02): Die Ziffer sei versehentlich angeführt worden, es handele sich um Ziffer 1597.
Zu Ziffer 2121 (I/01): Erbracht worden sei in Wirklichkeit die Ziffer 2021, eine Umwandlung sei daher erforderlich.
Zu Ziffer 2213 (IV/00, I/01): Die Leistung werde bei Kindern nur im Falle von Verbrennungen erbracht, es sei absurd, Überweisung an Chirurgen auszustellen, da die Behandlung solcher Nekrosen Bestandteil der kinderärztlichen Ausbildung sei; jedenfalls könne eine Umwandlung in die abrechenbare Ziffer 2021 erfolgen.
Zu Ziffer 2240 (IV/00, I/01): Es sei die Leistung 2140 erbracht worden, eine Umwandlung sei erforderlich.
Zu Ziffer 2619 (IV/00, I/01): Die Ziffer beinhalte die Reposition einer Leistenhernie. Eine Überweisung an Chirurgen sei absurd, es handele sich um kinderärztliche Notfälle, die sofortiges Handeln erforderten und deren Behandlung Bestandteil der Facharztausbildung sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2005 half die Beklagte den Widersprüchen teilweise ab und wies sie im Übrigen zurück. Im Einzelnen führte sie zur Begründung folgendes aus: Im Quartal IV/01 könnten einmal die Ziffer 1543 EBM, im Quartal I/02 einmal die Ziffer 1597 EBM sowie im Quartal IV/00 93mal die Ziffer 1597 EBM nachvergütet werden. Die Ziffer 1543 sei irrtümlich abgesetzt worden, sei aber dem haus- und fachärztlichen Bereich zugeordnet. Die Ziffer 1567 im Quartal I/02 könne nachvergütet werden, da versehentlich 1567 anstelle von 1597 angegeben worden sei. Die Ziffer 1560 könne in die Ziffer 1597 umgewandelt und abgerechnet werden. Die Ziffer 2213 sei für IV/00 und I/01 bereits auf Bezirksstellenebene für den Kläger positiv entschieden worden, Umwandlung in 2021, danach durch Belegvorbereitung der KV 47x umgewandelt.
Im übrigen seien die Ziffern 1218, 1219, 1230, 1500, 1545, 1560, 1567, 2121, 2213, 2240 und 2619 EBM ausschließlich dem fachärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet und könnten daher nicht vom Kläger berechnet werden, der an der hausärztlichen Versorgung teilnehme.
Weiter führte sie aus, im Quartal IV/03 sei zwar eine Umwandlung einer Ziffer 2213 in die Ziffer 2021 EBM erfolgt, diese habe jedoch nicht nachvergütet werden können, da die erbrachte Leistung bereits mit der höher bewerteten Ziffer 2004 EBM vergütet worden sei. Letzteres treffe auch auf die beantragte Umwandlung der Ziffer 2240 in 2140 EBM in den Quartalen IV/00 und I/01 zu, da auch in diesen Fällen die erbrachte Leistung bereits mit der höher bewerteten Ziffer 2004 EBM vergütet worden sei. Soweit Ziffern 1219 in Ziffern 1218 umgewandelt und dann abgesetzt worden seien, sei dies auf das Alter der behandelten Kinder zurückzuführen, die 1218 sei wie die 1219 abzusetzen, da beide nicht von an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsärzten berechnet werden könnten.
Hiergegen hat der Kläger am 09.06.2005 die Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, die Kürzungen der im Widerspruchsbescheid aufgeführten Ziffern seien unzulässig und rechtswidrig. Im Einzelnen handele es sich um folgende Positionen:
1. 1218, Sehtest
2. 1219, Sehtest
3. 1230, Farbtest
4. 1500, Laryngoskopie
5. 1543, Fremdkörperentfernung aus dem Gehörgang
6. 1545, Abszesseröffnung im Gehörgang
7. 2213, Nekrosenabtragung
8. 2619, Leistenhernienreposition
Er verweist auf die Begründung seiner Widersprüche und bekräftigt seine Auffassung, der von den Vertragspartnern erstellte und bis zum 31.12.2002 übergangsweise geltende Katalog von in diesem Zeitraum noch abrechenbaren Leistungen sei sachlich falsch und folglich rechtswidrig. Die Leistungsauswahl sei fehlerhaft. Die streitigen Gebührenziffern seien seit Jahrzehnten von Kinderärzten erbracht worden und Teil der Facharztausbildung. Die Leistungen seien bis zum 30.09.2000 von Kinderärzten abrechenbar gewesen. Die gegenteilige Entscheidung mute grotesk an, weil die Leistungen nach dem seit dem 01.04.2005 geltenden EBM 2000 plus wieder für Kinderärzte abrechenbar seien. Dies bestätige den Kläger in seiner Auffassung, dass der Leistungsausschluss im dazwischen liegenden Zeitraum sachlich falsch und rechtswidrig gewesen sei. Im Übrigen seien für die Erbringung fachärztlicher Leistungen nicht stets teuere Apparate nötig, Hör- und Sehtestgeräte gehörten zu jeder kinderärztlichen Praxis. Sinn der Tests im Sinne einer Vermeidung unnötiger Kosten sei, dass nur im Falle von Auffälligkeiten die Heranziehung von Fachärzten erfolge; dies entspreche der ursprünglichen und jetzt wieder geltenden Regelung. Es sei aus fachlichen und sachlichen Gründen nicht nachvollziehbar, weshalb diese Leistungen vom 01.10.2000 bis zum 31.03.2005 für Kinderärzte nicht abrechenbar sein sollten.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 16.05.2001, 26.07.2001, 17.12.2001, 05.03.2002, 19.06.2002, 17.09.2002,16.12.2002, 17.03.2003, 09.07.2003, 19.11.2003, 12.01.2004, 28.07.2004, 16.11.2004 und 02.12.2004, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 03.05.2005 insoweit aufzuheben, als diese seine Widersprüche zurückgewiesen hat und die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie unter Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheides aus, die Klage sei teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. Die Berichtigungsbescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2005 seien rechtmäßig und verletzten den Kläger folglich nicht in seinen Rechten. Rechtsgrundlage für die Berichtigungsbescheide und den Widerspruchsbescheid seien die Regelungen des Bundesmantelvertrages über die Befugnis der Beklagten zur Durchführung sachlich-rechnerischer Richtigstellung, §§ 45 BMV-Ä, 34 EKV-Ä. Der Beklagten obliege die Prüfung der von den Ärzten vorgelegten Abrechnungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit, weshalb die Beklagte eine Korrektur der Honorarforderungen des Klägers vornehmen könne, wenn etwa die Erbringung und Abrechnung der Leistungen wegen des Fehlens einer erforderlichen Genehmigung, wegen Fachfremdheit oder wegen Fehlens eines ausreichenden Überweisungsauftrags als unzulässig anzusehen sei. Von der sachlich-rechnerischen Richtigstellung seien vor allem die Fälle erfasst, in denen der Leistungsinhalt überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche Genehmigung oder unter Überschreitung der Fachgebietsgrenzen erbracht worden seien. Demnach seien die vom Kläger angegriffenen Absetzungen zu Recht erfolgt. Hinsichtlich der Abrechnung der Gebührenordnungsposition 1543 EBM sei die Klage unzulässig, der Kläger sei, weil ihm für das fragliche Quartal IV/01 die Gebührennummer im Widerspruchsbescheid zugestanden worden sei, nicht beschwert. Im Falle der übrigen Gebührenpositionen sei die Klage unbegründet, weil der Kläger sich nicht auf die vorgetragene Rechtswidrigkeit des der sachlich-rechnerischen Prüfung zugrunde liegenden Regelwerks berufen könne. Entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 87 Abs. 2a SGB V hätten die im EBM aufgeführten Leistungen unter Berücksichtigung der in § 73 Abs. 1 SGB V festgestellten Gliederungen der vertragsärztlichen Versorgung in haus- und fachärztliche Versorgung unterteilt werden müssen. Der EBM und die Katalogliste seien rechtmäßig, insbesondere ließen sie keinen Missbrauch des eingeräumten Ermessens des Bewertungsausschusses erkennen. Die Vorgaben des § 87 Abs. 2a SGB V und die Aufgliederung der Leistungsebenen in § 73 Abs. 1 SGB V erlangten aufgrund der Gesamtvertrags- und Richtlinienkompetenz in der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen und des § 81 Abs. 3 Nr. 1 SGB V für die Beklagte und ihre Mitglieder als Rechtsnormen Verbindlichkeit, dem Bewertungsausschuss komme bei der Schaffung ein Ermessensspielraum zu, dessen Überprüfbarkeit nur in geringem Maße gegeben sei. Der Ausschuss habe eine Steuerungsfunktion, die er nur erfüllen könne, wenn Eingriffe von außen unterblieben. Anhaltspunkte für eine ermessensfehlerhafte, nicht durch sachgerechte Erwägungen gedeckte oder sonst von fachfremden Erwägungen getragene Ausübung der Bewertungskompetenz des Ausschusses zur Unterteilung in ein haus- und fachärztliches Leistungsspektrum seien nicht ersichtlich. Die vom Kläger vorgetragene Behauptung, die von den Vertragspartnern erstellte Katalogliste sei sachlich falsch und folglich rechtswidrig, weil auch von hausärztlich niedergelassenen Kinderärzten zu erbringende Fachleistungen nur dem fachärztlichen Bereich zugeordnet worden seien, könne eine solche Annahme nicht begründen. Ein Ermessensmissbrauch könne nicht alleine in der Tatsache, dass eine Abrechnungsposition dem einen oder dem anderen Bereich zugeordnet werde, gesehen werden. Alleine aus der Behauptung des Klägers, es gebe keinen medizinisch nachvollziehbaren Grund für die Zuteilung, ergebe sich kein Argument gegen die Sachgerechtigkeit der getroffenen Zuordnung. Schließlich werde die Rechtmäßigkeit des Leistungskataloges auch nicht durch die klägerische Argumentation, die Leistungen seien aufgrund des EBM 2000 plus jetzt wieder für Kinderärzte abrechenbar, in Frage gestellt. Zum einen sei es bei der Trennung zwischen Haus- und Facharzt auch unter der Geltung des neuen EBM geblieben, zum anderen habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass er die Leistungen nunmehr tatsächlich wieder abrechnen dürfte. Dies ergebe sich nicht aus der Struktur des neuen EBM. Im übrigen komme dem Bewertungsausschuss im Rahmen seines Gestaltungsspielraums auch die Möglichkeit zu, eine Regelung wieder zu verändern, wenn sie sich als korrekturbedürftig erweise, so dass auch deshalb nicht auf eine Rechtswidrigkeit des wenigstens zwischenzeitlichen Abrechnungsausschlusses geschlossen werden könne.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz).
Die Klage ist teilweise unzulässig, im Übrigen ist sie unbegründet.
Soweit die Klage sich gegen die Absetzung der Gebührenordnungsnummer 1543 im Quartal IV/01 wendet, fehlt es dem Kläger an der für das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses nötigen Beschwer nach § 54 Abs. 1 SGG. Dem Widerspruch vom 03.07.2002 gegen den Berichtigungsbescheid vom 19.06.2002 wurde hinsichtlich dieser Abrechnungsposition durch den angegriffenen Widerspruchsbescheid abgeholfen. Insoweit war die Klage folglich unzulässig.
Hinsichtlich der sonstigen angegriffenen Absetzungen ist die Klage unbegründet, denn die Honorarberichtigungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Ermächtigungsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung des vom Kläger abgerechneten Honorars sind die §§ 45 BMV-Ä, 34 EKV-Ä. Hiernach ist die Beklagte zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen befugt, soweit ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührennummern ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistungen nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf. Nach diesen Vorschriften hat die Kassenärztliche Vereinigung die Aufgabe, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und gegebenenfalls richtig zu stellen. Die Beklagte war berechtigt, die vom Kläger angegriffenen Absetzungen vorzunehmen.
Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen (§ 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die nach Absatz 2 Satz 1 bestimmten Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung bis zum 31. März 2000 in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden (§ 87 Abs. 2a Satz 5 SGB V i. d. F. des ab 01.01.2000 geltenden Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) v. 22.12.1999, BGBl I 2626, zunächst als Satz 4, dann unverändert als Satz 5 durch Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 BGBl I 2190).
Aufgrund dieser gesetzlichen Ermächtigung hat der Bewertungsausschuss in seiner 63. Sitzung am 20. Juni 2000 entsprechende Beschlüsse gefasst (Deutsches Ärzteblatt, Jg. 9, Heft 27 v. 07. Juli 2000, S. 1920 ff.). Danach gilt:
1. Die Gliederung der Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung erfolgt für den Übergangszeitraum auf der Basis des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) mit Stand vom 1. April 2000. Die vorgenommene Gliederung wird zur Grundlage der Leistungsbeschreibung hausärztlicher und fachärztlicher Leistungen im Rahmen der beabsichtigten EBM-Reform gemacht.
2. Durch Beschluss der Vertragspartner der Bundesmantelverträge-Ärzte ist die Vereinbarung gemäß § 6 Abs. 2 und § 9 der Anlage 5 (Vertrag über die hausärztliche Versorgung) ergänzt worden, sodass weitere bisher von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsärzten abgerechnete Leistungen des EBM in die Zusatzvereinbarung gemäß § 6 Abs. 2 aufgenommen wurden und bis zum 31. Dezember 2002 abgerechnet werden können, sofern die Vertragsärzte diese Leistungen bereits vor dem 1. April 2000 erbracht und abgerechnet haben.
3. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2000 sind nachfolgende Gebührenordnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes nur von Vertragsärzten im hausärztlichen Versorgungsbereich gemäß § 73 Abs. 1 a SGB V berechnungsfähig (siehe Tabelle 1).
4. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2000 sind nachfolgende Gebührenordnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes sowohl von Vertragsärzten im hausärztlichen als auch von Vertragsärzten im fachärztlichen Versorgungsbereich berechnungsfähig (gegebenenfalls in Abhängigkeit von speziellen Weiterbildungen oder Qualifikationsnachweisen) (siehe Tabelle 2).
5. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2000 sind nachfolgende Gebührenordnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes unter Berücksichtigung der in den Anmerkungen aufgeführten Ausnahmeregelungen nur von Vertragsärzten im fachärztlichen Versorgungsbereich berechnungsfähig (siehe Tabelle 3).
Tabelle 3 enthält u. a. folgende Leistungspositionen:
Abschnitt K: Nrn. 1210 bis 1375 EBM;
Abschnitt L: Nrn. 1410 bis 1460, 1471 bis 1525, 1545 bis 1588, 1599, 1604 bis 1653;
Abschnitt N III.: Nrn. 2211 bis 2282
Abschnitt N VI.: Nrn. 2600 bis 2755
Von der Tabelle 3 werden damit alle hier noch strittigen Leistungen erfasst. Es handelt sich bei diesen Leistungen um Leistungen, die seit Oktober 2000 dem fachärztlichen Bereich zugeordnet sind und von hausärztlich tätigen Vertragsärzten nicht mehr erbracht werden können.
Die hier strittigen Leistungen unterfallen auch nicht den Ausnahmebestimmungen nach dem Hausarztvertrag
§ 9 (Übergangsregelung bei aus der hausärztlichen Versorgung ausgeschlossenen Leistungen) Hausarztvertrag bestimmt:
(1) Vertragsärzte, welche in der vertragsärztlichen Versorgung nachweislich vor dem 01.01.1994 regelmäßig ärztliche Leistungen der Liste nach § 6 abgerechnet haben, dürfen solche Leistungen im Falle der Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung längstens bis zum 31.12.2002 erbringen und abrechnen.
(2) Vertragsärzte dürfen die Leistungen der Vereinbarung Nr. 2 gemäß § 6 Abs. 2 des Vertrages über die hausärztliche Versorgung vom 1. Oktober 2000 im Falle der Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung längstens bis zum 31. Dezember 2002 erbringen und abrechnen, wenn sie diese Leistungen nachweislich in der vertragsärztlichen Versorgung vor dem 1. April 2000 regelmäßig erbracht haben.
Nach § 6 Hausarztvertrag (Abgrenzungen zur fachärztlichen Versorgung) gilt:
(1) Unbeschadet der Übergangsregelung nach § 9 können in der hausärztlichen Versorgung diejenigen ärztlichen Leistungen nicht vergütet werden, für welche nach dem maßgeblichen Weiterbildungsrecht eingehende Kenntnisse und Erfahrungen nicht in der Weiterbildung im Fachgebiet der Inneren Medizin oder Kinderheilkunde, sondern ausschließlich in der zusätzlichen Weiterbildung im Schwerpunkt oder einer fakultativen Weiterbildung in diesen Fachgebieten erworben werden können. Leistungen im Fachgebiet der Inneren Medizin oder der Kinderheilkunde, für welche eingehende Kenntnisse und Erfahrungen vorrangig im Rahmen der Weiterbildung im Schwerpunkt oder in einer fakultativen Weiterbildung oder zum Erwerb einer Fachkunde erworben werden können, können im Rahmen des Verfahrens nach Absatz 2 insoweit ausgeschlossen werden, als sie den Rahmen der hausärztlichen Versorgung überschreiten.
(2) Die Vertragspartner erstellen nach Maßgabe des Absatzes 1 spätestens bis zum 31.12.1994 eine Liste über solche Leistungen, die in der hausärztlichen Versorgung nicht vergütet werden. Diese Liste kann bei Bedarf weiterentwickelt oder präzisiert werden.
(3) Die Liste ist für alle an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte verbindlich.
Nach der Vereinbarung Nr. 2 gemäß § 6 Abs. 2 des Vertrages über die hausärztliche Versorgung vom 6. September 1993 in der ab 1. Oktober 2000 gültigen Fassung v. 30.06.2002 werden – unbeschadet der Übergangsregelung nach § 9 Abs. 2 des Vertrages – folgende Leistungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes ab dem 1. Oktober 2000 in der hausärztlichen Versorgung nicht mehr vergütet: Nrn. 605, 608, 609, 620, 654, 665, 680, 681, 682, 689, 698, 710, 718, 719, 723, 728, 731 bis 741 und 745.
Damit unterfallen die hier strittigen Leistungen nicht den Ausnahmebestimmungen nach dem Hausarztvertrag, da sie in der Vereinbarung Nr. 2 gemäß § 6 Abs. 2 Hausarztvertrag nicht aufgeführt werden.
Die Regelungen des Bewertungsausschusses und der Bundesmantelvertragsparteien sind rechtmäßig.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits wiederholt die durch das Gesundheitsstrukturgesetz eingeführte Aufteilung in einen hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgungsbereich für rechtmäßig befunden und betont, dass die Zuordnung zum hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgungsbereich für den Vertragsarzt ausschließlich vergütungsrechtliche Konsequenzen bewirkt, während sie seinen berufsrechtlichen Status unberührt lässt (BSG, Urt. v. 18. Juni 1997 – 6 RKa 59/98 - BSGE 80, 257 = SozR 3-2500 § 73 Nr. 1 = NJW 1999, 888 = NZS 1998, 143, zitiert nach juris Rdnr. 17 ff. u. 24; BSG, Urt. v. 01. Juli 1998 - B 6 KA 27/97 R - MedR 1999, 476 = USK 98166, juris Rdnr. 13 ff.; BSG, Beschl. v. 11. November 2005, Az: B 6 KA 12/05 B – juris Rdnr. 8) ). Das Bundesverfassungsgericht hat eine gegen eine Parallelentscheidung (BSG, Urt. v. 18. Juni 1997 – 6 RKa 13/97 -) erhobene Verfassungsbeschwerde nicht angenommen und u. a. ausgeführt, die Trennung der Versorgungsbereiche sei mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Heranzuziehen seien die für eine Berufsausübungsregelung geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe. Dies würde sich allerdings nicht bereits daraus ergeben, dass nur die vertragsärztliche Tätigkeit erfasst werde, denn auch Regelungen des Vertragsarztrechtes könnten als Berufswahlregelungen ausgestaltet sein. Es könne auch offenbleiben, ob die ärztliche Spezialisierung als Facharzt inzwischen als eigenständig entwickelter und in der sozialen Wirklichkeit akzeptierter Beruf anzusehen sei, denn bei den mittelbar angefochtenen Regelungen gehe es weder um den reglementierten Zugang zu einer bestimmten Arztgruppe noch zu einem Planungsbereich. Die Regelungen hätten lediglich zur Folge, dass nach Ablauf einer Übergangsfrist bestimmte Positionen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes nicht mehr abgerechnet werden könnten. Einwirkungen auf das ärztliche Handeln mit dem Steuerungsinstrument der Vergütungsregelung seien schon generell ein Mittel der Berufsausübung. Dies gelte erst recht, wenn die Vergütungsregelung beim jeweiligen Arzt nur einen Teil der Tätigkeiten beträfen, die ihm nach Berufsrecht offenstünden. Die Aufgliederung des hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsbereichs diene dem Gemeinwohl. Durch die Neuordnung würden gesundheitspolitische Ziele der Qualitätsverbesserung für die Versicherten neben finanzpolitischen Zielen der Kostendämpfung angestrebt. Bei der Ausgestaltung der Krankenversicherung seien sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers hinzunehmen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar seien. Auch die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung sei als Gemeinwohlaufgabe von hoher Bedeutung anzusehen. Dies gelte auch und gerade gegenüber den Leistungserbringern innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, denen durch die Einbeziehung in das öffentlich- rechtliche System des Vertragsarztrechtes besondere Vorteile erwachsen würden (BVerfG, Beschl. v. 17. Juni 1999 - 1 BvR 2507/97 – SozR 3-2500 § 73 Nr. 3 = NJW 1999, 2730 = MedR 1999, 560 = juris Rdnr. 22 f.).
Das BSG hat ferner auch Abrechnungsbeschränkungen aufgrund bundesmantelvertraglicher Vereinbarung zugelassen. Hat sich ein Vertragsarzt für den hausärztlichen und nicht den fachärztlichen Versorgungsbereich entschieden (vgl. § 73 Abs. 1 und Abs. 1a Satz 2 SGB V), unterliegt er unabhängig von den ihm berufsrechtlich erlaubten Leistungserbringungsmöglichkeiten auf seinem Fachgebiet den vertragsarztrechtlichen Beschränkungen eines Hausarztes. Ein Vertragsarzt darf nur von der Honorierung solcher Leistungen nicht gänzlich ausgenommen werden, die in den Kernbereich seines Fachgebietes fallen bzw. für dieses wesentlich und prägend sind (vgl. BSG v. 31.01.2001 - B 6 KA 11/99 R – USK 2001-143, juris Rdnr. 15 m. w. N.; zu aus der Aufteilung in einen haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich folgenden Vergütungsbeschränkungen vgl. a. BSG v. 17.09.1997 - 6 RKa 90/96 - BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 17 = MedR 1998, 239 = USK 97136, juris Rdnr. 30 ff.).
Soweit der Kläger eine Wiederherstellung der Abrechnungsfähigkeit seit dem 01.04.2005 aufgrund des neuen EBM 2000 plus behauptet, kann dies hier dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, kann daraus nichts für eine Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Bewertungsausschusses hergeleitet werden, denn der Ausfüllung eines Gestaltungs- bzw. Beurteilungsspielraumes liegt – im allgemeinen wie auch hier – ein Element des Abwägens, des Versuches und der Prognose zukünftiger Entwicklung zugrunde, das die Möglichkeit einer Korrektur oder Änderung bei Eintritt neuer Umstände oder bei Nichteintritt erhoffter oder erwarteter Ereignisse einschließt. Nur aus der – möglicherweise auch nur teilweisen - Rückkehr zu einer ursprünglichen und dann geänderten Regelung auf die Sach- und Rechtswidrigkeit der zwischenzeitlichen Regelung zu schließen, würde es erschweren oder unmöglich machen, im Rahmen der Ausfüllung des Gestaltungsspielraumes eine neue Regelung zu erproben und bei Nichtbewährung zur alten zurückzukehren. Somit würde auch eine sachgerechte Anpassung der Aufteilung der EBM-Leistungen zwischen Haus- und Facharztbereich, die sich aufgrund tatsächlicher Entwicklungen als nötig erweisen kann, erschwert und folglich der dem Bewertungsausschuss vom Gesetzgeber eingeräumte Gestaltungsspielraum unangemessen verkürzt, wenn man nur aufgrund der sachlichen Wiederherstellung einer zuvor geänderten Regelung eine rechtswidrige Ausfüllung des Gestaltungsspielraumes für die dazwischen liegende Zeit annähme. Eine Überschreitung der Grenzen des dem Bewertungsausschuss zustehenden Gestaltungsspielraumes liegt infolgedessen nicht vor.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Abs. 1 VwGO.
2. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Er hat auch die Gerichtskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um sachlich-rechnerische Berichtigungen verschiedener, zur fachärztlichen Versorgungsebene gehörenden Leistungen in den 14 Quartalen IV/00 – II/04 mit Ausnahme des Quartals III/03; im Einzelnen handelt es sich um die Leistungen nach den Nr. 1218, 1219, 1230, 1500, 1543, 1545, 2213 und 2619 EBM.
Der Kläger ist seit dem 18.04.1995 als Vertragsarzt niedergelassen und nimmt seit dem 01.01.1996 als Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung im hausärztlichen Bereich teil.
Nachdem die Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) durch Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 3 SGB V vom 20.06.2000 mit Wirkung zum 01.10.2000 in Leistungen der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung nach § 87 Abs. 2 a) SGB V aufgeteilt wurden, korrigierte die Beklagte durch verschiedene Absetzungen im Rahmen von Berichtigungsbescheiden im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung die meisten Abrechnungen des Klägers im streitbefangenen Zeitraum vom Quartal IV/00 bis zum Quartal II/04 mit Ausnahme des Quartals III/03. Der Kläger legte gegen die Berichtigungsbescheide jeweils Widerspruch ein. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Vorgänge:
Quartal Absetzungen (Nr. des EBM) Datum Bescheid Datum Widerspruch
IV/00 1218: 3x 16.05.2001 20.05.2001
1219: 35x
1230: 38x
1560: 93x
2213: 9x
2240: 2x
2619: 2x
I/01 1218: 3x 26.07.2001 27.07.2001
1219: 41x
1230: 40x
2121: 1x
2213: 3x
2240: 1x
2619: 3x
II/01 1218: 5x 17.12.2001 19.12.2001
1219: 34x
1230: 37x
III/01 1218: 2x 05.03.2002 17.03.2002
1219: 30x
1230: 31x
1545: 2x
IV/01 1218: 3x 19.06.2002 03.07.2002
1219: 29x
1230: 30x
1543: 1x
1545: 1x
I/02 1218: 5x 17.09.2002 29.09.2002
1219: 20x
1230: 24x
1545: 4x
1567: 1x
II/02 1218: 14x 16.12.2002 18.12.2002
1219: 24x
1230: 34x
III/02 1218: 5x 17.03.2003 13.04.2003
1219: 33x
1230: 39x
IV/02 1218: 4x 09.07.2003 31.07.2003
1219: 28x
1230: 31x
I/03 1218: 7x 19.11.2003 23.11.2003
1219: 25x
1230: 28x
1545: 2x
2619: 1x
II/03 1218: 12x 12.01.2004 18.01.2004
1219: 27x
1230: 35x
1500: 2x
1545: 7x
IV/03 1218: 9x 28.07.2004 04.08.2004
1219: 28x
1230: 35x
1545: 2x
2213: 1x
I/04 1218: 6x 16.11.2004 20.11.2004
1219: 34x
1230: 40x
1500: 1x
1545: 2x
II/04 1218: 9x 02.12.2004 12.12.2004
1219: 30x
1230: 36x
Darüber hinaus wurde im betroffenen Zeitraum mehrfach die abgerechnete Nr. 2213 EBM von der Beklagten in die abrechungsfähige Nummer 2021 EBM umgewandelt und abgerechnet.
Seine Widersprüche gegen die Berichtigungsbescheide begründete der Kläger im allgemeinen und bezüglich der einzelnen Abrechnungsnummern wie folgt:
Es sei grundsätzlich nicht zu verstehen, dass Leistungen, die er und andere Kinderärzte seit Jahrzehnten zum Nutzen der Kinder erbrächten, nun wegen einer nicht nachvollziehbaren Trennung zwischen Hausarzt- und Facharztziffern nicht mehr abgerechnet werden dürften. Es werde verkannt, dass Kinderärzte nicht nur die Haus-, sondern auch die Fachärzte für Kinder seien, so dass das Leistungsspektrum nicht derart eingeengt werden dürfte.
Zu den Ziffern 1218, 1219, 1230 (alle Quartale): Die Ziffern 1218 und 1219 beinhalteten einen Sehtest, gegliedert nach dem Lebensalter. Kinderärzte seien für solche Tests apparativ und fachlich gerüstet, zumal die Leistungen seit 30 Jahren von Kinderärzten erbracht würden. Die Leistungen würden im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen erbracht, es sei absurd, Kinder deshalb zum Augenarzt zu überweisen, dort komme es nur zu langen Wartezeiten und einem Punktwertverfall. Der Farbsehtest der Ziffer 1230 sei ebenfalls eine seit 30 Jahren als Bestandteil kinderärztlicher Tätigkeit erbrachte Leistung, auch hierfür seien Kinderärzte apparativ und fachlich gerüstet, es gebe auch hier keinen Grund, die Kinder gleich zum Augenarzt zu schicken.
Zu Ziffer 1500 (II/03, I/04): Es handele sich um eine Laryngoskopie, diese sei wegen einer Fremdkörperaspiration erforderlich. Er habe neben seiner kinderärztlichen Weiterbildung auch eine Weiterbildung als Kinderanästhesist absolviert und habe im Rahmen seiner Tätigkeit am Klinikum Essen eigenständig Narkosen durchführen dürfen, außerdem müsse er als Allergologe fähig sein, zu intubieren. Hierbei müsse immer eine Laryngoskopie durchgeführt werden. Der Ausschluss der Leistung sei daher nicht nachvollziehbar.
Zu Ziffer 1543 (IV/01): Es handele sich um die Entfernung eines festsitzenden Fremdkörpers im Gehörgang, dies sei Bestandteil kinderärztlicher Ausbildung und komme, da Kinder sich gerne Fremdkörper in Körperöffnungen steckten, nicht selten vor. Die Änderung der Gebührenordnung sei daher absurd.
Zu Ziffer 1545 (III/01, IV/01, I/02, I/03, II/03, IV/03, I/04): Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb Abszesse in der Haut, nicht aber im Gehörgang eröffnet werden dürften. Hilfsweise habe eine Änderung in Ziffer 2140 erfolgen müssen, denn auch im Gehörgang sei Haut.
Zu Ziffer 1560 (IV/00): Die Ziffer solle im Wege der Umwandlung in Ziffer 1597 geändert werden, sie sei irrtümlich angesetzt worden für die Durchführung eines Tympanogramms.
Zu Ziffer 1567 (I/02): Die Ziffer sei versehentlich angeführt worden, es handele sich um Ziffer 1597.
Zu Ziffer 2121 (I/01): Erbracht worden sei in Wirklichkeit die Ziffer 2021, eine Umwandlung sei daher erforderlich.
Zu Ziffer 2213 (IV/00, I/01): Die Leistung werde bei Kindern nur im Falle von Verbrennungen erbracht, es sei absurd, Überweisung an Chirurgen auszustellen, da die Behandlung solcher Nekrosen Bestandteil der kinderärztlichen Ausbildung sei; jedenfalls könne eine Umwandlung in die abrechenbare Ziffer 2021 erfolgen.
Zu Ziffer 2240 (IV/00, I/01): Es sei die Leistung 2140 erbracht worden, eine Umwandlung sei erforderlich.
Zu Ziffer 2619 (IV/00, I/01): Die Ziffer beinhalte die Reposition einer Leistenhernie. Eine Überweisung an Chirurgen sei absurd, es handele sich um kinderärztliche Notfälle, die sofortiges Handeln erforderten und deren Behandlung Bestandteil der Facharztausbildung sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2005 half die Beklagte den Widersprüchen teilweise ab und wies sie im Übrigen zurück. Im Einzelnen führte sie zur Begründung folgendes aus: Im Quartal IV/01 könnten einmal die Ziffer 1543 EBM, im Quartal I/02 einmal die Ziffer 1597 EBM sowie im Quartal IV/00 93mal die Ziffer 1597 EBM nachvergütet werden. Die Ziffer 1543 sei irrtümlich abgesetzt worden, sei aber dem haus- und fachärztlichen Bereich zugeordnet. Die Ziffer 1567 im Quartal I/02 könne nachvergütet werden, da versehentlich 1567 anstelle von 1597 angegeben worden sei. Die Ziffer 1560 könne in die Ziffer 1597 umgewandelt und abgerechnet werden. Die Ziffer 2213 sei für IV/00 und I/01 bereits auf Bezirksstellenebene für den Kläger positiv entschieden worden, Umwandlung in 2021, danach durch Belegvorbereitung der KV 47x umgewandelt.
Im übrigen seien die Ziffern 1218, 1219, 1230, 1500, 1545, 1560, 1567, 2121, 2213, 2240 und 2619 EBM ausschließlich dem fachärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet und könnten daher nicht vom Kläger berechnet werden, der an der hausärztlichen Versorgung teilnehme.
Weiter führte sie aus, im Quartal IV/03 sei zwar eine Umwandlung einer Ziffer 2213 in die Ziffer 2021 EBM erfolgt, diese habe jedoch nicht nachvergütet werden können, da die erbrachte Leistung bereits mit der höher bewerteten Ziffer 2004 EBM vergütet worden sei. Letzteres treffe auch auf die beantragte Umwandlung der Ziffer 2240 in 2140 EBM in den Quartalen IV/00 und I/01 zu, da auch in diesen Fällen die erbrachte Leistung bereits mit der höher bewerteten Ziffer 2004 EBM vergütet worden sei. Soweit Ziffern 1219 in Ziffern 1218 umgewandelt und dann abgesetzt worden seien, sei dies auf das Alter der behandelten Kinder zurückzuführen, die 1218 sei wie die 1219 abzusetzen, da beide nicht von an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsärzten berechnet werden könnten.
Hiergegen hat der Kläger am 09.06.2005 die Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, die Kürzungen der im Widerspruchsbescheid aufgeführten Ziffern seien unzulässig und rechtswidrig. Im Einzelnen handele es sich um folgende Positionen:
1. 1218, Sehtest
2. 1219, Sehtest
3. 1230, Farbtest
4. 1500, Laryngoskopie
5. 1543, Fremdkörperentfernung aus dem Gehörgang
6. 1545, Abszesseröffnung im Gehörgang
7. 2213, Nekrosenabtragung
8. 2619, Leistenhernienreposition
Er verweist auf die Begründung seiner Widersprüche und bekräftigt seine Auffassung, der von den Vertragspartnern erstellte und bis zum 31.12.2002 übergangsweise geltende Katalog von in diesem Zeitraum noch abrechenbaren Leistungen sei sachlich falsch und folglich rechtswidrig. Die Leistungsauswahl sei fehlerhaft. Die streitigen Gebührenziffern seien seit Jahrzehnten von Kinderärzten erbracht worden und Teil der Facharztausbildung. Die Leistungen seien bis zum 30.09.2000 von Kinderärzten abrechenbar gewesen. Die gegenteilige Entscheidung mute grotesk an, weil die Leistungen nach dem seit dem 01.04.2005 geltenden EBM 2000 plus wieder für Kinderärzte abrechenbar seien. Dies bestätige den Kläger in seiner Auffassung, dass der Leistungsausschluss im dazwischen liegenden Zeitraum sachlich falsch und rechtswidrig gewesen sei. Im Übrigen seien für die Erbringung fachärztlicher Leistungen nicht stets teuere Apparate nötig, Hör- und Sehtestgeräte gehörten zu jeder kinderärztlichen Praxis. Sinn der Tests im Sinne einer Vermeidung unnötiger Kosten sei, dass nur im Falle von Auffälligkeiten die Heranziehung von Fachärzten erfolge; dies entspreche der ursprünglichen und jetzt wieder geltenden Regelung. Es sei aus fachlichen und sachlichen Gründen nicht nachvollziehbar, weshalb diese Leistungen vom 01.10.2000 bis zum 31.03.2005 für Kinderärzte nicht abrechenbar sein sollten.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 16.05.2001, 26.07.2001, 17.12.2001, 05.03.2002, 19.06.2002, 17.09.2002,16.12.2002, 17.03.2003, 09.07.2003, 19.11.2003, 12.01.2004, 28.07.2004, 16.11.2004 und 02.12.2004, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 03.05.2005 insoweit aufzuheben, als diese seine Widersprüche zurückgewiesen hat und die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie unter Bezug auf die Begründung des Widerspruchsbescheides aus, die Klage sei teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. Die Berichtigungsbescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2005 seien rechtmäßig und verletzten den Kläger folglich nicht in seinen Rechten. Rechtsgrundlage für die Berichtigungsbescheide und den Widerspruchsbescheid seien die Regelungen des Bundesmantelvertrages über die Befugnis der Beklagten zur Durchführung sachlich-rechnerischer Richtigstellung, §§ 45 BMV-Ä, 34 EKV-Ä. Der Beklagten obliege die Prüfung der von den Ärzten vorgelegten Abrechnungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit, weshalb die Beklagte eine Korrektur der Honorarforderungen des Klägers vornehmen könne, wenn etwa die Erbringung und Abrechnung der Leistungen wegen des Fehlens einer erforderlichen Genehmigung, wegen Fachfremdheit oder wegen Fehlens eines ausreichenden Überweisungsauftrags als unzulässig anzusehen sei. Von der sachlich-rechnerischen Richtigstellung seien vor allem die Fälle erfasst, in denen der Leistungsinhalt überhaupt nicht, nicht in vollem Umfang, ohne die zur Leistungserbringung erforderliche Genehmigung oder unter Überschreitung der Fachgebietsgrenzen erbracht worden seien. Demnach seien die vom Kläger angegriffenen Absetzungen zu Recht erfolgt. Hinsichtlich der Abrechnung der Gebührenordnungsposition 1543 EBM sei die Klage unzulässig, der Kläger sei, weil ihm für das fragliche Quartal IV/01 die Gebührennummer im Widerspruchsbescheid zugestanden worden sei, nicht beschwert. Im Falle der übrigen Gebührenpositionen sei die Klage unbegründet, weil der Kläger sich nicht auf die vorgetragene Rechtswidrigkeit des der sachlich-rechnerischen Prüfung zugrunde liegenden Regelwerks berufen könne. Entsprechend den gesetzlichen Anforderungen des § 87 Abs. 2a SGB V hätten die im EBM aufgeführten Leistungen unter Berücksichtigung der in § 73 Abs. 1 SGB V festgestellten Gliederungen der vertragsärztlichen Versorgung in haus- und fachärztliche Versorgung unterteilt werden müssen. Der EBM und die Katalogliste seien rechtmäßig, insbesondere ließen sie keinen Missbrauch des eingeräumten Ermessens des Bewertungsausschusses erkennen. Die Vorgaben des § 87 Abs. 2a SGB V und die Aufgliederung der Leistungsebenen in § 73 Abs. 1 SGB V erlangten aufgrund der Gesamtvertrags- und Richtlinienkompetenz in der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen und des § 81 Abs. 3 Nr. 1 SGB V für die Beklagte und ihre Mitglieder als Rechtsnormen Verbindlichkeit, dem Bewertungsausschuss komme bei der Schaffung ein Ermessensspielraum zu, dessen Überprüfbarkeit nur in geringem Maße gegeben sei. Der Ausschuss habe eine Steuerungsfunktion, die er nur erfüllen könne, wenn Eingriffe von außen unterblieben. Anhaltspunkte für eine ermessensfehlerhafte, nicht durch sachgerechte Erwägungen gedeckte oder sonst von fachfremden Erwägungen getragene Ausübung der Bewertungskompetenz des Ausschusses zur Unterteilung in ein haus- und fachärztliches Leistungsspektrum seien nicht ersichtlich. Die vom Kläger vorgetragene Behauptung, die von den Vertragspartnern erstellte Katalogliste sei sachlich falsch und folglich rechtswidrig, weil auch von hausärztlich niedergelassenen Kinderärzten zu erbringende Fachleistungen nur dem fachärztlichen Bereich zugeordnet worden seien, könne eine solche Annahme nicht begründen. Ein Ermessensmissbrauch könne nicht alleine in der Tatsache, dass eine Abrechnungsposition dem einen oder dem anderen Bereich zugeordnet werde, gesehen werden. Alleine aus der Behauptung des Klägers, es gebe keinen medizinisch nachvollziehbaren Grund für die Zuteilung, ergebe sich kein Argument gegen die Sachgerechtigkeit der getroffenen Zuordnung. Schließlich werde die Rechtmäßigkeit des Leistungskataloges auch nicht durch die klägerische Argumentation, die Leistungen seien aufgrund des EBM 2000 plus jetzt wieder für Kinderärzte abrechenbar, in Frage gestellt. Zum einen sei es bei der Trennung zwischen Haus- und Facharzt auch unter der Geltung des neuen EBM geblieben, zum anderen habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass er die Leistungen nunmehr tatsächlich wieder abrechnen dürfte. Dies ergebe sich nicht aus der Struktur des neuen EBM. Im übrigen komme dem Bewertungsausschuss im Rahmen seines Gestaltungsspielraums auch die Möglichkeit zu, eine Regelung wieder zu verändern, wenn sie sich als korrekturbedürftig erweise, so dass auch deshalb nicht auf eine Rechtswidrigkeit des wenigstens zwischenzeitlichen Abrechnungsausschlusses geschlossen werden könne.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz).
Die Klage ist teilweise unzulässig, im Übrigen ist sie unbegründet.
Soweit die Klage sich gegen die Absetzung der Gebührenordnungsnummer 1543 im Quartal IV/01 wendet, fehlt es dem Kläger an der für das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses nötigen Beschwer nach § 54 Abs. 1 SGG. Dem Widerspruch vom 03.07.2002 gegen den Berichtigungsbescheid vom 19.06.2002 wurde hinsichtlich dieser Abrechnungsposition durch den angegriffenen Widerspruchsbescheid abgeholfen. Insoweit war die Klage folglich unzulässig.
Hinsichtlich der sonstigen angegriffenen Absetzungen ist die Klage unbegründet, denn die Honorarberichtigungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Ermächtigungsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtigung des vom Kläger abgerechneten Honorars sind die §§ 45 BMV-Ä, 34 EKV-Ä. Hiernach ist die Beklagte zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen befugt, soweit ein Vertragsarzt bei seiner Quartalsabrechnung Gebührennummern ansetzt, deren Tatbestand durch seine Leistungen nicht erfüllt ist oder die er aus anderen Gründen nicht in Ansatz bringen darf. Nach diesen Vorschriften hat die Kassenärztliche Vereinigung die Aufgabe, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und gegebenenfalls richtig zu stellen. Die Beklagte war berechtigt, die vom Kläger angegriffenen Absetzungen vorzunehmen.
Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vereinbaren mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen durch Bewertungsausschüsse als Bestandteil der Bundesmantelverträge einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die zahnärztlichen Leistungen (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander; soweit möglich, sind die Leistungen mit Angaben für den zur Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand des Vertragsarztes zu versehen (§ 87 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die nach Absatz 2 Satz 1 bestimmten Leistungen sind entsprechend der in § 73 Abs. 1 festgelegten Gliederung der vertragsärztlichen Versorgung bis zum 31. März 2000 in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung zu gliedern mit der Maßgabe, dass unbeschadet gemeinsam abrechenbarer Leistungen der hausärztlichen Versorgung nur von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Leistungen der fachärztlichen Versorgung nur von den an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten abgerechnet werden dürfen; die Leistungen der fachärztlichen Versorgung sind in der Weise zu gliedern, dass den einzelnen Facharztgruppen die von ihnen ausschließlich abrechenbaren Leistungen zugeordnet werden (§ 87 Abs. 2a Satz 5 SGB V i. d. F. des ab 01.01.2000 geltenden Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) v. 22.12.1999, BGBl I 2626, zunächst als Satz 4, dann unverändert als Satz 5 durch Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 BGBl I 2190).
Aufgrund dieser gesetzlichen Ermächtigung hat der Bewertungsausschuss in seiner 63. Sitzung am 20. Juni 2000 entsprechende Beschlüsse gefasst (Deutsches Ärzteblatt, Jg. 9, Heft 27 v. 07. Juli 2000, S. 1920 ff.). Danach gilt:
1. Die Gliederung der Leistungen der vertragsärztlichen Versorgung in Leistungen der hausärztlichen und Leistungen der fachärztlichen Versorgung erfolgt für den Übergangszeitraum auf der Basis des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) mit Stand vom 1. April 2000. Die vorgenommene Gliederung wird zur Grundlage der Leistungsbeschreibung hausärztlicher und fachärztlicher Leistungen im Rahmen der beabsichtigten EBM-Reform gemacht.
2. Durch Beschluss der Vertragspartner der Bundesmantelverträge-Ärzte ist die Vereinbarung gemäß § 6 Abs. 2 und § 9 der Anlage 5 (Vertrag über die hausärztliche Versorgung) ergänzt worden, sodass weitere bisher von den an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Vertragsärzten abgerechnete Leistungen des EBM in die Zusatzvereinbarung gemäß § 6 Abs. 2 aufgenommen wurden und bis zum 31. Dezember 2002 abgerechnet werden können, sofern die Vertragsärzte diese Leistungen bereits vor dem 1. April 2000 erbracht und abgerechnet haben.
3. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2000 sind nachfolgende Gebührenordnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes nur von Vertragsärzten im hausärztlichen Versorgungsbereich gemäß § 73 Abs. 1 a SGB V berechnungsfähig (siehe Tabelle 1).
4. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2000 sind nachfolgende Gebührenordnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes sowohl von Vertragsärzten im hausärztlichen als auch von Vertragsärzten im fachärztlichen Versorgungsbereich berechnungsfähig (gegebenenfalls in Abhängigkeit von speziellen Weiterbildungen oder Qualifikationsnachweisen) (siehe Tabelle 2).
5. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2000 sind nachfolgende Gebührenordnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes unter Berücksichtigung der in den Anmerkungen aufgeführten Ausnahmeregelungen nur von Vertragsärzten im fachärztlichen Versorgungsbereich berechnungsfähig (siehe Tabelle 3).
Tabelle 3 enthält u. a. folgende Leistungspositionen:
Abschnitt K: Nrn. 1210 bis 1375 EBM;
Abschnitt L: Nrn. 1410 bis 1460, 1471 bis 1525, 1545 bis 1588, 1599, 1604 bis 1653;
Abschnitt N III.: Nrn. 2211 bis 2282
Abschnitt N VI.: Nrn. 2600 bis 2755
Von der Tabelle 3 werden damit alle hier noch strittigen Leistungen erfasst. Es handelt sich bei diesen Leistungen um Leistungen, die seit Oktober 2000 dem fachärztlichen Bereich zugeordnet sind und von hausärztlich tätigen Vertragsärzten nicht mehr erbracht werden können.
Die hier strittigen Leistungen unterfallen auch nicht den Ausnahmebestimmungen nach dem Hausarztvertrag
§ 9 (Übergangsregelung bei aus der hausärztlichen Versorgung ausgeschlossenen Leistungen) Hausarztvertrag bestimmt:
(1) Vertragsärzte, welche in der vertragsärztlichen Versorgung nachweislich vor dem 01.01.1994 regelmäßig ärztliche Leistungen der Liste nach § 6 abgerechnet haben, dürfen solche Leistungen im Falle der Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung längstens bis zum 31.12.2002 erbringen und abrechnen.
(2) Vertragsärzte dürfen die Leistungen der Vereinbarung Nr. 2 gemäß § 6 Abs. 2 des Vertrages über die hausärztliche Versorgung vom 1. Oktober 2000 im Falle der Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung längstens bis zum 31. Dezember 2002 erbringen und abrechnen, wenn sie diese Leistungen nachweislich in der vertragsärztlichen Versorgung vor dem 1. April 2000 regelmäßig erbracht haben.
Nach § 6 Hausarztvertrag (Abgrenzungen zur fachärztlichen Versorgung) gilt:
(1) Unbeschadet der Übergangsregelung nach § 9 können in der hausärztlichen Versorgung diejenigen ärztlichen Leistungen nicht vergütet werden, für welche nach dem maßgeblichen Weiterbildungsrecht eingehende Kenntnisse und Erfahrungen nicht in der Weiterbildung im Fachgebiet der Inneren Medizin oder Kinderheilkunde, sondern ausschließlich in der zusätzlichen Weiterbildung im Schwerpunkt oder einer fakultativen Weiterbildung in diesen Fachgebieten erworben werden können. Leistungen im Fachgebiet der Inneren Medizin oder der Kinderheilkunde, für welche eingehende Kenntnisse und Erfahrungen vorrangig im Rahmen der Weiterbildung im Schwerpunkt oder in einer fakultativen Weiterbildung oder zum Erwerb einer Fachkunde erworben werden können, können im Rahmen des Verfahrens nach Absatz 2 insoweit ausgeschlossen werden, als sie den Rahmen der hausärztlichen Versorgung überschreiten.
(2) Die Vertragspartner erstellen nach Maßgabe des Absatzes 1 spätestens bis zum 31.12.1994 eine Liste über solche Leistungen, die in der hausärztlichen Versorgung nicht vergütet werden. Diese Liste kann bei Bedarf weiterentwickelt oder präzisiert werden.
(3) Die Liste ist für alle an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte verbindlich.
Nach der Vereinbarung Nr. 2 gemäß § 6 Abs. 2 des Vertrages über die hausärztliche Versorgung vom 6. September 1993 in der ab 1. Oktober 2000 gültigen Fassung v. 30.06.2002 werden – unbeschadet der Übergangsregelung nach § 9 Abs. 2 des Vertrages – folgende Leistungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes ab dem 1. Oktober 2000 in der hausärztlichen Versorgung nicht mehr vergütet: Nrn. 605, 608, 609, 620, 654, 665, 680, 681, 682, 689, 698, 710, 718, 719, 723, 728, 731 bis 741 und 745.
Damit unterfallen die hier strittigen Leistungen nicht den Ausnahmebestimmungen nach dem Hausarztvertrag, da sie in der Vereinbarung Nr. 2 gemäß § 6 Abs. 2 Hausarztvertrag nicht aufgeführt werden.
Die Regelungen des Bewertungsausschusses und der Bundesmantelvertragsparteien sind rechtmäßig.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits wiederholt die durch das Gesundheitsstrukturgesetz eingeführte Aufteilung in einen hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgungsbereich für rechtmäßig befunden und betont, dass die Zuordnung zum hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgungsbereich für den Vertragsarzt ausschließlich vergütungsrechtliche Konsequenzen bewirkt, während sie seinen berufsrechtlichen Status unberührt lässt (BSG, Urt. v. 18. Juni 1997 – 6 RKa 59/98 - BSGE 80, 257 = SozR 3-2500 § 73 Nr. 1 = NJW 1999, 888 = NZS 1998, 143, zitiert nach juris Rdnr. 17 ff. u. 24; BSG, Urt. v. 01. Juli 1998 - B 6 KA 27/97 R - MedR 1999, 476 = USK 98166, juris Rdnr. 13 ff.; BSG, Beschl. v. 11. November 2005, Az: B 6 KA 12/05 B – juris Rdnr. 8) ). Das Bundesverfassungsgericht hat eine gegen eine Parallelentscheidung (BSG, Urt. v. 18. Juni 1997 – 6 RKa 13/97 -) erhobene Verfassungsbeschwerde nicht angenommen und u. a. ausgeführt, die Trennung der Versorgungsbereiche sei mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Heranzuziehen seien die für eine Berufsausübungsregelung geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe. Dies würde sich allerdings nicht bereits daraus ergeben, dass nur die vertragsärztliche Tätigkeit erfasst werde, denn auch Regelungen des Vertragsarztrechtes könnten als Berufswahlregelungen ausgestaltet sein. Es könne auch offenbleiben, ob die ärztliche Spezialisierung als Facharzt inzwischen als eigenständig entwickelter und in der sozialen Wirklichkeit akzeptierter Beruf anzusehen sei, denn bei den mittelbar angefochtenen Regelungen gehe es weder um den reglementierten Zugang zu einer bestimmten Arztgruppe noch zu einem Planungsbereich. Die Regelungen hätten lediglich zur Folge, dass nach Ablauf einer Übergangsfrist bestimmte Positionen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes nicht mehr abgerechnet werden könnten. Einwirkungen auf das ärztliche Handeln mit dem Steuerungsinstrument der Vergütungsregelung seien schon generell ein Mittel der Berufsausübung. Dies gelte erst recht, wenn die Vergütungsregelung beim jeweiligen Arzt nur einen Teil der Tätigkeiten beträfen, die ihm nach Berufsrecht offenstünden. Die Aufgliederung des hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsbereichs diene dem Gemeinwohl. Durch die Neuordnung würden gesundheitspolitische Ziele der Qualitätsverbesserung für die Versicherten neben finanzpolitischen Zielen der Kostendämpfung angestrebt. Bei der Ausgestaltung der Krankenversicherung seien sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers hinzunehmen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar seien. Auch die Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung sei als Gemeinwohlaufgabe von hoher Bedeutung anzusehen. Dies gelte auch und gerade gegenüber den Leistungserbringern innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, denen durch die Einbeziehung in das öffentlich- rechtliche System des Vertragsarztrechtes besondere Vorteile erwachsen würden (BVerfG, Beschl. v. 17. Juni 1999 - 1 BvR 2507/97 – SozR 3-2500 § 73 Nr. 3 = NJW 1999, 2730 = MedR 1999, 560 = juris Rdnr. 22 f.).
Das BSG hat ferner auch Abrechnungsbeschränkungen aufgrund bundesmantelvertraglicher Vereinbarung zugelassen. Hat sich ein Vertragsarzt für den hausärztlichen und nicht den fachärztlichen Versorgungsbereich entschieden (vgl. § 73 Abs. 1 und Abs. 1a Satz 2 SGB V), unterliegt er unabhängig von den ihm berufsrechtlich erlaubten Leistungserbringungsmöglichkeiten auf seinem Fachgebiet den vertragsarztrechtlichen Beschränkungen eines Hausarztes. Ein Vertragsarzt darf nur von der Honorierung solcher Leistungen nicht gänzlich ausgenommen werden, die in den Kernbereich seines Fachgebietes fallen bzw. für dieses wesentlich und prägend sind (vgl. BSG v. 31.01.2001 - B 6 KA 11/99 R – USK 2001-143, juris Rdnr. 15 m. w. N.; zu aus der Aufteilung in einen haus- und fachärztlichen Versorgungsbereich folgenden Vergütungsbeschränkungen vgl. a. BSG v. 17.09.1997 - 6 RKa 90/96 - BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 17 = MedR 1998, 239 = USK 97136, juris Rdnr. 30 ff.).
Soweit der Kläger eine Wiederherstellung der Abrechnungsfähigkeit seit dem 01.04.2005 aufgrund des neuen EBM 2000 plus behauptet, kann dies hier dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, kann daraus nichts für eine Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Bewertungsausschusses hergeleitet werden, denn der Ausfüllung eines Gestaltungs- bzw. Beurteilungsspielraumes liegt – im allgemeinen wie auch hier – ein Element des Abwägens, des Versuches und der Prognose zukünftiger Entwicklung zugrunde, das die Möglichkeit einer Korrektur oder Änderung bei Eintritt neuer Umstände oder bei Nichteintritt erhoffter oder erwarteter Ereignisse einschließt. Nur aus der – möglicherweise auch nur teilweisen - Rückkehr zu einer ursprünglichen und dann geänderten Regelung auf die Sach- und Rechtswidrigkeit der zwischenzeitlichen Regelung zu schließen, würde es erschweren oder unmöglich machen, im Rahmen der Ausfüllung des Gestaltungsspielraumes eine neue Regelung zu erproben und bei Nichtbewährung zur alten zurückzukehren. Somit würde auch eine sachgerechte Anpassung der Aufteilung der EBM-Leistungen zwischen Haus- und Facharztbereich, die sich aufgrund tatsächlicher Entwicklungen als nötig erweisen kann, erschwert und folglich der dem Bewertungsausschuss vom Gesetzgeber eingeräumte Gestaltungsspielraum unangemessen verkürzt, wenn man nur aufgrund der sachlichen Wiederherstellung einer zuvor geänderten Regelung eine rechtswidrige Ausfüllung des Gestaltungsspielraumes für die dazwischen liegende Zeit annähme. Eine Überschreitung der Grenzen des dem Bewertungsausschuss zustehenden Gestaltungsspielraumes liegt infolgedessen nicht vor.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 197a SGG, 154 Abs. 1 VwGO.
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