Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AL 16/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 28.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2006 wird aufgehoben. Die Beklagte hat die Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe in der Zeit vom 17.12.2004 bis zum 10.03.2005.
Der am 00.00.1953 geborene Kläger war von 1984 bis zum 16.12.2004 als Meister bei der Firma J GmbH in E beschäftigt. Am 15.12.2004 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Die Beklagte holte eine Arbeitsbescheinigung der Firma J GmbH ein, worin es hieß, sie habe dem Kläger am 14.12.2004 wegen arbeitsvertragswidrigem Verhalten fristlos gekündigt. Der Kläger führte hierzu aus, der Arbeitgeber habe von ihm verlangt, im Anschluss an eine Reklamation und im Rahmens eines Audits ein Protokoll über eine Mitarbeiterschulung vorzulegen. Da er die Schulung vor seinem Urlaub nicht mehr habe durchführen können, habe er das Protokoll durch zwei Mitarbeiter unterschreiben lassen, ohne die Schulung durchgeführt zu haben; die Unterschrift einer weiteren Mitarbeiterin auf dem Protokoll habe er gefälscht.
Mit Bescheid vom 28.12.2004 stellte die Beklagte eine Sperrzeit vom 17.12.2004 bis zum 10.03.2005 fest und führte zur Begrüdnung aus, der Kläger habe aufgrund seiner unrichtigen Angaben gegenüber dem Arbeitgeber und insbesondere aufgrund der gefälschten Unterschrift seine Beschäftigung verloren. Dass er die zu schulenden Mitarbeitber in der Kürze der Zeit nicht mehr habe erreichen können, sei kein wichtiger Grund. Zur Begründung seines am 26.01.2005 erhobenen Widerspruchs verwies der Kläger auf anhängiges Verfahren vor dem Arbeitsgericht (ArbG) B. Das Verfahren (ArbG B, 0 Ca 0000/00 d) endete durch Urteil vom 02.06.2005, in dem festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung vom 14.12.2004 sein Ende zum 31.07.2005 finden werde; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Nachdem die Firma J GmbH mitgeteilt hatte, sie erhalte den Vorwurf vertragswidrigen Verhaltens weiterhin aufrecht, wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 15.02.2006 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 27.02.2006 erhobene Klage.
Der Kläger führt aus, er habe sich durch sein Verhalten keinerlei persönlichen Vorteile verschafft; auch habe die Firma J einen kreativen Umgang mit den Vorgaben der Reklamationssachbearbeitung gepflogen, der zu einer entsprechenden betrieblichen Übung erstarkt sei. Angesichts seiner langen beanstandungslosen Betriebszugehörigkeit und der Auswirkungen der Rechtsfolgen einer Sperrzeit, sei diese zumindest wegen besonderer Härte zu verkürzen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 28.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Auffassung und weist darauf hin, dass eine fristlose Kündigung nicht notwendige Voraussetzung der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtene Entscheidungen der Beklagten ist rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn es ist keine Sperrzeit vom 17.12.2004 bis zum 10.03.2005 eingetreten.
Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (a.F.) tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlaß für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe sind erfüllt. Das Gericht schließt sich nach eigener Würdigung der vom ArbG B vorgenommenen Wertung an, wonach die Firma J angesichts des Verhaltens des Klägers zur verhaltensbedingten Kündigung berechtigt war. Dass das ArbG hierbei ein Recht der Firma J zur fristlosen Kündigung verneint hat, ist insoweit unbeachtlich, denn dies ist nicht Voraussetzung der Sperrzeit. Ein wichtiger Grund für das Verhalten des Arbeitslosen kann bei arbeitsvertragswidrigem Verhalten ohnehin nicht vorliegen (Niesel, in: Niesel, SGB III, 3. Aufl., 2005, § 144, Rn. 81).
Ein Fall einer Verkürzung der Sperrzeit auf sechs Wochen wegen besonderer Härte nach § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F. liegt ebenfalls nicht vor. Soweit der Kläger hierzu auf die vom Gesetz im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolgen einer Sperrzeit verweist, kann dies schon deswegen nicht durchdringen, weil ansonsten jede Sperrzeit zugleich auch eine besondere Härte begründete.
Dennoch waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben, denn die Beklagte hat den Beginn und die gesamte Laufzeit unzutreffend festgestellt. Die Sperrzeit beginnt nach § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, was wiederum eine Kausalität zwischen dem arbeitsvertragswidrigen Verhalten und dem Eintritt der Arbeitslosigkeit voraussetzt. Hat der Arbeitgeber nicht mit der nach Arbeitsrecht richtigen Frist gekündigt, so ist die Arbeitslosigkeit erst vom Zeitpunkt des Ablaufs der zutreffenden Kündigungsfrist an durch die Vertragsverletzung bedingt (BSG, Urteil vom 25.04.1990, 7 RAr 106/89, SozR 3-4100 § 119 Nr. 3; Winkler, in: Gagel, SGG, Stand 23. Ergänzungslieferung, § 144, Rn. 64; Niesel, a.a.O., Rn. 47). Durch das arbeitsvertragswidrige Verhalten bedingt war die Arbeitslosigkeit erst ab dem 01.08.2005. Das Gericht schließt sich der Würdigung des ArbG B an, wonach die Kündigung erst zum 01.08.2005 rechtmäßig gewesen ist. Eine vorher eingetretene Arbeitslosigkeit hat der Kläger nicht herbeigeführt, da sein Arbeitgeber kein Recht zur fristlosen Kündigung hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe in der Zeit vom 17.12.2004 bis zum 10.03.2005.
Der am 00.00.1953 geborene Kläger war von 1984 bis zum 16.12.2004 als Meister bei der Firma J GmbH in E beschäftigt. Am 15.12.2004 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Die Beklagte holte eine Arbeitsbescheinigung der Firma J GmbH ein, worin es hieß, sie habe dem Kläger am 14.12.2004 wegen arbeitsvertragswidrigem Verhalten fristlos gekündigt. Der Kläger führte hierzu aus, der Arbeitgeber habe von ihm verlangt, im Anschluss an eine Reklamation und im Rahmens eines Audits ein Protokoll über eine Mitarbeiterschulung vorzulegen. Da er die Schulung vor seinem Urlaub nicht mehr habe durchführen können, habe er das Protokoll durch zwei Mitarbeiter unterschreiben lassen, ohne die Schulung durchgeführt zu haben; die Unterschrift einer weiteren Mitarbeiterin auf dem Protokoll habe er gefälscht.
Mit Bescheid vom 28.12.2004 stellte die Beklagte eine Sperrzeit vom 17.12.2004 bis zum 10.03.2005 fest und führte zur Begrüdnung aus, der Kläger habe aufgrund seiner unrichtigen Angaben gegenüber dem Arbeitgeber und insbesondere aufgrund der gefälschten Unterschrift seine Beschäftigung verloren. Dass er die zu schulenden Mitarbeitber in der Kürze der Zeit nicht mehr habe erreichen können, sei kein wichtiger Grund. Zur Begründung seines am 26.01.2005 erhobenen Widerspruchs verwies der Kläger auf anhängiges Verfahren vor dem Arbeitsgericht (ArbG) B. Das Verfahren (ArbG B, 0 Ca 0000/00 d) endete durch Urteil vom 02.06.2005, in dem festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung vom 14.12.2004 sein Ende zum 31.07.2005 finden werde; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Nachdem die Firma J GmbH mitgeteilt hatte, sie erhalte den Vorwurf vertragswidrigen Verhaltens weiterhin aufrecht, wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 15.02.2006 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 27.02.2006 erhobene Klage.
Der Kläger führt aus, er habe sich durch sein Verhalten keinerlei persönlichen Vorteile verschafft; auch habe die Firma J einen kreativen Umgang mit den Vorgaben der Reklamationssachbearbeitung gepflogen, der zu einer entsprechenden betrieblichen Übung erstarkt sei. Angesichts seiner langen beanstandungslosen Betriebszugehörigkeit und der Auswirkungen der Rechtsfolgen einer Sperrzeit, sei diese zumindest wegen besonderer Härte zu verkürzen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 28.12.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer Auffassung und weist darauf hin, dass eine fristlose Kündigung nicht notwendige Voraussetzung der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtene Entscheidungen der Beklagten ist rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn es ist keine Sperrzeit vom 17.12.2004 bis zum 10.03.2005 eingetreten.
Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (a.F.) tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlaß für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe sind erfüllt. Das Gericht schließt sich nach eigener Würdigung der vom ArbG B vorgenommenen Wertung an, wonach die Firma J angesichts des Verhaltens des Klägers zur verhaltensbedingten Kündigung berechtigt war. Dass das ArbG hierbei ein Recht der Firma J zur fristlosen Kündigung verneint hat, ist insoweit unbeachtlich, denn dies ist nicht Voraussetzung der Sperrzeit. Ein wichtiger Grund für das Verhalten des Arbeitslosen kann bei arbeitsvertragswidrigem Verhalten ohnehin nicht vorliegen (Niesel, in: Niesel, SGB III, 3. Aufl., 2005, § 144, Rn. 81).
Ein Fall einer Verkürzung der Sperrzeit auf sechs Wochen wegen besonderer Härte nach § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F. liegt ebenfalls nicht vor. Soweit der Kläger hierzu auf die vom Gesetz im Regelfall vorgesehenen Rechtsfolgen einer Sperrzeit verweist, kann dies schon deswegen nicht durchdringen, weil ansonsten jede Sperrzeit zugleich auch eine besondere Härte begründete.
Dennoch waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben, denn die Beklagte hat den Beginn und die gesamte Laufzeit unzutreffend festgestellt. Die Sperrzeit beginnt nach § 144 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, was wiederum eine Kausalität zwischen dem arbeitsvertragswidrigen Verhalten und dem Eintritt der Arbeitslosigkeit voraussetzt. Hat der Arbeitgeber nicht mit der nach Arbeitsrecht richtigen Frist gekündigt, so ist die Arbeitslosigkeit erst vom Zeitpunkt des Ablaufs der zutreffenden Kündigungsfrist an durch die Vertragsverletzung bedingt (BSG, Urteil vom 25.04.1990, 7 RAr 106/89, SozR 3-4100 § 119 Nr. 3; Winkler, in: Gagel, SGG, Stand 23. Ergänzungslieferung, § 144, Rn. 64; Niesel, a.a.O., Rn. 47). Durch das arbeitsvertragswidrige Verhalten bedingt war die Arbeitslosigkeit erst ab dem 01.08.2005. Das Gericht schließt sich der Würdigung des ArbG B an, wonach die Kündigung erst zum 01.08.2005 rechtmäßig gewesen ist. Eine vorher eingetretene Arbeitslosigkeit hat der Kläger nicht herbeigeführt, da sein Arbeitgeber kein Recht zur fristlosen Kündigung hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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