S 28 AS 43/06 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AS 43/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern für die Zeit von Februar 2006 bis zur Bescheidung des Widerspruches vom 03.01.2006, längstens bis zum 30.6.2006, zusätzlich zu den bereits bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung einen weiteren Betrag in Höhe von 250,64 Euro monatlich zu zahlen. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren die Übernahme der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung als Leistung zur Sicherstellung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch -Grundsicherung für Arbeitsuchende- (SGB II).

Die Antragsteller sind verheiratet und haben zwei minderjährige Kinder (geboren 1992 und 1998). Sie beziehen für sich und ihre Bedarfsgemeinschaft seit Januar 2005 fortlaufend Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld). Die Antragsteller leben mit ihren Kindern in einer 92 qm großen Vier-Zimmer-Wohnung. Der monatliche Mietzins beläuft sich auf 622,84 Euro zuzüglich Nebenkosten in Höhe von 144,- Euro, Heizkosten in Höhe von 73,65 Euro sowie Tiefgaragenkosten in Höhe von 40,- Euro (Gesamtkosten 880,49 Euro). Die Tiefgaragenanmietung ist Bestandteil des Mietvertrages und die Kosten hierfür Teil des Mietzinses (§ 1 und § 3 des Mietvertrages vom 21.8.1998). Ausweislich des Mietvertrages handelt es sich bei dem Mietobjekt um eine mit öffentlichen Finanzierungsmitteln geförderte Wohnung ("Sozialwohnung"). Der Mieter ist verpflichtet, beim Amt für Wohnungswesen der Stadt T eine Genehmigung zum Bezug der Wohnung zu beantragen und diese dem Vermieter bei Abschluss des Vertrages vorzulegen (§ 8 des Mietvertrages vom 21.08.1998). Den Antragstellern wurde von Seiten des Oberstadtdirektors der Stadt T unter dem 01.09.1998 eine Bescheinigung nach § 88 a II. Wohnungsbaugesetz zum Bezug einer im Zweiten Förderungsweg mit Bau und Aufwendungsdarlehen geförderten Wohnung erteilt.

Von Seiten der Antragsgegnerin wurden zunächst ab Januar 2005 im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem SGB II die Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe (840,49 Euro) übernommen. Zusätzlich wurden die Kosten für die Tiefgaragennutzung rückwirkend ab Januar 2005 übernommen (Bescheid vom 08.09.2005).

Mit Schreiben vom 20.05.2005 forderte die Antragsgegnerin die Antragsteller auf, ihre Kosten für Unterkunft und Heizung bis spätestens 30.11.2005 zu senken. Für den Vier-Personen-Haushalt der Antragsteller sei eine Wohnungsgröße von 90 qm angemessen. Bei dieser Größe seien Unterkunftsaufwendungen in Höhe von 504,13 Euro (ohne Heizkosten) als angemessen anzusehen. Die von den Antragstellern genutzte Wohnung überschreite den angemessenen Betrag um 262,71 Euro. Sollten bis Fristablauf keine oder nur unzureichende Nachweise über die Bemühungen hinsichtlich einer Mietsenkung vorgelegt werden, sei nach Fristablauf bei der Berechnung des Leistungsanspruches nur die genannte Höchstmiete zu berücksichtigen.

Hiergegen wandten die Antragsteller mit Schreiben vom 27.09.2005 bzw. 18.10.2005 ein, sie bewohnten bereits eine Wohnung, die mit öffentlichen Mitteln nach dem Wohnungsbindungsgesetz gefördert worden ("Sozialwohnung") und für deren Bezug ein Wohnberechtigungsschein erforderlich sei. Die maximale Miethöhe werde durch die Stadt T –Stadtdienst Wohnen- festgesetzt. In der von der Antragsgegnerin vorgegebenen Miethöhe stehe Wohnraum in T nicht oder nur sporadisch zur Verfügung. In Tageszeitungen komme solcher Wohnraum nicht zum Angebot. Es sei ihnen daher nicht möglich, die Unterkunftskosten zu senken. Bei der Stadt T seien sie seit Monaten als wohnungssuchend gemeldet.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 02.12.2005 bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 28.12.2005 der Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 in Höhe von 1.357,85 Euro, wobei Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 629,85 Euro berücksichtigt wurden. Die Höchstmiete für 4 Personen betrage 556,20 Euro (inklusive Nebenkosten) zuzüglich Heizkosten. Die Miete für die Wohnung der Antragsteller übersteige diese angemessenen Kosten um 210,64 Euro. Der Aufforderung, die Miete zu senken, seien die Antragsteller nicht bzw. unzureichend nachgekommen. Nachweise über Bemühungen, angemessenen Wohnraum zu finden, lägen nicht vor. Ab dem 01.01.2006 sei daher nur noch eine angemessene Miete in Höhe von 556,20 Euro zuzüglich Heizkosten anzuerkennen.

Mit ihrem Widerspruch vom 03.01.2006 wiederholten die Antragsteller im wesentlichen ihren Vortrag aus den Schreiben vom 27.09.2005 bzw. 18.10.2005.

Die Antragsteller haben unter dem 03.02.2006 Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erhoben. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides von 28.12.2005. Durch die Kürzung der Unterkunftskosten drohe der Verlust der Wohnung. Die Differenz zwischen tatsächlichen Mietkosten und bewilligten Kosten für Unterkunft und Heizung müssten aus der Regelleistung geleistet werden.

Die Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruches von 3.1.2006 gegen den Bescheid vom 28.12.2005 anzuordnen und ihnen im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes weiterhin die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten in voller Höhe zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragsteller hätten gravierende Nachteile, die eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen können, nicht glaubhaft gemacht. Zudem sei der Bescheid vom 28.12.2005 rechtmäßig. Nachweise über Bemühungen hinsichtlich einer Mietsenkung seien nur in unzureichendem Umfang nachgewiesen worden (Eintragung bei der Stadt als wohnungssuchend). Bei der Beurteilung der Angemessenheit sei unerheblich, dass die Familie der Antragsteller eine Sozialwohnung bewohnten. Für öffentlich geförderte Sozialwohnungen bekomme der Bauherr vom Staat ein Darlehen, das im günstigsten Fall zinslos sei. Als Gegenleistung gehe der Bauherr Verpflichtungen ein (Kostenmiete oder Belegungsrechte). Während des gesamten Tilgungszeitraums dürften aus der Vermietung keine Gewinne erwirtschaftet werden, d.h. die Höhe der Miete sei abhängig von den tatsächlichen Kosten für die Bewirtschaftung des Hauses/der Wohnung. Sie richte sich dagegen nicht nach einem Durchschnittswert des Mietpreisspiegels, der entsprechend der Einkommen als angemessen angesehen werden könne. Bei der Ermittlung der vorliegend angenommenen Höchstmiete sei zulässigerweise vom aktuellen Mietspiegel ausgegangen worden. Bis zum 30.11.2005 seien Wohnungen der Stufe 3 des Mietpreisspiegels (Baujahr 1949 bis 1954) zugrunde gelegt worden. Bei einer 90 qm großen Wohnung seien auf dieser Stufe 504,13 Euro anzusetzen gewesen. Ab Dezember 2005 gehe man von Stufe 4 (Baujahr 1955 bis 1970, mittlere Wohnlage, niedrigster Wert) aus, da festgestellt worden sei, dass Wohnraum der Stufe 3 kaum noch verfügbar sei. Für Nebenkosten würden nach erfolgter Auswertung aller angefallenen Betriebskosten 1,50 Euro pro qm anerkannt. Für eine 90 qm große Wohnung sei daher ab Dezember 2005 als Gesamtmiete (inkl. Nebenkosten) ein Betrag von 556,20 (Grundmiete 421,20 Euro zuzüglich Nebenkosten 135,00 Euro) anzusetzen.

Die Antragsteller haben mit Schreiben vom 22.02.2006 erwidernd geltend gemacht, sie hätten durch die Kürzung der Leistungen erhebliche Nachteile. Die offenen Mietkosten seien nunmehr aus dem Regelsatz zu entnehmen, was eine soziale Härte- besonders für ihre Kinder- darstelle.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streitakten sowie der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Das Begehren der Antragsteller ist nach Auslegung darauf gerichtet, für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum 30.06.2006, über den die Antragsgegnerin in dem angefochtenen Leistungsbescheid vom 28.12.2005 entschieden hat, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in ungekürzter Höhe von 840,49 Euro zu erhalten. Da es sich bei der Leistungsbewilligung vom 28.12.2005 um eine erstmalige Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 30.06.2006 handelt und mit der Anerkennung von Unterkunftskosten in abgesenkter Höhe von 629,85 Euro nicht in eine bereits bestehende Rechtsposition der Antragsteller von Seiten der Antragsgegnerin eingegriffen wird, können die Antragsteller ihr Begehren auf Zahlung der tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 840,49 Euro in der Hauptsache nur im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage durchsetzen. Ihr Antrag auf Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz ist daher verfahrensrechtlich als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ("Regelungsanordnung") auszulegen (§ 123 SGG). Denn den Antragstellern geht es darum, vorläufig bis zur Entscheidung über ihren Widerspruch vom 03.01.2006 weitergehende Leistungen nach dem SGB II (Kosten für die Unterkunft) zu erhalten, die ihnen mit dem Bescheid vom 28.12.2005 nicht gewährt worden sind.

Der so verstandene Antrag hat überwiegenden Erfolg.

Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, voraus. Der geltend gemachte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die einschränkte gerichtliche Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewißheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im einstweiligen Verfahren (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen –LSG NRW- Beschluss vom 14.6.2005 –L 1 B 2/05 AS ER).

Die Antragsteller haben sowohl einen Anordnungsanspruch (1) als auch einen Anordnungsgrund (2) hinreichend glaubhaft gemacht. Dem Eilantrag war daher im tenorierten Umfange stattzugeben.

(1)
Es ist überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsteller gegen die Antragsgegnerin auch über den 31.12.2005 hinaus einen Anspruch auf Gewährung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 880,49 Euro aus § 22 Abs. 1 SGB II haben.

Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft sind ab dem 01.01.2006 jedenfalls vorübergehend gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II berücksichtigungsfähig. Nach dieser Vorschrift sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Im vorliegenden geht das Gericht davon aus, dass für die Antragsteller keine hinreichenden Möglichkeiten bestanden, die Kosten der Unterkunft auf die von der Antragsgegnerin in dem Aufforderungsschreiben vom 20.05.2005 geforderten Höhe von 504,13 Euro (Kaltmiete inkl. Nebenkosten) zu senken. Dieser als angemessen angesehenen Höchstmiete lag eine Berechnung auf der Grundlage des Mietpreisspiegels Stufe 3 (Baujahr 1949 bis 1954) zu Grunde. Soweit die Antragsteller in Reaktion auf das Aufforderungsschreiben vom 20.05.2005 zur Mietkostensenkung und der dortigen Anforderung von Nachweisen für Bemühungen um entsprechenden Wohnraum mitgeteilt haben, Wohnraum für diesen Preis gäbe es in T nicht bzw. nur sporadisch, dürfte dieser Vortrag zutreffend sein. Denn die Antragsgegnerin räumt nunmehr im gerichtlichen Eilverfahren selbst ein, dass aufgrund von fortschreitenden Modernisierungsmaßnahmen bei Häusern der Baujahre 1949 bis 1954 dieser Wohnraum kaum noch verfügbar ist. Die Antragsgegnerin hat daraufhin im Dezember 2005 ihre Verwaltungspraxis geändert und bei der Angemessenheit Preise des Mietpreisspiegels Stufe 4 (Baujahr 1955 bis 1970) zugrunde gelegt, wobei nunmehr für eine 90 qm große Wohnung eine Gesamtmiete in Höhe von 556,20 Euro (Grundmiete 421,20 Euro zuzüglich Nebenkosten 135,00 Euro) als angemessen angesehen werden. Im Ergebnis ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die Antragsteller zu der von der Antragsgegnerin im Mai 2005 vorgegebenen Mietobergrenze von 504,13 Euro bis zu der gesetzten Frist am 30.11.2005 keinen passenden Wohnraum finden konnten, ihnen also die vorgegebene Kostensenkung nicht möglich war. Im Dezember 2005 hätte die Antragsgegnerin den Antragstellern mitteilen müssen, dass nunmehr auch Wohnungen bis zum Preis von 556,20 Euro als angemessen angesehen werden und gesucht werden können bzw. müssen. Gleichzeitig hätte die Antragsgegnerin den Antragstellern erneut eine angemessene Frist zur Suche entsprechenden Wohnraumes einräumen müssen. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft der Antragsteller in Höhe von 880,49 Euro monatlich sind daher weiterhin berücksichtigungsfähig, wobei in diese Kosten auch die Kosten für den Tiefgaragenplatz in Höhe von 40,00 Euro monatlich enthalten sind, denn ausweislich § 1 des Mietvertrages ist der Tiefgaragenplatz Gegenstand des Mietobjekts und die Kosten hierfür nach § 3 des Mietvertrages Teil des geschuldeten Mietzinses (vgl. zur vergleichbaren Problematik bei Kabelanschlussgebühren: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22, Rdn. 23).

Ergänzend gibt das Gericht zu bedenken, dass folgende Gesichtspunkte dafür sprechen dürften, die Wohnung der Antragsteller auch als angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II einzustufen: Es handelt sich um eine "Sozialwohnung" und die Antragsteller verfügen über einen für den Bezug einer solchen Wohnung erforderliche Bescheinigung über die Wohnberechtigung im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau (§§ 4 f Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in Verbindung mit § 27 Wohnungsförderungsgesetz (WoFG). Die Angemessenheit der Kosten für eine Unterkunft ist anhand der sogenannten "Produkttheorie" festzustellen. Danach ist die angemessene Höhe der Aufwendungen für die Unterkunft als Produkt aus der für den Leistungsempfänger bzw. der Bedarfsgemeinschaft abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins zu ermitteln. Die Größe der Vier-Raum- Wohnung der Antragsteller von 92 qm überschreitet den von der Antragsgegnerin und für einen Vier-Personen-Haushalt üblicherweise in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht anerkannten Bedarf von 90 qm nur unwesentlich und dürfte daher als angemessen angesehen werden können. Bei der Feststellung der Angemessenheit der Unterkunftsaufwendungen im übrigen ist auf die unteren -nicht untersten- Wohnungsmieten am Wohnort des Hilfebedürftigen abzustellen (Eicher/Spellbrink, aaO, § 22, Rdn 45 mit weiteren Nachweisen). Hilfestellungen können hierbei u.a. die örtlichen Mietspiegel geben, was andererseits nicht ausschließt, dass zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit auch andere sachgerechte Kriterien herangezogen werden können. So dürfte bei einer nach dem WoFG geförderten und den Bindungen des WoBindG unterliegenden Sozialwohnung davon ausgegangen werden können, dass diese im Preisgefüge der örtlichen Mietpreise zu den "unteren" Wohnungen zählt. Denn die soziale Wohnraumförderung hat den Zweck, Haushalte mit geringem Einkommen oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können, zu unterstützen (§ 1 Abs. 2 WoFG). Zu dieser Zielgruppe sind auch Hilfeempfänger nach dem SGB II zu zählen. Bei einer nach dem WoFG geförderten Sozialwohnung dürfte sichergestellt sein, dass der Mietzins im unteren Bereich der örtlichen Wohnungsmieten liegt. Die von der zuständigen Stelle (hier: der Stadt T) festgelegten Kostenmiete nach § 8 Abs. 1 WoBindG verbietet einen Mietzins, der die tatsächlichen Aufwendungen überschreitet. Ein Gewinn kann mit der Vermietung derartiger Wohnungen nicht erwirtschaftet werden. Die tatsächlichen Aufwendungen können auch nicht beliebig hoch sein. Die soziale Wohnraumförderung nach WoFG ist nur möglich, wenn Kostenobergrenzen eingehalten werden, die den Anforderungen an kostensparendes Bauen oder Renovieren genügen (vgl. §§ 6 S. 2 Nr. 6, 7 WoFG).

Ob schließlich eine Pflicht der Antragsteller zur Senkung der Kosten, die durch die Garagenanmietung in Höhe von 40,00 Euro verursacht werden, besteht, kann an dieser Stelle offen bleiben. Möglicherweise ist es den Antragstellern zuzumuten, den Tiefgaragenplatz unterzuvermieten. Dies setzt aber eine entsprechende Aufforderung durch die Antragsgegnerin voraus. Ob eine Untervermietung mietrechtlich zulässig ist und ob es geeignete Interessenten gibt, müsste in einem entsprechenden Verwaltungsverfahren geklärt werden.

(2)
Für die Antragsteller besteht auch ein Anordnungsgrund. Es ist ihnen nicht zuzumuten, das Hauptsacheverfahren abzuwarten, da sie zur Deckung ihres notwendigen Bedarfs zur Sicherstellung des Lebensunterhalts auf die im Streit stehenden Leistungen angewiesen sind.

Der gegenwärtige Bedarf der Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller beläuft sich auf 1916,49 Euro (Regelleistung in Höhe von 622,00 Euro für die Antragsteller, Sozialgeld in Höhe von 414,00 Euro für die minderjährigen Kinder und tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 880,49 Euro). Dem stehen Einnahmen in Höhe von 1665,85 Euro (aktuelle Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 1357,85 Euro zuzüglich Kindergeld in Höhe von 308,00 Euro) gegenüber. Im Ergebnis ist eine nicht gedeckte Bedarfslücke in Höhe von 250,64 Euro festzustellen, wobei dieser Betrag der Differenz entspricht, die sich aus den tatsächlichen Kosten der Unterkunft (880,49 Euro) und den mit Bescheid vom 28.12.2005 bewilligten Kosten der Unterkunft in Höhe von 629,85 Euro ergibt.

Da der Eilantrag vom 03.02.2006 datiert, war die Antragsgegnerin zur vorläufigen Zahlung der Unterkunftskosten ab Februar 2006 zu verpflichten. Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin auch rückwirkend für den Monat Januar 2006 zusätzliche Unterkunftskosten zu zahlen, scheidet aus. Grundsätzlich kommt im Eilverfahren eine Anordnung auf rückwirkende Bewilligung von Sozialhilfeleistungen nicht in Betracht. Eine zusprechende Entscheidung des Gerichtes kommt grundsätzlich erst ab dem Datum der Antragstellung bei Gericht in Betracht, hier also ab dem 03.02.2006 bzw. ab Februar 2006. Leistungen für davor liegende Zeiträume müssen ggf. im Hauptsacheverfahren erstritten werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG analog.
Rechtskraft
Aus
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