L 11 B 207/06 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 AS 42/06 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 207/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 23.02.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um eine Leistungskürzung im Bewilligungszeitraum vom 01.10.2005 bis 28.02.2006.

Der Antragsteller (ASt) erhielt auf Grund des Bescheides der Antragsgegnerin (Ag) vom 30.08.2005 für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 28.02.2006 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Mit Schreiben vom 20.09.2005 forderte die Ag den ASt auf, an einer Einstiegstrainingsmaßnahme beim bfz in M. ab dem 10.10.2005 teilzunehmen. Der ASt besuchte die Veranstaltung nur am 10.10.2005 und nahm in der Folge nicht mehr daran teil, woraufhin die ASt ihn aufforderte, eine Stellungnahme über die Nichtteilnahme an der Eingliederungsmaßnahme abzugeben, andernfalls eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II beabsichtigt sei.

Unter dem 25.10.2005 erklärte der ASt, er habe einen Wegeunfall auf dem Weg zur Bildungsstätte gehabt und sei seit dem 13.10.2005 krank geschrieben. Für den Zeitraum vom 13.10.2005 bis 28.10.2005 sowie für den Folgezeitraum vom 09.11.2005 bis 25.11.2005 legte er jeweils Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Die Ag forderte daraufhin einen Unfallbericht an und setzte hierzu eine Frist bis zum 04.12.2005, andernfalls die Geldleistung bis zur Nachholung mit Wirkung ganz versagt würde.

Am 07.12.2005 erhob der ASt Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.11.2005 und legte gleichzeitig einen Hausarztbericht vor. Die Ag kürzte daraufhin für den Zeitraum vom November 2005 bis Januar 2006 die Regelleistungen des ASt um jeweils 103,50 EUR monatlich. Ein Bescheid hierzu erging zunächst nicht.

Mit Bescheid vom 12.01.2006 änderte die Ag ihren Bewilligungsbescheid vom 30.08.2005 dahingehend ab, dass der ASt für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.01.2005 lediglich Leistungen in Höhe von monatlich 511,50 EUR erhalte. Zur Begründung stützte sie sich auf die bislang angedrohten Sanktionen. Ebenfalls am 12.01.2005 wies sie den Widerspruch des ASt als unbegründet zurück. Gemäß § 31 Abs 2 SGB II sei das Arbeitslosengeld II in der ersten Stufe um 30 vH abzusenken, wenn der erwerbstätige Hilfebedürftige trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit abgebrochen oder Anlass für den Abbruch gegeben habe. Die Dauer der Absenkung betrage dabei drei Monate. Dieser Zeitraum erstrecke sich hier vom 01.11.2005 bis 31.01.2006.

Am 07.02.2006 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheides und des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2006 und suchte beim SG zudem um vorläufigen Rechtsschutz nach.

Das SG wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 23.02.2006 ab. Der Antrag betreffe einen abgelaufenen Bewilligungszeitraum.

Hiergegen hat der ASt Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Er wendet sich weiter gegen die Kürzung seiner Leistungen im Zeitraum vom 01.11.2005 bis 31.01.2006.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig. Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis stellt im vorliegenden Rechtsstreit § 86 b Abs 2 Satz 2 SGG dar.

Hiernach ist eine Regelungsanordnung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74; vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel, Der Sozialgerichtsprozess, 4.Aufl, § 86 b RdNr 643).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiellrechtliche Anspruch, auf den der ASt sein Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat der ASt glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Sätze 2 und 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Zivilprozessordnung -ZPO-; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 86 b RdNr 41).

Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage in vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenssichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist gegebenenfalls anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der ASt zu entscheiden (vgl BVerfG vom 12.05.2005 aaO und vom 22.11.2002 aaO).

Vorliegend fehlt es - wie das SG bereits zutreffend festgestellt hat - an einem Anordnungsgrund. Streitgegenständlich ist allein der Leistungszeitraum vom 01.11.2005 bis 31.01.2006 und damit ein in der Vergangenheit liegender Bewilligungszeitraum. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für abgelaufene Bewilligungszeiträume im Wege des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zugesprochen werden, weil sie nicht dazu dienen, den gegenwärtigen Bedarf des ASt zu decken. Der ASt erhält - das ist unstreitig - seit dem 01.02.2006 die ungekürzten Leistungen nach dem SGB II und kann mithin in zumutbarer Weise für die hier offenen Fragen zu § 31 SGB II und zur Verhängung der Sanktionen durch die Ag im Einzelfall auf das beim SG anhängige Hauptsacheverfahren verwiesen werden. Weder aus den Akten noch aus dem Sachvortrag des ASt ist ersichtlich, dass der ASt damit in existenzielle Notlage käme.

Die Beschwerde hat nach alledem insgesamt keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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