L 16 KR 141/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 79/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 141/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 10/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Juni 2005 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist nur noch, ob der Klägerin gegen die Beklagte - wie in einer Vielzahl vergleichbarer Fälle, die im Vor- bzw. Klageverfahren anhängig sind, - Verzugszinsen zustehen.

Die Klägerin betreibt in O einen häuslichen Kranken- und Altenpflegedienst. Am 08.12.2003 verordnete Dr. X der 1919 geborenen, bei der Beklagten gegen Krankheit versicherten B I (im Folgenden: Versicherte) Leistungen der häuslichen Krankenpflege in Form von zweimal täglichem An- und Ablegen von "Kompressionsverbänden mit Schaum" bei Stauungsdermatose. Die Beklagte erteilte unter dem 15.12.2003 Kostenzusage für die Zeit vom 28.11.2003 bis zum 28.02.2004. Am 01.02.2004 stellte die Klägerin der Beklagten 37-mal Behandlungspflege à 10,99 EUR = 406,63 EUR in Rechnung. Die Beklagte verweigerte zunächst den Ausgleich des Rechnungsbetrages mit der Begründung, die Leistungen seien nicht bewilligt (Schreiben vom 17.02.2004) bzw. die ärztliche Verordnung sei nicht beigefügt worden (Schreiben vom 03.03.2004). Unter dem 08.03.2004 mahnte die Klägerin den offenen Rechnungsbetrag mit der Begründung an, alle notwendigen Unterlagen lägen der Beklagten seit dem 03.02.2004 vor. Zugleich machte die Klägerin u. a. Verzugszinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszins seit dem 24.02.2004 geltend.

Zur Begründung ihrer am 01.04.2004 zum Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Leistungen würden entsprechend dem zwischen ihr und der Beklagten sowie der IKK Nordrhein und der Krankenkasse der rheinischen Landwirtschaft am 26.10.2000 geschlossenen Vertrag nach §§ 132, 132a Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V - im Folgenden: Vertrag nach §§ 132, 132a SGB V) und der Vergütungsvereinbarung vom 02.02.1998 gemäß § 14 des Vertrages jeweils monatlich abgerechnet. Obwohl die Beklagte die Leistung dem Grunde und dem Umfang nach vorab genehmigt habe und der Rechnung das Original der ärztlichen Verordnung beigefügt gewesen sei, habe die Beklagte den Ausgleich der Rechnung mutwillig verweigert. Mehrere Telefonate mit der Geschäftsstelle der Beklagten in Duisburg und die Mahnung vom 08.03.2004 hätten keine Zahlung bewirkt. Deshalb sei Klage geboten.

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 406,63 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24.02.2004 sowie zusätzliche Portokosten in Höhe von 1,55 EUR zu zahlen.

Mit Schriftsatz vom 17.05.2004 hat die Beklagte die Hauptforderung anerkannt und einen Ausgleich durch Zahlungsanweisung in den nächsten Tagen angekündigt. Die Beklagte hat dies anschließend dahingehend berichtigt, dass der Rechnungsausgleich bereits am 01.04.2004 erfolgt sei. Die Übernahme der außergerichtlichen erstattungsfähigen Kosten der Klägerin hat die Beklagte dem Grunde nach zugesagt, nicht aber der geltend gemachten Zinsen.

Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen. Sie hat nur noch den Zinsnebenanspruch weiterverfolgt. Den - ihrer Auffassung nach zivilrechtlichen - Anspruch auf Verzugszinsen hat sie aus § 16 Abs. 1 des Vertrages nach §§ 132, 132a SGB V i. V. m. §§ 286 Abs. 2 Ziff. 1, 288 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hergeleitet. Der vertraglichen Verpflichtung, die gestellte Rechnung grundsätzlich innerhalb von 15 Tagen nach Eingang zu bezahlen, sei die Beklagte nicht nachgekommen. Nach Ablauf der Frist trete automatisch Verzug ein; denn die diesbezüglichen Regelungen des BGB seien, da eine vertragliche Grundlage fehle, ergänzend heranzuziehen.

Die Klägerin hat abschließend schriftsätzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, auf die Hauptforderung in Höhe von 406,63 EUR 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz für den Zeitraum vom 21.03.2004 bis 31.03.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Berufung zuzulassen.

Bezüglich der geltend gemachten Zinsen hat sie die Auffassung vertreten, für Zinsansprüche vor Klageerhebung fehle es sowohl an einer vertraglichen als auch an einer gesetzlichen Grundlage.

Mit Urteil vom 14.06.2005 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, auf die Hauptforderung in Höhe von 406,63 EUR 8 % Zinsen über dem Basissatz für die Zeit vom 21.03. bis 31.03.2004 zu zahlen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat das Sozialgericht die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen darauf abgestellt, dass sich ein Anspruch auf Verzugszinsen für den oben genannten Zeitraum aus § 288 BGB ergebe. Zwar habe der Gesetzgeber über § 69 S.1 und 2 SGB V mit Wirkung zum 01.01.2000 klar gestellt, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Leistungserbringern bzw. ihren Verbänden und den gesetzlichen Krankenkassen öffentlich-rechtlicher Natur seien. Zivilrechtliche Vorschriften seien aber ergänzend anwendbar, da eine vertragliche Regelung über Verzugszinsen fehle und § 69 S. 3 SGB V eine entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB ausdrücklich festschreibe. §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB aber sei mit den Vorgaben des § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem 4. Kapitel des SGB V vereinbar. Es gelte die 30-Tages-Regelung des § 286 Abs. 3 BGB; denn die Klägerin sei keine Verbraucherin im Sinne des Gesetzes. Die Forderung vom 01.02.2004 sei unter Einbeziehung einer dreitägigen Postlaufzeit und der Frist des § 16 des Vertrages gemäß §§ 132, 132a SGB V von 15 Arbeitstagen nach Eingang der Rechnung bei der Krankenkasse am 19.02.2004 fällig geworden. Nach § 286 Abs. 3 BGB habe Verzug ab dem 21.03.2004 bis zum 31.03.2004, dem Tag der Zahlung, bestanden. Die Höhe der Zinsen ergebe sich aus § 288 Abs. 2 BGB.

Gegen das ihr am 05.08.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15.08.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, mit dem Inkrafttreten der durch Art. 1 Nr. 26 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 -GKV-GRG- vom 22.12.1999, BGBl I 2626) mit Wirkung zum 01.01.2000 herbeigeführten Änderungen, u. a. des § 69 SGB V, seien die Vergütungsansprüche der Klägerin aus dem Vertrag gemäß §§ 132, 132a SGB V öffentlich-rechtlicher Natur. Zivilrechtliche Vorschriften seien seitdem nur lückenfüllend und ergänzend heranzuziehen. Zinsansprüche bestünden bei öffentlich-rechtlichen Forderungen nur dann, wenn solche vertraglich vereinbart seien oder das SGB V dies ausdrücklich vorsehe. Eine solche Vereinbarung sei jedoch in dem Vertrag gemäß §§ 132, 132a SGB V nicht enthalten. Gesetzliche Ansprüche auf Verzugszinsen bestünden ebenfalls nicht. Zur Begründung nimmt die Beklagte insoweit Bezug auf Urteile des Bundessozialgerichts -BSG- vom 28.09.2005, Az.: B 6 KA 71/04 R und B 6 KA 72/04 R (jurisweb, Juris-Kenn-Nrn. KSRE102101518 und KSRE102091518) und vom 12.05.2005, Az.: B 3 KR 32/04 R (Sozialrecht -SozR- 4-2500 § 69 Nr. 1), mit denen Ansprüche verschiedener Leistungserbringer auf Verzugszinsen abgelehnt worden seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.06.2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Die von der Beklagten angeführten Urteile des BSG seien nicht übertragbar, da sie sich auf die Rechtsbeziehungen (in einem der Fälle) zwischen zwei Körperschaften des öffentlichen Rechts bezögen. Dem geltend gemachten Anspruch liege jedoch ein privater Dienstleistungsvertrag zwischen ihr und der Versicherten I zugrunde. Die Beklagte trete lediglich zu einem Teil - bezüglich der Vergütung - für die Versicherte in den Vertrag ein. Deshalb sei bürgerliches Recht maßgebend. Der Vertrag gemäß §§ 132, 132a SGB V enthalte weder eine Regelung über Verzugs- noch über Prozesszinsen. Sie, die Klägerin, habe die Aufnahme einer solchen Regelung in den Vertrag zwar vor dessen Abschluss mündlich verlangt, die Beklagte habe dies jedoch abgelehnt. Um überhaupt einen Vertrag zu erlangen, habe sie ihre Forderung nicht mehr weiterverfolgt und den Vertrag unterschrieben.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozess- und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.06.2005 hat in vollem Umfang Erfolg. Sie ist zulässig. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist bindend festgestellt (vgl. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz -GVG-), aber auch gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Fassung gemäß Art. 17 des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17.08.2001, BGBl I 2144, nicht zu bezweifeln. Im Hinblick auf die Zulassung der Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG durch das Sozialgericht bestehen ebenfalls keine Bedenken gegen deren Statthaftigkeit. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig; denn zwischen den Beteiligten besteht ein Gleichordnungsverhältnis (BSG, Urt. vom 13.05.2004, Az.: B 3 KR 2/03 R, SozR 4-7610 § 812 Nr. 1; BSG, Urt. vom 17.05.2000, Az.: B 3 KR 33/99 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 1 und BSG, Urt. vom 23.07.2002, Az.: B 3 KR 64/01 R, SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Zudem hat die Beklagte die geltend gemachte Forderung - zutreffend - nicht durch Verwaltungsakt abgelehnt. Ein Vorverfahren war dementsprechend nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, auf die Hauptforderung in Höhe von 406,63 EUR 8 % Zinsen über dem Basissatz für die Zeit vom 21.03. bis 31.03.2004 zu zahlen. Ein solcher Anspruch steht der Klägerin bereits dem Grunde nach nicht zu. Er ergibt sich weder aus Vertrag noch aus Gesetz.

Der zwischen den Beteiligten bestehende Vertrag gemäß §§ 132, 132a SGB V, der nach dem Inkrafttreten der Neufassung des § 69 SGB V abgeschlossen worden ist, enthält keine Regelung über Verzugszinsen. Gleiches gilt für die Vergütungsvereinbarung vom 02.02.1998 gemäß § 14 dieses Vertrages, die bereits für die Zeit vor 2000 und darüber hinaus keinen entsprechenden Anspruch der Klägerin normiert. Ob sich die Parteien, wie der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren vermuten lassen könnte, bei Abschluss des Vertrages, die Klägerin sicherlich eher widerwillig, sogar einig waren, dass keine Verzugszinsen zu zahlen sind, und lediglich auf eine Klarstellung des Anspruchsausschlusses im Vertrag verzichtet haben, konnte der Senat offen lassen. Denn daraus leitet sich jedenfalls kein Anspruch der Klägerin her. Der Senat ist vielmehr der Auffassung, dass der Gesetzgeber die Frage der Zahlung von Verzugszinsen im Zusammenhang mit der Abwicklung von Vergütungsansprüchen eines Leistungserbringers im Bereich der häuslichen Kranken- und Altenpflege ausschließlich der vertraglichen Gestaltung überantwortet hat, wie sich aus den weiteren Entscheidungsgründen ergeben wird. Die Gerichte sind dann gehindert, einzelne Vertragsinhalte, wie Verzugszinsen, die ein Vertragsteil - hier die Klägerin - bei den Vertragsverhandlungen gegenüber dem anderen nicht hat durchsetzen können, nachträglich zum Gegenstand des Vertrages zu machen. Darin sieht auch der erkennende Senat, ebenso wie das BSG (vgl. Urt. vom 28.09.2005, Az: B 6 KA 71/04 R, jurisweb, juris-Kenn-Nr: KSRE102101518), einen systemwidrigen Eingriff in eine gesetzliche Konzeption, die von der Einschätzung getragen wird, die Vertragspartner seien im Stande, ausgewogene, interessengerechte Lösungen zu finden.

Eine gesetzliche oder untergesetzliche Regelung, vergleichbar § 17 Abs. 1 S. 3 der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung - BPflV) oder § 11 Abs. 1 S. 3 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (Krankenhausentgeltgesetz - KHEntgG), aus der sich ausdrücklich die Verpflichtung der Beklagten ergeben könnte, rückständige Vergütungen der Klägerin ab Eintritt der vertraglich festgelegten Fälligkeit bzw. gegebenenfalls ab Eintritt des Verzuges zu verzinsen, fehlt. § 44 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) als auf Sozialleistungsansprüche zugeschnittene Verzinsungsregelung gilt im Bereich der Entgeltansprüche von Leistungserbringern ebenfalls nicht (BSG, Urt. vom 04.03.3004, Az.: B 3 KR 4/03 R, SozR 4-2500 § 39 Nr. 1 m. w. N.). Ein Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Verzugszinsen ergibt sich auch nicht aus § 69 S. 3 SGB V i. V. m. §§ 286 ff. BGB. Mit der Neufassung dieser Norm ab dem Jahr 2000 hat der Gesetzgeber klar gestellt, dass die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und der Leistungserbringer in Zukunft insgesamt - prozessual und materiell-rechtlich - nur noch nach öffentlichem Recht zu bewerten sein sollen (vgl. BSG, Urt. vom 12.05.2005, Az.: B 3 KR 32/04 R, SozR 4-2500 § 69 Nr. 1; BSG, Urt. vom 13.05.2004, Az.: B 3 KR 2/03 R, SozR 4-2500 § 132a Nr. 1; BSG, Urt. vom 25.09.2001, Az.: B 3 KR 3/01 R, SozR 3-2500 § 69 Nr. 1). Der Rückgriff auf die Regelungen des BGB, wie hier bezüglich eines Anspruchs auf Verzugszinsen, ist nach S. 3 der Norm nur eröffnet, wenn §§ 63 und 64 sowie die Vorschriften des 4. Kapitels des SGB V nicht ohnehin einschlägige Regelungen enthalten und die entsprechende Anwendung des BGB mit § 70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem 4. Kapitel des SGB V vereinbar ist.

Über den Wortlaut der Norm hinaus ist bei der Auslegung von § 69 S. 3 SGB V dessen Sinn und Zweck zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber beabsichtigte durch die Neufassung des § 69 SGB V nur die Ausgrenzung des Zivilrechts einschließlich des Wettbewerbs- und Kartellrechts aus den Rechtsbeziehungen zwischen den Leistungserbringern und den gesetzlichen Krankenkassen bei zuvor bestehender unklarer Rechtslage. Es fehlt in diesem Zusammenhang jedoch an dem kleinsten Hinweis in den Gesetzesmaterialien, dass bei Ausdehnung der öffentlich-rechtlichen Bindungen entgegen dieser Tendenz die Vorschriften des BGB noch in einem größeren Maße herangezogen werden sollten, als es schon in § 61 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) im Zusammenhang mit Regelungen über öffentlich-rechtliche Verträge, wie es zumindest ab dem Jahre 2000 diejenigen zwischen Leistungserbringern und gesetzlichen Krankenkassen sind, vorgesehen war und bis heute vorgesehen ist (vgl. BSG, Urt. vom 12.05.2005, Az.: B 3 KR 32/04 R mit ausführlicher Darstellung, der sich der erkennende Senat ausdrücklich anschließt).

Zwar hat der Gesetzgeber in §§ 63 und 64 SGB V sowie im 4. Kapitel des SGB V (§§ 69 bis 140h) keine besonderen Regelungen über Verzugszinsen für Leistungserbringer im Bereich der häuslichen Krankenpflege getroffen. In der Rechtsprechung des BSG ist jedoch seit langem geklärt, dass die Vorschriften des BGB über Verzugszinsen auf öffentlich-rechtliche Verträge des Sozialrechts nicht entsprechend anwendbar sind (vgl. BSG, Urt. vom 28.09.2005, a. a. O., mit Hinweis auf BSG, Urt. vom 11.03.1987, Az.: 8 RK 43/85, SozR 1300 § 61 Nr. 1). Diese langjährige Rechtsprechung des BSG war dem Gesetzgeber bei der Neufassung des § 69 SGB V bekannt. Weder aus dem Gesetzestext noch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber an dieser Praxis etwas ändern wollte, als er Regelungen des BGB über S. 3 der Norm subsidiär für anwendbar erklärte (so auch BSG, Urt. vom 28.09.2005, a. a. O., bezüglich des vergleichbaren Problems des Auseinanderfallens der Verjährungsvorschriften im öffentlichen Recht von 4 Jahren und im BGB von 3 Jahren siehe BSG, Urt. vom 12.05.2005, a. a. O.). Dies gilt um so mehr, als er in einzelnen Bereichen, vgl. § 17 Abs. 1 S. 3 BPflV und § 11 Abs. 1 S. 3 KHEntgG, durchaus die Notwendigkeit zur Gewährung von Verzugszinsen gesehen hat.

Dass Verzugszinsen der Klägerin auch über § 69 S. 3 SGB V i. V. m. §§ 286 ff. BGB nicht zustehen, entspricht - vorbehaltlich zukünftig möglicher anderer vertraglicher Gestaltung durch die Beteiligten - schließlich auch einem gerechten Ausgleich der Interessen der Beteiligten. Der Klägerin steht in der Person der Beklagten ein solventer Schuldner gegenüber. Ein Ausfall von Forderungen in Folge von Zahlungsunfähigkeit, wie dies im Privatrecht ein großes Problem darstellt, muss die Klägerin in keinem Fall befürchten. Möglicherweise, wie im vorliegenden Fall, kann es auf Grund von Organisationsmängeln seitens der Beklagten zu Zahlungsverzögerungen kommen, die der Klägerin jedoch im Hinblick auf den oben geschilderten Vorteil zumutbar erscheinen. Dieser bleibt ohnehin unbenommen, wegen streitiger Forderungen nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Zahlungsfrist sofort den Klageweg zu den Sozialgerichten zu beschreiten. Mit Kosten muss sie, wenn sie berechtigte Forderungen geltend macht, nicht rechnen. Zudem hat die Beklagte in solchen Fällen - hier nicht geltend gemachte, im Hinblick auf den Zahlungszeitpunkt auch nicht bestehende - Prozesszinsen zu zahlen (vgl. BSG, Urt. vom 28.09.2005, a. a. O.); auch trägt sie das Prozessrisiko. Diese Möglichkeiten lassen erkennen, dass der Gesetzgeber nicht unbillig handelt, wenn er keinen zusätzlichen Anspruch auf Verzugszinsen einräumt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

Bei der Entscheidung über den Streitwert hat der Senat gemäß §§ 197a, 183 SGG i. V. m. §§ 1 Nr. 4 und 52 Abs. 1, Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) den geltend gemachten Geldbetrag zugrunde gelegt.
Rechtskraft
Aus
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