L 18 KN 37/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 18 KN 307/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 KN 37/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 KN 10/06 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 06.03.02 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Der am 00.00.1964 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Nach einer arbeiterrentenversicherungspflichtigen Beschäftigung von August 1980 bis Januar 1981 legte er im Februar 1981 im S-X Steinkohlebergbau als Jungbergmann an. Ab Juni 1982 bis Juni 1999 war er als Hauer im Streckenausbau und Transport, als Hauer in der Aus- und Vorrichtung, als Hauer in der Gewinnung sowie als Strebhauer beschäftigt. Während seiner Hauertätigkeit wurde er nach den Lohngruppen 9 bis zuletzt 11 der Lohnordnung für den Rheinisch-Westfälischen Steinkohlenbergbau (Lohnordnung) entlohnt. Seither ist der Kläger arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos. Am 29. Februar 2000 kehrte er ab.

Am 16. Dezember 1999 beantragte der Kläger die Gewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit. Bereits am 09. Dezember 1999 stellten Frau A und Herr T vom Sozialmedizinischen Dienst in H in einer vorgezogenen Begutachtung im Rentenverfahren folgende Gesundheitsstörungen fest: Verschleiß im linken Kniegelenk, leichtgradiger Verschleiß im rechten Kniegelenk, Verschleiß der Lendenwirbelsäule, Verdacht auf Überlastung des rechten Hüftgelenkes. Sie vertraten die Auffassung, der Kläger könne noch in wechselnder Körperhaltung mit der Gelegenheit zum Sitzen, ohne Knien und Hocken, unter Vermeidung von Heben von Gewichten über 15 Kg, leichte bis mittelschwere Arbeiten mit gelegentlichem Bücken, ohne Besteigen von hohen Leitern und Gerüsten und vielstufigen Treppen sowie ohne Gehen auf steilem Boden bergauf und bergab und ohne Gehen auf stark unebenen Böden auch im Freien unter Witterungsschutz vollschichtig verrichten. Darauf lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit ab (Bescheid vom 04. April 2000, Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 2000). Sie gewährte dem Kläger Rente für Bergleute ab 01. Dezember 2000 (Bescheid vom 25. Mai 2000).

Mit seiner beim Sozialgericht Gelsenkirchen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Rentenbegehren weiterverfolgt. Er hat gemeint, die Ärzte sowohl im Gerichts- als auch im Verwaltungsverfahren hätten seien Gesundheitszustand nicht richtig festgestellt.

Er hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 04. April 2000 in der Fassung des Widerspruchs- bescheides vom 12. Oktober 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm ab 16. Dezember 1999 einen Zustand von Berufsunfähigkeit anzunehmen und die Gesamtleistung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die angefochtenen Bescheide für zutreffend gehalten.

Das SG hat Befund- und Behandlungsberichte der den Kläger behandelnden Ärzte, der Praktischen Ärztin T1, I (vom 06. März 2001) und des Arztes für Orthopädie X1, H (vom 12. März 2001) eingeholt.

Es hat ferner den Arzt für Orthopädie, Sportmedizin, Rheumatologie und Sozialmedizin C in E mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat in dem Gutachten vom 02. Mai 2001 folgende Diagnosen mitgeteilt: aktuell Tennis- und Golferellenbogen rechts, Zustand nach operativer Revision des rechten Kniegelenkes mit verbleibenden funktionsneutralen kleinen Narben ohne wesentliche Funktionsdefizite des rechten Kniegelenkes, eine hochgradige Übergewichtigkeit und erhebliche Diskrepanzen zwischen den subjektiven Beschwerdevorträgen und den objektivierbaren Befunden. Er hat gemeint, der Kläger könne noch unter und über Tage körperlich mittelschwere Tätigkeiten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen mit gelegentlichem Bücken, kurzfristig in gebückter Haltung, mit kurzfristigem Heben und Tragen von Lasten bis zu 15 Kg, nicht auf Gerüsten und Leitern, jedoch zeitweilig auf Regalleitern, mit besonderer Einwirkung von Nässe, Hitze und Kälte jedoch nicht von Zugluft im Freien unter Witterungsschutz in Wechsel- und Nachtschicht, nicht unter besonderem Zeitdruck vollschichtig verrichten.

Auf den Antrag des Klägers hat das SG Gutachten des Arztes für Nervenheilkunde, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin U in H und des Chefarztes der Orthopädischen Abteilung der Paracelsusklinik der Stadt N, C1 eingeholt.

U hat in seinem Gutachten vom 02. Oktober 2001 eine Leitungsverzögerung des Nervus ulnaris rechts im Sulcusbereich bei Epikondylitis medialis rechts und subluxierenden Nervus ulnaris im Sulcus, eine diskrete, nur im sensiblen Bereich nachweisbare Leitungsverzögerung im Sulcus auch für den linken Nervus ulnaris gefunden. Der Nervus medianus leitet beiderseits normal, so dass er bei den angegebenen Beschwerden im Bereich der Arme ein Carpaltunnelsyndrom ausgeschlossen hat. An den Beinen bestand eine spurhafte Abschwächung des linken Patellasehnenreflexes mit Hinweischarakter auf eine früher durchgemachte radikuläre Läsion L4. Psychiatrische Erkrankungen hat er nicht festgestellt.

C1 hat in dem Gutachten vom 27. August 2001 eine leichte Wirbelsäulenfehlhaltung ohne Funktionsstörung bei röntgenologisch altersphysiologischen Verhältnissen, eine leichte Achsenfehlform der unteren Extremitäten im Sinne des X-Beines mit geringer Überlastungstendenz der Knieinnenbänder bei Zustand nach arthroskopischer Innenmeniskusoperation links ohne verbliebene Funktionsstörung, eine leichte Symptomatik entsprechend eines Golferellenbogens beidseits und geklagte Hüft- und linksseitige Fußbeschwerden ohne objektivierbare Gesundheitsstörungen festgestellt. Er hat den Kläger für fähig gehalten, über und unter Tage mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen sowie mit wechselnden Körperhaltungen, mit kurzfristigem gelegentlichem Bücken, mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 Kg nicht auf Leitern und Gerüsten, jedoch gelegentlich auf Regalleitern, nicht im Akkord und am Fließband, jedoch in Wechselschicht, bei voller Gebrauchsfähigkeit beider Hände vollschichtig zu verrichten. Arbeiten mit besonderen Einwirkungen von Nässe, Hitze, Kälte oder Zugluft könnten mit entsprechender Schutzkleidung kompensiert werden, unter Witterungsschutz könne der Kläger im Freien arbeiten. Der Sachverständige hat dem zuvor von C eingeholten Gutachten in vollem Umfange zugestimmt.

Auf die entsprechenden Einwendungen der Beklagten hat C1 in seiner Stellungnahme vom 28. November 2001 mitgeteilt, dass es sich bei den im Gutachten mitgeteilten Gewichten, die der Kläger noch handhaben könne, um einen Schreibfehler handele. Der Kläger könne tatsächlich noch 15 Kg bewegen und tragen.

Mit Urteil vom 06. März 2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat den Kläger als Facharbeiter angesehen, jedoch für verweisbar gehalten auf die Tätigkeit des Apothekenauslieferungsfahrers. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren, eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu erhalten weiter. Er meint ein Kraftfahrzeug nicht mehr zuverlässig führen zu können. Denn U habe in seinem Gutachten die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände als beeinträchtigt angesehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 06. März 2002 zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Sie hat ein Gutachten des Internisten L des Sozialmedizinischen Dienstes zu einem vom Kläger gestellten Rehabilitationsantrag eingereicht. In dem Gutachten vom 27. Januar 2004 meint der Gutachter, eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme sei nicht angezeigt. Der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig verrichten. Der Senat hat die Personalakte des Klägers von der E1 T2 AG beigezogen.

Der Senat hat den Beteiligten die Ermittlungsergebnisse zur Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers aus dem Verfahren L 18 KN 74/01 zur Kenntnis gebracht. Danach hat der Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats in der Streitsache L 18 KN 25/02 vom 19.07.2005 gerügt, der Senat habe die Argumentationslinie seiner Prozessbevollmächtigten verkannt. Es stehe nämlich nicht eine Gewissensentscheidung zur Debatte, sondern die Frage, ob es sich mit der der Staatsgewalt vom Verfassungsgeber auferlegten Verpflichtung, den Schutz der Grundrechte (insbesondere der Kinder und Jugendlichen) auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit zu gewährleisten, vertrage, wenn der Kläger auf die genannte Tätigkeit verwiesen würde. Der Zigarettenautomatenauffüller sei mit dem Vertrieb eines Produkts betraut, dessen Konsum abhängig mache und in schwerstem Maße gesundheitsschädigend sei. Allein "durch das verweisungsrechtliche Ansinnen eine derartige Tätigkeit auszuüben", würde er in seinen Grundrechten insbesondere in seiner Menschenwürde verletzt.

Wegen der weiteren Einwendungen des Klägers wird ebenso wie wegen weiterer Einzelheiten auf den Inhalt der Streitakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Kläger ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den von ihm angefochtenen Bescheid vom 04. April 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2000 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert; denn diese Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rentenleistung wegen Berufsunfähigkeit nach der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmung des § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI a. F. ).

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. ist berufsunfähig der Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Nach den Übergangsvorschriften der §§ 300 Abs. 2, 302b Abs. 1 SGB VI ist diese Vorschrift für einen am 31.12. 2000 bestehenden Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit weiterhin maßgebend.

Es hat sich nicht feststellen lassen, dass der Kläger am 31.12.2000 einen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente im Sinne der zitierten Regelung hatte. Der Kläger ist nicht berufsunfähig.

Ausgangspunkt ist bei der Prüfung der Leistungsvoraussetzungen von Berufsunfähigkeit der bisherige Beruf des Versicherten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist "bisheriger Beruf" in der Regel die zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit (BSG Urteil vom 14.3.1979 –1 RJ 84/78- in SozR § 1246 RVO Nr. 41; Urteil vom 11.9.1980 –1 RJ 94/79- in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 66 mit weiteren Nachweisen). "Bisheriger Beruf" des Klägers ist dementsprechend seine bis zum Jahr 1999 ausgeübte Tätigkeit als Hauer. Diese hat er für längere Zeit und bei im Wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft ausgeübt, bevor er sie aus gesundheitlichen Gründen zum 30.09.2000 aufgegeben hat. Als Hauer kann der Kläger nach den Feststellungen der medizinischen Sachverständigen und der damit übereinstimmenden Auffassung der Beklagten nicht mehr arbeiten.

Der Rentenanspruch hängt mithin davon ab, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die dem Kläger sozial zumutbar ist und von ihm gesundheitlich wie fachlich noch bewältigt werden kann. Dabei richtet sich die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs.

Nachdem vom BSG zur Wertigkeit des bisherigen Berufs entwickelten Mehrstufenschema, das den Beteiligten hinlänglich bekannt ist, gehört der Kläger als Hauer mit einer Entlohnung nach der Lohngruppe 11 der Lohnordnung und einer langjährigen Hauertätigkeit in verschiedenen Einsatzbereichen der Gruppe der (bergmännischen) Facharbeiter innerhalb des genannten Mehrstufenschemas an. Die Facharbeiterqualität der zuletzt ausgeübten Tätigkeit ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Als Facharbeiter ist der Kläger nicht nur auf andere Facharbeitertätigkeiten, sondern auch auf angelernte Tätigkeiten (vgl. BSG SozR 3 – 2600 § 43 Nr. 13) verweisbar. Darüber hinaus müssen sich Facharbeiter auch auf solche ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen, die sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten herausheben und die wegen ihrer besonderen Qualität oder betrieblichen Wichtigkeit wie sonstige Ausbildungsberufe tariflich eingestuft sind (BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nrn. 17, 29, 34). Der Kläger ist deshalb auf die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers verweisbar.

Diesen Beruf kann der Kläger mit dem bei ihm bestehenden Leistungsvermögen verrichten. Er ist nach den Gutachten der Orthopäden C und C1 noch in der Lage, körperlich mittelschwere Arbeiten mit dem Bewegen und Tragen von Gewichten bis zu 15 Kg in wechselnder Körperhaltung mit gelegentlichem kurzfristigem Bücken auch im Freien unter Witterungsschutz/mit witterungsangepasster Kleidung vollschichtig zu verrichten. Dabei war C1 der Meinung, dass das geringe rechtsseitige Nervus-sulcus-ulnaris-Syndrom nur zu einer minimalen Leistungsminderung bei manuellem Geschick führe und einer gezielten fachorthopädischen Therapie gut zugänglich sei.

Anders scheint in diesem Punkt U die Leistungsfähigkeit des Klägers zu sehen, wenn er die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände als eingeschränkt bewertet. Diese Einschätzung, die im Gegensatz zu der Beurteilung der beiden Orthopäden steht wobei, C1 sie - wie oben dargelegt – auch begründet, hat U nicht begründet. Da es aber bei der Beurteilung von gesundheitlichen Beeinträchtigungen abschließend nicht auf erhobene Befunde – hier der Leitungsverlangsamung von Nerven -, sondern auf funktionale Beeinträchtigungen, die weder von dem Neurologen noch von dem Orthopäden festgestellt worden sind, ankommt, geht der Senat davon aus, dass die Funktionsfähigkeit beider Hände des Klägers im wesentlichen erhalten ist. Diese Auffassung wird sowohl durch das Gutachten des Orthopäden C als auch durch das Rehabilitationsgutachten vom 27. Juli 2004 insofern bestätigt, dass darin von einer Einsatzbeeinträchtigung der Hände nichts zu finden ist. In seelisch-geistiger Hinsicht hat keiner der Sachverständigen, insbesondere der Fachgutachter U, eine Beeinträchtigung feststellen können.

Zur Tätigkeit des Zigarrettenautomatenauffüllers:

Nach den Feststellungen des berufskundlichen Sachverständigen N1 handelt es sich bei der Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers um eine leichte körperliche Tätigkeit, die im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt wird und nur normale durchschnittliche Anforderungen an seelisch-geistige Qualitäten stellt. Darüber hinausgehende Qualitäten sind nicht gefordert.

Was die körperliche Belastung anbelangt, ist davon auszugehen, dass bei einer städtischen Tour täglich 40 - 44 und bei einer ländlichen Tour täglich 35 - 40 Zigaretten-automaten angefahren, gewartet und nachgefüllt werden müssen. Dabei sind durchschnittlich täglich insgesamt etwa 3000 Packungen, was 150 Stangen zu 20 Packungen und einem Warenwert von rund 12000,00 Euro entspricht, nachzufüllen. Jeder zu versorgende Automat ist somit durchschnittlich mit 75 Packungen nachzufüllen bei einem Geldgesamtanfall von durchschnittlich etwa 300,00 Euro.

Von diesen durchschnittlichen Werten ausgehend fallen je Zigarettenautomat nur geringe Gewichte an Zigaretten und an Geld an. Ausgehend von einem Packungsgewicht von etwa 25 g - Stange von maximal 510 g bei 20 Packungen - ist ein Warengewicht bei 75 Packungen von unter 2 Kg in dem 2,2 Kg wiegenden Füllkorb zu bewältigen. Entsprechend stellt sich das Gewicht des Geldes dar. Bei einem ausschließlich mit Münzgeld zu bedienenden Automaten und bei einem Packungspreis von durchschnittlich 4,00 Euro können 300 1,00-Euro-Münzen durchschnittlich anfallen, was zu einem Gewicht von max. 2550 g führt. Dabei ist der Senat, der Annahme des Sachverständigen folgend von einem Münzgewicht bei einer 1,00-Euro-Münze von etwa 8,5 g - münzfrisch 7,5 g plus Verschmutzung - ausgegangen. Variationen wegen anderer Münzzusammenstellungen oder -mischung mit Notengeld sind möglich. Abweichungen nach oben und nach unten sind aber nur in einem Maße möglich, mit dem die 5 Kilo Grenze regelmäßig nicht überschritten wird.

In Ausnahmefällen können zwar höhere Gesamtgewichte sowohl bei der Ware als auch beim Geld anfallen. Zigarettenkartons mit einem Inhalt von 16 Stangen zu 510 g können bis knapp unter 9 Kg wiegen. Zu entnehmende Geldmengen können insgesamt das Gewicht von 20 Kg nach den Darlegungen des berufskundlichen Sachverständigen errei- chen/überschreiten. Diese Gewichte können aber, wie der Sachverständige auch dargelegt hat, in Teilmengen transportiert werden. Der Automatenauffüller kann sie sich seinem Leistungsvermögen entsprechend aufteilen, was für den Kläger, der nach den Feststellungen der medizinischen Sachverständigen noch Lasten von 15 Kg heben und tragen kann, nur im äußersten Ausnahmefall erforderlich sein dürfte.

Weitere körperliche Belastungen mit den vorbeschriebenen (Gesamt)Höchstgewichten treten auf beim Beladen des Lieferfahrzeugs. Gleich ob die aus dem Warenlager des Tabakwarengroßhändlers zu entnehmenden Waren von einem Kommissionierer vorbereitet bereitgestellt werden oder ob der Auffüller sie selbst aus dem Lager holt. Diese Gewichte können ebenfalls – soweit vorliegend überhaupt erforderlich - belastungsgerecht aufgeteilt werden.

Das an den Automaten eingesammelte Geld fällt nach dem Zählen mittels einer Zählmaschine in einen im Lieferwagen eingebauten Tresor, der auf dem Gelände des Tabakwarengroßhändlers nur noch aus dem Lieferwagen auf ein Rollenförderband gezogen werden muss, das bis an den Lieferwagen heranreicht. Mit der Geldentnahme oder einem Transport ins Kassenbüro hat der Automatenauffüller nichts zu tun.

Beim Beladen des Fahrzeugs werden entweder die Zigaretten-Kartons oder-Stangen in in dem Wagen eingebaute Regale gelegt. Beim Nachfüllen der Automaten sind die erforderlichen Mengen wieder aus diesen Regalen herauszunehmen. Dabei können jeweils naturgemäß einzelne kurzfristige Bückvorgänge notwendig sein, die dem Kläger aber uneingeschränkt medizinisch zumutbar sind, zumal nicht davon auszugehen ist, dass sich die jeweils nachzufüllenden Zigarettenpackungen bei jedem Automaten ausschließlich auf dem Boden des Lieferfahrzeugs - als dem untersten "Regalboden" – befinden.

Im Übrigen aber ist wechselnde Körperhaltung bei der Ausübung der Tätigkeit gewährleistet. Allein die Art der Tätigkeit erlaubt das, da die ausschließlich sitzende Position beim Fahren des Autos immer wieder durch das Befüllen der Automaten unterbrochen wird. Die mit der Tätigkeit verbundenen unterschiedlichen Arbeitsschritte und die Anzahl der zu versorgenden (innerstädtisch täglich 40 - 44 und bei einer ländlichen Tour täglich 35 – 40) Zigarettenautomaten gewährleisten ausreichenden Haltungswechsel.

An die geistig-seelischen Qualitäten wie Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, verantwortliches und zuverlässiges Handeln werden normale, durchschnittliche Anforderungen gestellt, wie sie bei dem Kläger bedenkenlos vorausgesetzt werden können. Der Senat folgt insofern der schlüssigen sozialmedizinischen Beurteilung des Sachverständigen U, der insoweit eine Beeinträchtigung nicht festgestellt hat. Der Senat hat deshalb auch keine Bedenken, dass sich der Kläger in diese Tätigkeit, die einer gewissen Intelligenz und Umstellungsfähigkeit bedarf, um die zu erfüllenden Aufgaben zu erlernen und den Versorgungsbezirk mit seinen Automaten kennenzulernen und abzufahren, problemlos einarbeiten kann. Ob ein Bewerber die sicherlich auch für eine Einstellung in diesen Beruf wegen der hohen Waren- und Geldwerte erforderlichen charakterologischen Qualitäten, wie Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit besitzt, entzieht sich medizinisch/gutachterlicher Feststellungen und sozialgerichtlicher Entscheidung jedenfalls soweit – bei Zweifeln über deren Vorhandensein – dem ein Krankheitsgeschehen nicht zugrunde liegt. Die medizinischen Gutachter haben Defizite, die die Zuverlässigkeit einschränken könnten, nicht festgestellt.

Zeitdruck kann allenfalls in dem allenthalben bei jeder Arbeit anfallenden Ausmaß entstehen bzw. vorhanden sein. Der Zigarettenautomatenauffüller ist in der Gestaltung seines Arbeitstages weitestgehend frei. Das hat seine Grundlage darin, dass er für die Versorgung seines Bezirks und nicht nach geleisteten Arbeits- und/oder Überstunden entlohnt wird. Deshalb kann er seine Nachfüll-Tour, die für den jeweiligen Tag vorgegeben wird, in ihrem Ablauf frei gestalten, Pausen nach den Vorgaben der Arbeitszeitordnung planen und einhalten oder zusätzliche Pausen einlegen. Daran ist er durch nichts, vor allem nicht durch eine Verpflichtung zur Einhaltung von Terminen, gehindert. Er kann z.B. in einem innerstädtischen Bereich ganz früh morgens mit seiner Arbeit beginnen, um sie relativ "bequem" und zügig erledigen zu können, weil er sich als Lieferant bis 10 Uhr morgens problemlos in seinem Fahrzeug sowohl in der Fußgängerzone als auch in dem anderen Innenstadtbereich bewegen kann. Hat er auf seiner Tour vornehmlich z.B. Kantinen, Wirtschaften und Kioske aufzusuchen, wird er wegen möglicher späterer Öffnungszeiten seinen Arbeitstag auch erst später am Tag beginnen mit der Folge, dass es an diesem Tage später werden kann. Bei normalem Ablauf eines durchschnittlichen Tourentages ist deshalb das Entstehen von Zeitdruck über das normale Maß hinaus nicht zu erwarten. Zeitdruck wird regelmäßig nur dadurch entstehen können, worauf auch der Sachverständige hinweist, dass sich der Auffüller selbst unter Druck setzt mit dem Ziel seine Arbeit schnellstmöglich hinter sich zu bringen. Selbst wenn der Kläger sich eigenverantwortlich diesem Zeitdruck aussetzen würde, steht dies im Einklang mit seinem Leistungsvermögen.

Nach dem oben beschriebenen Leistungsvermögen ist der Kläger durchaus in der Lage diesen Beruf auszuüben. Er wird weder körperlich noch seelisch-geistig durch die zu verrichtenden Tätigkeiten, einschließlich der kleinen Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten, überfordert (zu der Verweisungstätigkeit des Zigarretenautomatenauffüllers auch Urteile des Senats vom 22.03.2005 – L 18 KN 91/01, vom 19.07.2005 – L 18 KN 101/03 und L 18 KN 25/02-). Bei den in der Vergangenheit zu verrichtenden Arbeiten hat er auch mit Werkzeugen umgehen müssen, so dass dem Senat nicht ersichtlich und von dem Kläger nicht schlüssig vorgetragen ist, warum er die erforderlichen kleinen Reparaturen und die in der Stellenbeschreibung weiter beschriebenen Aufgaben des Zigarretenautomatenauffüllers nicht durchführen könnte.

Da es von dieser Art Arbeitsplätze in Deutschland etwa 2500 gibt, in Nordrhein-Westfalen allein mehr als 500, wobei die Arbeitsplätze und die Bevölkerungszahlen ins Verhältnis gesetzt sind, demnach von einer beachtlichen und nach der Rechtsprechung der Rentensenate des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil des BSG in RozR 3-2600 § 43 Nr. 13) bei weitem für eine Verweisungstätigkeit ausreichenden Anzahl dieser Arbeitsplätze, seien sie frei oder besetzt, auszugehen ist, sind die vorbeschriebenen Arbeitsbedingungen die des allgemeinen Arbeitsmarktes für diese Tätigkeit (vgl. BSG Urteil in SozR 2200 § 1247 Nr. 43, Urteil in SozR 4100 § 168 Nr. 7).

Diese üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes bestehen nach den Ausführungen des Sachverständigen N1 nicht darin, nach Stunden und Überstunden für eine Arbeit entlohnt zu werden, sondern in der Versorgung der Automaten in dem, dem Zigarettenautomatenauffüller anvertrauten Bezirk. Der Sachverständige hat insofern in seiner Stellungnahme vom 20.07.2005 (in einem Verfahren des 2. Senats des LSG NRW, Aktenzeichen hier unbekannt) dazu ausgeführt, dass die Fahrverkäufer/Automatenauffüller in der Regel ein festes Monatsgehalt erhalten, mit dem alle eventuellen Überstunden abgegolten sind. Vom Stelleninhaber würde erwartet, dass er seinen von ihm selbst gestalteten Tourenplan einhalte und die Tagesarbeit erledige. Sei ihm das in weniger als 38,5 Stunden pro Woche (tarifliche Wochenarbeitszeit im Groß- und Aussenhandel NRW) möglich, würde danach genau so wenig gefragt, wie wenn er 42 Stunden aufgrund Staus oder wegen langsamerer Arbeitsweise benötige. Der Senat sieht keinen Grund, diese Äußerungen des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.

Die vom Marktführer erstellte Stellenbeschreibung des Fahrverkäufers, die nach Ausführung des Sachverständigen die in der Branche übliche Arbeit des Automatenauffüllers beschreibt, haben sowohl der Zeuge T3 als auch der Sachverständige, der seinerseits davon ausgeht, dass die treffendere Bezeichnung die des Zigarrettenautomatenauffüllers sei, vorgelegt. Die Bezeichnung des Fahrverkäufers ist ausdrücklich in den Tätigkeitsbeispielen der Lohngruppe 6 des einschlägigen Tarifvertrages für den Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen (NRW) aufgeführt. Damit haben die Tarifvertragsparteien als die besonderen Kenner dieser Materie zum Ausdruck gebracht, dass sie davon ausgehen, dass diese Arbeit auch grundsätzlich in der diesem Tarifvertrag zugrunde liegenden Arbeitszeit (§ 2 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer im Groß- und Außenhandel NRW) zu erledigen ist.

Wie der Zeuge T3 in der Verhandlung am 23.08.2005 (im Rahmen des Verfahrens L 18 (4) RJ 107/03) ausgesagt hat, wird mit dem mobilen Datenerfassungsgerät (MDE, dem sogenannten "Ready"), das bei neueren Zigarrettenautomaten zum Einsatz kommt, nicht nur der jeweils aktuelle Bestand und letzte Abverkauf registriert, sondern auch die "Zeit des Nachfüllvorganges". Dabei wird das Gerät - der Zeugenaussage zufolge – beim Auslesen des ersten Automaten auf der Tagestour eingeschaltet und nach dem Auslesen des letzten Automaten an diesem Tag ausgeschaltet. Diese Zeiten sowie zusätzliche pauschale Zeiten (zwei Stunden täglich) für die Abrechnung und Fahrzeiten zum/ab Lager liegen der vom Zeugen überreichten Übersicht "Ready-Zeiten" zugrunde, derzufolge eine durchschnittliche Zeit von 10,29 Stunden (einschließlich pauschal abgerechneter Zeiten für "Abrechnung und Fahrzeiten") täglich errechnet worden ist. Diese "Ready-Zeiten" sind als Grundlage für die Berechnung einer täglichen Arbeitszeit ungeeignet. Entgegen der Auffassung des Klägers ergeben sich daraus tatsächlich nicht eine entsprechende Arbeitszeit der Beschäftigten, sondern allein die Zeit zwischen Ein- und Ausschalten des Ready-Gerätes. Es ergeben sich wegen der ununterbrochenen Aufzeichnung keine Aussagen/Erkenntnisse darüber, ob und in welchem Umfang in der aufgezeichneten Gesamtzeit Zeiten für das Auffüllen, das Fahren zwischen den Automaten und/oder ggf. zum Lager, Unterbrechungen welcher Art auch immer und die nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) einzuhaltenden Pausen.

Schon deshalb ist die auf der Übersicht vorgenommene Berechnung nicht geeignet, die Angaben des Sachverständigen N1, der grundsätzlich von der tariflichen Arbeitszeit ausgeht, zu entkräften, da die ohnehin - wie dargestellt – nur theoretischen – Berechnungen in sich nicht schlüssig sind. Die Zeiten sind im einzelnen nicht nachvollziehbar, so dass weder das Gesamtergebnis noch einzelne Zeiten nachgerechnet werden können.

Es gibt keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger diese Tätigkeit nicht innerhalb von drei Monaten soweit erlernen könnte, dass er sie vollwertig verrichten kann. Medizinische Gründe sind nicht erkennbar. Die intellektuellen Fähigkeiten sind ausreichend, um Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen zu bewältigen (so U). Diese Feststellungen anzuzweifeln besteht kein Anlass. Der Kläger hat im Verlauf seiner beruflichen Entwicklung unter Beweis gestellt, dass er unterschiedlichen Anforderungen bei der Durchführung von Tätigkeiten gewachsen und insbesondere auch ohne qualifizierte Berufsausbildung in der Lage war, höherwertige Tätigkeiten im Bergbau zu verrichten. Dafür spricht allein schon der Umstand, dass er trotz der fehlenden geregelten Ausbildung den Facharbeiterstatus mit dem daraus fließenden Verweisungsschutz erworben hat. Bei den in der Vergangenheit unter Tage zu verrichtenden Arbeiten hat er auch mit Werkzeugen umgehen müssen, so dass nicht ersichtlich ist, weshalb er die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers auch mit Rücksicht auf die erforderlichen kleinen Reparaturarbeiten nicht innerhalb kürzester Zeit durchführen können soll.

Der Senat vermag den Sachverhalt auch angesichts der "Stellenbeschreibung Fahrverkäufer" nicht anders zu bewerten; vor allem ist nicht erkennbar, inwieweit alle "vorherigen" Angaben des Sachverständigen N1 durch diese in krasser Weise entwertet erscheinen. Soweit der Kläger meint, es ergäben sich nachhaltigste Konsequenzen für die Verweisbarkeit des Klägers insbesondere dadurch, dass die Tätigkeit auch die Bereiche Kundenerfassung- und betreuung, Mitwirkung bei Werbemaßnahmen, Reparatur der Automaten und Verantwortlichkeit für das Auslieferungsfahrzeug erfasst, so vermag der Senat diese Wertung nicht nachzuvollziehen. Was die "Reparatur" anbelangt, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um die Behebung kleinerer Defekte am Gerät handelt. Bei Fehlern am Gerät bzw. größeren Reparaturen steht ein Reparaturteam zur Verfügung. Erforderliche kleinere Reparaturen dürften den Kläger allerdings angesichts seiner erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht überfordern. Auf die Ausführungen zur Einarbeitungszeit wird insoweit Bezug genommen.

Für den Bereich der Kundenerfassung und deren Betreuung scheint sich der Kläger darauf stützen zu wollen, dass er dem damit zusammenhängenden "Publikumsverkehr" nicht gewachsen sei. Aber auch das vermag die Verweisbarkeit nicht einzuschränken. Die gelegentliche Entgegennahme von Kundenwünschen oder das Erfassen neuer Kunden kann nicht gleichgesetzt werden mit dem bei den üblicherweise im Zusammenhang mit Verkäufertätigkeiten oder pflegerischen Tätigkeiten vorkommenden Publikumsverkehr. Die Tätigkeit des Fahrverkäufers/Zigarettenautomatenauffüllers ist im Kern nicht bestimmt durch den Umgang mit Menschen bzw. Publikum, sondern durch das Bestücken der Automaten. Weshalb dem Kläger die "Mitwirkung bei Werbemaßnahmen" nicht möglich sein soll, erschließt sich dem Senat ebenso nicht, vor allem weil hierzu jegliche Begründung fehlt. Nicht zuletzt verbietet es sich, dem Kläger die Befähigung abzusprechen, das Auslieferungsfahrzeug verantwortlich zu führen. Es dürfte keinerlei Qualitäten erfordern, dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug fahrtüchtig bleibt und auch nicht überdurchschnittlich verschmutzt benutzt wird. Der Senat vermag dem Aufgabenbereich "Verantwortlichkeit für das Auslieferungsfahrzeug" keine anderweitige Bedeutung zuzumessen.

Die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers ist dem Kläger auch mit Rücksicht auf den hier anzunehmenden Facharbeiterschutz sozial zumutbar, da er nach der Lohngruppe VI des Lohnrahmenabkommens des Groß- und Außenhandels in Nordrhein-Westfalen (Verkaufsfahrer) eingestuft ist, einer Lohngruppe somit, nach der auch Tätigkeiten entlohnt werden, die eine abgeschlossene Facharbeiterausbildung voraussetzen. Die hohe tarifliche Einstufung ist gerechtfertigt dadurch, dass der Zigarettenautomatenauffüller mit hohen Waren- und Geldwerten umgeht und er deswegen eine für den Betrieb hochwertige Arbeit ausführt.

Nach dem so beschriebenen Leistungsvermögen ist der Kläger – auch mit Rücksicht auf das Leistungsprofil des Fahrverkäufers - insgesamt in der Lage, die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers auszuüben. Er wird dadurch weder körperlich noch seelisch-geistig überfordert. Die von ihm erhobenen Einwendungen sind samt und sonders nicht geeignet, dies zu entkräften.

Der Senat hat keine Bedenken die Feststellungen des beruflichen Sachverständigen N1 zu der Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Er ist als Geschäftsführer der X2 hinreichend mit der Materie befasst und hat in dieser Funktion ganz wesentlich mit dem Tabakgroßhandel zu tun. Er hat sich im Einzelfall Kenntnisse durch Gespräche und Rücksprachen mit den Tabakwarengroßhändlern verschafft und mit diesem Kenntnisstand die an ihn gerichteten Fragen beantwortet. In seiner Funktion als Geschäftsführer der genannten Vereinigung ist er bei der Ausarbeitung der oben schon erwähnten Stellenbeschreibung für Fahrverkäufer hinzugezogen worden und hat in Ansehung dieser Stellenbeschreibung seine Auskünfte erteilt, so dass den auf dieser Basis erteilten Auskünften ein hoher Stellenwert beizumessen ist. Die Neutralität des Sachverständigen N1 anzuzweifeln, besteht für den Senat kein Anlass. Seine Ausführungen sind – entgegen der Auffassung des Klägers, der diese weder belegt, noch auch nur schlüssig darlegt – insbesondere nicht widersprüchlich oder gar unverwertbar.

Soweit der Kläger zunächst geltend gemacht hat, die Rechtsordnung könne von ihm generell nicht verlangen, dass er sich am Handel mit Drogen - nämlich Nikotin - beteiligt, übersieht er, dass er gerade mit dieser Tätigkeit in ganz erheblichem Maße mit jeder von ihm nachgefüllten Zigarettenpackung auf die gesundheitliche Gefährlichkeit des Tabakrauchens und die Risiken schriftlich hinweist. Jede Packung ist mittels eines deutlich sichtbaren Aufdrucks mit einer Warnung über die gesundheitliche Schädlichkeit des Rauchens versehen.

Darüber hinaus scheint sich der Kläger, wie der in dem ähnlich gelagerten Fall L 18 KN 25/02, im Ansatz auf ein Grundrecht aus Artikel 4 des Grundgesetzes (GG) zu berufen. Der Senat hat in jenem Urteil vom 19.07.2005 im Hinblick auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, die zur Frage einer zulässigen Ablehnung einer angebotenen Arbeit im Rahmen der Arbeitslosenversicherung ergangen ist, hervorgehoben, dass eine Beeinträchtigung von Belangen der Versichertengemeinschaft nur dann als gerechtfertigt angesehen werden kann, wenn und soweit der Schutzbereich des Art. 4 GG eröffnet ist und bei der gebotenen Rechtsgüterabwägung der Gewissensposition des einzelnen ein höheres Gewicht zukommt als den verfassungsrechtlich angeordneten Gemeinschaftsaufgaben, hier: Sicherung der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Sozialversicherung, deren Belange ihren verfassungsrechtlichen Anknüpfungspunkt im Sozialstaatsprinzip finden (BSG Urteil vom 23.06.1982, SozR 4100 § 119 AFG Nr. 19, vgl. BVerfG in SozR 4100 § 119 Nr. 22). Art. 4 GG soll ein allgemeines Recht auf Verwirklichung von Gewissensentscheidungen gewährleisten (BSG Urteil vom 18.02.1987, SozR 4100 § 119 AFG Nr. 30). Verlangt wird hierbei jedoch, dass der Versicherte eine Gewissensentscheidung getroffen hat, an deren Ernsthaftigkeit kein Zweifel besteht. Es muss durch die Ausübung der "angebotenen" Arbeit zu einem aufgezwungenen Gewissenskonflikt kommen. Dazu hat der Kläger die Voraussetzungen für eine Gewissensnot substantiiert vorzutragen. Das Gericht hat zu überprüfen, ob diese Darlegungen glaubhaft sind.

Die für den Bereich der Arbeitslosenversicherung an Art. 4 GG orientierten und entwickelten Grundsätze des BSG sind gleichermaßen tragend für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung. Es geht ausschließlich um die Zumutbarkeit einer Tätigkeit/ eines Berufs. An den aufgeführten Voraussetzungen fehlt es hier gänzlich. Allein der Umstand, dass die vom Kläger dargelegten grundsätzlichen Bedenken gegen eine Verweisbarkeit auf die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers gleichlautend schriftsätzlich in zahlreichen anderen Verfahren "ohne wenn und aber" in die jeweiligen Verfahren eingeführt wurden, lässt eine konkrete Einzelfallbezogenheit vermissen. Die allgemein gehaltenen Ausführungen gegen das Rauchen und die Unzumutbarkeit, den Kläger und "sämtliche anderen Versicherten" rentenrechtlich auf eine Tätigkeit zu verweisen, die "Mitwirkung am Handel mit der Droge Nikotin abverlangt", lassen noch keine vom Kläger individuell und ernsthaft getroffene und detailliert vorgetragene Gewissensentscheidung dagegen erkennen. Ganz im Gegenteil: die Äußerung seines Bevollmächtigten, die Mitwirkung am Handel mit der Droge Nikotin sei "unabhängig von der Gestaltung des Einzelfalles immer und in jedem einzelnen Fall strikt abzulehnen", macht deutlich, dass es ihm nicht um eine - nämlich seine - individuelle Gewissensposition der und des Versicherten – wie vorliegend – geht. In einem solchen pauschalen Vortrag, kann der Senat weder eine substantiierte Darlegung der Einzelgründe für eine Gewissensentscheidung überhaupt geschweige denn für deren Ernsthaftigkeit entnehmen. In einem solchen, ganz allgemein gehaltenen Vortrag, sieht der Senat keinen Grund, die Versichertengemeinschaft mit einer Rentenleistung zu belasten.

Da bislang Produktion und Vertrieb von Zigaretten gesetzlich nicht verboten sind, sieht der Senat durch die Verweisung auf die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers keine Rechtsverletzung und deshalb auch – entgegen der Auffassung des Klägers – keine Verletzung der Würde des Menschen und mithin des Art. 1 GG. Art.1 GG schützt den Einzelnen vor einer staatlichen Behandlung, die ihn zum bloßen Objekt degradiert und seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (BVerfGE 30, 1, 25 f., 87, 209, 228; 96, 375, 399; 109, 279, 312; Schmidt-Bleibtreu/Klein GG-Kommentar zu Art.1 Rdnr.1; ähnlich auch Maunz/Dürig/Herzog zu Art.1 Rdnr.28 m.w.N.). Dabei gehört zum Schutz der Menschenwürde nicht nur Schutz vor materieller Not, sondern auch vor Erniedrigung, Brandmarkung, Verfolgung, Ächtung usw. (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein a.a.O.). Die durch Art.1 GG geschützte Würde des Klägers ist durch die Verweisung auf die Tätigkeit des Zigarrettenautomatenauffüllers nicht verletzt. Es ist mit Art.1 GG vereinbar, auf eine nicht sittenwidrige und von der Rechtsordnung nicht sanktionierte, sondern in jeder Hinsicht im öffentlichen Leben anerkannte Tätigkeit zu verweisen. Das will der Kläger zwar in nicht zu rechtfertigender Weise in Abrede stellen, indem er den Zigarretten-automatenauffüller einem "Drogendealer" gleichsetzt, was der Senat ausdrücklich missbilligt. Ein Vergleich mit dem Handel von illegalen Drogen verbietet sich. Insbesondere mit Rücksicht auf die im Arbeitsverhältnis stehenden Zigarrettenautomatenauffüller hieße das, ihnen verbotene, sittenwidrige Geschäfte und den unerlaubten Handel mit Drogen zu unterstellen.

Der Senat verkennt bei alledem nicht, dass eine Würdeverletzung dann gegeben sein könnte, wenn der Betreffende, wie der Kläger, allein durch "das Ansinnen, ihm eine solche Tätigkeit zuzumuten" verunglimpft, erniedrigt oder gebrandmarkt würde. Einen Angriff auf die Menschenwürde scheint der Kläger einmal darin zu sehen, dass das Rauchen gesellschaftlich "geächtet" sei, zum anderen darin, dass er unzumutbar dazu gezwungen wäre, den Schutz der Jugendlichen und Kinder vor der "Droge" Zigarette zu unterlaufen bzw. den Konsum durch diesen Personenkreis zu begünstigen. Schon Ersteres vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Die Annahme einer gesellschaftlichen Ächtung findet im tatsächlichen täglichen Leben keine Rechtfertigung und eignet sich schon von daher nicht als Ausgangspunkt. Es ist bisher im öffentlichen Leben keineswegs verpönt, zu rauchen. Trotz umfangreicher Kampagnen gegen das Rauchen ist es immer noch nicht gelungen, Millionen von Menschen vom Rauchen abzuhalten, gar das Rauchen in der Öffentlichkeit gänzlich zu verbieten oder im öffentlichen Ansehen zu diskreditieren. Von daher von einer gesellschaftlichen Ächtung zu sprechen, ist abwegig. Darum kann es auch von niemandem objektiv als Diskriminierung oder Abwertung oder unwürdige Unterordnung empfunden werden, wenn er auf eine Tätigkeit als Zigarettenautomatenauffüller verwiesen wird. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 09.03.1994 (Az. 2 BvL 43/92; 51/92; 63/92 u.a., BverfGE 90,145-226) schon entschieden, dass es der Gleichheitssatz nicht gebietet, alle potentiell gleich schädlichen Drogen gleichermaßen zu verbieten oder zuzulassen. Der Gesetzgeber habe ohne Verfassungsverstoß den Umgang mit Cannabisprodukten einerseits, mit Alkohol oder Nikotin andererseits unterschiedlich regeln können.

Was den Schutz der Kinder und Jugendlichen anbelangt, ist dem Senat nicht nachvollziehbar, inwieweit sich der Kläger in seiner Menschenwürde verletzt fühlen könnte. Es gehört zuförderst zu dem von Art.6 Abs.2 Satz 1 GG geschützten Verantwortungsbereich der Eltern, die Rechte ihrer Kinder dem Staat oder Dritten gegenüber zu schützen. Werden Eltern dieser Verantwortung nicht gerecht, kommt das "Wächteramt des Staates" nach Art. 6 Abs.2 Satz 2 GG zum Tragen. Dem Kläger insoweit erweiterte Verantwortung im Sinne eines "verlängerten Arms" des Staates zuzubilligen und deshalb von einer Verweisung auf die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers abzusehen, überspannt die Schutzfunktion des Art. 1 GG bei Weitem. Das Grundrecht der Menschenwürde ist zwar unmittelbar geltendes Recht, aber dennoch in seinem Kern so wenig konkret, dass es einer näheren Begründung bedurft hätte, inwieweit es im Hinblick auf die Menschenwürde untersagt sein soll, den Kläger auf diese Tätigkeit zu verweisen.

Nach alledem besteht für den Kläger eine medizinisch und sozial zumutbare Verweisungsmöglichkeit, die die Gewährung einer Berufsunfähigkeitsrente ausschließt. Unabhängig davon, dass der Kläger auch über den 31.12.2000 auf diese Tätigkeit verweisbar wäre, findet die Übergangsvorschrift des § 240 Abs. 1 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung keine Anwendung, da der Kläger aufgrund seines Geburtsjahrganges 1971 nicht unter diese Regelung fällt.

Aufgrund seines vollschichtigen Leistungsvermögens kommt – dahin gestellt lassend, ob der Klageantrag des Klägers insoweit ergänzend auszulegen ist - ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. erst recht wegen voller Erwerbsminderung nach Maßgabe des § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung ebenfalls nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 1 und 2 SGG besteht nicht, die Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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