S 23 AS 768/06 ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AS 768/06 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, dem Antragsteller auf seinen Antrag vom 27. Januar 2006 vorläufig, ab Mai 2006 (zunächst befristet bis einschließlich Oktober 2006) monatliche, im Voraus zu erbringende Geldleistungen durch Übernahme der notwendigen Fahr- und Verpflegungskosten des Antragstellers zur Ausübung seines Umgangsrechts mit seinen beiden minderjährigen Töchtern S.M. und H.T. in Höhe von monatlich 137,00 EUR Zuschussweise (und nicht nur Darlehensweise) zu gewähren. Die Höhe des monatlichen Betrages steht unter dem Rückforderungsvorbehalt, dass dem Antragsteller tatsächliche, notwendige und angemessene Fahr- und Verpfle-gungskosten in Höhe von monatlich 137,00 EUR entstehen.
II. Dem Antragsteller wird auferlegt, der Antragsgegnerin monatlich nachträglich die tatsächlichen, notwendigen und angemessenen Fahr- und Verpflegungskosten nachzuweisen.
III. Die Antragsgegnerin erstattet dem Antragsteller dessen notwendige außergerichtliche Kosten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Übernahme von Kosten, die dem Antragsteller durch die Ausübung seines Umgangsrechts mit den von ihm getrennt, in Lübeck lebenden, leiblichen Töchtern S.M. und H.T. entstehen.

Der am ... 1973 geborene, in Dresden wohnhafte, seit ... 2004 von seiner früheren Ehefrau geschiedene Antragsteller ist Vater der am ... 2000 geborenen Zwillinge S.M. und H.T., für die er sich gemeinsam mit seiner früheren Ehefrau das Sorgerecht teilt. Seine Töchter S.M. und H.T. halten sich bei ihrer leiblichen Mutter, der früheren Ehefrau des Antragstellers, in Lübeck auf. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens verständigte sich der Antragsteller mit seiner früheren Ehefrau außergerichtlich einvernehmlich über die Ausübung des Umgangs-rechts im Hinblick auf die gemeinsamen Kinder. Entsprechend dieser einvernehmlichen, außergerichtlichen, nicht schriftlich fixierten Umgangsvereinbarung hat der Antragsteller ein regelmäßiges Umgangsrecht mit seinen Töchtern S.M. und H.T. einmal pro Monat am Wochenende, jeweils am Samstag und Sonntag in den Tagstunden in Lübeck.

Der Antragsteller ist seit Längerem beschäftigungslos. Die Bedarfsgemeinschaft des An-tragstellers besteht lediglich aus ihm selbst. Der Antragsteller bezog bis einschließlich 4. April 2005 Arbeitslosengeld (I) in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 30,89 EUR (= monatlich 926,70 EUR). Die tatsächlichen Aufwendungen des Antragstellers für die von ihm in Dresden angemietete 2-Raumwohnung betrugen bis 31. Januar 2006: 395,00 EUR mo-natlich, seit 1. Februar 2006: 375,00 EUR monatlich. Die Antragsgegnerin erbringt dem An-tragsteller seit 5. April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II wie folgt: · mit Bewilligungsbescheid vom vermutlich 8. April 2005 wurde dem Antragsteller Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 5. April 2005 bis 30. April 2005 in Höhe von 718,73 EUR sowie für den Zeitraum vom 1. Mai 2005 bis 31. Juli 2005 in Höhe von 856,82 EUR monatlich bewilligt; dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Re-gelleistung in Höhe von 331,00 EUR, den von der Antragsgegnerin in tatsächlicher Höhe übernommenen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 386,82 EUR und dem befristeten Zuschlag in Höhe von 139,00 EUR; · mit Bewilligungsbescheid vom vermutlich 20. Juli 2005 wurde dem Antragsteller Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis 31. Januar 2006 in Höhe von 865,84 EUR monatlich bewilligt; dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 331,00 EUR, den von der Antragsgegnerin in tatsächlicher Höhe übernommenen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 395,84 EUR und dem befristeten Zuschlag in Höhe von 139,00 EUR; · mit Bewilligungsbescheid vom 17. Januar 2006 wurde dem Antragsteller Arbeitslo-sengeld II für den Zeitraum vom 1. Februar 2006 bis 31. März 2006 in Höhe von 865,84 EUR monatlich, für den Zeitraum vom 1. April 2006 bis 30. April 2006 in Hö-he von 805,84 EUR monatlich sowie für den Zeitraum vom 1. Mai 2006 bis 31. Juli 2006 in Höhe von 796,84 EUR monatlich bewilligt; · mit Änderungsbescheid vom 27. Januar 2006 wurde dem Antragsteller Arbeitslo-sengeld II für den Zeitraum vom 1. Mai 2006 bis 31. Juli 2006 in Höhe von 700,25 EUR monatlich bewilligt; dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Regelleis-tung in Höhe von 331,00 EUR, den von der Antragsgegnerin als angemessen anerkann-ten Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 299,25 EUR und dem befristeten Zuschlag in Höhe von 70,00 EUR; · mit Änderungsbescheid vom 13. Mai 2006 wurde dem Antragsteller Arbeitslosen-geld II für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 31. Juli 2006 in Höhe von 714,25 EUR monatlich bewilligt; dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR, den von der Antragsgegnerin als angemessen anerkannten Kos-ten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 299,25 EUR und dem befristeten Zu-schlag in Höhe von 70,00 EUR.

Zur Wahrnehmung seines Umgangsrechts beabsichtigt der Antragsteller einmal monatlich mit einem ihm von seiner Mutter kostenfrei zur Verfügung gestellten Pkw nach Lübeck und zurück zu reisen, wobei er eine kostenfreie Unterkunft bei einer Bekannten in Bad Segeberg für die Übernachtungen von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag zur Verfügung gestellt erhält. Solche monatlichen Besuche seiner Töchter nahm der An-tragsteller in der Vergangenheit seit dem Jahr 2005 regelmäßig wahr, wobei er zumindest seit dem Jahr 2006 wegen der ihm nur beschränkten finanziellen Mittel das Umgangsrecht nur teilweise oder gar nicht in Anspruch nehmen konnte.

Am 27. Januar 2006 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Fahrtkosten zur Ausübung seines Umgangsrechts mit seinen Töchtern S.M. und H.T ... Zur Begründung führte er aus, dass nach dem Scheitern der Ehe, die Kindsmutter mit sei-nen Töchtern nach Lübeck gezogen sei. Im Scheidungsverfahren sei ihm ein entsprechend ausgestaltetes Umgangsrecht gewährt worden. Diese sehe u.a. den Umgang am Wohnort der Kinder vor. Er fahre zur Zeit aller 2 Monate, von Freitag bis Sonntag, mit einem Pkw nach Lübeck. In Bad Segeberg stehe ihm eine kostenlose Unterkunft zur Verfügung. Auf Grund des letzten Bescheides über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II, vom 17. Januar 2006, sei es ihm nicht mehr möglich, dieses Umgangsrecht wahrzunehmen, weil die finanziellen Mittel dazu fehlen würden. Im Übrigen verwies er auf den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 5. November 2005 zum Aktenzeichen S 23 AS 982/05 ER.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2006 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des An-tragstellers auf Übernahme der Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts ab. Zur Begrün-dung führte sie aus: Die vom Antragsteller beantragte Sonderleistung sei durch die gewähr-te Regelleistung in Höhe von monatlich 331,00 EUR sowie dem befristeten Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 139,00 EUR bzw. 70,00 EUR ab 1. Mai 2006 abgedeckt und stelle nach den vorliegenden Unterlagen auch keinen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes dar. Eine Übernahme der Fahrtkosten sei da-her nicht möglich.

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 17. März 2006 Widerspruch ein, der mit wortwörtlichen Auszüge aus dem Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 5. November 2005 (Az: S 23 AS 982/05 ER) begründet wurde.

Den Widerspruch hat die Antragsgegnerin bislang – soweit ersichtlich – noch nicht be-schieden.

Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2006, der beim Sozialgericht Dresden am 11. Mai 2006 ein-ging, beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht Dresden einstweiligen Rechtsschutz. Der Antrag wurde gleichfalls mit wortwörtlichen Auszüge aus dem Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 5. November 2005 (Az: S 23 AS 982/05 ER) begründet. Neben den Fahrkosten werden ausdrücklich auch Verpflegungskosten begehrt.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller die beantragten Leistungen zur Sicherung des Lebensun-terhaltes nach SGB II zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus: Dem Antragsteller fehle es am nötigen konkreten Anord-nungsanspruch. Über einen Anspruch auf Übernahme der Kosten nach § 23 SGB II könne nicht abschließend entschieden werden, da der Antrag des Antragstellers keinerlei Anga-ben darüber beinhalte, in welcher Höhe die Fahrtkosten in Form von Benzinkosten anfallen würden bzw. um was für einen Pkw es sich handeln würde, mit dem der Antragsteller die Fahrten nach Lübeck durchführen wolle. Außerdem könne allenfalls ein Anspruch bezüg-lich der preiswertesten Verbindung von Dresden nach Lübeck berücksichtigt werden. Die kürzeste Verbindung von Dresden nach Lübeck betrage jedoch entgegen des Vortrages des Antragstellers nicht über 500 km, sondern lediglich 492 km. Des Weiteren ermangele es dem Antragsteller am nötigen Anordnungsgrund. Eine entsprechend notwendige Eilbedürf-tigkeit sei nicht gegeben. Zum einen habe der Antragstellerin bis jetzt die entstehenden Fahrtkosten nicht näher beschreiben und konkretisieren können. Zum anderen nehme der Antragsteller nach eigenen Angaben sein Umgangsrecht nur aller 2 Monate für ein gesam-tes Wochenende wahr, so dass Fahrtkosten lediglich aller 2 Monate anfielen, die lediglich 38,50 EUR bis 46,90 EUR für die einfache Strecke betragen würden. In Anbetracht der Höhe der aktuellen Bewilligung für den Antragsteller sei es dem Antragsteller möglich und zuzumu-ten, diese Kosten bis zu einer abschließenden Entscheidung im Widerspruchsverfahren aus eigenen Mittel zu sichern.

Das Gericht hat zur Sachverhaltsaufklärung vom Antragsteller folgende Unterlagen ange-fordert, die dem Gericht vorgelegt wurden: · Scheidungsurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Lübeck vom 9. Juli 2004 (Az: 124 F 48/03), · Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts – Familiengericht – Lü-beck vom 9. Juli 2004 (Az: 124 F 48/03), · Geburtsurkunden der Töchter S.M. und H.T. vom ... 2000, · Heiratsurkunde vom ... 2000. Darüber hinaus hat das Gericht den Antragsteller mit gerichtlichen Schreiben vom 11. Mai 2005 zur Schilderung des Sachverhaltes aufgefordert. Dem kam der Antragsteller mit Schriftsatz vom 18. Mai 2005 nach. Das Gericht hat des Weiteren die Kontoauszüge des Antragstellers beigezogen. Aus den Kontoauszügen des Antragstellers ergibt sich durchge-hend seit Juni 2005 ein negativer Saldo. Der negative Saldo betrug zuletzt · mit Stand vom 18. April 2006: 750,45 EUR. Zuvor betrug der negative Saldo · mit Stand vom 14. März 2006: 522,50 EUR, · mit Stand vom 7. Februar 2006: 490,38 EUR, · mit Stand vom 5. Januar 2006: 103,09 EUR, · mit Stand vom 2. Dezember 2005: 273,16 EUR, · mit Stand vom 1. November 2005: 480,76 EUR, · mit Stand vom 29. September 2005: 491,99 EUR, · mit Stand vom 17. August 2005: 541,14 EUR, · mit Stand vom 15. Juli 2005: 522,04 und · mit Stand vom 14. Juni 2005: 430,37 EUR.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin mit der Nummer: ... beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezoge-ne Akte sowie die Gerichtsakte und die gewechselten Schriftsätze insgesamt ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig und begründet, so dass ihm stattzugeben war.

Inhaltlich handelt es sich um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanord-nung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die notwendigen Fahrtkosten des Antragstellers zur Aus-übung seines Umgangsrechts mit seinen leiblichen, minderjährigen Töchtern S.M. und H.T. in Form von Geldleistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) an den Antragsteller zu gewähren.

§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG lautet: "Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine sol-che Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint."

Der Antrag hat daher dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein sog. Anordnungsanspruch und ein sog. Anordnungsgrund vorliegen. Für eine vorläufige Entscheidung, d.h. bis zur Entscheidung der Antragsgegnerin über den Widerspruch des Antragstellers vom 17. März 2006 gegen den Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 17. Februar 2006, müssen gewichtige Gründe vorliegen; dies ist der sog. Anordnungsgrund. Er liegt vor, wenn dem Antragsteller wesentliche, insbesondere irreversible Nachteile drohen, die für ihn ein Ab-warten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen und die Regelung zur Verhinderung dieser unzumutbaren Nachteile durch eine Anordnung nötig erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.10.1977, Az: 2 BvR 42/76). Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens liegen in der Sicherung der Entscheidungsfähigkeit und der pro-zessualen Lage, um eine endgültige Rechtsverwirklichung im Hauptsacheverfahren zu er-möglichen. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren will nichts anderes, als allein wegen der Zeitdimension der Rechtserkenntnis und der Rechtsdurchsetzung im Hauptsachever-fahren eine zukünftige oder gegenwärtige prozessuale Rechtsstellung vor zeitüberholenden Entwicklungen sichern (so ausdrücklich: Sächsisches LSG, Beschluss vom 11.02.2004, Az: L 1 B 227/03 KR-ER). Weiterhin muss ein sog. Anordnungsanspruch vorliegen. Dabei muss es sich um einen der Durchsetzung zugänglichen materiell-rechtlichen Anspruch (vgl. Berlit, info also 2005, 3, 7 sowie im Anschluss hieran ausdrücklich: Sächsisches LSG, Beschluss vom 14.04.2005, Az: L 3 B 30/05 AS/ER und Sächsisches LSG, Be-schluss vom 19.09.2005, Az: L 3 B 155/05 AS/ER) des Antragstellers handeln.

Eine einstweilige Anordnung ergeht demnach nur, wenn sie zur Abwendung wesentlicher, nicht wiedergutzumachender Nachteile für den Antragsteller notwendig ist. Dabei hat der Antragsteller wegen der von ihm geltend gemachten Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 202 SGG, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO), also Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, glaubhaft zu machen.

1.

Der Antragsteller hat den Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er hat glaubhaft dargelegt und nachgewiesen, dass ihm durch ein Zuwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache wesentliche Nachteile drohen. Die tatsächliche und kontinuierliche Ausübung seines Um-gangsrechts mit seinen leiblichen Töchtern S.M. und H.T. ist auf Grund der finanziellen Situation des Antragstellers nicht gesichert. Er übt sein Umgangsrecht bereits seit Anfang des Jahres 2006 kaum noch aus, weil seine finanziellen Reserven erschöpft sind. Das ihm keinerlei finanzielle Mittel zur Ausübung des Umgangsrechts zur Verfügung stehen, hat der Antragsteller glaubhaft durch Offenlegung seiner finanziellen Verhältnisse nachgewie-sen; sein Girokonto befindet sich seit Monaten im negativen Saldo, wobei bereits mehrfach die von der Bank eingeräumte Kreditlinie von 500,00 EUR überschritten wurde; weiter Ver-mögenswerte sind nicht vorhanden. Gegenstand des Verfahrens sind zudem Leistungen der Grundsicherung, die garantieren sollen, dass der Anspruchsberechtigte ein menschenwür-diges, existenzsicherndes Leben führen kann. Aus diesem Grund kann dem Antragsteller – entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin – nicht zugemutet werden, sich bis zur Ent-scheidung über den Widerspruch mit einem geringeren Lebensunterhalt zu begnügen, wenn er einen Anspruch darauf mindestens glaubhaft gemacht hat. Hinzu kommt als weite-re und insoweit den existenzsichernden Charakter der begehrten Leistung unterstützende, Erwägung, dass das Umgangsrecht des Antragstellers mit seinen leiblichen Töchtern S.M. und H.T. kontinuierlich durchzuführen ist. Müsste der Antragsteller eine Entscheidung über seinen Widerspruch und im Fall einer – nach den Einlassungen der Antragsgegnerin nahe liegenden Zurückweisung des Widerspruchs – sich anschließenden Klage in der Hauptsache abwarten, könnten möglicherweise Jahre vergehen. Ein derartiges Abwarten ist dem Antragsteller im Hinblick auf sein grundrechtlich garantiertes Recht aus Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) nicht zumutbar, weil dieses Grundrecht sonst im Ergebnis leer laufen würde. Dem Gericht ist daher nicht nachvollziehbar, auf Grund welcher Erwä-gungen die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis gelangen kann, dass für den einstweiligen Rechtsschutzantrag kein Anordnungsgrund bestehen solle. Das – wie bereits betont konti-nuierlich durchzuführende – Umgangsrecht ermöglicht dem nichtsorgeberechtigten und erst recht sorgeberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Absprache fort-laufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (vgl. dazu ausdrücklich: BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.10.1994, Az: 1 BvR 1197/93 und BVerwG, Urteil vom 22.08.1995, Az: 5 C 15/94). Aus diesen Gründen kann der Antragsteller nicht darauf verwiesen werden, sein Umgangsrecht mangels finanzieller Mittel solange zurückzustellen, bis die Antragsgegnerin über den Widerspruch und das Gericht in der Hauptsache über eine sich voraussichtlich anschließende Klage entschieden hat.

2.

Dem Antragsteller steht entgegen der Rechtsansicht der Antragsgegnerin auch ein Anord-nungsanspruch zu, weil er Anspruch auf die begehrte vorläufige Gewährung der notwendi-gen Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts mit seinen Töchtern S.M. und H.T. hat.

Anspruchsgrundlage für das Begehren des Antragstellers ist § 23 Abs. 1 Satz 1 des Zwei-ten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Diese Vorschrift lautet: Kann im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster (dazu sogleich unter a) und nach den Umständen unab-weisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts (dazu sogleich unter b) weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 (SGB II) (dazu sogleich unter c) noch auf andere Weise gedeckt werden (dazu sogleich unter d), erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen (dazu sogleich unter e).

Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor, soweit die notwendigen Fahrkosten zur Ausübung des Umgangsrechtes vom Antragsteller begehrt werden.

Hierbei ist zunächst Folgendes zu berücksichtigen: Bereits unter Geltung des bis zum 31. Dezember 2004 geltenden BSHG war anerkannt, dass die hier streitigen Kosten zur Wahr-nehmung des Umgangsrechts als Teil der Sozialhilfe – Hilfe zum Lebensunterhalt – vom zuständigen Sozialhilfeträger zu übernehmen waren (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.08.1995, Az: 5 C 15/94). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.10.1994, Az: 1 BvR 1197/93) hat klargestellt, dass das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils unter dem Schutz von Art 6 Abs. 2 GG steht (Hinweis auch auf die Entscheidung des BVerfG vom 31.05.1983, Az: 1 BvL 11/80); nichts anderes gilt für das Umgangsrecht des sorgeberechtigten Elternteils. Nach dieser Rechtsprechung gehörten die durch die Wahrnehmung des Umgangsrechts entstehenden Kosten zu einem sozialhilfe-rechtlich anzuerkennenden Bedarf, der im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt zu erfül-len war. Diese Rechtsprechung ist auch unter Geltung des SGB II fortzusetzen (so aus-drücklich und zutreffend: Sächsisches LSG, Beschluss vom 21.03.2006, Az: L 3 B 303/05 AS-ER; LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 14.03.2006, Az: L 7 AS 363/05 ER; Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 25.08.2005, Az: L 10 B 217/05 AS ER; LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 28.04.2005, Az: L 8 AS 57/05 ER; VG Bre-men, Urteil vom 10.03.2006, Az: S 3 K 379/05; SG Oldenburg, Urteil vom 17.11.2005, Az: S 45 AS 430/05; SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; SG Stuttgart, Beschluss vom 22.09.2005, Az: S 17 AS 5846/05 ER; SG Berlin, Urteil vom 02.08.2005, Az: S 63 AS 1311/05; SG Münster, Beschluss vom 22.03.2005, Az: S 12 AS 18/05 ER; SG Schleswig, Beschluss vom 09.03.2005, Az: S 2 AS 52/05 ER). Allerdings muss hierbei berücksichtigt werden, dass die Kosten des Umgangsrechts als nicht durch die Regelsatzleistungen abgegolten angesehen wurden. Er wurde deshalb – je nach Lage des Einzelfalls – als einmaliger oder besonderer Bedarf angenommen, für den einmalige Leistungen nach § 21 Abs. 1 bzw. 1a Nr. 7 (besondere Anlässe) BSHG oder besondere Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG in Betracht kamen. Eine derartige Betrach-tungsweise kann zwar unter der Geltung des SGB II nicht mehr angestellt werden, weil dieses entsprechende Leistungen dem Grunde nach nicht mehr vorhält. Denn durch die Regelleistung des § 20 SGB II werden grundsätzlich sämtliche laufenden und auch einma-ligen Bedarfe abgegolten; das Arbeitslosengeld II ist eine pauschalierte Regelleistung; Mehrbedarfe sind nur für bestimmte Fallgestaltungen in § 21 SGB II vorgesehen. Ein-schlägig ist im vorliegenden Fall jedoch § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Diese Regelung stellt klar, wie zu verfahren ist, wenn im Einzelfall ein von den Regelsätzen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden kann. Soweit das für diesen Fall zur Ansparung vorgesehene Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II im Einzelfall nicht oder nicht in ausreichender Höhe zur Verfügung steht und der Leistungsberechtigte vorrangig auch nicht auf eine andere Bedarfsdeckung wie z.B. auf Gebrauchtwarenlager und auf Kleiderkammern verwiesen werden kann, erbringt der Leistungsträger bei Nach-weis des unabweisbaren Bedarfs eine Sachleistung oder Geldleistung in Form eines Darle-hens (so die amtliche Gesetzesbegründung, vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 53).

a)

Da die Regelleistung des § 20 SGB II praktisch den gesamten Bedarf des Lebensunterhalts umfasst, sind dem Grunde nach abweichende Leistungen für alle Bedarfstatbestände des notwendigen Lebensunterhalts denkbar (vgl. Hofmann in: Münder, Lehr- und Praxiskom-mentar zum SGB II, 1. Auflage 2005, § 23, Rn. 6; zutreffend in diesem ausdrücklichen Sinn: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 25.08.2005, Az: L 10 B 217/05 AS ER; LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 28.04.2005, Az: L 8 AS 57/05 ER; SG Oldenburg, Urteil vom 17.11.2005, Az: S 45 AS 430/05; SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; SG Speyer, Beschluss vom 23.08.2005, Az: S 10 ER 178/05 AS). Die hier begehrten Fahr- und Verpflegungskosten sind dem Grunde nach in der Regelleistung des § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II enthalten. Die Vorschrift lautet: Die Re-gelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Klei-dung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts unterfallen thematisch und strukturell am nahesten den "Be-ziehungen zur Umwelt" und damit den persönlichen sozialen Außenkontakten der Hilfebe-dürftigen (ebenso ausdrücklich: SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; SG Münster, Beschluss vom 22.03.2005, Az: S 12 AS 18/05 ER; Kalhorn in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, Stand: März 2006, K § 20, Rn. 16; Lang in: Ei-cher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 20, Rn. 60; Behrend in: JURIS-Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 23, Rn. 29.1; zur parallelen Vorschrift des § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB XII so auch ausdrücklich: SG Reutlingen, Beschluss vom 20.04.2005, Az: S 3 SO 780/05 ER; zur früher parallelen Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 2 BSHG so auch ausdrücklich: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.03.1990, Az: 24 A 2758/86; zwar von § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfasst, allerdings nicht konkret zugeordnet bspw.: LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 14.03.2006, Az: L 7 AS 363/05 ER; LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 28.04.2005, Az: L 8 AS 57/05 ER; SG Ol-denburg, Urteil vom 17.11.2005, Az: S 45 AS 430/05; SG Speyer, Beschluss vom 23.08.2005, Az: S 10 ER 178/05 AS; SG Schleswig, Beschluss vom 09.03.2005, Az: S 2 AS 52/05 ER; anderer Ansicht [also nicht von den Regelleistungen nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst, so dass § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II lediglich analog anzuwenden sei]: Thüringer LSG, Beschluss vom 15.06.2005, Az: L 7 AS 261/05 ER; wiederum anderer Ansicht [also nicht von den Regelleistungen nach § 20 Abs. 1 SGB II umfasst, so dass § 20 Abs. 1 SGB II lediglich analog anzuwenden sei]: SG Stuttgart, Beschluss vom 22.09.2005, Az: S 17 AS 5846/05 ER; offen gelassen: Sächsisches LSG, Beschluss vom 21.03.2006, Az: L 3 B 303/05 AS-ER). Zudem ist die Aufzählung in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II ohnehin nicht erschöpfend, wie das Wort "insbesondere" zeigt, so dass ein expliziter Ausschluss der Kos-ten zur Ausübung des Umgangsrechts von den mit der Regelleistung typisierend und pau-schalierend abgedeckten Bedarfslagen nicht festgestellt werden kann.

b)

Bei der im Falle des Antragstellers entstehenden Höhe der durch die Wahrnehmung des Umgangsrechts entstehenden Fahr- und Verpflegungskosten in Höhe von monatlich 137,00 EUR wird offensichtlich, dass die Regelleistungen zur Bedarfsdeckung nicht ausrei-chen.

Der Antragsteller hat insofern glaubhaft vorgetragen, dass bei den Fahrten nach Lübeck (und wieder zurück nach Dresden) im Monat ein Bedarf von etwa 117,00 EUR sowie für Ver-pflegung und Freizeitgestaltung für die Kinder im Monat ein bedarf von etwa 20,00 EUR ent-steht. Dies belegt anschaulich, dass die dem Antragsteller zustehende Regelleistung in Hö-he von 331,00 EUR monatlich (§ 20 Abs. 2 Alt. 2 SGB II) zur Bedarfsdeckung nicht ausreicht, obwohl der zeitweise Umgang eines Vaters zu seinen minderjährigen Kindern zum not-wendigen und unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts gehört. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist der Bedarf des Antragstellers unabweisbar, weil die Ausübung des Umgangsrechts wegen ihrer Kontinuität nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden kann; der Lebensbedarf ist immer dann unabweisbar, wenn der er-werbsfähige Hilfebedürftige keine Möglichkeit hat, die Befriedigung des Bedarfs auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben (so zutreffend: Wenzel in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl. 2005, § 23 SGB II, Rn. 3; Kalhorn in: Hauck/Noftz, Kom-mentar zum SGB II, Stand: März 2006, K § 20, Rn. 9; Hofmann in: Münder, Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 23, Rn. 7; Schmidt in: Oestreicher, Kom-mentar zur Sozialhilfe und Grundsicherung für Arbeitsuchende, Stand: Juni 2005, § 23 SGB II, Rn. 16; Behrend in: JURIS-Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 23, Rn. 29; Wieland in: Estelmann, Kommentar zum SGB II, Stand: Juli 2005, § 23, Rn. 11; Gerenkamp in: Mergler/Zink, Kommentar zum SGB II, Stand: Juli 2005, § 23, Rn. 5). Da eine grundsätzliche Kostendeckelung für die hier streitigen Kosten zur Ausübung des Um-gangsrechts aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zulässig ist (so ausdrücklich und zutreffend: LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 28.04.2005, Az: L 8 AS 57/05 ER; SG Stuttgart, Beschluss vom 22.09.2005, Az: S 17 AS 5846/05 ER; SG Münster, Be-schluss vom 22.03.2005, Az: S 12 AS 18/05 ER; SG Schleswig, Beschluss vom 09.03.2005, Az: S 2 AS 52/05 ER unter Hinweis auf: BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.10.1994, Az: 1 BvR 1197/93 und BVerfG, Beschluss vom 31.05.1983, Az: 1 BvL 11/80), muss eine zusätzliche Geldleistung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II erbracht wer-den (so ausdrücklich und zutreffend: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 25.08.2005, Az: L 10 B 217/05 AS ER; LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 28.04.2005, Az: L 8 AS 57/05 ER; SG Oldenburg, Urteil vom 17.11.2005, Az: S 45 AS 430/05; SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; SG Münster, Beschluss vom 22.03.2005, Az: S 12 AS 18/05 ER; vermutlich auch: Sächsisches LSG, Beschluss vom 21.03.2006, Az: L 3 B 303/05 AS-ER). Wie bereits ausgeführt, stehen die in § 1684 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelten Rechte und Pflichten des Umgangs der Eltern mit dem Kind unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Die-sem Anspruch von Verfassungsrang ist auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsu-chende Rechnung zu tragen; schon mit Blick auf die verfassungsrechtliche Relevanz des Umgangsrechts ist auch hier zu beachten, dass die Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung mittels Ausübung des Besuchsrechts im Einzelfall nicht unzumutbar erschwert oder fak-tisch vereitelt werden darf. Zu berücksichtigen ist insoweit ferner, dass der berechtigte El-ternteil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Unterhaltsrecht die mit der Wahrnehmung des Umgangsrechts verbundenen Aufwendungen grundsätzlich selbst zu tragen hat und sie regelmäßig weder auf das unterhaltsberechtigte Kind noch den unterhaltsberechtigten Ehegatten abwälzen kann (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.1984, Az: IVb ZR 52/82; BGH, Urteil vom 09.11.1994, Az: XII ZR 206/92; BGH, Urteil vom 23.02.2005, Az: XII ZR 56/02); dabei werden im Übrigen unterhaltsrechtlich zu den Um-gangskosten nicht nur die Fahrtkosten, sondern auch die sonstigen mit den Kontakten ver-bundenen angemessenen Aufwendungen, also beispielsweise auch die Übernachtungs- und Verpflegungskosten, gerechnet (vgl. BGH, Urteil vom 23.02.2005, Az: XII ZR 56/02). Der Antragsteller kann deshalb – entgegen der Behauptungen der Antragsgegnerin – die Be-darfslage der Ausübung des Umgangsrechts zu seinen minderjährigen, in über 500 km Ent-fernung von ihm untergebrachten Töchtern weder aufschieben, noch kann er die Kosten auf die Kinder oder gar die leibliche Mutter abwälzen. Es handelt sich daher um eine atypi-sche Bedarfslage: Während bei Ausübung des väterlichen Umgangsrechts innerhalb einer Ortschaft die Fahrtkosten aus den im Regelsatz enthaltenen Kosten für die Benutzung öf-fentlicher Verkehrsmittel bestritten werden können, ist dies bei verschiedenen Wohnorten der getrenntlebenden oder geschiedenen Eltern regelmäßig nicht der Fall.

Zwar sind an die abweichende Bemessung zu Gunsten des Hilfesuchenden hohe Anforde-rungen zu stellen. Die pauschale Behauptung, dass Mehrkosten entstehen würden, reicht nicht aus. Fahrtkosten, die in Ausübung des Umgangsrechts mit einem Kind entstehen, erfüllen jedoch diese Voraussetzungen. Zwar gehören Fahrtkosten grundsätzlich zu den Ausgaben, die durch den Regelsatz abgegolten sind. Zusätzliche Kosten, die ein durch Art. 6 GG verfassungsrechtlich fundiertes Gewicht erhalten, sind jedoch zusätzlich zu den Regelsätzen zu gewähren (so auch zutreffend: SG Reutlingen, Beschluss vom 20.04.2005, Az: S 3 SO 780/05 ER; im Ergebnis ebenso: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 25.08.2005, Az: L 10 B 217/05 AS ER; LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 28.04.2005, Az: L 8 AS 57/05 ER; SG Oldenburg, Urteil vom 17.11.2005, Az: S 45 AS 430/05; SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; LSG Schleswig, Beschluss vom 08.08.2005, Az: L 9 B 158/05 SO-ER; LSG Baden-Württemberg, Be-schluss vom 17.08.2005, Az: L 7 SO 2117/05 ER-B; SG Berlin, Urteil vom 02.08.2005, Az: S 63 AS 1311/05).

Zwar ist das erkennende Gericht nach wie vor der Auffassung, dass sich die Gewährung von Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts durch die Träger der Leistungen zur Grund-sicherung für Arbeitsuchende nicht nur auf die notwendigen, sondern auch auf die ange-messenen Kosten beschränken (vgl. dazu bereits ausführlich: SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; vgl. auch: SG Stuttgart, Beschluss vom 22.09.2005, Az: S 17 AS 5846/05 ER). Das Kriterium der Angemessenheit der zu übernehmenden Kos-ten ergibt sich dabei zum einen aus dem Tatbestandsmerkmal der Unabweisbarkeit des atypischen Bedarfs in § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II und zum anderen aus dem Tatbestands-merkmal des "vertretbaren Umfangs" der Beziehungen zur Umwelt in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Darüber hinaus ist nach Ansicht des erkennenden Gerichts der Grundsatz zu be-achten, dass die Leistungen nach dem SGB II lediglich Hilfe zur Selbsthilfe vermitteln und dem Hilfebedürftigen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II obliegt, alle Möglichkeiten auszu-schöpfen, seine Hilfebedürftigkeit zu verringern. Die Umstände des jeweiligen Einzelfalles sind hinsichtlich des individuellen Kostenumfangs und damit der Angemessenheit der Kos-ten zur Ausübung des Umgangsrechts zu berücksichtigen. Dieses Erfordernis bezieht sich dabei sowohl auf die Höhe der Kosten, als auch auf das Maß des Umgangs (vgl. dazu be-reits ausführlich: SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER). Um das erforderliche Maß des Umgangs festzustellen, sind alle das Eltern-Kind-Verhältnis bestimmenden Umstände zu würdigen. Als Umstände des Einzelfalles sind dabei in den Blick zu nehmen: Alter, Entwicklung und Zahl der Kinder, Intensität ihrer Bindung zum Umgangsberechtigten, Einstellung des anderen Elternteils zum Umgangsrecht, insbesonde-re Vorliegen und Inhalt einverständlicher Regelungen, Entfernung der jeweiligen Wohnor-te beider Elternteile und Art der Verkehrsverbindungen (so bereits unter Geltung des BSHG: BVerwG, Urteil vom 22.08.1995, Az: 5 C 15/94; ebenso ausdrücklich im Bereich des SGB II: Behrend in: JURIS-Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 23, Rn. 26).

Nach diesen Maßstäben kann im vorliegenden Fall allerdings weder das Maß des Um-gangs, welches der Antragsteller lediglich einmal monatlich am Wochenende auszuüben beabsichtigt, unter dem Aspekt der Angemessenheit beanstandet werden. Insofern spre-chen sowohl das Alter der Kinder S.M. und H.T. (jeweils knapp 5 ½ Jahre), als auch die große Entfernung (über 500 km), vor allem und maßgeblich jedoch auch die außergericht-liche einvernehmlich zwischen den Eltern zum Kindswohl abgesprochene Umgangsver-einbarung für die Angemessenheit des auszuübenden Umgangsrechts des Antragstellers. Mit der Berücksichtigung einer einverständlichen Regelung zwischen den geschiedenen Eltern über den Umfang des Umgangsrechts durch den nichtsorgeberechtigten Elternteil tragen die Behörden und Gerichte nämlich dem Umstand Rechnung, dass sich aus der fort-bestehenden Verantwortung gegenüber dem Kinde die Pflicht der geschiedenen Eltern er-gibt, die regelmäßig mit der Scheidung für die Entwicklung des Kindes verbundene Schä-digung nach Möglichkeit zu mildern und eine vernünftige, den Interessen entsprechende Lösung für seine Pflege und Erziehung sowie seine weiteren persönlichen Beziehungen zu den nunmehr getrenntlebenden Eltern zu finden (so ausdrücklich: BVerfG, Kammerbe-schluss vom 25.10.1994, Az: 1 BvR 1197/93). Davon wird eine einverständliche Regelung des Umfangs des Umgangsrechts regelmäßig bestimmt und geprägt sein. Eine andere Be-urteilung ist lediglich dann gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine solche freie Vereinbarung der Eltern hinsichtlich des Umfangs des Umgangs-rechts missbräuchlich dazu genutzt werden soll, dass der – nicht hilfebedürftige – sorgebe-rechtigte Elternteil seine Unterhaltspflicht teilweise auf den Sozialhilfeträger verschiebt (so ausdrücklich: BVerfG, Kammerbeschluss vom 25.10.1994, Az: 1 BvR 1197/93). Solche Anhaltspunkte sind jedoch im vorliegenden Sachverhalt weder ersichtlich, noch von der Antragsgegnerin dezidiert vorgetragen.

Aber auch hinsichtlich der Höhe der vom Antragsteller begehrten Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts ist das erkennende Gericht von der Angemessenheit überzeugt. Wirk-lich preiswertere Alternativen zur Fahrt mit einem kostenfrei von der Mutter des An-tragstellers dem Antragsteller zur Verfügung gestellten privaten Pkw sind nicht erkennbar. Weder Fahrten mit dem doch relativ teuren öffentlichen Verkehrsmitteln der Deutschen Bahn AG noch die Nutzung von Mitfahrgelegenheiten (vgl. dazu ausführlich: SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER) dürften nennenswerte finanzielle Er-sparnisse bringen. Auch im Übrigen ist der Antragsteller seiner Obliegenheit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, seine Hilfebedürftigkeit zu verringern und dem Gebot, lediglich angemessene Kosten zu verursachen, die im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II unabweisbar und im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 vertretbar sind, bereits nachgekommen, indem er die sich ihm bietende Gelegenheit der kostenfreien Übernach-tung bei einer Bekannten in Bad Segeberg sowie die sich ihm bietende Gelegenheit der kostenfreien Pkw-Zurverfügungstellung durch seine Mutter nutzt und damit weitere Kos-ten zur Ausübung seines Umgangsrechts vermeidet. Insofern muss allerdings Berücksich-tigung finden, dass durch die Nutzung der kostenfreien Unterkunft in nicht direkter Nähe seiner Töchter in Lübeck weitere, unvermeidbare Fahrten mit dem Pkw anfallen.

Unter Zugrundlegung einer Entfernung zwischen Dresden und Lübeck von ca. 525 km (vgl. gerichtliche Recherche im Routenplaner unter www.falk.de) und zwischen Lübeck und Bad Segeberg von ca. 30 km (vgl. gerichtliche Recherche im Routenplaner unter www.falk.de), die auf Grund der Übernachtungen von Freitag auf Samstag und von Sams-tag auf Sonntag zweimal anfällt, sind als angemessene Entfernungskilometer 585 km anzu-sehen. Grundsicherungsrechtlich nach dem SGB II sind dabei pro Entfernungskilometer jeweils 0,20 EUR zu Grunde zu legen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung); unter Berücksichtigung des Kriteriums der Angemessenheit nimmt das Gericht deshalb davon Abstand pro Entfernungskilometer 0,30 EUR zu Grunde zu legen (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG).

Die angemessenen Fahrkosten sind deshalb auf 117,00 EUR monatlich zu veranschlagen. Da-bei ist zu berücksichtigen, dass sich die Fahrkosten nicht nur aus reinen Benzinkosten zu-sammensetzen, wie die Antragsgegnerin Glauben machen will, sondern, dass auch der fahrbedingte Verschleiß und Reparaturaufwand der durch die Benutzung des Fahrzeuges entsteht, in angemessener Weise berücksichtigt werden muss. Gerade vor diesem Hinter-grund ist es berechtigt auf die Entfernungspauschale des § 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b Ar-beitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung, die derartige Abnutzungen berücksichtigt, zu-rückzugreifen.

Als zu berücksichtigende Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts kommen die vom An-tragsteller begehrten Verpflegungskosten in angemessener Höhe für die Verköstigung und Freizeitgestaltung seiner beiden minderjährigen Töchter während der Zeit der Ausübung des Umgangsrechts in Lübeck hinzu. Das erkennende Gericht legt hierfür in Übereinstim-mung mit den bisherigen gerichtlichen Entscheidungen zu diesem Teilkostenaspekt einen Betrag in Höhe von 5,00 EUR pro Kind und pro Besuchstag zu Grunde (so auch: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 25.08.2005, Az: L 10 B 217/05 AS ER; VG Bremen, Urteil vom 10.03.2006, Az: S 3 K 379/05). Dieser Betrag entspricht in etwa dem Anteil am Sozialgeld nach § 28 SGB II für die noch keine 14 Jahre alten Kindern, die in den alten Bundesländern vom Antragsteller zur Ausübung seines Umgangsrechts besucht werden, (§§ 28 Satz 3 Nr. 1 Alt. 1, 20 Abs. 2 Alt. 1 SGB II: 207,00 EUR monatlich = ca. 6,90 EUR täg-lich) der Bereiche Nahrung (38 %), Freizeit, Unterhaltung, Kultur (11 %), Nachrichten-übermittlung, Verkehr (6 %), Gaststättendienstleistungen (3 %) und Wohnung, Strom (8 %). Damit können pro Monat für 2 Tage für jeweils 2 Kinder Kosten in Höhe von 20,00 EUR als angemessen erachtet werden.

c)

Gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II muss der Antragsteller seinen unabweisbaren Sonderbe-darf zur Ausübung des Umgangsrechts in Höhe der angemessenen Kosten von 137,00 EUR monatlich grundsätzlich zwar durch Einsatz des (einmaligen) Ansparfreibetrages nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 EUR, selbst decken. Über diesen Ansparfreibetrag verfügt der Antragsteller ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge allerdings nicht, so dass eine teilweise Eigendeckung im vorliegenden Fall nicht möglich ist. Denn auf eine fiktive, gleichgültig ob in der Vergangenheit möglich oder unmöglich bildbare, Ansparleis-tung kann der Hilfebedürftige nicht verwiesen werden (so bspw. ausdrücklich zutreffend: Mester, ZfF 2005, 265, 268; Hofmann in: Münder, Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 23, Rn. 8; Kruse in: Kruse/Reinhardt/Winkler, Kommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 23, Rn. 7).

d)

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin kann der Antragsteller seinen Zusatzbedarf für die Kosten der Ausübung des Umgangsrechts nicht im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II "auf andere Weise" decken.

Soweit die Antragsgegnerin bereits im Ablehnungsbescheid vom 17. Februar 2006 meint, die vom Antragsteller begehrte Sonderleistung könne durch Einsatz des befristeten Zu-schlages nach § 24 SGB II gedeckt werden, vermag sich das erkennende Gericht dem nicht anzuschließen. Zwar wird – vereinzelt und ohne jegliche Begründung – auch in der Kom-mentarliteratur zum SGB II vertreten, dass unter die Möglichkeit im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II den Bedarf auf andere Weise zu decken, die Verpflichtung des Hilfebedürf-tigen fällt, den Zuschlag nach § 24 SGB II vorrangig für den zusätzlichen Bedarf einzuset-zen (so lediglich ohne jegliche Begründung: Kalhorn in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, Stand: März 2006, K § 23, Rn. 10). Hierfür könnte zwar der insoweit weite und offene Wortlaut und damit die semantische Interpretation der Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II sprechen. Dagegen spricht jedoch sowohl die systematische als auch die teleologische Interpretation. Unter gesetzessystematischer Betrachtungsweise ist aus der expliziten Erwähnung des Vermögensansparfreibetrages nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II kein Erst-Recht-Schluss, wie die Antragsgegnerin dies andeutet, sondern vielmehr ein Umkehrschluss zu ziehen. Da § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausdrück-lich nur den Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II als vorrangig einzusetzen, verpflichtet und daher andere von § 12 SGB II geschützte Vermögensbestandteile nicht zur Bedarfsdeckung einzusetzen sind (vgl. dazu deutlich: Lang in: Eicher/Spellbrink, Kom-mentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 23, Rn. 19; Wenzel in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Aufl. 2005, § 23 SGB II, Rn. 3; Kalhorn in: Hauck/Noftz, Kom-mentar zum SGB II, Stand: März 2006, K § 20, Rn. 10; Schmidt in: Oestreicher, Kommen-tar zur Sozialhilfe und Grundsicherung für Arbeitsuchende, Stand: Juni 2005, § 23 SGB II, Rn. 17; Hofmann in: Münder, Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 23, Rn. 8), legt dies nahe, dass eine Anrechnung von geschütztem Einkommen nicht vor-gesehen ist, weil sich diesbezüglich kein entsprechender Hinweis im Gesetzestext des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II finden lässt und geschütztem Vermögen die gleiche Funktion wie geschütztem Einkommen zukommt (so auch zutreffend: Schmidt in: Oestreicher, Kom-mentar zur Sozialhilfe und Grundsicherung für Arbeitsuchende, Stand: Juni 2005, § 23 SGB II, Rn. 17). Eine Anrechnung des befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II steht zudem unter Berücksichtigung der teleologischen Interpretation im Widerspruch zur Funktion diese Zuschlags, "der in vertretbarem Umfang einen Teil der Einkommenseinbußen abfe-dern soll, die in der Regel beim Übertritt in die neue Leistung entstehen werden" (so aus-drücklich in der Gesetzesbegründung zu § 24 SGB II: BT-Drs. 15/1516, S. 58). Dieser Zweck des Zuschlags nach § 24 SGB II, die Absenkung auf das Niveau des Arbeitslosen-geldes II sozialverträglicher zu machen, spricht dagegen, auf diesen Dämpfungseffekt aus-gerechnet dann zu verzichten, wenn ein schon vom Normalfall abweichender Sonderbedarf im Sinne des § 23 Abs. 1 SGB II auftritt und den Hilfebedürftigen dadurch ein Leben mit dem Existenzminimum nach dem SGB II ohnehin schon erschwert ist (in diesem Sinne ausdrücklich und zutreffend: Rothkegel in: Gagel, Kommentar zum SGB III mit SGB II, Stand: Dezember 2005, § 23, Rn. 19). Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich ebenfalls kein Anhaltspunkt dafür, dass der Hilfebedürftige seinen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II einzusetzen hätte. Der Gesetzgeber führte lediglich aus, dass eine Bedarfsdeckung "auf andere Weise" durch Verweis des Leistungsberechtigten "z.B. auf Gebrauchtwarenla-ger und auf Kleiderkammern" erfolgen könne (BT-Drs. 15/1516, S. 57), weil – so wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt – "kein Anspruch auf fabrikneue Gegenstände" beste-he (BT-Drs. 15/1516, S. 57). Damit unterstellt der Gesetzgeber aber nicht – wie die Be-klagte vermutlich erneut meint – das Fehlen jeglicher finanzieller Mittel, sondern bringt lediglich zum Ausdruck, dass es im Falle des Fehlens des Ansparfreibetrages nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II – der korrespondierend "mit der Konzeption der Regelleistung, die künftig alle pauschalierbaren Leistungen im Rahmen der von der Regelleistung zu decken-den Bedarfe umfasst" (BT-Drs. 15/1516, S. 53), da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass "der Leistungsberechtigte aus dieser Regelleistung Ansparungen für größere Anschaffun-gen, wie z.B. für Haushaltsgeräte oder den Wintermantel, erbringt" (BT-Drs. 15/1516, S. 53) – zulässig sein soll, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auf Sachleistungen zu ver-weisen. Ein Erst-Recht-Schluss aus dieser Gesetzesbegründung ist nicht begründbar, denn auch derjenige erwerbsfähige Hilfebedürftige, der eine Waschmaschine, einen Kühl-schrank oder einen Wintermantel "erneuern" muss, kann nicht auf sonstige "bereite Mittel" – wie es die Antragsgegnerin vermutlich erneut meint – verwiesen werden, wenn diese bereiten Mittel, solche sind, die dem Schonvermögen (außerhalb von § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II) oder dem geschützten, anrechnungsfreien Einkommen oder dem Ausgleich zum Übertritt in das Leistungssystem durch Abfederung sozialer Härten zugehörig sind. Hätte der Gesetzgeber mit der Formulierung "noch auf andere Weise gedeckt" in § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II das Fehlen "jeglicher bereiter Mittel" gemeint, dann hätte er dies, wenn schon nicht mit Wortlaut der Norm selbst, dann wenigstens in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebracht.

Darüber hinaus ist im konkreten Fall des Antragstellers ohnehin zu berücksichtigen, dass der befristete Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 70,00 EUR monatlich seit Mai 2006 zum einen deshalb nicht ausreicht um den zusätzlichen, monatlich erneut anfallenden Zu-satzbedarf zur Ausübung des Umgangsrechts in Höhe von 137,00 EUR zu decken, weil dieser Sonderbedarf höher ist als der befristete Zuschlag. Und zum anderen kann der befristete Zuschlag in Höhe von monatlich 70,00 EUR auch deshalb nicht (wenigstens teilweise) als einsatzbereit der Bedarfsdeckung dienen, weil der Antragsteller den Zuschlag bereits zum Ausgleich der Differenz zwischen seinen tatsächlichen monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 375,00 EUR und den von der Antragsgegnerin seit Mai 2006 bewil-ligten nur noch angemessenen monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 299,25 EUR benötigt. Der befristete Zuschlag des Antragstellers steht zur Deckung des Sonderbedarfs zur Ausübung des Umgangsrechts mit seinen beiden minderjährigen Töch-tern mithin bereits nicht als einsatzbereit zur Verfügung.

e)

Die Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind dem Wortlaut der Norm zu Folge le-diglich als Darlehen zu erbringen. Allerdings erscheint problematisch, dass dieses Darle-hen gem. § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an den Antragsteller zu zahlenden Regelleistung zu tilgen ist. Im Hin-blick auf die Höhe der zu gewährenden Leistungen könnte darin möglicherweise ein Ver-fassungsverstoß liegen, weil der Antragsteller dann durch die Ausübung seines durch Art 6 Abs. 2 GG geschützten Umgangsrechts auf Dauer finanziell nachteilig behelligt wird (so ausdrücklich und zutreffend: LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 28.04.2005, Az: L 8 AS 57/05 ER; SG Münster, Beschluss vom 22.03.2005, Az: S 12 AS 18/05 ER; im Ergebnis ebenso: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 25.08.2005, Az: L 10 B 217/05 AS ER; VG Bremen, Urteil vom 10.03.2006, Az: S 3 K 379/05; SG Oldenburg, Urteil vom 17.11.2005, Az: S 45 AS 430/05; SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; SG Stuttgart, Beschluss vom 22.09.2005, Az: S 17 AS 5846/05 ER).

Aus diesem Grund wird in der bisherigen Rechtsprechung zum SGB II vorgeschlagen, dass die SGB II-Leistungserbringer, wenn die Leistungen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II für längere Zeit – etwa mehr als 1 Jahr – zu zahlen sind, prüfen müssen, ob im Wege der Er-messensausübung von einer Aufrechnung abzusehen ist, weil im Wege verfassungskon-former Auslegung unter Berücksichtigung der Regelung in § 37 Abs. 2 SGB XII und § 44 SGB II dazu Anlass bestehen könnte (so ausdrücklich: Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 25.08.2005, Az: L 10 B 217/05 AS ER; LSG Niedersachsen/Bremen, Be-schluss vom 28.04.2005, Az: L 8 AS 57/05 ER; SG Oldenburg, Urteil vom 17.11.2005, Az: S 45 AS 430/05; SG Lüneburg, Beschluss vom 11.08.2005, Az: S 30 AS 328/05; an-gedeutet auch bei: SG Aurich, Urteil vom 16.06.2005, Az: S 13 SO 18/05; ebenso: Mün-der, NJW 2004, 3209, 3212; Däubler, NJW 2005, 1545, 1546; Schmidt in: Oestreicher, Kommentar zur Sozialhilfe und Grundsicherung für Arbeitsuchende, Stand: Juni 2005, § 23 SGB II, Rn. 31; Rothkegel in: Gagel, Kommentar zum SGB III mit SGB II, Stand: Dezember 2005, § 23, Rn. 41).

Das erkennende Gericht hält diesen Lösungsvorschlag nicht nur für "notbehelfsmäßig" (so ausdrücklich: Geiger, info also 2005, 147) sondern für unzureichend, weil die verfassungs-rechtliche Problematik verschoben und nicht gelöst wird (so bereits: SG Dresden, Be-schluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; im Ergebnis ebenso: SG Stuttgart, Be-schluss vom 22.09.2005, Az: S 17 AS 5846/05 ER; VG Bremen, Urteil vom 10.03.2006, Az: S 3 K 379/05). Die besondere Problematik im vorliegenden Sachverhalt liegt darin begründet, dass der vom Antragsteller aufzuwendende, unabweisbare, von der Regelleis-tung – in seinem speziellen Fall – nicht hinreichend gedeckte Bedarf nicht nur einmaliger oder vorübergehender, sondern dauerhafter Natur ist. Das Umgangsrecht ist, soll es seine verfassungsrechtlich gewährleisteten Funktionen erfüllen, kontinuierlich und dauerhaft auszuüben. Die dauerhafte Bedarfsunterdeckung des Antragstellers wird durch eine Ge-währung des verfassungsrechtlich verbürgten unabweisbaren Zusatzbedarfs als Darlehen lediglich zeitlich verschoben, was zukünftig lediglich zu neuer Bedarfsunterdeckung führt und den Antragsteller in eine "Schuldenspirale" treibt, was kaum dem Sozialstaatsgebot und dem rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen kann (vgl. zu derar-tigen Bedenken insoweit auch ausdrücklich: Herold-Tews in: Löns/Herold-Tews, SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende, 1. Aufl. 2005, § 23, Rn. 11; O’Sullivan, SGb 2005, 369, 371; Faber, NZS 2005, 75, 79; Däubler, NJW 2005, 1545, 154; Berlit, info also 2003, 195, 202; Lang in: Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 23, Rn. 64; Rothkegel in: Gagel, Kommentar zum SGB III mit SGB II, Stand: Dezember 2005, § 23, Rn. 39 – 42; SG Stuttgart, Beschluss vom 22.09.2005, Az: S 17 AS 5846/05 ER; VG Bre-men, Urteil vom 10.03.2006, Az: S 3 K 379/05), denn der Hilfebedürftige muss auch in der Tilgungsphase Mittel für andere Anschaffungen ansparen können, um sein Existenzmini-mum decken zu können. In einem solchen Fall bedarf es daher einer Öffnungsklausel, die die nachteiligen zur dauerhaften Bedarfsunterdeckung führenden Folgen vermindert. Eine solche existiert im Bereich der Sozialhilfe nach dem SGB XII in § 28 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SGB XII. Nach dieser Vorschrift werden Bedarfe abweichend (von den Regelsätzen) fest-gelegt, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Die Voraussetzungen dieser Norm liegen im Falle des Antragstellers vor, weil sein notwendiger und angemessener Be-darf zur Ausübung des Umgangsrechts mit seinen über 500 km entfernt wohnenden min-derjährigen Kindern in Höhe von monatlich 137,00 EUR erheblich von einem durchschnittli-chen, von den Regelleistungen umfassten Bedarf abweicht. Unter Geltung des verfassungs-rechtlichen Gleichbehandlungsgebots ist nicht ersichtlich, weshalb der mit § 28 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SGB XII im Bereich der Sozialhilfe gewährleistete Mindeststandard im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht gelten soll (in dieser Richtung zutreffend: Däubler, NZS 2005, 225, 231; Bieback, NZS 2005, 337, 339; O’Sullivan, SGb 2005, 369, 372; Löschau, DAngVers 2005, 20, 28; ähnlich: SG Schleswig, Beschluss vom 09.03.2005, Az: S 2 AS 52/05 ER; Münder, NJW 2004, 3209, 3212; Brühl, info also 2004, 104, 108; Brünner in: Münder, Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 20, Rn. 22 – 24; Lang in: Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 20, Rn. 120; vgl. zu den Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts diesbezüglich auch deutlich: SG Stuttgart, Beschluss vom 22.09.2005, Az: S 17 AS 5846/05 ER; SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; VG Bremen, Urteil vom 10.03.2006, Az: S 3 K 379/05). Wenn für verfassungsrechtlich relevante Sonderbedarfe im Sozialhilfe-recht eine Abweichung von der Regelleistung möglich ist, muss dieser Mindeststandard (zur Struktur der verfassungsrechtlich motivierten Mindeststandardargumentation – im Hinblick auf eine fehlende Härteklausel – vgl. unlängst: BSG, Urteil vom 09.12.2004, Az: B 7 AL 30/04 R; BSG, Urteil vom 09.12.2004, Az: B 7 AL 44/04 R; BSG, Urteil vom 09.12.2004, Az: B 7 AL 56/04 R; BSG, Urteil vom 27.01.2005, Az: B 7a/7 AL 34/04 R; BSG, Urteil vom 17.03.2005, Az: B 7a/7 AL 68/04 R; BSG, Urteil vom 17.03.2005, Az: B 7a/7 AL 78/04 R; BSG, Urteil vom 03.05.2005, Az: B 7a/7 AL 84/04 R; BSG, Urteil vom 25.05.2005, Az: B 11a/11 AL 51/04 R; BSG, Urteil vom 25.05.2005, Az: B 11a/11 AL 73/04 R) auch im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende gewährleistet sein, wes-halb die Gewährung eines bloßen Darlehens unzureichend und verfassungsrechtlich unzu-länglich ist (in dieser Richtung auch: O’Sullivan, SGb 2005, 369, 372; Rothkegel in: Ga-gel, Kommentar zum SGB III mit SGB II, Stand: Dezember 2005, § 23, Rn. 42; vgl. zu den Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts diesbezüglich auch deutlich: SG Stuttgart, Beschluss vom 22.09.2005, Az: S 17 AS 5846/05 ER; SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; VG Bremen, Urteil vom 10.03.2006, Az: S 3 K 379/05). Vor diesem Hintergrund kommt das erkennende Gericht im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller den zusätzlichen, unabweisba-ren, anderweitig nicht gedeckten Sonderbedarf zur Ausübung des Umgangsrechts im Wege verfassungskonformer Auslegung der Rechtsfolge des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht lediglich als Darlehen, sondern als Zuschuss in analoger Anwendung der Rechtsfolge des § 28 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SGB XII zu gewähren hat (so bereits: SG Dresden, Beschluss vom 05.11.2005, Az: S 23 AS 982/05 ER; für einen Zuschuss in Fällen der Kosten zur Ausübung des Umgangsrechts sprachen sich zwischenzeitlich – allerdings nicht auf der Grundlage von § 23 Abs. 1 SGB II, sondern auf der Grundlage des § 20 Abs. 1 SGB II analog – gleichfalls aus: SG Stuttgart, Beschluss vom 22.09.2005, Az: S 17 AS 5846/05 ER; VG Bremen, Urteil vom 10.03.2006, Az: S 3 K 379/05; angesprochen, aber offenge-lassen von: SG Münster, Beschluss vom 22.03.2005, Az: S 12 AS 18/05 ER).

f)

Das dem Antragsteller unter II. des Beschlusstenors auferlegte Nachweiserfordernis folgt aus § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach die abweichende Leistungserbringung "bei entspre-chendem Nachweis" zu gewähren ist. Dem Nachweiserfordernis wird der Antragsteller durch schriftliche Bestätigung der wahrgenommenen Umgangsrechtstermine durch die Kindsmutter und Vorlage der Belege für Tankquittungen, Verpflegungskosten und Freizeitgestaltungswahrnehmung (bspw. von Eintrittskarten für die vom Antragsteller ange-sprochenen Besuche im Zoo und in Spaßbädern) unproblematisch nachkommen können.

Die Dauer der getroffenen einstweiligen Anordnung (6 Monate) entspricht § 41 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 SGB II, wonach die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes jeweils für 6 Monate bewilligt werden sollen. Gerechnet ab Mai 2005 endet dieser Zeit-raum mit Ablauf des 31. Oktober 2006.

Die der Antragsgegnerin auferlegte monatliche Vorleistungsverpflichtung entspricht § 41 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 SGB II, wonach die Leistungen zur Sicherung des Lebensunter-haltes monatlich im Voraus erbracht werden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und folgt der Entscheidung über den vorläufigen Rechtsschutzantrag. Eine Kostengrundentscheidung ist auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu treffen (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Aufl. 2002, § 86b, Rn. 17 und § 193, Rn. 2; Zeihe, Kommentar zum SGG, Stand: April 2003, § 86b, Rn. 37f). Da der Antragsteller weder einen bezifferten Antrag noch einen solchen gestellt hat, der über den Beschlusstenor hinausgeht, kann das Gericht ein teilweises Unterliegen, mit der Folge der Bildung einer Kostenquote, nicht erkennen.
Rechtskraft
Aus
Saved