L 10 KA 22/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 205/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KA 22/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.04.2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch im zweiten Rechtszug die Gerichtskosten und die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des der Klägerin erteilten Abrechnungsbescheides für das Quartal 3/2001 vom 23.01.2002.

Die Klägerin ist als Ärztin für Allgemeinmedizin in C niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Bei der Honorarfestsetzung für das Quartal 3/2001 legte die Beklagte für die Klägerin ein maximal zulässiges Punktzahlvolumen i.H.v. 579.289,3 Punkten zu Grunde. Sie ging ferner von einem erlaubten Zuwachs der Praxis bis zum Fachgruppendurchschnitt (612.066 Punkte) aus. Der dem Individualbudget unterliegende anerkannte Leistungsbedarf der Klägerin belief sich auf 233.130 Punkte. Unter Zugrundelegung einer Fachgruppenquote in Höhe von 92,2291 % ermittelte die Beklagte daraus ein individuelles Punktzahlvolumen von 215.013,7 Punkten.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Quotierung des anerkannten Leistungsbedarfs anstelle des Individualbudgets verstoße gegen die Bestimmungen des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Beklagten und sei daher unzulässig.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2002 zurück. Die Regelungen des HVM seien rechtmäßig. Nach § 7 Abs. 2 HVM bedinge der feste Punktwert von 10 Pfg., gemessen an der jeweils zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung, ein sich quartalsweise änderndes individuelles Punktzahlvolumen je Arzt/Praxis. Die sich hieraus ergebende Quotierung sei fachgruppenbezogen entsprechend der Honorartöpfe vorzunehmen.

Mit ihrer Klage vom 01.09.2002 hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und erklärt, sie wende sich ausschließlich gegen die Begrenzung des abrechenbaren Punktzahlvolumens durch Anwendung der Fachgruppenquote auf den anerkannten Leistungsbedarf.

Die Klägerin hat beantragt,

den Quartalskonto/Abrechnungsbescheid der Beklagten für das Quartal 3/2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2002 in Bezug auf die Begrenzung des abrechenbaren Punktzahlvolumens gemäß § 7 HVM aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über die Honorarfestsetzung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 27.04.2005 abgewiesen. Es hat den HVM, auf dem der angefochtene Honorabescheid beruht, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG) für rechtmäßig erachtet und zur Frage der Anwendung der Fachgruppenquote ausgeführt: "Der angefochtene Abrechnungsbescheid ist aber auch nicht im Hinblick auf die Anwendung der sogenannten Fachgruppenquote zu beanstanden. § 7 Abs. 2 Sätze 3 und 4 HVM in der im streitbefangenen Quartal geltenden Fassung sah vor, dass der feste Punktwert von 10 Pfennigen, gemessen an der jeweils zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung, ein sich quartalsweise änderndes individuelles Punktzahlvolumen je Arzt/Praxis bedingt und die sich hieraus ergebende Quotierung fachgruppenbezogen entsprechend der Honorartöpfe vorzunehmen ist. Auf der Grundlage dieser Regelung hat die Beklagte zu Recht für die Praxis der Klägerin ein reduziertes individuelles Punktzahlvolumen ermittelt. Zuzugeben ist der Klägerin zwar, daß die genannte Regelung insoweit mißverständlich war, als - anders als in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung des § 7 HVM (Rheinisches Ärzteblatt 1/2002, S. 70, 79) - nicht ausdrücklich klargestellt war, daß sich die Anwendung der Fachgruppen-Quote auf den anerkannten Leistungsbedarf und nicht auf das nach den Regelungen des § 7 HVM ermittelte maximal abrechenbare Punktzahlvolumen jeder Praxis bezieht. Dies folgt nach Auffassung der Kammer jedoch mit hinreichender Deutlichkeit aus der Systematik der Regelungen des HVM und insbesondere dem Zusammenhang mit den übrigen Regelungen der Honorarverteilung. Nach dem Verständnis der Kammer stellen die Regelungen des § 7 HVM nicht vorrangig eine Reduzierung der mit 10 Pfennigen bzw. 5,11 Cent zu vergütenden, abrechenbaren Punkte dar, sondern im Ergebnis nichts anderes als die Berechnung eines individuellen Punktwertes für den anerkannten Leistungsbedarf, der, soweit der Arzt das für seine Praxis maximal abrechenbare Punktzahlvolumen nicht überschreitet, der sogenannten Fachgruppen-Quote entspricht und im Falle einer Überschreitung eine entsprechende Reduzierung erfährt, ausgewiesen als praxisindividuielle Quote. Bei der Berechnung der Quoten ist dabei der in den Regelungen des § 7 HVM zu Grunde gelegte Punktwert von 10 Pfennigen lediglich eine Rechengröße, nicht aber ein zugesagter fester Punktwert für die im Rahmen des maximalen Punktzahlvolumens abgerechneten Punkte. Unabhängig von der in § 7 Abs. 2 HVM erwähnten unterschiedlichen Höhe der jeweils zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung ergeben sich in den jeweiligen Arztgruppen von dem Punktwert von 10 Pfennigen abweichende Punktwerte bereits aus der Bildung von arztgruppenbezogenen Honorartöpfen gem. § 6 Abs. 4 HVM. Die Fachgruppen-Quote entspricht demnach lediglich dem sich aus der Topfbildung für jede Arztgruppe ergebenden Punktwert, der vor allem beeinflußt wird durch Änderungen der Leitungsmengen gegenüber dem entsprechenden Bezugszeitraum. Im Rahmen der Ermittlung des individuellen Punktwertes jeder Praxis erweist sich die dem Punktwert einer Arztgruppe entsprechende Fachgruppenquote daher ihrerseits nur als ein Berechnungsfaktor. Eine Vergütung der innerhalb des maximal abrechenbaren Punktzahlvolumens abgerechneten Punkte mit einem Punktwert oberhalb der Fachgruppen-Quote hat § 7 HVM der Beklagten jedoch auch in der hier maßgeblichen Fassung ersichtlich nicht vorsehen wollen und vorgesehen. Dementsprechend hat auch das Bundessozialgericht in den bereits genannten Entscheidungen die Vorgehensweise der Beklagten in Bezug auf die Fachgruppen-Quotierung nicht beanstandet und hierzu ausgeführt, rechtlich unbedenklich sei gleichfalls die Kombination von Individualbudgets und floatendem Element, die durch die in § 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 HVM geregelte Quotierung des für den einzelnen Arzt zulässigen Punktzahlvolumens entsprechend dem im jeweiligen Honorartopf zur Verfügung stehenden Honorarvolumen zur Gewährung eines Punktwerts von 10 Pfennigen vorgenommen worden sei. Der Einwand, die Quotierung bewirke eine ungerechtfertige Reduzierung der zu vergütenden Punkte, treffe nicht zu. Durch die Quotierung werde lediglich nominell die Punktzahl verringert, damit für die so verminderte Punktzahl dann ein Punktwert von 10 Pfennigen gewährt werden könne." Mit ihrer gegen das am 19.05.2005 zugestellte Urteil am 20.06.2005 eingelegten Berufung hat die Klägerin vorgetragen, Gegenstand der fachgruppenbezogenen Quotierung sei nicht der anerkannte Leistungsbedarf, sondern das maximal zulässige Punktzahlvolumen. Dies ergebe sich aus dem HVM der Beklagten in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung. In dieser Fassung beziehe sich die in § 7 Abs. 2 HVM geregelte Fachgruppenquote eindeutig auf das Individualbudget und nicht auf den anerkannten Leistungsbedarf. Gleichwohl habe die Beklagte den anerkannten Leistungsbedarf um die Fachgruppenquote gekürzt; dies sei somit ohne Rechtsgrundlage geschehen, der Honorarbescheid sei deshalb rechtswidrig. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den vom SG zitierten Urteilen des BSG; auch das BSG sei davon ausgegangen, dass sich die Fachgruppenquote auf das Individualbudget beziehe. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass alle unterhalb des Individualbudgets abrechnenden Ärzte von der Quotierung mit der Folge erfasst würden, dass das anerkannte Leistungsvolumen in keinem Fall mehr zur Gänze (d.h. mit Punktwert 10 Pfennig) vergütet werde. Würde dagegen die Quote an das Individualbudget angelegt, würden wenigstens diejenigen Ärzte mit einem Punktwert von 10 Pfennig vergütet, die ihre Leistungsmengen nicht nur unter das Individualbudget, sondern auch unter die Quote gesenkt hätten. Es würden nur die Vielabrechner zum Defizitausgleich herangezogen und zu einer Leistungsmengenreduktion bzw. einer Anpassung der Leistungsmenge an die verfügbare Geldmenge angehalten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.04.2005 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Abrechnungsbescheides für das Quartal 3/2001 vom 23.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2002 in Bezug auf die Begrenzung des abrechenbaren Punktzahlvolumens gemäß § 7 HVM zu verurteilen, über die Honorarfestsetzung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückweisen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie der Prozessakten des SG Düsseldorf - S 33 KA 267/01 und S 33 KA 31/02 - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht beschwert. Sie hat keinen Anspruch auf Neubescheidung, denn die Beklagte hat das individuelle Punktzahlvolumen der Klägerin zutreffend und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise mit 215.013,7 Punkten ermittelt.

Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Ergänzend ist auszuführen: Seit 01.07.1999 erhält jede vertragsärztliche Praxis - mit Ausnahme der im Einzelnen aufgeführten Bereiche - ein individuelles Leistungsbudget (Punktzahlengrenzwert); Abrechnungspunktzahlen, die diese Grenze überschreiten, werden nicht vergütet, § 7 Abs. 1 HVM (vom 17.04.1999 - Rheinisches Ärzteblatt (Rh. Ärztebl.) 6/99, S. 57 ff -, vom 07.08.1999 - Rh. Ärztebl. 9/99, S. 59 ff -, vom 27.11.1999 - Rh. Ärztebl. 1/00, S 59 ff -, vom 13.05.2000 - Rh. Ärztebl. 6/00, S. 75 ff -, vom 25.11.2000 - Rh. Ärztebl. 1/01, S. 116 ff - und vom 05.05.2001 - Rh. Ärztebl. 6/01, S. 93 ff). § 7 Abs. 2 HVM in der ab 01.07.2001 geltenden Fassung (HVM vom 05.05.2001, a.a.O.) bestimmt - wie bereits die Fassungen vom 13.05.2000 und 25.11.2000 zuvor -:

"Der nach Abs. 1 verbleibende Honoraranteil einer jeden Praxis wird mit dem Faktor 10 multipliziert und ergibt das je Arzt bzw. je Praxis zulässige Punktzahlvolumen. Über das individuell ermittelte Punktzahlvolumen hinausgehend abgerechnete Punktzahlen werden nicht vergütet. Der feste Punktwert von 10 Pfg bedingt, gemessen an der jeweils zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung, ein sich quartalsweise änderndes individuelles Punktzahlvolumen je Arzt/Praxis. Zur Berücksichtigung, dass Primär- und Ersatzkassen unterschiedlich hohe Anteile in die Honorarverteilung einbringen, werden praxisindividuelle Verteilungspunktwerte ermittelt und angewendet. Es ergeben sich von 10 Pfennig abweichende praxisindividuelle Punktwerte nach Primär- und Ersatzkassen. Die sich hieraus ergebende Quotierung ist fachgruppenbezogen entsprechend der Honorartöpfe vorzunehmen."

Diesen Regelungen ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - schon vom Wortlaut her nicht zu entnehmen, dass sich die fachgruppenbezogene Quotierung regelhaft auf das nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HVM ermittelte maximal zulässige bzw. abrechenbare Punkzahlvolumen zu beziehen hat. Einem solchen Verständnis steht bereits - wie auch das SG zutreffend ausgeführt hat - die Systematik der HVM-Regelungen entgegen. Die Fachgruppenquote ist das Ergebnis einer Verhältnisrechnung zwischen tatsächlich erbrachter Gesamtleistung der Fachgruppe und dem im jeweiligen Honorartopf zur Verfügung stehenden Honorarvolumen. Dementsprechend kann die Fachgruppenquote als reiner Berechungsfaktor für die Ermittlung des individuellen Punktzahlvolumens nach § 7 Abs. 2 HVM auch nur auf die tatsächlich erbrachte und anerkannte Leistungsmenge des Vertragsarztes bezogen werden. Die Regelung in § 7 Abs. 2 S. 4 HVM in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung vom 24.11.2001 (Rh. Ärtzebl. 1/02, S. 70) "Wird das maximale abrechenbare Punktzahlvolumen im Abrechnungsquartal unterschritten, tritt die abgerechnete Leistungsmenge an die Stelle des maximal abrechenbaren Punktzahlvolumens" stellt deshalb auch keine Änderung der Rechtslage dar, sondern kann nur als Klarstellung für die Fälle verstanden werden, in denen die erbrachte Leistung in Punkten unter dem maximal zulässigen Punktzahlvolumen liegt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Urteilen des BSG vom 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 R und B 6 KA 76/03 R -. Dort stellte sich die von der Klägerin aufgeworfene Frage schon deshalb nicht, weil in diesen Rechtsstreitigkeiten der Umfang der von den Vertragsärzten erbrachten Leistungen über (und nicht unter) dem maximal zulässigen Punktzahlvolumen lag und damit auch keine weitergehende Differenzierung erforderlich war.

Auch die weiteren Ausführungen der Klägerin, unterhalb des maximal zulässigen Punktzahlvolumens abrechenden Vertragsärzten seien ihre Leistungen zur "Gänze", d.h. mit einem Punktwert von 10 Pfg., zu vergüten und es seien lediglich Vielabrechner einer Quotierung zu unterwerfen, um diese zu einer Leistungsmengenreduktion anzuhalten, führen zu keiner anderen Beurteilung, insbesondere nicht zur Rechtswidrigkeit der strittigen HVM-Regelungen. Diese sehen durch die Quotierung im Ergebnis eine - in Beziehung zum eigenen Leistungsvolumen stehende - für jeden Vertragsarzt der Fachgruppe gleiche prozentuale Beteiligung an den Schwankungen des Honorartopfs, sei es aufgrund von Leistungsbedarfssteigerungen der Fachgruppe oder aufgrund Veränderungen der zur Verteilung zur Verfügung stehenden Gesamtvergütung, vor und entsprechen damit dem Gebot der Verteilungsgerechtigkeit. Für eine andere Verteilung gibt es keinen Ansatz. Da die Höhe des vertragsärztlichen Honorars im Wesentlichen durch Umfang und Ausmaß der ärztlichen Tätigkeit bestimmt wird, ist auch kein zu rechtfertigender Grund dafür ersichtlich, Ärzten, die ihre Tätigkeit begrenzen bzw. nicht ausweiten und infolge dessen deutlich unter dem Durchschnitt abrechnen, gerade deshalb für ihre Tätigkeit einen höheren Punktwert und damit letztlich ein höheres Honorar zuzubilligen. Unterdurchschnittlich abrechnenden Vertragsärzten ist es hingegen unbenommen, ein angemessenes Honorar durch Steigerung der Leistung (bis zum Fachgruppendurchschnitt), durch Qualität und Attraktivität ihrer Behandlung oder durch bessere Organisation ihrer Praxis zu erzielen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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