Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
28
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 9 AL 25/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 AL 109/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 26. Februar 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von ESF-Unterhaltsgeld nach der ESF-Richtlinie (Richtlinie für die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds mitfinanzierte zusätzliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Bereich des Bundes vom 20. Januar 2000, BAnz 2000 Nr. 22 S. 1529) und damit verbunden die Erstattungspflicht des Klägers streitig.
Der 1947 geborene, in G wohnhafte und arbeitslose Kläger war von Oktober 1990 bis zum 20. Dezember 1995 als Zahnarzt selbständig tätig und ab 1992 Mitglied in einer privaten Krankenversicherung.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 14. September 2000 die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung für Nichtleistungsempfänger für den Zeitraum vom 18. September 2000 bis zum 15. Dezember 2000. Auf Blatt 2 des Antragsvordrucks bestätigte er durch seine Unterschrift, dass er das Merkblatt 6 "Förderung der beruflichen Weiterbildung" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen hat. Ausweislich eines BEWA-Vermerks der Beklagten wurde ihm das ESF-Merkblatt ausgehändigt und er über die ESF-Förderung informiert.
Der Kläger reichte ein Schreiben der U Krankenversicherung AG S (UKV) vom 19. September 2000 zu den Verwaltungsvorgängen, in welchem die Krankenkasse die Annahme des Antrages auf Abschluss eines Versicherungsvertrages bestätigte. Ausweislich dieses Schreibens war am 1. Oktober 2000 ein Beitrag in Höhe von 2.274,86 DM und am 1. November 2000 ein Beitrag in Höhe von 1.137,43 DM fällig.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 18. September 2000 bis zum 17. Dezember 2000 ESF-Unterhaltsgeld in Höhe von monatlich 1.110,00 DM. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nur übernommen werden könnten, wenn Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Versicherung ablehnten.
Am 20. Oktober 2000 reichte der Kläger ein Schreiben der K Krankenkasse (K) zu den Verwaltungsakten, in welchem die K bestätigte, dass keine Möglichkeit der freiwilligen Versicherung des Klägers bei der K zum 19. September 2000 bestehe.
Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 für den Zeitraum vom 18. September 2000 bis zum 15. Dezember 2000 gem. § 4 Abs. 4 ESF-Richtlinie Beiträge für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 1.137,43 DM. In dem Bescheid heißt es, der Kläger sei ohne Aufforderung verpflichtet, jede Änderung in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf die Leistung erheblich sei, dem Arbeitsamt unverzüglich mitzuteilen. In der Folgezeit überwies die Beklagte auf das im Antrag angegebene Konto des Klägers Nr. bei der Sparkasse S-N-C insgesamt den Betrag von 3.412,16 DM (Überweisungsbetrag am 1. November 2000 DM 2.767,69 und am 29. November 2000 DM 1.754,47 davon 1.110,00 DM ESF- Unterhaltsgeld).
Am 2. November 2000 beantragte der Kläger bei der A C Krankenversicherung den Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages ab dem 1. November 2000 zu einem monatlichen Beitrag in Höhe von 795,17 DM. In dem Antragsformular gab der Kläger an, er sei bis zum 1. November 2000 bei der K gesetzlich krankenversichert gewesen.
Am 6. Dezember 2000 teilte die U der Beklagten telefonisch auf deren Nachfrage mit, dass ein Krankenversicherungsvertrag mit dem Kläger nicht zustande gekommen sei. Die U bestätigte schriftlich unter dem 4. Januar 2001, sie sei wegen Nichtzahlung der Erstprämie gemäß § 38 VVG von dem Krankenversicherungsvertrag zurückgetreten.
Mit Bescheid vom 10. April 2001 hob die Beklagte, nachdem sie den Kläger zuvor angehört hatte, die Bewilligung von Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 18. September 2000 bis zum 15. Dezember 2000 unter Hinweis auf das Nichtzustandekommen des Versicherungsvertrages mit der U auf. Da der Kläger auch die Abführung von Beiträgen zu einer anderen Krankenversicherung nicht nachgewiesen habe, sei die Bewilligung gem. § 81 SGB III i.V.m. § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 4 Abs. 4 der ESF-Richtlinie mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben.
Die Verpflichtung zur Erstattung der Leistungen in Höhe von 3.412,16 DM (=1.744,61 EUR)folge aus § 50 SGB X.
Hiergegen legte der Kläger am 11. Mai 2001 bei der Beklagten Widerspruch ein und reichte eine Forderungsaufstellung der A C unter anderem betreffend Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Monate November und Dezember 2000 und Januar 2001 sowie Kontoauszüge des Kontos des Klägers Nr. bei der Sparkasse S-N vom 8. Februar 2001 zu den Verwaltungsakten. Der Kläger behauptete, er habe die von der Beklagten überwiesenen Beträge für Luxusaufwendungen ausgegeben und sei in Höhe von 5.894,71 DM entreichert, was einer Rückzahlung entgegenstünde. In einem Telefongespräch mit der Beklagten am 13. Dezember 2001 gab der Kläger an, im streitigen Zeitraum nicht krankenversichert gewesen zu sein und deshalb auch keine Nachweise erbringen zu können.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2002 als unbegründet zurück. Sie führte zur Begründung aus, der Kläger habe trotz mehrfacher Aufforderung keinen Nachweis über die Entrichtung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum vom 18. September bis zum 17. Dezember 2000 erbringen können, weshalb der Bewilligungsbescheid gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III aufzuheben gewesen sei. Auf Vertrauen könne sich der Kläger nicht berufen, weil er gewusst habe, dass der Versicherungsvertrag mit der U nicht wirksam zustande gekommen sei und ihm deshalb die Erstattungen der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht zugestanden hätten.
Daraufhin hat der Kläger unter dem 15. Januar 2002 bei dem Sozialgericht Cottbus Klage erhoben und vorgetragen, er sei im streitigen Zeitraum bei der A C Krankenversicherungs-AG krankenversichert gewesen. Die Beklagte habe die Krankenversicherungsbeiträge auf das Konto Nr. bei der Sparkasse S-N überwiesen, diese habe jedoch die Krankenversicherungsbeiträge trotz vereinbartem Lastschrifteinzug nicht an die Krankenkasse weitergeleitet, sondern rechtswidrig für eigene Zwecke einbehalten, obwohl er die Bank darauf aufmerksam gemacht habe, dass die Beiträge auf jeden Fall an die Krankenkasse weiterzuleiten seien. Das rechtswidrige Verhalten der Bank sei ihm jedoch nicht anzulasten. Ihm sei weder bekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen, dass er nicht krankenversichert war.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2002 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen und ergänzend vorgetragen, der Kläger sei ausweislich des BEWA- Vermerks vom 14. September 2000 über die Voraussetzungen für den Anspruch auf ESF-Leistungen durch das Merkblatt 6 und das ESF-Merkblatt informiert gewesen. Der Kläger habe in einem Telefonat bestätigt, dass er während der Zeit der Maßnahme nicht krankenversichert gewesen sei und keine Nachweise für die Abführung der Beiträge vorlegen könne. Da der Kläger Kenntnis davon gehabt habe, dass kein Versicherungsvertrag bestanden habe, sei der Bewilligungsbescheid vom 24. Oktober 2000 von Anfang an rechtswidrig.
Im sozialgerichtlichen Verfahren hat der Kläger Kontoauszüge seines Kontos Nr. bei der Sparkasse S-N zu den Gerichtsakten gereicht.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Februar 2004 abgewiesen. Dem Kläger sei bereits bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom 24. Oktober 2000 bekannt gewesen, dass er für den Zeitraum vom 18. September 2000 bis 17. Dezember 2000 nicht bei einem privaten Versicherungsunternehmen freiwillig kranken- und pflegeversichert gewesen sei. Er habe deshalb auch gewusst, dass er auf die ihm bewilligten Leistungen keinen Anspruch gehabt habe. Der Kläger habe einen Vertrag mit der A C ab dem 1. November 2000 mit einem monatlichen Beitrag in Höhe von nur 795,17 DM abgeschlossen nachdem der Vertrag mit der U gem. § 38 VVG gekündigt worden war, tatsächlich sei ihm durch die Beklagte jedoch ein monatlicher Beitrag in Höhe von 1.137,43 DM erstattet worden. Der Kläger habe über die von der Beklagten auf Konto des Klägers Nr. bei der Sparkasse S-N überwiesenen Leistungen anderweitig verfügt, so dass die S die Lastschrift der A C mangels Deckung nicht ausgeführt habe, ohne dass der S hieraus ein Vorwurf gemacht werden könne. Der Kläger könne sich auch nicht auf Entreicherung berufen, weshalb die Erstattungsforderung der Beklagten aus § 50 Abs. 1 SGB X gerechtfertigt sei.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30. April 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. Mai 2004 Berufung eingelegt.
Der Kläger macht geltend, bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 45 SGB X sei seine Entreicherung im Rahmen des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen. Er habe entgegen den Feststellungen des Sozialgerichts bei Erhalt der Leistungen nicht gewusst, dass er hierauf keinen Anspruch gehabt habe. Auch habe er die Weiterleitung der ihm auf das Konto Nr. von der Beklagten überwiesenen Beträge nicht vereitelt, vielmehr habe die kontoführende Sparkasse die Weiterleitung entgegen des ihr erteilten Lastschriftauftrages nicht ausgeführt, weshalb die Beklagte ihre Forderung gegen die S richten müsse.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 26. Februar 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Das Gericht hat vom Kläger – erfolglos - eine Kopie des Versicherungsvertrages mit der U sowie das Rücktrittschreiben dieser Versicherung angefordert.
Auf Nachfrage des Gerichts hat die A C am 7. September 2005 mitgeteilt, dass für den Kläger im Zeitraum vom 1. November 2000 bis zum 15. Dezember 2000 Versicherungsschutz im Rahmen einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung bestanden habe. Zwar seien die Beiträge in Höhe von monatlich 587,63 DM zunächst von Kläger nicht überwiesen worden, am 31. Juli 2001 sei das Beitragskonto des Klägers jedoch durch das Sozialamt mit Wirkung zum 1. November 2000 ausgeglichen worden.
Auf gerichtliche Anforderung hat die Stadtverwaltung Cottbus, Sozialamt, Kopien des den Kläger betreffenden Schriftverkehrs mit der A C übersandt.
Die K hat mitgeteilt, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt bei ihr versichert gewesen sei.
Die U hat auf Anforderung des Gerichts den zwischen ihr und dem Kläger geführten Schriftwechsel bezüglich der Nichtzahlung der Beiträge zu den Gerichtsakten gereicht. Hieraus ist ersichtlich, dass die U im Dezember 2000 von dem mit dem Kläger abgeschlossenen Versicherungsvertrag zurückgetreten ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten zur Stammnummer verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Cottbus hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Klage gegen den Bescheid vom 10. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2002 ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Aufhebung der Bewilligung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bescheides ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X -. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ergibt sich aus § 8 der ESF-Richtlinie, wonach für die Durchführung dieser Richtlinie das SGB X entsprechend gilt, soweit die Besonderheit dieser Richtlinie nicht entgegenstehen.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Der Verwaltungsakt soll gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden, soweit
1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen vorsätzlich oder grobfahrlässig nicht nachgekommen ist,
3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde oder
4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch Kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Die Bewilligung der Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 enthält einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, weil sich die Bewilligung über einen gewissen Zeitraum erstreckt.
Der Bewilligungsbescheid vom 24. Oktober 2000 war im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig, weil zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 ESF-Richtlinie vorlagen. Eine Rücknahme gem. § 45 SGB X, der das Vorliegen eines bei seinem Erlass rechtswidrigen Verwaltungsaktes voraussetzt, scheidet deshalb aus. Vielmehr ist § 48 SGB X auch dann anwendbar, wenn eine nachträgliche Entwicklung mit Rückwirkung wie hier dazu führt, dass sich die getroffene – zunächst rechtmäßige – Regelung sich als rechtswidrig erweist (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 33).
Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Erstattung von Kosten für eine Kranken- und Pflegeversicherung lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 24. Oktober 2000 vor. Rechtsgrundlage ist § 4 Abs. 4 S. 1 der ESF-Richtlinie. Hiernach können für Bezieher von ESF-Unterhaltsgeld, deren Schutz im Krankheits- oder Pflegefall nicht anderweitig sichergestellt ist, die Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung sowie für eine Pflegeversicherung bei einem Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung übernommen werden. Nach Satz 2 können in begründeten Einzelfällen die Kosten für eine entsprechende private Kranken- und Pflegeversicherung übernommen werden, wenn durch den Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ein Versicherungsschutz nicht gewährleistet werden kann.
Dem Kläger wurde durch Bescheid vom 17. Oktober 2000 Unterhaltsgeld nach den Bestimmungen der ESF-Richtlinie für den Zeitraum vom 18. September 2000 bis zum 17. Dezember 2000 gewährt.
Ein Versicherungsschutz durch einen Träger der gesetzlichen Kranken- oder Pflegeversicherung konnte nicht gewährleistet werden. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der K in welchem diese bestätigte, dass keine Möglichkeit der freiwilligen Versicherung des Klägers bei der K zum 19. September 2000 bestanden habe.
Der Kläger gehörte damit zu dem Personenkreis, deren Kosten für eine private Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 ESF-Richtlinie übernommen werden konnten. Im Bewilligungszeitpunkt hatte der Kläger auch Kosten für eine solche Versicherung, denn zu diesem Zeitpunkt bestand ein wirksamer Versicherungsvertrages mit der U, aufgrund dessen der Kläger zur Zahlung der monatlichen Beiträge in Höhe von 1.137,43 DM verpflichtet war, denn zu diesem Zeitpunkt war die U noch nicht vom Krankenversicherungsvertrag zurückgetreten.
Da zum Bewilligungszeitpunkt mithin alle Voraussetzungen gem. § 4 Abs. 4 ESF-Richtlinie vorlagen, war der Bescheid vom 24. Oktober 2000 zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig.
Die Aufhebung des bei seinem Erlass rechtmäßigen Bewilligungsbescheides gem. § 48 Abs. 1 SGB X setzt eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, voraus. Wesentlich bedeutet in diesem Zusammenhang rechtserheblich und ist nach dem der Bewilligung zugrunde liegenden materiellen Recht zu beurteilen. Vorausgesetzt wird eine solche Änderung, die dazu führt, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22 S. 50), weil der im Bescheid festgestellte Anspruch materiell-rechtlich nicht mehr oder nicht mehr in der bewilligten Höhe ("soweit") besteht. So liegt der Fall hier.
I. Die Voraussetzungen der Bewilligung mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 sind dadurch entfallen, dass die U wirksam gem. § 38 VVG vom Versicherungsvertrag zurückgetreten war. Durch den Rücktritt von dem durch die Annahme am 19. September 2000 zustande gekommenen Versicherungsvertrag wegen Nichtzahlung der Beiträge wurde der Vertrag rückabgewickelt, so dass rückwirkend die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der monatlichen Beiträge von Anfang an entfiel. Bereits erbrachte Leistungen waren gemäß § 346 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB- zurückzugewähren. Da der Kläger zudem die Erstprämie nicht bezahlt hatte, genoss er von Anfang an keinen Versicherungsschutz. Ihm sind tatsächlich ab dem 18. September 2000 keine Kosten für Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung entstanden, so dass die Voraussetzungen gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 ESF-Richtlinie nicht mehr vorlagen, denn auf Leistungen gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 ESF-Richtlinie besteht nur dann ein Anspruch, soweit Kosten für Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung tatsächlich entstanden sind, wenn also ein wirksamer Versicherungsvertrag bestanden hat, aufgrund dessen der Antragsteller zur Zahlung der Beiträge verpflichtet ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist der Beginn des Erstattungszeitraumes ab dem 18. September 2000 anzusehen. Zwar wurde die Änderung der Verhältnisse erst durch den Rücktritt der UKV im Dezember 2000 bewirkt, in dessen Folge die Zahlungsverpflichtung rückwirkend zum Vertragsbeginn an entfiel; entsprechend der Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X, wonach als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse in den Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile des SGB X anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes gilt, ist auch hier auf den Zeitpunkt abzustellen, auf welchen sich die Änderung der Verhältnisses, d. h. die Kündigung des Versicherungsvertrages, auswirkt. Denn Sinn und Zweck der Regelung, die bewilligte Leistung dem Betroffenen insoweit nicht zu belassen, als später Entgelt erzielt worden ist das an die Stelle der Leistung tritt, lassen eine unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Falles, in welchem eine Leistung für einen bestimmten Zweck bewilligt wurde, der Kläger später jedoch diesen Zweck nicht mehr erfüllen musste, nicht zu.
II. Ab dem 1. November 2000 ist eine relevante Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X insoweit eingetreten, als der Kläger ab diesem Zeitpunkt aufgrund des wirksamen Abschlusses eines Versicherungsvertrages mit der A C Krankenversicherungs-AG nur noch zu einer geringeren Beitragsleistung verpflichtet war.
Aufgrund der Angaben der A C steht fest, dass ab dem 1. November 2000 ein wirksamer Versicherungsvertrag mit einem monatlichen Beitragssatz in Höhe von DM 587,63 DM bestanden hat. Die Beklagte hat für diesen Zeitraum dem Kläger jedoch monatlich den Erstattungsbetrag in Höhe von DM 1.137,43 überwiesen, damit entstand im Monat November eine Überzahlung in Höhe von DM 549,80 und für den Zeitraum vom 1. Dezember 2000 bis zum 15. Dezember 2000 in Höhe von DM 274,90. Bei Kenntnis dieses Umstandes hätte die Beklagte dem Kläger jedoch nur den tatsächlichen Beitrag in Höhe von DM 587,63 erstattet und damit den Bewilligungsbescheid vom 24. Oktober 2000 in der tatsächlichen Höhe nicht erlassen.
III. Eine weitere hier relevante Änderung der Verhältnisse ist durch den Ausgleich der der A C Krankenversicherung ab dem 1. November 2000 geschuldeten Beiträge durch das Sozialamt im Juli 2001 eingetreten. Zwar trat diese Änderung der Verhältnisse erst nach Erlass des Rücknahmebescheides vom 10. April 2001 ein, für den vorliegenden Fall einer Anfechtungsklage ist jedoch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides auf den Zeitpunkt der letzen Verwaltungsentscheidung, mithin im vorliegenden Fall auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2002 abzustellen, so dass die im Juli 2001 eingetretene Änderung zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Auflage, Rn. 32 a zu § 54).
Diese Änderung ist auch wesentlich im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, weil hierdurch Erfüllungswirkung gem. § 362 Abs. 1 i.V.m. § 267 Abs. 1 BGB eingetreten ist, der Kläger mithin nicht mehr zur Zahlung aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet war und er demgemäss keine Kosten im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 2 ESF-Richtlinie hatte, so dass der Bewilligungsbescheid nicht mehr so wie geschehen hätte ergehen dürfen. Diese Änderung der Verhältnisse wurde ab Vertragsbeginn mit der AC, d. h. ab dem 1. November 2000 an, wirksam, denn ab diesem Zeitpunkt wurden die Beiträge durch das Sozialamt rückwirkend übernommen. Auch ab dem 1. November 2000 stand damit dem Kläger die ihm mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 gewährte Leistung nicht mehr zu.
Gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist.
Der Schuldvorwurf muss dabei alle Elemente des Tatbestandes umfassen, mithin den Eintritt der Änderung, deren Nachteiligkeit und die Mitteilungspflicht (Gesamtkommentar Sozialversicherung SGB X, § 48 Anm. 86 f.).
Die Pflicht des Klägers zur Mitteilung der geänderten Umstände folgt aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch –SGB I-, der über § 8 ESF-Richtlinie Anwendung findet. Nach dieser Bestimmung hat derjenige, der Sozialleistungen erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen.
Die Änderungen in den Versicherungsverhältnissen waren erheblich, weil hierdurch der Anspruch des Klägers auf Ersatz der entstandenen Kosten für eine Pflege- und Krankenversicherung erlosch. Der Kläger hatte auch Kenntnis von den eingetretenen für ihn nachteiligen Änderungen. Dass für ihn im Bewilligungszeitraum kein Versicherungsschutz und damit auch keine Verpflichtung zur Beitragsleistung infolge des Rücktritts der U bestand, musste ihm spätestens ab dem Zugang des Kündigungsschreibens der U im Dezember 2000 bewusst gewesen sein. Dass er selbst nicht mehr von dem Bestehen eines Versicherungsverhältnisses ausging, wird auch dadurch deutlich, dass er am 2. November 2000 einen Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages bei der A C gestellt hat. Er wusste auch, dass er ab dem 1. November 2000 nur einen geringeren Beitrag zur Krankenversicherung schuldete, als ihm von der Beklagten erstattet worden war. Denn die Prämie des Versicherungsvertrages mit der AC betrug lediglich monatlich DM 587,63 und lag damit in Höhe von DM 548,80 unterhalb der tatsächlich bewilligten Leistung. Ihm wurde schließlich auch von der A C mit Schreiben vom 17. Juli 2001 mitgeteilt, dass das Sozialamt die Krankenversicherungsbeiträge übernommen hatte, er diese mithin nicht mehr an die Krankenkasse überweisen musste.
Der Kläger hatte zur Überzeugung des Gerichts auch Kenntnis von dieser Mitteilungspflicht, denn hierauf wurde er im Bewilligungsbescheid vom 24. Oktober 2000 ausdrücklich hingewiesen. Er kannte auch die Umstände, die die Mitteilungspflicht auslösten. Dies folgt schon daraus, dass er in Kenntnis der Kündigung der U einen neuen Versicherungsvertrag mit der A C abschloss. Zudem wurde ihm durch das Sozialamt die Übernahme der offenen Versicherungsbeiträge mitgeteilt. Der Kläger hat aufgrund dieser ihm bekannten Umstände auch erkannt, dass die eingetretenen Änderungen seine Mitteilungsverpflichtung auslösten. Es ist davon auszugehen, dass er ohne weiteres aus der Kenntnis der veränderten Umstände den Schluss gezogen hat, dass ihm die Leistung der Beklagten nicht mehr zustand und er diesen Umstand der Beklagten auch mitzuteilen hatte, zumal er auf diesen Zusammenhang in dem Beratungsgespräch vom 14. September 2000 von der Beklagten hingewiesen worden war.
Die Rücknahme erfolgt mithin für die Zeit vor Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, d. h. vorliegend dem Zeitpunkt, zu welchem der Rücktritt wirksam wurde; der Rücktritt der U erfolgte gem. § 38 VVG mit Wirkung ex tunc, d. h. mit Wirkung ab dem 18. September 2000, die Zahlung der Beiträge durch das Sozialamt bewirkte die Erfüllung der Leistungsverpflichtung des Klägers ab dem 1. November 2000.
Die bei der Aufhebung durch § 45 Abs. 3 und 4 SGB X i. V. m. § 48 Abs. 4 SGB X vorgeschriebenen Fristen sind eingehalten.
Die Aufhebung der Bewilligung scheitert vorliegend nicht an der Anwendung der § 45 SGB X und § 330 SGB III durch die Beklagte. Hat die Verwaltung ihre Entscheidung auf § 45 SGB X gestützt, ist aber richtigerweise wie hier § 48 Abs. 1 SGB X einschlägig, liegt lediglich ein Austausch der Begründung vor (BSG SozR 3-4100 § 125 Nr. 9 S. 30).
Unschädlich ist weiter die Anwendung von § 330 SGB III durch die Beklagte. Nach dieser Bestimmung ist im Falle der Rücknahme eines Verwaltungsaktes von einer gebundenen Entscheidung auszugehen, demgemäß hat die Beklagte kein Ermessen ausgeübt. § 330 SGB III ist vorliegend jedoch nicht anwendbar, weil die ESF-Richtlinie nicht auf diese Bestimmung verweist.
Die Nichtausübung von Ermessen führt im vorliegenden Fall gleichwohl nicht zur Rechtswidrigkeit des Rücknahmebescheides. Denn auch im vorliegenden Fall handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, weil § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X der Beklagten kein Ermessen eingeräumt. Nach dieser Vorschrift sind Verwaltungsakte in der Regel ("soll") vom Zeitpunkt des Eintritts der Änderung der Verhältnis, also in der Regel schon für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, wie hier ab dem 15. September 2000, an aufzuheben. Liegt hingegen eine atypische Fallgestaltung vor, so besteht für die Verwaltung nicht die Pflicht zur rückwirkenden Aufhebung. Vielmehr hat sie in diesem Falle darüber zu befinden, ob der Verwaltungsakt rückwirkend aufzuheben ist oder nicht (vgl. BSGE 59, 111, 115 = SozR 1300 § 48 Nr. 19). Die Entscheidung, ob ein atypischer Fall vorliegt, fällt hingegen nicht in den Ermessensbereich der Verwaltung. Dies haben die Gerichte selbst zu prüfen und zu entscheiden. Auch führen fehlende Ausführungen im Aufhebungsbescheid zur mangelnden Atypik ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Das Gericht muss diese Prüfung nachholen, es darf den angefochtenen Bescheid wegen fehlender Ermessensausübung nur aufheben, wenn die eigene Prüfung einen atypischen Fall ergibt (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 44 m. w. N.).
Das Vorliegen eines atypischen Falles ist hier jedoch zu verneinen. Ein solcher liegt nämlich nur vor, wenn der Einzelfall auf Grund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, die die Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit gerade rechtfertigen, signifikant abweicht. Zu berücksichtigen ist innerhalb dieser Beurteilung wegen der mit der rückwirkenden Aufhebung verbundenen Erstattungspflicht des Empfängers zu Unrecht erhaltener Leistungen (§ 50 Abs. 1 SGB X) auch die Frage, ob die Rückerstattung nach Lage des Falles eine Härte bedeutet, die den Leistungsbezieher in untypischer Weise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen (vgl. BSGE 74, 287, 294 = SozR 3 – 1300 § 48 Nr. 33 m.w.N.). Ein irrevisibler Verbrauch der Leistung, aus der der Empfänger sonst die Erstattungsforderung beglichen hätte, stellt aber für sich genommen keinen Umstand dar, der eine besondere Härte im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X begründet. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass der Kläger durch die Nichtzahlung der Beiträge den Rücktritt des Versicherungsunternehmens und damit die Änderung der Verhältnisse selbst herbeigeführt hat. Er konnte deshalb nicht gutgläubig davon ausgehen, dass er die überwiesenen Beträge anderweitig verbrauchen konnte. Für eine Deckung des Kontos zu sorgen, oblag ihm allein. Er kann sich nach alledem nicht mit Erfolg darauf berufen, die Sparkasse hätte die Zahlungen vertragswidrig nicht weitergeleitet, wobei dieser Vortrag schon deshalb nicht nachvollziehbar ist, weil die Beklagte die Beiträge tatsächlich auf ein anderes Konto des Klägers als von diesem behauptet überwiesen hat. Die Beklagte hatte nach alledem kein Ermessen auszuüben.
Liegen mithin die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 SGB X für die Rücknahme mit Wirkung ab dem 18. September 2000 vor, folgt die Erstattungspflicht aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch ist dem Kläger verwehrt. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X ist nämlich kein Bereicherungsanspruch.
Auch besteht neben ihm kein Raum für die ergänzende Heranziehung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (BSGE 54,250 = SozR 1500 § 51 Nr. 28).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 SGG genannten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von ESF-Unterhaltsgeld nach der ESF-Richtlinie (Richtlinie für die aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds mitfinanzierte zusätzliche arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Bereich des Bundes vom 20. Januar 2000, BAnz 2000 Nr. 22 S. 1529) und damit verbunden die Erstattungspflicht des Klägers streitig.
Der 1947 geborene, in G wohnhafte und arbeitslose Kläger war von Oktober 1990 bis zum 20. Dezember 1995 als Zahnarzt selbständig tätig und ab 1992 Mitglied in einer privaten Krankenversicherung.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 14. September 2000 die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung für Nichtleistungsempfänger für den Zeitraum vom 18. September 2000 bis zum 15. Dezember 2000. Auf Blatt 2 des Antragsvordrucks bestätigte er durch seine Unterschrift, dass er das Merkblatt 6 "Förderung der beruflichen Weiterbildung" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen hat. Ausweislich eines BEWA-Vermerks der Beklagten wurde ihm das ESF-Merkblatt ausgehändigt und er über die ESF-Förderung informiert.
Der Kläger reichte ein Schreiben der U Krankenversicherung AG S (UKV) vom 19. September 2000 zu den Verwaltungsvorgängen, in welchem die Krankenkasse die Annahme des Antrages auf Abschluss eines Versicherungsvertrages bestätigte. Ausweislich dieses Schreibens war am 1. Oktober 2000 ein Beitrag in Höhe von 2.274,86 DM und am 1. November 2000 ein Beitrag in Höhe von 1.137,43 DM fällig.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2000 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 18. September 2000 bis zum 17. Dezember 2000 ESF-Unterhaltsgeld in Höhe von monatlich 1.110,00 DM. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung nur übernommen werden könnten, wenn Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Versicherung ablehnten.
Am 20. Oktober 2000 reichte der Kläger ein Schreiben der K Krankenkasse (K) zu den Verwaltungsakten, in welchem die K bestätigte, dass keine Möglichkeit der freiwilligen Versicherung des Klägers bei der K zum 19. September 2000 bestehe.
Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 für den Zeitraum vom 18. September 2000 bis zum 15. Dezember 2000 gem. § 4 Abs. 4 ESF-Richtlinie Beiträge für eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 1.137,43 DM. In dem Bescheid heißt es, der Kläger sei ohne Aufforderung verpflichtet, jede Änderung in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf die Leistung erheblich sei, dem Arbeitsamt unverzüglich mitzuteilen. In der Folgezeit überwies die Beklagte auf das im Antrag angegebene Konto des Klägers Nr. bei der Sparkasse S-N-C insgesamt den Betrag von 3.412,16 DM (Überweisungsbetrag am 1. November 2000 DM 2.767,69 und am 29. November 2000 DM 1.754,47 davon 1.110,00 DM ESF- Unterhaltsgeld).
Am 2. November 2000 beantragte der Kläger bei der A C Krankenversicherung den Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages ab dem 1. November 2000 zu einem monatlichen Beitrag in Höhe von 795,17 DM. In dem Antragsformular gab der Kläger an, er sei bis zum 1. November 2000 bei der K gesetzlich krankenversichert gewesen.
Am 6. Dezember 2000 teilte die U der Beklagten telefonisch auf deren Nachfrage mit, dass ein Krankenversicherungsvertrag mit dem Kläger nicht zustande gekommen sei. Die U bestätigte schriftlich unter dem 4. Januar 2001, sie sei wegen Nichtzahlung der Erstprämie gemäß § 38 VVG von dem Krankenversicherungsvertrag zurückgetreten.
Mit Bescheid vom 10. April 2001 hob die Beklagte, nachdem sie den Kläger zuvor angehört hatte, die Bewilligung von Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 18. September 2000 bis zum 15. Dezember 2000 unter Hinweis auf das Nichtzustandekommen des Versicherungsvertrages mit der U auf. Da der Kläger auch die Abführung von Beiträgen zu einer anderen Krankenversicherung nicht nachgewiesen habe, sei die Bewilligung gem. § 81 SGB III i.V.m. § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III i.V.m. § 4 Abs. 4 der ESF-Richtlinie mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben.
Die Verpflichtung zur Erstattung der Leistungen in Höhe von 3.412,16 DM (=1.744,61 EUR)folge aus § 50 SGB X.
Hiergegen legte der Kläger am 11. Mai 2001 bei der Beklagten Widerspruch ein und reichte eine Forderungsaufstellung der A C unter anderem betreffend Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Monate November und Dezember 2000 und Januar 2001 sowie Kontoauszüge des Kontos des Klägers Nr. bei der Sparkasse S-N vom 8. Februar 2001 zu den Verwaltungsakten. Der Kläger behauptete, er habe die von der Beklagten überwiesenen Beträge für Luxusaufwendungen ausgegeben und sei in Höhe von 5.894,71 DM entreichert, was einer Rückzahlung entgegenstünde. In einem Telefongespräch mit der Beklagten am 13. Dezember 2001 gab der Kläger an, im streitigen Zeitraum nicht krankenversichert gewesen zu sein und deshalb auch keine Nachweise erbringen zu können.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2002 als unbegründet zurück. Sie führte zur Begründung aus, der Kläger habe trotz mehrfacher Aufforderung keinen Nachweis über die Entrichtung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum vom 18. September bis zum 17. Dezember 2000 erbringen können, weshalb der Bewilligungsbescheid gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III aufzuheben gewesen sei. Auf Vertrauen könne sich der Kläger nicht berufen, weil er gewusst habe, dass der Versicherungsvertrag mit der U nicht wirksam zustande gekommen sei und ihm deshalb die Erstattungen der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht zugestanden hätten.
Daraufhin hat der Kläger unter dem 15. Januar 2002 bei dem Sozialgericht Cottbus Klage erhoben und vorgetragen, er sei im streitigen Zeitraum bei der A C Krankenversicherungs-AG krankenversichert gewesen. Die Beklagte habe die Krankenversicherungsbeiträge auf das Konto Nr. bei der Sparkasse S-N überwiesen, diese habe jedoch die Krankenversicherungsbeiträge trotz vereinbartem Lastschrifteinzug nicht an die Krankenkasse weitergeleitet, sondern rechtswidrig für eigene Zwecke einbehalten, obwohl er die Bank darauf aufmerksam gemacht habe, dass die Beiträge auf jeden Fall an die Krankenkasse weiterzuleiten seien. Das rechtswidrige Verhalten der Bank sei ihm jedoch nicht anzulasten. Ihm sei weder bekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen, dass er nicht krankenversichert war.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2002 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen und ergänzend vorgetragen, der Kläger sei ausweislich des BEWA- Vermerks vom 14. September 2000 über die Voraussetzungen für den Anspruch auf ESF-Leistungen durch das Merkblatt 6 und das ESF-Merkblatt informiert gewesen. Der Kläger habe in einem Telefonat bestätigt, dass er während der Zeit der Maßnahme nicht krankenversichert gewesen sei und keine Nachweise für die Abführung der Beiträge vorlegen könne. Da der Kläger Kenntnis davon gehabt habe, dass kein Versicherungsvertrag bestanden habe, sei der Bewilligungsbescheid vom 24. Oktober 2000 von Anfang an rechtswidrig.
Im sozialgerichtlichen Verfahren hat der Kläger Kontoauszüge seines Kontos Nr. bei der Sparkasse S-N zu den Gerichtsakten gereicht.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 26. Februar 2004 abgewiesen. Dem Kläger sei bereits bei Erlass des Bewilligungsbescheides vom 24. Oktober 2000 bekannt gewesen, dass er für den Zeitraum vom 18. September 2000 bis 17. Dezember 2000 nicht bei einem privaten Versicherungsunternehmen freiwillig kranken- und pflegeversichert gewesen sei. Er habe deshalb auch gewusst, dass er auf die ihm bewilligten Leistungen keinen Anspruch gehabt habe. Der Kläger habe einen Vertrag mit der A C ab dem 1. November 2000 mit einem monatlichen Beitrag in Höhe von nur 795,17 DM abgeschlossen nachdem der Vertrag mit der U gem. § 38 VVG gekündigt worden war, tatsächlich sei ihm durch die Beklagte jedoch ein monatlicher Beitrag in Höhe von 1.137,43 DM erstattet worden. Der Kläger habe über die von der Beklagten auf Konto des Klägers Nr. bei der Sparkasse S-N überwiesenen Leistungen anderweitig verfügt, so dass die S die Lastschrift der A C mangels Deckung nicht ausgeführt habe, ohne dass der S hieraus ein Vorwurf gemacht werden könne. Der Kläger könne sich auch nicht auf Entreicherung berufen, weshalb die Erstattungsforderung der Beklagten aus § 50 Abs. 1 SGB X gerechtfertigt sei.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30. April 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. Mai 2004 Berufung eingelegt.
Der Kläger macht geltend, bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 45 SGB X sei seine Entreicherung im Rahmen des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen. Er habe entgegen den Feststellungen des Sozialgerichts bei Erhalt der Leistungen nicht gewusst, dass er hierauf keinen Anspruch gehabt habe. Auch habe er die Weiterleitung der ihm auf das Konto Nr. von der Beklagten überwiesenen Beträge nicht vereitelt, vielmehr habe die kontoführende Sparkasse die Weiterleitung entgegen des ihr erteilten Lastschriftauftrages nicht ausgeführt, weshalb die Beklagte ihre Forderung gegen die S richten müsse.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 26. Februar 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2002 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Das Gericht hat vom Kläger – erfolglos - eine Kopie des Versicherungsvertrages mit der U sowie das Rücktrittschreiben dieser Versicherung angefordert.
Auf Nachfrage des Gerichts hat die A C am 7. September 2005 mitgeteilt, dass für den Kläger im Zeitraum vom 1. November 2000 bis zum 15. Dezember 2000 Versicherungsschutz im Rahmen einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung bestanden habe. Zwar seien die Beiträge in Höhe von monatlich 587,63 DM zunächst von Kläger nicht überwiesen worden, am 31. Juli 2001 sei das Beitragskonto des Klägers jedoch durch das Sozialamt mit Wirkung zum 1. November 2000 ausgeglichen worden.
Auf gerichtliche Anforderung hat die Stadtverwaltung Cottbus, Sozialamt, Kopien des den Kläger betreffenden Schriftverkehrs mit der A C übersandt.
Die K hat mitgeteilt, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt bei ihr versichert gewesen sei.
Die U hat auf Anforderung des Gerichts den zwischen ihr und dem Kläger geführten Schriftwechsel bezüglich der Nichtzahlung der Beiträge zu den Gerichtsakten gereicht. Hieraus ist ersichtlich, dass die U im Dezember 2000 von dem mit dem Kläger abgeschlossenen Versicherungsvertrag zurückgetreten ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten zur Stammnummer verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 EUR übersteigt.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Cottbus hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Klage gegen den Bescheid vom 10. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2002 ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Aufhebung der Bewilligung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Bescheides ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – SGB X -. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ergibt sich aus § 8 der ESF-Richtlinie, wonach für die Durchführung dieser Richtlinie das SGB X entsprechend gilt, soweit die Besonderheit dieser Richtlinie nicht entgegenstehen.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Der Verwaltungsakt soll gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden, soweit
1. die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen vorsätzlich oder grobfahrlässig nicht nachgekommen ist,
3. nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde oder
4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch Kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Die Bewilligung der Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 enthält einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, weil sich die Bewilligung über einen gewissen Zeitraum erstreckt.
Der Bewilligungsbescheid vom 24. Oktober 2000 war im Zeitpunkt seines Erlasses rechtmäßig, weil zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 ESF-Richtlinie vorlagen. Eine Rücknahme gem. § 45 SGB X, der das Vorliegen eines bei seinem Erlass rechtswidrigen Verwaltungsaktes voraussetzt, scheidet deshalb aus. Vielmehr ist § 48 SGB X auch dann anwendbar, wenn eine nachträgliche Entwicklung mit Rückwirkung wie hier dazu führt, dass sich die getroffene – zunächst rechtmäßige – Regelung sich als rechtswidrig erweist (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 33).
Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Erstattung von Kosten für eine Kranken- und Pflegeversicherung lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 24. Oktober 2000 vor. Rechtsgrundlage ist § 4 Abs. 4 S. 1 der ESF-Richtlinie. Hiernach können für Bezieher von ESF-Unterhaltsgeld, deren Schutz im Krankheits- oder Pflegefall nicht anderweitig sichergestellt ist, die Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung sowie für eine Pflegeversicherung bei einem Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung übernommen werden. Nach Satz 2 können in begründeten Einzelfällen die Kosten für eine entsprechende private Kranken- und Pflegeversicherung übernommen werden, wenn durch den Träger der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ein Versicherungsschutz nicht gewährleistet werden kann.
Dem Kläger wurde durch Bescheid vom 17. Oktober 2000 Unterhaltsgeld nach den Bestimmungen der ESF-Richtlinie für den Zeitraum vom 18. September 2000 bis zum 17. Dezember 2000 gewährt.
Ein Versicherungsschutz durch einen Träger der gesetzlichen Kranken- oder Pflegeversicherung konnte nicht gewährleistet werden. Dies ergibt sich aus dem Schreiben der K in welchem diese bestätigte, dass keine Möglichkeit der freiwilligen Versicherung des Klägers bei der K zum 19. September 2000 bestanden habe.
Der Kläger gehörte damit zu dem Personenkreis, deren Kosten für eine private Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 ESF-Richtlinie übernommen werden konnten. Im Bewilligungszeitpunkt hatte der Kläger auch Kosten für eine solche Versicherung, denn zu diesem Zeitpunkt bestand ein wirksamer Versicherungsvertrages mit der U, aufgrund dessen der Kläger zur Zahlung der monatlichen Beiträge in Höhe von 1.137,43 DM verpflichtet war, denn zu diesem Zeitpunkt war die U noch nicht vom Krankenversicherungsvertrag zurückgetreten.
Da zum Bewilligungszeitpunkt mithin alle Voraussetzungen gem. § 4 Abs. 4 ESF-Richtlinie vorlagen, war der Bescheid vom 24. Oktober 2000 zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig.
Die Aufhebung des bei seinem Erlass rechtmäßigen Bewilligungsbescheides gem. § 48 Abs. 1 SGB X setzt eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, voraus. Wesentlich bedeutet in diesem Zusammenhang rechtserheblich und ist nach dem der Bewilligung zugrunde liegenden materiellen Recht zu beurteilen. Vorausgesetzt wird eine solche Änderung, die dazu führt, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22 S. 50), weil der im Bescheid festgestellte Anspruch materiell-rechtlich nicht mehr oder nicht mehr in der bewilligten Höhe ("soweit") besteht. So liegt der Fall hier.
I. Die Voraussetzungen der Bewilligung mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 sind dadurch entfallen, dass die U wirksam gem. § 38 VVG vom Versicherungsvertrag zurückgetreten war. Durch den Rücktritt von dem durch die Annahme am 19. September 2000 zustande gekommenen Versicherungsvertrag wegen Nichtzahlung der Beiträge wurde der Vertrag rückabgewickelt, so dass rückwirkend die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der monatlichen Beiträge von Anfang an entfiel. Bereits erbrachte Leistungen waren gemäß § 346 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB- zurückzugewähren. Da der Kläger zudem die Erstprämie nicht bezahlt hatte, genoss er von Anfang an keinen Versicherungsschutz. Ihm sind tatsächlich ab dem 18. September 2000 keine Kosten für Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung entstanden, so dass die Voraussetzungen gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 ESF-Richtlinie nicht mehr vorlagen, denn auf Leistungen gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 ESF-Richtlinie besteht nur dann ein Anspruch, soweit Kosten für Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung tatsächlich entstanden sind, wenn also ein wirksamer Versicherungsvertrag bestanden hat, aufgrund dessen der Antragsteller zur Zahlung der Beiträge verpflichtet ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist der Beginn des Erstattungszeitraumes ab dem 18. September 2000 anzusehen. Zwar wurde die Änderung der Verhältnisse erst durch den Rücktritt der UKV im Dezember 2000 bewirkt, in dessen Folge die Zahlungsverpflichtung rückwirkend zum Vertragsbeginn an entfiel; entsprechend der Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X, wonach als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse in den Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile des SGB X anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes gilt, ist auch hier auf den Zeitpunkt abzustellen, auf welchen sich die Änderung der Verhältnisses, d. h. die Kündigung des Versicherungsvertrages, auswirkt. Denn Sinn und Zweck der Regelung, die bewilligte Leistung dem Betroffenen insoweit nicht zu belassen, als später Entgelt erzielt worden ist das an die Stelle der Leistung tritt, lassen eine unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Falles, in welchem eine Leistung für einen bestimmten Zweck bewilligt wurde, der Kläger später jedoch diesen Zweck nicht mehr erfüllen musste, nicht zu.
II. Ab dem 1. November 2000 ist eine relevante Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X insoweit eingetreten, als der Kläger ab diesem Zeitpunkt aufgrund des wirksamen Abschlusses eines Versicherungsvertrages mit der A C Krankenversicherungs-AG nur noch zu einer geringeren Beitragsleistung verpflichtet war.
Aufgrund der Angaben der A C steht fest, dass ab dem 1. November 2000 ein wirksamer Versicherungsvertrag mit einem monatlichen Beitragssatz in Höhe von DM 587,63 DM bestanden hat. Die Beklagte hat für diesen Zeitraum dem Kläger jedoch monatlich den Erstattungsbetrag in Höhe von DM 1.137,43 überwiesen, damit entstand im Monat November eine Überzahlung in Höhe von DM 549,80 und für den Zeitraum vom 1. Dezember 2000 bis zum 15. Dezember 2000 in Höhe von DM 274,90. Bei Kenntnis dieses Umstandes hätte die Beklagte dem Kläger jedoch nur den tatsächlichen Beitrag in Höhe von DM 587,63 erstattet und damit den Bewilligungsbescheid vom 24. Oktober 2000 in der tatsächlichen Höhe nicht erlassen.
III. Eine weitere hier relevante Änderung der Verhältnisse ist durch den Ausgleich der der A C Krankenversicherung ab dem 1. November 2000 geschuldeten Beiträge durch das Sozialamt im Juli 2001 eingetreten. Zwar trat diese Änderung der Verhältnisse erst nach Erlass des Rücknahmebescheides vom 10. April 2001 ein, für den vorliegenden Fall einer Anfechtungsklage ist jedoch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Bescheides auf den Zeitpunkt der letzen Verwaltungsentscheidung, mithin im vorliegenden Fall auf den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 2002 abzustellen, so dass die im Juli 2001 eingetretene Änderung zu berücksichtigen ist (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Auflage, Rn. 32 a zu § 54).
Diese Änderung ist auch wesentlich im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, weil hierdurch Erfüllungswirkung gem. § 362 Abs. 1 i.V.m. § 267 Abs. 1 BGB eingetreten ist, der Kläger mithin nicht mehr zur Zahlung aus dem Versicherungsvertrag verpflichtet war und er demgemäss keine Kosten im Sinne des § 4 Abs. 4 Satz 2 ESF-Richtlinie hatte, so dass der Bewilligungsbescheid nicht mehr so wie geschehen hätte ergehen dürfen. Diese Änderung der Verhältnisse wurde ab Vertragsbeginn mit der AC, d. h. ab dem 1. November 2000 an, wirksam, denn ab diesem Zeitpunkt wurden die Beiträge durch das Sozialamt rückwirkend übernommen. Auch ab dem 1. November 2000 stand damit dem Kläger die ihm mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 gewährte Leistung nicht mehr zu.
Gem. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist.
Der Schuldvorwurf muss dabei alle Elemente des Tatbestandes umfassen, mithin den Eintritt der Änderung, deren Nachteiligkeit und die Mitteilungspflicht (Gesamtkommentar Sozialversicherung SGB X, § 48 Anm. 86 f.).
Die Pflicht des Klägers zur Mitteilung der geänderten Umstände folgt aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch –SGB I-, der über § 8 ESF-Richtlinie Anwendung findet. Nach dieser Bestimmung hat derjenige, der Sozialleistungen erhält, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen.
Die Änderungen in den Versicherungsverhältnissen waren erheblich, weil hierdurch der Anspruch des Klägers auf Ersatz der entstandenen Kosten für eine Pflege- und Krankenversicherung erlosch. Der Kläger hatte auch Kenntnis von den eingetretenen für ihn nachteiligen Änderungen. Dass für ihn im Bewilligungszeitraum kein Versicherungsschutz und damit auch keine Verpflichtung zur Beitragsleistung infolge des Rücktritts der U bestand, musste ihm spätestens ab dem Zugang des Kündigungsschreibens der U im Dezember 2000 bewusst gewesen sein. Dass er selbst nicht mehr von dem Bestehen eines Versicherungsverhältnisses ausging, wird auch dadurch deutlich, dass er am 2. November 2000 einen Antrag auf Abschluss eines Versicherungsvertrages bei der A C gestellt hat. Er wusste auch, dass er ab dem 1. November 2000 nur einen geringeren Beitrag zur Krankenversicherung schuldete, als ihm von der Beklagten erstattet worden war. Denn die Prämie des Versicherungsvertrages mit der AC betrug lediglich monatlich DM 587,63 und lag damit in Höhe von DM 548,80 unterhalb der tatsächlich bewilligten Leistung. Ihm wurde schließlich auch von der A C mit Schreiben vom 17. Juli 2001 mitgeteilt, dass das Sozialamt die Krankenversicherungsbeiträge übernommen hatte, er diese mithin nicht mehr an die Krankenkasse überweisen musste.
Der Kläger hatte zur Überzeugung des Gerichts auch Kenntnis von dieser Mitteilungspflicht, denn hierauf wurde er im Bewilligungsbescheid vom 24. Oktober 2000 ausdrücklich hingewiesen. Er kannte auch die Umstände, die die Mitteilungspflicht auslösten. Dies folgt schon daraus, dass er in Kenntnis der Kündigung der U einen neuen Versicherungsvertrag mit der A C abschloss. Zudem wurde ihm durch das Sozialamt die Übernahme der offenen Versicherungsbeiträge mitgeteilt. Der Kläger hat aufgrund dieser ihm bekannten Umstände auch erkannt, dass die eingetretenen Änderungen seine Mitteilungsverpflichtung auslösten. Es ist davon auszugehen, dass er ohne weiteres aus der Kenntnis der veränderten Umstände den Schluss gezogen hat, dass ihm die Leistung der Beklagten nicht mehr zustand und er diesen Umstand der Beklagten auch mitzuteilen hatte, zumal er auf diesen Zusammenhang in dem Beratungsgespräch vom 14. September 2000 von der Beklagten hingewiesen worden war.
Die Rücknahme erfolgt mithin für die Zeit vor Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, d. h. vorliegend dem Zeitpunkt, zu welchem der Rücktritt wirksam wurde; der Rücktritt der U erfolgte gem. § 38 VVG mit Wirkung ex tunc, d. h. mit Wirkung ab dem 18. September 2000, die Zahlung der Beiträge durch das Sozialamt bewirkte die Erfüllung der Leistungsverpflichtung des Klägers ab dem 1. November 2000.
Die bei der Aufhebung durch § 45 Abs. 3 und 4 SGB X i. V. m. § 48 Abs. 4 SGB X vorgeschriebenen Fristen sind eingehalten.
Die Aufhebung der Bewilligung scheitert vorliegend nicht an der Anwendung der § 45 SGB X und § 330 SGB III durch die Beklagte. Hat die Verwaltung ihre Entscheidung auf § 45 SGB X gestützt, ist aber richtigerweise wie hier § 48 Abs. 1 SGB X einschlägig, liegt lediglich ein Austausch der Begründung vor (BSG SozR 3-4100 § 125 Nr. 9 S. 30).
Unschädlich ist weiter die Anwendung von § 330 SGB III durch die Beklagte. Nach dieser Bestimmung ist im Falle der Rücknahme eines Verwaltungsaktes von einer gebundenen Entscheidung auszugehen, demgemäß hat die Beklagte kein Ermessen ausgeübt. § 330 SGB III ist vorliegend jedoch nicht anwendbar, weil die ESF-Richtlinie nicht auf diese Bestimmung verweist.
Die Nichtausübung von Ermessen führt im vorliegenden Fall gleichwohl nicht zur Rechtswidrigkeit des Rücknahmebescheides. Denn auch im vorliegenden Fall handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, weil § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X der Beklagten kein Ermessen eingeräumt. Nach dieser Vorschrift sind Verwaltungsakte in der Regel ("soll") vom Zeitpunkt des Eintritts der Änderung der Verhältnis, also in der Regel schon für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, wie hier ab dem 15. September 2000, an aufzuheben. Liegt hingegen eine atypische Fallgestaltung vor, so besteht für die Verwaltung nicht die Pflicht zur rückwirkenden Aufhebung. Vielmehr hat sie in diesem Falle darüber zu befinden, ob der Verwaltungsakt rückwirkend aufzuheben ist oder nicht (vgl. BSGE 59, 111, 115 = SozR 1300 § 48 Nr. 19). Die Entscheidung, ob ein atypischer Fall vorliegt, fällt hingegen nicht in den Ermessensbereich der Verwaltung. Dies haben die Gerichte selbst zu prüfen und zu entscheiden. Auch führen fehlende Ausführungen im Aufhebungsbescheid zur mangelnden Atypik ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Das Gericht muss diese Prüfung nachholen, es darf den angefochtenen Bescheid wegen fehlender Ermessensausübung nur aufheben, wenn die eigene Prüfung einen atypischen Fall ergibt (BSG SozR 1300 § 48 Nr. 44 m. w. N.).
Das Vorliegen eines atypischen Falles ist hier jedoch zu verneinen. Ein solcher liegt nämlich nur vor, wenn der Einzelfall auf Grund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, die die Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit gerade rechtfertigen, signifikant abweicht. Zu berücksichtigen ist innerhalb dieser Beurteilung wegen der mit der rückwirkenden Aufhebung verbundenen Erstattungspflicht des Empfängers zu Unrecht erhaltener Leistungen (§ 50 Abs. 1 SGB X) auch die Frage, ob die Rückerstattung nach Lage des Falles eine Härte bedeutet, die den Leistungsbezieher in untypischer Weise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen (vgl. BSGE 74, 287, 294 = SozR 3 – 1300 § 48 Nr. 33 m.w.N.). Ein irrevisibler Verbrauch der Leistung, aus der der Empfänger sonst die Erstattungsforderung beglichen hätte, stellt aber für sich genommen keinen Umstand dar, der eine besondere Härte im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X begründet. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass der Kläger durch die Nichtzahlung der Beiträge den Rücktritt des Versicherungsunternehmens und damit die Änderung der Verhältnisse selbst herbeigeführt hat. Er konnte deshalb nicht gutgläubig davon ausgehen, dass er die überwiesenen Beträge anderweitig verbrauchen konnte. Für eine Deckung des Kontos zu sorgen, oblag ihm allein. Er kann sich nach alledem nicht mit Erfolg darauf berufen, die Sparkasse hätte die Zahlungen vertragswidrig nicht weitergeleitet, wobei dieser Vortrag schon deshalb nicht nachvollziehbar ist, weil die Beklagte die Beiträge tatsächlich auf ein anderes Konto des Klägers als von diesem behauptet überwiesen hat. Die Beklagte hatte nach alledem kein Ermessen auszuüben.
Liegen mithin die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 SGB X für die Rücknahme mit Wirkung ab dem 18. September 2000 vor, folgt die Erstattungspflicht aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch ist dem Kläger verwehrt. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X ist nämlich kein Bereicherungsanspruch.
Auch besteht neben ihm kein Raum für die ergänzende Heranziehung bürgerlich-rechtlicher Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (BSGE 54,250 = SozR 1500 § 51 Nr. 28).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
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