L 24 KR 35/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 3 KR 119/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 35/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Februar 2005 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten Erstattung der zur Krankenversicherung der Arbeitslosen im Zeitraum vom 02. November 1984 bis 28. Juni 1985 gezahlten Beiträge.

Der im streitigen Zeitraum bei der Beklagten krankenversicherte Kläger und die Beigeladene schlossen im Verfahren beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 9 AL 151/99 am 15. März 2001 einen Vergleich mit u. a. folgenden Regelungen:

1. Die Beklagte (im hiesigen Verfahren die Beigeladene) nimmt den Aufhebungsbescheid vom 10. Dezember 1987 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. März 1989 (Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 29. Juni 1984 bis 01. November 1984 und Rückforderung von 5.259,60 DM) zurück.

2. Die Beklagte zahlt dem Kläger aufgrund des Bescheides vom 29. August 1984 Arbeitslosenhilfe auch für die Zeit vom 02. November 1984 bis zum 28. Juni 1985 (Ablauf des Bewilligungsabschnittes).

Mit Schreiben jeweils vom 06. April 2001 meldete die Beigeladene der Beklagten zur Durchführung der Krankenversicherung die Zahlung von Arbeitslosenhilfe bei einem sozialversicherungspflichtigen Entgelt von 935 DM für die Zeit vom 02. November 1984 bis 31. Mai 1985 und von 965 DM für die Zeit vom 01. bis 28. Juni 1985.

Am 26. Juli 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erstattung der bei ihr "zwischengeparkten" Krankenversicherungsbeiträge. Da er im streitigen Zeitraum nicht versichert gewesen sei, seien sie an ihn auszuzahlen.

Mit Bescheid vom 31. August 2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) seien Leistungsbezieher des Arbeitsamtes in der Krankenversicherung versicherungspflichtig. Die Krankenversicherung werde entweder von der Krankenkasse durchgeführt, bei der der Leistungsbezieher zuletzt versichert gewesen sei, oder von der zuständigen Pflichtkasse.

Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, die Beklagte habe keine Leistungen erbracht, so dass ihr auch keine Beiträge zustünden, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2002 zurück: Nach § 155 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) seien Personen in der Zeit, für die sie u. a. Arbeitslosenhilfe bezögen, versicherungspflichtig. Laut Meldungen des Arbeitsamtes Bonn habe der Kläger in der streitigen Zeit Leistungen bezogen. Zuständig für die Durchführung der Pflichtmitgliedschaft sei nach § 155 AFG die Beklagte als die Krankenkasse gewesen, bei der zuletzt eine Versicherung bestanden habe. Im Übrigen stünde nach § 26 Abs. 3 SGB IV der Erstattungsanspruch demjenigen zu, der die Beiträge getragen habe. Nach § 157 AFG sei die Beigeladene Beitragsschuldnerin gewesen.

Dagegen hat der Kläger am 14. Juni 2002 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben und vorgetragen: Die Krankenkassenbeiträge von rund 3.000 DM ergäben sich rechnerisch aus dem Rechtsstreit gegen die Beigeladene vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen. Es sei nicht einzusehen, dass die Beklagte Beiträge behalten solle, die er vor dem Landessozialgericht erstritten habe.

Mit Urteil vom 23. Februar 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Gemäß § 26 Abs. 2 SGB IV seien zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien, Leistungen erbracht oder zu erbringen gehabt habe. Die Beiträge für den streitigen Zeitraum seien nicht zu Unrecht entrichtet, denn aus der Meldung des Arbeitsamtes Bonn ergebe sich für den streitigen Zeitraum Versicherungspflicht. Der Kläger habe nach seinem eigenen Vorbringen Nachzahlungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten, so dass er nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V versicherungspflichtig sei. Selbst wenn die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden wären, stehe dem Kläger kein Erstattungsanspruch zu, denn einen Erstattungsanspruch habe derjenige, der die Beiträge getragen habe (§ 26 Abs. 3 SGB IV). Die Beiträge für die Krankenversicherung der Arbeitslosen trage jedoch nicht der Arbeitslose selbst, sondern nach § 157 AFG die Beigeladene. Es sei auch nicht so, dass die Beklagte Beiträge erhalte, die der Kläger in einem sozialgerichtlichen Verfahren erstritten gehabt habe.

Gegen das ihm am 30. März 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. April 2005 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Februar 2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 31. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2002 zu verurteilen, ihm die Beiträge aus der Krankenversicherung der Arbeitslosen für die Zeit vom 02. November 1984 bis 28. Juni 1985 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Der Senat hat vom Kläger u. a. den Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes Bonn vom 05. September 1984 über Arbeitslosenhilfe ab 29. Juni 1984 und vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen die Gerichtsakten L 9 AL 151/99 bzw. L 9 AL 97/01 (Sozialgericht Köln, S 22 AL 98/96) beigezogen.

Den Beteiligten ist mit Verfügung vom 26. September 2005 mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht kommt; ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20. Oktober 2005 gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten (), die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig. Sie hat insbesondere nicht der Zulassung im Urteil des Sozialgerichtes bedurft.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500 Euro nicht übersteigt, es sei denn die Berufung betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr.

Die Beiträge zur Krankenversicherung, deren Erstattung der Kläger begehrt, übersteigen den Betrag von 500 Euro.

Maßgebend sind die Vorschriften, die im streitigen Zeitraum vom 02. November 1984 bis 28. Juni 1985 gegolten haben. Dies sind § 155 AFG in der Fassung des Art. 1 § 1 Nr. 62 des Gesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1981, 1497) und § 157 AFG in der Fassung des Art. 17 Nr. 23 des Gesetzes vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1983, 1532).

Nach § 155 Abs. 1 AFG ist, wer u. a. Arbeitslosenhilfe bezieht, für den Fall der Krankheit versichert. Die Krankenversicherung wird nach § 155 Abs. 2 Satz 1 AFG nach den Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt, soweit sich nicht aus den folgenden Vorschriften Abweichendes ergibt. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ist mithin nicht anwendbar, denn das SGB V ist erst zum 01. Januar 1989 in Kraft getreten.

Die Beiträge für die nach § 155 AFG Versicherten trägt die Bundesanstalt (§ 157 Abs. 1 AFG).

Für die Berechnung der Beiträge ist nach § 157 Abs. 2 Satz 1 AFG der Beitragssatz für Versicherte maßgeblich, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts für mindestens 6 Wochen haben, also der allgemeine Beitragssatz. Als Grundlohn gilt nach § 157 Abs. 3 AFG das durch sieben geteilte wöchentliche Arbeitsentgelt, das u. a. der Bemessung der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegt, soweit es ein Dreihundertsechzigstel der Jahresarbeitsverdienstgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigt.

Nach den Meldungen der Beigeladenen jeweils vom 06. April 2001 betrug das wöchentliche Arbeitsentgelt, das der Bemessung der Arbeitslosenhilfe zugrunde lag, 935 DM bzw. 965 DM. Dass es sich hierbei - entgegen der Ansicht des Sozialgerichts - um das wöchentliche Arbeitsentgelt handelte, folgt mittelbar aus dem vom Kläger vorgelegten Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes Bonn vom 05. September 1984, denn dort wird das gerundete wöchentliche Arbeitsentgelt mit 935 DM angegeben.

Wird dieses Bemessungsentgelt durch sieben dividiert, resultiert daraus ein Betrag von 133,57 DM täglich bzw. von 137,86 DM täglich.

Diese Beträge sind nach § 157 Abs. 3 AFG auf 130 DM täglich (dies entspricht einem Betrag von 3.900 DM monatlich) für 1984 und auf 135 DM täglich (dies entspricht einem Betrag von 4.050 DM monatlich) zu begrenzen. Dies folgt daraus, dass die Jahresarbeitsverdienstgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung 1984 46.800 DM jährlich und 1985 48.600 DM jährlich (ermittelt aus jeweils 75 v. H. der für Jahresbezüge in der Rentenversicherung der Arbeiter geltenden Beitragsbemessungsgrenze nach § 165 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 1385 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung - RVO - von 62.400 DM für 1984 und von 64.800 DM für 1985; vgl. dazu Anlage 2 zum SGB VI) betrug.

Bei einem allgemeinen Beitragssatz von 11,6 v. H. im Jahr 1984 und von 12,2 v. H. im Jahr 1985 (wie von der Beklagten im Verfahren L 24 B 75/05 KR NZB mitgeteilt) resultiert daraus ein monatlicher Beitrag von 452,40 DM im Jahr 1984 und von 494,10 DM im Jahr 1985).

Ausgehend von nahezu 8 vollständigen Monatsbeiträgen im streitigen Zeitraum vom 02. November 1984 bis 28. Juni 1985 wird somit die Berufungssumme von 500 Euro überschritten, so dass die Berufung auch ohne eine Zulassung im Urteil des Sozialgerichts zulässig ist.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Da der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung - insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beteiligten bereits ausführlich ihre Argumente vorgebracht haben - nicht für erforderlich hält, hat er nach deren Anhörung von der durch § 153 Abs. 4 SGG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch Beschluss zu entscheiden.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 31. August 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2002 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die für den Zeitraum vom 02. November 1984 bis 28. Juni 1985 gezahlten Beiträge zur Krankenversicherung erstattet.

Der Senat folgt dem Sozialgericht, mit Ausnahme der Bezugnahme auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, hinsichtlich der Gründe der angefochtenen Entscheidung und sieht daher von einer weiteren Begründung ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

Die Berufung muss mithin erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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