L 7 B 15/05 KA ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 79 KA 50/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 B 15/05 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Teilurteil
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. April 2005 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für beide Instanzen auf jeweils 23.940,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. April 2005 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, aber nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht den am 01. März 2005 bei Gericht eingegangenen Antrag der Antragstellerin abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Honorarabschlagszahlungen ab dem Monat Dezember 2004 auf mindestens 5.000,00 EUR monatlich festzusetzen. Denn dieser Antrag, der zugunsten der Antragstellerin dahin ausgelegt werden kann, dass sie die im Wege der einstweiligen Anordnung auszusprechende Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, ihr höhere Honorarabschlagszahlungen in Höhe von mindestens 5.000,00 EUR monatlich ab dem Monat Dezember 2004 zu zahlen, ist zumindest teilweise unzulässig und im Übrigen in jeder Hinsicht unbegründet.

Unzulässig ist der Antrag jedenfalls insoweit, als es um die Zahlung eines Betrages in Höhe von mehr als 5.000,00 EUR monatlich geht, weil der Antrag insoweit weder ausreichend bestimmt noch ausreichend bestimmbar ist. Überdies ist der Antrag aber auch insoweit unzulässig, als er – als Minus zu dem vorgenannten Begehren – auf die Zahlung von 5.000,00 EUR bzw. einem da- runter liegenden, die derzeitigen Honorarabschlagszahlungen aber überschreitenden Teilbetrag gerichtet ist und Zeiträume betrifft, für die bereits quartalsbezogene Abrechungsbescheide erteilt worden sind. Denn insoweit fehlt es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil monatliche Honorarabschlagszahlungen dazu dienen, den Empfänger vor aus zeitlichen Verzögerungen resultierenden wirtschaftlichen Nachteilen zu bewahren, und damit nur auf die zu erwartende Vergütung, nicht jedoch auf eine bereits festgesetzte Vergütung geleistet werden können.

Ob der Antrag darüber hinaus zumindest für die Zeit bis zur Antragserwiderung der Antragsgegnerin unzulässig ist, weil die Antragstellerin ihr Begehren zunächst gegenüber der Antragsgegnerin hätte geltend machen und deren Entscheidung hätte abwarten müssen, kann hier dahinstehen. Denn der Antrag ist jedenfalls in jeder Hinsicht unbegründet, weil die Antragstellerin für ihr Begehren zumindest teilweise schon einen Anordnungsgrund und im Übrigen einen Anordnungsanspruch nicht mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht hat (vgl. § 86 b Abs. 2 SGG).

Hierbei fehlt es an einem Anordnungsgrund für die Monate Dezember 2004 bis Februar 2005, die in die Zeit vor den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht am 01. März 2005 fallen. Denn für diese – in der Vergangenheit liegende – Zeit erweist sich der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht mehr als nötig, weil insoweit durch die Nichtzahlung der erstrebten Honorarabschlagzahlungen keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen können, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichteten einstweiligen Anordnung noch abwenden ließen. Die Antragstellerin hat in dieser Zeit ihre Praxis mit eigenen oder fremden Mitteln betrieben, so dass sie hierfür auf die begehrten Honorarabschlagszahlungen nicht mehr angewiesen ist. Soweit ihr diesbezüglich Nachteile entstanden sein sollten, könnten sie nur im Rahmen eines eventuellen Hauptsacheverfahrens beseitigt werden.

Davon abgesehen hat die Antragstellerin insgesamt aber auch einen Anordnungsanspruch auf die begehrte Leistung nicht glaubhaft gemacht. Nach dem in Teil I. der Regelung für die Honorarabrechnung und –verteilung in der hier maßgeblichen Fassung vom 01. Oktober 2004 aufgeführten § 2 Abs. 9, der sowohl für den Primär- als auch den Ersatzkassenbereich Geltung beansprucht und nach der Vereinbarung über die Honorarverteilung gemäß § 85 Abs. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) für Berlin vom 09. Dezember 2004, dem Vertrag über den Honorarverteilungsmaßstab für die Verteilung der an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin gezahlten Gesamtvergütungen vom 20. Juni 2005 nebst Abrechnungsordnung der KV Berlin gemäß § 2 des vorgenannten Vertrages vom 16. Juni 2005 sowie dem Vertrag über den Honorarverteilungsmaßstab für die Verteilung der an die KV Berlin gezahlten Gesamtvergütungen vom 18. November 2005 letztlich zumindest bis zum 31. März 2006 weiterhin Anwendung findet, werden den Vertragsärzten monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von 27,5 % auf die zu erwartende Vergütung gewährt, die sich nach den in den vorgenannten Rechtsquellen aufgeführten Vorschriften über die Honorarverteilung ihrerseits u. a. nach dem für jeden einzelnen Vertragsarzt ermittelten Individualbudget bestimmt. Dass die ihr zustehenden Honorarabschlagszahlungen nicht auf der Grundlage der nach den vorgenannten Vorschriften für sie ermittelten – möglicherweise sogar durch (bestandskräftige) Bescheide festgesetzten – Daten gezahlt würden, trägt die Antragstellerin in dem hier zur Entscheidung gestellten vorläufigen Rechtsschutzverfahren selbst nicht vor, so dass ein Anordnungsanspruch auf Zahlung höherer Honorarabschlagszahlungen vor diesem Hintergrund ausscheidet. Allerdings darf nicht außer Betracht bleiben, dass die Antragstellerin geltend gemacht hat, sie habe einen Anspruch auf erneute Entscheidung über ihren Antrag auf Neufestsetzung ihres Individualbudgets, den die Antragsgegnerin unter Verkennung der ihr insoweit eingeräumten Entscheidungsspielräume rechtswidrig abgelehnt habe. Dieses Vorbringen hat die Antragstellerin zu Recht nur zur Begründung ihres hier verfolgten Anspruchs auf Zahlung höherer Honorarabschlagszahlungen herangezogen und nicht selbst zum Gegenstand eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens auf vorläufige Neubescheidung ihres Antrags auf Neufestsetzung ihres Individualbudgets bzw. – darüber hinausgehend – auf vorläufige Festsetzung eines höheren Individualbudgets gemacht. Denn mit der insoweit begehrten einstweiligen Anordnung würde letztlich ein Status festgeschrieben, der sich bei einem eventuellen Misserfolg eines – hier im Übrigen beim Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 79 KA 188/04 bereits anhängigen – Hauptsacheverfahrens nicht mehr revidieren ließe, was dazu führen würde, dass der Antrag nur dann Erfolg haben könnte, wenn dem betroffenen Antragsteller das Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zugemutet werden könnte. Letzteres ließe sich hier nicht feststellen, weil nicht unberücksichtigt bleiben dürfte, dass die begehrte einstweilige Anordnung lediglich als "Mittel zum Zweck" beantragt worden wäre. Im Ergebnis ginge es der Antragstellerin dann nämlich nicht allein um die Neufestsetzung ihres Individualbudgets, sondern als Folge davon um die Zahlung eines höheren Honorars bzw. – im Vorfeld hierzu – um die Zahlung höherer Honorarabschlagszahlungen. Vor diesem Hintergrund würde sich ihr Antrag als nicht nötig erweisen, weil es ihr zuzumuten wäre, hinsichtlich der aus der Neufestsetzung ihres Individualbudgets (möglicherweise) resultierenden Zahlung höherer Honorare / Honorarabschlagszahlungen um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen.

Den zuletzt beschriebenen Weg hat die Antragstellerin mit ihrem auf vorläufige Zahlung höherer Honorarabschlagszahlungen gerichteten vorläufigen Rechtsschutzantrag zutreffend beschritten. Die Frage, ob ihr ein Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrages auf Neufestsetzung ihres Individualbudgets zusteht, ist hier dementsprechend inzident zu prüfen. Im Rahmen dieser Inzidentprüfung muss sich die Antragstellerin allerdings entgegenhalten lassen, dass ein bloßer Neubescheidungsanspruch ihrem vorläufigen Rechtsschutzantrag nicht zum Erfolg zu verhelfen vermag, weil hieraus noch kein höherer Zahlungsanspruch erwachsen kann. Ob ihr Vorbringen vor diesem Hintergrund dahingehend ausgelegt werden kann, dass sie geltend machen will, sie habe einen Anspruch auf Neufestsetzung ihres Individualbudgets in einer Höhe, die zu einem Anspruch auf Zahlung von Honorarabschlagszahlungen in Höhe von 5.000,00 EUR monatlich bzw. in Höhe eines über den gegenwärtigen Honorarabschlagszahlungen liegenden Teilbetrages hiervon führt, kann hier dahinstehen. Denn unabhängig davon, ob und inwieweit der Antragsgegnerin bei der Entscheidung über die Neufestsetzung des Individualbudgets – wie die Antragstellerin meint – tatsächlich gerichtlich nicht voll nachprüfbare Entscheidungsspielräume eingeräumt sind, lässt sich ein Anspruch im zuvor beschriebenen Sinne bei der hier nur möglichen summarischen Prüfung schon deshalb nicht feststellen, weil die Antragstellerin nachvollziehbare Tatsachen und Zahlen, die zur Festsetzung eines höheren Individualbudgets und hieraus folgend zur Zahlung höherer Honorarabschlagszahlungen führen könnten, weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht hat.

Davon abgesehen spricht bei summarischer Prüfung auch nichts dafür, dass die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin, das Individualbudget der Antragstellerin neu festzusetzen, rechtswidrig sein könnte. Anspruchsgrundlage für die Neufestsetzung des Individualbudgets sind die in Teil I. § 9 Abs. 9 bis 11 der Regelung für die Honorarabrechnung und –verteilung in der Fassung vom 01. Oktober 2004 geregelten Bestimmungen, die sowohl für den Primär– als auch den Ersatzkassenbereich gelten und nach der Vereinbarung über die Honorarverteilung gemäß § 85 Abs. 4 SGB V für Berlin vom 09. Dezember 2004, dem Vertrag über den Honorarverteilungsmaßstab für die Verteilung der an die KV Berlin gezahlten Gesamtvergütungen vom 20. Juni 2005 (vgl. dort § 9 Abs. 12 bis 14) sowie dem Vertrag über den Honorarverteilungsmaßstab für die Verteilung der an die KV Berlin gezahlten Gesamtvergütungen vom 18. November 2005 letztlich bis zum 31. März 2006 weiterhin Anwendung finden. Unabhängig davon, ob und inwieweit der Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung durch das Gericht nicht voll nachprüfbare Entscheidungsspielräume eingeräumt sein sollten, ist es nach diesen Bestimmungen erforderlich, dass sich der jeweilige Antragsteller auf einen begründeten (Ausnahme-) Fall berufen kann, der nach den in den Bestimmungen selbst genannten Beispielsfällen insbesondere dann in Betracht zu ziehen ist, wenn Praxisschließungen ohne Praxisnachfolge im Umfeld des Antragstellers und eine entsprechende Patientenübernahme, das Erlöschen von Ermächtigungen von Krankenhausärzten, eine längere Erkrankung im Bemessungszeitraum oder eine veränderte Praxisstruktur in Rede stehen. Einen derartigen Ausnahmefall hat die Antragstellerin hier indes bei summarischer Prüfung weder dargetan noch in geeigneter Art und Weise belegt. Insoweit schließt sich der Senat nach § 142 Abs. 3 S. 3 SGG den Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Beschluss sowie nach § 136 Abs. 3 SGG analog der in dem Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2004 von der Antragsgegnerin gegebenen Begründung an und sieht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen an dieser Stelle von einer weiteren Begründung seines Beschlusses ab, zumal die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde keinerlei neue Aspekte vorgetragen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes. Wie schon das Sozialgericht geht der Senat hierbei von dem Differenzbetrag zwischen den nach Aktenlage monatlich gezahlten Honorarabschlagszahlungen in Höhe von 3.670,00 EUR und 5.000,00 EUR aus und lässt in diesem Zusammenhang unberücksichtigt, dass die Antragstellerin die Zahlung eines Betrages von " mindestens 5.000,00 EUR " monatlich beantragt hat. Diesen Betrag rechnet der Senat in Anlehnung an seine ständige Rechtsprechung in Zulassungsverfahren auf drei Jahre, d. h. 36 Monate hoch und setzt von dem sich hiernach ergebenden Betrag in Höhe von 47.880,00 EUR - anders als das Sozialgericht – wegen des nur vorläufigen Charakters des hiesigen Verfahrens die Hälfte als Gegenstandswert fest.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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