Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 57 AL 2917/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 AL 195/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten des Klägers im Verfahren erster Instanz. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) höhere Unterhaltsgeld- (Uhg) bzw. Arbeitslosengeld- (Alg) Leistungen für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993, vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 und vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999.
Der am 1938 geborene Kläger war seit dem 01. Dezember 1971 im diplomatischen Dienst der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) beschäftigt, zuletzt als Botschaftsrat in Peru. Vom 03. Oktober 1990 bis zum 02. Juli 1991 bezog er Wartestandsgeld nach einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 2.133,33 DM. Vom 02. April 1991 bis zum 31. März 1993 absolvierte der Kläger einen von der Beklagten geförderten Lehrgang zum Gerontotherapeuten mit familientherapeutischer Kompetenz; die Beklagte bewilligte ihm für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993 Uhg nach einem gerundeten wöchentlichen Bruttoarbeitsentgelt vom 490,- DM, für die Zeit ab dem 03. Januar 1992 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 560,- DM, für die Zeit ab dem 03. Juli 1992 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 640,- DM und für die Zeit ab dem 4. Januar 1993 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 690,- DM (Bewilligungsbescheid vom 24. Juli 1991).
Nach Abschluss des Lehrgangs war der Kläger vom 02. April 1993 bis zum 31. Dezember 1993 als Altenpfleger bei der Gemeindeverwaltung Hohen Neuendorf (durchschnittliches wöchentliches Bruttoentgelt = 756,23 DM) und vom 01. Januar 1994 bis zum 30. Juni 1995 als Pflegehelfer bei der Sankt Elisabeth-Stiftung beschäftigt (durchschnittlicher Bruttoverdienst = 666,39 DM wöchentlich). Für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg unter Zugrundelegung eines wöchentlichen gerundeten Bemessungsentgelts von 660,- DM (Bescheide vom 28. Juli 1995 und 10. Januar 1996). Vom 01. März 1996 bis zum 15. Mai 1998 war der Kläger erneut als Betreuer bzw. Pfleger in einem Privathaushalt beschäftigt (durchschnittlicher Bruttoverdienst = 692,31 DM wöchentlich). Vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 stand er erneut im Alg-Bezug, und zwar nach einem wöchentlich gerundeten Bemessungsentgelt in Höhe von 740,- DM bzw. – für die Zeit ab 16. Mai 1999 – von 760,- DM.
Im November 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überprüfung sämtlicher Alg- bzw. Uhg-Bewilligungs- und Änderungsbescheide für die Zeit ab 03. Juli 1991. Mit Bescheid vom 04. Januar 2002 lehnte die Beklagte eine Rücknahme bzw. Änderung ihres Uhg-Bewilligungsbescheides vom 24. Juli 1991 ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück mit der Begründung, dass sämtliche Bewilligungsbescheide für die Zeit ab 03. Juli 1991 überprüft worden, jedoch nicht zu beanstanden seien.
Im Klageverfahren hat die Beklagte mit fünf Änderungsbescheiden vom 22. Januar 2004 den Alg-Bewilligungen für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis 29. Februar 1996 und für die Zeit vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 aufgrund eines "Rundungsfehlers" höhere Bemessungsentgelte von 670,- DM (01. Juli 1995 bis 29. Februar 1996), 760,- DM (16. Mai 1998 bis 31. Dezember 1998), 760,- DM (01. Januar 1999 bis 15. Mai 1999) bzw. 770,- DM (16. Mai 1999 bis 31. Mai 1999) zugrunde gelegt (Nachzahlungsbetrag insgesamt = 185,28 EUR). Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Änderung der Bewilligungsbescheide für die Zeit ab 03. Juli 1991 und Gewährung von Lohnersatzleistungen nach einem höheren Bemessungsentgelt für die Zeiten vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993, vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 und vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 gerichtete Klage mit Urteil vom 07. März 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei nicht begründet. Einem Anspruch auf höheres Uhg für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993 stehe bereits § 44 Abs. 4 SGB X entgegen. Im Hinblick auf den Überprüfungsantrag des Klägers vom November 2001 komme die Gewährung höherer Leistungen nach Maßgabe des § 44 SGB X nur für die Zeit ab 01. Januar 1997 in Betracht, so dass der Leistungszeitraum des Uhg außerhalb dieses Zeitraums liege. Der Kläger habe darüber hinaus aus keinen Anspruch auf höheres Alg für die übrigen streitbefangenen Zeiträume. Für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 habe die Beklagte das Bemessungsentgelt zutreffend nach dem insoweit noch anwendbaren § 112 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bestimmt, nämlich nach dem beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum der letzten sechs Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Alg-Anspruchs. Von Januar bis Juni 1995 habe der Kläger ein durchschnittliches monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 2.887,68 DM und somit ein durchschnittliches wöchentliches Bruttoarbeitsentgelt von 666,39 DM erzielt. Eine Bemessung nach § 112 Abs. 7 AFG komme nicht in Betracht, weil der Kläger in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend als Pfleger beruflich tätig gewesen sei; von dem diesbezüglich zuletzt erzielten Arbeitsentgelt sei somit auszugehen. Gleiches gelte auch für den Alg-Bezugszeitraum vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999, für den § 133 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) einschlägig sei. Die Beklagte habe danach zutreffend das günstigere Bemessungsentgelt aus dem Alg-Vorbezug zzgl. der Dynamisierung, nämlich gerundet 760,- DM bzw. 770,- DM, zugrunde gelegt. Dieses Bemessungsentgelt aus dem Vorbezug sei höher als dasjenige, das sich nach dem aus der Beschäftigung als Pfleger im Privathaushalt ermittelten Bruttoarbeitsentgelt von wöchentlich lediglich 688,44 DM (ungerundet) ergeben hätte. Die Voraussetzungen einer fiktiven höheren Einstufung nach § 133 Abs. 4 SGB III würden nicht vorliegen, und zwar schon deshalb nicht, weil ein Bemessungszeitraum von mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruches festgestellt werden könne.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil; auf seine Schriftsätze vom 12. Mai 2005 und 28. Oktober 2005 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 04. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 22. Januar 2004 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993, vom 01. Juli 1995 bis 29. Februar 1996 und vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 Unterhaltsgeld bzw. Arbeitslosengeld nach einem höherem Bemessungsentgelt zu gewähren und die Bewilligungsbescheide für diese Zeiträume entsprechend zu ändern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze verwiesen.
Die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Änderung des Uhg-Bewilligungsbescheides vom 24. Juli 1991 für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993 gemäß § 44 SGB X sowie auf höheres Alg für die Zeiträume vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 und vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999; die hinsichtlich der letztgenannten Alg-Bezugszeiträume erteilten fünf Änderungsbescheide der Beklagten vom 22. Januar 2004 sind Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens gemäß § 96 Abs. 1 SGG geworden und haben insoweit den angefochtenen Überprüfungsbescheid vom 04. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2002 ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1992 – 14 b/4 REg 12/90 – veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 – B 13 RJ 37/04 R – veröffentlicht in juris).
Einer Gewährung von höherem Uhg für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993 im Rahmen des vom Kläger angestrengten Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X steht bereits die Vorschrift des § 44 Abs. 4 SGB X entgegen. Ist danach ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X). Im Hinblick auf den vom Kläger im November 2001 gestellten Überprüfungsantrag kommt nach dieser Vorschrift nur die rückwirkende Gewährung von Leistungen für die Zeit ab 01. Januar 1997 in Betracht; der Uhg-Leistungszeitraum liegt aber in Gänze vor dem 01. Januar 1997. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich hierbei nicht um eine Verjährungsvorschrift, auf die sich die Beklagte im Wege der gerichtlichen Einrede berufen müsste, sondern um eine von Amts wegen zu beachtende einzelanspruchsvernichtende Einwendung, die immer dann anwendbar ist, wenn ein rechtswidrig nicht begünstigender Verwaltungsakt mit Rückwirkung für mehr als vier Jahre – weil sonst die Bindungswirkung des alten Verwaltungsaktes ohnehin entgegenstünde - nach § 44 Abs. 1 oder 2 SGB X aufgehoben worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 06. März 2003 – B 4 RA 38/02 R = SozR 4-2600 § 115 Nr. 1).
Für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 steht dem Kläger höheres Alg als das zuletzt von der Beklagten in den Änderungsbescheiden vom 22. Januar 2004 festgesetzte nicht zu. Insbesondere bedeutet die von der Beklagten vorgenommene Regelbemessung des Alg für den Kläger keine besondere Härte.
Der Kläger war in dem genannten Zeitraum – unstreitig – arbeitslos, stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, war arbeitslos gemeldet und hatte auch die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 100 AFG). Die Leistungshöhe bestimmt sich für den vorgenannten Zeitraum nach § 111 AFG und § 112 AFG. Allgemein bemisst sich die Höhe des Alg dabei mittels dreier Kriterien: des innerhalb des Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelts – Bemessungsentgelts – (§ 111 Abs. 1 AFG i. V. m. § 112 AFG), des den prozentualen Leistungssatz bestimmenden Familienstatus (§ 111 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AFG) und der Steuerklasse, die wegen der Höhe der gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge die Einteilung in verschiedene Leistungsgruppen bedingt (§ 111 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 113 AFG). Der konkrete Leistungsbetrag des Alg ergibt sich aus der gemäß § 111 Abs. 2 AFG erlassenen AFG-Leistungsverordnung 1995 bzw. 1996. Für den Kläger gilt die Leistungsgruppe C und ein Leistungssatz von 60 v. H. (kein Kind). Bei Zugrundelegung eines gerundeten Bemessungsentgelts von 670,- DM ergibt dies nach der AFG-Leistungsverordnung 1995 bzw. 1996 den Zahlbetrag von wöchentlich 303,60 bzw. – für die Zeit ab 01. Januar 1996 – von 317,40 DM. Ein höheres Bemessungsentgelt kommt nicht in Betracht. Bemessungsentgelt ist das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt hat (§ 112 Abs. 1 Satz 1 AFG). Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten sechs Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt hat (§ 112 Abs. 2 in der vorliegend maßgebenden, ab 01. Januar 1994 geltenden Fassung). Für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitentgelts ist das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden zu vervielfachen, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt (§ 112 Abs. 3 Satz 1 AFG). Arbeitsentgelt, das nach Monaten bemessen ist, gilt als in der Zahl von Arbeitsstunden erzielt, die sich ergibt, wenn die Zahl der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden mit dreizehn vervielfacht und durch drei geteilt wird (§ 112 Abs. 3 Satz 2 AFG). Vorliegend ergibt sich nach Maßgabe dieser Berechnung ein wöchentliches durchschnittlich erzieltes Arbeitsentgelt von 666,39 DM, gerundet (vgl. § 112 Abs. 10 AFG) von 670,- DM. Eine Bemessung nach § 112 Abs. 5 Nr. 2 AFG scheidet aus, weil der Kläger im Bemessungszeitraum nicht zur Berufsausbildung beschäftigt war. Die vom Kläger in Bezug genommene Vorschrift des § 112 Abs. 9 AFG ist bereits zum 1. Januar 1994 entfallen (Art. 1 des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993 (BGBl. I S.2353).
Das maßgebliche Bemessungsentgelt ist auch nicht abweichend von der dargelegten Regelbemessung nach § 112 Abs. 7 AFG zu ermitteln. Nach dieser Vorschrift ist von dem am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Arbeitslosen maßgeblichen tariflichen oder mangels einer tariflichen Regelung von dem ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen, für die der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufes und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt, wenn es mit Rücksicht auf die von dem Arbeitslosen in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend ausgeübte berufliche Tätigkeit unbillig hart wäre, von dem Arbeitsentgelt nach § 112 Abs. 1 – 6 AFG auszugehen (Alternative 1), oder wenn der letzte Tag des Bemessungszeitraumes bei Entstehung des Anspruches länger als drei Jahre zurückliegt (Alternative 2). Die tatbestandlichen Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Alternative 1 sind nicht erfüllt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, besteht der Grundgedanke des § 112 Abs. 7 Alternative 1 AFG darin, einen Ausgleich für die Fälle zu schaffen, in denen der Arbeitslose gerade in dem verhältnismäßig kurzen Bemessungszeitraum, dessen Lohnbedingungen die Faktoren des Bemessungsentgelts im Sinne der Regelbemessung nach § 112 Abs. 1 – 6 AFG zu entnehmen sind, ein wesentlich geringeres Arbeitsentgelt erzielt hat, als es den beitragspflichtigen Tätigkeiten entspricht, die der Arbeitslose überwiegend ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 3– 4100 § 44 Nr. 11 mit weiteren Nachweisen; BSG, Urteil vom 25. Juni 1999 – B 7 AL 64/98 R – veröffentlicht in juris). Eine Tätigkeit ist danach im Sinne von § 112 Abs. 7 AFG schon dann überwiegend ausgeübt, wenn sie einen längeren Zeitraum als die anderen in den drei Jahren verrichteten Tätigkeiten bzw. Berufsphasen umfasst (vgl. BSG aaO). Da der Kläger in den letzen drei Jahren vor seiner Arbeitslosmeldung überwiegend als Pfleger bzw. Pflegehelfer - nämlich in der Zeit vom 02. April 1993 bis zum 30. Juni 1995 (27 Monate) – tätig war, kann es schon von vornherein keine unbillige Härte darstellen, wenn die Beklagte von der Regelbemessung ausgegangen ist, die sich auf das im Bemessungszeitraum als Pfleger erzielte durchschnittliche wöchentliche Arbeitsentgelt stützt. Ohne Belang ist dabei, dass der Kläger bis zur Wende im diplomatischen Dienst der DDR tätig war. Denn diese Tätigkeit hat er – unstreitig – in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung zum 01. Juli 1995 nicht mehr ausgeübt. Die Zeit der Umschulung vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993 gilt zwar auch als berufliche Tätigkeit im Sinne von § 112 Abs. 7 AFG, sie umfasst aber vorliegend innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums vor der Arbeitslosmeldung nur neun Monate. Das in der Pflegetätigkeit vom 02. April 1993 bis zum 31. Dezember 1993 erzielte durchschnittliche wöchentliche Bruttoentgelt des Klägers von 756,23 DM liegt zudem nicht so wesentlich über dem wöchentlichen Bruttoarbeitsentgelt für die Zeit vom 01. Januar 1994 bis zum 30. Juni 1995 (= 666,39 DM), dass von einer unbilligen Härte ausgegangen werden könnte, zumal die Dauer der besser bezahlten Tätigkeit die Dauer der anderen Tätigkeiten bzw. Berufsphasen absolut nicht überstiegen hat (vgl. hierzu BSG aaO).
Für den Alg-Bezugszeitraum vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 hat die Beklagte das Bemessungsentgelt zutreffend nach der ab 01. Januar 1998 in Kraft getretenen Vorschrift des § 133 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung bestimmt. Nach dieser Vorschrift ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Alg zuletzt bemessen worden ist, wenn der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs – wie hier – Alg bezogen hat. Der Kläger hatte für die Zeit ab 16. Mai 1998 einen neuen Alg-Anspruch; er war – unstreitig – ab 16. Mai 1998 arbeitslos, beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und hatte auch die Anwartschaftszeit in Gestalt eines mindestens zwölfmonatigen Versicherungspflichtverhältnisses in der Rahmenfrist gemäß § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung erfüllt. Da die Regelbemessung gemäß § 132 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung nach dem aus der Beschäftigung als Pfleger in einem privaten Haushalt ermittelten durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt von lediglich 688,44 DM niedriger gewesen wäre, war Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Alg für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 zuletzt bemessen worden war, mithin ein – dynamisierter – Betrag von 760,- DM bzw. – für die Zeit ab 16. Mai 1999 – von 770,- DM. Hieraus errechnet sich unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe A und des Leistungssatzes von 60 v. H. ein Leistungsbetrag von wöchentlich 283,57 DM nach der SGB III – Leistungsentgeltverordnung 1998 bzw. von 286,44 DM und 289,03 DM nach der SGB III – Leistungsentgeltverordnung 1999. Die Dynamisierung des Bemessungsentgelts aus dem Alg-Vorbezug vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 (ungerundet wöchentlich = 666,39 DM) ergibt sich aus § 138 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung. Danach war das ungerundete Bemessungsentgelt jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraumes (Anpassungstag) zu dynamisieren, und zwar für die Zeit ab 01. Juli 1996 und 01. Juli 1997. Hieraus ergibt sich ein gerundetes wöchentliches Bemessungsentgelt von 760,- DM, das dem Alg-Bezug für die Zeit ab 16. Mai 1998 zugrunde zu legen und seinerseits nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraumes für die Zeit ab 16. Mai 1999 auf 770,- DM gerundet anzupassen war. Die Rundung auf den nächsten durch zehn teilbaren DM-Betrag ergibt sich aus § 132 Abs. 3 SGB III in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung.
Eine fiktive Bemessung nach § 133 Abs. 4 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung für den Alg-Bezugszeitraum vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger im Bemessungszeitraum (§ 130 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) mehr als 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt versicherungspflichtig beschäftigt war. Auch die Regelung des § 131 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Juli 1999 geltenden Fassung ist nicht einschlägig, weil der Kläger in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung zum 16. Mai 1998 ausschließlich als Pfleger versicherungspflichtig beschäftigt war und das insoweit erzielte durchschnittliche wöchentliche Bruttoentgelt das – vorliegend maßgebende – Bemessungsentgelt aus dem Alg-Vorbezug gemäß § 133 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ohnehin unterschritten hatte. Es kann somit dahinstehen, auf welche Beschäftigung das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Kläger in erster Linie zu erstrecken hatte.
Einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemacht. Anhaltspunkte für eine objektive Pflichtverletzung, etwa einen Beratungsfehler der Beklagten, die alleine Grundlage eines derartigen Herstellungsanspruches sein könnte, sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Zinsansprüche hat der Kläger im Berufungsverfahren ebenfalls nicht mehr geltend gemacht, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 25. Mai 2004 auf die Änderungsbescheide vom 22. Januar 2004 einen Zinsanspruch in Höhe von 6,72 Euro festgestellt hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren eine geringfügige Änderung der Bewilligungsbescheide für die Zeit ab 01. Juli 1995 zu seinen Gunsten erreichen konnte.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) höhere Unterhaltsgeld- (Uhg) bzw. Arbeitslosengeld- (Alg) Leistungen für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993, vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 und vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999.
Der am 1938 geborene Kläger war seit dem 01. Dezember 1971 im diplomatischen Dienst der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) beschäftigt, zuletzt als Botschaftsrat in Peru. Vom 03. Oktober 1990 bis zum 02. Juli 1991 bezog er Wartestandsgeld nach einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 2.133,33 DM. Vom 02. April 1991 bis zum 31. März 1993 absolvierte der Kläger einen von der Beklagten geförderten Lehrgang zum Gerontotherapeuten mit familientherapeutischer Kompetenz; die Beklagte bewilligte ihm für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993 Uhg nach einem gerundeten wöchentlichen Bruttoarbeitsentgelt vom 490,- DM, für die Zeit ab dem 03. Januar 1992 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 560,- DM, für die Zeit ab dem 03. Juli 1992 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 640,- DM und für die Zeit ab dem 4. Januar 1993 nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 690,- DM (Bewilligungsbescheid vom 24. Juli 1991).
Nach Abschluss des Lehrgangs war der Kläger vom 02. April 1993 bis zum 31. Dezember 1993 als Altenpfleger bei der Gemeindeverwaltung Hohen Neuendorf (durchschnittliches wöchentliches Bruttoentgelt = 756,23 DM) und vom 01. Januar 1994 bis zum 30. Juni 1995 als Pflegehelfer bei der Sankt Elisabeth-Stiftung beschäftigt (durchschnittlicher Bruttoverdienst = 666,39 DM wöchentlich). Für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg unter Zugrundelegung eines wöchentlichen gerundeten Bemessungsentgelts von 660,- DM (Bescheide vom 28. Juli 1995 und 10. Januar 1996). Vom 01. März 1996 bis zum 15. Mai 1998 war der Kläger erneut als Betreuer bzw. Pfleger in einem Privathaushalt beschäftigt (durchschnittlicher Bruttoverdienst = 692,31 DM wöchentlich). Vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 stand er erneut im Alg-Bezug, und zwar nach einem wöchentlich gerundeten Bemessungsentgelt in Höhe von 740,- DM bzw. – für die Zeit ab 16. Mai 1999 – von 760,- DM.
Im November 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überprüfung sämtlicher Alg- bzw. Uhg-Bewilligungs- und Änderungsbescheide für die Zeit ab 03. Juli 1991. Mit Bescheid vom 04. Januar 2002 lehnte die Beklagte eine Rücknahme bzw. Änderung ihres Uhg-Bewilligungsbescheides vom 24. Juli 1991 ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück mit der Begründung, dass sämtliche Bewilligungsbescheide für die Zeit ab 03. Juli 1991 überprüft worden, jedoch nicht zu beanstanden seien.
Im Klageverfahren hat die Beklagte mit fünf Änderungsbescheiden vom 22. Januar 2004 den Alg-Bewilligungen für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis 29. Februar 1996 und für die Zeit vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 aufgrund eines "Rundungsfehlers" höhere Bemessungsentgelte von 670,- DM (01. Juli 1995 bis 29. Februar 1996), 760,- DM (16. Mai 1998 bis 31. Dezember 1998), 760,- DM (01. Januar 1999 bis 15. Mai 1999) bzw. 770,- DM (16. Mai 1999 bis 31. Mai 1999) zugrunde gelegt (Nachzahlungsbetrag insgesamt = 185,28 EUR). Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Änderung der Bewilligungsbescheide für die Zeit ab 03. Juli 1991 und Gewährung von Lohnersatzleistungen nach einem höheren Bemessungsentgelt für die Zeiten vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993, vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 und vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 gerichtete Klage mit Urteil vom 07. März 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei nicht begründet. Einem Anspruch auf höheres Uhg für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993 stehe bereits § 44 Abs. 4 SGB X entgegen. Im Hinblick auf den Überprüfungsantrag des Klägers vom November 2001 komme die Gewährung höherer Leistungen nach Maßgabe des § 44 SGB X nur für die Zeit ab 01. Januar 1997 in Betracht, so dass der Leistungszeitraum des Uhg außerhalb dieses Zeitraums liege. Der Kläger habe darüber hinaus aus keinen Anspruch auf höheres Alg für die übrigen streitbefangenen Zeiträume. Für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 habe die Beklagte das Bemessungsentgelt zutreffend nach dem insoweit noch anwendbaren § 112 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bestimmt, nämlich nach dem beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum der letzten sechs Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor der Entstehung des Alg-Anspruchs. Von Januar bis Juni 1995 habe der Kläger ein durchschnittliches monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 2.887,68 DM und somit ein durchschnittliches wöchentliches Bruttoarbeitsentgelt von 666,39 DM erzielt. Eine Bemessung nach § 112 Abs. 7 AFG komme nicht in Betracht, weil der Kläger in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend als Pfleger beruflich tätig gewesen sei; von dem diesbezüglich zuletzt erzielten Arbeitsentgelt sei somit auszugehen. Gleiches gelte auch für den Alg-Bezugszeitraum vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999, für den § 133 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) einschlägig sei. Die Beklagte habe danach zutreffend das günstigere Bemessungsentgelt aus dem Alg-Vorbezug zzgl. der Dynamisierung, nämlich gerundet 760,- DM bzw. 770,- DM, zugrunde gelegt. Dieses Bemessungsentgelt aus dem Vorbezug sei höher als dasjenige, das sich nach dem aus der Beschäftigung als Pfleger im Privathaushalt ermittelten Bruttoarbeitsentgelt von wöchentlich lediglich 688,44 DM (ungerundet) ergeben hätte. Die Voraussetzungen einer fiktiven höheren Einstufung nach § 133 Abs. 4 SGB III würden nicht vorliegen, und zwar schon deshalb nicht, weil ein Bemessungszeitraum von mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruches festgestellt werden könne.
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen dieses Urteil; auf seine Schriftsätze vom 12. Mai 2005 und 28. Oktober 2005 wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. März 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 04. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 22. Januar 2004 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993, vom 01. Juli 1995 bis 29. Februar 1996 und vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 Unterhaltsgeld bzw. Arbeitslosengeld nach einem höherem Bemessungsentgelt zu gewähren und die Bewilligungsbescheide für diese Zeiträume entsprechend zu ändern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze verwiesen.
Die Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Änderung des Uhg-Bewilligungsbescheides vom 24. Juli 1991 für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993 gemäß § 44 SGB X sowie auf höheres Alg für die Zeiträume vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 und vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999; die hinsichtlich der letztgenannten Alg-Bezugszeiträume erteilten fünf Änderungsbescheide der Beklagten vom 22. Januar 2004 sind Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens gemäß § 96 Abs. 1 SGG geworden und haben insoweit den angefochtenen Überprüfungsbescheid vom 04. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2002 ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 1992 – 14 b/4 REg 12/90 – veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 – B 13 RJ 37/04 R – veröffentlicht in juris).
Einer Gewährung von höherem Uhg für die Zeit vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993 im Rahmen des vom Kläger angestrengten Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X steht bereits die Vorschrift des § 44 Abs. 4 SGB X entgegen. Ist danach ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X). Im Hinblick auf den vom Kläger im November 2001 gestellten Überprüfungsantrag kommt nach dieser Vorschrift nur die rückwirkende Gewährung von Leistungen für die Zeit ab 01. Januar 1997 in Betracht; der Uhg-Leistungszeitraum liegt aber in Gänze vor dem 01. Januar 1997. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich hierbei nicht um eine Verjährungsvorschrift, auf die sich die Beklagte im Wege der gerichtlichen Einrede berufen müsste, sondern um eine von Amts wegen zu beachtende einzelanspruchsvernichtende Einwendung, die immer dann anwendbar ist, wenn ein rechtswidrig nicht begünstigender Verwaltungsakt mit Rückwirkung für mehr als vier Jahre – weil sonst die Bindungswirkung des alten Verwaltungsaktes ohnehin entgegenstünde - nach § 44 Abs. 1 oder 2 SGB X aufgehoben worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 06. März 2003 – B 4 RA 38/02 R = SozR 4-2600 § 115 Nr. 1).
Für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 steht dem Kläger höheres Alg als das zuletzt von der Beklagten in den Änderungsbescheiden vom 22. Januar 2004 festgesetzte nicht zu. Insbesondere bedeutet die von der Beklagten vorgenommene Regelbemessung des Alg für den Kläger keine besondere Härte.
Der Kläger war in dem genannten Zeitraum – unstreitig – arbeitslos, stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, war arbeitslos gemeldet und hatte auch die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 100 AFG). Die Leistungshöhe bestimmt sich für den vorgenannten Zeitraum nach § 111 AFG und § 112 AFG. Allgemein bemisst sich die Höhe des Alg dabei mittels dreier Kriterien: des innerhalb des Bemessungszeitraum erzielten Arbeitsentgelts – Bemessungsentgelts – (§ 111 Abs. 1 AFG i. V. m. § 112 AFG), des den prozentualen Leistungssatz bestimmenden Familienstatus (§ 111 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AFG) und der Steuerklasse, die wegen der Höhe der gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge die Einteilung in verschiedene Leistungsgruppen bedingt (§ 111 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 113 AFG). Der konkrete Leistungsbetrag des Alg ergibt sich aus der gemäß § 111 Abs. 2 AFG erlassenen AFG-Leistungsverordnung 1995 bzw. 1996. Für den Kläger gilt die Leistungsgruppe C und ein Leistungssatz von 60 v. H. (kein Kind). Bei Zugrundelegung eines gerundeten Bemessungsentgelts von 670,- DM ergibt dies nach der AFG-Leistungsverordnung 1995 bzw. 1996 den Zahlbetrag von wöchentlich 303,60 bzw. – für die Zeit ab 01. Januar 1996 – von 317,40 DM. Ein höheres Bemessungsentgelt kommt nicht in Betracht. Bemessungsentgelt ist das Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt hat (§ 112 Abs. 1 Satz 1 AFG). Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten sechs Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor der Entstehung des Anspruchs, in denen der Arbeitslose Arbeitsentgelt erzielt hat (§ 112 Abs. 2 in der vorliegend maßgebenden, ab 01. Januar 1994 geltenden Fassung). Für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitentgelts ist das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden zu vervielfachen, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt (§ 112 Abs. 3 Satz 1 AFG). Arbeitsentgelt, das nach Monaten bemessen ist, gilt als in der Zahl von Arbeitsstunden erzielt, die sich ergibt, wenn die Zahl der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden mit dreizehn vervielfacht und durch drei geteilt wird (§ 112 Abs. 3 Satz 2 AFG). Vorliegend ergibt sich nach Maßgabe dieser Berechnung ein wöchentliches durchschnittlich erzieltes Arbeitsentgelt von 666,39 DM, gerundet (vgl. § 112 Abs. 10 AFG) von 670,- DM. Eine Bemessung nach § 112 Abs. 5 Nr. 2 AFG scheidet aus, weil der Kläger im Bemessungszeitraum nicht zur Berufsausbildung beschäftigt war. Die vom Kläger in Bezug genommene Vorschrift des § 112 Abs. 9 AFG ist bereits zum 1. Januar 1994 entfallen (Art. 1 des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993 (BGBl. I S.2353).
Das maßgebliche Bemessungsentgelt ist auch nicht abweichend von der dargelegten Regelbemessung nach § 112 Abs. 7 AFG zu ermitteln. Nach dieser Vorschrift ist von dem am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Arbeitslosen maßgeblichen tariflichen oder mangels einer tariflichen Regelung von dem ortsüblichen Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung auszugehen, für die der Arbeitslose nach seinem Lebensalter und seiner Leistungsfähigkeit unter billiger Berücksichtigung seines Berufes und seiner Ausbildung nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes in Betracht kommt, wenn es mit Rücksicht auf die von dem Arbeitslosen in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung überwiegend ausgeübte berufliche Tätigkeit unbillig hart wäre, von dem Arbeitsentgelt nach § 112 Abs. 1 – 6 AFG auszugehen (Alternative 1), oder wenn der letzte Tag des Bemessungszeitraumes bei Entstehung des Anspruches länger als drei Jahre zurückliegt (Alternative 2). Die tatbestandlichen Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Alternative 1 sind nicht erfüllt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, besteht der Grundgedanke des § 112 Abs. 7 Alternative 1 AFG darin, einen Ausgleich für die Fälle zu schaffen, in denen der Arbeitslose gerade in dem verhältnismäßig kurzen Bemessungszeitraum, dessen Lohnbedingungen die Faktoren des Bemessungsentgelts im Sinne der Regelbemessung nach § 112 Abs. 1 – 6 AFG zu entnehmen sind, ein wesentlich geringeres Arbeitsentgelt erzielt hat, als es den beitragspflichtigen Tätigkeiten entspricht, die der Arbeitslose überwiegend ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 3– 4100 § 44 Nr. 11 mit weiteren Nachweisen; BSG, Urteil vom 25. Juni 1999 – B 7 AL 64/98 R – veröffentlicht in juris). Eine Tätigkeit ist danach im Sinne von § 112 Abs. 7 AFG schon dann überwiegend ausgeübt, wenn sie einen längeren Zeitraum als die anderen in den drei Jahren verrichteten Tätigkeiten bzw. Berufsphasen umfasst (vgl. BSG aaO). Da der Kläger in den letzen drei Jahren vor seiner Arbeitslosmeldung überwiegend als Pfleger bzw. Pflegehelfer - nämlich in der Zeit vom 02. April 1993 bis zum 30. Juni 1995 (27 Monate) – tätig war, kann es schon von vornherein keine unbillige Härte darstellen, wenn die Beklagte von der Regelbemessung ausgegangen ist, die sich auf das im Bemessungszeitraum als Pfleger erzielte durchschnittliche wöchentliche Arbeitsentgelt stützt. Ohne Belang ist dabei, dass der Kläger bis zur Wende im diplomatischen Dienst der DDR tätig war. Denn diese Tätigkeit hat er – unstreitig – in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung zum 01. Juli 1995 nicht mehr ausgeübt. Die Zeit der Umschulung vom 03. Juli 1991 bis zum 01. April 1993 gilt zwar auch als berufliche Tätigkeit im Sinne von § 112 Abs. 7 AFG, sie umfasst aber vorliegend innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums vor der Arbeitslosmeldung nur neun Monate. Das in der Pflegetätigkeit vom 02. April 1993 bis zum 31. Dezember 1993 erzielte durchschnittliche wöchentliche Bruttoentgelt des Klägers von 756,23 DM liegt zudem nicht so wesentlich über dem wöchentlichen Bruttoarbeitsentgelt für die Zeit vom 01. Januar 1994 bis zum 30. Juni 1995 (= 666,39 DM), dass von einer unbilligen Härte ausgegangen werden könnte, zumal die Dauer der besser bezahlten Tätigkeit die Dauer der anderen Tätigkeiten bzw. Berufsphasen absolut nicht überstiegen hat (vgl. hierzu BSG aaO).
Für den Alg-Bezugszeitraum vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 hat die Beklagte das Bemessungsentgelt zutreffend nach der ab 01. Januar 1998 in Kraft getretenen Vorschrift des § 133 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung bestimmt. Nach dieser Vorschrift ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Alg zuletzt bemessen worden ist, wenn der Arbeitslose innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs – wie hier – Alg bezogen hat. Der Kläger hatte für die Zeit ab 16. Mai 1998 einen neuen Alg-Anspruch; er war – unstreitig – ab 16. Mai 1998 arbeitslos, beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und hatte auch die Anwartschaftszeit in Gestalt eines mindestens zwölfmonatigen Versicherungspflichtverhältnisses in der Rahmenfrist gemäß § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung erfüllt. Da die Regelbemessung gemäß § 132 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung nach dem aus der Beschäftigung als Pfleger in einem privaten Haushalt ermittelten durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt von lediglich 688,44 DM niedriger gewesen wäre, war Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Alg für die Zeit vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 zuletzt bemessen worden war, mithin ein – dynamisierter – Betrag von 760,- DM bzw. – für die Zeit ab 16. Mai 1999 – von 770,- DM. Hieraus errechnet sich unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe A und des Leistungssatzes von 60 v. H. ein Leistungsbetrag von wöchentlich 283,57 DM nach der SGB III – Leistungsentgeltverordnung 1998 bzw. von 286,44 DM und 289,03 DM nach der SGB III – Leistungsentgeltverordnung 1999. Die Dynamisierung des Bemessungsentgelts aus dem Alg-Vorbezug vom 01. Juli 1995 bis zum 29. Februar 1996 (ungerundet wöchentlich = 666,39 DM) ergibt sich aus § 138 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung. Danach war das ungerundete Bemessungsentgelt jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraumes (Anpassungstag) zu dynamisieren, und zwar für die Zeit ab 01. Juli 1996 und 01. Juli 1997. Hieraus ergibt sich ein gerundetes wöchentliches Bemessungsentgelt von 760,- DM, das dem Alg-Bezug für die Zeit ab 16. Mai 1998 zugrunde zu legen und seinerseits nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraumes für die Zeit ab 16. Mai 1999 auf 770,- DM gerundet anzupassen war. Die Rundung auf den nächsten durch zehn teilbaren DM-Betrag ergibt sich aus § 132 Abs. 3 SGB III in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung.
Eine fiktive Bemessung nach § 133 Abs. 4 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung für den Alg-Bezugszeitraum vom 16. Mai 1998 bis zum 31. Mai 1999 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger im Bemessungszeitraum (§ 130 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) mehr als 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt versicherungspflichtig beschäftigt war. Auch die Regelung des § 131 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Juli 1999 geltenden Fassung ist nicht einschlägig, weil der Kläger in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosmeldung zum 16. Mai 1998 ausschließlich als Pfleger versicherungspflichtig beschäftigt war und das insoweit erzielte durchschnittliche wöchentliche Bruttoentgelt das – vorliegend maßgebende – Bemessungsentgelt aus dem Alg-Vorbezug gemäß § 133 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ohnehin unterschritten hatte. Es kann somit dahinstehen, auf welche Beschäftigung das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Kläger in erster Linie zu erstrecken hatte.
Einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemacht. Anhaltspunkte für eine objektive Pflichtverletzung, etwa einen Beratungsfehler der Beklagten, die alleine Grundlage eines derartigen Herstellungsanspruches sein könnte, sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Zinsansprüche hat der Kläger im Berufungsverfahren ebenfalls nicht mehr geltend gemacht, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 25. Mai 2004 auf die Änderungsbescheide vom 22. Januar 2004 einen Zinsanspruch in Höhe von 6,72 Euro festgestellt hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren eine geringfügige Änderung der Bewilligungsbescheide für die Zeit ab 01. Juli 1995 zu seinen Gunsten erreichen konnte.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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