L 5 B 1401/05 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AS 8421/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 B 1401/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. November 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um die Gewährung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung.

Der 1954 geborene Antragsteller schloss unter dem 08. Dezember 2004 mit seiner Mutter U A über ein Zimmer in der von dieser angemieteten, mit Ofenheizung ausgestatteten 2-Zimmer-Wohnung in der Mstraße in B einen Untermietvertrag ab. Mit Schreiben vom 09. Dezember 2004 genehmigte die Hausverwaltung die Untervermietung befristet für das Jahr 2005. U A war bereits am 04. Dezember 2004 aus der Wohnung aus- und in eine unter dem 18. Oktober 2004 angemietete Wohnung in E umgezogen. Der Antragsteller bezog die Wohnung in der Mstraße in B nach eigenen Angaben am 31. Dezember 2004.

Am 13. Dezember 2004 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Bei dieser Gelegenheit gab er an, er werde ab dem 01. Januar 2005 ein Zimmer zur Untermiete bei U A zu einem monatlichen Mietzins von 198,05 EUR bewohnen. Dieser Betrag setze sich aus der Miete in Höhe von 188,15 EUR (50 % der Gesamtmiete) sowie je 50 % einer vom Vermieter geltend gemachten Mieterhöhung ab dem 01. Januar 2005 in Höhe von 5,12 EUR und der Kosten für einen Kabelanschluss in Höhe von 4,78 EUR zusammen.

Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller für Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich zunächst 604,15 EUR. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Regelsatz in Höhe von 345,00 EUR, einem Arbeitslosengeld I-Zuschlag von 80,00 EUR sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 179,15 EUR. Die von dem Antragsteller geltend gemachten Unterkunftskosten kürzte sie dabei um 4,78 EUR für nicht in der Gesamtmiete enthaltene Kosten für einen Kabelanschluss, um 5,12 EUR für eine nicht berechtigte Mieterhöhung durch den Vermieter sowie eine Pauschale von 9,00 EUR. In derselben Höhe gewährte sie dem Antragsteller Leistungen für den Februar 2005. Im März 2005 reduzierte die Antragsgegnerin bei einem Arbeitslosengeld I-Zuschlag von nur noch 37,33 EUR die Gesamtleistung auf 561,48 EUR. Ab April 2005 fiel der Arbeitslosengeld I-Zuschlag weg, die Höhe der dem Antragsteller von da an gewährten Leistungen betrug 524,15 EUR.

Am 11. Februar 2005 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin, zukünftig die Kosten für den Hauptmietvertrag zu übernehmen. Ein weiteres Untermietverhältnis sei ihm nicht zumutbar. Die Hauptmieterin sei einverstanden. Ebenso sei die Vermieterin – wie sich aus dem Schreiben vom 07. Februar 2005 ergebe – bereit, mit ihm den Vertrag abzuschließen, sofern seine Mutter die Wohnung als Hauptmieterin kündige. Der monatliche Mietzins werde bei einer Nettokaltmiete von 326,85 EUR inklusive der Vorauszahlungen für Betriebskosten (76,79 EUR) sowie Heizung und Warmwasser (29,06 EUR) insgesamt 432,40 EUR betragen. Mit Bescheid vom 21. Februar 2005 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme für die Wohnung wegen Unangemessenheit ab. Für eine Person sei ein Mietaufwand in Höhe von lediglich 225,00 EUR Kaltmiete als angemessen anzusehen, nicht aber von 326,85 EUR.

Hiergegen wandte der Antragsteller sich mit seinem am 22. März 2005 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Widerspruch und berief sich im Wesentlichen darauf, dass ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin, Herr D, ihm ausdrücklich erklärt habe, dass ein bis zum 30. Juni 2005 gestellter Umwandelungsantrag bewilligt würde.

In seinem Weitergewährungsantrag vom 24. Mai 2005 gab der Antragsteller an, seit dem 01. Januar 2005 monatliche Mietkosten von 386,53 EUR zu zahlen. Mit Änderungsbescheid vom 25. Mai 2005 gewährte die Antragsgegnerin ihm für Januar bis Juni 2005 monatlich zusätzliche Leistungen in Höhe von jeweils 5,12 EUR (Mietzuschlag für das Untermietverhältnis), mithin für Januar und Februar 2005 je 609,27 EUR, für März 2005 566,60 EUR und ab April 2005 monatlich 529,27 EUR. In letztgenannter Höhe bewilligte die Antragsgegnerin dem Kläger die Leistungen weiter bis zum 31. Dezember 2005. Mit Widerspruchsbescheid vom 03. August 2005 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers zurück. Der Antragsteller habe Leistungen nach dem SGB II unter Vorlage eines Untermietvertrages beantragt. Die Kosten für das Untermietverhältnis seien korrekt erfasst und bewilligt worden. Er begehre jetzt die Übernahme der Kosten der Umwandlung des Untermietvertrages in einen Hauptmietvertrag. Daraus ergäben sich Kosten in Höhe von 432,40 EUR. Nach § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II könnten jedoch nur angemessene Kosten übernommen werden. Diese beliefen sich nach der Richtlinie bei einer Person auf höchstens 225,00 EUR Kaltmiete, während vorliegend eine Kaltmiete von 326,85 EUR berücksichtigt werden müsste. Der Bestandsschutz des § 22 Absatz 1 Satz 2 SGB II greife nicht ein, weil der Widerspruchsführer wissentlich einen Untermietvertrag mit einem Hauptmieter unterschrieben habe, der tatsächlich bereits ausgezogen gewesen sei, sodass er mit höherer Mietbelastung habe rechnen und deren Angemessenheit habe beachten müssen.

Mit seinem am 12. September 2005 beim Sozialgericht Berlin gestellten Antrag hat der Antragsteller begehrt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab dem 01. Januar 2005 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Ansatz der vollen Monatsmieten zu gewähren und ihm eine Abschlagszahlung in Höhe von mindestens 1.000,00 EUR auszuzahlen. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die Miete für September 2005 sowie seine Telefon-, Handy- und Energierechnungen nicht mehr habe bezahlen zu können. Zum Beweis hat er ein Schreiben der Hausverwaltung vom 05. September 2005 an seine Mutter vorgelegt, in dem dieser gegenüber die ausstehende Miete für September 2005 in Höhe von 389,53 EUR geltend gemacht wird. Zu den während des Leistungsbezuges seinem Konto wiederholt gutgeschriebenen Zahlungen hat er angegeben, bei einem Betrag von 3.600,00 EUR handele es sich um eine Erbschaft seines am 26. Februar 2005 verstorbenen Vaters. Zwei Einzahlungen zu je 500,00 EUR stammten aus einem Privatdarlehen, das ihm seine ehemalige Kollegin E A gewährt habe. Weiter habe ihm seine Mutter einmal das Arbeitslosengeld II überwiesen, weil er über das Konto nicht mehr habe verfügen können. Bei weiteren Zahlungen ihrerseits handele es sich um die Rückzahlung eines Darlehens. Zur Glaubhaftmachung hat er Erklärungen seines Bruders D A vom 27. November 2005 sowie der E Ad vom 28. November 2005 vorgelegt. Während der Bruder bescheinigt, dem Antragsteller einen Erbanteil von 3.700,00 EUR gestaffelt zu 2.000,00 EUR und 1.700,00 EUR bar ausgezahlt zu haben, gibt E A an, dem Antragsteller im September und Oktober 2005 je 500,00 EUR als zinsloses Privatdarlehen zur Verfügung gestellt zu haben.

Mit Beschluss vom 29. November 2005 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels eiligen Regelungsbedürfnisses zurückgewiesen. Für die Zeit vor Antragstellung bei Gericht fehle es bereits an einer gegenwärtigen Notlage. Diese gelte auch für den späteren Zeitraum. Dem Antragsteller sei nach eigenen Angaben nach dem Tod seines Vaters im Februar 2005 ein Erbteil in Höhe von 3.700,00 EUR zugeflossen, mit dem er – zusammen mit den ihm fortlaufend zufließenden Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhaltes – zunächst in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt auch unter Einschluss der an sich nur im zwischen seiner Mutter und der Hausverwaltung bestehenden Hauptmietverhältnis zu entrichtenden Bruttowarmmiete in Höhe von 386,53 EUR zu decken. Im Übrigen habe er auch nicht vermocht, einen Anordnungsanspruch mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft zu machen. Es fehle an der Glaubhaftmachung einer Hilfebedürftigkeit. Seine Angaben zu den Zuflüssen auf seinem Girokonten erschienen unvollständig. Weiter bleibe im Dunkeln, wie hoch der Nachlass seines Vaters insgesamt gewesen sei, wie hoch der vom Antragsteller zu beanspruchende Erbteil sei und ob er noch weitere Zahlungen erhalte oder erwarten könne. Auch sei es verdächtig, dass der Antragsteller das Geld, obwohl es ihm in zwei größeren Beträgen ausgezahlt worden sein soll, in mehreren kleinen Beträgen auf sein Konto eingezahlt haben will. Der Antragsteller vermittle mit seinen zögerlichen und unvollständigen Angaben sowie mit dem nicht nachzuvollziehenden Einzahlungsgebaren den nachhaltigen Eindruck, etwas verdecken zu wollen, zumal er den Zufluss der Erbschaft, der grundsätzlich nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II anrechenbares Einkommen darstellen dürfte, umgehend der Antragsgegnerin und dem Gericht gegenüber hätte offen legen müssen. Hinzu komme, dass zwei weitere Einzahlungen in Höhe von je 500,00 EUR aus einem Privatdarlehen der ehemaligen Kollegin E A stammen sollen, wohingegen der Überweisungsträger zum entsprechenden Zahlungseingang vom 19. Oktober 2005 den Verwendungszweck beziehungsweise Buchungstext "I H von H" enthalte. Undurchsichtig sei auch, warum der Antragsteller nach dem Auszug seiner Mutter mit dieser einen Untermietvertrag abgeschlossen habe, um die Wohnung dann aber tatsächlich ausschließlich allein zu nutzen.

Gegen diesen ihm am 02. Dezember 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 21. Dezember 2005 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Er meint, die Antragsgegnerin ignoriere, dass die tatsächlichen Aufwendungen gemäß § 22 Absatz 1 SGB II unabhängig von Wohn- und Nutzungsberechtigungen oder Verträgen in Höhe von 360,00 EUR als Richtwert für einen 1-Personen-Haushalt zu erbringen seien. Diese Leistungen seien unabhängig von der Angemessenheit zunächst für ein Jahr in der tatsächlichen Höhe zu übernehmen. Den Weg über den Abschluss eines Untermietvertrages habe er auf Anraten eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin gewählt.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. November 2005 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm ab dem 01. Januar 2005 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Übernahme der vollen tatsächlich anfallenden Mietkosten – ggfs. nach Abgabe einer entsprechenden Zusicherung - sowie eine Abschlagszahlung zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie meint, der Antragsteller habe weiterhin seine Hilfebedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere sei auch eine Darlehensgewährung durch E A nicht glaubhaft. Es sei zu fordern, dass ein Darlehensvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam abgeschlossen werde und von einer verschleierten Unterhaltsgewährung oder Schenkung – auch in seiner tatsächlichen Durchführung - klar und eindeutig abzugrenzen sei. Der Vertrag müsse daher nach seiner Form, der inhaltlichen Gestaltung und der tatsächlichen Durchführung des Vereinbarten im Wesentlichen dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Dazu gehöre, dass der Darlehensvertrag – wie marktüblich – Vereinbarungen über Laufzeit, Art und Weise der Rückzahlung sowie Höhe und Zahlungszeitpunkt der Zinsen enthalte. Zudem müssten die Grundlagen, auf denen die entsprechenden Zahlungen beruhten, klar und eindeutig – in aller Regel durch schriftliche Vereinbarungen – nachvollziehbar sein. All dies sei vorliegend mangels schriftlicher Vereinbarung zwischen Frau A und dem Antragsteller sowie mangels entsprechender Angaben zur Laufzeit, zu den vereinbarten Sicherheiten oder zur Art und Weise der Rückzahlung nicht der Fall. Im Übrigen sei die Erbschaft des Antragstellers nach der so genannten Zuflusstheorie sehr wohl als Einkommen zu werten. Denn hiernach gelte als Einkommen all das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazuerhalte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen und – soweit wesentlich – Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 29. November 2005 ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin seinen am 12. September 2005 bei Gericht eingegangenen Antrag, die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, ihm für die Zeit ab dem 01. Januar 2005 höhere Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II unter Ansatz der tatsächlich gezahlten vollen Miete zu gewähren, abgelehnt.

Soweit der Antragsteller Leistungen für die Zeit vom 01. Januar bis zum 11. September 2005 begehrt, kommt der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht, weil nach § 86b Abs. 2 SGG einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist für den genannten Zeitraum jedoch ausgeschlossen. Bezogen auf den entscheidenden Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht Berlin am 12. September 2005 lag der genannte Zeitraum bereits in der Vergangenheit. Für diesen Zeitraum kann kein eiliges Regelungsbedürfnis (mehr) bestehen, weil dem Antragsteller durch die Versagung der Leistungen für die Vergangenheit keine wesentlichen Nachteile mehr entstehen können, die sich durch den Erlass der auf eine zukünftige Regelung gerichteten einstweiligen Anordnung noch abwenden ließen. Denn der Antragsteller hat in dieser Zeit, für die er im Wege des Erlasses der einstweiligen Anordnung höhere Leistungen nach dem SGB II begehrt, seinen Bedarf, soweit er die ihm gewährten Leistungen übersteigen sollte, aus eigenen oder fremden Mitteln gedeckt, sodass er hierfür auf die begehrten Leistungen zur Grundsicherung nicht mehr angewiesen ist. Für die Wiederherstellung dazu aufgewendeten eigenen Vermögens kann die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen, weil die damit verbundenen Nachteile bereits eingetreten sind und deshalb nicht mehr abgewendet werden können, was Voraussetzung der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b SGG ist. Dies gilt gleichermaßen, soweit der Antragsteller Schulden eingegangen sein sollte. Die dem Antragsteller bis zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Sozialgericht entstandenen Nachteile können deshalb nur im Rahmen eines eventuellen Hauptsacheverfahrens beseitigt werden.

Auch im Übrigen kann seine Beschwerde keinen Erfolg haben. Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Senat ist unter Würdigung der Angaben des Antragstellers, der Erklärungen seiner Mutter, seines Bruders und der E A sowie in Auswertung des sonstigen Akteninhalts nicht überzeugt, dass dem Antragsteller ab dem 12. September 2005 höhere als ihm gewährte Leistungen nach dem SGB II zustehen.

Nach § 7 Abs. 1 SGB II erhalten diejenigen Personen Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches, die das 15., nicht aber das 65. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Wie bereits das Sozialgericht Berlin hat auch der Senat durchaus Zweifel, inwieweit der Antragsteller tatsächlich hilfebedürftig ist. Denn hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Ob dies bei dem Antragsteller der Fall ist, erscheint im Hinblick auf die ihm seit Leistungsbeginn zugeflossenen Gelder, deren Herkunft der Antragsteller im Laufe des bisherigen Verfahrens nicht befriedigend zu erklären vermochte, durchaus zweifelhaft. Es wird insoweit auf die überzeugenden Gründe in dem angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts sowie die Beschwerdeerwiderung der Antragsgegnerin Bezug genommen. Die insoweit jeweils dargelegten Bedenken teilt der Senat.

Letztlich kann die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers jedoch im vorliegenden Verfahren dahinstehen. Denn streitgegenständlich ist hier allein die Höhe der ihm – im Falle der (weiteren) Bedürftigkeit - ggfs. zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung. Diese werden nach § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die dem Antragsteller tatsächlich entstehenden Kosten trägt die Antragsgegnerin jedoch. Denn gemeint sind mit den tatsächlichen Aufwendungen die Geldaufwendungen, die der Hilfebedürftige in der Bedarfszeit für die Nutzung einer bestimmten Unterkunft Dritten gegenüber kraft bürgerlichen oder öffentlichen Rechts aufzubringen hat. Hierbei handelt es sich – entgegen der Auffassung des Antragstellers – nicht grundsätzlich um Kosten in Höhe eines bestimmten Richtwertes unabhängig von Wohn- und Nutzungsberechtigungen oder Verträgen. Denn es geht nicht um die Gewährung pauschalierter Leistungen unabhängig von tatsächlichen Aufwendungen. Vielmehr bilden die tatsächlich entstehenden, berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten stets die Obergrenze der zu gewährenden Kosten. Bei Mietwohnungen umfassen die tatsächlichen Aufwendungen allein die nach dem Mietvertrag für den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache geschuldeten Kosten. Dies aber sind bei dem Antragsteller allein die aus dem mit seiner Mutter geschlossenen Untermietvertrag resultierenden Kosten, für die die Antragsgegnerin – abgesehen von einer für die Warmwasseraufbereitung abgezogenen Pauschale von 9,00 EUR - aufkommt. Anlass, weitergehende Kosten zu tragen, hat sie nicht. Der Antragsteller ist der Vermieterin gegenüber nicht zur Zahlung der vollen Miete verpflichtet, vielmehr obliegt dies seiner Mutter, die - soweit ersichtlich – weiterhin Mieterin der Wohnung ist. Wenn der Antragsteller aufgrund einer internen Absprache mit seiner Mutter als Alleinnutzer der Wohnung die von seiner Mutter insgesamt zu zahlende Miete in Höhe von 386,53 EUR im vollen Umfange ohne vertragliche Verpflichtung ggü. der Vermieterin trägt, ist dies seine Entscheidung, die er jedoch nicht zu Lasten der Beklagten und damit der Steuerzahler treffen kann.

Soweit der Antragsteller weiter meint, einen Anspruch darauf zu haben, dass die Antragsgegnerin die Kosten für die Umwandelung des Untermietvertrages mit seiner Mutter in einen Hauptmietvertrag mit der Vermieterin der Wohnung trage, kann ihm nicht gefolgt werden. Da er einen Vertrag als Hauptmieter der Wohnung mit der Hausverwaltung nicht geschlossen hat, ihm mithin die von der Hausverwaltung in Aussicht gestellten Mietkosten in Höhe von 432,40 EUR tatsächlich nicht entstehen, kann sein Begehren zurzeit nur auf eine Zusicherung der Antragsgegnerin gerichtet sein, ihm zukünftig Unterkunftskosten in dieser Höhe zu gewähren. Einen entsprechenden Anspruch hat er aber nicht glaubhaft gemacht.

Nach § 22 Abs. 2 SGB II soll vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft eingeholt werden. Der kommunale Träger ist nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Letzteres aber ist hier nicht der Fall. Eine - nach § 27 Nr. 1 SGB II zulässige - Konkretisierung des Begriffes der Angemessenheit der Unterkunftskosten durch eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit ist bislang nicht erfolgt. Der Senat orientiert sich hinsichtlich der Angemessenheit einer Miete daher an den Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II (AV-Wohnen) vom 07. Juni 2005 (veröffentlicht im Amtsblatt von Berlin Nr. 49 Seite 3743). Danach gilt als Richtwert für eine angemessene Brutto-Warmmiete für einen 1-Personen-Haushalt ein Betrag von bis zu 360,00 EUR (vgl. 4 (2) der AV-Wohnen). Zwar sind die Ausführungsvorschriften für das Gericht nicht verbindlich, und auch enthält der Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 2 SGB II keinen gerichtlicher Kontrolle entzogenen Beurteilungsspielraum. Der Senat hat aber insbesondere aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur eingeschränkten Prüfungsdichte keine Bedenken, die benannten Ausführungsvorschriften seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Da die Warmmiete nach dem dem Antragsteller von der Hausverwaltung unterbreiteten Angebot 432,40 EUR betragen soll und damit mehr als die in den Ausführungsvorschriften als angemessen angesehenen 360,00 EUR, ist der kommunale Träger – die Antragsgegnerin – mithin nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II nicht zu einer Zusicherung verpflichtet. Dies hat hier um so mehr zu gelten, als diese Kosten für eine mit Ofenheizung ausgestattete Wohnung veranschlagt sind, einen nur geringen Abschlag für Heizung/Warmwasser enthalten und dementsprechend im Hinblick auf zu erwartende zusätzliche Heizkosten letztlich den Richtwert noch weiter übersteigen dürften.

Auch besteht kein Anspruch auf eine Zusicherung in Höhe der jedenfalls angemessenen Kosten. Diese bei dem Antragsteller anklingende Rechtsauffassung findet keine Stütze im Gesetz. Das in § 22 Abs. 2 SGB II geregelte Zusicherungsverfahren hat allein Aufklärungs- und Warnfunktion und soll den Hilfebedürftigen vor dem Vertragsabschluss zur Vermeidung von späteren Streitigkeiten Klarheit über die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft verschaffen (vgl. Münder SGB II § 22 Rdnr. 53). Völlig unabhängig davon ist die Frage, ob bei einem Umzug – bzw. im Falle des Antragstellers bei Abschluss eines Hauptmietvertrages mit der Hausverwaltung – trotz der Unangemessenheit der daraus erwachsenden Unterkunftskosten ein Anspruch auf Übernahme in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 SGB II bestünde. Denn der Anspruch auf Übernahme der angemessenen Unterkunftskosten ist von einer Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II unabhängig, und die Einholung der Zusicherung stellt keine Voraussetzung für die Erbringung der Leistungen in Höhe der angemessenen Unterkunftskosten dar (vgl. Münder SGB II § 22 Rdnr. 52).

Weiter sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens gehalten sein könnte, eine Zusicherung trotzt unangemessener Unterkunftskosten zu erteilen (vgl. zum Verhältnis von § 22 Abs. 2 Satz 1 zu Satz 2 Lang in Eicher/Spellbrink SGB II § 22 Rdnr. 70). Die in der AV-Wohnen enthaltenen Höchstbeträge stellen lediglich Richtwerte dar und können – insbesondere bei besonderen Personengruppen – auch überschritten werden. Es ist jedoch nichts dafür vorgetragen und erst recht nicht glaubhaft gemacht worden, dass besondere Umstände hier auch die Zusicherung von in der Regel unangemessen hohen Mietkosten rechtfertigen. Dies könnte etwa dann der Fall sei, wenn auf dem in Betracht kommenden Wohnungsmarkt zu angemessenen Kosten kein zumutbarer Wohnraum erhältlich ist. Dafür liegen aber keine Anhaltspunkte vor. Auch kann eine entsprechende Verpflichtung nicht aus der angeblichen Auskunft eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin hergeleitet werden. Unabhängig davon, dass nicht ersichtlich ist, was dieser dem Antragsteller tatsächlich zugesagt haben soll, mangelte es einer entsprechenden Erklärung mangels Schriftform jedenfalls an der Qualität einer die Antragsgegnerin möglicherweise bindenden Zusicherung.

Schließlich kann eine für den Antragsteller günstige Entscheidung auch nicht auf § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II gestützt werden. Diese Vorschrift sieht vor, dass Aufwendungen für die Unterkunft, die den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen sind, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Wie ausgeführt, übersteigen die dem Antragsteller bisher tatsächlich entstehenden Aufwendungen jedoch nicht die Angemessenheitsgrenze.

Dass dem Antragsteller höhere Leistungen zur Grundsicherung in Form von Unterkunftskosten zustehen könnten, ist damit nicht glaubhaft gemacht. Soweit die Antragsgegnerin die vom Antragsteller ursprünglich geltend gemachten Unterkunftskosten zuletzt noch um einen Betrag für den Kabelanschluss sowie eine Warmwasserpauschale von 9,00 EUR gekürzt hat, ist dies bei vorläufiger Prüfung nicht zu beanstanden. Bei den Kosten für den Kabelanschluss handelt es sich nicht um im Mietvertrag enthaltene Kosten der Unterkunft. Bzgl. des Abzuges der Warmwasserpauschale ist der einhelligen Literaturmeinung entsprechend bei summarischer Prüfung dem Ausgangspunkt der Antragsgegnerin zu folgen, dass in der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 20 SGB II bereits ein Anteil Kosten u.a. für Warmwasseraufbereitung enthalten ist. Dies mag sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm ergeben. Diese enthält jedoch – wie die Formulierung "insbesondere" deutlich zeigt - gerade keine abschließende Liste der aus der Regelleistung zu deckenden Bedarfe. Ob der Abzug einer Pauschale in Höhe von konkret 9,00 EUR berechtigt ist, bedarf angesichts der vergleichsweise geringen Höhe keiner abschließenden Regelung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, zumal sich der Antragsteller gegen diesen Abzug – jedenfalls nicht ausdrücklich - auch nicht gewendet hat.

Mangels glaubhaft gemachten Anordnungsanspruchs kann dem Antragsteller auch kein Anspruch auf eine Abschlagszahlung zustehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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