Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 13 AS 22/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 151/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 27. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten auch des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe:
Die am 1985 geborene Antragstellerin hat von August 2004 bis Juni 2005 eine Ausbildung im Berufsbildungszentrum Sch – Fachrichtung Wirtschaft – (einjährige Fachoberschule) absolviert. Diese Ausbildung richtete sich nach Landesrecht und wurde nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAFöG – gefördert. Nach Abschluss dieser Ausbildung erhielt sie Leistungen der Grundsicherung. Am 8. August 2005 nahm sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau auf, die bis zum 7. August 2007 andauern soll. Die vorausgegangene Ausbildung zur Kaufmännischen Assistentin für Betriebswirtschaft wird ihr dabei mit zwölf Monaten angerechnet. Nach dem Ausbildungsvertrag erhält sie im ersten Ausbildungsjahr 200 und im zweiten Ausbildungsjahr 210 Euro monatlich.
Mit Bescheid vom 30. August 2005 entschied die Antragsgegnerin über Leistungen für die Zeit vom 16. Juli bis 31. Dezember 2005 und bewilligte der Antragstellerin ab 1. September 2005 keine Leistungen mehr. Mit einem weiteren Bescheid vom 1. August 2005 lehnte sie die Gewährung von Leistungen seit Aufnahme der Ausbildung mit der Begründung ab, nach § 7 Abs. 5 und 6 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - SGB II - bestehe kein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung, weil die Ausbildung zur Bürokauffrau dem Grunde nach nach dem BAFöG oder den §§ 60 bis 62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - SGB III - förderungsfähig sei.
Mit ihrem Widerspruch machte die Antragstellerin geltend, ihre Ausbildung sei weder nach dem BAFöG noch nach SGB III förderungsfähig. Dazu verwies sie auf einen Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 25. August 2005 – S 51 AS 896/05 ER -.
Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchbescheid vom 2. Dezember 2005 zurückgewiesen. Es wurde ausgeführt, die Ausbildung der Antragstellerin sei nach § 60 Abs. 1 SGB III - und damit dem Grunde nach - förderungsfähig. Die Förderung sei lediglich nach § 60 SGB III ausgeschlossen, weil es sich um eine Zweitausbildung handele. Das Erfordernis der Erstausbildung gehöre nicht zu den Voraussetzungen der Förderung dem Grunde nach. Dies ergebe die Auslegung des § 7 Abs. 5 SGB II, der sich an den entsprechenden Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - orientiere.
Es liege auch keine besondere Härte vor. Sie bestehe nur dann, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß dessen hinausgingen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt während einer Ausbildung verbunden sei. Dies sei nicht ersichtlich. Die Antragstellerin habe mit der abgeschlossenen Ausbildung hinreichend Aussicht auf Anstellung. Die fehlende Berufserfahrung sei durch Trainingsmaßnahmen und Mehraufwandsentschädigungen zu kompensieren.
Zwar stelle der mögliche Abbruch der Ausbildung aus finanziellen Gründen eine gewisse Härte dar, diese Folge solle aber nach Sinn und Zweck des § 7 Abs. 5 SGB II gerade nicht zur darlehensweisen Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes führen. Die Ausbildungsförderung sei durch sondergesetzliche Bestimmungen abschließend geregelt. Die Grundsicherung solle keine "versteckte Ausbildungsförderung auf einer zweiten Ebene" ermöglichen.
Mit einem weiteren Bescheid vom 8. Februar 2006 hat die Antragsgegnerin einen Antrag auf Fortzahlung von Leistungen abgelehnt.
Am 6. Januar 2006 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht beantragt, ihr im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen der Grundsicherung zu gewähren. Sie hat ausgeführt, vorrangiges Ziel des SGB II sei es, die Antragsteller in ein Beschäftigungsverhältnis zu führen. Dazu diene die von ihr begonnene Ausbildung. Ihre zahlreichen Bewerbungen, die sie durch die Bewilligung des höchstmöglichen Zuschusses für Bewerbungskosten belegen könne, hätten zu keinem Erfolg geführt. Dazu weist sie auf weitere gerichtliche Entscheidungen hin (Sozialgericht Hamburg, Beschluss vom 11. Mai 2005 – S 51 AS 219/05 ER -; Landessozialgericht Berlin (gemeint wohl LSG Berlin-Brandenburg), Beschluss vom 16. August 2005 – L 5 B 52/05 AS ER -; Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 17. November 2005 - S 37 AS 10619/05 ER -).
Mit Beschluss vom 23. Januar 2006 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es hat ausgeführt, die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Durch den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II solle erreicht werden, dass Ausbildungsförderung ausschließlich nach dem SGB III und dem BAFöG gewährt werde, nicht aber durch Leistungen der Grundsicherung. Diesem Ziel würde es nicht gerecht werden, nur eine Erstausbildung nach § 7 Abs. 1 BAFöG oder eine weitere Ausbildung nach § 7 Abs. 2 bis 4 BAFöG als dem Grunde nach förderungsfähig anzusehen.
Es liege auch kein besonderer Härtefall im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vor. Das Gericht folge der zu § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes – BVerwG -. Danach sei ein Härtefall erst dann anzunehmen, wenn die Folgen des Leistungsausschlusses für den Antragsteller über das Maß dessen hinausgingen, das regelmäßig mit der Versagung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes verbunden sei und wenn der Leistungsausschluss auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Grundsicherung von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheine. Die Verhinderung einer versteckten Ausbildungsförderung sei auch dann vorrangig, wenn ein Auszubildender seine Arbeitskraft auch unabhängig von der Ausbildung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründe nicht zur Erzielung von Einkommen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes einsetzen könne. Ein besonderer Härtefall nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II setze einen atypischen Sachverhalt voraus, der es für den Auszubildenden auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses objektiv unzumutbar erscheinen lasse, von seinem Ausbildungsvorhaben Abstand zu nehmen. Erhalte ein Antragsteller während einer Ausbildung keine Leistungen nach BAFöG oder SGB III entspreche dies der gesetzgeberischen Wertung, unter welchen Voraussetzungen eine Ausbildung zu fördern sei.
Gegen den der Antragstellerin am 27. Januar 2006 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 15. Februar 2006 eingegangene Beschwerde. Sie trägt vor, der Beschluss des Sozialgerichts sei schon deswegen rechtswidrig, weil der Mündlichkeitsgrundsatz verletzt worden sei. Außerdem habe sich das Sozialgericht nicht mit den von ihr aufgezählten Beschlüssen anderer Gerichte auseinandergesetzt. Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 SGB II greife nicht ein, weil ihre Ausbildung nicht dem Grunde nach förderungsfähig sei. Es handele sich nämlich nicht um eine Erstausbildung. In ihrem Fall müsse zusätzlich berücksichtigt werden, dass ihre Ausbildung nur nach Landesrecht anerkannt sei. Mit dieser Ausbildung habe ihr keine Arbeit vermittelt werden können. Der nun angestrebte Abschluss ermögliche ihr, sich bundesweit zu bewerben. Wenn sie keine Leistungen erhalte, müsse sie die Ausbildung abbrechen, mit der Folge, dass ihr höhere Grundsicherungsleistungen gewährt werden müssten. Dies widerspreche dem Sinn der Grundsicherung, wie er in § 1 Abs. 1 Satz 4 SGB II niedergelegt sei. Sie beantrage ausdrücklich, nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschuss des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Januar 2006 aufzuheben und der Antragsgegnerin aufzugeben, ihr sei dem 8. August 2005 Leistungen der Grundsicherung zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung, weil sie im vorliegenden Fall nicht erforderlich ist. Es ist ausschließlich über Rechtsfragen zu befinden, so dass es auf den persönlichen Eindruck von der Antragstellerin nicht ankommt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass mündlich etwas vorgetragen werden könnte, was nicht bereits schriftlich in das Verfahren eingeführt worden ist. Die Antragstellerin hat ihren Antrag auf eine mündliche Verhandlung auch nicht begründet.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Januar 2006 ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes zu Recht abgelehnt.
Der erstinstanzliche Beschluss ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht bereits deswegen rechtswidrig, weil gegen das Mündlichkeitsprinzip verstoßen worden ist. Der Mündlichkeitsgrundsatz ist kein übergeordneter Rechtssatz, sondern ein Prinzip, das aus den konkreten Normen eines Verfahrensgesetzes als bestehend hergeleitet wird. Konkrete Normen, die eine mündliche Verhandlung im Beschlussverfahren vorsehen, gibt es aber nicht.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierbei dürfen Entscheidungen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Jedoch stellt Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes – GG - besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Drohen solche Beeinträchtigungen dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Sie dürfen dann die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern müssen sie abschließend prüfen (Bundesverfassungsgericht – BVerfG -, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Absatz-Nr. 24f).
So liegt der Fall hier. Der Antragstellerin drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Sie müsste ohne die Gewährung von Grundsicherungsleistungen ihre Ausbildung abbrechen. Ihre Ausbildungsvergütung und das Kindergeld reichen für den Lebensbedarf nicht aus. Wie aus dem Prozesskostenhilfeverfahren ersichtlich, sind auch ihre Eltern nicht in der Lage, sie nennenswert zu unterstützen. Die Antragstellerin müsste nach Abbruch der Ausbildung entweder - höhere - Leistungen der Grundsicherung beziehen oder sich ihren Unterhalt auf dem bisher erreichten niedrigen Niveau (einjährige Ausbildung) verdienen, ohne die Chance, später das Niveau zu erreichen, zu dem sie offenbar fähig ist. Es ist unwahrscheinlich, dass sie später noch einmal einen Ausbildungsplatz für eine höherwertige Ausbildung erhält, insbesondere weil sie nur eine Ausbildung absolvieren kann, bei der sie eine Ausbildungsvergütung erhält, die es ihr erlaubt, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Die danach notwendige abschließende, d.h. in der Bearbeitungsdichte einem Urteil entsprechende Prüfung ergibt, dass die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch hat, denn während ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau stehen ihr keine Leistungen der Grundsicherung zu.
Die Antragstellerin gehört zwar zu dem Personenkreis, der Leistungen nach dem SGB II erhalten kann, die Gewährung von Leistungen ist aber nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung nach dem BAFöG oder den §§ 60 bis 62 des SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Die Berufsausbildung der Antragstellerin ist förderungsfähig. Nach § 60 Abs. 1 SGB III ist eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Ausbildung der Antragstellerin zur Bürokauffrau vor.
Die Ausbildung ist auch dem Grunde nach förderungsfähig. Der Förderungsfähigkeit dem Grunde nach steht nicht entgegen, dass es sich bei der Ausbildung, an der die Antragstellerin zur Zeit teilnimmt, um eine Zweitausbildung handelt. Es ist umstritten, ob die Voraussetzung "Erstausbildung" zu den Voraussetzungen der Förderung "dem Grunde nach" gehört oder nicht (bejahend: SG Hamburg, Beschluss vom 25. August 2005 – 51 AS 896/05 ER -, SG Dresden, Beschluss vom 21. Januar 2005 – S 21 AS 5/05 -; verneinend: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Januar 2006 – L 5 B 1351/05 AS -, LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. April 2005 – L 2 B 7/05 AS ER). Bezieht man diese Voraussetzung in die Förderungsfähigkeit dem Grunde nach ein, so hat dies zur Folge, dass während jeder zweiten oder weiteren Ausbildung Leistungen zum Lebensunterhalt gewährt werden können.
Die Auslegung des § 7 Abs. 5 SGB II ergibt aber, dass dies gerade nicht gewollt ist. § 7 Abs. 5 SGB II hat erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens die geltende Formulierung erhalten. Im Entwurf war noch eine Formulierung gewählt worden, nach der nur erwerbsfähige Hilfebedürftige, die sich in Ausbildung an einer Schule oder Hochschule befinden, keine Leistungen nach dem SGB II erhalten sollten (BT-Drucksache 15/1516 S. 10). Während einer betrieblichen Berufsausbildung waren Leistungen danach nicht ausgeschlossen. Die geltende Formulierung entspricht der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (BT-Drucksache 15/1728 S. 28). Damit wurden die Regelungen des SGB II an die Regelungen des SGB XII angeglichen. In der Begründung heißt es: "Damit wird die Zielvorstellung des Gesetzgebers aufgegriffen, mit dem neuen Sozialhilferecht ein Referenzsystem steuerfinanzierter Fürsorgeleistungen einschließlich des Arbeitslosengeldes II zu schaffen." (BT-Druck-sache 15/1749 S. 31). Hiermit wird betont, dass die Unterhaltsleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sich weitgehend entsprechen sollen.
Der § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII -, der im Wesentlichen § 7 Abs. 5 und 6 SGB II entspricht, ist wiederum inhaltsgleich mit § 26 BSHG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (vgl. BT-Drucksache 15/1514 S. 57), so dass die vorherrschende Auffassung zu dieser Vorschrift als in den Willen des Gesetzgebers aufgenommen gelten kann.
Hierzu hatte das BVerwG entschieden (vgl. zusammenfassend Beschluss vom 13. Mai 1993 – 5 B 82/92 -), dass Sozialhilfe schon dann ausscheidet, wenn das BAFöG eine Ausbildung überhaupt – unter welchen Voraussetzungen auch immer – als förderungsfähig regele. Es wurde also abstrakt - losgelöst von der Person, die Sozialhilfe beanspruchte – auf die Ausbildung abgestellt. Es wurde ausdrücklich ausgeführt, dass es dem Sinn des § 26 BSHG nicht gerecht werde, eine Ausbildung nur dann als dem Grunde nach förderungsfähig anzusehen, wenn es sich um eine Erstausbildung handele.
Dieser Rechtsprechung entspricht es, dass mit der Einfügung des Absatzes 1a in § 2 BAFöG durch das Achtzehnte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (18. BAföGÄndG) vom 17. Juli 1996 (BGBl. I S. 1006) auch dem § 26 BSHG ein Abs. 2 angefügt worden ist. Im BAFöG wurde durch diese Änderung geregelt, dass nur dann ein Anspruch auf Ausbildungsförderung besteht, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt (mit drei Ausnahmen). In Abs. 2 des § 26 BSHG wurde dann wiederum bestimmt, dass im Falle des Ausschlusses der Ausbildungsförderung nach § 2 Abs. 1a BAFöG die Gewährung von Sozialhilfe nicht ausgeschlossen ist. Diese Vorschrift wäre aber überflüssig gewesen, wenn die Förderung "dem Grunde nach" bedeutete, dass nicht nur an die Ausbildung, sondern auch an die Person des Auszubildenden gebundene Voraussetzungen einbezogen gewesen wären.
Diese Auslegung des § 26 BSHG ist, wie oben ausgeführt, auch für die Auslegung des § 7 Abs. 5 (und 6) SGB II wesentlich. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Übernahme der Formulierung in § 22 SGB XII und dann auch in § 7 SGB II eine Änderung intendiert hat. Die Frage, ob eine Erst- oder Zweitausbildung vorliegt, betrifft nicht die Ausbildung, sondern die Person des Auszubildenden. Den Personen in der ersten Ausbildung werden dieselben Inhalte vermittelt wie denen, die schon eine Ausbildung haben.
Dies wird auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerecht. Seit dem 1. Januar 1976 (Änderung des damaligen § 31 BSHG durch das Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 18. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3091) gilt im Bundesrecht der Grundsatz, dass die Förderung einer Ausbildung mit öffentlichen Mitteln außerhalb des BSHG sondergesetzlich abschließend geregelt ist. Eine Ausbildung, die nach diesen Sondergesetzen nicht gefördert wird, soll auch nicht über nachrangige Leistungen – wie Sozialhilfe und jetzt auch Grundsicherung – gefördert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1982 – 5 C 54/81 -).
Die – nur – systematische Auslegung, wie sie in dem von der Antragstellerin zitierten Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. August 2005 - S 51 AS 896/05 ER – vorgenommen wird, ist nicht nur deswegen nicht überzeugend, weil der Versuch einer historischen und teleologischen Auslegung nicht unternommen wird. Darüber hinaus ist auch die dort vorgenommene Auslegung nicht schlüssig. Das SG verweist zu Recht darauf, dass die Beschränkung der Förderung nach dem SGB III auf die erstmalige Ausbildung in § 60 Abs. 2 SGB III geregelt ist, nicht aber bei den persönlichen Voraussetzungen in § 63 SGB III. Dass die Voraussetzungen des § 63 für den Ausschluss der Grundsicherung nicht von Bedeutung sind, ergibt sich aber schon durch den Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II, der nicht auf § 63 SGB III verweist. In § 7 Abs. 5 SGB II geht es nicht um den förderungsfähigen Personenkreis, sondern um die förderungsfähige Ausbildung. Um den Ausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II zu bewirken, ist darüber hinaus nicht notwendig, dass die Ausbildung förderungsfähig ist, es reicht bereits aus, dass sie es dem Grunde nach ist. Bei der Auslegung des Sozialgerichts Hamburg ist nicht ersichtlich, welche Bedeutung die Worte "dem Grunde nach" noch haben könnten.
Der ebenfalls angeführte Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 16. August 2005 - L 5 B 52/05 AS ER – ist nicht einschlägig, denn er betrifft keinen Anspruch auf Leistung zum Lebensunterhalt, sondern auf einen Weiterbildungsgutschein. Leistungen nach § 16 Abs. 1 SGB II werden von § 7 Abs. 5 SGB II nicht erfasst.
Es besteht auch kein Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt in Form eines Darlehens bzw. auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen solchen Anspruch. Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden.
Ein besonderer Härtefall liegt nicht vor. Auch die Formulierung des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II ist auf das BSHG zurückzuführen mit der Folge, dass die dazu ergangene Rechtsprechung zur Auslegung herangezogen werden kann. Das BVerwG hat dazu ausgeführt, dass ein besonderer Härtefall im Sinne von § 26 Satz 2 BSHG vorliege, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses nach § 26 Satz 1 BSHG über das Maß hinausgingen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden sei, und auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erschienen. Hilfebedürftige, die eine Ausbildung der in § 26 Satz 1 BSHG genannten Art betrieben und nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht (mehr) gefördert würden, seien in der Regel gehalten, von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluß von der Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden (BVerwG, Urteil vom 14.10.1993 - 5 C 16/91).
Eine besondere Härte, also eine Härte, die bei anderen Personen nicht auftritt, die während einer Ausbildung keine Grundsicherung erhalten, ist nicht ersichtlich. Die Notwendigkeit des Abbruchs der Ausbildung, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder höhere Grundsicherungsleistungen zu erhalten, ist bei diesem Personenkreis regelmäßig gegeben. Eine besondere Härte ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Antragstellerin bisher nur eine kurze Ausbildung durchlaufen hat und sich nun unter Anrechnung der früheren Ausbildung beruflich deutlich höher qualifizieren könnte. Der Ausschluss von Grundsicherungsleistungen gilt regelmäßig auch für Personen, die - etwa wenn sie die Höchstförderungsdauer überschritten haben - noch gar keinen berufsqualifizierenden Abschluss haben. Auch bei ihnen müssen noch weitere Elemente (z.B. Erkrankung oder Kindererziehung neben der Ausbildung) hinzukommen, um eine besondere Härte anzunehmen. Schließlich zeigt § 77 Abs. 2 Nr. 2 SGB III die gesetzgeberische Wertung in Bezug auf eine Weiterbildung nach kurzer Ausbildung. Zwar wird danach im Rahmen des Weiterbildungsrechts des SGB III die Notwendigkeit der Weiterbildung wegen fehlenden Berufsabschlusses angenommen, wenn die Antragsteller nicht über einen Berufsabschluss verfügen, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. Leistungen der Weiterbildung werden ihnen aber in der Regel erst dann gewährt, wenn sie drei Jahre beruflich tätig gewesen sind. Ihnen wird also zugemutet, ihre geringere Qualifikation zunächst auf dem Arbeitsmarkt zu verwerten. Bei dieser Lage kann in der Situation der Antragstellerin keine besondere Härte gesehen werden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die am 1985 geborene Antragstellerin hat von August 2004 bis Juni 2005 eine Ausbildung im Berufsbildungszentrum Sch – Fachrichtung Wirtschaft – (einjährige Fachoberschule) absolviert. Diese Ausbildung richtete sich nach Landesrecht und wurde nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAFöG – gefördert. Nach Abschluss dieser Ausbildung erhielt sie Leistungen der Grundsicherung. Am 8. August 2005 nahm sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau auf, die bis zum 7. August 2007 andauern soll. Die vorausgegangene Ausbildung zur Kaufmännischen Assistentin für Betriebswirtschaft wird ihr dabei mit zwölf Monaten angerechnet. Nach dem Ausbildungsvertrag erhält sie im ersten Ausbildungsjahr 200 und im zweiten Ausbildungsjahr 210 Euro monatlich.
Mit Bescheid vom 30. August 2005 entschied die Antragsgegnerin über Leistungen für die Zeit vom 16. Juli bis 31. Dezember 2005 und bewilligte der Antragstellerin ab 1. September 2005 keine Leistungen mehr. Mit einem weiteren Bescheid vom 1. August 2005 lehnte sie die Gewährung von Leistungen seit Aufnahme der Ausbildung mit der Begründung ab, nach § 7 Abs. 5 und 6 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - SGB II - bestehe kein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung, weil die Ausbildung zur Bürokauffrau dem Grunde nach nach dem BAFöG oder den §§ 60 bis 62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - SGB III - förderungsfähig sei.
Mit ihrem Widerspruch machte die Antragstellerin geltend, ihre Ausbildung sei weder nach dem BAFöG noch nach SGB III förderungsfähig. Dazu verwies sie auf einen Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 25. August 2005 – S 51 AS 896/05 ER -.
Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchbescheid vom 2. Dezember 2005 zurückgewiesen. Es wurde ausgeführt, die Ausbildung der Antragstellerin sei nach § 60 Abs. 1 SGB III - und damit dem Grunde nach - förderungsfähig. Die Förderung sei lediglich nach § 60 SGB III ausgeschlossen, weil es sich um eine Zweitausbildung handele. Das Erfordernis der Erstausbildung gehöre nicht zu den Voraussetzungen der Förderung dem Grunde nach. Dies ergebe die Auslegung des § 7 Abs. 5 SGB II, der sich an den entsprechenden Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - orientiere.
Es liege auch keine besondere Härte vor. Sie bestehe nur dann, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß dessen hinausgingen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt während einer Ausbildung verbunden sei. Dies sei nicht ersichtlich. Die Antragstellerin habe mit der abgeschlossenen Ausbildung hinreichend Aussicht auf Anstellung. Die fehlende Berufserfahrung sei durch Trainingsmaßnahmen und Mehraufwandsentschädigungen zu kompensieren.
Zwar stelle der mögliche Abbruch der Ausbildung aus finanziellen Gründen eine gewisse Härte dar, diese Folge solle aber nach Sinn und Zweck des § 7 Abs. 5 SGB II gerade nicht zur darlehensweisen Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes führen. Die Ausbildungsförderung sei durch sondergesetzliche Bestimmungen abschließend geregelt. Die Grundsicherung solle keine "versteckte Ausbildungsförderung auf einer zweiten Ebene" ermöglichen.
Mit einem weiteren Bescheid vom 8. Februar 2006 hat die Antragsgegnerin einen Antrag auf Fortzahlung von Leistungen abgelehnt.
Am 6. Januar 2006 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht beantragt, ihr im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Leistungen der Grundsicherung zu gewähren. Sie hat ausgeführt, vorrangiges Ziel des SGB II sei es, die Antragsteller in ein Beschäftigungsverhältnis zu führen. Dazu diene die von ihr begonnene Ausbildung. Ihre zahlreichen Bewerbungen, die sie durch die Bewilligung des höchstmöglichen Zuschusses für Bewerbungskosten belegen könne, hätten zu keinem Erfolg geführt. Dazu weist sie auf weitere gerichtliche Entscheidungen hin (Sozialgericht Hamburg, Beschluss vom 11. Mai 2005 – S 51 AS 219/05 ER -; Landessozialgericht Berlin (gemeint wohl LSG Berlin-Brandenburg), Beschluss vom 16. August 2005 – L 5 B 52/05 AS ER -; Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 17. November 2005 - S 37 AS 10619/05 ER -).
Mit Beschluss vom 23. Januar 2006 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es hat ausgeführt, die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Durch den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II solle erreicht werden, dass Ausbildungsförderung ausschließlich nach dem SGB III und dem BAFöG gewährt werde, nicht aber durch Leistungen der Grundsicherung. Diesem Ziel würde es nicht gerecht werden, nur eine Erstausbildung nach § 7 Abs. 1 BAFöG oder eine weitere Ausbildung nach § 7 Abs. 2 bis 4 BAFöG als dem Grunde nach förderungsfähig anzusehen.
Es liege auch kein besonderer Härtefall im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vor. Das Gericht folge der zu § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes – BVerwG -. Danach sei ein Härtefall erst dann anzunehmen, wenn die Folgen des Leistungsausschlusses für den Antragsteller über das Maß dessen hinausgingen, das regelmäßig mit der Versagung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes verbunden sei und wenn der Leistungsausschluss auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Grundsicherung von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheine. Die Verhinderung einer versteckten Ausbildungsförderung sei auch dann vorrangig, wenn ein Auszubildender seine Arbeitskraft auch unabhängig von der Ausbildung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründe nicht zur Erzielung von Einkommen zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes einsetzen könne. Ein besonderer Härtefall nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II setze einen atypischen Sachverhalt voraus, der es für den Auszubildenden auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses objektiv unzumutbar erscheinen lasse, von seinem Ausbildungsvorhaben Abstand zu nehmen. Erhalte ein Antragsteller während einer Ausbildung keine Leistungen nach BAFöG oder SGB III entspreche dies der gesetzgeberischen Wertung, unter welchen Voraussetzungen eine Ausbildung zu fördern sei.
Gegen den der Antragstellerin am 27. Januar 2006 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 15. Februar 2006 eingegangene Beschwerde. Sie trägt vor, der Beschluss des Sozialgerichts sei schon deswegen rechtswidrig, weil der Mündlichkeitsgrundsatz verletzt worden sei. Außerdem habe sich das Sozialgericht nicht mit den von ihr aufgezählten Beschlüssen anderer Gerichte auseinandergesetzt. Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 SGB II greife nicht ein, weil ihre Ausbildung nicht dem Grunde nach förderungsfähig sei. Es handele sich nämlich nicht um eine Erstausbildung. In ihrem Fall müsse zusätzlich berücksichtigt werden, dass ihre Ausbildung nur nach Landesrecht anerkannt sei. Mit dieser Ausbildung habe ihr keine Arbeit vermittelt werden können. Der nun angestrebte Abschluss ermögliche ihr, sich bundesweit zu bewerben. Wenn sie keine Leistungen erhalte, müsse sie die Ausbildung abbrechen, mit der Folge, dass ihr höhere Grundsicherungsleistungen gewährt werden müssten. Dies widerspreche dem Sinn der Grundsicherung, wie er in § 1 Abs. 1 Satz 4 SGB II niedergelegt sei. Sie beantrage ausdrücklich, nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschuss des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Januar 2006 aufzuheben und der Antragsgegnerin aufzugeben, ihr sei dem 8. August 2005 Leistungen der Grundsicherung zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung, weil sie im vorliegenden Fall nicht erforderlich ist. Es ist ausschließlich über Rechtsfragen zu befinden, so dass es auf den persönlichen Eindruck von der Antragstellerin nicht ankommt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass mündlich etwas vorgetragen werden könnte, was nicht bereits schriftlich in das Verfahren eingeführt worden ist. Die Antragstellerin hat ihren Antrag auf eine mündliche Verhandlung auch nicht begründet.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 23. Januar 2006 ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes zu Recht abgelehnt.
Der erstinstanzliche Beschluss ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht bereits deswegen rechtswidrig, weil gegen das Mündlichkeitsprinzip verstoßen worden ist. Der Mündlichkeitsgrundsatz ist kein übergeordneter Rechtssatz, sondern ein Prinzip, das aus den konkreten Normen eines Verfahrensgesetzes als bestehend hergeleitet wird. Konkrete Normen, die eine mündliche Verhandlung im Beschlussverfahren vorsehen, gibt es aber nicht.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierbei dürfen Entscheidungen grundsätzlich sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden. Jedoch stellt Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes – GG - besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Drohen solche Beeinträchtigungen dürfen sich die Gerichte nur an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Sie dürfen dann die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern müssen sie abschließend prüfen (Bundesverfassungsgericht – BVerfG -, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Absatz-Nr. 24f).
So liegt der Fall hier. Der Antragstellerin drohen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Sie müsste ohne die Gewährung von Grundsicherungsleistungen ihre Ausbildung abbrechen. Ihre Ausbildungsvergütung und das Kindergeld reichen für den Lebensbedarf nicht aus. Wie aus dem Prozesskostenhilfeverfahren ersichtlich, sind auch ihre Eltern nicht in der Lage, sie nennenswert zu unterstützen. Die Antragstellerin müsste nach Abbruch der Ausbildung entweder - höhere - Leistungen der Grundsicherung beziehen oder sich ihren Unterhalt auf dem bisher erreichten niedrigen Niveau (einjährige Ausbildung) verdienen, ohne die Chance, später das Niveau zu erreichen, zu dem sie offenbar fähig ist. Es ist unwahrscheinlich, dass sie später noch einmal einen Ausbildungsplatz für eine höherwertige Ausbildung erhält, insbesondere weil sie nur eine Ausbildung absolvieren kann, bei der sie eine Ausbildungsvergütung erhält, die es ihr erlaubt, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.
Die danach notwendige abschließende, d.h. in der Bearbeitungsdichte einem Urteil entsprechende Prüfung ergibt, dass die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch hat, denn während ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau stehen ihr keine Leistungen der Grundsicherung zu.
Die Antragstellerin gehört zwar zu dem Personenkreis, der Leistungen nach dem SGB II erhalten kann, die Gewährung von Leistungen ist aber nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift haben Auszubildende, deren Ausbildung nach dem BAFöG oder den §§ 60 bis 62 des SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Die Berufsausbildung der Antragstellerin ist förderungsfähig. Nach § 60 Abs. 1 SGB III ist eine berufliche Ausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der Ausbildung der Antragstellerin zur Bürokauffrau vor.
Die Ausbildung ist auch dem Grunde nach förderungsfähig. Der Förderungsfähigkeit dem Grunde nach steht nicht entgegen, dass es sich bei der Ausbildung, an der die Antragstellerin zur Zeit teilnimmt, um eine Zweitausbildung handelt. Es ist umstritten, ob die Voraussetzung "Erstausbildung" zu den Voraussetzungen der Förderung "dem Grunde nach" gehört oder nicht (bejahend: SG Hamburg, Beschluss vom 25. August 2005 – 51 AS 896/05 ER -, SG Dresden, Beschluss vom 21. Januar 2005 – S 21 AS 5/05 -; verneinend: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Januar 2006 – L 5 B 1351/05 AS -, LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. April 2005 – L 2 B 7/05 AS ER). Bezieht man diese Voraussetzung in die Förderungsfähigkeit dem Grunde nach ein, so hat dies zur Folge, dass während jeder zweiten oder weiteren Ausbildung Leistungen zum Lebensunterhalt gewährt werden können.
Die Auslegung des § 7 Abs. 5 SGB II ergibt aber, dass dies gerade nicht gewollt ist. § 7 Abs. 5 SGB II hat erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens die geltende Formulierung erhalten. Im Entwurf war noch eine Formulierung gewählt worden, nach der nur erwerbsfähige Hilfebedürftige, die sich in Ausbildung an einer Schule oder Hochschule befinden, keine Leistungen nach dem SGB II erhalten sollten (BT-Drucksache 15/1516 S. 10). Während einer betrieblichen Berufsausbildung waren Leistungen danach nicht ausgeschlossen. Die geltende Formulierung entspricht der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (BT-Drucksache 15/1728 S. 28). Damit wurden die Regelungen des SGB II an die Regelungen des SGB XII angeglichen. In der Begründung heißt es: "Damit wird die Zielvorstellung des Gesetzgebers aufgegriffen, mit dem neuen Sozialhilferecht ein Referenzsystem steuerfinanzierter Fürsorgeleistungen einschließlich des Arbeitslosengeldes II zu schaffen." (BT-Druck-sache 15/1749 S. 31). Hiermit wird betont, dass die Unterhaltsleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII sich weitgehend entsprechen sollen.
Der § 22 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII -, der im Wesentlichen § 7 Abs. 5 und 6 SGB II entspricht, ist wiederum inhaltsgleich mit § 26 BSHG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (vgl. BT-Drucksache 15/1514 S. 57), so dass die vorherrschende Auffassung zu dieser Vorschrift als in den Willen des Gesetzgebers aufgenommen gelten kann.
Hierzu hatte das BVerwG entschieden (vgl. zusammenfassend Beschluss vom 13. Mai 1993 – 5 B 82/92 -), dass Sozialhilfe schon dann ausscheidet, wenn das BAFöG eine Ausbildung überhaupt – unter welchen Voraussetzungen auch immer – als förderungsfähig regele. Es wurde also abstrakt - losgelöst von der Person, die Sozialhilfe beanspruchte – auf die Ausbildung abgestellt. Es wurde ausdrücklich ausgeführt, dass es dem Sinn des § 26 BSHG nicht gerecht werde, eine Ausbildung nur dann als dem Grunde nach förderungsfähig anzusehen, wenn es sich um eine Erstausbildung handele.
Dieser Rechtsprechung entspricht es, dass mit der Einfügung des Absatzes 1a in § 2 BAFöG durch das Achtzehnte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (18. BAföGÄndG) vom 17. Juli 1996 (BGBl. I S. 1006) auch dem § 26 BSHG ein Abs. 2 angefügt worden ist. Im BAFöG wurde durch diese Änderung geregelt, dass nur dann ein Anspruch auf Ausbildungsförderung besteht, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt (mit drei Ausnahmen). In Abs. 2 des § 26 BSHG wurde dann wiederum bestimmt, dass im Falle des Ausschlusses der Ausbildungsförderung nach § 2 Abs. 1a BAFöG die Gewährung von Sozialhilfe nicht ausgeschlossen ist. Diese Vorschrift wäre aber überflüssig gewesen, wenn die Förderung "dem Grunde nach" bedeutete, dass nicht nur an die Ausbildung, sondern auch an die Person des Auszubildenden gebundene Voraussetzungen einbezogen gewesen wären.
Diese Auslegung des § 26 BSHG ist, wie oben ausgeführt, auch für die Auslegung des § 7 Abs. 5 (und 6) SGB II wesentlich. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Übernahme der Formulierung in § 22 SGB XII und dann auch in § 7 SGB II eine Änderung intendiert hat. Die Frage, ob eine Erst- oder Zweitausbildung vorliegt, betrifft nicht die Ausbildung, sondern die Person des Auszubildenden. Den Personen in der ersten Ausbildung werden dieselben Inhalte vermittelt wie denen, die schon eine Ausbildung haben.
Dies wird auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift gerecht. Seit dem 1. Januar 1976 (Änderung des damaligen § 31 BSHG durch das Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 18. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3091) gilt im Bundesrecht der Grundsatz, dass die Förderung einer Ausbildung mit öffentlichen Mitteln außerhalb des BSHG sondergesetzlich abschließend geregelt ist. Eine Ausbildung, die nach diesen Sondergesetzen nicht gefördert wird, soll auch nicht über nachrangige Leistungen – wie Sozialhilfe und jetzt auch Grundsicherung – gefördert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1982 – 5 C 54/81 -).
Die – nur – systematische Auslegung, wie sie in dem von der Antragstellerin zitierten Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. August 2005 - S 51 AS 896/05 ER – vorgenommen wird, ist nicht nur deswegen nicht überzeugend, weil der Versuch einer historischen und teleologischen Auslegung nicht unternommen wird. Darüber hinaus ist auch die dort vorgenommene Auslegung nicht schlüssig. Das SG verweist zu Recht darauf, dass die Beschränkung der Förderung nach dem SGB III auf die erstmalige Ausbildung in § 60 Abs. 2 SGB III geregelt ist, nicht aber bei den persönlichen Voraussetzungen in § 63 SGB III. Dass die Voraussetzungen des § 63 für den Ausschluss der Grundsicherung nicht von Bedeutung sind, ergibt sich aber schon durch den Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II, der nicht auf § 63 SGB III verweist. In § 7 Abs. 5 SGB II geht es nicht um den förderungsfähigen Personenkreis, sondern um die förderungsfähige Ausbildung. Um den Ausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II zu bewirken, ist darüber hinaus nicht notwendig, dass die Ausbildung förderungsfähig ist, es reicht bereits aus, dass sie es dem Grunde nach ist. Bei der Auslegung des Sozialgerichts Hamburg ist nicht ersichtlich, welche Bedeutung die Worte "dem Grunde nach" noch haben könnten.
Der ebenfalls angeführte Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 16. August 2005 - L 5 B 52/05 AS ER – ist nicht einschlägig, denn er betrifft keinen Anspruch auf Leistung zum Lebensunterhalt, sondern auf einen Weiterbildungsgutschein. Leistungen nach § 16 Abs. 1 SGB II werden von § 7 Abs. 5 SGB II nicht erfasst.
Es besteht auch kein Anspruch auf die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt in Form eines Darlehens bzw. auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen solchen Anspruch. Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden.
Ein besonderer Härtefall liegt nicht vor. Auch die Formulierung des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II ist auf das BSHG zurückzuführen mit der Folge, dass die dazu ergangene Rechtsprechung zur Auslegung herangezogen werden kann. Das BVerwG hat dazu ausgeführt, dass ein besonderer Härtefall im Sinne von § 26 Satz 2 BSHG vorliege, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses nach § 26 Satz 1 BSHG über das Maß hinausgingen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden sei, und auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erschienen. Hilfebedürftige, die eine Ausbildung der in § 26 Satz 1 BSHG genannten Art betrieben und nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht (mehr) gefördert würden, seien in der Regel gehalten, von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluß von der Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden (BVerwG, Urteil vom 14.10.1993 - 5 C 16/91).
Eine besondere Härte, also eine Härte, die bei anderen Personen nicht auftritt, die während einer Ausbildung keine Grundsicherung erhalten, ist nicht ersichtlich. Die Notwendigkeit des Abbruchs der Ausbildung, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder höhere Grundsicherungsleistungen zu erhalten, ist bei diesem Personenkreis regelmäßig gegeben. Eine besondere Härte ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Antragstellerin bisher nur eine kurze Ausbildung durchlaufen hat und sich nun unter Anrechnung der früheren Ausbildung beruflich deutlich höher qualifizieren könnte. Der Ausschluss von Grundsicherungsleistungen gilt regelmäßig auch für Personen, die - etwa wenn sie die Höchstförderungsdauer überschritten haben - noch gar keinen berufsqualifizierenden Abschluss haben. Auch bei ihnen müssen noch weitere Elemente (z.B. Erkrankung oder Kindererziehung neben der Ausbildung) hinzukommen, um eine besondere Härte anzunehmen. Schließlich zeigt § 77 Abs. 2 Nr. 2 SGB III die gesetzgeberische Wertung in Bezug auf eine Weiterbildung nach kurzer Ausbildung. Zwar wird danach im Rahmen des Weiterbildungsrechts des SGB III die Notwendigkeit der Weiterbildung wegen fehlenden Berufsabschlusses angenommen, wenn die Antragsteller nicht über einen Berufsabschluss verfügen, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. Leistungen der Weiterbildung werden ihnen aber in der Regel erst dann gewährt, wenn sie drei Jahre beruflich tätig gewesen sind. Ihnen wird also zugemutet, ihre geringere Qualifikation zunächst auf dem Arbeitsmarkt zu verwerten. Bei dieser Lage kann in der Situation der Antragstellerin keine besondere Härte gesehen werden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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