Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 3819/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RA 105/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. September 2003 und der Bescheid der Beklagten vom 02. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 1999 werden geändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 01. Mai 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Im Übrigen werden die Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner notwendigen Auslagen für das Berufungsverfahren zu erstatten. Kosten für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. -
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1955 geborene Kläger hat in der ehemaligen DDR eine dreijährige Ausbildung zum Zerspanungsfacharbeiter erfolgreich durchlaufen. Im Anschluss leistete er von 1975 bis 1978 seinen Wehrdienst ab. Sein in der Folgezeit absolviertes Studium der Kriminalistik konnte der Kläger nicht abschließen, wohl aber sein Fernstudium zum Diplom-Juristen. Im Folgenden arbeitete er einige Jahre als Inspektor für Arbeits- und Gebrauchssicherheit auf dem Flughafen. 1984 übernahm er die Leitung eines FDJ-Jugendclubs, ab Juli 1987 war er im Reisebüro "J" B tätig, dort zuletzt als Betriebsdirektor. Nach der Wende arbeitete der Kläger in einem Reisebüro. Ab 1991 war er vorübergehend arbeitslos und dann – teilweise selbständig - als kaufmännischer Mitarbeiter/Geschäftsführer in einem Immobilienbüro tätig. Nach Aufgabe der Selbständigkeit zum 06. Januar 1997 war er arbeitslos. Er bezog ab dem 09. Januar 1997 bis zum 07. Januar 1998 Arbeitslosengeld, ab dem Folgetag Arbeitslosenhilfe.
Am 19. August 1998 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, dass er sich infolge eines chronischen Augenleidens sowie wegen Gelenk- und Gliederschmerzen, chronischer Migräne und Kreislaufschwäche seit Februar 1998 für erwerbsunfähig halte. Mit Bescheid vom 02. Oktober 1998 gewährte die Beklagte ihm medizinische Leistungen zur Rehabilitation. Der Kläger befand sich vom 28. Oktober 1998 bis zum 25. November 1998 in der Rheumaklinik B L und erhielt in dieser Zeit Übergangsgeld. Der Entlassungsbericht vom 14. Dezember 1998 weist als Diagnosen eine seronegative Spondarthritis mit peripherer Gelenkbeteiligung, seinerzeit mit geringer humoraler Entzündungsaktivität, sowie ein Hämangiom LWK II aus. Die Entlassung erfolgte als noch arbeitsunfähig für etwa vier Wochen, sodann jedoch vollschichtig einsetzbar für die letzte Tätigkeit als kaufmännischer Geschäftsführer sowie für leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung einiger qualitativer Einschränkungen. Auf der Grundlage dieses Entlassungsberichtes lehnte die Beklagte, die das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bejaht hatte, mit Bescheid vom 02. Februar 1999 die Gewährung einer Rente ab. Der Kläger sei in der Lage, weiterhin in seinem Berufsbereich vollschichtig tätig zu sein. Auch bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Der Kläger sei daher weder erwerbs- noch berufsunfähig.
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 02. März 1999 machte der Kläger geltend, die Beklagte habe seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbesondere auch auf neurologisch-psychiatrischem und augenärztlichem Gebiet nicht ausreichend gewürdigt. Die Beklagte ließ ihn daraufhin im April 1999 durch den Facharzt für Neuropsychiatrie und Psychotherapie Dr. K untersuchen. In seinem Gutachten vom 03. Mai 1999 hat dieser bei dem Kläger eine reaktive Depression bei organischen Beeinträchtigungen des Geh- und Sehvermögens diagnostiziert. Aus neuropsychiatrischer Sicht sei die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben bezogen auf die letzte Tätigkeit als Geschäftsführer im Immobilienverkauf als nur leichtgradig eingeschränkt zu beurteilen. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 1999 wies die Beklagte den Widerspruch daraufhin mit der Begründung zurück, der Kläger könne weiterhin vollschichtig als kaufmännischer Angestellter oder in sonstigen ihm zumutbaren Beschäftigungen arbeiten und sei daher weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Hiergegen hat der Kläger am 13. September 1999 Klage erhoben und gerügt, dass die Beklagte weder ein rheumatologisches noch ein ophtalmologisches Gutachten eingeholt habe. Auch im Übrigen seien die Auswirkungen der bei ihm bestehenden Erkrankungen nicht ausreichend gewürdigt worden. Eine Erwerbstätigkeit könne er nur unter unzumutbaren Schmerzen und unter unzumutbarer Anstrengung seiner Willenskräfte ausüben.
Das Sozialgericht hat Befundberichte bei den den Kläger behandelnden Ärzten Dr. T und Dr. R, dem Facharzt für Orthopädie S sowie dem Facharzt für Physiotherapie und Rheumatologie F eingeholt. Weiter hat es die medizinischen Unterlagen der Krankenkasse des Klägers beigezogen, u.a. ein Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. M vom 15. März 1999, in dem dieser den Kläger für sofort arbeitsfähig erklärt hatte, sowie ein Gutachten der Ärztin für Innere Medizin Dr. L vom 13. Oktober 1998, in dem diese "Arbeitsunfähigkeit auf voraussichtlich absehbare Zeit" angenommen und die Rehabilitationsbedürftigkeit des Klägers betont hatte. Sodann hat es Prof. Dr. S mit der Erstattung eines orthopädisch-rheumatologischen und Prof. Dr. B mit der eines augenärztlichen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige Prof. Dr. S hat in seinem Gutachten vom 05. September 2001 bei dem Kläger auf seinem Fachgebiet eine seronegative Spondylarthritis mit peripherer Gelenkbeteiligung, hier manifest in der Form eines so genannten Reiter-Syndroms, ein Hämangiom LWK 2 sowie ein Halswirbelsäulensyndrom mit Wurzelreizung C7/8 und partieller Schultersteife rechts festgestellt. Der Sachverständige Prof. Dr. B hat in seinem Gutachten vom 15. April 2002 wiederkehrende Entzündungen der Regenbogenhaut (Iritis) und des Ziliarkörpers (Zyklitis) im Rahmen einer HLA-B27 assoziierten Erkrankung des rheumatischen Formenkreises diagnostiziert. Der Verlauf sei mittelschwer, jedoch medikamentös kontrollierbar. Weiter leide der Kläger an einem trockenen Auge und einem Mikrostrabismus, an Kurzsichtigkeit, Stabsichtigkeit und Altersweitsichtigkeit des rechten Auges. Übereinstimmend sind die Sachverständigen davon ausgegangen, dass der Kläger aufgrund der bei ihm festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nur noch über ein auf leichte körperliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung weiterer Einschränkungen gemindertes, jedoch vollschichtiges Leistungsvermögen verfüge. Nach weiteren Ermittlungen zum Berufsleben des Klägers hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 30. September 2003 den angefochtenen Bescheid der Beklagten abgeändert und diese unter Klagabweisung im Übrigen verurteilt, dem Kläger ab dem 26. November 1998 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erwerbsunfähig sei, sondern noch leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ließen sich auch unter Berücksichtigung der zahlreichen qualitativen Leistungseinschränkungen für den Kläger geeignete Tätigkeitsbereiche finden. So sei z.B. an eine Pförtnertätigkeit zu denken, da eine Tätigkeit in Wechselschicht nach den Angaben von Prof. Dr. S möglich sei. Dementsprechend habe der Kläger auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Indes stehe ihm aufgrund eines am 19. August 1998 eingetretenen Versicherungsfalls ab dem 26. November 1998 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu. Bei der Prüfung eines entsprechenden Anspruches sei als bisheriger Beruf des Klägers der eines Immobilienkaufmanns zugrunde zu legen. Dieser Tätigkeit könne er aufgrund der bei ihm bestehenden Leistungseinschränkungen nicht mehr nachgehen. So seien ihm das Besichtigen von Baustellen und das Abnehmen von Bauten sowie die Überwachung und Begleitung von Bauausführungen nicht mehr möglich. Der Kläger müsste dazu Baustellen mit einem eigenen Pkw aufsuchen, was wegen der eingeschränkten Fahrtauglichkeit problematisch sei. Außerdem stehe dies nicht mit der Forderung, in geschlossenen Räumen zu arbeiten, in Einklang. Die übrigen in diesem Berufszweig zu verrichtenden Arbeiten seien fast ausschließlich im Sitzen zu erbringen. Überwiegendes Sitzen sei nach den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. S jedoch zu vermeiden. Eine sozial zumutbare Verweisungstätigkeit sei ebenfalls nicht ersichtlich.
Gegen dieses ihr am 18. November 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. Dezember 2003 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie meint, dem Kläger stehe keine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu. Im Hinblick auf seinen beruflichen Werdegang sei er zwar als Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft anzusehen. Trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen könne er diesem Beruf jedoch in Form einer sachbearbeitenden Tätigkeit im Verwaltungsbereich einer Immobilienfirma weiterhin nachgehen. In diesem Bereich sei der Eingang von Mietzahlungen zu überwachen, seien Mietverträge abzuschließen, Reparaturmeldungen bei Mängeln in den Wohnungen zu bearbeiten sowie Abrechnungen zu den laufenden Neben-, Bewirtschaftungs- und Kapitalkosten zu erstellen. Es handele sich um einen Mischarbeitsplatz im Innendienst. Neben rein manuellen Tätigkeiten stünde die geistige Arbeitsleistung im Vordergrund. Besondere Anforderungen an die körperliche Belastbarkeit würden nicht gestellt.
Am 04. Februar 2004 hat der Kläger eine als solche bezeichnete unselbständige Anschlussberufung eingelegt. Soweit die Beklagte meine, er könne noch als Sachbearbeiter in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft arbeiten, könne ihr nicht gefolgt werden. Bei Einschränkungen der Bildschirmtauglichkeit, der Gebrauchsfähigkeit der oberen Extremitäten, des Sehvermögens, der Konzentrations- und der Merkfähigkeit aufgrund der Medikamenteneinwirkung sei die Ausführbarkeit von Tätigkeiten im Innenbereich der bisherigen Berufstätigkeit nicht mehr möglich, zumal überwiegendes Sitzen zu vermeiden sei und er nur noch Tätigkeiten unter freiem Wechsel der Haltungsarten ohne Zeitdruck und ohne festgelegte Arbeitsrhythmen ausüben könne. Darüber hinaus stehe ihm jedoch nicht nur eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer zu, sondern auch eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die bestehenden Leiden und ihre Wechselwirkungen zueinander seien unvollständig und unzureichend gewürdigt worden. Auch seien weitere Leiden hinzugetreten. Es liege eine Summierung von Leistungseinschränkungen vor.
Im November 2003 unterzog der Kläger sich einer Wirbelsäulenoperation. Im Anschluss gewährte die Beklagte ihm in der Zeit vom 26. November bis zum 19. Dezember 2003 eine Anschlussheilbehandlung in der REHA-Tagesklinik im Forum P. Der Entlassungsbericht vom 10. Februar 2004 weist folgende Diagnosen aus:
- chron. lumbales Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Symptomatik re. bei fehlst. WS Belastung sowie arthromuskulären Dysfunktionen bei Hämagiowirbel L2,
- chronisches zervikobrachiales Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Symptomatik re. bei fehlst. WS Belastung sowie arthromuskulären Dysfunktionen,
- rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode,
- Bandscheibenprolaps C5/6, C6/7 ohne Radiculopathie mit Zustand nach Operation am 17. November 2003 sowie
- Eisenmangelanämie unklarer Genese.
Die Entlassung erfolgte als vollschichtig einsetzbar für körperlich leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung einiger qualitativer Einschränkungen.
Der Senat hat die Fachärztin für Neurologie und Psychotherapie Dr. B mit der Erstattung eines entsprechenden Fachgutachtens beauftragt. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten vom 07. Januar 2005 bei dem Kläger auf nervenärztlichem Gebiet
- ein anhaltendes cervikales Schmerzsyndrom mit sensomotorischer Läsion C7/8 rechtseitig, Zustand nach Bandscheibenoperation 2003 in den Höhen C5/6 und C6/7 (Disektomie, Bryhanprothese), Zustand nach Foraminotomie C7 rechts 2004, vertebragene Cephalgien,
- ein chronisches pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei relativer spinaler Enge infolge degenerativer Prozesse,
- anamnestisch eine Analgetikaabhängigkeit bei langjährigem Opioidgebrauch,
- ein derzeitig mäßig bis schwer ausgeprägtes, gehemmt depressives Syndrom im Rahmen einer neurotischen Fehlentwicklung mit Kontrollzwängen, narzisstischer Problematik und Somatisierungsneigung (Schmerzerleben) sowie
- eine Migräne ohne Aura
diagnostiziert. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, auch nur leichte körperliche Arbeiten zu verrichten, ohne dabei auf Kosten seiner Gesundheit zu arbeiten. Verschlechterungen der Morbus Reiter-Symptomatik würden seit 2000 beschrieben. Das degenerative Wirbelsäulenleiden habe sich ab 1999 allmählich verschlechtert. Seit 2002 seien wiederholt tiefe Venenthrombosen der Beine aufgetreten. Das seelische Leiden werde erstmals mit dem nervenärztlichen Gutachten im Jahre 1998 als krankheitswertig dokumentiert. Verschlechterungen seien insbesondere seit 2002 (Selbstmordabsichten) aufgetreten. Zu einer weiteren Verschlechterung sei es im Laufe des Jahres 2004 nach den als gescheitert erlebten zwei Wirbelsäulenoperationen gekommen (vgl. Schreiben des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K vom 01. Januar 2005, bei dem der Kläger erstmals am 24. April 2004 vorstellig wurde). Es erscheine unwahrscheinlich, dass sich das Leistungsvermögen des Klägers wesentlich bessere.
Nachdem Vergleichsverhandlungen zwischen den Beteiligten gescheitert sind,
beantragt die Beklagte,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. September 2003 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. September 2003 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 02. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 26. November 1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der jeweiligen Befundberichte, Atteste und Gutachten, die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt hatten (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -).
Die Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, sie haben jeweils in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das erstinstanzliche Urteil bewertete die Sach- und Rechtslage nicht zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 1999 war zum Zeitpunkt seines Erlasses und zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Sozialgericht Berlin rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hatte keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Allerdings hat sich der Gesundheitszustand des Klägers inzwischen so verschlechtert, dass ihm ab dem 01. Mai 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht.
Bei der Prüfung eines Rentenanspruchs des Klägers ist im Hinblick auf seinen im August 1998 gestellten Antrag gemäß § 300 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) zunächst von §§ 43 Abs. 1 und 44 Abs. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung auszugehen. Danach hat derjenige einen Anspruch auf Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Leistungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und berufs- bzw. erwerbsunfähig ist. Davon, dass diese Voraussetzungen bei dem Kläger zu einem Zeitpunkt vorlagen, der zu einem Rentenbeginn bis spätestens 31. Dezember 2000 geführt hätte, vermochte der Senat sich nicht zu überzeugen.
Der Kläger war im fraglichen Zeitraum nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F ... Seine Erwerbsfähigkeit war nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken. Er war noch in der Lage, die gesetzliche Lohnhälfte im Sinne des § 43 Abs. 2 S. 1 SGB VI a.F. zu erzielen.
Unstreitig ist für die Prüfung der Berufsunfähigkeit des Klägers ausgehend von seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Immobilienkaufmann der Beruf des Kaufmanns in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft maßgeblich. Berufsunfähigkeit wäre mithin dann gegeben, wenn der Kläger diesen Beruf nicht mehr ausüben und auch nicht auf eine ihm gesundheitlich und sozial zumutbare Tätigkeit verwiesen werden könnte. Denn der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI a.F. alle Tätigkeiten von Versicherten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Soweit das Sozialgericht Berlin davon ausgegangen ist, dass der Kläger eine ihm zumutbare Tätigkeit nicht mehr ausüben könne, vermag der Senat sich ihm nicht anzuschließen. Im Gegenteil folgt er der Auffassung der Beklagten, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum weiterhin in der Lage gewesen ist, eine sachbearbeitende Tätigkeit im Verwaltungsbereich einer Immobilienfirma auszuüben. Entsprechende Arbeiten gehören zu seinem hier maßgebenden Beruf. Denn die Aufgaben und Tätigkeiten eines Kaufmanns der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft werden in der Datenbank der Bundesagentur für Arbeit für Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibungen (BERUFEnet) wie folgt umschrieben:
"Sie erwerben Grundstücke und Immobilien und vermitteln, verkaufen und finanzieren sie. Außerdem planen und betreuen sie Bau-, Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben. Gegebenenfalls verwalten und bewirtschaften sie Immobilien für die Eigentümer. Vor Ort besichtigen sie die Objekte und führen mit ihren Kunden Beratungsgespräche sowie Kauf- oder Verkaufsverhandlungen. Kaufleute in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft kalkulieren Angebote und schließen Verträge ab. Außerdem erarbeiten sie Finanzierungsmöglichkeiten und erstellen Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Sie wickeln den Zahlungsverkehr ab und führen die Buchhaltung. Darüber hinaus erledigen sie allgemeine Büro- und Verwaltungstätigkeiten."
Weiter heißt es dort:
"Kaufleute in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft spezialisieren sich bei Immobilienmaklern, Wohnungsbauunternehmen oder Immobilienabteilungen von Banken oder Versicherungen vor allem auf Tätigkeiten in der Gebäudeverwaltung, in der Bauabrechnung oder in der Planung und Betreuung von Bau-, Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben. Andere werden im Kauf und Verkauf von Immobilien tätig oder der Immobilienfinanzierung. Auch in der Beratung von Kunden bzw. Mietern und Eigentümern sowie im Finanz- und Rechnungswesen finden sie Spezialisierungsmöglichkeiten."
Vor diesem Hintergrund geht die Beklagte zu Recht davon aus, dass es für einen Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft eher untypisch ist, sämtliche der zum Gesamtaufgabenbereich gehörenden Tätigkeiten auszuüben, vielmehr in aller Regel eine Konzentration auf einen Bereich erfolgt. Insofern stand der weiteren Berufsausübung durch den Kläger entgegen der Einschätzung des Sozialgerichts Berlin nicht entgegen, dass der Kläger unstreitig bereits im fraglichen Zeitraum nicht mehr im Außenbereich eingesetzt werden konnte. Denn der Senat hat keine Zweifel, dass sein Leistungsvermögen für einen vollschichtigen Einsatz als Sachbearbeiter im Bereich der Verwaltung von Immobilien (im Innendienst) ausreichte. Es handelt sich hierbei um eine körperlich leichte Tätigkeit, die in geschlossenen Räumen ohne Einfluss nennenswerter klimatischer Einflüsse im freien Wechsel der Haltungsarten zu erbringen ist, weder mit einseitiger körperlicher Belastung, der Einnahme von Zwangshaltungen, einem Einsatz an laufenden Maschinen, dem Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten oder dem Heben und Tragen von Lasten einhergeht noch in festgelegtem Arbeitsrhythmus, unter Zeitdruck oder in Wechsel- und Nachtschicht zu erbringen ist. Sie entsprach damit dem Leistungsvermögen des Klägers im fraglichen Zeitraum.
Der Senat stützt sich bei dieser Einschätzung insbesondere auf die vom Sozialgericht Berlin eingeholten Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. S und Prof. Dr. B. Die Sachverständigen, die dem Senat beide als erfahrene und sehr gewissenhafte Gutachter bekannt sind, haben unter sorgfältiger Auswertung der Vorbefunde und nach gründlicher Untersuchung des Klägers die bei ihm bestehenden, im Tatbestand wiedergegebenen Gesundheitsstörungen sowie die daraus resultierenden Leistungseinschränkungen dargestellt. Anschaulich hat insoweit der Sachverständige Prof. Dr. S ausgeführt, dass es sich bei der bei dem Kläger auf rheumatologischem Gebiet bestehenden Erkrankung um eine latente Verlaufsform handele, die zum Zeitpunkt seiner Untersuchung nicht mit akuten Gelenkveränderungen verbunden gewesen sei. Gleichwohl führe dieses Krankheitsbild zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsbildes. So könne der Kläger nur noch leichte körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen ohne Einfluss extremer Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft ausüben, weil die entzündliche Erkrankung unter diesen Einflüssen zur Verschlimmerung neige. Der Hämangiomwirbel LWK 2 habe eine verminderte Belastbarkeit des Achsorganes zur Folge, wobei in der klinischen Untersuchung nur leichte Funktionsstörungen des Achsorganes gefunden worden seien. Soweit der Sachverständige Prof. Dr. S diesbezüglich weiter ausgeführt hat, dass der Kläger im Gehen, Stehen und Sitzen arbeiten könne, dabei aber ein freier Wechsel dieser Haltungsarten möglich und ein überwiegendes Sitzen vermieden werden solle, da dies zu einer erhöhten Belastung der Lendenwirbelsäule führe, stand dies zur Überzeugung des Senats einem Einsatz des Klägers in dem umschriebenen Arbeitsbereich angesichts der umschriebenen nur leichten Funktionsstörung des Achsorganes nicht entgegen. Der Einsatz als Sachbearbeiter in Hausverwaltungen ermöglicht ein Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen. Anders als an einem maschinengebundenen Arbeitsplatz kann ein Sachbearbeiter jederzeit vom Bürostuhl aufstehen, die Haltung innerhalb des Raumes frei verändern und einen nicht unerheblichen Anteil seiner Arbeiten (Lektüre eingehender Post, Abheften von Schreiben, Telefonate, Besprechungen etc.) nach Belieben stehend verrichten. Weiter ist auch ein gelegentliches Gehen bereits durch Wege zum Fotokopierer oder zu Regalen und Schränken, in denen benötigte Ordner verwahrt werden, bedingt. Mit der Möglichkeit, sich immer wieder bewegen zu können, ist ein Wechsel zwischen den drei typischen Haltungen stets gewährleistet. Auch kann ein überwiegendes Sitzen vermieden werden. Weiter stand dem Einsatz des Klägers im Verwaltungsbereich einer Immobilienfirma nicht seine nur eingeschränkte Belastbarkeit seines rechten Armes entgegen. Der Sachverständige Prof. Dr. S hat insoweit zwar angegeben, dass in der Halswirbelsäule des Klägers über das Altersmaß hinausgehende degenerative Veränderungen vorlägen, die zu einer chronischen Wurzelreizsymptomatik geführt hätten und sich in einer Kraftminderung des rechten Armes und einer eingeschränkten Fingergeschicklichkeit äußerten. Der Gutachter hat jedoch auch ausdrücklich klargestellt, dass die Funktion der rechten Hand für leichtere körperliche Tätigkeiten – die allein hier zur Diskussion stehen - erhalten sei, zumal der Kläger sowohl rechts- als auch linkshändig tätig sein könne. Dass er in seiner Schreibfähigkeit – sei es von Hand, sei es am Computer – beeinträchtigt sein könnte, ist dem Gutachten jedenfalls nicht zu entnehmen.
Darüber hinaus hat der Sachverständige Prof. Dr. B nachvollziehbar angegeben, dass der Kläger während eines – seinerzeit etwa viermal jährlich auftretenden – Entzündungsschubes der Augen in seinem Sehvermögen eingeschränkt, stark blendempfindlich sei, Schmerzen habe und seine Konzentrations- und Merkfähigkeit sowie sein Lese- und Schreibvermögen reduziert seien. Im entzündungsfreien Intervall bestehe hingegen lediglich eine allgemein erhöhte Blendungsempfindlichkeit. Vor diesem Hintergrund hat der Senat keinen Zweifel, dass der Kläger infolge der Augenerkrankung sicher wiederholt arbeitsunfähig gewesen ist, die umschriebenen Einschränkungen stellen sich jedoch gerade nicht als dauerhafte Leistungseinschränkungen dar. Weiter hat der Sachverständige die – hier nicht unwesentliche - Bildschirmtauglichkeit des Klägers nicht in Frage gestellt. Soweit hingegen der von der Beklagten beauftragte Facharzt für Neuropsychiatrie und Psychotherapie Dr. K in seinem Gutachten ausgeführt hat, dass der Kläger nicht an Bildschirmen arbeiten könne, folgt der Senat ihm vor dem Hintergrund des Gutachtens des Spezialisten Prof. Dr. B, der als Chefarzt einer Abteilung für Augenheilkunde über herausragendes Fachwissen auf seinem Gebiet verfügt, nicht. Der Kläger mag – wie sein behandelnder Arzt Dr. T in seinem Befundbericht vom Juni 2000 angegeben hat - für einen dauernden Bildschirmeinsatz nicht geeignet sein. Eine ununterbrochene Arbeit am Bildschirm erfordert die hier in Rede stehende Tätigkeit als Sachbearbeiter – anders als beispielsweise bei einer Schreibkraft – jedoch auch nicht.
Da die Sachverständigen Prof. Dr. S und Prof. Dr. Bdem Kläger schließlich jeweils ein vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt haben, sind im fraglichen Zeitraum auf orthopädischem und augenärztlichem Gebiet keine Erkrankungen und Funktionsbeeinträchtigungen erkennbar, die den Kläger an einem vollschichtigen Einsatz als Sachbearbeiter in einer Hausverwaltung gehindert hätten.
Auch stand einem entsprechenden Einsatz zur Überzeugung des Senats keine Erkrankung auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet entgegen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Leistungsvermögen des Klägers bis Ende 2000 aufgrund einer entsprechenden Erkrankung bedeutend eingeschränkt gewesen sein könnte. Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige Dr. K hat in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 03. Mai 1999 ausdrücklich angegeben, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers im Erwerbsleben bezogen auf die letzte Tätigkeit als Geschäftsführer im Immobilienverkauf allein wegen der depressiven Störung als nur leichtgradig eingeschränkt zu beurteilen sei. Dass er den Kläger als zwanghaft-depressiv und schizoid strukturiert beschrieben hat, rechtfertigt insoweit keine andere Bewertung. Die von ihm erhobenen psychischen Befunde deuten in keiner Weise darauf hin, dass der Kläger einem Einsatz in dem geschilderten Tätigkeitsbereich nicht gewachsen gewesen sein könnte. Bei dem Kläger mögen zwanghafte, depressive und auch schizoide Persönlichkeitsanteile festzustellen gewesen sein. Diesen kommt jedoch nicht automatisch eine leistungseinschränkende Bedeutung zu.
Dass im Jahre 1999 auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine wesentlichen Einschränkungen bestanden, wird weiter durch das von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M für den MDK erstellte Gutachten vom März 1999 bestätigt, in dem zur Psyche keinerlei Auffälligkeiten vermerkt wurden. Daran hat sich zur Überzeugung des Senats jedenfalls bis Ende 2000 auch nichts geändert. Denn abgesehen davon, dass der Kläger sich im entsprechenden Zeitraum nicht in fachärztlicher Behandlung befunden hat, was – wie das Sozialgericht Berlin zu Recht ausgeführt hat – deutlich gegen einen Leidensdruck spricht, und weiter keiner der den Kläger behandelnden Ärzte in seinem jeweiligen Befundbericht vom Sommer/Herbst 2000 einen Befund auf psychiatrischem Gebiet erwähnt hat, haben auch die Sachverständigen Prof. Dr. S und Prof. Dr. B anlässlich ihrer Untersuchungen des Klägers in den Jahren 2001 und 2002 keine Feststellungen getroffen, die auf eine Einschränkung des Leistungsvermögen infolge einer psychiatrischen Erkrankung hindeuten könnten. Soweit Prof. Dr. S angegeben hat, dass die Schmerzmedikation das Reaktionsvermögen des Klägers beeinträchtigen könnte, steht dies der hier für zumutbar erachteten Tätigkeit nicht entgegen. Und soweit Prof. Dr. B auf die Einschränkungen beim Sehen sowie die Reduzierung der Konzentrations- und Merkfähigkeit sowie das Lese- und Schreibvermögen während einer Entzündung der Regenbogenhaut hingewiesen hat, mag dies – wie ausgeführt - vorübergehende Arbeitsunfähigkeit bedeutet haben, nicht aber eine dauerhafte Leistungseinschränkung. Die Behauptung des Klägers, einem Einsatz als Sachbearbeiter in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft habe die Einschränkung seiner Konzentrations- und der Merkfähigkeit aufgrund der Medikamenteneinwirkung entgegengestanden, ist mithin nicht zu objektivieren. Keiner der beiden Sachverständigen hat seinerzeit – auch medikationsbedingte - Einschränkungen der Konzentrations- und der Merkfähigkeit bei dem Kläger festgestellt.
Nach alledem war der Kläger zur Überzeugung des Senats jedenfalls bis Ende 2000 weiterhin in der Lage, vollschichtig als Sachbearbeiter im Verwaltungsbereich einer Immobilienfirma zu arbeiten. Er war daher nicht berufsunfähig, ohne dass es insoweit darauf ankäme, ob er einen entsprechenden Arbeitsplatz gefunden hat. Ihm war daher keine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI a.F. zu bewilligen. Folglich kam erst recht nicht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI a.F. in Betracht. Denn die Gewährung dieser Rente erfordert das Vorliegen noch weitaus erheblicherer Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Versicherten.
Indes steht dem Kläger zur Überzeugung des Senats ausgehend von einem am 24. April 2004 eingetretenen Versicherungsfall ab dem 01. Mai 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung hat derjenige einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und voll erwerbsgemindert ist. Dies ist bei dem Kläger der Fall. Insbesondere ist er voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, d.h. nicht mehr in der Lage, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Eintritt der vollen Erwerbsminderung ist zur Überzeugung des Senats auf den 24. April 2004 zu datieren. Vom früheren Eintritt eines Versicherungsfalls vermochte der Senat sich indes nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu überzeugen.
Mit der Einschätzung, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, schließt sich der Senat der Beurteilung der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. B an. Die Sachverständige hat unter sehr sorgfältiger Auswertung der Vorbefunde und nach gründlicher Untersuchung des Klägers ihre im Tatbestand wiedergegebenen Diagnosen gestellt. Weiter hat sie für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass der Kläger inzwischen auch einer leichten Tätigkeit nicht mehr für mindestens drei Stunden am Tag nachgehen könne. Er sei inzwischen nicht nur in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt, sondern auch in der Ausübung mehr als leichter geistiger Arbeiten beeinträchtigt. Es bestehe eine Verlangsamung des psychischen Tempos und eine geringe Einschränkung der Merk- und Reaktionsfähigkeit. Insbesondere seien im Rahmen der ausgeprägten depressiven Symptomatik jedoch die Kontaktfähigkeit, die Anpassungs- und Umstellfähigkeit des Klägers, seine Auffassungsgabe und seine Lernfähigkeit sowie seine Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit erheblich gemindert.
Seit wann das Leistungsvermögen des Klägers derart gravierend eingeschränkt ist, vermochte die Sachverständige nicht genau einzugrenzen. Vielmehr hat sie ausgeführt, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers seit 1998 zunehmend verschlechtert hat. Zur Überzeugung des Senats ist seit dem 24. April 2004 von einer vollen Erwerbsminderung auszugehen. Davon, dass es bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu einer Erwerbsminderung – auch zu einer teilweisen im Sinne des § 43 Abs. 1 SGB VI n.F. bzw. zu einer teilweisen bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI – gekommen ist, vermochte er sich indes nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu überzeugen. Der Senat hat – den obigen Ausführungen entsprechend – keine Zweifel, dass der Kläger bis zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. B im Januar 2002 über ein zwar qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen verfügte und damit nicht erwerbsgemindert war. Umgekehrt steht fest, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung durch die Sachverständige Dr. B am 10. November 2004 volle Erwerbsminderung vorlag. Abgesehen von den von der Sachverständigen dokumentierten, jedoch allein auf den Angaben des Klägers beruhenden und damit nicht zu objektivierenden Selbstmordabsichten im Jahre 2002 sind in der Zwischenzeit als einschneidende Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers die im November 2003 erfolgte Diskektomie und Implantation einer Bryanprothese und die Foraminotomie im Mai 2004 sowie die Vorstellung des Klägers bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K am 24. April 2004 wegen einer schweren Depression dokumentiert. Der Senat misst hier – angesichts der von der Sachverständigen hervorgehobenen Leistungseinschränkungen, die nunmehr in Ergänzung zu den bereits zuvor bestehenden Leistungseinschränkungen die Erwerbsminderung begründen und im Wesentlichen auf die depressive Symptomatik zurückzuführen sind, - der Vorstellung des Klägers bei Dr. K die maßgebende Bedeutung zu. Dieser Arzt hat in seinem Brief vom 01. Januar 2005 an die Sachverständige Dr. B mitgeteilt, dass der Kläger am 24. April 2004 wegen einer nach Durchführung der Diskektomie im November 2003 festgestellten schweren Depression vorgestellt worden sei, und hat die letztlich langanhaltende und schwerwiegende depressive Symptomatik bestätigt. Da es allgemein anerkannt ist, dass nur die anhaltend schwergradige Ausprägung einer Depression nebst Begleitsymptomen eine zeitliche Beeinträchtigung des Leistungsvermögens bzw. eine Aufhebung des Leistungsvermögens für Tätigkeiten im Erwerbsleben begründen kann, und dies hier erstmals dokumentiert ist, kann zur Überzeugung des Senats auch erst auf diesen Zeitpunkt für den Eintritt der Erwerbsminderung abgestellt werden. Dies steht schließlich auch in Einklang mit der Angabe der Sachverständigen, dass sich das seelische Leiden des Klägers im Laufe des Jahres 2004 nach den beiden als gescheitert erlebten Wirbelsäulenoperationen weiter verschlechtert habe.
Bei einem am 24. April 2004 eingetretenen Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung steht dem Kläger nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI eine Rente ab dem 01. Mai 2004 zu. Anderes folgt auch nicht aus § 101 Abs. 1 SGB VI. Denn dem Kläger ist hier nicht nur eine Zeitrente zu gewähren. Da die Sachverständige Dr. Bausdrücklich angegeben hat, dass keine begründete Aussicht bestehe, die bei dem Kläger vorliegende Leistungsminderung teilweise oder ganz zu beheben, geht der Senat davon aus, dass eine Besserung des Leistungsvermögens unwahrscheinlich ist, so dass die Rente hier als Dauerrente (vgl. § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI) zu gewähren war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1955 geborene Kläger hat in der ehemaligen DDR eine dreijährige Ausbildung zum Zerspanungsfacharbeiter erfolgreich durchlaufen. Im Anschluss leistete er von 1975 bis 1978 seinen Wehrdienst ab. Sein in der Folgezeit absolviertes Studium der Kriminalistik konnte der Kläger nicht abschließen, wohl aber sein Fernstudium zum Diplom-Juristen. Im Folgenden arbeitete er einige Jahre als Inspektor für Arbeits- und Gebrauchssicherheit auf dem Flughafen. 1984 übernahm er die Leitung eines FDJ-Jugendclubs, ab Juli 1987 war er im Reisebüro "J" B tätig, dort zuletzt als Betriebsdirektor. Nach der Wende arbeitete der Kläger in einem Reisebüro. Ab 1991 war er vorübergehend arbeitslos und dann – teilweise selbständig - als kaufmännischer Mitarbeiter/Geschäftsführer in einem Immobilienbüro tätig. Nach Aufgabe der Selbständigkeit zum 06. Januar 1997 war er arbeitslos. Er bezog ab dem 09. Januar 1997 bis zum 07. Januar 1998 Arbeitslosengeld, ab dem Folgetag Arbeitslosenhilfe.
Am 19. August 1998 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er an, dass er sich infolge eines chronischen Augenleidens sowie wegen Gelenk- und Gliederschmerzen, chronischer Migräne und Kreislaufschwäche seit Februar 1998 für erwerbsunfähig halte. Mit Bescheid vom 02. Oktober 1998 gewährte die Beklagte ihm medizinische Leistungen zur Rehabilitation. Der Kläger befand sich vom 28. Oktober 1998 bis zum 25. November 1998 in der Rheumaklinik B L und erhielt in dieser Zeit Übergangsgeld. Der Entlassungsbericht vom 14. Dezember 1998 weist als Diagnosen eine seronegative Spondarthritis mit peripherer Gelenkbeteiligung, seinerzeit mit geringer humoraler Entzündungsaktivität, sowie ein Hämangiom LWK II aus. Die Entlassung erfolgte als noch arbeitsunfähig für etwa vier Wochen, sodann jedoch vollschichtig einsetzbar für die letzte Tätigkeit als kaufmännischer Geschäftsführer sowie für leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung einiger qualitativer Einschränkungen. Auf der Grundlage dieses Entlassungsberichtes lehnte die Beklagte, die das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bejaht hatte, mit Bescheid vom 02. Februar 1999 die Gewährung einer Rente ab. Der Kläger sei in der Lage, weiterhin in seinem Berufsbereich vollschichtig tätig zu sein. Auch bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Der Kläger sei daher weder erwerbs- noch berufsunfähig.
Mit seinem hiergegen gerichteten Widerspruch vom 02. März 1999 machte der Kläger geltend, die Beklagte habe seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbesondere auch auf neurologisch-psychiatrischem und augenärztlichem Gebiet nicht ausreichend gewürdigt. Die Beklagte ließ ihn daraufhin im April 1999 durch den Facharzt für Neuropsychiatrie und Psychotherapie Dr. K untersuchen. In seinem Gutachten vom 03. Mai 1999 hat dieser bei dem Kläger eine reaktive Depression bei organischen Beeinträchtigungen des Geh- und Sehvermögens diagnostiziert. Aus neuropsychiatrischer Sicht sei die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben bezogen auf die letzte Tätigkeit als Geschäftsführer im Immobilienverkauf als nur leichtgradig eingeschränkt zu beurteilen. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. August 1999 wies die Beklagte den Widerspruch daraufhin mit der Begründung zurück, der Kläger könne weiterhin vollschichtig als kaufmännischer Angestellter oder in sonstigen ihm zumutbaren Beschäftigungen arbeiten und sei daher weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Hiergegen hat der Kläger am 13. September 1999 Klage erhoben und gerügt, dass die Beklagte weder ein rheumatologisches noch ein ophtalmologisches Gutachten eingeholt habe. Auch im Übrigen seien die Auswirkungen der bei ihm bestehenden Erkrankungen nicht ausreichend gewürdigt worden. Eine Erwerbstätigkeit könne er nur unter unzumutbaren Schmerzen und unter unzumutbarer Anstrengung seiner Willenskräfte ausüben.
Das Sozialgericht hat Befundberichte bei den den Kläger behandelnden Ärzten Dr. T und Dr. R, dem Facharzt für Orthopädie S sowie dem Facharzt für Physiotherapie und Rheumatologie F eingeholt. Weiter hat es die medizinischen Unterlagen der Krankenkasse des Klägers beigezogen, u.a. ein Gutachten des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. M vom 15. März 1999, in dem dieser den Kläger für sofort arbeitsfähig erklärt hatte, sowie ein Gutachten der Ärztin für Innere Medizin Dr. L vom 13. Oktober 1998, in dem diese "Arbeitsunfähigkeit auf voraussichtlich absehbare Zeit" angenommen und die Rehabilitationsbedürftigkeit des Klägers betont hatte. Sodann hat es Prof. Dr. S mit der Erstattung eines orthopädisch-rheumatologischen und Prof. Dr. B mit der eines augenärztlichen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige Prof. Dr. S hat in seinem Gutachten vom 05. September 2001 bei dem Kläger auf seinem Fachgebiet eine seronegative Spondylarthritis mit peripherer Gelenkbeteiligung, hier manifest in der Form eines so genannten Reiter-Syndroms, ein Hämangiom LWK 2 sowie ein Halswirbelsäulensyndrom mit Wurzelreizung C7/8 und partieller Schultersteife rechts festgestellt. Der Sachverständige Prof. Dr. B hat in seinem Gutachten vom 15. April 2002 wiederkehrende Entzündungen der Regenbogenhaut (Iritis) und des Ziliarkörpers (Zyklitis) im Rahmen einer HLA-B27 assoziierten Erkrankung des rheumatischen Formenkreises diagnostiziert. Der Verlauf sei mittelschwer, jedoch medikamentös kontrollierbar. Weiter leide der Kläger an einem trockenen Auge und einem Mikrostrabismus, an Kurzsichtigkeit, Stabsichtigkeit und Altersweitsichtigkeit des rechten Auges. Übereinstimmend sind die Sachverständigen davon ausgegangen, dass der Kläger aufgrund der bei ihm festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nur noch über ein auf leichte körperliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung weiterer Einschränkungen gemindertes, jedoch vollschichtiges Leistungsvermögen verfüge. Nach weiteren Ermittlungen zum Berufsleben des Klägers hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 30. September 2003 den angefochtenen Bescheid der Beklagten abgeändert und diese unter Klagabweisung im Übrigen verurteilt, dem Kläger ab dem 26. November 1998 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erwerbsunfähig sei, sondern noch leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ließen sich auch unter Berücksichtigung der zahlreichen qualitativen Leistungseinschränkungen für den Kläger geeignete Tätigkeitsbereiche finden. So sei z.B. an eine Pförtnertätigkeit zu denken, da eine Tätigkeit in Wechselschicht nach den Angaben von Prof. Dr. S möglich sei. Dementsprechend habe der Kläger auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Indes stehe ihm aufgrund eines am 19. August 1998 eingetretenen Versicherungsfalls ab dem 26. November 1998 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu. Bei der Prüfung eines entsprechenden Anspruches sei als bisheriger Beruf des Klägers der eines Immobilienkaufmanns zugrunde zu legen. Dieser Tätigkeit könne er aufgrund der bei ihm bestehenden Leistungseinschränkungen nicht mehr nachgehen. So seien ihm das Besichtigen von Baustellen und das Abnehmen von Bauten sowie die Überwachung und Begleitung von Bauausführungen nicht mehr möglich. Der Kläger müsste dazu Baustellen mit einem eigenen Pkw aufsuchen, was wegen der eingeschränkten Fahrtauglichkeit problematisch sei. Außerdem stehe dies nicht mit der Forderung, in geschlossenen Räumen zu arbeiten, in Einklang. Die übrigen in diesem Berufszweig zu verrichtenden Arbeiten seien fast ausschließlich im Sitzen zu erbringen. Überwiegendes Sitzen sei nach den Angaben des Sachverständigen Prof. Dr. S jedoch zu vermeiden. Eine sozial zumutbare Verweisungstätigkeit sei ebenfalls nicht ersichtlich.
Gegen dieses ihr am 18. November 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. Dezember 2003 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie meint, dem Kläger stehe keine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu. Im Hinblick auf seinen beruflichen Werdegang sei er zwar als Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft anzusehen. Trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen könne er diesem Beruf jedoch in Form einer sachbearbeitenden Tätigkeit im Verwaltungsbereich einer Immobilienfirma weiterhin nachgehen. In diesem Bereich sei der Eingang von Mietzahlungen zu überwachen, seien Mietverträge abzuschließen, Reparaturmeldungen bei Mängeln in den Wohnungen zu bearbeiten sowie Abrechnungen zu den laufenden Neben-, Bewirtschaftungs- und Kapitalkosten zu erstellen. Es handele sich um einen Mischarbeitsplatz im Innendienst. Neben rein manuellen Tätigkeiten stünde die geistige Arbeitsleistung im Vordergrund. Besondere Anforderungen an die körperliche Belastbarkeit würden nicht gestellt.
Am 04. Februar 2004 hat der Kläger eine als solche bezeichnete unselbständige Anschlussberufung eingelegt. Soweit die Beklagte meine, er könne noch als Sachbearbeiter in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft arbeiten, könne ihr nicht gefolgt werden. Bei Einschränkungen der Bildschirmtauglichkeit, der Gebrauchsfähigkeit der oberen Extremitäten, des Sehvermögens, der Konzentrations- und der Merkfähigkeit aufgrund der Medikamenteneinwirkung sei die Ausführbarkeit von Tätigkeiten im Innenbereich der bisherigen Berufstätigkeit nicht mehr möglich, zumal überwiegendes Sitzen zu vermeiden sei und er nur noch Tätigkeiten unter freiem Wechsel der Haltungsarten ohne Zeitdruck und ohne festgelegte Arbeitsrhythmen ausüben könne. Darüber hinaus stehe ihm jedoch nicht nur eine Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer zu, sondern auch eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die bestehenden Leiden und ihre Wechselwirkungen zueinander seien unvollständig und unzureichend gewürdigt worden. Auch seien weitere Leiden hinzugetreten. Es liege eine Summierung von Leistungseinschränkungen vor.
Im November 2003 unterzog der Kläger sich einer Wirbelsäulenoperation. Im Anschluss gewährte die Beklagte ihm in der Zeit vom 26. November bis zum 19. Dezember 2003 eine Anschlussheilbehandlung in der REHA-Tagesklinik im Forum P. Der Entlassungsbericht vom 10. Februar 2004 weist folgende Diagnosen aus:
- chron. lumbales Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Symptomatik re. bei fehlst. WS Belastung sowie arthromuskulären Dysfunktionen bei Hämagiowirbel L2,
- chronisches zervikobrachiales Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Symptomatik re. bei fehlst. WS Belastung sowie arthromuskulären Dysfunktionen,
- rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode,
- Bandscheibenprolaps C5/6, C6/7 ohne Radiculopathie mit Zustand nach Operation am 17. November 2003 sowie
- Eisenmangelanämie unklarer Genese.
Die Entlassung erfolgte als vollschichtig einsetzbar für körperlich leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung einiger qualitativer Einschränkungen.
Der Senat hat die Fachärztin für Neurologie und Psychotherapie Dr. B mit der Erstattung eines entsprechenden Fachgutachtens beauftragt. Die Sachverständige hat in ihrem Gutachten vom 07. Januar 2005 bei dem Kläger auf nervenärztlichem Gebiet
- ein anhaltendes cervikales Schmerzsyndrom mit sensomotorischer Läsion C7/8 rechtseitig, Zustand nach Bandscheibenoperation 2003 in den Höhen C5/6 und C6/7 (Disektomie, Bryhanprothese), Zustand nach Foraminotomie C7 rechts 2004, vertebragene Cephalgien,
- ein chronisches pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei relativer spinaler Enge infolge degenerativer Prozesse,
- anamnestisch eine Analgetikaabhängigkeit bei langjährigem Opioidgebrauch,
- ein derzeitig mäßig bis schwer ausgeprägtes, gehemmt depressives Syndrom im Rahmen einer neurotischen Fehlentwicklung mit Kontrollzwängen, narzisstischer Problematik und Somatisierungsneigung (Schmerzerleben) sowie
- eine Migräne ohne Aura
diagnostiziert. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, auch nur leichte körperliche Arbeiten zu verrichten, ohne dabei auf Kosten seiner Gesundheit zu arbeiten. Verschlechterungen der Morbus Reiter-Symptomatik würden seit 2000 beschrieben. Das degenerative Wirbelsäulenleiden habe sich ab 1999 allmählich verschlechtert. Seit 2002 seien wiederholt tiefe Venenthrombosen der Beine aufgetreten. Das seelische Leiden werde erstmals mit dem nervenärztlichen Gutachten im Jahre 1998 als krankheitswertig dokumentiert. Verschlechterungen seien insbesondere seit 2002 (Selbstmordabsichten) aufgetreten. Zu einer weiteren Verschlechterung sei es im Laufe des Jahres 2004 nach den als gescheitert erlebten zwei Wirbelsäulenoperationen gekommen (vgl. Schreiben des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K vom 01. Januar 2005, bei dem der Kläger erstmals am 24. April 2004 vorstellig wurde). Es erscheine unwahrscheinlich, dass sich das Leistungsvermögen des Klägers wesentlich bessere.
Nachdem Vergleichsverhandlungen zwischen den Beteiligten gescheitert sind,
beantragt die Beklagte,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. September 2003 aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. September 2003 abzuändern, den Bescheid der Beklagten vom 02. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 26. November 1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der jeweiligen Befundberichte, Atteste und Gutachten, die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt hatten (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -).
Die Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers sind zulässig, sie haben jeweils in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das erstinstanzliche Urteil bewertete die Sach- und Rechtslage nicht zutreffend. Der Bescheid der Beklagten vom 02. Februar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 1999 war zum Zeitpunkt seines Erlasses und zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Sozialgericht Berlin rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hatte keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Allerdings hat sich der Gesundheitszustand des Klägers inzwischen so verschlechtert, dass ihm ab dem 01. Mai 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zusteht.
Bei der Prüfung eines Rentenanspruchs des Klägers ist im Hinblick auf seinen im August 1998 gestellten Antrag gemäß § 300 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) zunächst von §§ 43 Abs. 1 und 44 Abs. 1 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung auszugehen. Danach hat derjenige einen Anspruch auf Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Leistungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und berufs- bzw. erwerbsunfähig ist. Davon, dass diese Voraussetzungen bei dem Kläger zu einem Zeitpunkt vorlagen, der zu einem Rentenbeginn bis spätestens 31. Dezember 2000 geführt hätte, vermochte der Senat sich nicht zu überzeugen.
Der Kläger war im fraglichen Zeitraum nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F ... Seine Erwerbsfähigkeit war nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken. Er war noch in der Lage, die gesetzliche Lohnhälfte im Sinne des § 43 Abs. 2 S. 1 SGB VI a.F. zu erzielen.
Unstreitig ist für die Prüfung der Berufsunfähigkeit des Klägers ausgehend von seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Immobilienkaufmann der Beruf des Kaufmanns in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft maßgeblich. Berufsunfähigkeit wäre mithin dann gegeben, wenn der Kläger diesen Beruf nicht mehr ausüben und auch nicht auf eine ihm gesundheitlich und sozial zumutbare Tätigkeit verwiesen werden könnte. Denn der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zu beurteilen ist, umfasst nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI a.F. alle Tätigkeiten von Versicherten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Soweit das Sozialgericht Berlin davon ausgegangen ist, dass der Kläger eine ihm zumutbare Tätigkeit nicht mehr ausüben könne, vermag der Senat sich ihm nicht anzuschließen. Im Gegenteil folgt er der Auffassung der Beklagten, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum weiterhin in der Lage gewesen ist, eine sachbearbeitende Tätigkeit im Verwaltungsbereich einer Immobilienfirma auszuüben. Entsprechende Arbeiten gehören zu seinem hier maßgebenden Beruf. Denn die Aufgaben und Tätigkeiten eines Kaufmanns der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft werden in der Datenbank der Bundesagentur für Arbeit für Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibungen (BERUFEnet) wie folgt umschrieben:
"Sie erwerben Grundstücke und Immobilien und vermitteln, verkaufen und finanzieren sie. Außerdem planen und betreuen sie Bau-, Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben. Gegebenenfalls verwalten und bewirtschaften sie Immobilien für die Eigentümer. Vor Ort besichtigen sie die Objekte und führen mit ihren Kunden Beratungsgespräche sowie Kauf- oder Verkaufsverhandlungen. Kaufleute in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft kalkulieren Angebote und schließen Verträge ab. Außerdem erarbeiten sie Finanzierungsmöglichkeiten und erstellen Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Sie wickeln den Zahlungsverkehr ab und führen die Buchhaltung. Darüber hinaus erledigen sie allgemeine Büro- und Verwaltungstätigkeiten."
Weiter heißt es dort:
"Kaufleute in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft spezialisieren sich bei Immobilienmaklern, Wohnungsbauunternehmen oder Immobilienabteilungen von Banken oder Versicherungen vor allem auf Tätigkeiten in der Gebäudeverwaltung, in der Bauabrechnung oder in der Planung und Betreuung von Bau-, Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben. Andere werden im Kauf und Verkauf von Immobilien tätig oder der Immobilienfinanzierung. Auch in der Beratung von Kunden bzw. Mietern und Eigentümern sowie im Finanz- und Rechnungswesen finden sie Spezialisierungsmöglichkeiten."
Vor diesem Hintergrund geht die Beklagte zu Recht davon aus, dass es für einen Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft eher untypisch ist, sämtliche der zum Gesamtaufgabenbereich gehörenden Tätigkeiten auszuüben, vielmehr in aller Regel eine Konzentration auf einen Bereich erfolgt. Insofern stand der weiteren Berufsausübung durch den Kläger entgegen der Einschätzung des Sozialgerichts Berlin nicht entgegen, dass der Kläger unstreitig bereits im fraglichen Zeitraum nicht mehr im Außenbereich eingesetzt werden konnte. Denn der Senat hat keine Zweifel, dass sein Leistungsvermögen für einen vollschichtigen Einsatz als Sachbearbeiter im Bereich der Verwaltung von Immobilien (im Innendienst) ausreichte. Es handelt sich hierbei um eine körperlich leichte Tätigkeit, die in geschlossenen Räumen ohne Einfluss nennenswerter klimatischer Einflüsse im freien Wechsel der Haltungsarten zu erbringen ist, weder mit einseitiger körperlicher Belastung, der Einnahme von Zwangshaltungen, einem Einsatz an laufenden Maschinen, dem Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten oder dem Heben und Tragen von Lasten einhergeht noch in festgelegtem Arbeitsrhythmus, unter Zeitdruck oder in Wechsel- und Nachtschicht zu erbringen ist. Sie entsprach damit dem Leistungsvermögen des Klägers im fraglichen Zeitraum.
Der Senat stützt sich bei dieser Einschätzung insbesondere auf die vom Sozialgericht Berlin eingeholten Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. S und Prof. Dr. B. Die Sachverständigen, die dem Senat beide als erfahrene und sehr gewissenhafte Gutachter bekannt sind, haben unter sorgfältiger Auswertung der Vorbefunde und nach gründlicher Untersuchung des Klägers die bei ihm bestehenden, im Tatbestand wiedergegebenen Gesundheitsstörungen sowie die daraus resultierenden Leistungseinschränkungen dargestellt. Anschaulich hat insoweit der Sachverständige Prof. Dr. S ausgeführt, dass es sich bei der bei dem Kläger auf rheumatologischem Gebiet bestehenden Erkrankung um eine latente Verlaufsform handele, die zum Zeitpunkt seiner Untersuchung nicht mit akuten Gelenkveränderungen verbunden gewesen sei. Gleichwohl führe dieses Krankheitsbild zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsbildes. So könne der Kläger nur noch leichte körperliche Arbeiten in geschlossenen Räumen ohne Einfluss extremer Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft ausüben, weil die entzündliche Erkrankung unter diesen Einflüssen zur Verschlimmerung neige. Der Hämangiomwirbel LWK 2 habe eine verminderte Belastbarkeit des Achsorganes zur Folge, wobei in der klinischen Untersuchung nur leichte Funktionsstörungen des Achsorganes gefunden worden seien. Soweit der Sachverständige Prof. Dr. S diesbezüglich weiter ausgeführt hat, dass der Kläger im Gehen, Stehen und Sitzen arbeiten könne, dabei aber ein freier Wechsel dieser Haltungsarten möglich und ein überwiegendes Sitzen vermieden werden solle, da dies zu einer erhöhten Belastung der Lendenwirbelsäule führe, stand dies zur Überzeugung des Senats einem Einsatz des Klägers in dem umschriebenen Arbeitsbereich angesichts der umschriebenen nur leichten Funktionsstörung des Achsorganes nicht entgegen. Der Einsatz als Sachbearbeiter in Hausverwaltungen ermöglicht ein Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen. Anders als an einem maschinengebundenen Arbeitsplatz kann ein Sachbearbeiter jederzeit vom Bürostuhl aufstehen, die Haltung innerhalb des Raumes frei verändern und einen nicht unerheblichen Anteil seiner Arbeiten (Lektüre eingehender Post, Abheften von Schreiben, Telefonate, Besprechungen etc.) nach Belieben stehend verrichten. Weiter ist auch ein gelegentliches Gehen bereits durch Wege zum Fotokopierer oder zu Regalen und Schränken, in denen benötigte Ordner verwahrt werden, bedingt. Mit der Möglichkeit, sich immer wieder bewegen zu können, ist ein Wechsel zwischen den drei typischen Haltungen stets gewährleistet. Auch kann ein überwiegendes Sitzen vermieden werden. Weiter stand dem Einsatz des Klägers im Verwaltungsbereich einer Immobilienfirma nicht seine nur eingeschränkte Belastbarkeit seines rechten Armes entgegen. Der Sachverständige Prof. Dr. S hat insoweit zwar angegeben, dass in der Halswirbelsäule des Klägers über das Altersmaß hinausgehende degenerative Veränderungen vorlägen, die zu einer chronischen Wurzelreizsymptomatik geführt hätten und sich in einer Kraftminderung des rechten Armes und einer eingeschränkten Fingergeschicklichkeit äußerten. Der Gutachter hat jedoch auch ausdrücklich klargestellt, dass die Funktion der rechten Hand für leichtere körperliche Tätigkeiten – die allein hier zur Diskussion stehen - erhalten sei, zumal der Kläger sowohl rechts- als auch linkshändig tätig sein könne. Dass er in seiner Schreibfähigkeit – sei es von Hand, sei es am Computer – beeinträchtigt sein könnte, ist dem Gutachten jedenfalls nicht zu entnehmen.
Darüber hinaus hat der Sachverständige Prof. Dr. B nachvollziehbar angegeben, dass der Kläger während eines – seinerzeit etwa viermal jährlich auftretenden – Entzündungsschubes der Augen in seinem Sehvermögen eingeschränkt, stark blendempfindlich sei, Schmerzen habe und seine Konzentrations- und Merkfähigkeit sowie sein Lese- und Schreibvermögen reduziert seien. Im entzündungsfreien Intervall bestehe hingegen lediglich eine allgemein erhöhte Blendungsempfindlichkeit. Vor diesem Hintergrund hat der Senat keinen Zweifel, dass der Kläger infolge der Augenerkrankung sicher wiederholt arbeitsunfähig gewesen ist, die umschriebenen Einschränkungen stellen sich jedoch gerade nicht als dauerhafte Leistungseinschränkungen dar. Weiter hat der Sachverständige die – hier nicht unwesentliche - Bildschirmtauglichkeit des Klägers nicht in Frage gestellt. Soweit hingegen der von der Beklagten beauftragte Facharzt für Neuropsychiatrie und Psychotherapie Dr. K in seinem Gutachten ausgeführt hat, dass der Kläger nicht an Bildschirmen arbeiten könne, folgt der Senat ihm vor dem Hintergrund des Gutachtens des Spezialisten Prof. Dr. B, der als Chefarzt einer Abteilung für Augenheilkunde über herausragendes Fachwissen auf seinem Gebiet verfügt, nicht. Der Kläger mag – wie sein behandelnder Arzt Dr. T in seinem Befundbericht vom Juni 2000 angegeben hat - für einen dauernden Bildschirmeinsatz nicht geeignet sein. Eine ununterbrochene Arbeit am Bildschirm erfordert die hier in Rede stehende Tätigkeit als Sachbearbeiter – anders als beispielsweise bei einer Schreibkraft – jedoch auch nicht.
Da die Sachverständigen Prof. Dr. S und Prof. Dr. Bdem Kläger schließlich jeweils ein vollschichtiges Leistungsvermögen bescheinigt haben, sind im fraglichen Zeitraum auf orthopädischem und augenärztlichem Gebiet keine Erkrankungen und Funktionsbeeinträchtigungen erkennbar, die den Kläger an einem vollschichtigen Einsatz als Sachbearbeiter in einer Hausverwaltung gehindert hätten.
Auch stand einem entsprechenden Einsatz zur Überzeugung des Senats keine Erkrankung auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet entgegen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Leistungsvermögen des Klägers bis Ende 2000 aufgrund einer entsprechenden Erkrankung bedeutend eingeschränkt gewesen sein könnte. Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige Dr. K hat in seinem nervenärztlichen Gutachten vom 03. Mai 1999 ausdrücklich angegeben, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers im Erwerbsleben bezogen auf die letzte Tätigkeit als Geschäftsführer im Immobilienverkauf allein wegen der depressiven Störung als nur leichtgradig eingeschränkt zu beurteilen sei. Dass er den Kläger als zwanghaft-depressiv und schizoid strukturiert beschrieben hat, rechtfertigt insoweit keine andere Bewertung. Die von ihm erhobenen psychischen Befunde deuten in keiner Weise darauf hin, dass der Kläger einem Einsatz in dem geschilderten Tätigkeitsbereich nicht gewachsen gewesen sein könnte. Bei dem Kläger mögen zwanghafte, depressive und auch schizoide Persönlichkeitsanteile festzustellen gewesen sein. Diesen kommt jedoch nicht automatisch eine leistungseinschränkende Bedeutung zu.
Dass im Jahre 1999 auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet keine wesentlichen Einschränkungen bestanden, wird weiter durch das von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M für den MDK erstellte Gutachten vom März 1999 bestätigt, in dem zur Psyche keinerlei Auffälligkeiten vermerkt wurden. Daran hat sich zur Überzeugung des Senats jedenfalls bis Ende 2000 auch nichts geändert. Denn abgesehen davon, dass der Kläger sich im entsprechenden Zeitraum nicht in fachärztlicher Behandlung befunden hat, was – wie das Sozialgericht Berlin zu Recht ausgeführt hat – deutlich gegen einen Leidensdruck spricht, und weiter keiner der den Kläger behandelnden Ärzte in seinem jeweiligen Befundbericht vom Sommer/Herbst 2000 einen Befund auf psychiatrischem Gebiet erwähnt hat, haben auch die Sachverständigen Prof. Dr. S und Prof. Dr. B anlässlich ihrer Untersuchungen des Klägers in den Jahren 2001 und 2002 keine Feststellungen getroffen, die auf eine Einschränkung des Leistungsvermögen infolge einer psychiatrischen Erkrankung hindeuten könnten. Soweit Prof. Dr. S angegeben hat, dass die Schmerzmedikation das Reaktionsvermögen des Klägers beeinträchtigen könnte, steht dies der hier für zumutbar erachteten Tätigkeit nicht entgegen. Und soweit Prof. Dr. B auf die Einschränkungen beim Sehen sowie die Reduzierung der Konzentrations- und Merkfähigkeit sowie das Lese- und Schreibvermögen während einer Entzündung der Regenbogenhaut hingewiesen hat, mag dies – wie ausgeführt - vorübergehende Arbeitsunfähigkeit bedeutet haben, nicht aber eine dauerhafte Leistungseinschränkung. Die Behauptung des Klägers, einem Einsatz als Sachbearbeiter in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft habe die Einschränkung seiner Konzentrations- und der Merkfähigkeit aufgrund der Medikamenteneinwirkung entgegengestanden, ist mithin nicht zu objektivieren. Keiner der beiden Sachverständigen hat seinerzeit – auch medikationsbedingte - Einschränkungen der Konzentrations- und der Merkfähigkeit bei dem Kläger festgestellt.
Nach alledem war der Kläger zur Überzeugung des Senats jedenfalls bis Ende 2000 weiterhin in der Lage, vollschichtig als Sachbearbeiter im Verwaltungsbereich einer Immobilienfirma zu arbeiten. Er war daher nicht berufsunfähig, ohne dass es insoweit darauf ankäme, ob er einen entsprechenden Arbeitsplatz gefunden hat. Ihm war daher keine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 43 SGB VI a.F. zu bewilligen. Folglich kam erst recht nicht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI a.F. in Betracht. Denn die Gewährung dieser Rente erfordert das Vorliegen noch weitaus erheblicherer Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Versicherten.
Indes steht dem Kläger zur Überzeugung des Senats ausgehend von einem am 24. April 2004 eingetretenen Versicherungsfall ab dem 01. Mai 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI in der seit dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung hat derjenige einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, der die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat und voll erwerbsgemindert ist. Dies ist bei dem Kläger der Fall. Insbesondere ist er voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, d.h. nicht mehr in der Lage, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Eintritt der vollen Erwerbsminderung ist zur Überzeugung des Senats auf den 24. April 2004 zu datieren. Vom früheren Eintritt eines Versicherungsfalls vermochte der Senat sich indes nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu überzeugen.
Mit der Einschätzung, dass der Kläger nicht mehr in der Lage ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, schließt sich der Senat der Beurteilung der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. B an. Die Sachverständige hat unter sehr sorgfältiger Auswertung der Vorbefunde und nach gründlicher Untersuchung des Klägers ihre im Tatbestand wiedergegebenen Diagnosen gestellt. Weiter hat sie für den Senat nachvollziehbar ausgeführt, dass der Kläger inzwischen auch einer leichten Tätigkeit nicht mehr für mindestens drei Stunden am Tag nachgehen könne. Er sei inzwischen nicht nur in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt, sondern auch in der Ausübung mehr als leichter geistiger Arbeiten beeinträchtigt. Es bestehe eine Verlangsamung des psychischen Tempos und eine geringe Einschränkung der Merk- und Reaktionsfähigkeit. Insbesondere seien im Rahmen der ausgeprägten depressiven Symptomatik jedoch die Kontaktfähigkeit, die Anpassungs- und Umstellfähigkeit des Klägers, seine Auffassungsgabe und seine Lernfähigkeit sowie seine Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit erheblich gemindert.
Seit wann das Leistungsvermögen des Klägers derart gravierend eingeschränkt ist, vermochte die Sachverständige nicht genau einzugrenzen. Vielmehr hat sie ausgeführt, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers seit 1998 zunehmend verschlechtert hat. Zur Überzeugung des Senats ist seit dem 24. April 2004 von einer vollen Erwerbsminderung auszugehen. Davon, dass es bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu einer Erwerbsminderung – auch zu einer teilweisen im Sinne des § 43 Abs. 1 SGB VI n.F. bzw. zu einer teilweisen bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI – gekommen ist, vermochte er sich indes nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu überzeugen. Der Senat hat – den obigen Ausführungen entsprechend – keine Zweifel, dass der Kläger bis zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. B im Januar 2002 über ein zwar qualitativ, nicht aber quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen verfügte und damit nicht erwerbsgemindert war. Umgekehrt steht fest, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung durch die Sachverständige Dr. B am 10. November 2004 volle Erwerbsminderung vorlag. Abgesehen von den von der Sachverständigen dokumentierten, jedoch allein auf den Angaben des Klägers beruhenden und damit nicht zu objektivierenden Selbstmordabsichten im Jahre 2002 sind in der Zwischenzeit als einschneidende Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers die im November 2003 erfolgte Diskektomie und Implantation einer Bryanprothese und die Foraminotomie im Mai 2004 sowie die Vorstellung des Klägers bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K am 24. April 2004 wegen einer schweren Depression dokumentiert. Der Senat misst hier – angesichts der von der Sachverständigen hervorgehobenen Leistungseinschränkungen, die nunmehr in Ergänzung zu den bereits zuvor bestehenden Leistungseinschränkungen die Erwerbsminderung begründen und im Wesentlichen auf die depressive Symptomatik zurückzuführen sind, - der Vorstellung des Klägers bei Dr. K die maßgebende Bedeutung zu. Dieser Arzt hat in seinem Brief vom 01. Januar 2005 an die Sachverständige Dr. B mitgeteilt, dass der Kläger am 24. April 2004 wegen einer nach Durchführung der Diskektomie im November 2003 festgestellten schweren Depression vorgestellt worden sei, und hat die letztlich langanhaltende und schwerwiegende depressive Symptomatik bestätigt. Da es allgemein anerkannt ist, dass nur die anhaltend schwergradige Ausprägung einer Depression nebst Begleitsymptomen eine zeitliche Beeinträchtigung des Leistungsvermögens bzw. eine Aufhebung des Leistungsvermögens für Tätigkeiten im Erwerbsleben begründen kann, und dies hier erstmals dokumentiert ist, kann zur Überzeugung des Senats auch erst auf diesen Zeitpunkt für den Eintritt der Erwerbsminderung abgestellt werden. Dies steht schließlich auch in Einklang mit der Angabe der Sachverständigen, dass sich das seelische Leiden des Klägers im Laufe des Jahres 2004 nach den beiden als gescheitert erlebten Wirbelsäulenoperationen weiter verschlechtert habe.
Bei einem am 24. April 2004 eingetretenen Versicherungsfall der vollen Erwerbsminderung steht dem Kläger nach § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI eine Rente ab dem 01. Mai 2004 zu. Anderes folgt auch nicht aus § 101 Abs. 1 SGB VI. Denn dem Kläger ist hier nicht nur eine Zeitrente zu gewähren. Da die Sachverständige Dr. Bausdrücklich angegeben hat, dass keine begründete Aussicht bestehe, die bei dem Kläger vorliegende Leistungsminderung teilweise oder ganz zu beheben, geht der Senat davon aus, dass eine Besserung des Leistungsvermögens unwahrscheinlich ist, so dass die Rente hier als Dauerrente (vgl. § 102 Abs. 2 Satz 4 SGB VI) zu gewähren war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
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