Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 RA 03673/99
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 194/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, insbesondere ob der Versicherungsfall zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren.
Die am 1940 geborene Klägerin arbeitete nach dreijähriger Ausbildung zur Großhandelskauffrau bis Juni 1971 als Buchhalterin bzw. Sachbearbeiterin sowie danach bis 30. April 1986 als Angestellte bei der Unternehmensberatung O.GmbH & Co. (zuletzt mit Prokura und einer Teilhaberschaft von 15 %) mit einem Arbeitsaufwand von 400 bis 500 Stunden pro Monat und Reisen von ca.180.000 km pro Jahr (120.000 km mit dem Pkw, der Rest per Flugzeug). Nach ihrem Ausscheiden war sie nach eigenen Angaben bis Ende Oktober 1986 für die Firma B., W. , kurzzeitig als Geschäftsstellenleiterin in K. tätig, wofür keine Rentenversicherungsbeiträge entrichtet sind. Außerdem bereitete sie die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit vor. Ab 1. Januar 1987 war sie mit ihrer Firma R. B. , Beratung und Erstellung von EDV-Projekten, in Deutschland und der Schweiz selbstständig tätig (mit - nach eigenen Angaben - zeitweilig sieben bis zehn Angestellten und - neben der Führung des eigenen Haushalts - einer Arbeitszeit von 80, manchmal auch 100 Stunden in der Woche). Ab 1995 nahm sie ihre Tochter J. in die Firma auf und betrieb diese nun als Firma B. und Partner GmbH & Co. (Unternehmensberatung, EDV-Beratung, Analysen, Projekte, Schulungen, Betriebswirtschaftliche Beratung, Managementberatung, Software). Beide waren jeweils zu 50 % Inhaberinnen und Geschäftsführerinnen, die Klägerin war so genannte "Erste Geschäftsführerin". Im Jahr 2001 übergab sie die Firma an die Tochter, arbeitete bis Ende Januar 2002 als Angestellte weiter und meldete sich im Februar 2002 arbeitslos.
Etwa im Jahr 1982 baute sie ein ca. 200 qm großes Eigenheim, das im Jahr 2003 noch mit 50.000,- EUR belastet war. Außerdem trug sie während ihrer selbstständigen Tätigkeit Schulden (ca. 400.000,- DM) aus der Geschäftsbeziehung mit der Firma O. GmbH und Co. ab.
Bis 30. April 1986 enthält der Versicherungsverlauf der Klägerin Pflichtbeiträge und dann nach einer Lücke noch einen freiwilligen Beitrag für Dezember 1988 (auf den Versicherungsverlauf vom 18. November 1998 wird verwiesen).
Im Oktober 1981 erfolgte wegen eines Schilddrüsen-Karzinomes eine Strumektomie mit anschließender Radio-Jod-Therapie. Nach der Operation kam es zu Sprachstörungen, u.a. wegen einer Verletzung der Stimmbänder. Ab 1982 war sie bei dem Nervenarzt Dr. H. (dessen Diagnosen: endogenes Psychosyndrom, depressive Versagungszustände mit Schlaf- und Appetitlosigkeit, situative Insuffizienz, Konzentrationsschwäche, hypotone Dysregulation und generelle Tendenz zu endogen-vegetativer Entgleisung) in Behandlung (Berichte Dr. H. vom 12. März 1983 und 7. September 1992 an das Versorgungsamt). Vom 20. bis 22. Juli 1988 war sie in stationärer Behandlung in der Inneren Abteilung der St.-V. -Krankenhäuser, K. , wegen kolikartiger Schmerzen im linken Unterbauch. Anfang 1998 kam es zu einem Bandscheibenvorfall (BSV), der bis März 1998 konservativ behandelt wurde.
Im Juni 1998 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit, die bereits mit der Aufgabe der abhängigen Beschäftigung am 30. April 1986 eingetreten sei (leistungsmindernde Gesundheitsstörungen: "Krebs, nervenkrank, nicht vorhandene Schilddrüse").
Dr. F. kam in einem Gutachten zum Ergebnis, aus internistischer Sicht bestehe keine qualitative oder quantitative Leistungsminderung. Der Orthopäde Dr. T. hielt die selbstständige Tätigkeit als EDV-Beraterin mit regelmäßigen Autofahrten wegen des lumbalen BSV für nicht mehr möglich. Der Nervenarzt Dr. F. diagnostizierte eine depressive Neurose, einen chronisch fortgeschrittenen Erschöpfungszustand mit sekundären psychosomatischen Reaktionsformen, einen Spannungskopfschmerz und eine Lumboischialgie L5/ S1 links. Als Geschäftsführerin im eigenen Betrieb mit häufigen Reisetätigkeiten könne die Klägerin nur halbschichtig arbeiten, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen seien halb- bis unter vollschichtig möglich. Der Zustand bestehe seit dem Rentenantrag.
Mit Bescheid vom 1. März 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit ab. Die Klägerin sei zwar seit Juni 1998 berufsunfähig, doch seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. September 1999).
Deswegen hat die Klägerin am 30. September 1999 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und geltend gemacht, die tatsächlich (noch) ausgeübte selbstständige Tätigkeit sei zu Lasten ihrer Restgesundheit gegangen, weswegen sie der Annahme von Berufsunfähigkeit nicht entgegen stehe. Zur selbstständigen Tätigkeit von 1986 bis 1995 hat sie angegeben, sie arbeite monatlich 350 bis 400 Stunden, von Oktober bis Dezember auch etwa 500 Stunden und habe acht Mitarbeiter. Wenn sie keine Termine habe, sei sie beim Nervenarzt.
Das SG hat Dr. H. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört, der über die von ihm erhobenen Befunde berichtet und weitere Arztberichte vorgelegt hat. Außerdem hat das SG ein internistisches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. G. eingeholt, der auf seinem Fachgebiet keine wesentlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens festgestellt hat. In einem nervenärztlichen Sachverständigengutachten ist Dr. W. (mit ergänzender Stellungnahme) zum Ergebnis gelangt, neurologisch fänden sich ein radikulärer Reizzustand L5/S1 links mit Schmerzen und Sensibilitätsstörungen. Psychisch-psychiatrisch handle es sich um ein depressives Bild mit Tendenz zur ständigen Selbstüberforderung zu Lasten der Restgesundheit im Sinne einer Dysthymie, einer Neurasthenie und einer undifferenzierten Somatisierungsstörung. Die psychischen Erkrankungen könne die Klägerin nicht kompensieren und korrigieren. Die neurotischen Strukturen hätten sich verfestigt und seien einer Behandlung nicht zugängig. Die Klägerin, die nach wie vor 60 bis 80 Stunden arbeite, sei arbeitssüchtig, fühle sich von der Tochter nicht ausreichend unterstützt und könne schlecht delegieren. Als Sachbearbeiterin und für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne die Klägerin zwei bis weniger als vier Stunden arbeiten. Auch die selbständige Tätigkeit sei nicht mehr zumutbar. Einschränkungen des Arbeitsweges bestünden nicht. Seit 1982 sei sie praktisch ständig in nervenärztlicher Behandlung und leide unter ständigem Zittern der Hand aufgrund Schmerzzuständen sowie unter Störungen von Konzentration und Aufmerksamkeit, die Ausdruck ständiger Überforderung seien. Nur durch ständige und auch medikamentöse Behandlungen mit Antidepressiva und unter Weiterführung eines gesundheitsschädlichen Nikotinabusus habe die Klägerin die selbstständige Tätigkeit weiterführen können. Unter Berücksichtigung der Akten und Krankenunterlagen habe sie schon vor 31. Mai 1986 nur unter unzumutbarer Anspannung ihrer Willenskraft und nur auf Kosten ihrer Restgesundheit halbschichtig als kaufmännische Sachbearbeiterin arbeiten können.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klägerin hätte ohne Schädigung der Restgesundheit wenigstens acht Stunden täglich arbeiten können. 80 Arbeitsstunden pro Woche seien sicherlich schädigend gewesen.
Mit Urteil vom 26. November 2002 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren, da die Klägerin schon vor dem 31. Mai 1986 außerstande gewesen sei, eine Tätigkeit als kaufmännische Sachbearbeiterin wenigstens halbschichtig zu verrichten und die selbstständige Tätigkeit nur auf Kosten der Gesundheit erfolgt sei.
Gegen das am 23. Dezember 2003 zustellte Urteil hat die Beklagte am 17. Januar 2003 Berufung eingelegt. Die Klägerin sei erst seit 1. Juni 1998 berufsunfähig. Damit seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Es erscheine unmöglich, 15 Jahre zu Lasten der Restgesundheit zu arbeiten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht im Wesentlichen geltend, der Versicherungsfall sei bereits vor dem 1. Juni 1986 eingetreten. Die danach ausgeübte Tätigkeit sei zu Lasten ihrer Restgesundheit gegangen.
Der Senat hat Dr. H. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört und Sachverständigengutachten und eine ergänzender Stellungnahme des Dr. B. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, sowie eine ergänzende Stellungnahme des Dr. W. eingeholt. Der als Zeuge gehörte Dr. H. hat im Ergebnis die Auffassung vertreten, die Klägerin sei bereits 1986 nicht mehr wenigstens halbschichtig leistungsfähig gewesen und habe ihre selbstständige Tätigkeit zu Lasten der Restgesundheit ausgeübt. Dr. B. hat eine Dysthymia mit neurasthenischer Symptomatik und Somatisierung, eine Agoraphobie mit Panikstörung, wiederkehrende migräneartige Kopfschmerzen, eine Wirbelsäulenfehlstatik, degenerative Wirbelsäulenveränderungen und einen BSV mit sensibler Nervenwurzelreizung S1 rechts sowie ein wiederkehrendes lokales Zervikalsyndrom festgestellt und den Verdacht auf eine intraoperativ erworbene inkomplette Läsion des Nervus laryngeus superior mit leichter Stimmbandfunktionsstörung und Sprachstörung geäußert. Bei einem anderen Arbeitgeber hätte die Klägerin durchaus auch nach April 1986 noch vollsichtig als kaufmännische Sachbearbeiterin tätig sein können. Erst ab Juni 1998 sei für eine entsprechende Tätigkeit von einem untervollschichtigen und ab Februar 2002 von einem unterhalbschichtigen Leistungsvermögen auszugehen. Zwar habe sie als Selbstständige mit erhöhtem Wochenarbeitspensum zunehmend auf Kosten ihrer Restgesundheit gearbeitet, gleichwohl sei sie zumindest zu einer ganzschichtigen Leistung gesundheitlich noch in der Lage gewesen. Das Leistungsvermögen sei für die selbstständige Tätigkeit erst ab Juni 1998 auf halb- bis unter vollschichtig und ab 2001 auf unter halbschichtig abgesunken. Dr. W. hat an seiner Einschätzung festgehalten, wonach die Klägerin schon ab 1986 und anschließend durchgehend nicht mehr halbschichtig, auch nicht als kaufmännische Angestellte, zu arbeiten in der Lage gewesen sei. Die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit sei zu Lasten der Restgesundheit gegangen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Da nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, hat der Senat nur darüber zu entscheiden, ob ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit besteht. Dies ist zu verneinen.
Soweit hier die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Juni 1998 streitig ist, kommt § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der im Juni 1998 geltenden Fassung (SGB VI a. F.) zur Anwendung (§ 300 Abs. 1 und 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hatte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres derjenige, der berufsunfähig war, in den letzten fünf Jahre vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hatte und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI a. F.).
Berufsunfähig waren nach § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a. F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war, wobei der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, alle Tätigkeiten umfasste, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen an ihre bisherige Berufstätigkeit zugemutet werden konnte.
Diese Voraussetzungen sind bei Annahme eines Versicherungsfalles vom Juni 1998 an schon deshalb nicht erfüllt, weil davor der letzte Pflichtbeitrag von der Klägerin im April 1986 entrichtet wurde und insofern in den letzten fünf Jahren vor seinem Eintritt keine drei Jahre Pflichtbeitragszeiten vorliegen.
Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch wären indes erfüllt, wenn eine rentenberechtigende Leistungsminderung spätestens im Mai 1988 eingetreten wäre (und die Klägerin dann ununterbrochen bis zum Rentenantrag berufsunfähig gewesen wäre), da dann in den vorangegangenen fünf Jahren vom 1. Mai 1983 bis 30. April 1988 drei Jahre, nämlich vom 1. Mai 1983 bis 30. April 1986, Pflichtbeitragszeiten vorliegen.
Für diese Anspruchsvoraussetzungen trägt der Anspruchssteller, hier die Klägerin, die objektive Beweislast. Sie müssen i. S. des Vollbeweises nachgewiesen sein.
Ausgehend von ihrer zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit als angestellter Unternehmensberaterin, der "bisherigen" Berufstätigkeit im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a. F., sind der Klägerin Tätigkeiten sowohl als kaufmännische Angestellte bzw. Sachbearbeiterin als auch als Unternehmensberaterin sozial zumutbar.
Dass die Klägerin entsprechende Tätigkeiten schon vor Juni 1988 und dauerhaft nicht mehr ausüben konnte, ist zur Überzeugung des Senats nicht bewiesen.
Wie weit das Leistungsvermögen eingeschränkt ist, ist nicht nur eine medizinische Frage, die ausschließlich vom Sachverständigen zu beantworten ist, sondern unter Berücksichtigung auch rechtlicher Kriterien, insbesondere von Beweismaßstäben und damit vom Gericht zu beurteilen. Wenn - wie im Falle der Klägerin - in dem strittigen Zeitraum tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht wurde, stellt dies nach der Rechtsprechung des BSG ein Beweismittel dar, das die von medizinischen Sachverständigen angenommene Erwerbsminderung widerlegen bzw. erhebliche Zweifel, die dem Vollbeweis entgegenstehen, begründen kann. Ihr kommt in der Regel ein stärkerer Beweiswert zu, als den medizinischen Befunden (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12). Dies gilt aber nicht, wenn die Arbeitsleistung nicht Ausdruck eines echten Leistungsvermögens ist, insbesondere wenn eine Tätigkeit nur unter unzumutbaren Schmerzen, einer unzumutbaren Anspannung der Willenskraft oder auf Kosten der Gesundheit verrichtet wird. Dann wird die Erwerbsminderung durch die tatsächliche Ausübung einer Berufstätigkeit nicht ausgeschlossen (Niesel in Kasseler Kommentar, Stand Januar 2006, § 43 SGB VI Rdnr. 28 m.w.N.).
Im vorliegenden Falle ist die Beurteilung des Leistungsvermögens - wie auch von der Klägerin eingeräumt - dadurch erschwert, dass sie sich auf einen über mehr als 18 Jahre zurück erstreckenden Zeitraum bezieht und den Sachverständigen vergleichsweise wenige zeitnah festgehaltene Befunde zur Verfügung stehen und sie auch auf spätere Angaben der Klägerin angewiesen sind.
Unter Berücksichtigung aller vorliegenden gutachterlichen Äußerungen, ärztlicher Befunde und Erkenntnisse über berufliche und private Aktivitäten der Klägerin im Beurteilungszeitraum, ist es für den Senat nicht bewiesen, dass die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten in der Zeit von Mai 1988 bis Juni 1998 ununterbrochen nicht vollschichtig vernichten konnte und dass eine entsprechende Tätigkeit als angestellte Unternehmensberaterin oder kaufmännische Angestellte bzw. Sachbearbeiterin - wäre sie in einem Arbeitsmarkt üblichen zeitlichen Rahmen erfolgt - zu Lasten der Restgesundheit gegangen wäre oder nur unter unzumutbaren Anspannung der Willenskraft oder nur unter unzumutbaren Schmerzen möglich gewesen wäre.
Die Klägerin leidet und litt ab Aufgabe ihrer abhängigen Beschäftigung im April 1986 nach übereinstimmender Einschätzung von Dr. B. und Dr. W. unter einer Dysthymie. Daneben liegen auch eine Persönlichkeitsstörung im Sinne einer Neurasthenie mit undifferenzierten Somatisierungsstörungen und einer Neigung zu depressiven Versagenszuständen bei chronischer Selbstüberforderung sowie eine Agoraphobie mit Panikattacken vor. Darüber hinausgehende, wesentlich schwerer wiegende Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sind für die Zeit ab April 1986 bis Juni 1998, abgesehen von einem intermittierenden feingliedrigen Zittern, nicht nachgewiesen. Auf internistischem Gebiet haben im genannten Zeitraum ein Zustand nach totaler Thyreoidektomie bei follikulärem Schilddrüsen-Karzinom rechts und ein Zustand nach Radio-Jod-Therapie, ein symptomloser Gallenstein und eine Hyperlipoproteinämie vorgelegen (Gutachten Dr. F. ). Auf orthopädischem Gebiet ist ab Februar 1998 eine chronische Wurzelkompression L5 links bei BSV L 5 /S1 hinzugetreten.
Die auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet vorgelegenen Gesundheitsstörungen haben jedenfalls im hier in Frage stehenden Zeitraum von April 1986 bis Anfang 1998 zu keinen wesentlichen Leistungseinschränkungen geführt. Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. G. sowie aus den Gutachten von Dr. F. und von Dr. T ...
Im Vordergrund stehend ist deshalb die Frage, ob die Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet vor Juni 1988 zu einer Berufsunfähigkeit begründenden Leistungsminderung geführt haben. Dies ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Zumindest ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin die vorgenannten zumutbaren Tätigkeiten in diesem Zeitraum nicht mehr ganzschichtig verrichten konnte.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es nicht maßgeblich auf die von den einzelnen Gutachtern und Ärzten angegebenen Diagnosen ankommt, sondern auf die aus den bestehenden Gesundheitsstörungen feststellbar resultierenden tatsächlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens in qualitativer und insbesondere quantitativer Hinsicht.
Nach den den Senat überzeugenden und schlüssigen Gutachten von Dr. F. und Dr. B. war die Klägerin auch nach April 1988 und jedenfalls bis Juni 1998 in der Lage, zumindest als kaufmännische Angestellte bzw. Sachbearbeiterin aber auch als Unternehmensberaterin vollschichtig zu arbeiten. Der Nachweis, dass ihr entsprechende Tätigkeiten nicht mehr in vollschichtigem Umfang möglich waren, ist deshalb nicht erbracht. Die Leistungseinschätzung des Dr. B. beruht auf einer eingehenden Untersuchung mit ausführlicher testpsychologischer Zusatzuntersuchung, der Angaben der Klägerin und Würdigung sowohl der vorliegenden Befundangaben der behandelnden Ärzte wie auch der tatsächlichen Aktivitäten der Klägerin, insbesondere des Tagesablaufs, in dem zu beurteilenden Zeitraum. Zu Recht weist Dr. B. darauf hin, dass die Klägerin durch die langjährige Ausübung ihrer selbstständigen Tätigkeit belegt hat, dass sie in der Lage war, die Agoraphobie, die Panikattacken, die Dysthymie und die Somatisierungstendenzen zu überwinden. Als Selbstständige mit Aufgaben, die mit erheblicher Verantwortung ihrer Kundschaft gegenüber verbunden waren, hat die Klägerin belegt, dass sie zu einer Arbeitsleistung in der Lage war, die weit über die hinaus geht, die einer kaufmännischen Angestellten abverlangt wird. Dass sie angesichts des Arbeitspensums, das sie sich selbst auferlegte, zu Lasten der Restgesundheit arbeitete, wird von keinem Sachverständigen und Gutachter bestritten und steht auch für den Senat fest. Indes belegt dies nicht, dass sie zu einer Tätigkeit mit "normalem" zeitlichen Umfang nicht in der Lage gewesen wäre.
Die gegen das Gutachten von Dr. B. erhobenen Einwände sind nicht geeignet, dessen Leistungseinschätzung zu erschüttern oder gar den Beweis zu erbringen, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen nicht mehr vorlag.
Soweit die Klägerin geltend macht, ihre Erkrankung habe von 1981 bis 1986 einen progressiven Verlauf genommen mit einem unter halbschichtigen Leistungsvermögen schon ab Mai 1986 und dies u. a. damit belegt sieht, dass sie über 20 Jahre bis zu sechs Psychopharmaka täglich eingenommen hat und eine Vielzahl von Behandlungsterminen bei Dr. H. hatte, auch sonntags und samstags meist von 7:00 Uhr bis 14:00 Uhr, was zumindest zweifelhaft erscheint, wovon der Senat aber zu Gunsten der Klägerin ausgeht, beweist dies nicht die behauptete Leistungsminderung, insbesondere auch nicht für die Zeit bis Mai 1988. Zwar haben bei der Klägerin nicht nur vorübergehend eine nervöse Überlastung, Schlafstörungen, ein Zittern der rechten Hand sowie Schreib- und Sprechprobleme vorgelegen, doch ist damit - angesichts der ab Januar 1987 tatsächlich ausgeübten selbstständigen Beschäftigung - eine Unfähigkeit, im arbeitsmarktüblichen zeitlichen Rahmen als kaufmännische Angestellte oder angestellte Unternehmensberaterin tätig zu sein, nicht bewiesen. Unbewiesen ist insbesondere auch, dass die Klägerin nicht in der Lage war, eine abhängige Beschäftigung aufzunehmen und sich hierzu auch nicht in der Lage sah. Hiergegen spricht schon, dass sie sich - ihren Angaben zufolge - tatsächlich um eine Anstellung bemühte. Es liegen auch keine Nachweise dafür vor, dass insbesondere bis Mai 1988 und dauerhaft der Tremor einer Bewerbung entgegen stand. Gerade die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit, bei der die Klägerin erheblich gefordert war, und bei der sie eine anspruchsvolle Klientel zufrieden zu stellen hatte, spricht dagegen, dass sie für eine Angestelltentätigkeit nicht geeignet war. Nicht zuletzt ist zu berücksichtigen, dass handschriftliche Arbeiten und Notizen, soweit sie nicht für den eigenen Gebrauch benötigt werden, in der Regel im kaufmännischen Bereich nicht anfallen, insbesondere nicht für Dritte zu fertigen sind. Es ist für den Senat auch nicht bewiesen, dass die Klägerin bis Mai 1988 (und dauerhaft bis zum Rentenantrag) außer Stande war, entsprechende Tätigkeiten ganzschichtig zu verrichten. Soweit sie behauptet, ein ausreichendes produktives Arbeitsergebnis habe sie nicht erbringen können, steht dem entgegen, dass sie tatsächlich ein Arbeitsergebnis erbracht hat, aufgrund dem es ihr möglich war, von 1987 bis 1995 allein (und dann bis 2001 zusammen mit ihrer Tochter) Schulden von 400.000,- DM abzubauen, ein Haus teilweise abzuzahlen und zum Teil sieben bis zehn Mitarbeiter zu beschäftigen und zu bezahlen. Soweit sie vorträgt, ihre Mitarbeiter hätten die wesentlichen Arbeiten verrichtet und ihre Defizite überdeckt, überzeugt dies nicht, denn als Unternehmerin war sie Ansprechpartnerin für ihre Kunden und diesen gegenüber unmittelbar in der Verantwortung. Im Übrigen zog sie nach Hereinnahme ihrer Tochter in die Firma wesentliche Arbeiten an sich und machte sie weiterhin selbst. Dies tritt auch nicht deshalb in den Hintergrund, weil die Klägerin auf Grund ihrer Neurasthenie nicht in der Lage war, sich zurückzunehmen und das Arbeitspensum auf ein angemessenes Maß zu reduzieren. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich auch nicht aus dem Verlauf, dass sie vor 1998 schon dauerhaft nur noch untervollschichtig leistungsfähig war. Selbst wenn Dr. B. ab 1995 mit der Aufnahme der Tochter in die Firma eher eine Entlastung und Besserung angenommen hat, belegt dies kein untervollschichtiges Leistungsvermögen für die Zeit davor. Der Hinweis des Dr. B. , Dr. H. hätte sie nicht veranlasst, eine Reha-Maßnahme durchzuführen, belegt zwar nicht, dass es an einem Reha-Bedarf mangelte, doch ergibt sich daraus kein Hinweis, dass eine quantitative Leistungsminderung vorlag. Im Übrigen belegt der Hinweis der Klägerin, Prof. Dr. D. habe 1995 eine logopädische Behandlung angeraten und ihr Zittern bemerkt, nicht, dass bis Mai 1988 eine dauerhafte quantitative Leistungsminderung überhaupt und danach ununterbrochen vorgelegen hat. Demzufolge sieht der Senat auch keine Veranlassung, die Leistungsbeurteilung des Dr. B. in Zweifel zu ziehen. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat dieser ihre Zwanghaftigkeit gesehen und berücksichtigt. Ein näheres Eingehen auf die Frage, weswegen sie bis 1986 bei ihrem früheren Chef geblieben ist, obwohl er sie sexuell bedrängte, bedurfte es für Dr. B. zur Beurteilung des Leistungsvermögens ab 1986 auch nicht. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass Dr. B. einen unzulässigen Maßstab bei der Beurteilung des Leistungsvermögens angelegt und den Verlauf ihrer Erkrankung nicht hinreichend beachtet hat. Soweit sie behauptet, dieser habe ihre Angaben unzulässig verkürzt und teilweise nicht wiedergegeben, entwertet dies die Leistungsbeurteilung nicht, da nicht alles, was anlässlich einer Begutachtung von einem zu Untersuchenden angegeben wird, wortwörtlichen aufgenommen und wiedergegeben werden muss. Entscheidend ist vielmehr, dass der Gesamteindruck, den der Begutachtende gewonnen hat, wiedergegeben wird. Für die Mutmaßung, Dr. B. habe bei seiner Beurteilung eine reduzierte Kassenlage der Rentenversicherung berücksichtigt, finden sich keinerlei Anhaltspunkte. Auch für eine fehlende Objektivität oder gar Befangenheit des Dr. B. , die von der Klägerin zuletzt aber nicht mehr geltend gemacht geworden ist, ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus den Äußerungen des Dr. B. irgendwelche Anhaltspunkte.
Der Einwand von Dr. H. , die Klägerin sei bei der Begutachtung des Dr. B. nicht ordnungsgemäß und vorwiegend von einer Psychologin untersucht worden, entbehrt einer objektiven Grundlage. Es ist zunächst Sache des Sachverständigen zu entscheiden, welche Untersuchungen er selbst durchführt und welche er darüber hinaus veranlasst. Unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme von Dr. B. sieht der Senat keinen Anhalt dafür, dass die Untersuchung fehlerhaft war. Auch weitere von Dr. H. wiedergegebene Äußerungen der Klägerin zu deren Angaben bei der Begutachtung durch Dr. B. belegen keinen Mangel des Gutachtens. Zum Teil wurden insoweit der Klägerin zugeschriebene Angaben bestritten, die indes von ihr schriftlich im Lebenslauf so gemacht wurden, z. B. die Hungerproblematik und depressive Störungen der Mutter. Ob Dr. B. die Schuhe der Klägerin als Konfektionsschuhe und das Gebiss als saniert erachtet hat, ist für die Bewertung seines Gutachtens nicht maßgeblich. Soweit Dr. H. den von ihm gesehenen "psychoanalytischen Ansatz" des Dr. B. kritisiert und selbst die Erkrankung der Klägerin im Wesentlichen auf eine (organische) Gehirnstörung (Transmitterstörung) zurückführt, sagt dies zum einen nichts über die Auswirkungen der Erkrankungen auf das Leistungsvermögen aus und zum anderen ist von Dr. B. schlüssig dargelegt worden, dass dies auch zu keinem anderen Ergebnis führt.
Soweit Dr. W. gegen das Gutachten von Dr. B. einwendet, dieser habe die depressive Symptomatik "heruntergespielt" und nicht berücksichtigt, dass die Klägerin ihrer chronischen Selbstüberforderung ausgesetzt gewesen sei, vermag der Senat dies nicht zu erkennen. Insbesondere hat Dr. B. auch die Selbstüberforderung gesehen und gewürdigt. Die Begründung, mit der Dr. W. ein anhaltendes untervollschichtiges Leistungsvermögen schon 1986 einnimmt, überzeugt indessen nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weswegen der krankhafte Zwang, übermäßig zu arbeiten, der Zumutbarkeit einer vollschichtigen Tätigkeit entgegengestanden haben sollte, nicht aber einer unter halbschichtigen Tätigkeit, die der Sachverständige für möglich hält.
Damit begründet die tatsächlich erbrachte und dokumentierte Arbeitsleistung im Rahmen der ausgeübten selbstständigen Tätigkeit von Januar 1987 bis 2001 durchschlagende Zweifel daran, dass es der Klägerin unmöglich war, einer zumutbaren vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen und dass die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit in arbeitsmarktüblichem zeitlichem Umfang (vollschichtig) zu Lasten der Restgesundheit gegangen und der Klägerin nur unter unzumutbarer Anspannung der Willenskraft und unter unzumutbaren Schmerzen möglich gewesen wäre.
Es ist mithin nicht nachgewiesen, dass die Klägerin schon vor Mai 1988 und danach dauerhaft und ununterbrochen außer Stande war, eine ihr zumutbare Tätigkeit in einem Umfang von acht Stunden täglich zu verrichten. Infolgedessen ist sie nicht zu einem Zeitpunkt berufsunfähig gewesen, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren. Die Klägerin war unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Äußerungen und Gutachten - nachgewiesen - frühestens ab Juni 1998 berufsunfähig. Damit sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit (43 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI a. F.) - nicht erfüllt und hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Da auch der Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach den Bestimmungen des SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung gem. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 240 SGB VI drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in dem dem Eintritt der Berufsunfähigkeit vorhergehenden Fünfjahreszeitraum erfordert, besteht auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Berufsunfähigkeit liegt bei der Klägerin seit Juni 1998 vor.
Infolgedessen ist das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, insbesondere ob der Versicherungsfall zu einem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren.
Die am 1940 geborene Klägerin arbeitete nach dreijähriger Ausbildung zur Großhandelskauffrau bis Juni 1971 als Buchhalterin bzw. Sachbearbeiterin sowie danach bis 30. April 1986 als Angestellte bei der Unternehmensberatung O.GmbH & Co. (zuletzt mit Prokura und einer Teilhaberschaft von 15 %) mit einem Arbeitsaufwand von 400 bis 500 Stunden pro Monat und Reisen von ca.180.000 km pro Jahr (120.000 km mit dem Pkw, der Rest per Flugzeug). Nach ihrem Ausscheiden war sie nach eigenen Angaben bis Ende Oktober 1986 für die Firma B., W. , kurzzeitig als Geschäftsstellenleiterin in K. tätig, wofür keine Rentenversicherungsbeiträge entrichtet sind. Außerdem bereitete sie die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit vor. Ab 1. Januar 1987 war sie mit ihrer Firma R. B. , Beratung und Erstellung von EDV-Projekten, in Deutschland und der Schweiz selbstständig tätig (mit - nach eigenen Angaben - zeitweilig sieben bis zehn Angestellten und - neben der Führung des eigenen Haushalts - einer Arbeitszeit von 80, manchmal auch 100 Stunden in der Woche). Ab 1995 nahm sie ihre Tochter J. in die Firma auf und betrieb diese nun als Firma B. und Partner GmbH & Co. (Unternehmensberatung, EDV-Beratung, Analysen, Projekte, Schulungen, Betriebswirtschaftliche Beratung, Managementberatung, Software). Beide waren jeweils zu 50 % Inhaberinnen und Geschäftsführerinnen, die Klägerin war so genannte "Erste Geschäftsführerin". Im Jahr 2001 übergab sie die Firma an die Tochter, arbeitete bis Ende Januar 2002 als Angestellte weiter und meldete sich im Februar 2002 arbeitslos.
Etwa im Jahr 1982 baute sie ein ca. 200 qm großes Eigenheim, das im Jahr 2003 noch mit 50.000,- EUR belastet war. Außerdem trug sie während ihrer selbstständigen Tätigkeit Schulden (ca. 400.000,- DM) aus der Geschäftsbeziehung mit der Firma O. GmbH und Co. ab.
Bis 30. April 1986 enthält der Versicherungsverlauf der Klägerin Pflichtbeiträge und dann nach einer Lücke noch einen freiwilligen Beitrag für Dezember 1988 (auf den Versicherungsverlauf vom 18. November 1998 wird verwiesen).
Im Oktober 1981 erfolgte wegen eines Schilddrüsen-Karzinomes eine Strumektomie mit anschließender Radio-Jod-Therapie. Nach der Operation kam es zu Sprachstörungen, u.a. wegen einer Verletzung der Stimmbänder. Ab 1982 war sie bei dem Nervenarzt Dr. H. (dessen Diagnosen: endogenes Psychosyndrom, depressive Versagungszustände mit Schlaf- und Appetitlosigkeit, situative Insuffizienz, Konzentrationsschwäche, hypotone Dysregulation und generelle Tendenz zu endogen-vegetativer Entgleisung) in Behandlung (Berichte Dr. H. vom 12. März 1983 und 7. September 1992 an das Versorgungsamt). Vom 20. bis 22. Juli 1988 war sie in stationärer Behandlung in der Inneren Abteilung der St.-V. -Krankenhäuser, K. , wegen kolikartiger Schmerzen im linken Unterbauch. Anfang 1998 kam es zu einem Bandscheibenvorfall (BSV), der bis März 1998 konservativ behandelt wurde.
Im Juni 1998 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit, die bereits mit der Aufgabe der abhängigen Beschäftigung am 30. April 1986 eingetreten sei (leistungsmindernde Gesundheitsstörungen: "Krebs, nervenkrank, nicht vorhandene Schilddrüse").
Dr. F. kam in einem Gutachten zum Ergebnis, aus internistischer Sicht bestehe keine qualitative oder quantitative Leistungsminderung. Der Orthopäde Dr. T. hielt die selbstständige Tätigkeit als EDV-Beraterin mit regelmäßigen Autofahrten wegen des lumbalen BSV für nicht mehr möglich. Der Nervenarzt Dr. F. diagnostizierte eine depressive Neurose, einen chronisch fortgeschrittenen Erschöpfungszustand mit sekundären psychosomatischen Reaktionsformen, einen Spannungskopfschmerz und eine Lumboischialgie L5/ S1 links. Als Geschäftsführerin im eigenen Betrieb mit häufigen Reisetätigkeiten könne die Klägerin nur halbschichtig arbeiten, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit qualitativen Einschränkungen seien halb- bis unter vollschichtig möglich. Der Zustand bestehe seit dem Rentenantrag.
Mit Bescheid vom 1. März 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit ab. Die Klägerin sei zwar seit Juni 1998 berufsunfähig, doch seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. September 1999).
Deswegen hat die Klägerin am 30. September 1999 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und geltend gemacht, die tatsächlich (noch) ausgeübte selbstständige Tätigkeit sei zu Lasten ihrer Restgesundheit gegangen, weswegen sie der Annahme von Berufsunfähigkeit nicht entgegen stehe. Zur selbstständigen Tätigkeit von 1986 bis 1995 hat sie angegeben, sie arbeite monatlich 350 bis 400 Stunden, von Oktober bis Dezember auch etwa 500 Stunden und habe acht Mitarbeiter. Wenn sie keine Termine habe, sei sie beim Nervenarzt.
Das SG hat Dr. H. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört, der über die von ihm erhobenen Befunde berichtet und weitere Arztberichte vorgelegt hat. Außerdem hat das SG ein internistisches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. G. eingeholt, der auf seinem Fachgebiet keine wesentlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens festgestellt hat. In einem nervenärztlichen Sachverständigengutachten ist Dr. W. (mit ergänzender Stellungnahme) zum Ergebnis gelangt, neurologisch fänden sich ein radikulärer Reizzustand L5/S1 links mit Schmerzen und Sensibilitätsstörungen. Psychisch-psychiatrisch handle es sich um ein depressives Bild mit Tendenz zur ständigen Selbstüberforderung zu Lasten der Restgesundheit im Sinne einer Dysthymie, einer Neurasthenie und einer undifferenzierten Somatisierungsstörung. Die psychischen Erkrankungen könne die Klägerin nicht kompensieren und korrigieren. Die neurotischen Strukturen hätten sich verfestigt und seien einer Behandlung nicht zugängig. Die Klägerin, die nach wie vor 60 bis 80 Stunden arbeite, sei arbeitssüchtig, fühle sich von der Tochter nicht ausreichend unterstützt und könne schlecht delegieren. Als Sachbearbeiterin und für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könne die Klägerin zwei bis weniger als vier Stunden arbeiten. Auch die selbständige Tätigkeit sei nicht mehr zumutbar. Einschränkungen des Arbeitsweges bestünden nicht. Seit 1982 sei sie praktisch ständig in nervenärztlicher Behandlung und leide unter ständigem Zittern der Hand aufgrund Schmerzzuständen sowie unter Störungen von Konzentration und Aufmerksamkeit, die Ausdruck ständiger Überforderung seien. Nur durch ständige und auch medikamentöse Behandlungen mit Antidepressiva und unter Weiterführung eines gesundheitsschädlichen Nikotinabusus habe die Klägerin die selbstständige Tätigkeit weiterführen können. Unter Berücksichtigung der Akten und Krankenunterlagen habe sie schon vor 31. Mai 1986 nur unter unzumutbarer Anspannung ihrer Willenskraft und nur auf Kosten ihrer Restgesundheit halbschichtig als kaufmännische Sachbearbeiterin arbeiten können.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klägerin hätte ohne Schädigung der Restgesundheit wenigstens acht Stunden täglich arbeiten können. 80 Arbeitsstunden pro Woche seien sicherlich schädigend gewesen.
Mit Urteil vom 26. November 2002 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Antragstellung zu gewähren, da die Klägerin schon vor dem 31. Mai 1986 außerstande gewesen sei, eine Tätigkeit als kaufmännische Sachbearbeiterin wenigstens halbschichtig zu verrichten und die selbstständige Tätigkeit nur auf Kosten der Gesundheit erfolgt sei.
Gegen das am 23. Dezember 2003 zustellte Urteil hat die Beklagte am 17. Januar 2003 Berufung eingelegt. Die Klägerin sei erst seit 1. Juni 1998 berufsunfähig. Damit seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Es erscheine unmöglich, 15 Jahre zu Lasten der Restgesundheit zu arbeiten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht im Wesentlichen geltend, der Versicherungsfall sei bereits vor dem 1. Juni 1986 eingetreten. Die danach ausgeübte Tätigkeit sei zu Lasten ihrer Restgesundheit gegangen.
Der Senat hat Dr. H. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört und Sachverständigengutachten und eine ergänzender Stellungnahme des Dr. B. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, sowie eine ergänzende Stellungnahme des Dr. W. eingeholt. Der als Zeuge gehörte Dr. H. hat im Ergebnis die Auffassung vertreten, die Klägerin sei bereits 1986 nicht mehr wenigstens halbschichtig leistungsfähig gewesen und habe ihre selbstständige Tätigkeit zu Lasten der Restgesundheit ausgeübt. Dr. B. hat eine Dysthymia mit neurasthenischer Symptomatik und Somatisierung, eine Agoraphobie mit Panikstörung, wiederkehrende migräneartige Kopfschmerzen, eine Wirbelsäulenfehlstatik, degenerative Wirbelsäulenveränderungen und einen BSV mit sensibler Nervenwurzelreizung S1 rechts sowie ein wiederkehrendes lokales Zervikalsyndrom festgestellt und den Verdacht auf eine intraoperativ erworbene inkomplette Läsion des Nervus laryngeus superior mit leichter Stimmbandfunktionsstörung und Sprachstörung geäußert. Bei einem anderen Arbeitgeber hätte die Klägerin durchaus auch nach April 1986 noch vollsichtig als kaufmännische Sachbearbeiterin tätig sein können. Erst ab Juni 1998 sei für eine entsprechende Tätigkeit von einem untervollschichtigen und ab Februar 2002 von einem unterhalbschichtigen Leistungsvermögen auszugehen. Zwar habe sie als Selbstständige mit erhöhtem Wochenarbeitspensum zunehmend auf Kosten ihrer Restgesundheit gearbeitet, gleichwohl sei sie zumindest zu einer ganzschichtigen Leistung gesundheitlich noch in der Lage gewesen. Das Leistungsvermögen sei für die selbstständige Tätigkeit erst ab Juni 1998 auf halb- bis unter vollschichtig und ab 2001 auf unter halbschichtig abgesunken. Dr. W. hat an seiner Einschätzung festgehalten, wonach die Klägerin schon ab 1986 und anschließend durchgehend nicht mehr halbschichtig, auch nicht als kaufmännische Angestellte, zu arbeiten in der Lage gewesen sei. Die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit sei zu Lasten der Restgesundheit gegangen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Da nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, hat der Senat nur darüber zu entscheiden, ob ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit besteht. Dies ist zu verneinen.
Soweit hier die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit ab Juni 1998 streitig ist, kommt § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der im Juni 1998 geltenden Fassung (SGB VI a. F.) zur Anwendung (§ 300 Abs. 1 und 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hatte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres derjenige, der berufsunfähig war, in den letzten fünf Jahre vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hatte und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI a. F.).
Berufsunfähig waren nach § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a. F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war, wobei der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, alle Tätigkeiten umfasste, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen an ihre bisherige Berufstätigkeit zugemutet werden konnte.
Diese Voraussetzungen sind bei Annahme eines Versicherungsfalles vom Juni 1998 an schon deshalb nicht erfüllt, weil davor der letzte Pflichtbeitrag von der Klägerin im April 1986 entrichtet wurde und insofern in den letzten fünf Jahren vor seinem Eintritt keine drei Jahre Pflichtbeitragszeiten vorliegen.
Die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch wären indes erfüllt, wenn eine rentenberechtigende Leistungsminderung spätestens im Mai 1988 eingetreten wäre (und die Klägerin dann ununterbrochen bis zum Rentenantrag berufsunfähig gewesen wäre), da dann in den vorangegangenen fünf Jahren vom 1. Mai 1983 bis 30. April 1988 drei Jahre, nämlich vom 1. Mai 1983 bis 30. April 1986, Pflichtbeitragszeiten vorliegen.
Für diese Anspruchsvoraussetzungen trägt der Anspruchssteller, hier die Klägerin, die objektive Beweislast. Sie müssen i. S. des Vollbeweises nachgewiesen sein.
Ausgehend von ihrer zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit als angestellter Unternehmensberaterin, der "bisherigen" Berufstätigkeit im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a. F., sind der Klägerin Tätigkeiten sowohl als kaufmännische Angestellte bzw. Sachbearbeiterin als auch als Unternehmensberaterin sozial zumutbar.
Dass die Klägerin entsprechende Tätigkeiten schon vor Juni 1988 und dauerhaft nicht mehr ausüben konnte, ist zur Überzeugung des Senats nicht bewiesen.
Wie weit das Leistungsvermögen eingeschränkt ist, ist nicht nur eine medizinische Frage, die ausschließlich vom Sachverständigen zu beantworten ist, sondern unter Berücksichtigung auch rechtlicher Kriterien, insbesondere von Beweismaßstäben und damit vom Gericht zu beurteilen. Wenn - wie im Falle der Klägerin - in dem strittigen Zeitraum tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht wurde, stellt dies nach der Rechtsprechung des BSG ein Beweismittel dar, das die von medizinischen Sachverständigen angenommene Erwerbsminderung widerlegen bzw. erhebliche Zweifel, die dem Vollbeweis entgegenstehen, begründen kann. Ihr kommt in der Regel ein stärkerer Beweiswert zu, als den medizinischen Befunden (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12). Dies gilt aber nicht, wenn die Arbeitsleistung nicht Ausdruck eines echten Leistungsvermögens ist, insbesondere wenn eine Tätigkeit nur unter unzumutbaren Schmerzen, einer unzumutbaren Anspannung der Willenskraft oder auf Kosten der Gesundheit verrichtet wird. Dann wird die Erwerbsminderung durch die tatsächliche Ausübung einer Berufstätigkeit nicht ausgeschlossen (Niesel in Kasseler Kommentar, Stand Januar 2006, § 43 SGB VI Rdnr. 28 m.w.N.).
Im vorliegenden Falle ist die Beurteilung des Leistungsvermögens - wie auch von der Klägerin eingeräumt - dadurch erschwert, dass sie sich auf einen über mehr als 18 Jahre zurück erstreckenden Zeitraum bezieht und den Sachverständigen vergleichsweise wenige zeitnah festgehaltene Befunde zur Verfügung stehen und sie auch auf spätere Angaben der Klägerin angewiesen sind.
Unter Berücksichtigung aller vorliegenden gutachterlichen Äußerungen, ärztlicher Befunde und Erkenntnisse über berufliche und private Aktivitäten der Klägerin im Beurteilungszeitraum, ist es für den Senat nicht bewiesen, dass die Klägerin ihr zumutbare Tätigkeiten in der Zeit von Mai 1988 bis Juni 1998 ununterbrochen nicht vollschichtig vernichten konnte und dass eine entsprechende Tätigkeit als angestellte Unternehmensberaterin oder kaufmännische Angestellte bzw. Sachbearbeiterin - wäre sie in einem Arbeitsmarkt üblichen zeitlichen Rahmen erfolgt - zu Lasten der Restgesundheit gegangen wäre oder nur unter unzumutbaren Anspannung der Willenskraft oder nur unter unzumutbaren Schmerzen möglich gewesen wäre.
Die Klägerin leidet und litt ab Aufgabe ihrer abhängigen Beschäftigung im April 1986 nach übereinstimmender Einschätzung von Dr. B. und Dr. W. unter einer Dysthymie. Daneben liegen auch eine Persönlichkeitsstörung im Sinne einer Neurasthenie mit undifferenzierten Somatisierungsstörungen und einer Neigung zu depressiven Versagenszuständen bei chronischer Selbstüberforderung sowie eine Agoraphobie mit Panikattacken vor. Darüber hinausgehende, wesentlich schwerer wiegende Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet sind für die Zeit ab April 1986 bis Juni 1998, abgesehen von einem intermittierenden feingliedrigen Zittern, nicht nachgewiesen. Auf internistischem Gebiet haben im genannten Zeitraum ein Zustand nach totaler Thyreoidektomie bei follikulärem Schilddrüsen-Karzinom rechts und ein Zustand nach Radio-Jod-Therapie, ein symptomloser Gallenstein und eine Hyperlipoproteinämie vorgelegen (Gutachten Dr. F. ). Auf orthopädischem Gebiet ist ab Februar 1998 eine chronische Wurzelkompression L5 links bei BSV L 5 /S1 hinzugetreten.
Die auf internistischem und orthopädischem Fachgebiet vorgelegenen Gesundheitsstörungen haben jedenfalls im hier in Frage stehenden Zeitraum von April 1986 bis Anfang 1998 zu keinen wesentlichen Leistungseinschränkungen geführt. Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Sachverständigengutachten von Prof. Dr. G. sowie aus den Gutachten von Dr. F. und von Dr. T ...
Im Vordergrund stehend ist deshalb die Frage, ob die Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet vor Juni 1988 zu einer Berufsunfähigkeit begründenden Leistungsminderung geführt haben. Dies ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Zumindest ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin die vorgenannten zumutbaren Tätigkeiten in diesem Zeitraum nicht mehr ganzschichtig verrichten konnte.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es nicht maßgeblich auf die von den einzelnen Gutachtern und Ärzten angegebenen Diagnosen ankommt, sondern auf die aus den bestehenden Gesundheitsstörungen feststellbar resultierenden tatsächlichen Einschränkungen des Leistungsvermögens in qualitativer und insbesondere quantitativer Hinsicht.
Nach den den Senat überzeugenden und schlüssigen Gutachten von Dr. F. und Dr. B. war die Klägerin auch nach April 1988 und jedenfalls bis Juni 1998 in der Lage, zumindest als kaufmännische Angestellte bzw. Sachbearbeiterin aber auch als Unternehmensberaterin vollschichtig zu arbeiten. Der Nachweis, dass ihr entsprechende Tätigkeiten nicht mehr in vollschichtigem Umfang möglich waren, ist deshalb nicht erbracht. Die Leistungseinschätzung des Dr. B. beruht auf einer eingehenden Untersuchung mit ausführlicher testpsychologischer Zusatzuntersuchung, der Angaben der Klägerin und Würdigung sowohl der vorliegenden Befundangaben der behandelnden Ärzte wie auch der tatsächlichen Aktivitäten der Klägerin, insbesondere des Tagesablaufs, in dem zu beurteilenden Zeitraum. Zu Recht weist Dr. B. darauf hin, dass die Klägerin durch die langjährige Ausübung ihrer selbstständigen Tätigkeit belegt hat, dass sie in der Lage war, die Agoraphobie, die Panikattacken, die Dysthymie und die Somatisierungstendenzen zu überwinden. Als Selbstständige mit Aufgaben, die mit erheblicher Verantwortung ihrer Kundschaft gegenüber verbunden waren, hat die Klägerin belegt, dass sie zu einer Arbeitsleistung in der Lage war, die weit über die hinaus geht, die einer kaufmännischen Angestellten abverlangt wird. Dass sie angesichts des Arbeitspensums, das sie sich selbst auferlegte, zu Lasten der Restgesundheit arbeitete, wird von keinem Sachverständigen und Gutachter bestritten und steht auch für den Senat fest. Indes belegt dies nicht, dass sie zu einer Tätigkeit mit "normalem" zeitlichen Umfang nicht in der Lage gewesen wäre.
Die gegen das Gutachten von Dr. B. erhobenen Einwände sind nicht geeignet, dessen Leistungseinschätzung zu erschüttern oder gar den Beweis zu erbringen, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen nicht mehr vorlag.
Soweit die Klägerin geltend macht, ihre Erkrankung habe von 1981 bis 1986 einen progressiven Verlauf genommen mit einem unter halbschichtigen Leistungsvermögen schon ab Mai 1986 und dies u. a. damit belegt sieht, dass sie über 20 Jahre bis zu sechs Psychopharmaka täglich eingenommen hat und eine Vielzahl von Behandlungsterminen bei Dr. H. hatte, auch sonntags und samstags meist von 7:00 Uhr bis 14:00 Uhr, was zumindest zweifelhaft erscheint, wovon der Senat aber zu Gunsten der Klägerin ausgeht, beweist dies nicht die behauptete Leistungsminderung, insbesondere auch nicht für die Zeit bis Mai 1988. Zwar haben bei der Klägerin nicht nur vorübergehend eine nervöse Überlastung, Schlafstörungen, ein Zittern der rechten Hand sowie Schreib- und Sprechprobleme vorgelegen, doch ist damit - angesichts der ab Januar 1987 tatsächlich ausgeübten selbstständigen Beschäftigung - eine Unfähigkeit, im arbeitsmarktüblichen zeitlichen Rahmen als kaufmännische Angestellte oder angestellte Unternehmensberaterin tätig zu sein, nicht bewiesen. Unbewiesen ist insbesondere auch, dass die Klägerin nicht in der Lage war, eine abhängige Beschäftigung aufzunehmen und sich hierzu auch nicht in der Lage sah. Hiergegen spricht schon, dass sie sich - ihren Angaben zufolge - tatsächlich um eine Anstellung bemühte. Es liegen auch keine Nachweise dafür vor, dass insbesondere bis Mai 1988 und dauerhaft der Tremor einer Bewerbung entgegen stand. Gerade die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit, bei der die Klägerin erheblich gefordert war, und bei der sie eine anspruchsvolle Klientel zufrieden zu stellen hatte, spricht dagegen, dass sie für eine Angestelltentätigkeit nicht geeignet war. Nicht zuletzt ist zu berücksichtigen, dass handschriftliche Arbeiten und Notizen, soweit sie nicht für den eigenen Gebrauch benötigt werden, in der Regel im kaufmännischen Bereich nicht anfallen, insbesondere nicht für Dritte zu fertigen sind. Es ist für den Senat auch nicht bewiesen, dass die Klägerin bis Mai 1988 (und dauerhaft bis zum Rentenantrag) außer Stande war, entsprechende Tätigkeiten ganzschichtig zu verrichten. Soweit sie behauptet, ein ausreichendes produktives Arbeitsergebnis habe sie nicht erbringen können, steht dem entgegen, dass sie tatsächlich ein Arbeitsergebnis erbracht hat, aufgrund dem es ihr möglich war, von 1987 bis 1995 allein (und dann bis 2001 zusammen mit ihrer Tochter) Schulden von 400.000,- DM abzubauen, ein Haus teilweise abzuzahlen und zum Teil sieben bis zehn Mitarbeiter zu beschäftigen und zu bezahlen. Soweit sie vorträgt, ihre Mitarbeiter hätten die wesentlichen Arbeiten verrichtet und ihre Defizite überdeckt, überzeugt dies nicht, denn als Unternehmerin war sie Ansprechpartnerin für ihre Kunden und diesen gegenüber unmittelbar in der Verantwortung. Im Übrigen zog sie nach Hereinnahme ihrer Tochter in die Firma wesentliche Arbeiten an sich und machte sie weiterhin selbst. Dies tritt auch nicht deshalb in den Hintergrund, weil die Klägerin auf Grund ihrer Neurasthenie nicht in der Lage war, sich zurückzunehmen und das Arbeitspensum auf ein angemessenes Maß zu reduzieren. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich auch nicht aus dem Verlauf, dass sie vor 1998 schon dauerhaft nur noch untervollschichtig leistungsfähig war. Selbst wenn Dr. B. ab 1995 mit der Aufnahme der Tochter in die Firma eher eine Entlastung und Besserung angenommen hat, belegt dies kein untervollschichtiges Leistungsvermögen für die Zeit davor. Der Hinweis des Dr. B. , Dr. H. hätte sie nicht veranlasst, eine Reha-Maßnahme durchzuführen, belegt zwar nicht, dass es an einem Reha-Bedarf mangelte, doch ergibt sich daraus kein Hinweis, dass eine quantitative Leistungsminderung vorlag. Im Übrigen belegt der Hinweis der Klägerin, Prof. Dr. D. habe 1995 eine logopädische Behandlung angeraten und ihr Zittern bemerkt, nicht, dass bis Mai 1988 eine dauerhafte quantitative Leistungsminderung überhaupt und danach ununterbrochen vorgelegen hat. Demzufolge sieht der Senat auch keine Veranlassung, die Leistungsbeurteilung des Dr. B. in Zweifel zu ziehen. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat dieser ihre Zwanghaftigkeit gesehen und berücksichtigt. Ein näheres Eingehen auf die Frage, weswegen sie bis 1986 bei ihrem früheren Chef geblieben ist, obwohl er sie sexuell bedrängte, bedurfte es für Dr. B. zur Beurteilung des Leistungsvermögens ab 1986 auch nicht. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass Dr. B. einen unzulässigen Maßstab bei der Beurteilung des Leistungsvermögens angelegt und den Verlauf ihrer Erkrankung nicht hinreichend beachtet hat. Soweit sie behauptet, dieser habe ihre Angaben unzulässig verkürzt und teilweise nicht wiedergegeben, entwertet dies die Leistungsbeurteilung nicht, da nicht alles, was anlässlich einer Begutachtung von einem zu Untersuchenden angegeben wird, wortwörtlichen aufgenommen und wiedergegeben werden muss. Entscheidend ist vielmehr, dass der Gesamteindruck, den der Begutachtende gewonnen hat, wiedergegeben wird. Für die Mutmaßung, Dr. B. habe bei seiner Beurteilung eine reduzierte Kassenlage der Rentenversicherung berücksichtigt, finden sich keinerlei Anhaltspunkte. Auch für eine fehlende Objektivität oder gar Befangenheit des Dr. B. , die von der Klägerin zuletzt aber nicht mehr geltend gemacht geworden ist, ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus den Äußerungen des Dr. B. irgendwelche Anhaltspunkte.
Der Einwand von Dr. H. , die Klägerin sei bei der Begutachtung des Dr. B. nicht ordnungsgemäß und vorwiegend von einer Psychologin untersucht worden, entbehrt einer objektiven Grundlage. Es ist zunächst Sache des Sachverständigen zu entscheiden, welche Untersuchungen er selbst durchführt und welche er darüber hinaus veranlasst. Unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme von Dr. B. sieht der Senat keinen Anhalt dafür, dass die Untersuchung fehlerhaft war. Auch weitere von Dr. H. wiedergegebene Äußerungen der Klägerin zu deren Angaben bei der Begutachtung durch Dr. B. belegen keinen Mangel des Gutachtens. Zum Teil wurden insoweit der Klägerin zugeschriebene Angaben bestritten, die indes von ihr schriftlich im Lebenslauf so gemacht wurden, z. B. die Hungerproblematik und depressive Störungen der Mutter. Ob Dr. B. die Schuhe der Klägerin als Konfektionsschuhe und das Gebiss als saniert erachtet hat, ist für die Bewertung seines Gutachtens nicht maßgeblich. Soweit Dr. H. den von ihm gesehenen "psychoanalytischen Ansatz" des Dr. B. kritisiert und selbst die Erkrankung der Klägerin im Wesentlichen auf eine (organische) Gehirnstörung (Transmitterstörung) zurückführt, sagt dies zum einen nichts über die Auswirkungen der Erkrankungen auf das Leistungsvermögen aus und zum anderen ist von Dr. B. schlüssig dargelegt worden, dass dies auch zu keinem anderen Ergebnis führt.
Soweit Dr. W. gegen das Gutachten von Dr. B. einwendet, dieser habe die depressive Symptomatik "heruntergespielt" und nicht berücksichtigt, dass die Klägerin ihrer chronischen Selbstüberforderung ausgesetzt gewesen sei, vermag der Senat dies nicht zu erkennen. Insbesondere hat Dr. B. auch die Selbstüberforderung gesehen und gewürdigt. Die Begründung, mit der Dr. W. ein anhaltendes untervollschichtiges Leistungsvermögen schon 1986 einnimmt, überzeugt indessen nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weswegen der krankhafte Zwang, übermäßig zu arbeiten, der Zumutbarkeit einer vollschichtigen Tätigkeit entgegengestanden haben sollte, nicht aber einer unter halbschichtigen Tätigkeit, die der Sachverständige für möglich hält.
Damit begründet die tatsächlich erbrachte und dokumentierte Arbeitsleistung im Rahmen der ausgeübten selbstständigen Tätigkeit von Januar 1987 bis 2001 durchschlagende Zweifel daran, dass es der Klägerin unmöglich war, einer zumutbaren vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen und dass die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit in arbeitsmarktüblichem zeitlichem Umfang (vollschichtig) zu Lasten der Restgesundheit gegangen und der Klägerin nur unter unzumutbarer Anspannung der Willenskraft und unter unzumutbaren Schmerzen möglich gewesen wäre.
Es ist mithin nicht nachgewiesen, dass die Klägerin schon vor Mai 1988 und danach dauerhaft und ununterbrochen außer Stande war, eine ihr zumutbare Tätigkeit in einem Umfang von acht Stunden täglich zu verrichten. Infolgedessen ist sie nicht zu einem Zeitpunkt berufsunfähig gewesen, zu dem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren. Die Klägerin war unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Äußerungen und Gutachten - nachgewiesen - frühestens ab Juni 1998 berufsunfähig. Damit sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit (43 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI a. F.) - nicht erfüllt und hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Da auch der Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach den Bestimmungen des SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung gem. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 240 SGB VI drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in dem dem Eintritt der Berufsunfähigkeit vorhergehenden Fünfjahreszeitraum erfordert, besteht auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Berufsunfähigkeit liegt bei der Klägerin seit Juni 1998 vor.
Infolgedessen ist das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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