L 12 AS 2570/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 515/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2570/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.05.2005 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe von Arbeitslosengeld II im Streit.

Der 1945 geborene Kläger wohnt zusammen mit seiner 1948 geborenen Ehefrau im eigenen Haus. Zuletzt bezog er Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von 1.037,26 EUR monatlich, als er am 02.09.2004 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beantragte. Mit Bescheid vom 10.12.2004 wurden dem Kläger für Januar 2005 Leistungen in Höhe von 164,54 EUR und für die Zeit vom 01.02. bis zum 30.06.2005 in Höhe von 384,32 EUR monatlich bewilligt. Hierbei wurde eine Bedarfsgemeinschaft der Eheleute sowie ein Bedarf an Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 138,56 EUR für die Bedarfsgemeinschaft angenommen. Berücksichtigt wurde ferner ein Netto-Erwerbseinkommen der Ehefrau des Klägers in Höhe von 487,42 EUR, von denen 376,42 EUR vom Anspruch der Bedarfsgemeinschaft abgezogen wurden. Für den Monat Januar 2005 ergab sich der genannte geringere Leistungsbetrag, weil ein einmaliges Einkommen des Klägers von 219,78 EUR aus Kapitalvermögen berücksichtigt wurde.

Mit seinem deswegen eingelegten Widerspruch wies der Kläger darauf hin, dass er zuvor im Rahmen der Gewährung von Alhi höhere Leistungen bezogen habe. Die Alhi sei unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gewährt worden, wobei ihm bei der Bewilligung ausdrücklich zugesichert worden sei, dass er Arbeitslosengeld bzw. -hilfe bis zum Bezug einer abschlagsfreien Altersrente beziehen könne. Da er nunmehr eine geringere Leistung erhalte, werde sein Vertrauen auf die vorausgegangene Zusicherung verletzt. Die durch den Gesetzgeber vorgenommene Ersetzung der Alhi durch Leistungen nach dem SGB II verletze im Hinblick auf § 428 SGB III den aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten allgemeinen Vertrauensschutz (Art. 20 GG) sowie den Eigentumsschutz (Art. 14 GG).

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2005 wurde der Widerspruch als unbegründet abgewiesen. Auch beim Bezug von Alhi nach § 428 SGB III und der bis zum 31.12.2004 geltenden Rechtslage habe es zu Änderungen in der Leistungshöhe kommen können (unter Hinweis auf § 200 Abs. 3 SGB III). Durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 sei die Sozialleistung Alhi abgeschafft worden und durch die Leistungen des SGB II ersetzt worden. Höhere als nach dem Gesetz vorgesehene Leistungen könnten dem Kläger nicht bewilligt werden, da die Beklagte an Recht und Gesetz gebunden sei.

Der Kläger hat am 14.02.2005 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24.05.2005 als unbegründet abgewiesen. Alhi könne seit dem 01.01.2005 nicht mehr gewährt werden, weil diese Leistung abgeschafft und durch Leistungen nach dem SGB II ersetzt worden sei. Die gesetzliche Neuregelung habe es wie alle Neuregelungen mit sich gebracht, dass die Leistungen nach dem SGB II höher, aber auch niedriger als die bisherige Alhi ausfallen könnten. Dem Kläger sei keine verbindliche Zusicherung (vgl. § 34 Abs. 1 SGB X) dahingehend gemacht worden, bis zum Beginn einer abschlagsfreien Altersrente Alhi in einer bestimmten Höhe beanspruchen zu können. Zum einen sei nach § 200 Abs. 3 und Abs. 4 SGB III auch in der Zeit vor dem 01.01.2005 eine Absenkung der Alhi erforderlich gewesen, und zum anderen sei die Gewährung von Alhi einkommens- und vermögensabhängig und könne deswegen nicht für die Zukunft festgeschrieben werden. Eine höhere Leistung könne nicht aus dem Sozialstaatsprinzip abgeleitet werden (Art. 20 Abs. 1 GG), denn dieses gewähre als solches keinen Anspruch auf einen Mindestbetrag (unter Hinweis auf BSG SozR 3-4100 § 118 Nr. 4). Zudem stehe dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu, wie er Sozialleistungen gewähren und ausgestalten wolle (unter Hinweis auf BVerfGE 94, 241, 263). Der Anspruch auf Alhi unterliege auch nicht der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Im Gegensatz zum Anspruch auf Arbeitslosengeld beruhe die aus Steuermitteln finanzierte Alhi nicht auf einer eigenen Leistung des Anspruchsberechtigten (unter Hinweis auf BSG SozR 3-4100 § 118 Nr. 4).

Der Kläger hat am 23.06.2005 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt, mit der er seinen Rechtsstandpunkt weiterverfolgt. Der Kläger sieht seine verfassungsmäßigen Rechte dadurch verletzt, dass nach der erfolgten Zusicherung gemäß § 428 SGB III die Leistungen des Arbeitslosengeldes II weiterhin deutlich geringer ausfalle. Er beruft sich hierzu auf ein Gutachten von Prof. Dr. U. vom April 2005, welches er dem Gericht vorgelegt hat (vgl. NZS 2005, 568).

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.05.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2005 aufzuheben und ihm weiterhin Leistungen in Höhe der zuletzt bezogenen Alhi zu gewähren, hilfsweise, das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Klärung der Frage vorzulegen, ob die grundsätzliche Aufhebung der Alhi für Empfänger von Leistungen nach § 428 Abs. 1 SGB III mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hilfsweise, die Revision zum Bundessozialgericht zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG und die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet.

Der Senat konnte gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.

Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Weiterzahlung von Alhi über den 31.12.2004 hinaus ist abzulehnen, da hierfür keine Rechtsgrundlage existiert. Die Abschaffung der §§ 190 bis 206 SGB III durch das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verstößt nicht gegen das Grundgesetz, weswegen eine Vorlage nach Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht ausscheidet. Ein Anspruch auf Zahlung von Alhi über den 31.12.2004 hinaus besteht nicht (vgl. Urteil des Senats vom 20.12.2005 - L 12 AL 3813/05 -). Darüber hinaus ist der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten zutreffend berechnet worden, wozu auf die angegriffenen Bescheide und die ihnen beigefügten Berechnungsbögen Bezug genommen wird.

Durch das 4. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurden die §§ 190 bis 206 SGB III, die Grundlage für die Gewährung von Alhi waren, aufgehoben.

Stattdessen wurde im SGB II, das am 01.01.2005 in Kraft trat, ein Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende geschaffen. Gleichzeitig wurde das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) aufgehoben und mit dem SGB XII ein Anspruch auf Sozialleistung für nicht erwerbsfähige Sozialhilfebedürftige geschaffen. Der Personenkreis, der Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitssuchende hat, ist nicht mit dem Personenkreis identisch, der Anspruch auf Alhi hatte. Erfasst werden vom SGB II arbeitsuchende Hilfebedürftige und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sofern der Hilfebedürftige erwerbsfähig ist (§ 1 Abs. 1 SGB II). Träger der Leistungen nach dem SGB II sind die Beklagte und die in § 6 Abs. 1 Ziff. 2 SGB II genannten kreisfreien Städte und Kreise, soweit das Landesrecht nicht andere Träger bestimmt. Hinsichtlich den Anforderungen an den Leistungsbezieher und der Leistungshöhe gibt es Unterschiede zu dem Anspruch auf Alhi.

Eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts in Art. 14 Abs. 1 GG entfällt, weil die Alhi über das allgemeine Steueraufkommen durch den Bund finanziert wurde und somit das eigentumsspezifische Merkmal der einkommensbezogenen Eigenleistung entfällt (Berkemann, Mitarbeiterkommentar zum Grundgesetz, 2002, Art. 14 Rdnr. 504). Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Arbeitslosenhilfe als staatliche Sozialleistung in der Berechnungshöhe anteilsmäßig als Lohnersatzleistung fungierte (vgl. BVerfGE 87, 234, 256). Weil Arbeitslosenhilfe auch anders als das Arbeitslosengeld nur im Falle der Bedürftigkeit gewährt wurde, fällt der Anspruch auf Alhi nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht unter den Schutzbereich des Art. 14 GG (vgl. nur BSGE 73, 10 , 17 ff = SozR 3-4100 § 118 Nr. 4; BSGE 85, 123 , 130 = SozR 3-4100 § 136 Nr. 11; BSG SozR 3-4300 § 427 Nr. 2; zuletzt BSG SozR 4-4300 § 434c Nr. 3).

Die im SGB II geregelte Grundsicherung für Arbeitssuchende hat ihre Wurzeln sowohl im Recht der Arbeitsförderung als auch im Recht der Sozialhilfe. Grundsätze des Sozialhilferechts lassen sich insbesondere im Bedarfsdeckungsgrundsatz erkennen, der im Gegensatz zu dem bisherigen Leistungen der Alhi besteht, die sich nach dem am Arbeitsmarkt erzielten bzw. zu erzielenden Entgelt richtete. Dagegen war auch bei der Bewilligung von Alhi die Bedürftigkeit des Antragstellers und eventuelles Nebeneinkommen zu berücksichtigen. Da sich die Höhe der Alhi nach dem zu erzielenden Entgelt richtete, war die Alhi nicht zwangsläufig höher als die Sozialhilfe. In vielen Fällen mussten Bezieher von Alhi daneben noch Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Im Hinblick auf die Förderung der Arbeitsaufnahme im SGB II wird in § 16 Abs. 1 SGB II auf Bestimmungen des SGB III verwiesen. Der Begriff der Alhi wurde erst im Jahr 1957 eingeführt. Die Gewährung von Alhi setzte nicht in jedem Fall eigene Beitragsleistung voraus.

Vielmehr wurde die beitragsunabhängige sogenannte originäre Alhi erst nach und nach abgeschafft, zuletzt durch das Dritte SGB III-ÄndG vom 22.12.1999 zum 01.01.2000. Darin zeigt sich, dass die Gewährung von Alhi nicht notwendigerweise eine Beitragsleistung vorausgesetzt hat. Die Nähe der Alhi zur Versicherungsleistung Arbeitslosengeld kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei der Alhi um eine Sozialleistung handelte, die aus Steuermitteln finanziert und nur bei Bedürftigkeit des Arbeitslosen gewährt wurde (vergl. Voelzke, Kommentar zum SGB II, Einführung, Anm. 63).

Ein Verstoß gegen Art. 14 GG liegt daher nicht vor. Dies gilt nach der Überzeugung des Senats entgegen dem vorgelegten Gutachten von Prof. Dr. M. auch dann, wenn die Alhi unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III bezogen wurde.

Zudem entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, dass der Gesetzgeber grundsätzlich befugt ist, in das Leistungsgefüge des Sozialrechts ordnend einzugreifen. Das Eigentumsrecht des Leistungsberechtigten wird dabei nicht verletzt, wenn der Eingriff durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Es könnte daher letztlich auch dahingestellt bleiben, ob durch einen Eingriff in das Recht der Alhi der Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG berührt wird. Das Ziel der Sanierung der Staatsfinanzen durch Einsparungen auf der Ausgabenseite ist eine übergreifende und legitime Aufgabe des Gesetzgebers zu Gunsten des Staatsganzen (vergl. Beschluss des BVerfG vom 14.03.2001 - BvR 2402/97 -). Dass das vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt auch von dieser Absicht getragen wird ergibt sich u. a. aus der Bundestagsdrucksache 15/1516.

Über Art. 20 Abs. 1 GG, der das Sozialstaatsprinzip regelt, wird unter anderem der existenznotwendige Bedarf als die Untergrenze für den Zugriff durch die Einkommensteuer festgelegt. Individualisierte Ansprüche lassen sich auch hieraus nicht herleiten. Konkrete Rechte des Einzelnen und konkrete Pflichten des Staates lassen sich aber aus den Grundrechten i. V. m. den Sozialstaatsprinzip ableiten (vgl. hierzu Schmidt - Bleibtreu/Klein, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 20 Anm. 51 f.).

Der Kläger bezieht seit 01.01.2005 Arbeitslosengeld II. Diese Leistung ist in seinem Falle geringer als die bisher gewährte Alhi. Das Existenzminimum wird hierdurch in jedem Falle aber gewahrt.

Insoweit können die Leistungen nach dem SGB II sogar über die Alhi hinausgehen, was vielfach der Fall ist. Eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips kann daher nicht gesehen werden. Ein Anspruch des Klägers auf die genaue Beibehaltung der bisherigen Alhi was deren Höhe und die zuständige Behörde betrifft lässt sich weder aus Art. 20 GG noch aus den in Art. 1 bis 19 GG geregelten Grundrechten entnehmen. Schon bisher wurde die Alhi aus Steuermitteln finanziert. Somit kann sich der Kläger nicht mit Erfolg dagegen wehren, dass er nunmehr auf eine Sozialleistung verwiesen wird, die ebenfalls aus Steuermitteln finanziert wird und in ihrer Höhe nicht vom am Arbeitsmarkt erzielbaren Entgelt, sondern vom Bedarf abhängig ist.

Durch Art. 20 Abs. 3 GG wird in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG aber auch der in einem Rechtsstaat notwendige Vertrauensschutz gewährleistet, welcher den Konflikt zwischen dem Kontinuitätsanspruch und der Diskontinuität des Rechts löst (etwa BVerfGE 78, 123, 126). Insoweit ist zunächst festzustellen, dass keine rückwirkende Regelung vorliegt, welche nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig wäre (vgl. BVerfGE 13, 261, 272). Vorliegend ist die Alhi nur - mit großer Vorlaufzeit und nach einer Aufsehen erregenden öffentlich geführten Diskussion - erst für die Zukunft abgeschafft worden.

Wollte man eine rückwirkende Regelung darin erblicken, dass der Kläger sich für die Regelung des § 428 SGB III entschieden und auf diese eingerichtet hat, wäre aber dennoch fraglich, wo die persönliche und nur schwer zu widerrufende Disposition des Klägers begründet sein sollte, die einen Vertrauensschutz erforderlich machen könnte (zu diesem Erfordernis BVerfGE 71, 1, 12). Außerdem ist auch ein hierdurch verursachter Schaden nicht erkennbar (vgl. BVerfGE 75, 246, 280). Der Kläger hat sich nun lediglich in weitergehender Form als zuvor wieder bereit zu erklären, Erwerbsmöglichkeiten wahrzunehmen. Bei der Vereinbarung zwischen den Beteiligten nach § 428 SGB III war außerdem als stillschweigende Geschäftsgrundlage anzusehen, dass die Vorschriften über die Gewährung von Arbeitslosengeld und Alhi in der damaligen Form weiterexistieren würden; denn ohne ein Recht auf den Bezug von Arbeitslosengeld oder Alhi kann kein Arbeitsloser aus dieser Vorschrift keinen Nutzen ziehen. Deswegen liegt auch eine Zusicherung nach § 34 SGB X nicht vor, da die Vereinbarung nach § 428 SGB III so auszulegen ist, dass sie nur für die Fortgeltung der Vorschriften über die Gewährung von Alhi gelten sollte. Die Anordnung der Rückwirkung einer Rechtsnorm begegnet zudem dann keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sie durch zwingende Gründe des gemeinen Wohls gefordert ist, wenn die rückwirkende Norm eine unklare Rechtslage bereinigt, wenn die betroffene Rechtsstellung einen Vertrauensschutz nicht genießt oder wenn ein Vertrauen auf ihren Fortbestand nicht begründet war (vgl. BVerfG a.a.O.).

Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG kann nicht erkannt werden. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Der Gleichheitssatz will in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern. Daher unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Er darf nicht eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 87, 1,,36; 92, 53, 68 f.; 95, 143, 153 f; 96, 315, 325; 100, 59, 90). Er kann grundsätzlich entscheiden, welche Merkmale er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet nur, dabei Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer acht zu lassen (vgl. BVerfGE 94, 241, 260; st. Rspr.). Dem Gesetzgeber kommt zudem im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 99, 165, 178; 106, 166, 175 f.). Insoweit ist vorliegend bereits nicht erkennbar und wird auch nicht vorgetragen, gegenüber welcher Vergleichsgruppe der Kläger zu Unrecht benachteiligt wird. Denn die Sozialleistung Alhi wird seit dem 01.01.2005 niemandem mehr gewährt, und stattdessen gibt es zu unter für allen Betroffenen gleichen Zugangsvoraussetzungen die neuen Leistungen nach dem SGB II.

Gemäß § 46 Abs. 1 SGB II trägt der Bund die Aufwendungen für die Grundsicherung der Arbeitssuchenden einschließlich der Verwaltungskosten, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. Der Bund beteiligt sich zweckgebunden an den Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 46 Abs. 5 i. V. m. § 22 Abs. 1 SGB II. Die Höhe der Beteiligung beträgt im Jahr 2005 29,1% (§ 46 Abs. 6 SGB II).

Gemäß Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG trägt der Bund die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung mit Einschluss der Arbeitslosenversicherung und der Alhi. Hierbei handelt es sich um eine allgemeine Schutzklausel zur Aufrechterhaltung der gesetzlich nicht geregelten, tatsächlich bestehenden Lastenverteilung zwischen dem Bund einerseits sowie den Ländern und Gemeinden andererseits.

Nach Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG trägt der Bund die Zuschüsse zur Sozialversicherung und der Alhi nach Maßgabe näherer gesetzlicher Regelung (vgl. hierzu BSG NJW 1979, 1059). Art. 120 Abs. 1 Satz 5 GG stellt klar, dass Art. 120 Abs. 1 GG lediglich die finanzielle Verantwortung zwischen Bund und Ländern regelt, keinesfalls aber dem Staatsbürger hierdurch bestimmte Leistungsansprüche eingeräumt werden. Art. 120 GG ist also keine Anspruchsnorm, es können hieraus keine Ansprüche gegen die öffentliche Hand hergeleitet werden wegen Schäden, die durch den Krieg oder Kriegsfolgen verursacht werden (vgl. Schmidt-Bleibtreu/Klein a.a.O. Art. 120 Anm. 4 und 5). Ansprüche auf Sozialleistungen lassen sich hieraus ebenfalls nicht herleiten. Somit kann auch Art. 120 GG nicht als Anspruchsgrundlage für die Weiterzahlung von Alhi über den 31.12.2004 hinaus herangezogen werden. Art. 120 GG regelt lediglich die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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