Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 456/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3703/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02. August 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Die 1961 geborene Klägerin italienischer Staatsangehörigkeit, die seit 1987 in der Bundesrepublik Deutschland lebt, hat ihren Angaben zufolge keine Berufsausbildung. Sie war zuletzt als Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt und ist seit Januar 2003 arbeitsunfähig krank.
Im Sommer 2002 führte die Beklagte eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in einem Fachkrankenhaus für Rheumatologie durch, aus dem die Klägerin als arbeitsunfähig mit den Diagnosen eines Fibromyalgie-Syndroms, eines chronisch rezidivierenden pseudoradikulären HWS-Syndroms bei degenerativen Veränderungen und NPP C5/6, eines chronisch rezidivierenden lokalen LWS-Syndroms bei degenerativen Veränderungen und myostatischer Insuffizienz sowie Stressharninkontinenz Grad II entlassen wurde. Sie sei aber imstande, noch körperlich leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus, jeweils überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen, sechs Stunden und mehr durchzuführen. Vermieden werden sollten häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 8 - 10 kg, häufiges Bücken, eine überwiegend einseitige Körperhaltung, eine ständige Rumpfzwangshaltung, ständige Überkopfarbeiten, Arbeiten unter Zeitdruck, Akkordarbeit sowie eine Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft.
Am 20. Januar 2003 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Vorlage eines Attestes des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. U., der sie aufgrund eines ausgeprägten Fibromyalgie-Syndroms, einer depressiven Verstimmung sowie Bandscheibenvorfällen im Bereich der HWS und LWS für nicht mehr in der Lage erachtete, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ferner legte die Klägerin einen Bescheid des Versorgungsamtes H. vom 10.01.2003 vor, wonach der GdB bei 50 liegt. Nach dem beigezogenen sozialmedizinischen Gutachten des MDK Baden-Württemberg, Dr. L., liegen bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) vor, da eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (ggfs. Rente auf Zeit) bestehe. Die Expertenmeinungen hinsichtlich der durch Fibromyalgie verursachten Leistungseinschränkungen seien sehr unterschiedlich, in manchen Ländern erfolge eine rasche Berentung, in anderen werde davon ausgegangen, dass Arbeitsunfähigkeit bezüglich leichter körperlicher Tätigkeiten im Wechselrhythmus medizinisch nicht hinreichend begründbar sei. Die Klägerin zeige ein regelrechtes Gangbild bei unauffälliger Beschwielung beider Hände und eine offensichtlich geringere Bewegungseinschränkung beim An- und Auskleiden. Bei der Weichteiluntersuchung fänden sich 14 Tenterpoints positiv, teilweise seien jedoch auch Kontrollpunkte positiv bzw. es bestünde eine diffuse Druckdolenz des Gewebes.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine internistische, orthopädische und psychiatrische Begutachtung der Klägerin nach ambulanter Untersuchung. Der Orthopäde Dr. A. diagnostizierte ein Fibromyalgie- und Carpaltunnelsyndrom rechtsbetont, eine Wirbelsäulenaufbaustörung mit Abnutzungserscheinungen und stattgehabter Bandscheibenvorwölbung bei C5/6 sowie eine Praearthrose retropatellar beiderseits. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheine die Klägerin nicht arbeitsfähig, es sei aber damit zu rechnen, dass nach Dekompression des Nervus medianus beiderseits und nach entsprechender physikalischer und psychotherapeutischer Behandlung die Einsatzfähigkeit für leichte Arbeiten in klimatisierten zugfreien Räumen ohne längere Zwangshaltungen wieder gegeben sein werde. Die Psychiaterin Dr. D. beschrieb eine gemischte Störung aus Angst und leichter Depressivität bei rezidivierendem Hyperventilationssyndrom. Nachdem sich bereits bei niedriger Dosierung eines Antidepressivums eine deutliche Befindensbesserung zeige, sei davon auszugehen, dass eine konsequente fachärztliche Behandlung eine erhebliche Verbesserung auch der Durchschlafstörungen bewirken könne. Die Klägerin sei daher keineswegs dauerhaft arbeitsunfähig. Auch die Selbstunsicherheit und Ängstlichkeit könne durch eine konsequent durchgeführte Verhaltenstherapie durchaus gebessert werden, so dass insgesamt psychiatrischerseits von einer Erwerbsunfähigkeit nicht auszugehen sei. Die Sozialmedizinerin Dr. G. stellte zusammenfassend die Diagnosen eines Fibromyalgiesyndroms, einer peripheren Sensibilitätsstörung bei Carpaltunnelsyndrom rechtsbetont, eines degenerativen Wirbelsäulensyndroms bei cervikalen Bandscheibenvorwölbungen, einer beginnenden Kniescheibenarthrose sowie einer Angst und leichten Depression gemischt. Als Nebendiagnose wurde ein Hyperventilationssyndrom gestellt. Unter Berücksichtigung der psychiatrischen und orthopädischen Begutachtung könne die Klägerin noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin leichte und psychisch nicht viel belastende Tätigkeiten mit zusätzlichen Funktionseinschränkungen (ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Bücken und Heben, zu ebener Erde, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Belastungen durch Kälte, Zugluft und Nässe) sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Bescheid vom 06.05.2003 den Rentenantrag mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle zwar die versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen zum 19.01.2003, sei aber nicht teilweise oder voll erwerbsgemindert.
Ihr hiergegen am 23.06.2003 eingelegter Widerspruch wurde von der Beklagten, nachdem der Bescheid bereits am 12.05.2003 zur Post gegeben wurde, als verspätet angesehen und als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausgelegt (vgl. Schreiben vom 09.07.2003), nachdem die Klägerin den Widerspruch für erledigt erklärt hatte. Dieser Überprüfungsantrag wurde mit Bescheid vom 28.08.2003 abgelehnt. Ihren dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin abermals unter Vorlage eines Attests des behandelnden Arztes Dr. U., der die Klägerin für nicht erwerbsfähig erachtete. Die Beklagte holte hierauf eine Stellungnahme von Dr. G. ein, die bei ihrer Einschätzung des Leistungsvermögens blieb. Neue medizinische Aspekte hätten sich nicht ergeben. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2004 den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, dass sie ohne Einnahme von Schmerztabletten nicht mehr schlafen könne. Die Medikation könne auch keinen durchgehenden Schlaf gewährleisten, so dass sie beim morgendlichen Aufstehen müde sei und mindestens zwei Stunden benötige, um ihren Körper in Gang zu bringen. Insbesondere die Phase während und kurz nach dem Aufstehen sei mit besonderen Schmerzen verbunden. Diese klängen über Tag leicht ab, seien aber permanent vorhanden und verstärkten sich gegen Abend wieder. Die Schmerzen beträfen den ganzen Körper, wobei der Kopf-, Rücken-, Schulter- sowie Kniebereich besonders stark betroffen seien. Dies werde durch die Arthrose, die multiplen Bandscheibenvorfälle und das degenerative Wirbelsäulensyndrom noch verstärkt. Sie könne deswegen auch nur schwer Treppen steigen und sich nur eingeschränkt bücken. Sitzen sei ihr nur eine halbe Stunde durchgehend möglich, dann müsse sie die Haltung ändern.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das Gericht die behandelnden Ärzte gehört und anschließend die Klägerin auf ihren Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) psychosomatisch begutachten lassen.
Der Neurologe Dr. M. berichtete über einen rechts mediolateralen Bandscheibenvorfall HWK 5/6 mit Irritation der Wurzel C6, einen Verdacht auf Schultergelenkserkrankung rechts, ein bilaterales Carpaltunnelsyndrom sowie seit Jahren intermittierend auftretende depressive Episoden. Seiner Auffassung nach könne die Klägerin aber noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten verrichten, sofern sie nicht mit einer ungewöhnlichen Belastung der Halswirbelsäule einhergingen. Der Orthopäde Dr. V. war der Auffassung, dass die Klägerin nur noch leichte körperliche Arbeiten zwischen drei und sechs Stunden verrichten könne. Es bestünden im wesentlichen eine Cervicocephalgie, ein Carpaltunnelsyndrom beidseits, ein Wurzelreiz C6, ein HWS-Syndrom, eine Lumbalgie, eine Fibromyalgie, ein Bandscheibenprolaps C5/6, eine beginnende Gonarthrose beiderseits und ein Rotatorenmanschettensyndrom rechts. Der Allgemeinmediziner Dr. U. blieb bei seiner Auffassung, die Klägerin könne nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten unterhalbschichtig verrichten. Sie leide an einer seronegativen chronischen Polyarthritis, einem Fibromyalgiesyndrom, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und des Achsenskelettes sowie einer Depression. Der Frauenarzt Dr. B. berichtete, dass bei der Klägerin ein Zustand nach vaginaler Hysterektomie, vaginaler Vorder- und Hinterwandplastik bei Descens. ut. et. vag. mit Stressinkontinenz I. Grades sowie Zustand nach Introituserweiterung bei postoperativer Introitusstenose bestehe. Sie leide an unfreiwilligem Urinverlust bei Husten, Niesen und schwerem Heben, dies stünde aber einer körperlichen Arbeit mit üblichen täglichen Arbeitszeiten mit Ausnahme von schwerem Heben (Gewichte über 5 kg) nicht entgegen.
Der Psychotherapeut Dr. L. vom Rheumazentrum B.-B. diagnostizierte eine mittelgradige depressive Reaktion, eine Angststörung mit Panikattacken, ein somatoformes Schmerzsyndrom, einen schädlichen Gebrauch von Nikotin sowie fraglich auch Alkohol und Übergewicht. Eine tägliche Arbeitszeit von drei Stunden erscheine prinzipiell möglich, wobei diese Einschränkung sich aufgrund der somatoformen Schmerz-, insbesondere aber der Angststörung ergebe. Die Klägerin sei nicht in der Lage, alleine annähernd weitere Wege zurückzulegen. Diese Situation könne aber durch adäquate Medikation in einigen Monaten verändert werden. Die multiplen psychosomatischen Beschwerden würden kaum psychotherapeutisch behandelt, so dass dringend die Einleitung einer solchen Therapie empfohlen werde. Prognostisch könne bei ihr von einem guten Ansprechen ausgegangen werden. Eine signifikante Besserung sei daher in ca. einem halben Jahr zu erwarten. Von einer Berentung auch auf Zeit würde deswegen abgeraten. Dies könne eher dazu führen, dass die Klägerin die potentiell schädliche Vermeidungshaltung gegenüber jeder Form von Belastung noch weiter ausbaue und sich die Symptombildung im Vorfeld eines zu erwartenden Nachbegutachtungstermins unter dem bei ihr wirkenden hohen unbewussten Bestreben nach Gratifikation noch verstärke. Prinzipiell sei die Klägerin noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Vermeidung von solchen Tätigkeiten, die besondere Aufmerksamkeit erforderten bzw. inhärente Gefahren bergen würden ebenso wie häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern, Akkord-, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit, Arbeiten in Kälte- oder Wärmeeinfluss sowie unter Einwirkung von Staub, Gasen oder Dämpfen oder Nässe sowie Arbeiten im Freien, Besonderbeanspruchung des Gehörs oder Sehvermögens, zu verrichten.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ärztlicher Stellungnahmen von Dr. K. und Dr. G. entgegen. Letzterer führte aus, die allgemeine Tagesstruktur der Klägerin (sie versorge letztendlich ihren Haushalt selbst, bringe den jüngsten Sohn zur Schule und halte weiterhin Sozialkontakte) lasse die getroffene Leistungsbeurteilung nicht nachvollziehen. Außerdem sei auch nach Aussage des Gutachters die psychische Symptomatik therapeutisch gut zu beeinflussen.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.08.2005 wies das SG daraufhin die Klage mit der Begründung ab, der gutachterlichen Einschätzung von Dr. L. könne nicht gefolgt werden. Das Verhalten der Klägerin bei der Untersuchungssituation sowie die von ihr geschilderten möglichen Aktivitäten und der Tagesablauf sprächen gegen die vom Sachverständigen angenommene erhebliche qualitative Leistungseinschränkung. Sie habe auch die lange Untersuchung ohne Konzentrationsstörungen durchgestanden, mache Wassergymnastik und gehe ins Fitnessstudio. Selbst Dr. L. habe im Ergebnis von einer Berentung abgeraten. Die von ihm angenommene Angststörung sei schon deswegen nicht nachvollziehbar, da die Klägerin nach Aussage von Dr. D. ihren Sohn zur Schule bringe und anschließend mit Arztterminen beschäftigt sei, diese Verrichtungen offensichtlich allein durchführen könne und auch mit dem Auto zu Dr. D. gefahren sei. Nach Auswertung der Angaben ihrer behandelnden Ärzte wie auch den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten müsse deswegen davon ausgegangen werden, dass die Klägerin noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen 6 Stunden täglich zu verrichten. Damit sei sie nicht erwerbsgemindert.
Gegen den am 09.08.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.09.2005 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt, das erstinstanzliche Gericht habe verkannt, dass die Frage nach der aktuellen Leistungsfähigkeit unabhängig von der Frage zu sehen sei, welche Folgen eine Berentung auf ihre Gesundheit habe. Das Gutachten von Dr. L. leide daran, dass er die Position eines im kurativen Bereich tätigen Arztes hinsichtlich möglicher Auswirkungen einer Berentung eingenommen habe. Unter Berücksichtigung dieses Gutachtens hätte ihr Rente zugesprochen oder eine weitere medizinische Sachaufklärung von Amts wegen durchgeführt werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02. August 2005 sowie den Bescheid vom 28. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 06. Mai 2003 zurückzunehmen und ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 20. Januar 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die erstinstanzlich vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen und ist der Auffassung, ein unter sechsstündige Leistungsvermögen sei nicht nachgewiesen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die Klägerin erneut nervenärztlich begutachten lassen. Der Neurologe und Psychiater/Psychotherapeut Dr. H. hat degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne neurologische Ausfallerscheinungen wie Paresen, Muskelatrophien oder auf eine Nervenwurzel beziehbare Sensibilitätsstörungen beschrieben. Das Carpaltunnelsyndrom sei mittlerweile operiert und Beschwerden würden nicht mehr beklagt, so dass derzeit hieraus keine relevanten funktionellen Leistungseinschränkungen resultierten. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine episodisch paroxysmale Angst vor. Zeichen einer depressiven Erkrankung hätten nicht festgestellt werden können. Die Stimmungslage sei euthym und die affektive Schwingungsfähigkeit gut erhalten. Er erachte die Klägerin noch für in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr zu verrichten, wobei besondere Arbeitsbedingungen wie betriebsunübliche Pausen oder besonders gestaltetes Arbeitsgerät nicht erforderlich seien. Auch bestünden hinsichtlich des Arbeitsweges keine Beschränkungen. Aufgrund der bestehenden degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sollten schwere Lasten (über 10 kg) ebenso wie gleichförmige Körperhaltungen und Überkopfarbeiten vermieden werden. Auch solle ein Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken oder häufiges Treppensteigen nicht erfolgen. Gleiches gelte für Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss oder im Freien. Aufgrund der psychischen Erkrankungen müsse eine Überforderung durch Akkordarbeit, Wechselschicht- oder Nachtarbeit sowie besonderem Zeitdruck vermieden werden. Dies gelte gleichermaßen für besondere Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie für eine erhöhte Verantwortung und eine besondere (hohe) geistige Beanspruchung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Klägerin laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt.
Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Ausgangsbescheides vom 06.05.2003 oder Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Rechtsgrundlage für das Überprüfungsbegehren ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.
Diese Voraussetzungen liegen zur Überzeugung des Senats in Auswertung der Gutachten von Dr. H., Dr. A., Dr. D. und Dr. G. nicht vor. Der Ausgangsbescheid vom 06.05.2003 ist rechtmäßig. Zwar erfüllt die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, wie sich aus dem Bescheid vom 06.05.2003 ergibt; sie ist jedoch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Sie ist noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Dies folgt aus dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. H. und nicht zuletzt den im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten.
Im Vordergrund der gesundheitlichen Beschwerden steht danach bei der Klägerin die anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Dass diese insbesondere von dem behandelnden Hausarzt Dr. U. als Fibromyalgie-Syndrom beschrieben wird, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats von nachrangiger Bedeutung. Maßgebend für die Beurteilung der Erwerbsminderung sind ausschließlich die Auswirkungen einer Erkrankung auf das berufliche Leistungsvermögen. Die Klägerin ist durch das Krankheitsbild bedingt in ihrer Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zwar eingeschränkt, aber nicht in einem quantitativen Ausmaß. Die Richtigkeit dieser Einschätzung von Dr. H. wird durch den von der Klägerin geschilderten Tagesablauf belegt. Danach kann sie noch ihren Haushalt alleine bewältigen, trotz der vorliegenden Angststörung allein den Sohn zur Schule bringen, anschließend allein Ärzte oder Therapeuten aufsuchen sowie auch sportlichen Aktivitäten (insbesondere Sportstudio und ihren Hobbys) nachgehen. Des weiteren kann sie noch ihre sozialen Kontakte im Bekannten- und Familienkreis pflegen. Der Senat konnte sich deshalb der abweichenden Beurteilung von Dr. L. nicht anschließen. Die quantitative Leistungsbeurteilung konnte schon deswegen nicht überzeugen, weil die Klägerin noch bei der Begutachtung bei Dr. H. angegeben hat, dass sie weiterhin Auto fährt und auch eine Vielzahl an Besorgungen ohne jede Begleitung erledigen kann, so dass das Ausmaß der von Dr. L. beschriebenen Angststörung nicht nachzuvollziehen ist. Gleiches gilt für die geschilderte Somatisierungsstörung, die sich mit dem Tagesablauf der Klägerin nicht in Übereinstimmung bringen lässt. Dies gilt letztendlich auch für die Schlussfolgerung des Gutachters, einerseits könne die Klägerin nur noch drei Stunden arbeiten, andererseits wäre aber eine Berentung eher schädlich. Die auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen (insbesondere die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule) bedingen die eingangs geschilderten qualitativen Leistungseinschränkungen, haben aber keine quantitativen Auswirkungen. Das mittlerweile operierte Carpaltunnelsyndrom verursacht keine weiteren funktionellen Leistungseinschränkungen.
Folglich konnte sich der Senat nicht von einer derart gravierenden Leistungsminderung quantitativen Ausmaßes überzeugen, so dass die Berufung der Klägerin insgesamt keinen Erfolg haben konnte. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Die 1961 geborene Klägerin italienischer Staatsangehörigkeit, die seit 1987 in der Bundesrepublik Deutschland lebt, hat ihren Angaben zufolge keine Berufsausbildung. Sie war zuletzt als Arbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt und ist seit Januar 2003 arbeitsunfähig krank.
Im Sommer 2002 führte die Beklagte eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in einem Fachkrankenhaus für Rheumatologie durch, aus dem die Klägerin als arbeitsunfähig mit den Diagnosen eines Fibromyalgie-Syndroms, eines chronisch rezidivierenden pseudoradikulären HWS-Syndroms bei degenerativen Veränderungen und NPP C5/6, eines chronisch rezidivierenden lokalen LWS-Syndroms bei degenerativen Veränderungen und myostatischer Insuffizienz sowie Stressharninkontinenz Grad II entlassen wurde. Sie sei aber imstande, noch körperlich leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus, jeweils überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen, sechs Stunden und mehr durchzuführen. Vermieden werden sollten häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 8 - 10 kg, häufiges Bücken, eine überwiegend einseitige Körperhaltung, eine ständige Rumpfzwangshaltung, ständige Überkopfarbeiten, Arbeiten unter Zeitdruck, Akkordarbeit sowie eine Gefährdung durch Kälte, Nässe und Zugluft.
Am 20. Januar 2003 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Vorlage eines Attestes des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. U., der sie aufgrund eines ausgeprägten Fibromyalgie-Syndroms, einer depressiven Verstimmung sowie Bandscheibenvorfällen im Bereich der HWS und LWS für nicht mehr in der Lage erachtete, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ferner legte die Klägerin einen Bescheid des Versorgungsamtes H. vom 10.01.2003 vor, wonach der GdB bei 50 liegt. Nach dem beigezogenen sozialmedizinischen Gutachten des MDK Baden-Württemberg, Dr. L., liegen bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) vor, da eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (ggfs. Rente auf Zeit) bestehe. Die Expertenmeinungen hinsichtlich der durch Fibromyalgie verursachten Leistungseinschränkungen seien sehr unterschiedlich, in manchen Ländern erfolge eine rasche Berentung, in anderen werde davon ausgegangen, dass Arbeitsunfähigkeit bezüglich leichter körperlicher Tätigkeiten im Wechselrhythmus medizinisch nicht hinreichend begründbar sei. Die Klägerin zeige ein regelrechtes Gangbild bei unauffälliger Beschwielung beider Hände und eine offensichtlich geringere Bewegungseinschränkung beim An- und Auskleiden. Bei der Weichteiluntersuchung fänden sich 14 Tenterpoints positiv, teilweise seien jedoch auch Kontrollpunkte positiv bzw. es bestünde eine diffuse Druckdolenz des Gewebes.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine internistische, orthopädische und psychiatrische Begutachtung der Klägerin nach ambulanter Untersuchung. Der Orthopäde Dr. A. diagnostizierte ein Fibromyalgie- und Carpaltunnelsyndrom rechtsbetont, eine Wirbelsäulenaufbaustörung mit Abnutzungserscheinungen und stattgehabter Bandscheibenvorwölbung bei C5/6 sowie eine Praearthrose retropatellar beiderseits. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheine die Klägerin nicht arbeitsfähig, es sei aber damit zu rechnen, dass nach Dekompression des Nervus medianus beiderseits und nach entsprechender physikalischer und psychotherapeutischer Behandlung die Einsatzfähigkeit für leichte Arbeiten in klimatisierten zugfreien Räumen ohne längere Zwangshaltungen wieder gegeben sein werde. Die Psychiaterin Dr. D. beschrieb eine gemischte Störung aus Angst und leichter Depressivität bei rezidivierendem Hyperventilationssyndrom. Nachdem sich bereits bei niedriger Dosierung eines Antidepressivums eine deutliche Befindensbesserung zeige, sei davon auszugehen, dass eine konsequente fachärztliche Behandlung eine erhebliche Verbesserung auch der Durchschlafstörungen bewirken könne. Die Klägerin sei daher keineswegs dauerhaft arbeitsunfähig. Auch die Selbstunsicherheit und Ängstlichkeit könne durch eine konsequent durchgeführte Verhaltenstherapie durchaus gebessert werden, so dass insgesamt psychiatrischerseits von einer Erwerbsunfähigkeit nicht auszugehen sei. Die Sozialmedizinerin Dr. G. stellte zusammenfassend die Diagnosen eines Fibromyalgiesyndroms, einer peripheren Sensibilitätsstörung bei Carpaltunnelsyndrom rechtsbetont, eines degenerativen Wirbelsäulensyndroms bei cervikalen Bandscheibenvorwölbungen, einer beginnenden Kniescheibenarthrose sowie einer Angst und leichten Depression gemischt. Als Nebendiagnose wurde ein Hyperventilationssyndrom gestellt. Unter Berücksichtigung der psychiatrischen und orthopädischen Begutachtung könne die Klägerin noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin leichte und psychisch nicht viel belastende Tätigkeiten mit zusätzlichen Funktionseinschränkungen (ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne häufiges Bücken und Heben, zu ebener Erde, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Belastungen durch Kälte, Zugluft und Nässe) sechs Stunden und mehr täglich verrichten.
Gestützt hierauf wies die Beklagte mit Bescheid vom 06.05.2003 den Rentenantrag mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle zwar die versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen zum 19.01.2003, sei aber nicht teilweise oder voll erwerbsgemindert.
Ihr hiergegen am 23.06.2003 eingelegter Widerspruch wurde von der Beklagten, nachdem der Bescheid bereits am 12.05.2003 zur Post gegeben wurde, als verspätet angesehen und als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausgelegt (vgl. Schreiben vom 09.07.2003), nachdem die Klägerin den Widerspruch für erledigt erklärt hatte. Dieser Überprüfungsantrag wurde mit Bescheid vom 28.08.2003 abgelehnt. Ihren dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin abermals unter Vorlage eines Attests des behandelnden Arztes Dr. U., der die Klägerin für nicht erwerbsfähig erachtete. Die Beklagte holte hierauf eine Stellungnahme von Dr. G. ein, die bei ihrer Einschätzung des Leistungsvermögens blieb. Neue medizinische Aspekte hätten sich nicht ergeben. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2004 den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, dass sie ohne Einnahme von Schmerztabletten nicht mehr schlafen könne. Die Medikation könne auch keinen durchgehenden Schlaf gewährleisten, so dass sie beim morgendlichen Aufstehen müde sei und mindestens zwei Stunden benötige, um ihren Körper in Gang zu bringen. Insbesondere die Phase während und kurz nach dem Aufstehen sei mit besonderen Schmerzen verbunden. Diese klängen über Tag leicht ab, seien aber permanent vorhanden und verstärkten sich gegen Abend wieder. Die Schmerzen beträfen den ganzen Körper, wobei der Kopf-, Rücken-, Schulter- sowie Kniebereich besonders stark betroffen seien. Dies werde durch die Arthrose, die multiplen Bandscheibenvorfälle und das degenerative Wirbelsäulensyndrom noch verstärkt. Sie könne deswegen auch nur schwer Treppen steigen und sich nur eingeschränkt bücken. Sitzen sei ihr nur eine halbe Stunde durchgehend möglich, dann müsse sie die Haltung ändern.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das Gericht die behandelnden Ärzte gehört und anschließend die Klägerin auf ihren Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) psychosomatisch begutachten lassen.
Der Neurologe Dr. M. berichtete über einen rechts mediolateralen Bandscheibenvorfall HWK 5/6 mit Irritation der Wurzel C6, einen Verdacht auf Schultergelenkserkrankung rechts, ein bilaterales Carpaltunnelsyndrom sowie seit Jahren intermittierend auftretende depressive Episoden. Seiner Auffassung nach könne die Klägerin aber noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten verrichten, sofern sie nicht mit einer ungewöhnlichen Belastung der Halswirbelsäule einhergingen. Der Orthopäde Dr. V. war der Auffassung, dass die Klägerin nur noch leichte körperliche Arbeiten zwischen drei und sechs Stunden verrichten könne. Es bestünden im wesentlichen eine Cervicocephalgie, ein Carpaltunnelsyndrom beidseits, ein Wurzelreiz C6, ein HWS-Syndrom, eine Lumbalgie, eine Fibromyalgie, ein Bandscheibenprolaps C5/6, eine beginnende Gonarthrose beiderseits und ein Rotatorenmanschettensyndrom rechts. Der Allgemeinmediziner Dr. U. blieb bei seiner Auffassung, die Klägerin könne nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten unterhalbschichtig verrichten. Sie leide an einer seronegativen chronischen Polyarthritis, einem Fibromyalgiesyndrom, degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und des Achsenskelettes sowie einer Depression. Der Frauenarzt Dr. B. berichtete, dass bei der Klägerin ein Zustand nach vaginaler Hysterektomie, vaginaler Vorder- und Hinterwandplastik bei Descens. ut. et. vag. mit Stressinkontinenz I. Grades sowie Zustand nach Introituserweiterung bei postoperativer Introitusstenose bestehe. Sie leide an unfreiwilligem Urinverlust bei Husten, Niesen und schwerem Heben, dies stünde aber einer körperlichen Arbeit mit üblichen täglichen Arbeitszeiten mit Ausnahme von schwerem Heben (Gewichte über 5 kg) nicht entgegen.
Der Psychotherapeut Dr. L. vom Rheumazentrum B.-B. diagnostizierte eine mittelgradige depressive Reaktion, eine Angststörung mit Panikattacken, ein somatoformes Schmerzsyndrom, einen schädlichen Gebrauch von Nikotin sowie fraglich auch Alkohol und Übergewicht. Eine tägliche Arbeitszeit von drei Stunden erscheine prinzipiell möglich, wobei diese Einschränkung sich aufgrund der somatoformen Schmerz-, insbesondere aber der Angststörung ergebe. Die Klägerin sei nicht in der Lage, alleine annähernd weitere Wege zurückzulegen. Diese Situation könne aber durch adäquate Medikation in einigen Monaten verändert werden. Die multiplen psychosomatischen Beschwerden würden kaum psychotherapeutisch behandelt, so dass dringend die Einleitung einer solchen Therapie empfohlen werde. Prognostisch könne bei ihr von einem guten Ansprechen ausgegangen werden. Eine signifikante Besserung sei daher in ca. einem halben Jahr zu erwarten. Von einer Berentung auch auf Zeit würde deswegen abgeraten. Dies könne eher dazu führen, dass die Klägerin die potentiell schädliche Vermeidungshaltung gegenüber jeder Form von Belastung noch weiter ausbaue und sich die Symptombildung im Vorfeld eines zu erwartenden Nachbegutachtungstermins unter dem bei ihr wirkenden hohen unbewussten Bestreben nach Gratifikation noch verstärke. Prinzipiell sei die Klägerin noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Vermeidung von solchen Tätigkeiten, die besondere Aufmerksamkeit erforderten bzw. inhärente Gefahren bergen würden ebenso wie häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern, Akkord-, Fließband-, Schicht- oder Nachtarbeit, Arbeiten in Kälte- oder Wärmeeinfluss sowie unter Einwirkung von Staub, Gasen oder Dämpfen oder Nässe sowie Arbeiten im Freien, Besonderbeanspruchung des Gehörs oder Sehvermögens, zu verrichten.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ärztlicher Stellungnahmen von Dr. K. und Dr. G. entgegen. Letzterer führte aus, die allgemeine Tagesstruktur der Klägerin (sie versorge letztendlich ihren Haushalt selbst, bringe den jüngsten Sohn zur Schule und halte weiterhin Sozialkontakte) lasse die getroffene Leistungsbeurteilung nicht nachvollziehen. Außerdem sei auch nach Aussage des Gutachters die psychische Symptomatik therapeutisch gut zu beeinflussen.
Mit Gerichtsbescheid vom 02.08.2005 wies das SG daraufhin die Klage mit der Begründung ab, der gutachterlichen Einschätzung von Dr. L. könne nicht gefolgt werden. Das Verhalten der Klägerin bei der Untersuchungssituation sowie die von ihr geschilderten möglichen Aktivitäten und der Tagesablauf sprächen gegen die vom Sachverständigen angenommene erhebliche qualitative Leistungseinschränkung. Sie habe auch die lange Untersuchung ohne Konzentrationsstörungen durchgestanden, mache Wassergymnastik und gehe ins Fitnessstudio. Selbst Dr. L. habe im Ergebnis von einer Berentung abgeraten. Die von ihm angenommene Angststörung sei schon deswegen nicht nachvollziehbar, da die Klägerin nach Aussage von Dr. D. ihren Sohn zur Schule bringe und anschließend mit Arztterminen beschäftigt sei, diese Verrichtungen offensichtlich allein durchführen könne und auch mit dem Auto zu Dr. D. gefahren sei. Nach Auswertung der Angaben ihrer behandelnden Ärzte wie auch den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten müsse deswegen davon ausgegangen werden, dass die Klägerin noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen 6 Stunden täglich zu verrichten. Damit sei sie nicht erwerbsgemindert.
Gegen den am 09.08.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.09.2005 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt, das erstinstanzliche Gericht habe verkannt, dass die Frage nach der aktuellen Leistungsfähigkeit unabhängig von der Frage zu sehen sei, welche Folgen eine Berentung auf ihre Gesundheit habe. Das Gutachten von Dr. L. leide daran, dass er die Position eines im kurativen Bereich tätigen Arztes hinsichtlich möglicher Auswirkungen einer Berentung eingenommen habe. Unter Berücksichtigung dieses Gutachtens hätte ihr Rente zugesprochen oder eine weitere medizinische Sachaufklärung von Amts wegen durchgeführt werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 02. August 2005 sowie den Bescheid vom 28. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. Februar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 06. Mai 2003 zurückzunehmen und ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 20. Januar 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die erstinstanzlich vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen und ist der Auffassung, ein unter sechsstündige Leistungsvermögen sei nicht nachgewiesen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die Klägerin erneut nervenärztlich begutachten lassen. Der Neurologe und Psychiater/Psychotherapeut Dr. H. hat degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne neurologische Ausfallerscheinungen wie Paresen, Muskelatrophien oder auf eine Nervenwurzel beziehbare Sensibilitätsstörungen beschrieben. Das Carpaltunnelsyndrom sei mittlerweile operiert und Beschwerden würden nicht mehr beklagt, so dass derzeit hieraus keine relevanten funktionellen Leistungseinschränkungen resultierten. Auf psychiatrischem Fachgebiet liege eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine episodisch paroxysmale Angst vor. Zeichen einer depressiven Erkrankung hätten nicht festgestellt werden können. Die Stimmungslage sei euthym und die affektive Schwingungsfähigkeit gut erhalten. Er erachte die Klägerin noch für in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr zu verrichten, wobei besondere Arbeitsbedingungen wie betriebsunübliche Pausen oder besonders gestaltetes Arbeitsgerät nicht erforderlich seien. Auch bestünden hinsichtlich des Arbeitsweges keine Beschränkungen. Aufgrund der bestehenden degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sollten schwere Lasten (über 10 kg) ebenso wie gleichförmige Körperhaltungen und Überkopfarbeiten vermieden werden. Auch solle ein Arbeiten auf Leitern, häufiges Bücken oder häufiges Treppensteigen nicht erfolgen. Gleiches gelte für Arbeiten in Kälte, unter Kälteeinfluss oder im Freien. Aufgrund der psychischen Erkrankungen müsse eine Überforderung durch Akkordarbeit, Wechselschicht- oder Nachtarbeit sowie besonderem Zeitdruck vermieden werden. Dies gelte gleichermaßen für besondere Ansprüche an Auffassung und Konzentration sowie für eine erhöhte Verantwortung und eine besondere (hohe) geistige Beanspruchung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Klägerin laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt.
Die zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Ausgangsbescheides vom 06.05.2003 oder Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Rechtsgrundlage für das Überprüfungsbegehren ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.
Diese Voraussetzungen liegen zur Überzeugung des Senats in Auswertung der Gutachten von Dr. H., Dr. A., Dr. D. und Dr. G. nicht vor. Der Ausgangsbescheid vom 06.05.2003 ist rechtmäßig. Zwar erfüllt die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung, wie sich aus dem Bescheid vom 06.05.2003 ergibt; sie ist jedoch weder teilweise noch voll erwerbsgemindert. Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Sie ist noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen vollschichtig zu verrichten. Dies folgt aus dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. H. und nicht zuletzt den im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachten.
Im Vordergrund der gesundheitlichen Beschwerden steht danach bei der Klägerin die anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Dass diese insbesondere von dem behandelnden Hausarzt Dr. U. als Fibromyalgie-Syndrom beschrieben wird, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats von nachrangiger Bedeutung. Maßgebend für die Beurteilung der Erwerbsminderung sind ausschließlich die Auswirkungen einer Erkrankung auf das berufliche Leistungsvermögen. Die Klägerin ist durch das Krankheitsbild bedingt in ihrer Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit zwar eingeschränkt, aber nicht in einem quantitativen Ausmaß. Die Richtigkeit dieser Einschätzung von Dr. H. wird durch den von der Klägerin geschilderten Tagesablauf belegt. Danach kann sie noch ihren Haushalt alleine bewältigen, trotz der vorliegenden Angststörung allein den Sohn zur Schule bringen, anschließend allein Ärzte oder Therapeuten aufsuchen sowie auch sportlichen Aktivitäten (insbesondere Sportstudio und ihren Hobbys) nachgehen. Des weiteren kann sie noch ihre sozialen Kontakte im Bekannten- und Familienkreis pflegen. Der Senat konnte sich deshalb der abweichenden Beurteilung von Dr. L. nicht anschließen. Die quantitative Leistungsbeurteilung konnte schon deswegen nicht überzeugen, weil die Klägerin noch bei der Begutachtung bei Dr. H. angegeben hat, dass sie weiterhin Auto fährt und auch eine Vielzahl an Besorgungen ohne jede Begleitung erledigen kann, so dass das Ausmaß der von Dr. L. beschriebenen Angststörung nicht nachzuvollziehen ist. Gleiches gilt für die geschilderte Somatisierungsstörung, die sich mit dem Tagesablauf der Klägerin nicht in Übereinstimmung bringen lässt. Dies gilt letztendlich auch für die Schlussfolgerung des Gutachters, einerseits könne die Klägerin nur noch drei Stunden arbeiten, andererseits wäre aber eine Berentung eher schädlich. Die auf orthopädischem Fachgebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen (insbesondere die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule) bedingen die eingangs geschilderten qualitativen Leistungseinschränkungen, haben aber keine quantitativen Auswirkungen. Das mittlerweile operierte Carpaltunnelsyndrom verursacht keine weiteren funktionellen Leistungseinschränkungen.
Folglich konnte sich der Senat nicht von einer derart gravierenden Leistungsminderung quantitativen Ausmaßes überzeugen, so dass die Berufung der Klägerin insgesamt keinen Erfolg haben konnte. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved