Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 420/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4007/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Ereignisses als Versicherungsfall, bei dem der Ehemann der Klägerin einen Herzinfarkt erlitten hat.
Der Ehemann der Klägerin (Versicherte) war als selbstständig Tätiger mit einem Heizungs- und Sanitärunternehmen bei der Beklagten unternehmerversichert. Seit dem Jahr 2000 führte er wegen einer Werklohnforderung gegen den Kunden A. (A) in Höhe von 25.000 DM einen Rechtsstreit beim Landgericht Tübingen (Aktenzeichen 3 O 346/2000). Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.01.2001 war der Versicherte mit dem Bevollmächtigten der Klägerin im Widerspruchsverfahren, der auch den Versicherten im Zivilprozess vertrat, beim Landgericht erschienen. Nachdem A im Termin einen Betrag in Höhe von 14.539,61 DM nebst Zinsen der streitigen Forderung anerkannt hatte, wurden Vergleichsgespräche geführt. Der Versicherte lehnte das Angebot der Beklagtenseite, insgesamt 22.000 DM zu bezahlen, ab. Als daraufhin in die Beweisaufnahme durch Vernehmung der geladenen Zeugin zur Person eingetreten wurde, verlor der Versicherte das Bewusstsein.
Der gerufene Notarzt diagnostizierte Kammerflimmern und Herz-Kreislaufstillstand. Der Versicherte wurde nach Reanimation in die Medizinische Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums T. eingeliefert, wo er unter der Diagnose eines akuten Myokardinfarkts, Kammerflimmern, eines appallischen Syndroms bei Verdacht auf hypoxischen Hirnschaden und 2-Gefäß-Koronarherzerkrankung stationär behandelt wurde und, ohne das Bewusstsein wieder zu erlangen, am 12.02.2001 verstarb (Arztbericht des Klinikums Tübingen vom 15.02.2001).
Vom 15.03. bis 01.04.1996 war der Versicherte schon einmal in der Medizinische Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums T. wegen eines bereits am 15.03.1996 erlittenen Myokardinfarkts stationär behandelt worden (Arztbericht des Klinikums T. vom 02.04.1996). Anschließend war der Versicherte vom 17.04. bis 15.05.1996 zur Rehabilitation im Rehazentrum B. W., aus deren Behandlung er als arbeitsfähig für seine frühere Tätigkeit als Mechanikermeister für Gas- und Wassertechnik nach Einhaltung einer noch weiteren kurzen Rekonvaleszenszeit entlassen worden war (Entlassungsbericht vom 15.05.1996).
Die Klägerin zeigte der Beklagten im Februar 2001 das Ereignis vom 19.01.2001 als Arbeitsunfall an. Mit Bescheid vom 06.02.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab, weil es sich bei dem Herzinfarkt nicht um einen Versicherungsfall handele. Ein Unfall sei ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das einen Körperschaden verursache. Vorliegend fehle es an einem von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis.
Die Klägerin legte hiergegen am 02.03.2001 Widerspruch ein und machte geltend, auch eine schwere psychische Beeinträchtigung könne als Einwirkung von außen im Sinne des Unfallversicherungsrechts qualifiziert werden. Um eine solche geistig-seelische Einwirkung in einem eng begrenzten Zeitraum habe es sich am 19.01.2001 gehandelt. Ihr Ehemann sei, je näher der Termin gekommen sei, sehr unruhig geworden und habe erklärt, er gebe dieses Mal nicht klein bei, wie bei einem früheren Rechtsstreit. Er habe auch zunehmend in Bezug auf den Prozess erregt und laut gesprochen und nicht mit Kraftausdrücken gespart, zumal er zu A früher ein enges Verhältnis gehabt habe. Sie hätten vor 10 Jahren beide einer Gruppe angehört, die sich sonntags immer getroffen habe. Ihr Ehemann habe auch völlig Unbeteiligten an seinem Geburtstag drei Tage vorher gegenüber geäußert, die Handwerker seien immer die Dummen, diesmal sei es aber anders. Am Vorabend sei er schon gegen 17:00 Uhr aus der Werkstatt nach Hause gekommen, was noch nie vorgekommen sei. Auch sei er entgegen seiner sonstigen Gewohnheit schon gegen 20:00 Uhr zu Bett gegangen. Am Terminstag habe er gegen 7:15 Uhr das Haus verlassen, obgleich der Termin erst um 8:30 Uhr bestimmt gewesen sei und er auch noch später hätte gehen können. Dies zeige, zumal er von der Begründetheit seiner Forderung überzeugt gewesen sei, die besondere psychische Anspannung ihres Ehemannes.
Die Beklagte hat daraufhin Arztunterlagen beigezogen, insbesondere hinsichtlich des bereits 1996 erlittenen Herzinfarkts des Versicherten. Dr. K. teilte unter Bezugnahme auf ein dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandtes Schreiben vom 09.06.2001 mit, den Versicherten seit Mai 1991 behandelt zu haben. Die Angiographie habe eine Einengung der Herzkranzgefäße ergeben, unter intensiver Therapie sei er aber belastbar für seinen Beruf als selbständiger Handwerker gewesen (Schreiben von Dr. K. vom 28.09.2002). Der Kardiologe Dr. S. erhob bei den von ihm durchgeführten Belastungs-EKGs im Juni 1997 und in November 1999 keine eindeutigen pathologischen Endstreckenveränderungen, keine Angina pectoris, keine Rhythmusstörungen und keine Dyspnoe (Arztbriefe vom 01.07.1997 und 25.11.1999).
In dem von der Beklagten eingeholten internistischen Gutachten vom 27.01.2003 kam Privatdozent (PD) Dr. L. zu dem Ergebnis, die primäre Ursache des Herz-Kreislauf-Stillstandes des Versicherten lasse sich nicht mit Sicherheit belegen. Am 19.01.2001 habe der Versicherte einen akuten Herz-Kreislaufstillstand mit Notwendigkeit der Reanimation erlitten, außerdem habe ein ausgedehnter hypoxischer Hirnschaden und eine disseminierte intravasale Gerinnungsstörung vorgelegen. Im Hinblick auf die Erstdiagnose einer koronaren Herzerkrankung von 1996 bestehe der Verdacht eines primären posterioren Myokardinfarkts am 19.01.2001, theoretisch denkbar sei auch ein sekundärer Myokardinfarkt als Folge des protrahierten Herz-Kreislaufstillstandes aus anderer primärer Ursache, z. B. aufgrund primärer Herzrhythmusstörung oder einer Lungenarterienembolie. Die dokumentierten Aussagen und Befunde legten einen plötzlichen Herztod, einen Myokardinfarkt und/oder Herzrhythmusstörungen, als wahrscheinlichste Ursache des Herz-Kreislaufstillstandes nahe. Eine Obduktion oder einer Koronarangiografie hätte im Nachhinein auch nicht mit Sicherheit klären können, ob der Herz-Kreislaufstillstand aus anderer Ursache mit nachfolgendem sekundärem Myokardinfarkt bzw. Herzrhythmusstörungen aufgetreten ist. Unter der Annahme eines Myokardinfarkts sei die Situation vor Gericht als äußeres Ereignis zu werten, da psychische Belastungen eine wesentliche Teilursache bei der Infarktentstehung sein können, nahezu immer liege in diesen Fällen bereits eine Koronarsklerose vor. In den allermeisten Fällen komme es zu einem Myokardinfarkt durch Ruptur einer artherosklerotischen Wandveränderung mit Thrombusbildung, in selteneren Fällen durch entzündliche Gefäßerkrankungen, Embolien oder durch Spasmen bzw. Kontraktionen der koronaren Gefäße. Ob bei dem Versicherten eine hochgradige Veränderung der Herzkranzgefäße vorlag, sei nicht bekannt. Es liege nur der Befund der Herzkatheteruntersuchung mit der Diagnose einer 2-Gefäß-Erkrankung ohne Notwendigkeit einer Intervention vor. Die beschriebenen Umstände legten eine außergewöhnliche psychische Belastung des Versicherten nahe, wobei der Grad der Belastung nicht weiter objektiviert werden könne. Die psychische Belastung bei der Gerichtsverhandlung könnte eine rechtlich wesentliche Ursache darstellen, sofern ein Myokardinfarkt als primäres Ereignis zugrunde gelegt werde. Das Ereignis könne als rechtlich wesentliche Ursache für den Tod des Versicherten angesehen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Belastbarkeit des Versicherten sei bereits vor der Verhandlung so weit herabgesetzt gewesen, dass der Herztod jederzeit hätte eintreten können. Der Versicherte sei nur unter einer intensiven Therapie belastbar gewesen. Die Gerichtsverhandlung habe außerdem keine außergewöhnliche, das betriebsübliche Maß überschreitende akute Stresssituation dargestellt. In dem vor dem Bundessozialgericht verhandelten vergleichbaren Fall sei es um Ansprüche in einer Größenordnung gegangen, die für den Betrieb des dortigen Klägers von existenzieller Bedeutung gewesen seien. Vorliegend fehle es an einer besonderen beruflichen Betroffenheit, denn der Versicherte habe das Vergleichsangebot des beklagten A, über 22.000 DM von der streitigen Forderung in Höhe von 25.593,430 DM zu bezahlen, ausgeschlagen. Außerdem sei die Verhandlung zeitweise zwar lebhaft, aber nach der Verhandlungspause wieder in ruhiger Atmosphäre verlaufen.
Die Klägerin hat am 08.01.2004 Untätigkeitsklage (S 4 U 30/04) beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, das Verfahren aber nach Erlass des Widerspruchsbescheids am 04.02.2004 für erledigt erklärt. Am 13.02.2004 hat die Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids Klage erhoben mit der Begründung, ihr Ehemann sei nach seinem Herzinfarkts 1996 den Belastung des alltäglichen Lebens gewachsen gewesen, wie sich aus den beigezogenen ärztlichen Befundberichten ergebe. Dem Gutachten vom PD Dr. L. könne entnommen werden, dass mit Wahrscheinlichkeit die mit der Gerichtsverhandlung verbundene Aufregung als Ursache des Herztod anzusehen sei. Es komme nicht darauf an, ob aus Sicht eines Außenstehenden die psychische Anspannung "gerechtfertigt" gewesen sei, sondern abzustellen sei auf das tatsächliche, subjektive Empfinden und Verhalten des Versicherten im konkreten Fall.
Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass der Versicherte auch nach 1996 noch Beschwerden gehabt habe. Im beigezogenen Arztbrief von Dr. S. vom 25.11.1999 werde wegen des erweiterten Vorhofs des Versicherten darauf verwiesen, dass es in Zukunft zum Vorhofsflimmern kommen werde.
Mit Urteil vom 25.07.2005 hat das SG Klage abgewiesen. Es stehe außer Zweifel, dass der Versicherte bei der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in Tübingen unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Die bei einen Versicherungsfall durch Unfall erforderliche äußere Einwirkung könne auch durch eine geistig-seelische Einwirkung in einem engen begrenzten Zeitraum erfolgen. Ausschlaggebend für die Bewertung eines äußeren Ereignisses sei, dass die Terminswahrnehmung beim Versicherten eine psychische Anspannung hervorgerufen habe, diese Belastungssituation sei jedoch nicht die rechtlich wesentliche Ursache für den Herzinfarkt mit dem nachfolgenden Tod gewesen. Der Zusammenhang scheitere schon daher, weil der Eintritt eines primären Myokardinfarkts nicht mit Sicherheit belegt werden könne. Auch wenn ein primärer Myokardinfarkt unterstellt werde, sei ein wesentlicher Zusammenhang nicht wahrscheinlich. Neben der psychischen Belastung durch Teilnahme am Termin zur mündlichen Verhandlung sei die unstreitig seit 1996 vorliegende Vorerkrankung mit dem erlittenen Myokardinfarkt zu berücksichtigen. Gegen den Zusammenhang der psychischen Belastung spreche zunächst, dass das unfallbringende Ereignis nicht schwerwiegend genug gewesen sei, da eine extreme psychische Überforderung nicht vorgelegen habe. Der Rechtsstreit sei für den Versicherten nicht von existenzieller Bedeutung gewesen. Die Klägerin habe im Termin ausgeführt, die Zahlungsverweigerung von Kunden sei ein häufiges Problem, weshalb vor diesem Hintergrund auch der Prozess keine ungewöhnlichen Belastung dargestellt habe.
Gegen das der Klägerin am 30.08.2005 zugestellte Urteil hat sie am 28.09.2005 Berufung eingelegt und zur Begründung ergänzend ausgeführt, entgegen der Annahme des SG habe der Versicherte in seinem gesamten Geschäftsleben einschließlich des hier in Frage stehende Prozesses zwei oder drei Rechtsstreitigkeiten geführt. Der Ein-Mann-Betrieb des Versicherten in einer kleinen Landgemeinde habe im Wesentlichen nur örtliche Auftraggeber gehabt, daher sei die Zahlungsverweigerung gegenüber Handwerkern dort ein seltener Vorgang. Zur Verdeutlichung, dass der Versicherte sich in die Sache hinein gesteigert habe, werde die Aktennotizen des zwischenzeitlich ebenfalls verstorbenen früheren Bevollmächtigten vom 19./25.06.2001 vorgelegt. Eine wesentliche Rolle habe sicherlich gespielt, dass der Prozessgegner A mit der Klägerin verwandt gewesen und selbst längere Zeit kameradschaftlich mit dem Versicherten verkehrt sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.07.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 06.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.01.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Ereignis vom 19.01.2001 als Arbeitsunfall und den Tod des Ehemanns als Unfallfolge festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf das angefochtene Urteil. Der Eintritt eines primären Myokardinfarkt sei nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Dies sei jedoch die Grundvoraussetzung für einen Zusammenhang zwischen Herzinfarkt und der behaupteten beruflichen Belastung. Die Folgen der Beweislosigkeit habe die Klägerin zu tragen.
Der Senat hat PD Dr. L. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt und dessen ergänzende gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage vom 23.03.2006 eingeholt. Danach lasse sich die Ursache des Herz-Kreislaufstillstandes nicht mit Sicherheit belegen. Als Ursache des naheliegenden plötzlichen Herztodes komme gleichermaßen ein primärer Myokardinfarkt mit sekundärer Herzrhythmusstörungen oder eine primäre Herzrhythmusstörung mit sekundärem Myokardinfarkt in Betracht. Die Auswertung der beigezogenen Arztunterlagen ergebe lediglich zwei Phasen mit Herzrhythmusstörungen, jeweils in direkter Verbindung mit den 1996 und 2001 durchgemachten Herzinfarkten. Hinweise auf eine in diesem Zeitraum bestehende primäre Herzrhythmusstörung lägen nicht vor. Anstrengende körperliche Belastung und akuter mentaler Stress stellten wichtige Auslöser für einen plötzlichen Herztod dar, eine Stress-vermittelte Auslösung lebensbedrohlicher ventrikulärer Arrhythmien sei beschrieben. Weiterhin werde angenommen, dass akuter psychologischer Stress zur Ruptur von Koronar-Plaques mit nachfolgender koronarer Arterienthrombose führe und auch die Schwelle für lebensbedrohliche Arrhythmien sowohl direkt als auch indirekt senken könne. Zusammenfassend habe die psychische Belastung bei der Gerichtsverhandlung eine rechtlich wesentliche Ursache darstellen können, sofern ein Myokardinfarkt oder eine lebensbedrohliche Arrhythmie als primäres Ereignis zugrunde gelegt werden könne. Vorerkrankungen oder sonstige Hinweise, die einen Lungenarterienembolie nicht nur als theoretische Möglichkeit erscheinen lassen, seien den Unterlagen nicht zu entnehmen.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akte des Landgerichts Tübingen und die Akten des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen sowie auf die beim Senat angefallene Akte wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten verletzen die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten nicht in ihren Rechten. Es besteht kein Anspruch auf die begehrte Feststellung eines Versicherungsfalles und des Todes als Unfallfolge.
Das Sozialgericht hat die Rechtsgrundlagen und Grundsätze zur Feststellung eines Arbeitsunfalls zutreffend dargelegt und auf den vorliegenden Fall einer geltend gemachten äußeren Einwirkung durch psychische Belastung rechtsfehlerfrei angewandt. Der Senat verweist nach eigener Prüfung insoweit auf die Ausführungen des Sozialgerichts (Seite 5 und 6 des Urteils ; § 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend verweist der Senat darauf, dass für die Beurteilung der psychischen Belastungssituation nicht auf ein bestimmtes schweres Ausmaß der Stresseinwirkung von außen als objektive Belastung abzustellen ist, sondern es entsprechend den allgemeinen Grundsätzen bei der Kausalitätsbeurteilung auf die subjektive individuelle Stressreaktion als solche ankommt (BSG, Urteil vom 04.12.1991 – 2 RU 14/91 - veröffentlicht in Juris -; Urteil vom 18.03.1997, SozR 3-2200 § 539 Nr. 39). Die Grundlagen der Ursachenbeurteilung, nämlich die versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung, müssen mit einem der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.).
Ebenso wie das Sozialgericht kann der Senat anhand der vorgetragenen Anknüpfungstatsachen keine Hinweise auf eine den Versicherten besonders treffende Belastungssituation erkennen. Eine in Dauer und Ausmaß einem Unfallgeschehen gleichkommende Einwirkung ist nicht erwiesen.
Zeitlich begrenzte Einwirkungen vor dem Herz-Kreislaufstillstand des Versicherten, die, um das Merkmal eines plötzlichen Ereignisses eines Unfalls zu rechtfertigen, im Zeitrahmen einer üblichen Arbeitsschicht von etwa acht Stunden aufgetreten sind (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.1997 a.a.O.; BSGE 24,2 116), waren die ihm unvertraute Prozesssituation, in der es nach dem von der Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgelegten Zeitungsartikel "zeitweise lebhaft, nach der Pause aber wieder in ruhiger Atmosphäre" hergegangen ist. Gänzlich unvertraut war dem Versicherten jedoch der Ablauf eines Prozesses nicht, da er zumindest einen vergleichbaren Rechtsstreit bereits vor diesem Prozess geführt hatte. Außerdem war jetzt der Prozess, anders als der vorherige, für ihn bis dahin günstig verlaufen, da der Prozessgegner A zunächst 15.000 DM anerkannt und schließlich ein Vergleichsangebot über 22.000 DM abgegeben hatte. Vor diesem Hintergrund ist dem Vorbringen der Klägerin nicht mit der für eine richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu entnehmen, inwieweit über eine normale Anspannung hinausgehender psychischer Stress den Versicherten erfasst hatte. Die von der Klägerin berichtete Erregung und das lautstarke Schimpfen des Ehemannes waren Tage vor der Gerichtsverhandlung aufgefallen, als er von dem Anerkenntnis und dem weitergehenden Vergleichsangebot des A noch keine Kenntnis hatte. Die Klägerin berichtet selbst, dass ihr Ehemann am Vortag früher von der Arbeit nach Hause gekommen ist, aber noch etwas für den Sohn erledigt hat, was den früheren Feierabend ebenso erklären kann. Auch das frühe Schlafengehen ist kein Hinweis auf eine besondere Stresssituationen, zumal über einen gestörten Nachtschlaf nichts berichtet wird. Bei lebensnaher Betrachtung kann das frühe Zu-Bett-gehen auch seinen Grund darin gehabt haben, dass der Versicherte am nächsten Tag ausgeruht dem Prozess folgen wollte. Merkmale für eine vegetative Reaktion, wie Blässe oder Gesichtsrötung, Schweißausbruch, Zittern, brüchige Stimme etc., wie sie einzeln oder in verschiedener Kombination miteinander unter psychischem Stress auftreten können, sind für den Tag der mündlichen Verhandlung weder von der Klägerin noch vom früheren Bevollmächtigten der Klägerin, der im zivilgerichtlichen Verfahren dem Versicherten beistand, beschrieben worden. Auch aus dem Sitzungsprotokoll der beigezogenen Landgerichtsakte ergeben sich keine entsprechende Hinweise, dass vor dem Kollaps des Versicherten die Sitzung wegen einer besondere Erregung der Prozessbeteiligten und insbesondere des klagenden Versicherten unterbrochen werden musste. Bei dieser Ausgangslage ist eine psychische Stresssituation nicht hinreichend sicher belegt.
Auch die den finalen Kausalverlauf auslösende Gesundheitsstörung, die als der dem Unfallbegriff immanente Erstschaden durch das Unfallereignis entstanden sein muss (vgl. BSG Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 6/04 R - m.w.N. - veröffentlicht in Juris), ist nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung des Senats nachgewiesen.
In der vom Senat eingeholten ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme von PD Dr. L.wird zwar abweichend zu seinem für die Beklagten erstatteten Gutachten ausgeführt, akuter mentaler Stress könne nicht nur einen primären Myokardinfarkt, sondern auch primäre Herzrhythmusstörungen auslösen.
Für den zuerst angenommenen Kausalverlauf wird aber von PD Dr. L. vorausgesetzt, dass die stressbedingte Auslösung eines primären Myokardinfarkts mit einer entsprechenden atherosklerotischen Gefäßwandveränderung verbunden ist. Die stressunterstützte Ablösung eines Plaques mit der Folge einer Thrombose setzt eine entsprechende Gefäßveränderung voraus. Ob der 1996 diagnostizierte Myokardinfarkt auf solchen Gefäßwandveränderungen beruhte bzw. sich in der Zeit danach solche Wandveränderungen entwickelt haben, ist den beigezogenen ärztlichen Unterlagen nach PD Dr. L. nicht zu entnehmen. Die Zwei-Gefäß-Koronarherzerkrankung ist nach der medizinische Einschätzung von PD Dr. L. keine solche hochgradige Veränderung gewesen, da die Notwendigkeit einer Intervention auf Grund der Herzkatheter-Untersuchung im März 1996 nicht gesehen worden war. Vielmehr war der Versicherte unter der medikamentösen Einstellung weitgehend beschwerdefrei, wie die im Tatbestand dargestellten Belastungs-EKGs von 1997 und 1999 ergeben haben. Nach PD Dr. L. können Myokardinfarkte auch durch entzündliche Gefäßerkrankungen, Embolien oder durch Spasmen bzw. Kontraktionen der koronaren Gefäße hervorgerufen werden, was keine Gefäßwandveränderungen in dem beschriebenen Umfang voraussetzt. Ein Obduktionsbefund zu etwaigen Wandveränderungen liegt nicht vor.
Auch für den von PD Dr. L. zuletzt beschriebenen Kausalverlauf einer stressbedingten primären Herzrhythmusstörung kann der Senat auf Grund der vorliegenden Anknüpfungstatsachen keine sichere Überzeugung gewinnen. Vorbestehende Herzrhythmusstörungen sind nach PD Dr. L. nicht dokumentiert. Selbst unter körperlicher Belastung sind keine Rhythmusstörungen aufgetreten. In der konkreten Situation am 19.01.2001 war der Versicherte auch keiner körperlichen Belastung ausgesetzt, die möglicherweise eine besondere Anfälligkeit für stressbedingte Herzrhythmusstörungen begründet hätte. Nach PD Dr. L. sind andere Abläufe, die zu einem Herz-Kreislaufstillstand führen, ebenso denkbar. Die von ihm zunächst in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten angesprochene Lungenarterienembolie ist jedoch nach seiner ergänzenden Äußerung nur eine theoretische Möglichkeit, Hinweise hierfür enthalten die beigezogenen Arztunterlagen nicht. Andererseits betont PD Dr. L. wiederum, dass auch aus anderen Ursachen ein Herz-Kreislaufstillstand mit sekundärem Myokardinfarkt bzw. sekundären Herzrhythmusstörungen auftreten könne bzw. ein primärer Myokardinfarkt auf stressunabhängigen Faktoren, wie oben beschrieben, beruhen kann.
Fehlt es bereits an dem Nachweis der Merkmale eines versicherten Unfalls, nämlich der äußeren Einwirkung und des hierauf beruhenden Erstschadens, wofür die Klägerin die objektive Beweislast trägt, kommt es auf die Frage nicht mehr an, wie stark die Vorerkrankung des Versicherten ausgeprägt war und ob sie die rechtlich alleinige wesentliche Ursache für dessen eingetretenen plötzlichen Herztod gewesen ist.
Bei dieser Ausgangslage war auch nicht zu entscheiden, ob durch unfallbedingte Zusammenhänge eine entschädigungsrelevante Lebenszeitverkürzung eingetreten ist (vgl. SozR 2200 § 589 Nr. 10).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Ereignisses als Versicherungsfall, bei dem der Ehemann der Klägerin einen Herzinfarkt erlitten hat.
Der Ehemann der Klägerin (Versicherte) war als selbstständig Tätiger mit einem Heizungs- und Sanitärunternehmen bei der Beklagten unternehmerversichert. Seit dem Jahr 2000 führte er wegen einer Werklohnforderung gegen den Kunden A. (A) in Höhe von 25.000 DM einen Rechtsstreit beim Landgericht Tübingen (Aktenzeichen 3 O 346/2000). Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.01.2001 war der Versicherte mit dem Bevollmächtigten der Klägerin im Widerspruchsverfahren, der auch den Versicherten im Zivilprozess vertrat, beim Landgericht erschienen. Nachdem A im Termin einen Betrag in Höhe von 14.539,61 DM nebst Zinsen der streitigen Forderung anerkannt hatte, wurden Vergleichsgespräche geführt. Der Versicherte lehnte das Angebot der Beklagtenseite, insgesamt 22.000 DM zu bezahlen, ab. Als daraufhin in die Beweisaufnahme durch Vernehmung der geladenen Zeugin zur Person eingetreten wurde, verlor der Versicherte das Bewusstsein.
Der gerufene Notarzt diagnostizierte Kammerflimmern und Herz-Kreislaufstillstand. Der Versicherte wurde nach Reanimation in die Medizinische Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums T. eingeliefert, wo er unter der Diagnose eines akuten Myokardinfarkts, Kammerflimmern, eines appallischen Syndroms bei Verdacht auf hypoxischen Hirnschaden und 2-Gefäß-Koronarherzerkrankung stationär behandelt wurde und, ohne das Bewusstsein wieder zu erlangen, am 12.02.2001 verstarb (Arztbericht des Klinikums Tübingen vom 15.02.2001).
Vom 15.03. bis 01.04.1996 war der Versicherte schon einmal in der Medizinische Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums T. wegen eines bereits am 15.03.1996 erlittenen Myokardinfarkts stationär behandelt worden (Arztbericht des Klinikums T. vom 02.04.1996). Anschließend war der Versicherte vom 17.04. bis 15.05.1996 zur Rehabilitation im Rehazentrum B. W., aus deren Behandlung er als arbeitsfähig für seine frühere Tätigkeit als Mechanikermeister für Gas- und Wassertechnik nach Einhaltung einer noch weiteren kurzen Rekonvaleszenszeit entlassen worden war (Entlassungsbericht vom 15.05.1996).
Die Klägerin zeigte der Beklagten im Februar 2001 das Ereignis vom 19.01.2001 als Arbeitsunfall an. Mit Bescheid vom 06.02.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab, weil es sich bei dem Herzinfarkt nicht um einen Versicherungsfall handele. Ein Unfall sei ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das einen Körperschaden verursache. Vorliegend fehle es an einem von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis.
Die Klägerin legte hiergegen am 02.03.2001 Widerspruch ein und machte geltend, auch eine schwere psychische Beeinträchtigung könne als Einwirkung von außen im Sinne des Unfallversicherungsrechts qualifiziert werden. Um eine solche geistig-seelische Einwirkung in einem eng begrenzten Zeitraum habe es sich am 19.01.2001 gehandelt. Ihr Ehemann sei, je näher der Termin gekommen sei, sehr unruhig geworden und habe erklärt, er gebe dieses Mal nicht klein bei, wie bei einem früheren Rechtsstreit. Er habe auch zunehmend in Bezug auf den Prozess erregt und laut gesprochen und nicht mit Kraftausdrücken gespart, zumal er zu A früher ein enges Verhältnis gehabt habe. Sie hätten vor 10 Jahren beide einer Gruppe angehört, die sich sonntags immer getroffen habe. Ihr Ehemann habe auch völlig Unbeteiligten an seinem Geburtstag drei Tage vorher gegenüber geäußert, die Handwerker seien immer die Dummen, diesmal sei es aber anders. Am Vorabend sei er schon gegen 17:00 Uhr aus der Werkstatt nach Hause gekommen, was noch nie vorgekommen sei. Auch sei er entgegen seiner sonstigen Gewohnheit schon gegen 20:00 Uhr zu Bett gegangen. Am Terminstag habe er gegen 7:15 Uhr das Haus verlassen, obgleich der Termin erst um 8:30 Uhr bestimmt gewesen sei und er auch noch später hätte gehen können. Dies zeige, zumal er von der Begründetheit seiner Forderung überzeugt gewesen sei, die besondere psychische Anspannung ihres Ehemannes.
Die Beklagte hat daraufhin Arztunterlagen beigezogen, insbesondere hinsichtlich des bereits 1996 erlittenen Herzinfarkts des Versicherten. Dr. K. teilte unter Bezugnahme auf ein dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin übersandtes Schreiben vom 09.06.2001 mit, den Versicherten seit Mai 1991 behandelt zu haben. Die Angiographie habe eine Einengung der Herzkranzgefäße ergeben, unter intensiver Therapie sei er aber belastbar für seinen Beruf als selbständiger Handwerker gewesen (Schreiben von Dr. K. vom 28.09.2002). Der Kardiologe Dr. S. erhob bei den von ihm durchgeführten Belastungs-EKGs im Juni 1997 und in November 1999 keine eindeutigen pathologischen Endstreckenveränderungen, keine Angina pectoris, keine Rhythmusstörungen und keine Dyspnoe (Arztbriefe vom 01.07.1997 und 25.11.1999).
In dem von der Beklagten eingeholten internistischen Gutachten vom 27.01.2003 kam Privatdozent (PD) Dr. L. zu dem Ergebnis, die primäre Ursache des Herz-Kreislauf-Stillstandes des Versicherten lasse sich nicht mit Sicherheit belegen. Am 19.01.2001 habe der Versicherte einen akuten Herz-Kreislaufstillstand mit Notwendigkeit der Reanimation erlitten, außerdem habe ein ausgedehnter hypoxischer Hirnschaden und eine disseminierte intravasale Gerinnungsstörung vorgelegen. Im Hinblick auf die Erstdiagnose einer koronaren Herzerkrankung von 1996 bestehe der Verdacht eines primären posterioren Myokardinfarkts am 19.01.2001, theoretisch denkbar sei auch ein sekundärer Myokardinfarkt als Folge des protrahierten Herz-Kreislaufstillstandes aus anderer primärer Ursache, z. B. aufgrund primärer Herzrhythmusstörung oder einer Lungenarterienembolie. Die dokumentierten Aussagen und Befunde legten einen plötzlichen Herztod, einen Myokardinfarkt und/oder Herzrhythmusstörungen, als wahrscheinlichste Ursache des Herz-Kreislaufstillstandes nahe. Eine Obduktion oder einer Koronarangiografie hätte im Nachhinein auch nicht mit Sicherheit klären können, ob der Herz-Kreislaufstillstand aus anderer Ursache mit nachfolgendem sekundärem Myokardinfarkt bzw. Herzrhythmusstörungen aufgetreten ist. Unter der Annahme eines Myokardinfarkts sei die Situation vor Gericht als äußeres Ereignis zu werten, da psychische Belastungen eine wesentliche Teilursache bei der Infarktentstehung sein können, nahezu immer liege in diesen Fällen bereits eine Koronarsklerose vor. In den allermeisten Fällen komme es zu einem Myokardinfarkt durch Ruptur einer artherosklerotischen Wandveränderung mit Thrombusbildung, in selteneren Fällen durch entzündliche Gefäßerkrankungen, Embolien oder durch Spasmen bzw. Kontraktionen der koronaren Gefäße. Ob bei dem Versicherten eine hochgradige Veränderung der Herzkranzgefäße vorlag, sei nicht bekannt. Es liege nur der Befund der Herzkatheteruntersuchung mit der Diagnose einer 2-Gefäß-Erkrankung ohne Notwendigkeit einer Intervention vor. Die beschriebenen Umstände legten eine außergewöhnliche psychische Belastung des Versicherten nahe, wobei der Grad der Belastung nicht weiter objektiviert werden könne. Die psychische Belastung bei der Gerichtsverhandlung könnte eine rechtlich wesentliche Ursache darstellen, sofern ein Myokardinfarkt als primäres Ereignis zugrunde gelegt werde. Das Ereignis könne als rechtlich wesentliche Ursache für den Tod des Versicherten angesehen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Belastbarkeit des Versicherten sei bereits vor der Verhandlung so weit herabgesetzt gewesen, dass der Herztod jederzeit hätte eintreten können. Der Versicherte sei nur unter einer intensiven Therapie belastbar gewesen. Die Gerichtsverhandlung habe außerdem keine außergewöhnliche, das betriebsübliche Maß überschreitende akute Stresssituation dargestellt. In dem vor dem Bundessozialgericht verhandelten vergleichbaren Fall sei es um Ansprüche in einer Größenordnung gegangen, die für den Betrieb des dortigen Klägers von existenzieller Bedeutung gewesen seien. Vorliegend fehle es an einer besonderen beruflichen Betroffenheit, denn der Versicherte habe das Vergleichsangebot des beklagten A, über 22.000 DM von der streitigen Forderung in Höhe von 25.593,430 DM zu bezahlen, ausgeschlagen. Außerdem sei die Verhandlung zeitweise zwar lebhaft, aber nach der Verhandlungspause wieder in ruhiger Atmosphäre verlaufen.
Die Klägerin hat am 08.01.2004 Untätigkeitsklage (S 4 U 30/04) beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, das Verfahren aber nach Erlass des Widerspruchsbescheids am 04.02.2004 für erledigt erklärt. Am 13.02.2004 hat die Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids Klage erhoben mit der Begründung, ihr Ehemann sei nach seinem Herzinfarkts 1996 den Belastung des alltäglichen Lebens gewachsen gewesen, wie sich aus den beigezogenen ärztlichen Befundberichten ergebe. Dem Gutachten vom PD Dr. L. könne entnommen werden, dass mit Wahrscheinlichkeit die mit der Gerichtsverhandlung verbundene Aufregung als Ursache des Herztod anzusehen sei. Es komme nicht darauf an, ob aus Sicht eines Außenstehenden die psychische Anspannung "gerechtfertigt" gewesen sei, sondern abzustellen sei auf das tatsächliche, subjektive Empfinden und Verhalten des Versicherten im konkreten Fall.
Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass der Versicherte auch nach 1996 noch Beschwerden gehabt habe. Im beigezogenen Arztbrief von Dr. S. vom 25.11.1999 werde wegen des erweiterten Vorhofs des Versicherten darauf verwiesen, dass es in Zukunft zum Vorhofsflimmern kommen werde.
Mit Urteil vom 25.07.2005 hat das SG Klage abgewiesen. Es stehe außer Zweifel, dass der Versicherte bei der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht in Tübingen unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Die bei einen Versicherungsfall durch Unfall erforderliche äußere Einwirkung könne auch durch eine geistig-seelische Einwirkung in einem engen begrenzten Zeitraum erfolgen. Ausschlaggebend für die Bewertung eines äußeren Ereignisses sei, dass die Terminswahrnehmung beim Versicherten eine psychische Anspannung hervorgerufen habe, diese Belastungssituation sei jedoch nicht die rechtlich wesentliche Ursache für den Herzinfarkt mit dem nachfolgenden Tod gewesen. Der Zusammenhang scheitere schon daher, weil der Eintritt eines primären Myokardinfarkts nicht mit Sicherheit belegt werden könne. Auch wenn ein primärer Myokardinfarkt unterstellt werde, sei ein wesentlicher Zusammenhang nicht wahrscheinlich. Neben der psychischen Belastung durch Teilnahme am Termin zur mündlichen Verhandlung sei die unstreitig seit 1996 vorliegende Vorerkrankung mit dem erlittenen Myokardinfarkt zu berücksichtigen. Gegen den Zusammenhang der psychischen Belastung spreche zunächst, dass das unfallbringende Ereignis nicht schwerwiegend genug gewesen sei, da eine extreme psychische Überforderung nicht vorgelegen habe. Der Rechtsstreit sei für den Versicherten nicht von existenzieller Bedeutung gewesen. Die Klägerin habe im Termin ausgeführt, die Zahlungsverweigerung von Kunden sei ein häufiges Problem, weshalb vor diesem Hintergrund auch der Prozess keine ungewöhnlichen Belastung dargestellt habe.
Gegen das der Klägerin am 30.08.2005 zugestellte Urteil hat sie am 28.09.2005 Berufung eingelegt und zur Begründung ergänzend ausgeführt, entgegen der Annahme des SG habe der Versicherte in seinem gesamten Geschäftsleben einschließlich des hier in Frage stehende Prozesses zwei oder drei Rechtsstreitigkeiten geführt. Der Ein-Mann-Betrieb des Versicherten in einer kleinen Landgemeinde habe im Wesentlichen nur örtliche Auftraggeber gehabt, daher sei die Zahlungsverweigerung gegenüber Handwerkern dort ein seltener Vorgang. Zur Verdeutlichung, dass der Versicherte sich in die Sache hinein gesteigert habe, werde die Aktennotizen des zwischenzeitlich ebenfalls verstorbenen früheren Bevollmächtigten vom 19./25.06.2001 vorgelegt. Eine wesentliche Rolle habe sicherlich gespielt, dass der Prozessgegner A mit der Klägerin verwandt gewesen und selbst längere Zeit kameradschaftlich mit dem Versicherten verkehrt sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25.07.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 06.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.01.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Ereignis vom 19.01.2001 als Arbeitsunfall und den Tod des Ehemanns als Unfallfolge festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf das angefochtene Urteil. Der Eintritt eines primären Myokardinfarkt sei nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Dies sei jedoch die Grundvoraussetzung für einen Zusammenhang zwischen Herzinfarkt und der behaupteten beruflichen Belastung. Die Folgen der Beweislosigkeit habe die Klägerin zu tragen.
Der Senat hat PD Dr. L. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt und dessen ergänzende gutachterliche Stellungnahme nach Aktenlage vom 23.03.2006 eingeholt. Danach lasse sich die Ursache des Herz-Kreislaufstillstandes nicht mit Sicherheit belegen. Als Ursache des naheliegenden plötzlichen Herztodes komme gleichermaßen ein primärer Myokardinfarkt mit sekundärer Herzrhythmusstörungen oder eine primäre Herzrhythmusstörung mit sekundärem Myokardinfarkt in Betracht. Die Auswertung der beigezogenen Arztunterlagen ergebe lediglich zwei Phasen mit Herzrhythmusstörungen, jeweils in direkter Verbindung mit den 1996 und 2001 durchgemachten Herzinfarkten. Hinweise auf eine in diesem Zeitraum bestehende primäre Herzrhythmusstörung lägen nicht vor. Anstrengende körperliche Belastung und akuter mentaler Stress stellten wichtige Auslöser für einen plötzlichen Herztod dar, eine Stress-vermittelte Auslösung lebensbedrohlicher ventrikulärer Arrhythmien sei beschrieben. Weiterhin werde angenommen, dass akuter psychologischer Stress zur Ruptur von Koronar-Plaques mit nachfolgender koronarer Arterienthrombose führe und auch die Schwelle für lebensbedrohliche Arrhythmien sowohl direkt als auch indirekt senken könne. Zusammenfassend habe die psychische Belastung bei der Gerichtsverhandlung eine rechtlich wesentliche Ursache darstellen können, sofern ein Myokardinfarkt oder eine lebensbedrohliche Arrhythmie als primäres Ereignis zugrunde gelegt werden könne. Vorerkrankungen oder sonstige Hinweise, die einen Lungenarterienembolie nicht nur als theoretische Möglichkeit erscheinen lassen, seien den Unterlagen nicht zu entnehmen.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akte des Landgerichts Tübingen und die Akten des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen sowie auf die beim Senat angefallene Akte wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten verletzen die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten nicht in ihren Rechten. Es besteht kein Anspruch auf die begehrte Feststellung eines Versicherungsfalles und des Todes als Unfallfolge.
Das Sozialgericht hat die Rechtsgrundlagen und Grundsätze zur Feststellung eines Arbeitsunfalls zutreffend dargelegt und auf den vorliegenden Fall einer geltend gemachten äußeren Einwirkung durch psychische Belastung rechtsfehlerfrei angewandt. Der Senat verweist nach eigener Prüfung insoweit auf die Ausführungen des Sozialgerichts (Seite 5 und 6 des Urteils ; § 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend verweist der Senat darauf, dass für die Beurteilung der psychischen Belastungssituation nicht auf ein bestimmtes schweres Ausmaß der Stresseinwirkung von außen als objektive Belastung abzustellen ist, sondern es entsprechend den allgemeinen Grundsätzen bei der Kausalitätsbeurteilung auf die subjektive individuelle Stressreaktion als solche ankommt (BSG, Urteil vom 04.12.1991 – 2 RU 14/91 - veröffentlicht in Juris -; Urteil vom 18.03.1997, SozR 3-2200 § 539 Nr. 39). Die Grundlagen der Ursachenbeurteilung, nämlich die versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung, müssen mit einem der Gewissheit nahe kommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R - m.w.N.).
Ebenso wie das Sozialgericht kann der Senat anhand der vorgetragenen Anknüpfungstatsachen keine Hinweise auf eine den Versicherten besonders treffende Belastungssituation erkennen. Eine in Dauer und Ausmaß einem Unfallgeschehen gleichkommende Einwirkung ist nicht erwiesen.
Zeitlich begrenzte Einwirkungen vor dem Herz-Kreislaufstillstand des Versicherten, die, um das Merkmal eines plötzlichen Ereignisses eines Unfalls zu rechtfertigen, im Zeitrahmen einer üblichen Arbeitsschicht von etwa acht Stunden aufgetreten sind (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.1997 a.a.O.; BSGE 24,2 116), waren die ihm unvertraute Prozesssituation, in der es nach dem von der Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgelegten Zeitungsartikel "zeitweise lebhaft, nach der Pause aber wieder in ruhiger Atmosphäre" hergegangen ist. Gänzlich unvertraut war dem Versicherten jedoch der Ablauf eines Prozesses nicht, da er zumindest einen vergleichbaren Rechtsstreit bereits vor diesem Prozess geführt hatte. Außerdem war jetzt der Prozess, anders als der vorherige, für ihn bis dahin günstig verlaufen, da der Prozessgegner A zunächst 15.000 DM anerkannt und schließlich ein Vergleichsangebot über 22.000 DM abgegeben hatte. Vor diesem Hintergrund ist dem Vorbringen der Klägerin nicht mit der für eine richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu entnehmen, inwieweit über eine normale Anspannung hinausgehender psychischer Stress den Versicherten erfasst hatte. Die von der Klägerin berichtete Erregung und das lautstarke Schimpfen des Ehemannes waren Tage vor der Gerichtsverhandlung aufgefallen, als er von dem Anerkenntnis und dem weitergehenden Vergleichsangebot des A noch keine Kenntnis hatte. Die Klägerin berichtet selbst, dass ihr Ehemann am Vortag früher von der Arbeit nach Hause gekommen ist, aber noch etwas für den Sohn erledigt hat, was den früheren Feierabend ebenso erklären kann. Auch das frühe Schlafengehen ist kein Hinweis auf eine besondere Stresssituationen, zumal über einen gestörten Nachtschlaf nichts berichtet wird. Bei lebensnaher Betrachtung kann das frühe Zu-Bett-gehen auch seinen Grund darin gehabt haben, dass der Versicherte am nächsten Tag ausgeruht dem Prozess folgen wollte. Merkmale für eine vegetative Reaktion, wie Blässe oder Gesichtsrötung, Schweißausbruch, Zittern, brüchige Stimme etc., wie sie einzeln oder in verschiedener Kombination miteinander unter psychischem Stress auftreten können, sind für den Tag der mündlichen Verhandlung weder von der Klägerin noch vom früheren Bevollmächtigten der Klägerin, der im zivilgerichtlichen Verfahren dem Versicherten beistand, beschrieben worden. Auch aus dem Sitzungsprotokoll der beigezogenen Landgerichtsakte ergeben sich keine entsprechende Hinweise, dass vor dem Kollaps des Versicherten die Sitzung wegen einer besondere Erregung der Prozessbeteiligten und insbesondere des klagenden Versicherten unterbrochen werden musste. Bei dieser Ausgangslage ist eine psychische Stresssituation nicht hinreichend sicher belegt.
Auch die den finalen Kausalverlauf auslösende Gesundheitsstörung, die als der dem Unfallbegriff immanente Erstschaden durch das Unfallereignis entstanden sein muss (vgl. BSG Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 6/04 R - m.w.N. - veröffentlicht in Juris), ist nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung des Senats nachgewiesen.
In der vom Senat eingeholten ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme von PD Dr. L.wird zwar abweichend zu seinem für die Beklagten erstatteten Gutachten ausgeführt, akuter mentaler Stress könne nicht nur einen primären Myokardinfarkt, sondern auch primäre Herzrhythmusstörungen auslösen.
Für den zuerst angenommenen Kausalverlauf wird aber von PD Dr. L. vorausgesetzt, dass die stressbedingte Auslösung eines primären Myokardinfarkts mit einer entsprechenden atherosklerotischen Gefäßwandveränderung verbunden ist. Die stressunterstützte Ablösung eines Plaques mit der Folge einer Thrombose setzt eine entsprechende Gefäßveränderung voraus. Ob der 1996 diagnostizierte Myokardinfarkt auf solchen Gefäßwandveränderungen beruhte bzw. sich in der Zeit danach solche Wandveränderungen entwickelt haben, ist den beigezogenen ärztlichen Unterlagen nach PD Dr. L. nicht zu entnehmen. Die Zwei-Gefäß-Koronarherzerkrankung ist nach der medizinische Einschätzung von PD Dr. L. keine solche hochgradige Veränderung gewesen, da die Notwendigkeit einer Intervention auf Grund der Herzkatheter-Untersuchung im März 1996 nicht gesehen worden war. Vielmehr war der Versicherte unter der medikamentösen Einstellung weitgehend beschwerdefrei, wie die im Tatbestand dargestellten Belastungs-EKGs von 1997 und 1999 ergeben haben. Nach PD Dr. L. können Myokardinfarkte auch durch entzündliche Gefäßerkrankungen, Embolien oder durch Spasmen bzw. Kontraktionen der koronaren Gefäße hervorgerufen werden, was keine Gefäßwandveränderungen in dem beschriebenen Umfang voraussetzt. Ein Obduktionsbefund zu etwaigen Wandveränderungen liegt nicht vor.
Auch für den von PD Dr. L. zuletzt beschriebenen Kausalverlauf einer stressbedingten primären Herzrhythmusstörung kann der Senat auf Grund der vorliegenden Anknüpfungstatsachen keine sichere Überzeugung gewinnen. Vorbestehende Herzrhythmusstörungen sind nach PD Dr. L. nicht dokumentiert. Selbst unter körperlicher Belastung sind keine Rhythmusstörungen aufgetreten. In der konkreten Situation am 19.01.2001 war der Versicherte auch keiner körperlichen Belastung ausgesetzt, die möglicherweise eine besondere Anfälligkeit für stressbedingte Herzrhythmusstörungen begründet hätte. Nach PD Dr. L. sind andere Abläufe, die zu einem Herz-Kreislaufstillstand führen, ebenso denkbar. Die von ihm zunächst in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten angesprochene Lungenarterienembolie ist jedoch nach seiner ergänzenden Äußerung nur eine theoretische Möglichkeit, Hinweise hierfür enthalten die beigezogenen Arztunterlagen nicht. Andererseits betont PD Dr. L. wiederum, dass auch aus anderen Ursachen ein Herz-Kreislaufstillstand mit sekundärem Myokardinfarkt bzw. sekundären Herzrhythmusstörungen auftreten könne bzw. ein primärer Myokardinfarkt auf stressunabhängigen Faktoren, wie oben beschrieben, beruhen kann.
Fehlt es bereits an dem Nachweis der Merkmale eines versicherten Unfalls, nämlich der äußeren Einwirkung und des hierauf beruhenden Erstschadens, wofür die Klägerin die objektive Beweislast trägt, kommt es auf die Frage nicht mehr an, wie stark die Vorerkrankung des Versicherten ausgeprägt war und ob sie die rechtlich alleinige wesentliche Ursache für dessen eingetretenen plötzlichen Herztod gewesen ist.
Bei dieser Ausgangslage war auch nicht zu entscheiden, ob durch unfallbedingte Zusammenhänge eine entschädigungsrelevante Lebenszeitverkürzung eingetreten ist (vgl. SozR 2200 § 589 Nr. 10).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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