Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 11 R 2468/05 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 967/05 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angegriffenen Beitragsbescheids bestehen entsprechend der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte zu öffentlichen Abgaben und Kosten nur, wenn aufgrund der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 17. März 2003 – Az.: L 6 RJ 164/03 ER).
2. Dass die Vollziehung eines Beitragsbescheids eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat, ist vom Pflichtigen durch konkrete Angaben zu belegen.
3. Die Vollziehung eines Beitragsbescheids stellt auch bei ernsthaften Liquiditätsproblemen keine unbillige Härte dar, denn die Beitragslast trifft jeden Beitragspflichtigen unabhängig von seiner Einkommens- und Vermögenslage.
2. Dass die Vollziehung eines Beitragsbescheids eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hat, ist vom Pflichtigen durch konkrete Angaben zu belegen.
3. Die Vollziehung eines Beitragsbescheids stellt auch bei ernsthaften Liquiditätsproblemen keine unbillige Härte dar, denn die Beitragslast trifft jeden Beitragspflichtigen unabhängig von seiner Einkommens- und Vermögenslage.
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 17. November 2005 hinsichtlich der Kostenentscheidung und der Streitwertfestsetzung abgeändert.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das erstinstanzliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren auf jeweils 2.399,75 Euro festgesetzt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin, Betreiberin des einzelkaufmännisch geführten Betriebes "R. Immobilien", begehrt die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Prüfbescheid der Beschwerdegegnerin.
Der Beigeladene zu 2. war in der Zeit vom 1. Januar 1997 bis zum 31. März 1998 als Arbeitslosengeldbezieher bei der Beigeladenen zu 1. pflichtversichert in der Kranken- und Pflegeversicherung. Ab dem 1. April 1998 stand der Beigeladene zu 2. in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Beschwerdeführerin. Da sein Gehalt im Kalenderjahr 1998 über der Jahresarbeitsentgeltgrenze lag, war er ab dem 1. April 1998 privat krankenversichert. Auf den Antrag vom Januar 2001 hin befreite die Beigeladene zu 1. den Beigeladenen zu 2. wegen Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab dem 1. Januar 2001 von der Krankenversicherungspflicht.
Die Beschwerdegegnerin führte am 16. August 2001 eine Betriebsprüfung im Betrieb der Beschwerdeführerin durch. Im Ergebnis dessen forderte die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin mit Prüfbescheid vom 17. August 2001 auf, Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Beigeladenen zu 2. in Höhe von 18.774,00 DM (9.598,99 EUR) nach zu entrichten. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beigeladene zu 2. sei wegen der Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab 1999 nicht mehr versicherungsfrei gewesen. Da bis zum 31. März 1999 kein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt worden sei, habe ab dem 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2000 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestanden.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Beschwerdeführerin wies die Beschwerdegegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2005 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin am 12. Mai 2005 Klage erhoben und am 1. August 2005 einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Sie hat zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, die Beitragsforderungen könnten gemäß § 242 BGB nicht beansprucht werden. Der Anspruch sei verwirkt. Die Beigeladene zu 1. habe durch die Sozialversicherungsmitteilungen von dem Einkommen der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin Kenntnis gehabt und dennoch keine Beitragsansprüche geltend gemacht. Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass Ansprüche nicht mehr geltend gemacht würden. Durch die verspätete Geltendmachung entstehe ihr ein unzumutbarer Nachteil. Die Nachforderung der Beschwerdegegnerin führe außerdem zu einer offenkundigen Störung des versicherungsrechtlichen Gegenleistungsäquivalenzprinzips. Die Beigeladene zu 1. erhalte Beiträge, ohne jemals ein reales Versicherungsrisiko getragen zu haben. Durch die Nachforderung für einen zurückliegenden Zeitraum, in welchem der Beigeladene zu 2. privat kranken- und pflegeversichert gewesen sei, sei keinerlei Risiko bei der Beigeladenen zu 1. entstanden. Die Wechselbeziehung zwischen Beitragsanspruch des Krankenversicherungsträgers und Leistungsanspruch des Versicherten im Sinne eines Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips sei offensichtlich gestört, wenn der Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis eine einseitige Rechtsposition in Gestalt von Beitragsansprüchen gegen den Versicherten ableite, ohne dafür diesem gegenüber selbst das Risiko einer möglichen Gewährung von Versicherungsschutz durch Gewährung von Sozialleistungen zu tragen. Erschwerend komme hinzu, dass sie nicht nur nachträglich in vollem Umfang mit den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung belastet werde, sondern zusätzlich einen Zuschuss zur privaten Versicherung des Arbeitnehmers geleistet habe. Wenn schon eine Krankenkasse unter Berufung des Sachleistungsprinzips Leistungen gegenüber einem Versicherten ablehnen könne, so müsse dies erst Recht auch im umgekehrten Fall gelten. Es könne nicht sein, dass sie verpflichtet sei, zugunsten der Beigeladenen zu 1. Beiträge zu zahlen, ohne dass diese irgendein Versicherungsrisiko trage. Auch eine Rückabwicklung des privaten Krankenversicherungsverhältnisses sei nicht möglich, da – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die private Krankenversicherung aufgrund der gezahlten Prämien Leistungen erbracht habe – trotz eines gültigen Versicherungsvertrages Versicherungsleistungen zurückgewährt werden müssten. Zudem habe sie zur privaten Krankenversicherung des Beigeladenen zu 2. keinerlei Rechtsbeziehungen, weshalb auch eine Anspruchsgrundlage auf Rückabwicklung des Privatversicherungsverhältnisses zu ihren Gunsten nicht bestehe. Die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Bescheid sei deshalb rechtswidrig, gefährde daneben ihre Existenz und sei auch in Bezug auf die Säumniszuschläge unbillig. Folge der Vollstreckung wäre die zwangsläufige Insolvenz, da sie solch hohe Beiträge nicht tragen könne.
Das Sozialgericht hat die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Beschluss vom 17. November 2005 abgelehnt, der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Streitwert auf 4.799,50 Euro festgesetzt. Der angefochtene Prüfbescheid sei offensichtlich rechtmäßig. Die mit dem Prüfbescheid festgestellten Beitragsansprüche seien weder verjährt noch liege eine Störung des Beitrags- und Äquivalenzprinzips vor. Eine weitere Interessenabwägung sei nicht erforderlich. Der Streitwert werde wegen des vorläufigen Charakters des Rechtsschutzbegehrens auf die Hälfte des Betrages der Beitragsforderung festgesetzt.
Mit ihrer Beschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, das Sozialgericht sei von einer offenkundigen Störung des Äquivalenzprinzips ausgegangen, habe diese jedoch als hinnehmbar angesehen, wenn dem Versicherten ein vorwerfbares Verhalten vorgehalten werden könne. Dies sei jedoch sachfremd. Das Sozialgericht habe sich zudem nicht mit dem langen Zeitablauf auseinandergesetzt und auch die die Interessen der Beteiligten nicht gegeneinander abgewogen, sondern einseitig das Interesse des Sozialversicherungsträgers bevorzugt.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 17. November 2005 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: S 11 R 1367/05) gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 17. August 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2005 anzuordnen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf ihren Vortrag in der ersten Instanz. Die Beigeladenen haben sich zur Beschwerde nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 22. Dezember 2005) und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Dieser Fall ist hier gegeben, denn die aufschiebende Wirkung ist nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfallen, weil der Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 17. August 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2005 die Beitragspflicht und –höhe zur gesetzlichen Krankenversicherung und Sozialen Pflegeversicherung feststellt sowie die Beschwerdeführerin zur entsprechenden Zahlung verpflichtet.
Das Gericht entscheidet bei dem Antrag nach § 86 b Abs. 1 SGG nach pflichtgemäßem Ermessen und auf Grund einer Interessenabwägung. Dabei sind im Rahmen einer summarischen Prüfung die öffentlichen und privaten Interessen und die Sach- und Rechtslage in der Hauptsache zu berücksichtigen. Auch hat das Gericht unter anderem die Erfolgsaussichten der Klage zu prüfen (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Oktober 2005, § 80 Rdnr. 252).
Bei der Ermessensausübung überwiegt unter Abwägung der wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten das Vollziehungsinteresse der Beschwerdegegnerin. Sie vertritt das Interesse der Versichertengemeinschaft an einem gesicherten und zeitnah zu realisierendem Beitragsaufkommen, dessen Fälligkeit sich konsequent nicht aus einem gesonderten Verwaltungsakt sondern aus dem Gesetz oder diesem entsprechenden Satzungsregeln (vgl. § 240 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)) ergibt. Der Gesetzgeber hat (wie bei der Erhebung öffentlicher Abgaben und Kosten in § 80 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)) durch den ausdrücklichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug höher eingeschätzt als das Privatinteresse an der vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt nach § 86a Abs. 3 S. 2 SGG nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids in Betracht oder wenn die Vollziehung für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zufolge hätte. Nach der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte zu öffentlichen Abgaben und Kosten bestehen entsprechende Zweifel nur, wenn aufgrund der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. Thüringer OVG in ThürVBl. 1998, 184, 185 m.w.N.). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat für die Fälle des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG angeschlossen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. März 2003 – Az.: L 6 RJ 164/03 ER). Gründe für eine Änderung sind nicht ersichtlich (vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage 2005, § 86a Rdnr. 27).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen nicht. Unstreitig zwischen den Beteiligten ist insoweit, dass die Beschwerdeführerin für die Jahre 1999 und 2000 trotz (wieder eingetretener) Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 2. und fehlender Befreiung die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nicht an die Beschwerdegegnerin abgeführt hat. Diese Beiträge sind – soweit ebenfalls unstreitig – noch nicht verjährt.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Nachforderung der Beiträge auch nicht verwirkt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, denen sich der Senat anschließt, Bezug genommen. Ergänzend ist hinsichtlich des in der Beschwerdebegründung enthaltenen Verweises auf den langen Zeitablauf auszuführen, dass auch hierdurch keine Verwirkung eintritt. Bloßer Zeitablauf begründet regelmäßig keinen Verwirkungstatbestand, da die Versicherten und damit auch die zur Abführung der Versicherungsbeiträge Verpflichteten diesbezüglich durch die Verjährungsvorschriften ausreichend geschützt werden.
Auch eine offenkundige Störung des Beitrags- und Äquivalenzprinzips liegt nicht vor. Eine solche hat auch nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt. Das Sozialgericht geht vielmehr erkennbar nur dann von einer solchen offenkundigen Störung des Beitrags- und Äquivalenzprinzips aus, wenn ein Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis einseitig Rechtspositionen in Gestalt von Beitragsansprüchen ableitet, ohne dafür dem Versicherten gegenüber selbst das Risiko einer möglichen Gewährung von Versicherungsschutz durch die Gewährung von Sozialleistungen zu tragen. Im vorliegenden Fall könne jedoch, so das Sozialgericht, der Versicherte, da er keine Kenntnis von der kraft Gesetzes eingetretenen Versicherungspflicht hatte, nicht beitragspflichtig sein, ohne dass zugleich ein Leistungsanspruch bestehe, weshalb sich der ursprüngliche Sachleistungsanspruch daher in einen auf Geld gerichteten Kostenerstattungsanspruch umwandle. Dem schließt sich der Senat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 4. Oktober 1988 – Az.: 4/11a RK 2/87 sowie Urteil vom 18. Januar 1990 – Az.: 4 RK 4/88, jeweils nach juris) an.
Da mithin keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen, dieser vielmehr offenkundig rechtmäßig ist, bedarf es auch nicht, wie von der Beschwerdeführerin gefordert, einer zusätzlichen Interessenabwägung. In Betracht kommt nach der gesetzlichen Regelung des § 86a Abs. 2 Satz 2 SGG eine Aussetzung der Vollziehung nämlich alternativ nur noch dann, wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Dass die Vollziehung des Beitragsbescheides für die Beschwerdeführerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte in diesem Sinne zur Folge hätte, ist nicht ersichtlich. Es bedarf hierfür insoweit konkreter Angaben des Pflichtigen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86a Rdnr. 27 a.E.). Die Beschwerdeführerin hat ihre aktuelle Vermögenslage (Firmen- und Privatvermögen) - z.B. durch Einreichung von Unterlagen oder Erläuterungen ihres Steuerberaters für 2005 – nicht offen gelegt, sondern lediglich pauschal auf eine ansonsten drohende Insolvenz hingewiesen. Dies genügt zur Glaubhaftmachung einer unbilligen Härte nicht, zumal gemäß § 76 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Möglichkeit der Stundung oder der Ratenzahlung im Vergleichswege besteht. Im Übrigen stellt die Vollziehung des Beitragsbescheides für die Beschwerdeführerin auch im Falle unterstellter ernsthafter Liquiditätsprobleme keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne von § 86 a Abs. 2 Satz 2 SGG dar, denn die Beitragslast trifft jeden Beitragspflichtigen unabhängig von seiner Vermögens- und Einkommenslage.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); der Beschwerdeführerin waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 162 Abs. 1 VwGO) aufzuerlegen, da ihre Beschwerde in der Sache ohne Erfolg geblieben ist.
In Beschwerdeverfahren, auf die § 197a SGG entsprechend anzuwenden ist, ist eine Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Senatsbeschluss vom 8. November 2004 – Az.: L 6 B 21/04 RJ sowie Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, Kommentar, 4. Auflage, Stand: Juni 2003, § 176 Rdnr. 10). § 197a SGG ist anzuwenden, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Die Beschwerdeführerin ist als Arbeitgeberin des Beigeladenen zu 2. ebenso wenig Versicherter im Sinne des § 183 SGG (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 183 Rdnr. 5) wie die Beklagte.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren dagegen nicht der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Dies entsprach nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, da die Beigeladenen weder erfolgreich eigene Anträge gestellt noch sonst das Verfahren wesentlich gefördert haben (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 197a Rdnr. 28f.). Da dies auch für das erstinstanzliche Verfahren gilt und der Beschluss des Sozialgerichts hierzu keine Entscheidung trifft, war die Kostenentscheidung des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses entsprechend abzuändern.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf der analogen Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der ab dem 1. Juli 2004 geltenden Verfassung (vgl. § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG). Danach war der Streitwert, soweit noch in Übereinstimmung mit der Vorinstanz, nach der Höhe des Betrages der nachgeforderten Beiträge (9.598,99 Euro) zu bemessen. Nachdem keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit dem vorliegenden Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen werden könnte, war dieser Betrag unter Berücksichtigung des vorläufigen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens in Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (dort 1. Abschnitt Anmerkung 1.5, vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage 2005, Anhang zu § 164, Rdnr. 14) und in Abweichung von der erstinstanzlichen Entscheidung auf ein Viertel zu reduzieren und mithin auf 2.399,75 Euro festzusetzen. Dementsprechend war auch die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung abzuändern. Die daneben in der Vollstreckungsankündigung geforderten Säumniszuschläge bleiben gemäß § 43 Abs. 1 GKG bei der Wertfestsetzung außer Betracht.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das erstinstanzliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren auf jeweils 2.399,75 Euro festgesetzt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin, Betreiberin des einzelkaufmännisch geführten Betriebes "R. Immobilien", begehrt die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Prüfbescheid der Beschwerdegegnerin.
Der Beigeladene zu 2. war in der Zeit vom 1. Januar 1997 bis zum 31. März 1998 als Arbeitslosengeldbezieher bei der Beigeladenen zu 1. pflichtversichert in der Kranken- und Pflegeversicherung. Ab dem 1. April 1998 stand der Beigeladene zu 2. in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Beschwerdeführerin. Da sein Gehalt im Kalenderjahr 1998 über der Jahresarbeitsentgeltgrenze lag, war er ab dem 1. April 1998 privat krankenversichert. Auf den Antrag vom Januar 2001 hin befreite die Beigeladene zu 1. den Beigeladenen zu 2. wegen Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab dem 1. Januar 2001 von der Krankenversicherungspflicht.
Die Beschwerdegegnerin führte am 16. August 2001 eine Betriebsprüfung im Betrieb der Beschwerdeführerin durch. Im Ergebnis dessen forderte die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführerin mit Prüfbescheid vom 17. August 2001 auf, Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Beigeladenen zu 2. in Höhe von 18.774,00 DM (9.598,99 EUR) nach zu entrichten. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beigeladene zu 2. sei wegen der Erhöhung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ab 1999 nicht mehr versicherungsfrei gewesen. Da bis zum 31. März 1999 kein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt worden sei, habe ab dem 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2000 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestanden.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Beschwerdeführerin wies die Beschwerdegegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 2005 als unbegründet zurück.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin am 12. Mai 2005 Klage erhoben und am 1. August 2005 einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Sie hat zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, die Beitragsforderungen könnten gemäß § 242 BGB nicht beansprucht werden. Der Anspruch sei verwirkt. Die Beigeladene zu 1. habe durch die Sozialversicherungsmitteilungen von dem Einkommen der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin Kenntnis gehabt und dennoch keine Beitragsansprüche geltend gemacht. Sie habe darauf vertrauen dürfen, dass Ansprüche nicht mehr geltend gemacht würden. Durch die verspätete Geltendmachung entstehe ihr ein unzumutbarer Nachteil. Die Nachforderung der Beschwerdegegnerin führe außerdem zu einer offenkundigen Störung des versicherungsrechtlichen Gegenleistungsäquivalenzprinzips. Die Beigeladene zu 1. erhalte Beiträge, ohne jemals ein reales Versicherungsrisiko getragen zu haben. Durch die Nachforderung für einen zurückliegenden Zeitraum, in welchem der Beigeladene zu 2. privat kranken- und pflegeversichert gewesen sei, sei keinerlei Risiko bei der Beigeladenen zu 1. entstanden. Die Wechselbeziehung zwischen Beitragsanspruch des Krankenversicherungsträgers und Leistungsanspruch des Versicherten im Sinne eines Gegenleistungs- und Äquivalenzprinzips sei offensichtlich gestört, wenn der Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis eine einseitige Rechtsposition in Gestalt von Beitragsansprüchen gegen den Versicherten ableite, ohne dafür diesem gegenüber selbst das Risiko einer möglichen Gewährung von Versicherungsschutz durch Gewährung von Sozialleistungen zu tragen. Erschwerend komme hinzu, dass sie nicht nur nachträglich in vollem Umfang mit den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung belastet werde, sondern zusätzlich einen Zuschuss zur privaten Versicherung des Arbeitnehmers geleistet habe. Wenn schon eine Krankenkasse unter Berufung des Sachleistungsprinzips Leistungen gegenüber einem Versicherten ablehnen könne, so müsse dies erst Recht auch im umgekehrten Fall gelten. Es könne nicht sein, dass sie verpflichtet sei, zugunsten der Beigeladenen zu 1. Beiträge zu zahlen, ohne dass diese irgendein Versicherungsrisiko trage. Auch eine Rückabwicklung des privaten Krankenversicherungsverhältnisses sei nicht möglich, da – insbesondere vor dem Hintergrund, dass die private Krankenversicherung aufgrund der gezahlten Prämien Leistungen erbracht habe – trotz eines gültigen Versicherungsvertrages Versicherungsleistungen zurückgewährt werden müssten. Zudem habe sie zur privaten Krankenversicherung des Beigeladenen zu 2. keinerlei Rechtsbeziehungen, weshalb auch eine Anspruchsgrundlage auf Rückabwicklung des Privatversicherungsverhältnisses zu ihren Gunsten nicht bestehe. Die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Bescheid sei deshalb rechtswidrig, gefährde daneben ihre Existenz und sei auch in Bezug auf die Säumniszuschläge unbillig. Folge der Vollstreckung wäre die zwangsläufige Insolvenz, da sie solch hohe Beiträge nicht tragen könne.
Das Sozialgericht hat die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Beschluss vom 17. November 2005 abgelehnt, der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens auferlegt und den Streitwert auf 4.799,50 Euro festgesetzt. Der angefochtene Prüfbescheid sei offensichtlich rechtmäßig. Die mit dem Prüfbescheid festgestellten Beitragsansprüche seien weder verjährt noch liege eine Störung des Beitrags- und Äquivalenzprinzips vor. Eine weitere Interessenabwägung sei nicht erforderlich. Der Streitwert werde wegen des vorläufigen Charakters des Rechtsschutzbegehrens auf die Hälfte des Betrages der Beitragsforderung festgesetzt.
Mit ihrer Beschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, das Sozialgericht sei von einer offenkundigen Störung des Äquivalenzprinzips ausgegangen, habe diese jedoch als hinnehmbar angesehen, wenn dem Versicherten ein vorwerfbares Verhalten vorgehalten werden könne. Dies sei jedoch sachfremd. Das Sozialgericht habe sich zudem nicht mit dem langen Zeitablauf auseinandergesetzt und auch die die Interessen der Beteiligten nicht gegeneinander abgewogen, sondern einseitig das Interesse des Sozialversicherungsträgers bevorzugt.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 17. November 2005 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: S 11 R 1367/05) gegen den Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 17. August 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2005 anzuordnen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf ihren Vortrag in der ersten Instanz. Die Beigeladenen haben sich zur Beschwerde nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 22. Dezember 2005) und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Dieser Fall ist hier gegeben, denn die aufschiebende Wirkung ist nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfallen, weil der Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 17. August 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2005 die Beitragspflicht und –höhe zur gesetzlichen Krankenversicherung und Sozialen Pflegeversicherung feststellt sowie die Beschwerdeführerin zur entsprechenden Zahlung verpflichtet.
Das Gericht entscheidet bei dem Antrag nach § 86 b Abs. 1 SGG nach pflichtgemäßem Ermessen und auf Grund einer Interessenabwägung. Dabei sind im Rahmen einer summarischen Prüfung die öffentlichen und privaten Interessen und die Sach- und Rechtslage in der Hauptsache zu berücksichtigen. Auch hat das Gericht unter anderem die Erfolgsaussichten der Klage zu prüfen (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Oktober 2005, § 80 Rdnr. 252).
Bei der Ermessensausübung überwiegt unter Abwägung der wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten das Vollziehungsinteresse der Beschwerdegegnerin. Sie vertritt das Interesse der Versichertengemeinschaft an einem gesicherten und zeitnah zu realisierendem Beitragsaufkommen, dessen Fälligkeit sich konsequent nicht aus einem gesonderten Verwaltungsakt sondern aus dem Gesetz oder diesem entsprechenden Satzungsregeln (vgl. § 240 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V)) ergibt. Der Gesetzgeber hat (wie bei der Erhebung öffentlicher Abgaben und Kosten in § 80 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)) durch den ausdrücklichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug höher eingeschätzt als das Privatinteresse an der vorläufigen Befreiung von der Leistungspflicht.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt nach § 86a Abs. 3 S. 2 SGG nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheids in Betracht oder wenn die Vollziehung für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zufolge hätte. Nach der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte zu öffentlichen Abgaben und Kosten bestehen entsprechende Zweifel nur, wenn aufgrund der summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. Thüringer OVG in ThürVBl. 1998, 184, 185 m.w.N.). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat für die Fälle des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG angeschlossen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. März 2003 – Az.: L 6 RJ 164/03 ER). Gründe für eine Änderung sind nicht ersichtlich (vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage 2005, § 86a Rdnr. 27).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides bestehen nicht. Unstreitig zwischen den Beteiligten ist insoweit, dass die Beschwerdeführerin für die Jahre 1999 und 2000 trotz (wieder eingetretener) Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 2. und fehlender Befreiung die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nicht an die Beschwerdegegnerin abgeführt hat. Diese Beiträge sind – soweit ebenfalls unstreitig – noch nicht verjährt.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Nachforderung der Beiträge auch nicht verwirkt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, denen sich der Senat anschließt, Bezug genommen. Ergänzend ist hinsichtlich des in der Beschwerdebegründung enthaltenen Verweises auf den langen Zeitablauf auszuführen, dass auch hierdurch keine Verwirkung eintritt. Bloßer Zeitablauf begründet regelmäßig keinen Verwirkungstatbestand, da die Versicherten und damit auch die zur Abführung der Versicherungsbeiträge Verpflichteten diesbezüglich durch die Verjährungsvorschriften ausreichend geschützt werden.
Auch eine offenkundige Störung des Beitrags- und Äquivalenzprinzips liegt nicht vor. Eine solche hat auch nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt. Das Sozialgericht geht vielmehr erkennbar nur dann von einer solchen offenkundigen Störung des Beitrags- und Äquivalenzprinzips aus, wenn ein Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis einseitig Rechtspositionen in Gestalt von Beitragsansprüchen ableitet, ohne dafür dem Versicherten gegenüber selbst das Risiko einer möglichen Gewährung von Versicherungsschutz durch die Gewährung von Sozialleistungen zu tragen. Im vorliegenden Fall könne jedoch, so das Sozialgericht, der Versicherte, da er keine Kenntnis von der kraft Gesetzes eingetretenen Versicherungspflicht hatte, nicht beitragspflichtig sein, ohne dass zugleich ein Leistungsanspruch bestehe, weshalb sich der ursprüngliche Sachleistungsanspruch daher in einen auf Geld gerichteten Kostenerstattungsanspruch umwandle. Dem schließt sich der Senat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 4. Oktober 1988 – Az.: 4/11a RK 2/87 sowie Urteil vom 18. Januar 1990 – Az.: 4 RK 4/88, jeweils nach juris) an.
Da mithin keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen, dieser vielmehr offenkundig rechtmäßig ist, bedarf es auch nicht, wie von der Beschwerdeführerin gefordert, einer zusätzlichen Interessenabwägung. In Betracht kommt nach der gesetzlichen Regelung des § 86a Abs. 2 Satz 2 SGG eine Aussetzung der Vollziehung nämlich alternativ nur noch dann, wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Dass die Vollziehung des Beitragsbescheides für die Beschwerdeführerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte in diesem Sinne zur Folge hätte, ist nicht ersichtlich. Es bedarf hierfür insoweit konkreter Angaben des Pflichtigen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86a Rdnr. 27 a.E.). Die Beschwerdeführerin hat ihre aktuelle Vermögenslage (Firmen- und Privatvermögen) - z.B. durch Einreichung von Unterlagen oder Erläuterungen ihres Steuerberaters für 2005 – nicht offen gelegt, sondern lediglich pauschal auf eine ansonsten drohende Insolvenz hingewiesen. Dies genügt zur Glaubhaftmachung einer unbilligen Härte nicht, zumal gemäß § 76 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Möglichkeit der Stundung oder der Ratenzahlung im Vergleichswege besteht. Im Übrigen stellt die Vollziehung des Beitragsbescheides für die Beschwerdeführerin auch im Falle unterstellter ernsthafter Liquiditätsprobleme keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne von § 86 a Abs. 2 Satz 2 SGG dar, denn die Beitragslast trifft jeden Beitragspflichtigen unabhängig von seiner Vermögens- und Einkommenslage.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO); der Beschwerdeführerin waren die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 162 Abs. 1 VwGO) aufzuerlegen, da ihre Beschwerde in der Sache ohne Erfolg geblieben ist.
In Beschwerdeverfahren, auf die § 197a SGG entsprechend anzuwenden ist, ist eine Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Senatsbeschluss vom 8. November 2004 – Az.: L 6 B 21/04 RJ sowie Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, Kommentar, 4. Auflage, Stand: Juni 2003, § 176 Rdnr. 10). § 197a SGG ist anzuwenden, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Die Beschwerdeführerin ist als Arbeitgeberin des Beigeladenen zu 2. ebenso wenig Versicherter im Sinne des § 183 SGG (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 183 Rdnr. 5) wie die Beklagte.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren dagegen nicht der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Dies entsprach nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, da die Beigeladenen weder erfolgreich eigene Anträge gestellt noch sonst das Verfahren wesentlich gefördert haben (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 197a Rdnr. 28f.). Da dies auch für das erstinstanzliche Verfahren gilt und der Beschluss des Sozialgerichts hierzu keine Entscheidung trifft, war die Kostenentscheidung des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses entsprechend abzuändern.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf der analogen Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der ab dem 1. Juli 2004 geltenden Verfassung (vgl. § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG). Danach war der Streitwert, soweit noch in Übereinstimmung mit der Vorinstanz, nach der Höhe des Betrages der nachgeforderten Beiträge (9.598,99 Euro) zu bemessen. Nachdem keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit dem vorliegenden Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen werden könnte, war dieser Betrag unter Berücksichtigung des vorläufigen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens in Anlehnung an den Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (dort 1. Abschnitt Anmerkung 1.5, vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Auflage 2005, Anhang zu § 164, Rdnr. 14) und in Abweichung von der erstinstanzlichen Entscheidung auf ein Viertel zu reduzieren und mithin auf 2.399,75 Euro festzusetzen. Dementsprechend war auch die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung abzuändern. Die daneben in der Vollstreckungsankündigung geforderten Säumniszuschläge bleiben gemäß § 43 Abs. 1 GKG bei der Wertfestsetzung außer Betracht.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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