Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 3 KR 2069/04
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 551/05 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zu den Voraussetzungen an eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG.
2. Die Abänderung einer Kostenentscheidung der Vorinstanz, die zu Unrecht auf § 193 SGG gestützt wurde, ist bei der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 – Az.: VII ZR 217/02).
2. Die Abänderung einer Kostenentscheidung der Vorinstanz, die zu Unrecht auf § 193 SGG gestützt wurde, ist bei der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht möglich (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 2004 – Az.: VII ZR 217/02).
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. April 2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.649,36 Euro festgesetzt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 9.093,35 DM (4.649,36 EUR), die sie im Zusammenhang mit der Heilbehandlung des bei der Beklagten krankenversicherten J. R. (Versicherter) erbracht hat.
Der Versicherte war als Waldarbeiter beim Stützpunktforstamt E. beschäftigt. Für diesen Arbeitgeber ist die Klägerin der zuständige Unfallversicherungsträger. Laut Unternehmerunfallanzeige vom 10. Juni 1998 rutschte der Versicherte am 4. April 1998 aus und verdrehte sich dabei das rechte Knie.
Mit Schreiben vom 17. Juni 1998 meldete die Klägerin bei der Beklagten ihren Erstattungsanspruch an. In diesem Schreiben heißt es u.a. wie folgt:
"Bisher sind uns insbesondere erstattungsfähige Aufwendungen entstanden für
stationäre Heilbehandlung vom 5.4.98 bis 8.4.98 Heil- und Hilfsmittel Physiotherapie Fahrkosten
Mit weiteren Aufwendungen, wie sie in vergleichbaren Fällen (bei derartigen Gesundheitsschäden) üblich sind, ist zu rechnen."
Die Beklagte bestätigte den Empfang der Anmeldung mit Empfangsbestätigung vom 23. Juni 1998.
Die Klägerin holte im Jahr 1999 ein orthopädisch-traumatologisches Zusammenhangsgutachten von Dr. S. ein. Dieser stellte fest, dass die bei dem Versicherten bereits bestehenden Kniebinnenschäden im rechten Kniegelenk, wahrscheinlich aus einem nicht unfallversicherten Ereignis im Jahre 1988 (Meniskus/Kreuzband) resultierend, erneut symptomatisch geworden seien. Das Ereignis sei aus dieser inneren Ursache heraus erfolgt und unterfalle somit nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Am 11. Mai 2000 rechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von 17.977,68 DM ab. Die Beklagte erstattete einen Teil der Kosten, lehnte aber die Erstattung der Kosten für die stationäre Heilbehandlung vom 11. bis 27. Mai 1998 in Höhe von 9.093,35 DM mit Schreiben vom 4. September 2000 ab, da diese stationäre Heilbehandlung zeitlich vor der Anmeldung des Erstattungsanspruchs gelegen habe.
Am 24. Januar 2001 hat die Klägerin Leistungsklage auf Erstattung der Kosten für die stationäre Heilbehandlung im Mai 1998 erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Erstattungsanspruch sei mit Schreiben vom 17. Juni 1998 hinreichend konkret angemeldet worden. Die Ausschlussfrist habe mit dem Ablauf des Tages, an dem der Versicherte die Leistung in Anspruch genommen habe, mithin am 12. Mai 1998 zu laufen begonnen. Das Schreiben vom 17. Juni 1998 habe zwar nur die stationäre Behandlung im April 1998 konkret benannt, die Benennung der stationären Heilbehandlung im Mai 1998 sei jedoch nicht möglich gewesen, da sie erst mit Schreiben des K.-Krankenhauses S. vom 9. Juni 1998, bei ihr am 18. Juni 1998 eingegangen, erfahren habe, dass der Versicherte erneut stationär behandelt worden sei. Die Zeit der stationären Behandlung liege zwar vor dem Anmeldezeitpunkt des Erstattungsanspruchs, die Kosten seien aber erst nach der Anmeldung des Anspruchs angefallen, denn die Rechnung hierzu sei erst am 18. Juni 1998 bei ihr eingegangen und von ihr am 2. Juli 1998 beglichen worden. Die Anmeldung sei daher durch den Hinweis, dass mit weiteren Aufwendungen zu rechnen sei, erfolgt. Anwendbar sei hier § 111 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), da der Sachverhalt am 1. Juni 2000 abgeschlossen gewesen sei.
Das Sozialgericht Gotha hat die Beklagte mit Urteil vom 26. April 2005 verurteilt, der Klägerin die Aufwendungen in Höhe von 9.093,35 DM (4.649,36 Euro) zu erstatten, die diese im Zusammenhang mit der Heilbehandlung des bei der Beklagten krankenversicherten J. R. erbracht habe. Die Klägerin habe als unzuständige Leistungsträgerin einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen die Beklagte. Dieser sei auch nicht gemäß § 111 SGB X a.F. ausgeschlossen, da die Kosten des betreffenden stationären Krankenhausaufenthalts erst nach der Anmeldung des Erstattungsanspruchs angefallen seien. Indem die Beklagte in der Anmeldung darauf hingewiesen habe, dass mit weiteren Aufwendungen zu rechnen sei, habe sie auch diese Ansprüche angemeldet. Das Urteil enthält im Übrigen eine auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gestützte Kostenentscheidung.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Beklagte, dass das Urteil des Sozialgerichts den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. August 2000 sowie vom 11. November 2003 widerspreche. In der letztgenannten Entscheidung werde ausgeführt, dass der Erstattungsanspruch entstehe, sobald der Träger seine Leistungen tatsächlich erbracht habe und ihm entsprechende Kosten auch tatsächlich entstanden seien. Mit der Kostenentstehung sei nach ihrer auf eine entsprechende Kommentarstelle gestützten Auffassung weder auf die Rechnungslegung noch auf die Bezahlung abzustellen. Auch besitze die Anmeldung von Erstattungsansprüchen keine rückbezügliche Wirkung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. April 2005 zuzulassen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und wiederholt im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Weder hat die Beklagte den – als einzigen denkbaren – Zulassungsgrund der Abweichung von einer Entscheidung des BSG in der nach § 145 Abs. 2, 144 Abs. 2 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gebotenen Weise dargelegt, noch ist ein solcher erkennbar.
Der Begriff des "Abweichens" in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist ebenso wie in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG auszulegen (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 144 Rdnr. 30). Danach liegt eine Divergenz dann vor, wenn die tragfähigen abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrund liegen, nicht übereinstimmen. Der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidung muss also ein Rechtssatz zugrunde liegen, der mit der Rechtsprechung eines Landessozialgerichts oder des Bundessozialgerichts nicht übereinstimmt. Es genügt somit nicht, dass die Entscheidung z.B. lediglich fehlerhaft oder unrichtig ist, weil es nicht den Kriterien entspricht, die ein Landessozialgericht oder das Bundessozialgericht aufgestellt hat oder wenn es einem von diesen aufgestellten Rechtssatz folgen will, diesen aber missversteht oder sonst Vorgaben der obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Rechtssprechung im Einzelfall nicht übernimmt (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 m.w.N.).
In Anwendung dieser Grundsätze bezeichnet die Beklagte in ihrer Beschwerdebegründung eine Abweichung von den Entscheidungen des BSG vom 22. August 2000 (Az.: B 2 U 24/99 R, in SozR 3-1300 § 111 Nr. 9) sowie vom 11. November 2003 (Az.: B 2 U 15/03 R, in SozR 4-1300 § 111 Nr. 1) nicht in der erforderlichen Art und Weise.
So wird hinsichtlich der Entscheidung vom 22. August 2000 bereits kein Rechtssatz benannt, von dem das Sozialgericht abgewichen sein soll. Die pauschale Behauptung, die angefochtene Entscheidung sei mit dieser Entscheidung nicht vereinbar, enthält nicht die Bezeichnung einer Abweichung. Hierfür ist erforderlich, die Aussagen der in Bezug genommenen Entscheidung der tragenden rechtlichen Aussage des Sozialgerichts gegenüber zu stellen (vgl. BSG vom 20. September 2001 – Az.: B 11 AL 135/01 B).
Aber auch in Bezug auf die Entscheidung des BSG vom 11. November 2003 wird keine Divergenz in dem oben bezeichneten Sinne dargelegt. Zwar benennt die Beklagte hier einen Rechtssatz aus der Entscheidung des BSG, führt andererseits jedoch nicht aus, dass das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung von diesem Rechtssatz abgewichen sei. Inhaltlich setzt eine Abweichung nämlich voraus, dass im angefochtenen Urteil die Rechtsprechung des BSG in Frage gestellt wird. Das ist nicht der Fall, wenn die höchstrichterliche Entscheidung lediglich in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall verkannt wird (vgl. BSG vom 20. September 2001 – Az.: B 11 AL 135/01 B). Allein Letzteres ist jedoch dem Beschwerdevorbringen der Beklagten zu entnehmen, wenn sie vorträgt, dass für die Entstehung des Erstattungsanspruchs nicht die Rechnungslegung oder die Bezahlung maßgeblich sei. Insoweit macht sie im Ergebnis nur die inhaltliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend, auf die es im Rahmen der Divergenz aber nicht ankommt.
Eine Infragestellung des Urteils des BSG vom 11. November 2003 seitens des Sozialgerichts liegt jedenfalls nicht vor. Das Urteil der Vorinstanz bezieht sich zur Begründung vielmehr ausdrücklich auf diese Entscheidung – erkennbar in dem Bestreben, die in der Entscheidung enthaltenen allgemeingültigen Aussagen des BSG auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Lediglich der Vollständigkeit halber sei hier angemerkt, dass auch keine Verkennung der Tragweite der genannten BSG-Entscheidung vorliegt: Der streitgegenständliche Erstattungsanspruch ist unzweifelhaft erst nach der Anmeldung entstanden, da der Klägerin die entsprechenden Kosten tatsächlich erst nach dem Anmeldezeitpunkt entstanden sind. Fraglich konnte in diesem Zusammenhang lediglich sein, ob der Erstattungsanspruch bereits inhaltlich hinreichend konkret mit der Anmeldung geltend gemacht wurde. Mit den diesbezüglichen Entscheidungsgründen setzt sich aber die Beklagte nicht auseinander, hätte allerdings auch hiermit eine Divergenz im vorliegenden Falle nicht begründen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Danach waren der Beklagten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, nachdem sie mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. April 2005 unterlegen ist.
In Beschwerdeverfahren, auf die § 197a SGG entsprechend anzuwenden ist, ist eine Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Senatsbeschluss vom 8. November 2004 – Az.: L 6 B 21/04 RJ sowie Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, Kommentar, 4. Auflage, Stand: Juni 2003, § 176 Rdnr. 10). § 197a SGG ist anzuwenden, wenn in einem Rechtszug – wie im vorliegenden Fall – weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf der analogen Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der ab dem 1. Juli 2004 geltenden Verfassung (vgl. § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG). Danach war der Streitwert für das Beschwerdeverfahren nach der Höhe des eingeklagten Betrages, mithin auf 4.649,36 Euro festzusetzen.
Eine entsprechende Abänderung der zu Unrecht auf § 193 SGG gestützten Kostenentscheidung des Sozialgerichts kommt im Falle der – wie hier erfolgten – Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht, da der Senat sich mit dem Rechtsstreit in der Sache nicht befasst hat. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war vielmehr allein die Frage, ob einer der in § 144 Abs. 2 SGG aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. Mai 2004 – Az.: VII ZR 217/02 in NJW 2004, S. 2598).
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4.649,36 Euro festgesetzt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 9.093,35 DM (4.649,36 EUR), die sie im Zusammenhang mit der Heilbehandlung des bei der Beklagten krankenversicherten J. R. (Versicherter) erbracht hat.
Der Versicherte war als Waldarbeiter beim Stützpunktforstamt E. beschäftigt. Für diesen Arbeitgeber ist die Klägerin der zuständige Unfallversicherungsträger. Laut Unternehmerunfallanzeige vom 10. Juni 1998 rutschte der Versicherte am 4. April 1998 aus und verdrehte sich dabei das rechte Knie.
Mit Schreiben vom 17. Juni 1998 meldete die Klägerin bei der Beklagten ihren Erstattungsanspruch an. In diesem Schreiben heißt es u.a. wie folgt:
"Bisher sind uns insbesondere erstattungsfähige Aufwendungen entstanden für
stationäre Heilbehandlung vom 5.4.98 bis 8.4.98 Heil- und Hilfsmittel Physiotherapie Fahrkosten
Mit weiteren Aufwendungen, wie sie in vergleichbaren Fällen (bei derartigen Gesundheitsschäden) üblich sind, ist zu rechnen."
Die Beklagte bestätigte den Empfang der Anmeldung mit Empfangsbestätigung vom 23. Juni 1998.
Die Klägerin holte im Jahr 1999 ein orthopädisch-traumatologisches Zusammenhangsgutachten von Dr. S. ein. Dieser stellte fest, dass die bei dem Versicherten bereits bestehenden Kniebinnenschäden im rechten Kniegelenk, wahrscheinlich aus einem nicht unfallversicherten Ereignis im Jahre 1988 (Meniskus/Kreuzband) resultierend, erneut symptomatisch geworden seien. Das Ereignis sei aus dieser inneren Ursache heraus erfolgt und unterfalle somit nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Am 11. Mai 2000 rechnete die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von 17.977,68 DM ab. Die Beklagte erstattete einen Teil der Kosten, lehnte aber die Erstattung der Kosten für die stationäre Heilbehandlung vom 11. bis 27. Mai 1998 in Höhe von 9.093,35 DM mit Schreiben vom 4. September 2000 ab, da diese stationäre Heilbehandlung zeitlich vor der Anmeldung des Erstattungsanspruchs gelegen habe.
Am 24. Januar 2001 hat die Klägerin Leistungsklage auf Erstattung der Kosten für die stationäre Heilbehandlung im Mai 1998 erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Erstattungsanspruch sei mit Schreiben vom 17. Juni 1998 hinreichend konkret angemeldet worden. Die Ausschlussfrist habe mit dem Ablauf des Tages, an dem der Versicherte die Leistung in Anspruch genommen habe, mithin am 12. Mai 1998 zu laufen begonnen. Das Schreiben vom 17. Juni 1998 habe zwar nur die stationäre Behandlung im April 1998 konkret benannt, die Benennung der stationären Heilbehandlung im Mai 1998 sei jedoch nicht möglich gewesen, da sie erst mit Schreiben des K.-Krankenhauses S. vom 9. Juni 1998, bei ihr am 18. Juni 1998 eingegangen, erfahren habe, dass der Versicherte erneut stationär behandelt worden sei. Die Zeit der stationären Behandlung liege zwar vor dem Anmeldezeitpunkt des Erstattungsanspruchs, die Kosten seien aber erst nach der Anmeldung des Anspruchs angefallen, denn die Rechnung hierzu sei erst am 18. Juni 1998 bei ihr eingegangen und von ihr am 2. Juli 1998 beglichen worden. Die Anmeldung sei daher durch den Hinweis, dass mit weiteren Aufwendungen zu rechnen sei, erfolgt. Anwendbar sei hier § 111 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), da der Sachverhalt am 1. Juni 2000 abgeschlossen gewesen sei.
Das Sozialgericht Gotha hat die Beklagte mit Urteil vom 26. April 2005 verurteilt, der Klägerin die Aufwendungen in Höhe von 9.093,35 DM (4.649,36 Euro) zu erstatten, die diese im Zusammenhang mit der Heilbehandlung des bei der Beklagten krankenversicherten J. R. erbracht habe. Die Klägerin habe als unzuständige Leistungsträgerin einen entsprechenden Erstattungsanspruch gegen die Beklagte. Dieser sei auch nicht gemäß § 111 SGB X a.F. ausgeschlossen, da die Kosten des betreffenden stationären Krankenhausaufenthalts erst nach der Anmeldung des Erstattungsanspruchs angefallen seien. Indem die Beklagte in der Anmeldung darauf hingewiesen habe, dass mit weiteren Aufwendungen zu rechnen sei, habe sie auch diese Ansprüche angemeldet. Das Urteil enthält im Übrigen eine auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gestützte Kostenentscheidung.
Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Beklagte, dass das Urteil des Sozialgerichts den Urteilen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22. August 2000 sowie vom 11. November 2003 widerspreche. In der letztgenannten Entscheidung werde ausgeführt, dass der Erstattungsanspruch entstehe, sobald der Träger seine Leistungen tatsächlich erbracht habe und ihm entsprechende Kosten auch tatsächlich entstanden seien. Mit der Kostenentstehung sei nach ihrer auf eine entsprechende Kommentarstelle gestützten Auffassung weder auf die Rechnungslegung noch auf die Bezahlung abzustellen. Auch besitze die Anmeldung von Erstattungsansprüchen keine rückbezügliche Wirkung.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. April 2005 zuzulassen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und wiederholt im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Weder hat die Beklagte den – als einzigen denkbaren – Zulassungsgrund der Abweichung von einer Entscheidung des BSG in der nach § 145 Abs. 2, 144 Abs. 2 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gebotenen Weise dargelegt, noch ist ein solcher erkennbar.
Der Begriff des "Abweichens" in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist ebenso wie in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG auszulegen (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 144 Rdnr. 30). Danach liegt eine Divergenz dann vor, wenn die tragfähigen abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrund liegen, nicht übereinstimmen. Der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidung muss also ein Rechtssatz zugrunde liegen, der mit der Rechtsprechung eines Landessozialgerichts oder des Bundessozialgerichts nicht übereinstimmt. Es genügt somit nicht, dass die Entscheidung z.B. lediglich fehlerhaft oder unrichtig ist, weil es nicht den Kriterien entspricht, die ein Landessozialgericht oder das Bundessozialgericht aufgestellt hat oder wenn es einem von diesen aufgestellten Rechtssatz folgen will, diesen aber missversteht oder sonst Vorgaben der obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Rechtssprechung im Einzelfall nicht übernimmt (vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 m.w.N.).
In Anwendung dieser Grundsätze bezeichnet die Beklagte in ihrer Beschwerdebegründung eine Abweichung von den Entscheidungen des BSG vom 22. August 2000 (Az.: B 2 U 24/99 R, in SozR 3-1300 § 111 Nr. 9) sowie vom 11. November 2003 (Az.: B 2 U 15/03 R, in SozR 4-1300 § 111 Nr. 1) nicht in der erforderlichen Art und Weise.
So wird hinsichtlich der Entscheidung vom 22. August 2000 bereits kein Rechtssatz benannt, von dem das Sozialgericht abgewichen sein soll. Die pauschale Behauptung, die angefochtene Entscheidung sei mit dieser Entscheidung nicht vereinbar, enthält nicht die Bezeichnung einer Abweichung. Hierfür ist erforderlich, die Aussagen der in Bezug genommenen Entscheidung der tragenden rechtlichen Aussage des Sozialgerichts gegenüber zu stellen (vgl. BSG vom 20. September 2001 – Az.: B 11 AL 135/01 B).
Aber auch in Bezug auf die Entscheidung des BSG vom 11. November 2003 wird keine Divergenz in dem oben bezeichneten Sinne dargelegt. Zwar benennt die Beklagte hier einen Rechtssatz aus der Entscheidung des BSG, führt andererseits jedoch nicht aus, dass das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung von diesem Rechtssatz abgewichen sei. Inhaltlich setzt eine Abweichung nämlich voraus, dass im angefochtenen Urteil die Rechtsprechung des BSG in Frage gestellt wird. Das ist nicht der Fall, wenn die höchstrichterliche Entscheidung lediglich in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall verkannt wird (vgl. BSG vom 20. September 2001 – Az.: B 11 AL 135/01 B). Allein Letzteres ist jedoch dem Beschwerdevorbringen der Beklagten zu entnehmen, wenn sie vorträgt, dass für die Entstehung des Erstattungsanspruchs nicht die Rechnungslegung oder die Bezahlung maßgeblich sei. Insoweit macht sie im Ergebnis nur die inhaltliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend, auf die es im Rahmen der Divergenz aber nicht ankommt.
Eine Infragestellung des Urteils des BSG vom 11. November 2003 seitens des Sozialgerichts liegt jedenfalls nicht vor. Das Urteil der Vorinstanz bezieht sich zur Begründung vielmehr ausdrücklich auf diese Entscheidung – erkennbar in dem Bestreben, die in der Entscheidung enthaltenen allgemeingültigen Aussagen des BSG auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Lediglich der Vollständigkeit halber sei hier angemerkt, dass auch keine Verkennung der Tragweite der genannten BSG-Entscheidung vorliegt: Der streitgegenständliche Erstattungsanspruch ist unzweifelhaft erst nach der Anmeldung entstanden, da der Klägerin die entsprechenden Kosten tatsächlich erst nach dem Anmeldezeitpunkt entstanden sind. Fraglich konnte in diesem Zusammenhang lediglich sein, ob der Erstattungsanspruch bereits inhaltlich hinreichend konkret mit der Anmeldung geltend gemacht wurde. Mit den diesbezüglichen Entscheidungsgründen setzt sich aber die Beklagte nicht auseinander, hätte allerdings auch hiermit eine Divergenz im vorliegenden Falle nicht begründen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung. Danach waren der Beklagten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, nachdem sie mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. April 2005 unterlegen ist.
In Beschwerdeverfahren, auf die § 197a SGG entsprechend anzuwenden ist, ist eine Kostenentscheidung zu treffen (vgl. Senatsbeschluss vom 8. November 2004 – Az.: L 6 B 21/04 RJ sowie Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, Kommentar, 4. Auflage, Stand: Juni 2003, § 176 Rdnr. 10). § 197a SGG ist anzuwenden, wenn in einem Rechtszug – wie im vorliegenden Fall – weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf der analogen Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der ab dem 1. Juli 2004 geltenden Verfassung (vgl. § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG). Danach war der Streitwert für das Beschwerdeverfahren nach der Höhe des eingeklagten Betrages, mithin auf 4.649,36 Euro festzusetzen.
Eine entsprechende Abänderung der zu Unrecht auf § 193 SGG gestützten Kostenentscheidung des Sozialgerichts kommt im Falle der – wie hier erfolgten – Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht, da der Senat sich mit dem Rechtsstreit in der Sache nicht befasst hat. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war vielmehr allein die Frage, ob einer der in § 144 Abs. 2 SGG aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. Mai 2004 – Az.: VII ZR 217/02 in NJW 2004, S. 2598).
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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