Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 25 R 170/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 14/06 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Minderung des Zahlbetrages ihrer Rente ab dem 01.07.2005 durch einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 0,5 %.
Die am 22.06.1939 geborene Klägerin bezieht eine Altersrente für Frauen und ist pflichtversichert in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Zuständige Krankenkasse ist die Beigeladene.
Durch eine Rentenanpassungsmitteilung der Deutschen Post AG wurde sie darüber informiert, dass die Rente ab 01.07.2005 neu berechnet werde und anstelle des zuvor gezahlten Beitrags zur Krankenversicherung von 13,9 % der Bruttorente, von dem sie die Hälfte zu tragen habe, ein Beitragssatz von 13 % gelte. Dafür werde von ihr ein zusätzlicher Beitrag von 0,9 % erhoben, den sie allein zu tragen habe.
Der Klägerin legte am 11.06.2005 gegen die beabsichtigte Minderung der Rentenanwartschaften Widerspruch ein. Durch den zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag von 0,9 % werde ihre Rente gemindert, ohne dass sie Aussicht auf eine entsprechende Leistung habe, weil dieser Beitrag ua der Finanzierung des Krankengeldes durch die Versicherten dienen solle und sie als Rentnerin Kraft Gesetzes diese Leistung nicht mehr in Anspruch nehmen könne. Dies sei rechtswidrig.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2005 zurück. Grundlage für den ab 01.07.2005 erhobenen zusätzlichen Beitrag von 0,9 % sei § 241a des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Dieser allein vom Versicherten zu tragende Beitrag diene nicht - wie im Widerspruchsschreiben angeführt - der alleinigen Finanzierung des Krankengeldes. Er werde vielmehr - unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen und unabhängig davon, ob ein Anspruch auf Krankengeld bestehe oder nicht - als Solidarbeitrag aller Mitglieder an den gestiegenen Gesamtkosten der gesetzlichen Krankenkasse erhoben. Zum Ausgleich dieser zusätzlichen Beitragsbelastung sei der allgemeine Beitragssatz von den gesetzlichen Krankenkassen - auch von der Beigeladenen - um 0,9 % gesenkt worden. Die tatsächliche Minderung des Rentenzahlbetrages liege dementsprechend bei 4,5 %, da der zusätzliche Beitrag von der Klä-gerin allein zu tragen sei. Die Erhebung des Sonderbeitrages entspreche somit der Sach- und Rechtslage und sei nach Auffassung der Widerspruchsstelle auch mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die Klägerin hat am 22.10.2005 Klage erhoben. Die Minderung der Rentenleistung um 0,9 % ergebe sich aufgrund der durch das Gesetz zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz erfolgten Änderung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG). Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergebe, setze sich dieser Betrag zu 0,4 % aus den entsprechenden Aufwendungen der Krankenkassen für den Zahnersatz sowie um 0,5 % aus den Aufwendungen zur Finanzierung des Krankengeldes zusammen. Gegen den zusätzlichen Beitrag von 0,5 % zur Finanzierung des Kranken-geldes richte sich die Klage. Die Kürzung der Rente sei insoweit rechtswidrig und verletze den Gleichheitsgrundsatz, weil sie die gesetzlich versicherten Rentner gegenüber den gesetzlich versicherten Arbeitnehmern benachteilige, da der Rentner für den erhöhten Beitrag von 0,5 % keine entsprechende Gegenleistung in Form eines Krankengeldanspruchs erhalte, der dem erwerbstätigen Versicherten zustehe. Aus der niemals revidier-ten Aussage in der Begründung zum Entwurf des GMG, welches zum 01.01.2006 in Kraft treten sollte, ergebe sich auch, dass der Beitrag zur Finanzierung des Krankengeldes dienen soll. Zu berücksichtigen sei zudem, dass sie als versicherte Erwerbstätige durch
die erfolgte Beitragsleistung bereits ihrer Solidaritätsverpflichtung hinreichend nachgekommen sei, so dass der zusätzliche Leistungsbeitrag eine sachlich nicht gerechtfertigte Un-gleichbehandlung darstelle.
Die ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigte Klägerin beantragt schriftsätzlich,
die Beklagte unter Abänderung der von ihr erlassenen Bescheide zur Rentenan- passung und unter Aufhebung des von ihr erlassenen Widerspruchsbescheides dazu zu verurteilen, die Minderung des Rentenzahlbetrages ab dem 01.07.2005 insoweit zurückzunehmen, als hierbei eine Kürzung um mehr als 0,4 % Punkte erfolgt ist, hilfsweise, die Sprungrevision nach § 161 SGG zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Regelung für verfassungsgemäß. Zur Begründung verweist sie zunächst darauf, dass sich der Bezug zu den Aufwendungen für das Krankengeld nur in der allgemeinen gesetzlichen Gesetzesbegründung zum GMG vom 14.11.2003 finde, in der Einzelbegründung zu § 241a SGB V aber ausdrücklich ausgeführt sei, dass es sich bei dem beabsichtigten Zusatzbeitrag von 0,5 % nicht um einen Beitrag zur Finanzierung des Krankengeldes handele, sondern um einen Beitrag "unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen". Dies ergebe sich auch aus der Begründung des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004, mit dem das GMG bereits vor dem geplanten Zeitpunkt seines In-Kraft-Treten zum 01.01.2006 geändert worden und der zusätzliche Beitragssatz auf 0,9 % erhöht worden sowie die Einführung auf den 01.07.2005 vorgezogen worden ist. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bedenken ver-weist die Beklagte auf die Ausführungen von Wahl in SozSich 4/2005, der zu dem Ergeb-nis kommt, dass das Beitragsrecht es nicht gebiete, die unterschiedlichen Risiken der Ver-sicherten in deren Beitragsbelastung abzubilden. Auch für Rentner gelte, dass der soziale Ausgleich nicht nur Vorteile verschaffe, sondern zugleich auch Lasten auferlege. Insgesamt seien die Rentner durch den in der Krankenversicherung stattfindenden Ausgleich nach wie vor begünstigt.
Die ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigte Beigeladene stellt keinen Antrag und hat auch keine Stellungnahme abgegeben.
Die Beklagte hat vorab die Zustimmung gemäß § 161 Abs 1 S 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Sprungrevision erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte die Streitsache auch in Abwesenheit der Klägerin und ihres Bevollmächtigten sowie in Abwesenheit der Beigeladenen entscheiden, da diese in der Terminsmitteilung hierauf hingewiesen worden sind.
Die Klage ist zulässig. Bei der angefochtenen Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2005 handelt es sich insbesondere um einen Verwaltungsakt (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer mwN). Die Beklagte hat in diesem über die Höhe des ab dem 01.07.2005 zu zahlenden Beitrages zur Krankenversicherung entschieden. Die Klägerin wendet sich insoweit gegen die Erhebung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages von 0,5 % der Bruttorente, der von ihr allein zu tragen ist.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz( SGG)). Die Beklagte hat von der Rente der Klägerin zu Recht ab dem 01.07.2005 einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag in einer Ge-samthöhe von 0,9 % der Bruttorente abgezogen.
Ein Zusatzbeitrag in Höhe von 0,5 % der beitragspflichtigen Einnahmen war erstmals in § 241a SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 145 des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I S 2190) vorgesehen. Durch Art. 1 Nr 1 des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004 (BGBl I S 3445) wurde Art. 1 Nr 145 GMG und damit auch § 241a SGB V bereits vor seinem geplanten In-Kraft-Treten vom 01.01.2006 neugefaßt und das In-Kraft-Treten der gesamten Regelung über den Zusatzbeitrag auf den 01.07.2005 vorgezogen. Der Zusatzbeitrag beträgt danach nunmehr 0,9 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Diese sind nach § 249a SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004 (BGBl 1 S 3445) allein vom Rentner zu tragen. Der diesbezügliche Beitragsabzug durch die Beklagte von der Rente der Klägerin ist dementsprechend nicht zu beanstanden. Er entspricht der gesetzlichen Regelung der §§ 241a Abs 1, 249a SGB V.
Die diesbezüglichen Vorschriften sind auch mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar. Aus diesem Grund bedarf es eine Aussetzung des Verfahrens und der Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungsmäßigkeit der streitigen Regelung nach Art. 100 Abs 1 S 1 GG nicht.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs 1 GG) liegt nicht vor. Dieser enthält das Gebot, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (BVerfGE 71, 255, 271). Er verlangt, dass für die (un-)gleiche Behandlung von Sachverhalten und die Auswahl der Anknüpfungskriterien - bezogen auf die Eigenarten des in Rede stehenden Sachbereichs und unter besonderer Berücksichtigung von Sinn und Zweck der betreffenden Regelung - vernünftige einleuchtende Gründe bestehen (BVerfGE 79, 224, 236 mwN).
Gegen die Erhebung des zusätzlichen Beitragssatzes in Höhe von 0,9 % (bzw in Höhe der hier angefochtenen 0,5 %) kann insoweit zunächst nicht mit Erfolg eingewandt werden, dieser zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag verletze Art. 3 Abs 1 GG schon deshalb, weil es einen allgemeinen Grundsatz gebe, dass Versicherungspflichtige die Beiträge aus ihren beitragspflichtigen Einkünften im Ergebnis stets nur zur Hälfte tragen müssen. Das Bundessozialgericht hat insoweit in seiner aktuellen Entscheidung vom 24.08.2005 (B 12 KR 29/04 R) erneut betont, dass es einen Grundsatz der hälftigen Aufteilung der Beiträge auf den Versicherten und denjenigen, von dem er die Einnahmen bezieht, nicht gibt (so auch BSG, SozR 3-3300 § 55 Nr.3). Auch mit der Einführung der sogenannten Riesterrente hat der Gesetzgeber zudem deutlich gemacht, dass ein Grundsatz der strikt paritä-tisch finanzierten Sozialversicherung nicht existiert. Ein solcher Grundsatz gilt insbeson-dere nicht im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner. Das Bundessozialgericht begründet dies damit, dass das Gesetz über die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zunächst überhaupt keine Beitragsbeteiligung der Rentner vorsah. Diese wurden erst ab 1983 an der Finanzierung beteiligt, in dem nunmehr die Rente beitragspflichtige Einnahme wurde, die Rentner zu den insoweit von ihnen allein zu tragenden Beiträgen jedoch einen Zuschuss des Rentenversicherungsträgers erhielten. Dieser Zuschuss betrug zunächst 100 % des Beitrages und wurde im Laufe der Zeit auf 50 % des Beitrages abgeschmolzen (vgl BSG, Urteil vom 24.08.2005, B 12 KR 29/04 R). Auch die Kammer verneint angesichts der wechselvollen Geschichte der Krankenversicherung der Rentner einen Grundsatz der paritätischen Heranziehung der Rentenver-sicherungsträger zu den von den Rentnern zu tragenden Krankenversicherungsbeiträgen (so auch BSGE 78, 297, 298). Die Erhebung eines zusätzlichen, allein vom Versicherten zu tragenden Beitrages ist zudem auch sachlich gerechtfertigt, weil hierdurch eine Entlastung der Arbeitgeber und der Rentenversicherung erreicht wird. Der Gesetzgeber hat insoweit das verfassungsrechtlich legitime Zeil verfolgt, das solidarisch finanzierte Krankenversicherungssystem zu erhalten, ohne die Lohnnebenkosten zu erhöhen, weil erhöhte Arbeitskosten zu einer steigenden Arbeitslosigkeit führen (BT Drucks. 15/1525 S.1). Dies rechtfertigt auch die Entlastung der Rentenversicherung, weil die für diese erwarteten Minderausgaben von 450 Mio Euro für 2005 und 900 Mio Euro ab 2006 (BT Drucks. 15/3681 S.1 und 2) dazu dienen, den Beitragssatz zur Rentenversicherung und damit letztlich auch die Lohnnebenkosten stabil zu halten.
Der in § 241a SGB V eingeführte zusätzliche Beitrag von 0,9 % verletzt hinsichtlich eines Anteils von 0,5 % auch nicht Art. 3. Abs 1 GG, weil er zur Finanzierung des Kranken-geldes dient und der versicherungspflichtige Rentner diese Leistung nicht in Anspruch nehmen kann, weil § 50 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V bei Bezug einer vollen Erwerbsminde-rungsrente bzw einer Altersrente den Krankengeldanspruch ausschließt. Es stellt sich diesbezüglich die Frage, ob hier zu Unrecht wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird. Der Gleichheitsgrundsatz ist insoweit dann verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (BVerfGE 103, 242, 258). Im Sozialver-sicherungsrecht sind dabei das Versicherungsprinzip (Äquivalenz von Beitrag und Leistung) und das Solidarprinzip (sozialer Ausgleich) maßgeblich. Letzteres lässt auch Abweichungen vom Äquivalenzprinzip, insbesondere eine Beitragsbemessung nach Leistungsfähigkeit zu (BVerfGE 89, 365, 378). Gerade im Beitragsrecht der Krankenversicherung ist das Solidarprinzip von erheblicher Bedeutung. Individuelle Verschiedenheiten des leistungsrechtlichen Risikos bleiben hier bei der Beitragserhebung prinzipiell unberücksichtigt (BSG, SozR 3-2500 § 242 Nr 2). Davon werden insbesondere die Rentner begünstigt, weil die für die Krankenversicherung der Rentner gezahlten Beiträge, die 1973 noch gut 70 % der Leistungsaufwendungen abgedeckt haben, inzwischen nur noch 43 % dieser Aufwendungen abdecken (vgl BT-Drucks. 15/1525 S. 140).
Vor diesem Hintergrund ist die volle Einbeziehung der Rentner in den zusätzlichen Beitragssatz des § 241a SGB V verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass dieser Beitrag nur sehr locker mit dem Krankengeld verbunden ist, weil lediglich in der allgemeinen Begründung ausgeführt wird, dass mit dem zusätzlichen Beitrag von 0,5 % das Krankengeld umfinanziert wird (BT-Drucks. 15/1525 S. 76f), während in der Einzelbegründung zu § 241a SGB V ausdrücklich ausgeführt ist, dass die zusätzlichen Einnahmen den Krankenkassen "unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen" zufließen (BT-Drucks. 15/1525 S. 140 zu § 241a). Die allgemeine Begründung kann daher nur so verstanden werden, dass mit der Höhe der Ausgaben für das Krankengeld der Umfang bezeichnet werden sollte, in dem der Arbeitgeber entlastet werden sollte und nicht eine konkrete Umfinanzierung des Krankengeldes beabsichtigt war (vgl auch Wahl, SozSich 4/2005, 133, 135). Der zusätzliche Beitragssatz auch für Rentner wurde zudem damit begründet, dass sich diese auch in der Vergangenheit über den allgemeinen Beitragssatz an den Aufwendungen für das Krankengeld beteiligt haben und diese Beteiligung aufrecht erhalten bleiben müsse, weil verhindert werden müsse, dass die Belastung der übrigen Versicherten durch die ohnehin nur zum Teil durch eigene Beiträge gedeckten Leistungsauswendungen für die Rentner noch größer werden (BT-Drucks. 15/1525 S 140 zu § 247). Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und lässt sich mit dem Solidaritätsprinzip rechtfertigen. Der Gesetzgeber ist befugt, die unterschiedlichen Risiken auszugleichen und auch Mitglieder zur Finanzierung des Krankengeldes heranzuziehen, die diese Leistung nicht mehr in Anspruch nehmen können (so auch schon BSG, Urteil vom 18.12.1984, 12 RK 42/83, USK 84231, wonach es verfassungskonform ist, dass sich der faktische Ausschluss von Krankengeldleistungen bei Rentner nicht im ermäßigten Beitrag niederschlägt). Auch in seinem aktuellen Urteil hat das Bundessozialgericht betont, dass die Festlegung des allgemeinen Beitragssatzes und nicht des ermäßigten Satzes für freiwillige Mitglieder ohne Krankengeldanspruch nicht gegen Art. 3 Abs 1 GG verstößt, weil die Beitragseinnahmen aus der Gruppe der Rentner die Leistungsaufwendungen für die Rentner keineswegs übersteigen (vgl BSG, Urteil vom 24.08.2005, B 12 KR 29/04). Auch die Kammer geht davon aus, dass der soziale Ausgleich nicht nur Vorteile verschafft, sondern den Versicherten gleichzeitig auch Lasten auferlegt und daher unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Rentner als Gruppe durch den sozialen Ausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt nach wie vor begünstigt sind, eine Reduzierung des zusätzlichen Beitrags von 0,9 % für Rentner nicht verfassungsrechlich geboten ist. Ein einleuchtender vernünftiger Grund für die Gleichbehandlung mit der Gruppe der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer liegt vor, weil Personen, die in überdurchschnittlichem Umfang Leistungen eines Systems erhalten, auch in gleichem Umfang an der Finanzierung beteiligt werden dürfen. Dies ist keineswegs willkürlich.
Eine Ungleichbehandlung der Rentner hinsichtlich der Erhebung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages gegenüber den versicherungspflichtigen Arbeitnehmern mit Krankengeldanspruch liegt entgegen der Auffassung der Klägerin schließlich auch nicht deshalb vor, weil die Klägerin durch ihre Beitragszahlungen während der Erwerbsphase bereits ihrer Solidaritätsverpflichtung hinreichend nachgekommen ist. Die Kammer schließt sich insoweit den Ausführungen des Bundessozialgerichts an, wonach die Aktiven dadurch, dass sie regelmäßig die nicht mehr aktiven Mitglieder teilweise finanzieren, zwar die Berechtigung erwerben, ihrerseits nach dem Ausscheiden aus der Erwerbsphase vom System finanziell unterstützt zu werden, sich hieraus jedoch keinesfalls einen Anspruch auf gleichbleibende Bedingungen ergibt, da diese durch die Leistungsfähigkeit des Solidaritätssystems insgesamt vorgegeben werden und ständigen Schwankungen unterliegen (vgl BSG, Urteil vom 24.08.2005, B 12 KR 29/04 R). Notwendige Veränderungen im Bereich der umlagefinanzierten gesetzlichen Krankenversicherung sind nicht möglich, wenn jeder Versicherte einen Anspruch auf gleichbleibende Bedingungen nach Ausscheiden aus der Erwerbsphase hätte. Aus Gründen des Allgemeinwohles muß die Möglichkeit be-stehen, Gesetze neu zu regeln, um sie den wechselnden Erfordernissen anzupassen. Um die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten, sind daher Änderungen, insbesondere moderate Änderungen wie die vorliegende, rechtmäßig.
Die Eigentumsgarantie des Art. 14. Abs 1 GG wird durch die Heranziehung der Klägerin zu dem zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag nicht verletzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt Art. 14 Abs 1 GG nicht das Ver-mögen als solches gegen die Auferlegung öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten (BVerfGE 91, 207, 220 mwN), soweit es dadurch nicht zu einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse kommt (vgl BVerfGE 82, 159, 190 mwN). Hiervon kann angesichts der nur geringfügigen zusätzlichen Belastung der Klägerin von tatsäch-lich 0,45 % der Bruttorente nicht ausgegangen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Sprungrevision war gemäß § 161 SGG zuzulassen. Der erforderliche Antrag wurde schriftsätzlich gestellt. Die Zustimmung der Beklagten gemäß § 161 Abs 1S 3 SGG liegt vor. Die Frage, ob die Erhebung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages in Höhe von 0,9 % für in der Krankenversicherung der Rentner versicherte Rentner gemäß §§ 241a, 249a SGB V verfassungsgemäß ist, betrifft eine Rechtsfrage grundsätzlicher Natur, die bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Minderung des Zahlbetrages ihrer Rente ab dem 01.07.2005 durch einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 0,5 %.
Die am 22.06.1939 geborene Klägerin bezieht eine Altersrente für Frauen und ist pflichtversichert in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Zuständige Krankenkasse ist die Beigeladene.
Durch eine Rentenanpassungsmitteilung der Deutschen Post AG wurde sie darüber informiert, dass die Rente ab 01.07.2005 neu berechnet werde und anstelle des zuvor gezahlten Beitrags zur Krankenversicherung von 13,9 % der Bruttorente, von dem sie die Hälfte zu tragen habe, ein Beitragssatz von 13 % gelte. Dafür werde von ihr ein zusätzlicher Beitrag von 0,9 % erhoben, den sie allein zu tragen habe.
Der Klägerin legte am 11.06.2005 gegen die beabsichtigte Minderung der Rentenanwartschaften Widerspruch ein. Durch den zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag von 0,9 % werde ihre Rente gemindert, ohne dass sie Aussicht auf eine entsprechende Leistung habe, weil dieser Beitrag ua der Finanzierung des Krankengeldes durch die Versicherten dienen solle und sie als Rentnerin Kraft Gesetzes diese Leistung nicht mehr in Anspruch nehmen könne. Dies sei rechtswidrig.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2005 zurück. Grundlage für den ab 01.07.2005 erhobenen zusätzlichen Beitrag von 0,9 % sei § 241a des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Dieser allein vom Versicherten zu tragende Beitrag diene nicht - wie im Widerspruchsschreiben angeführt - der alleinigen Finanzierung des Krankengeldes. Er werde vielmehr - unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen und unabhängig davon, ob ein Anspruch auf Krankengeld bestehe oder nicht - als Solidarbeitrag aller Mitglieder an den gestiegenen Gesamtkosten der gesetzlichen Krankenkasse erhoben. Zum Ausgleich dieser zusätzlichen Beitragsbelastung sei der allgemeine Beitragssatz von den gesetzlichen Krankenkassen - auch von der Beigeladenen - um 0,9 % gesenkt worden. Die tatsächliche Minderung des Rentenzahlbetrages liege dementsprechend bei 4,5 %, da der zusätzliche Beitrag von der Klä-gerin allein zu tragen sei. Die Erhebung des Sonderbeitrages entspreche somit der Sach- und Rechtslage und sei nach Auffassung der Widerspruchsstelle auch mit dem Grundgesetz vereinbar.
Die Klägerin hat am 22.10.2005 Klage erhoben. Die Minderung der Rentenleistung um 0,9 % ergebe sich aufgrund der durch das Gesetz zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz erfolgten Änderung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG). Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergebe, setze sich dieser Betrag zu 0,4 % aus den entsprechenden Aufwendungen der Krankenkassen für den Zahnersatz sowie um 0,5 % aus den Aufwendungen zur Finanzierung des Krankengeldes zusammen. Gegen den zusätzlichen Beitrag von 0,5 % zur Finanzierung des Kranken-geldes richte sich die Klage. Die Kürzung der Rente sei insoweit rechtswidrig und verletze den Gleichheitsgrundsatz, weil sie die gesetzlich versicherten Rentner gegenüber den gesetzlich versicherten Arbeitnehmern benachteilige, da der Rentner für den erhöhten Beitrag von 0,5 % keine entsprechende Gegenleistung in Form eines Krankengeldanspruchs erhalte, der dem erwerbstätigen Versicherten zustehe. Aus der niemals revidier-ten Aussage in der Begründung zum Entwurf des GMG, welches zum 01.01.2006 in Kraft treten sollte, ergebe sich auch, dass der Beitrag zur Finanzierung des Krankengeldes dienen soll. Zu berücksichtigen sei zudem, dass sie als versicherte Erwerbstätige durch
die erfolgte Beitragsleistung bereits ihrer Solidaritätsverpflichtung hinreichend nachgekommen sei, so dass der zusätzliche Leistungsbeitrag eine sachlich nicht gerechtfertigte Un-gleichbehandlung darstelle.
Die ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigte Klägerin beantragt schriftsätzlich,
die Beklagte unter Abänderung der von ihr erlassenen Bescheide zur Rentenan- passung und unter Aufhebung des von ihr erlassenen Widerspruchsbescheides dazu zu verurteilen, die Minderung des Rentenzahlbetrages ab dem 01.07.2005 insoweit zurückzunehmen, als hierbei eine Kürzung um mehr als 0,4 % Punkte erfolgt ist, hilfsweise, die Sprungrevision nach § 161 SGG zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Regelung für verfassungsgemäß. Zur Begründung verweist sie zunächst darauf, dass sich der Bezug zu den Aufwendungen für das Krankengeld nur in der allgemeinen gesetzlichen Gesetzesbegründung zum GMG vom 14.11.2003 finde, in der Einzelbegründung zu § 241a SGB V aber ausdrücklich ausgeführt sei, dass es sich bei dem beabsichtigten Zusatzbeitrag von 0,5 % nicht um einen Beitrag zur Finanzierung des Krankengeldes handele, sondern um einen Beitrag "unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen". Dies ergebe sich auch aus der Begründung des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004, mit dem das GMG bereits vor dem geplanten Zeitpunkt seines In-Kraft-Treten zum 01.01.2006 geändert worden und der zusätzliche Beitragssatz auf 0,9 % erhöht worden sowie die Einführung auf den 01.07.2005 vorgezogen worden ist. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bedenken ver-weist die Beklagte auf die Ausführungen von Wahl in SozSich 4/2005, der zu dem Ergeb-nis kommt, dass das Beitragsrecht es nicht gebiete, die unterschiedlichen Risiken der Ver-sicherten in deren Beitragsbelastung abzubilden. Auch für Rentner gelte, dass der soziale Ausgleich nicht nur Vorteile verschaffe, sondern zugleich auch Lasten auferlege. Insgesamt seien die Rentner durch den in der Krankenversicherung stattfindenden Ausgleich nach wie vor begünstigt.
Die ordnungsgemäß vom Termin benachrichtigte Beigeladene stellt keinen Antrag und hat auch keine Stellungnahme abgegeben.
Die Beklagte hat vorab die Zustimmung gemäß § 161 Abs 1 S 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Sprungrevision erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte die Streitsache auch in Abwesenheit der Klägerin und ihres Bevollmächtigten sowie in Abwesenheit der Beigeladenen entscheiden, da diese in der Terminsmitteilung hierauf hingewiesen worden sind.
Die Klage ist zulässig. Bei der angefochtenen Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2005 handelt es sich insbesondere um einen Verwaltungsakt (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer mwN). Die Beklagte hat in diesem über die Höhe des ab dem 01.07.2005 zu zahlenden Beitrages zur Krankenversicherung entschieden. Die Klägerin wendet sich insoweit gegen die Erhebung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages von 0,5 % der Bruttorente, der von ihr allein zu tragen ist.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz( SGG)). Die Beklagte hat von der Rente der Klägerin zu Recht ab dem 01.07.2005 einen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag in einer Ge-samthöhe von 0,9 % der Bruttorente abgezogen.
Ein Zusatzbeitrag in Höhe von 0,5 % der beitragspflichtigen Einnahmen war erstmals in § 241a SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 145 des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I S 2190) vorgesehen. Durch Art. 1 Nr 1 des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004 (BGBl I S 3445) wurde Art. 1 Nr 145 GMG und damit auch § 241a SGB V bereits vor seinem geplanten In-Kraft-Treten vom 01.01.2006 neugefaßt und das In-Kraft-Treten der gesamten Regelung über den Zusatzbeitrag auf den 01.07.2005 vorgezogen. Der Zusatzbeitrag beträgt danach nunmehr 0,9 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Diese sind nach § 249a SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15.12.2004 (BGBl 1 S 3445) allein vom Rentner zu tragen. Der diesbezügliche Beitragsabzug durch die Beklagte von der Rente der Klägerin ist dementsprechend nicht zu beanstanden. Er entspricht der gesetzlichen Regelung der §§ 241a Abs 1, 249a SGB V.
Die diesbezüglichen Vorschriften sind auch mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar. Aus diesem Grund bedarf es eine Aussetzung des Verfahrens und der Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungsmäßigkeit der streitigen Regelung nach Art. 100 Abs 1 S 1 GG nicht.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs 1 GG) liegt nicht vor. Dieser enthält das Gebot, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (BVerfGE 71, 255, 271). Er verlangt, dass für die (un-)gleiche Behandlung von Sachverhalten und die Auswahl der Anknüpfungskriterien - bezogen auf die Eigenarten des in Rede stehenden Sachbereichs und unter besonderer Berücksichtigung von Sinn und Zweck der betreffenden Regelung - vernünftige einleuchtende Gründe bestehen (BVerfGE 79, 224, 236 mwN).
Gegen die Erhebung des zusätzlichen Beitragssatzes in Höhe von 0,9 % (bzw in Höhe der hier angefochtenen 0,5 %) kann insoweit zunächst nicht mit Erfolg eingewandt werden, dieser zusätzliche Krankenversicherungsbeitrag verletze Art. 3 Abs 1 GG schon deshalb, weil es einen allgemeinen Grundsatz gebe, dass Versicherungspflichtige die Beiträge aus ihren beitragspflichtigen Einkünften im Ergebnis stets nur zur Hälfte tragen müssen. Das Bundessozialgericht hat insoweit in seiner aktuellen Entscheidung vom 24.08.2005 (B 12 KR 29/04 R) erneut betont, dass es einen Grundsatz der hälftigen Aufteilung der Beiträge auf den Versicherten und denjenigen, von dem er die Einnahmen bezieht, nicht gibt (so auch BSG, SozR 3-3300 § 55 Nr.3). Auch mit der Einführung der sogenannten Riesterrente hat der Gesetzgeber zudem deutlich gemacht, dass ein Grundsatz der strikt paritä-tisch finanzierten Sozialversicherung nicht existiert. Ein solcher Grundsatz gilt insbeson-dere nicht im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner. Das Bundessozialgericht begründet dies damit, dass das Gesetz über die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zunächst überhaupt keine Beitragsbeteiligung der Rentner vorsah. Diese wurden erst ab 1983 an der Finanzierung beteiligt, in dem nunmehr die Rente beitragspflichtige Einnahme wurde, die Rentner zu den insoweit von ihnen allein zu tragenden Beiträgen jedoch einen Zuschuss des Rentenversicherungsträgers erhielten. Dieser Zuschuss betrug zunächst 100 % des Beitrages und wurde im Laufe der Zeit auf 50 % des Beitrages abgeschmolzen (vgl BSG, Urteil vom 24.08.2005, B 12 KR 29/04 R). Auch die Kammer verneint angesichts der wechselvollen Geschichte der Krankenversicherung der Rentner einen Grundsatz der paritätischen Heranziehung der Rentenver-sicherungsträger zu den von den Rentnern zu tragenden Krankenversicherungsbeiträgen (so auch BSGE 78, 297, 298). Die Erhebung eines zusätzlichen, allein vom Versicherten zu tragenden Beitrages ist zudem auch sachlich gerechtfertigt, weil hierdurch eine Entlastung der Arbeitgeber und der Rentenversicherung erreicht wird. Der Gesetzgeber hat insoweit das verfassungsrechtlich legitime Zeil verfolgt, das solidarisch finanzierte Krankenversicherungssystem zu erhalten, ohne die Lohnnebenkosten zu erhöhen, weil erhöhte Arbeitskosten zu einer steigenden Arbeitslosigkeit führen (BT Drucks. 15/1525 S.1). Dies rechtfertigt auch die Entlastung der Rentenversicherung, weil die für diese erwarteten Minderausgaben von 450 Mio Euro für 2005 und 900 Mio Euro ab 2006 (BT Drucks. 15/3681 S.1 und 2) dazu dienen, den Beitragssatz zur Rentenversicherung und damit letztlich auch die Lohnnebenkosten stabil zu halten.
Der in § 241a SGB V eingeführte zusätzliche Beitrag von 0,9 % verletzt hinsichtlich eines Anteils von 0,5 % auch nicht Art. 3. Abs 1 GG, weil er zur Finanzierung des Kranken-geldes dient und der versicherungspflichtige Rentner diese Leistung nicht in Anspruch nehmen kann, weil § 50 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V bei Bezug einer vollen Erwerbsminde-rungsrente bzw einer Altersrente den Krankengeldanspruch ausschließt. Es stellt sich diesbezüglich die Frage, ob hier zu Unrecht wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird. Der Gleichheitsgrundsatz ist insoweit dann verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (BVerfGE 103, 242, 258). Im Sozialver-sicherungsrecht sind dabei das Versicherungsprinzip (Äquivalenz von Beitrag und Leistung) und das Solidarprinzip (sozialer Ausgleich) maßgeblich. Letzteres lässt auch Abweichungen vom Äquivalenzprinzip, insbesondere eine Beitragsbemessung nach Leistungsfähigkeit zu (BVerfGE 89, 365, 378). Gerade im Beitragsrecht der Krankenversicherung ist das Solidarprinzip von erheblicher Bedeutung. Individuelle Verschiedenheiten des leistungsrechtlichen Risikos bleiben hier bei der Beitragserhebung prinzipiell unberücksichtigt (BSG, SozR 3-2500 § 242 Nr 2). Davon werden insbesondere die Rentner begünstigt, weil die für die Krankenversicherung der Rentner gezahlten Beiträge, die 1973 noch gut 70 % der Leistungsaufwendungen abgedeckt haben, inzwischen nur noch 43 % dieser Aufwendungen abdecken (vgl BT-Drucks. 15/1525 S. 140).
Vor diesem Hintergrund ist die volle Einbeziehung der Rentner in den zusätzlichen Beitragssatz des § 241a SGB V verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass dieser Beitrag nur sehr locker mit dem Krankengeld verbunden ist, weil lediglich in der allgemeinen Begründung ausgeführt wird, dass mit dem zusätzlichen Beitrag von 0,5 % das Krankengeld umfinanziert wird (BT-Drucks. 15/1525 S. 76f), während in der Einzelbegründung zu § 241a SGB V ausdrücklich ausgeführt ist, dass die zusätzlichen Einnahmen den Krankenkassen "unabhängig von der Finanzierung einzelner Leistungen" zufließen (BT-Drucks. 15/1525 S. 140 zu § 241a). Die allgemeine Begründung kann daher nur so verstanden werden, dass mit der Höhe der Ausgaben für das Krankengeld der Umfang bezeichnet werden sollte, in dem der Arbeitgeber entlastet werden sollte und nicht eine konkrete Umfinanzierung des Krankengeldes beabsichtigt war (vgl auch Wahl, SozSich 4/2005, 133, 135). Der zusätzliche Beitragssatz auch für Rentner wurde zudem damit begründet, dass sich diese auch in der Vergangenheit über den allgemeinen Beitragssatz an den Aufwendungen für das Krankengeld beteiligt haben und diese Beteiligung aufrecht erhalten bleiben müsse, weil verhindert werden müsse, dass die Belastung der übrigen Versicherten durch die ohnehin nur zum Teil durch eigene Beiträge gedeckten Leistungsauswendungen für die Rentner noch größer werden (BT-Drucks. 15/1525 S 140 zu § 247). Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und lässt sich mit dem Solidaritätsprinzip rechtfertigen. Der Gesetzgeber ist befugt, die unterschiedlichen Risiken auszugleichen und auch Mitglieder zur Finanzierung des Krankengeldes heranzuziehen, die diese Leistung nicht mehr in Anspruch nehmen können (so auch schon BSG, Urteil vom 18.12.1984, 12 RK 42/83, USK 84231, wonach es verfassungskonform ist, dass sich der faktische Ausschluss von Krankengeldleistungen bei Rentner nicht im ermäßigten Beitrag niederschlägt). Auch in seinem aktuellen Urteil hat das Bundessozialgericht betont, dass die Festlegung des allgemeinen Beitragssatzes und nicht des ermäßigten Satzes für freiwillige Mitglieder ohne Krankengeldanspruch nicht gegen Art. 3 Abs 1 GG verstößt, weil die Beitragseinnahmen aus der Gruppe der Rentner die Leistungsaufwendungen für die Rentner keineswegs übersteigen (vgl BSG, Urteil vom 24.08.2005, B 12 KR 29/04). Auch die Kammer geht davon aus, dass der soziale Ausgleich nicht nur Vorteile verschafft, sondern den Versicherten gleichzeitig auch Lasten auferlegt und daher unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Rentner als Gruppe durch den sozialen Ausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt nach wie vor begünstigt sind, eine Reduzierung des zusätzlichen Beitrags von 0,9 % für Rentner nicht verfassungsrechlich geboten ist. Ein einleuchtender vernünftiger Grund für die Gleichbehandlung mit der Gruppe der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer liegt vor, weil Personen, die in überdurchschnittlichem Umfang Leistungen eines Systems erhalten, auch in gleichem Umfang an der Finanzierung beteiligt werden dürfen. Dies ist keineswegs willkürlich.
Eine Ungleichbehandlung der Rentner hinsichtlich der Erhebung des zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages gegenüber den versicherungspflichtigen Arbeitnehmern mit Krankengeldanspruch liegt entgegen der Auffassung der Klägerin schließlich auch nicht deshalb vor, weil die Klägerin durch ihre Beitragszahlungen während der Erwerbsphase bereits ihrer Solidaritätsverpflichtung hinreichend nachgekommen ist. Die Kammer schließt sich insoweit den Ausführungen des Bundessozialgerichts an, wonach die Aktiven dadurch, dass sie regelmäßig die nicht mehr aktiven Mitglieder teilweise finanzieren, zwar die Berechtigung erwerben, ihrerseits nach dem Ausscheiden aus der Erwerbsphase vom System finanziell unterstützt zu werden, sich hieraus jedoch keinesfalls einen Anspruch auf gleichbleibende Bedingungen ergibt, da diese durch die Leistungsfähigkeit des Solidaritätssystems insgesamt vorgegeben werden und ständigen Schwankungen unterliegen (vgl BSG, Urteil vom 24.08.2005, B 12 KR 29/04 R). Notwendige Veränderungen im Bereich der umlagefinanzierten gesetzlichen Krankenversicherung sind nicht möglich, wenn jeder Versicherte einen Anspruch auf gleichbleibende Bedingungen nach Ausscheiden aus der Erwerbsphase hätte. Aus Gründen des Allgemeinwohles muß die Möglichkeit be-stehen, Gesetze neu zu regeln, um sie den wechselnden Erfordernissen anzupassen. Um die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten, sind daher Änderungen, insbesondere moderate Änderungen wie die vorliegende, rechtmäßig.
Die Eigentumsgarantie des Art. 14. Abs 1 GG wird durch die Heranziehung der Klägerin zu dem zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag nicht verletzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützt Art. 14 Abs 1 GG nicht das Ver-mögen als solches gegen die Auferlegung öffentlich-rechtlicher Geldleistungspflichten (BVerfGE 91, 207, 220 mwN), soweit es dadurch nicht zu einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse kommt (vgl BVerfGE 82, 159, 190 mwN). Hiervon kann angesichts der nur geringfügigen zusätzlichen Belastung der Klägerin von tatsäch-lich 0,45 % der Bruttorente nicht ausgegangen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Sprungrevision war gemäß § 161 SGG zuzulassen. Der erforderliche Antrag wurde schriftsätzlich gestellt. Die Zustimmung der Beklagten gemäß § 161 Abs 1S 3 SGG liegt vor. Die Frage, ob die Erhebung eines zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrages in Höhe von 0,9 % für in der Krankenversicherung der Rentner versicherte Rentner gemäß §§ 241a, 249a SGB V verfassungsgemäß ist, betrifft eine Rechtsfrage grundsätzlicher Natur, die bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist.
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