Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 60 AL 856/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 AL 54/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2004 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit.
Der im 1972 geborene Kläger war vom 20. August 2001 bis 19. Oktober 2001 als Unterhaltsreiniger bei der Firma R K G beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung. Vom 23. September 2002 bis 14. Februar 2003 stand der Kläger dann in einem Arbeitsverhältnis als Helfer bei der Gesellschaft für Personaldienstleistungen W, das er selbst am 31. Januar 2003 kündigte. Vom 17. Februar 2003 bis 31. August 2003 war der Kläger als Lagerarbeiter bei der Firma L GmbH beschäftigt. Bei Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt, er bezog Krankengeld bis zum 12. September 2003. Am 15. September 2003 meldete er sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er gab an, dass er die Firma W verlassen habe, weil er bei der L GmbH schon als Leiharbeiter gearbeitet habe. Dort sei ihm die Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt worden, auch habe er einen Staplerschein gemacht. Nach Vorlage des vom 13. Februar 2003 datierenden Arbeitsvertrages, in dem eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. August 2003 vereinbart war, stellte die Beklagte durch Bescheid vom 11. November 2003 den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. September 2003 bis 23. November 2003 fest. Der Kläger habe durch die Kündigung bei der Firma W zum 14. Februar 2003 seine später eingetretene Arbeitslosigkeit ursächlich herbeigeführt, weil das Anschlussarbeitsverhältnis von vornherein befristet gewesen sei. Die Beklagte hob die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 24. November 2003 durch Bescheid vom 21. November 2003 auf, weil der Kläger Anspruch auf Krankengeld habe.
Bei der Arbeitslosmeldung war der Kläger mit Schreiben vom 15. September 2003 aufgefordert worden, an einer Trainingsmaßnahme teilzunehmen. Der Kläger nahm nicht teil, er begründete sein Fernbleiben gegenüber der Beklagten damit, dass er das Angebot wegen anderweitiger Verpflichtungen "vergessen" habe. Daraufhin stellte die Beklagte durch Bescheid vom 5. Dezember 2003 den Eintritt einer weiteren Sperrzeit vom 24. November 2003 bis 14. Dezember 2003 fest.
Gegen den Sperrzeitbescheid vom 11. November 2003 legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, dass er bei Beginn seiner Tätigkeit für die Firma LGmbH noch nicht gewusst habe, dass die Anstellung befristet war. Denn der schriftliche Arbeitsvertrag sei ihm erst eine Woche nach Beginn der Beschäftigung zugegangen. Ohne die im Juli 2003 festgestellte Lähmung seines Armes, die eine Operation erforderlich gemacht habe, wäre sein Arbeitsvertrag verlängert worden. Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2004). Der Kläger habe durch die Eigenkündigung bei der Firma W in grob fahrlässiger Weise seine spätere Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Ohne weiteres habe er erkennen können, dass die Kündigung zur späteren Arbeitslosigkeit führen werde, da keine konkrete Aussicht auf einen unbefristeten Anschlussarbeitsplatz bestanden habe. Auf erneuten Antrag vom 5. Januar 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger nunmehr Arbeitslosengeld ab diesem Tag.
Mit der am 16. Februar 2004 beim Sozialgericht erhobenen Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Sperrzeitbescheides vom 11. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2004 und die Zahlung von Arbeitslosengeld ab 15. September 2003. Vor dem Sozialgericht haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass die dreiwöchige Sperrzeit wegen Nichtteilnahme an der Trainingsmaßnahme grundsätzlich bestehen bleibe und bei rechtskräftiger Aufhebung der zwölfwöchigen Sperrzeit ab 15. September 2003 entsprechend "vorrutschen" würde.
Durch Urteil vom 27. Mai 2004 hat das Sozialgericht die angegriffenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 15. September 2003 nicht infolge des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ruhe. Der Kläger habe seine Arbeitslosigkeit nicht grob fahrlässig durch Aufnahme eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses herbeigeführt. Denn es habe sich um ein Probearbeitsverhältnis gehandelt, das in die Gestalt eines befristeten Arbeitsvertrages eingekleidet gewesen sei. Die Umstände, insbesondere die Qualifizierung zum Staplerfahrer zeigten, dass der Kläger dauerhaft eingesetzt werden sollte.
Gegen das ihr am 29. Juni 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 28. Juli 2004. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei im Arbeitsvertrag keine Befristung für die übliche Dauer der Probezeit vorgesehen gewesen, vielmehr hätten Probezeit und Befristung nebeneinander bestanden. Abzustellen sei auf die bei Kündigung der vorherigen Beschäftigung am 31. Januar 2003 erkennbaren Umstände. Eine konkrete Aussicht, dass der Arbeitsvertrag über den vorgesehenen Endzeitpunkt vom 31. August 2003 hinaus verlängert werde, habe nicht bestanden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er sei noch bis in den August 2003 hinein von der Firma LGmbH angerufen worden, wann mit seiner Genesung zu rechnen sei. Schon vor Abschluss des Arbeitsvertrages sei er als Leiharbeiter der Firma W bei der Firma L GmbH beschäftigt gewesen und habe von seinen Kollegen erfahren, dass diese Zeitverträge regelmäßig verlängert würden. Deshalb sei er auch nach Erhalt des schriftlichen Arbeitsvertrags von einer Verlängerung ausgegangen. Im Übrigen habe nunmehr das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine nachträglich in einem schriftlichen Vertrag vereinbarte Befristung unwirksam sei, wenn vorher mündlich ein unbefristetes Anstellungsverhältnis vereinbart worden sei.
Der Senat hat eine Arbeitgeberauskunft von der Firma L GmbH eingeholt. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung kann keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht hat mit Recht den Bescheid vom 11. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2004 aufgehoben.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, weil die in ihm festgestellte Sperrzeit nicht eingetreten ist. Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III tritt eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ein, wenn der Arbeitslose ein Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Der Kläger hat zwar sein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma W durch Eigenkündigung vom 31. Januar 2003 zum 14. Februar 2003 selbst gelöst. Er kann sich aber jedenfalls auf einen wichtigen Grund berufen, so dass die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit nicht erfüllt sind.
Der Senat lässt dahingestellt, ob eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ab dem 1. September 2003 bereits deshalb nicht (mehr) eintreten konnte, weil der Kläger schon vor diesem Tag infolge der Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma W arbeitslos geworden war. Da das neue Arbeitsverhältnis bei der Firma LGmbH erst am 17. Februar 2003 begann, könnte der Kläger bereits am 15. und 16. Februar 2003 (die allerdings auf das Wochenende fielen) arbeitslos gewesen sein. Für den Beginn einer Sperrzeit ist nicht entscheidend, zu welchem Zeitpunkt eine Arbeitslosmeldung erfolgte oder Leistungen beantragt wurden (Bundessozialgericht [BSG], Urt. vom 26. Oktober 2004 – B 7 AL 98/03 R - = SozR 4-4300 § 144 Nr. 9). Eine nach § 144 Abs. 2 SGB II mit dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit am 15. Februar 2003 beginnende zwölfwöchige Sperrzeit wäre am 1. September 2003 jedoch beendet gewesen. Darauf kommt es hier indessen nicht an, weil auch bei angenommenem Beginn der Arbeitslosigkeit erst am 1. September 2003 keine Sperrzeit eingetreten ist.
Der Kläger hat sich nicht versicherungswidrig verhalten, indem er durch die Kündigung des bei der Firma W bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 14. Februar 2003 eine Ursache für seine spätere Arbeitslosigkeit ab dem 1. September 2003 selbst setzte. Ihm stand ein wichtiger Grund für sein Verhalten zur Seite, weswegen nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III der Eintritt einer Sperrzeit ausgeschlossen ist, ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger die Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Befristung zum 31. August 2003 voraussehen konnte. Der wichtige Grund war die ihm von der Firma L GmbH angebotene Stelle. Was als wichtiger Grund für die Lösung eines Arbeitsverhältnisses in Betracht kommt, ist in Abwägung der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer mit denen der Versichertengemeinschaft zu bestimmen (BSG, Urt. vom 26. Oktober 2004 – B 7 AL 98/03 R - = SozR 4-4300 § 144 Nr. 9). Die in Art. 12 des Grundgesetzes verbürgte Berufsfreiheit erfasst auch das Interesse eines Arbeitnehmers, aus einer unbefristeten Tätigkeit in eine befristete zu wechseln (BSG, a.a.O., Hessisches Landessozialgericht, Urt. v. 15. April 2005 – L 7/10 AL 119/04 -). Dies kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten für den betroffenen Arbeitnehmer als attraktiv darstellen. Im vorliegenden Fall eröffnete die Tätigkeit für die Firma L GmbH dem Kläger die Möglichkeit, ein Leiharbeitsunternehmen zu verlassen und insoweit in ein "Normalarbeitsverhältnis" zurückzukehren. Auch die Verdienstmöglichkeiten waren ungleich besser. Während der Kläger bei der Firma W monatlich 272,50 Euro bis 910.- Euro erhielt, zahlte ihm die Firma LGmbH Monatslöhne von 1.355,72 Euro bis 1.880,79 Euro. Der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages war die einzige Möglichkeit, diese Vorteile zu verwirklichen, da die L GmbH zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages nicht bereit war, wie sich aus der vom Senat eingeholten Auskunft ergibt.
Nachteilig für die Versichertengemeinschaft ist der Wechsel von einer unbefristeten Beschäftigung in eine befristete Tätigkeit, wenn bei letzterer das Risiko des Eintritts von Arbeitslosigkeit höher ist. Aber selbst unter dieser Voraussetzung muss berücksichtigt werden, dass sich die Bedeutung der befristeten Tätigkeiten in der Arbeitswelt verändert hat (BSG, Urt. vom 26. Oktober 2004 – B 7 AL 98/03 R - = SozR 4-4300 § 144 Nr. 9). Der Gesetzgeber hat insbesondere durch das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) vom 21. Dezember 2000 (BGBl I, S. 1966) die Möglichkeiten der Arbeitgeber erweitert, Arbeitskräfte befristet einzustellen. Es wäre widersprüchlich, den Unternehmern Möglichkeiten zur Nutzung neuer rechtlicher Gestaltungsformen zu eröffnen, den Arbeitnehmern aber gleichzeitig leistungsrechtliche Nachteile anzudrohen, wenn sie sich darauf einlassen. Die Firma L GmbH hat das TzBfG genutzt, sie hat in ihrem mit dem Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrag ausdrücklich auf § 14 Abs. 2 TzBfG Bezug genommen. Je mehr Möglichkeiten zum Abschluss befristeter Arbeitsverträge den Arbeitgebern gesetzlich eingeräumt werden, desto eher würde es einen verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl darstellen, wenn bei Arbeitnehmern das Eingehen eines befristeten Arbeitsverhältnisses als versicherungswidriges Verhalten sanktioniert würde und sie damit von Teilbereichen des Arbeitsmarktes ausgeschlossen wären.
Dieser Hintergrund ist auch dann zu beachten, wenn im Interesse der Versichertengemeinschaft für die Anerkennung eines wichtigen Grundes zumindest eine konkrete Aussicht auf Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages zu fordern ist (BSG, Urt. vom 26. Oktober 2004 – B 7 AL 98/03 R - = SozR 4-4300 § 144 Nr. 9). Diese konkrete Aussicht ist nicht – wie die Beklagte offenbar meint – auf Fälle beschränkt, in denen ein Rechtsanspruch auf Verlängerung vereinbart wurde. Es reicht aus, dass ernstzunehmende Anzeichen auf eine Fortsetzung der Beschäftigung hindeuten. Für eine zugunsten des Klägers anzunehmende konkrete Weiterbeschäftigungsaussicht spricht zunächst, dass der Betrieb der LGmbH, in dem er beschäftigt wurde, auf Dauer angelegt war und nicht etwa mit Ende der Befristung am 31. August 2003 eingestellt werden sollte. Es handelte sich auch nicht um eine zeitlich begrenzte Aufgabe. Ein Wegfall des Arbeitsplatzes war daher nicht zu erwarten. Vielmehr machte die Firma L GmbH lediglich von der ihr gesetzlich eröffneten Möglichkeit Gebrauch, das Arbeitsverhältnis zu befristen, ohne dass ein konkreter Grund für die Beendigung der Tätigkeit des Klägers zum vereinbarten Endzeitpunkt bestand. Es kommt hinzu, dass die Firma L GmbH den Kläger schon als Leiharbeiter vor der Einstellung in ihrem Betrieb hatte und durch den Staplerführerschein in seine Schulung investierte. Beides spricht für ein dauerhaftes Interesse an seiner Arbeitskraft, das dem Kläger vor der Kündigung signalisiert worden sein wird. Aus der vom Senat eingeholten Arbeitgeberauskunft ergibt sich, dass einige der vom Arbeitgeber im Jahr 2003 befristet eingestellten Mitarbeiter tatsächlich eine Vertragsverlängerung erhielten. Zu berücksichtigen ist auch, dass das Arbeitsverhältnis während einer längerfristigen Erkrankung des Klägers auslief. Deswegen ist nicht auszuschließen, dass es unter "normalen" Umständen verlängert worden wäre. Am 31. Januar 2003 bestand demnach eine hinreichend ernsthafte Aussicht der Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Befristung auch für den Kläger.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unter Berücksichtigung des Ergebnisses in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit.
Der im 1972 geborene Kläger war vom 20. August 2001 bis 19. Oktober 2001 als Unterhaltsreiniger bei der Firma R K G beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung. Vom 23. September 2002 bis 14. Februar 2003 stand der Kläger dann in einem Arbeitsverhältnis als Helfer bei der Gesellschaft für Personaldienstleistungen W, das er selbst am 31. Januar 2003 kündigte. Vom 17. Februar 2003 bis 31. August 2003 war der Kläger als Lagerarbeiter bei der Firma L GmbH beschäftigt. Bei Beendigung dieses Beschäftigungsverhältnisses war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt, er bezog Krankengeld bis zum 12. September 2003. Am 15. September 2003 meldete er sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er gab an, dass er die Firma W verlassen habe, weil er bei der L GmbH schon als Leiharbeiter gearbeitet habe. Dort sei ihm die Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses in Aussicht gestellt worden, auch habe er einen Staplerschein gemacht. Nach Vorlage des vom 13. Februar 2003 datierenden Arbeitsvertrages, in dem eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. August 2003 vereinbart war, stellte die Beklagte durch Bescheid vom 11. November 2003 den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. September 2003 bis 23. November 2003 fest. Der Kläger habe durch die Kündigung bei der Firma W zum 14. Februar 2003 seine später eingetretene Arbeitslosigkeit ursächlich herbeigeführt, weil das Anschlussarbeitsverhältnis von vornherein befristet gewesen sei. Die Beklagte hob die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 24. November 2003 durch Bescheid vom 21. November 2003 auf, weil der Kläger Anspruch auf Krankengeld habe.
Bei der Arbeitslosmeldung war der Kläger mit Schreiben vom 15. September 2003 aufgefordert worden, an einer Trainingsmaßnahme teilzunehmen. Der Kläger nahm nicht teil, er begründete sein Fernbleiben gegenüber der Beklagten damit, dass er das Angebot wegen anderweitiger Verpflichtungen "vergessen" habe. Daraufhin stellte die Beklagte durch Bescheid vom 5. Dezember 2003 den Eintritt einer weiteren Sperrzeit vom 24. November 2003 bis 14. Dezember 2003 fest.
Gegen den Sperrzeitbescheid vom 11. November 2003 legte der Kläger Widerspruch ein und machte geltend, dass er bei Beginn seiner Tätigkeit für die Firma LGmbH noch nicht gewusst habe, dass die Anstellung befristet war. Denn der schriftliche Arbeitsvertrag sei ihm erst eine Woche nach Beginn der Beschäftigung zugegangen. Ohne die im Juli 2003 festgestellte Lähmung seines Armes, die eine Operation erforderlich gemacht habe, wäre sein Arbeitsvertrag verlängert worden. Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2004). Der Kläger habe durch die Eigenkündigung bei der Firma W in grob fahrlässiger Weise seine spätere Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Ohne weiteres habe er erkennen können, dass die Kündigung zur späteren Arbeitslosigkeit führen werde, da keine konkrete Aussicht auf einen unbefristeten Anschlussarbeitsplatz bestanden habe. Auf erneuten Antrag vom 5. Januar 2004 gewährte die Beklagte dem Kläger nunmehr Arbeitslosengeld ab diesem Tag.
Mit der am 16. Februar 2004 beim Sozialgericht erhobenen Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des Sperrzeitbescheides vom 11. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2004 und die Zahlung von Arbeitslosengeld ab 15. September 2003. Vor dem Sozialgericht haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass die dreiwöchige Sperrzeit wegen Nichtteilnahme an der Trainingsmaßnahme grundsätzlich bestehen bleibe und bei rechtskräftiger Aufhebung der zwölfwöchigen Sperrzeit ab 15. September 2003 entsprechend "vorrutschen" würde.
Durch Urteil vom 27. Mai 2004 hat das Sozialgericht die angegriffenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 15. September 2003 nicht infolge des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ruhe. Der Kläger habe seine Arbeitslosigkeit nicht grob fahrlässig durch Aufnahme eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses herbeigeführt. Denn es habe sich um ein Probearbeitsverhältnis gehandelt, das in die Gestalt eines befristeten Arbeitsvertrages eingekleidet gewesen sei. Die Umstände, insbesondere die Qualifizierung zum Staplerfahrer zeigten, dass der Kläger dauerhaft eingesetzt werden sollte.
Gegen das ihr am 29. Juni 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 28. Juli 2004. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei im Arbeitsvertrag keine Befristung für die übliche Dauer der Probezeit vorgesehen gewesen, vielmehr hätten Probezeit und Befristung nebeneinander bestanden. Abzustellen sei auf die bei Kündigung der vorherigen Beschäftigung am 31. Januar 2003 erkennbaren Umstände. Eine konkrete Aussicht, dass der Arbeitsvertrag über den vorgesehenen Endzeitpunkt vom 31. August 2003 hinaus verlängert werde, habe nicht bestanden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er sei noch bis in den August 2003 hinein von der Firma LGmbH angerufen worden, wann mit seiner Genesung zu rechnen sei. Schon vor Abschluss des Arbeitsvertrages sei er als Leiharbeiter der Firma W bei der Firma L GmbH beschäftigt gewesen und habe von seinen Kollegen erfahren, dass diese Zeitverträge regelmäßig verlängert würden. Deshalb sei er auch nach Erhalt des schriftlichen Arbeitsvertrags von einer Verlängerung ausgegangen. Im Übrigen habe nunmehr das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass eine nachträglich in einem schriftlichen Vertrag vereinbarte Befristung unwirksam sei, wenn vorher mündlich ein unbefristetes Anstellungsverhältnis vereinbart worden sei.
Der Senat hat eine Arbeitgeberauskunft von der Firma L GmbH eingeholt. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung kann keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht hat mit Recht den Bescheid vom 11. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2004 aufgehoben.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, weil die in ihm festgestellte Sperrzeit nicht eingetreten ist. Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III tritt eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ein, wenn der Arbeitslose ein Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Der Kläger hat zwar sein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma W durch Eigenkündigung vom 31. Januar 2003 zum 14. Februar 2003 selbst gelöst. Er kann sich aber jedenfalls auf einen wichtigen Grund berufen, so dass die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit nicht erfüllt sind.
Der Senat lässt dahingestellt, ob eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ab dem 1. September 2003 bereits deshalb nicht (mehr) eintreten konnte, weil der Kläger schon vor diesem Tag infolge der Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma W arbeitslos geworden war. Da das neue Arbeitsverhältnis bei der Firma LGmbH erst am 17. Februar 2003 begann, könnte der Kläger bereits am 15. und 16. Februar 2003 (die allerdings auf das Wochenende fielen) arbeitslos gewesen sein. Für den Beginn einer Sperrzeit ist nicht entscheidend, zu welchem Zeitpunkt eine Arbeitslosmeldung erfolgte oder Leistungen beantragt wurden (Bundessozialgericht [BSG], Urt. vom 26. Oktober 2004 – B 7 AL 98/03 R - = SozR 4-4300 § 144 Nr. 9). Eine nach § 144 Abs. 2 SGB II mit dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit am 15. Februar 2003 beginnende zwölfwöchige Sperrzeit wäre am 1. September 2003 jedoch beendet gewesen. Darauf kommt es hier indessen nicht an, weil auch bei angenommenem Beginn der Arbeitslosigkeit erst am 1. September 2003 keine Sperrzeit eingetreten ist.
Der Kläger hat sich nicht versicherungswidrig verhalten, indem er durch die Kündigung des bei der Firma W bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 14. Februar 2003 eine Ursache für seine spätere Arbeitslosigkeit ab dem 1. September 2003 selbst setzte. Ihm stand ein wichtiger Grund für sein Verhalten zur Seite, weswegen nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III der Eintritt einer Sperrzeit ausgeschlossen ist, ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger die Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Befristung zum 31. August 2003 voraussehen konnte. Der wichtige Grund war die ihm von der Firma L GmbH angebotene Stelle. Was als wichtiger Grund für die Lösung eines Arbeitsverhältnisses in Betracht kommt, ist in Abwägung der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer mit denen der Versichertengemeinschaft zu bestimmen (BSG, Urt. vom 26. Oktober 2004 – B 7 AL 98/03 R - = SozR 4-4300 § 144 Nr. 9). Die in Art. 12 des Grundgesetzes verbürgte Berufsfreiheit erfasst auch das Interesse eines Arbeitnehmers, aus einer unbefristeten Tätigkeit in eine befristete zu wechseln (BSG, a.a.O., Hessisches Landessozialgericht, Urt. v. 15. April 2005 – L 7/10 AL 119/04 -). Dies kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten für den betroffenen Arbeitnehmer als attraktiv darstellen. Im vorliegenden Fall eröffnete die Tätigkeit für die Firma L GmbH dem Kläger die Möglichkeit, ein Leiharbeitsunternehmen zu verlassen und insoweit in ein "Normalarbeitsverhältnis" zurückzukehren. Auch die Verdienstmöglichkeiten waren ungleich besser. Während der Kläger bei der Firma W monatlich 272,50 Euro bis 910.- Euro erhielt, zahlte ihm die Firma LGmbH Monatslöhne von 1.355,72 Euro bis 1.880,79 Euro. Der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages war die einzige Möglichkeit, diese Vorteile zu verwirklichen, da die L GmbH zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages nicht bereit war, wie sich aus der vom Senat eingeholten Auskunft ergibt.
Nachteilig für die Versichertengemeinschaft ist der Wechsel von einer unbefristeten Beschäftigung in eine befristete Tätigkeit, wenn bei letzterer das Risiko des Eintritts von Arbeitslosigkeit höher ist. Aber selbst unter dieser Voraussetzung muss berücksichtigt werden, dass sich die Bedeutung der befristeten Tätigkeiten in der Arbeitswelt verändert hat (BSG, Urt. vom 26. Oktober 2004 – B 7 AL 98/03 R - = SozR 4-4300 § 144 Nr. 9). Der Gesetzgeber hat insbesondere durch das Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) vom 21. Dezember 2000 (BGBl I, S. 1966) die Möglichkeiten der Arbeitgeber erweitert, Arbeitskräfte befristet einzustellen. Es wäre widersprüchlich, den Unternehmern Möglichkeiten zur Nutzung neuer rechtlicher Gestaltungsformen zu eröffnen, den Arbeitnehmern aber gleichzeitig leistungsrechtliche Nachteile anzudrohen, wenn sie sich darauf einlassen. Die Firma L GmbH hat das TzBfG genutzt, sie hat in ihrem mit dem Kläger abgeschlossenen Arbeitsvertrag ausdrücklich auf § 14 Abs. 2 TzBfG Bezug genommen. Je mehr Möglichkeiten zum Abschluss befristeter Arbeitsverträge den Arbeitgebern gesetzlich eingeräumt werden, desto eher würde es einen verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl darstellen, wenn bei Arbeitnehmern das Eingehen eines befristeten Arbeitsverhältnisses als versicherungswidriges Verhalten sanktioniert würde und sie damit von Teilbereichen des Arbeitsmarktes ausgeschlossen wären.
Dieser Hintergrund ist auch dann zu beachten, wenn im Interesse der Versichertengemeinschaft für die Anerkennung eines wichtigen Grundes zumindest eine konkrete Aussicht auf Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages zu fordern ist (BSG, Urt. vom 26. Oktober 2004 – B 7 AL 98/03 R - = SozR 4-4300 § 144 Nr. 9). Diese konkrete Aussicht ist nicht – wie die Beklagte offenbar meint – auf Fälle beschränkt, in denen ein Rechtsanspruch auf Verlängerung vereinbart wurde. Es reicht aus, dass ernstzunehmende Anzeichen auf eine Fortsetzung der Beschäftigung hindeuten. Für eine zugunsten des Klägers anzunehmende konkrete Weiterbeschäftigungsaussicht spricht zunächst, dass der Betrieb der LGmbH, in dem er beschäftigt wurde, auf Dauer angelegt war und nicht etwa mit Ende der Befristung am 31. August 2003 eingestellt werden sollte. Es handelte sich auch nicht um eine zeitlich begrenzte Aufgabe. Ein Wegfall des Arbeitsplatzes war daher nicht zu erwarten. Vielmehr machte die Firma L GmbH lediglich von der ihr gesetzlich eröffneten Möglichkeit Gebrauch, das Arbeitsverhältnis zu befristen, ohne dass ein konkreter Grund für die Beendigung der Tätigkeit des Klägers zum vereinbarten Endzeitpunkt bestand. Es kommt hinzu, dass die Firma L GmbH den Kläger schon als Leiharbeiter vor der Einstellung in ihrem Betrieb hatte und durch den Staplerführerschein in seine Schulung investierte. Beides spricht für ein dauerhaftes Interesse an seiner Arbeitskraft, das dem Kläger vor der Kündigung signalisiert worden sein wird. Aus der vom Senat eingeholten Arbeitgeberauskunft ergibt sich, dass einige der vom Arbeitgeber im Jahr 2003 befristet eingestellten Mitarbeiter tatsächlich eine Vertragsverlängerung erhielten. Zu berücksichtigen ist auch, dass das Arbeitsverhältnis während einer längerfristigen Erkrankung des Klägers auslief. Deswegen ist nicht auszuschließen, dass es unter "normalen" Umständen verlängert worden wäre. Am 31. Januar 2003 bestand demnach eine hinreichend ernsthafte Aussicht der Weiterbeschäftigung nach Ablauf der Befristung auch für den Kläger.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unter Berücksichtigung des Ergebnisses in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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