Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 48/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 3/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 97/06 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. August 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenerstattung einer Laserbehandlung der Augen.
1.
Die 1980 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin beantragte am 23.09.2004, die Kosten einer Augen-Laseroperation zu übernehmen, weil die letzte Untersuchung eine Fehlsichtigkeit von -10 dpt beidseits ergeben habe. Mit Bescheid vom 27.09.2004 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab, weil die Laseroperation nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen sei.
Am Folgetag wurde bei der Klägerin die Laseroperation durchgeführt, wofür der behandelnde Arzt Dr.L. am 02.12.2004 Euro 3.493,93 berechnete.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 27.09.2004 legte die Klägerin unter Hinweis auf die im Bescheid nicht enthaltene Rechtsmittelbelehrung am 26. Oktober 2004 Widerspruch ein mit der Begründung, die Beklagte sei zur Kostenerstattung für die unerlässliche Augenbehandlung verpflichtet. Es habe Erblindung gedroht, welche mit keiner anderen Behandlungsmethode hätte verhindert werden können. Sie werde ein Studium der Forstwissenschaften binnen kurzem abschließen und wolle in den Staatsdienst übernommen werden, für welchen sie mit der unoperierten Sehschwäche aus gesundheitlichen Gründen nicht in Betracht käme. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe versagt, so dass die Beklagte im Rahmen einer Pflicht zur humanen Krankenbehandlung die Kosten erstatten müsse. Zudem habe die Klägerin ihre Fehlsichtigkeit mittels Kontaktlinsen nicht korrigieren können, weil sie diese wegen fehlenden Tränenflusses nicht habe tragen können.
Der MDK teilte in einer Stellungnahme vom 22.12.2004 mit, die Fehlsichtigkeit der Klägerin habe durch normale Brillengläser korrigiert werden können, auch bei fehlender Augenflüssigkeit sei eine Kontaktlinsenversorgung möglich bei Anwendung von Tränenersatzmitteln. Die vorgenommene refraktive Laserchirurgie sei ein Eingriff am gesunden Organ, welcher gemäß Anlage B der auf gesetzlicher Grundlage erlassenen Richtlinien nicht übernommen werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2005 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung ab, weil die Augenoperationen mittels Laser keine anerkannte Behandlungsmethode darstelle. Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses seien verbindlich, die angefallenen Kosten könnten nicht übernommen werden.
2.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg hat die Klägerin Kostenerstattung beantragt und vorgetragen, die Versorgung mit einer Brille sei nicht in Frage gekommen, weil die Gläserstärke Bildfehler verursacht hätte. Weil die Klägerin nie eine Satzung der Beklagten erhalten habe, führe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Kostenerstattungspflicht. Die Beklagte habe die Klägerin nicht ausreichend informiert und die gesetzlichen Möglichkeiten nicht hinreichend benannt. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe keine legislative Kompetenz, so dass er weitreichende Entscheidungen, wie die der streitgegenständlichen Ablehnung zugrundeliegende, nicht treffen dürfe.
Mit Urteil vom 4. August 2005 hat das Sozialgericht die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die durchgeführte Laserbehandlung sei medizinisch nicht erforderlich gewesen, Dr.L. habe lediglich eine relative Indikation gestellt. Die Herstellung einer Fehlsichtigkeit von maximal 3 dpt mit dem Ziel, die Aufnahme in den Staatsdienst zu ermöglichen, begründe nicht die medizinische Notwendigkeit im gesetzlichen Sinne. Erblindung habe nicht gedroht. Zudem habe der Gemeinsame Bundesausschuss eine negative Empfehlung für das streitige Laseroperationsverfahren der Augen gegeben, die Krankenversicherung dürfe dieses deshalb nicht zur Verfügung stellen und die entsprechenden Kosten nicht erstatten. Ein Systemversagen liege nicht vor, weil die Entscheidung des Bundesausschusses aus dem Jahre 1993 nicht willkürlich oder sachfremd gefallen sei und seither kein Anlass bestanden habe, anderweitig zu entscheiden. Insbesondere fehle es an wissenschaftlichen Publikationen, die Anlass zu einer anderweitigen Entscheidung oder Überprüfung gegeben hätten. Beratungs- oder Hinweisverschulden der Beklagten seien nicht ersichtlich, weil die Klägerin sich nicht mit der Bitte um Beratung oder Aufklärung an die Beklagte gewandt habe.
3.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens zusätzlich geltend gemacht, sie sei bei ihrer starken Fehlsichtigkeit als Behinderte im Sinne des Rehabilitationsrechts anzusehen, so dass sie die Kostenerstattung als Wiedereingliederungsmaßnahme begehren könne. Die Laseroperation sei von der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft empfohlen, so dass es sich um eine wissenschaftlich belegte, zuzulassende Methode der Augenheilkunde handle. Die Operation sei erfolgreich gewesen, die Fehlsichtigkeit auf Dauer korrigiert.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 4. August 2005 und des Bescheides vom 27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2005 zu verurteilen, ihr die Kosten der Laserbehandlung durch Dr. L. gemäß Rechnung vom 2. Dezember 2004 in Höhe von Euro 3.493,93 nebst Verzinsung ab Ablehnung vom 27.09.2005 mit 5 v.H. über dem Basiszinssatz zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. August 2005 zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2006, in welcher der Klägerin Auszüge einer Studie zum streitgegenständlichen Verfahren vom Februar 2003 übergeben worden sind, waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151, 153 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2005, mit welchem sie es abgelehnt hat, der Klägerin gemäß Antrag vom 23. September 2004 die Kosten der Excimer-Laserbehandlung durch Dr. L. zu erstatten. Diese Entscheidung ist zu Recht ergangen, wie dies das sozialgerichtliche Urteil vom 4. August 2005 zutreffend ausgesprochen hat. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die entsprechende Kostenerstattung. Insoweit folgt der Senat in der Zurückweisung der Berufung den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Augsburg und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs.2 SGG.
Erläuternd ist auszuführen, dass Entscheidungen des Bundesausschusses über den Ausschluss bestimmter Methoden Verwaltung und Gerichte im Grundsatz ebenso binden, wie wenn die Entscheidung vom Gesetzgeber selbst getroffen worden wäre (vgl. BSGE 86, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr.14; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr.1 Satz 1). Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehende Regelung des Bundesausschusses nicht von der Ermächtigungsgrundlage (§ 135 Abs.1 Satz 1, § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V) gedeckt oder die Regelung nicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren zustande gekommen ist, sind nicht zu erkennen. Der Ausschluss nicht anerkannter Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aus der vertragsärztlichen Versorgung nach Maßgabe des § 135 Abs.1 SGB V und die damit einhergehende Beschränkung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung verletzt auch kein Verfassungsrecht. Die im Schrifttum gegen die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen auf die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände (vgl. z.B. von Zezschwitz, Freundesgabe für Söllner, 1990, 645; Papier, VSSR 1990, 123, 130 ff.; Wimmer, NJW 1995, 1577; ders, MedR 1996, 425; Ossenbühl, NZS 1997,497) teilt der Senat im Anschluss an die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht (vgl. z.B. BSGE 81, 73, 80 ff. = SozR 3-2500 § 92 Nr.7 S.55 ff.; BSGE 82, 41, 46 ff. = SozR 3-2500 § 103 Nr.2 S.15 ff.; BSGE 85, 36, 44 f. = SozR 3-2500 § 27 Nr.11 S.45 m.w.N.; Urteil vom 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R).
Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus den Grundsätzen des sog. Systemversagens. Ungeachtet des in § 135 Abs.1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des Senats eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog. "Systemversagen"). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs.1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSGE 81, 54, 65 f. = SozR 3-2500 § 135 Nr.4 S.21; SozR 3-2500 § 92 Nr.12 S.70: "rechtswidrige Untätigkeit des Bundesausschusses"). Einen solchen Fall des Systemversagens hat das SG zutreffend verneint, insbesondere ergeben sich aus der im Februar 2003 veröffentlichten, 252 Seiten umfassenden wissenschaftlichen Studie "Die Verwendung des Excimer Lasers in der refraktiven Augenchirurgie", dass ausreichende medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zur Langzeitwirkung nicht vorliegen und dass ökonomische Erwägungen (entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsgebot in § 2 Abs.1 SGB V) gegen eine Aufnahme des strittigen Verfahrens in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung sprechen.
Zudem ist die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie die Kostenerstattung für die streitige Augenbehandlung auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Wiedereingliederung nach dem SGB IX begehren kann. Denn der Leistungsumfang des für die Beklagten gültigen Rechtes der gesetzlichen Krankenversicherung, wie es das SGB V kodifiziert hat, wird durch die Normen des SGB IX nicht erweitert (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2003 - B 3 KR 23/02 R; Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 23.03.2006 - L 4 KR 279/04). Aus der Begründung des Gesetzentwurfes eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (Bundestagsdrucksache 14/5074 S.94) ergibt sich, dass der generelle Vorrang der besonderen Rechtsvorschriften der einzelnen Leistungsträger auch weiterhin gelten sollte. Denn das gegliederte System der gesetzlichen Sozialversicherung sollte unverändert bleiben, da sich dieses ebenso wie die "Einbindung" der Leistungen zur Rehabilitation und Eingliederung behinderter Menschen in das Leistungsrecht und die Leistungspraxis der einzelnen Rehabilitationsträger nicht einheitlich regeln lässt. Nur falls besondere Bestimmungen hinsichtlich eines Gegenstandes, des Umfanges oder der Ausführung der Leistungen nicht getroffen sein sollten, können die allgemeinen Regelungen des Neunten Buches Sozialgesetzbuch gelten. Dementsprechend verweist § 4 Abs.2 Satz 2 SGB IX hinsichtlich des Leistungsrechts der Rehabilitation zurück auf die besonderen Rechtsvorschriften, hier des Sozialgesetzbuches V. Über das Recht der Rehabiliation kann die Klägerin somit nicht mehr verlangen, als die Beklagte ihr aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung schuldet.
Die Berufung der Klägerin musste deshalb in vollem Umfang ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenerstattung einer Laserbehandlung der Augen.
1.
Die 1980 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin beantragte am 23.09.2004, die Kosten einer Augen-Laseroperation zu übernehmen, weil die letzte Untersuchung eine Fehlsichtigkeit von -10 dpt beidseits ergeben habe. Mit Bescheid vom 27.09.2004 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab, weil die Laseroperation nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen sei.
Am Folgetag wurde bei der Klägerin die Laseroperation durchgeführt, wofür der behandelnde Arzt Dr.L. am 02.12.2004 Euro 3.493,93 berechnete.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 27.09.2004 legte die Klägerin unter Hinweis auf die im Bescheid nicht enthaltene Rechtsmittelbelehrung am 26. Oktober 2004 Widerspruch ein mit der Begründung, die Beklagte sei zur Kostenerstattung für die unerlässliche Augenbehandlung verpflichtet. Es habe Erblindung gedroht, welche mit keiner anderen Behandlungsmethode hätte verhindert werden können. Sie werde ein Studium der Forstwissenschaften binnen kurzem abschließen und wolle in den Staatsdienst übernommen werden, für welchen sie mit der unoperierten Sehschwäche aus gesundheitlichen Gründen nicht in Betracht käme. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe versagt, so dass die Beklagte im Rahmen einer Pflicht zur humanen Krankenbehandlung die Kosten erstatten müsse. Zudem habe die Klägerin ihre Fehlsichtigkeit mittels Kontaktlinsen nicht korrigieren können, weil sie diese wegen fehlenden Tränenflusses nicht habe tragen können.
Der MDK teilte in einer Stellungnahme vom 22.12.2004 mit, die Fehlsichtigkeit der Klägerin habe durch normale Brillengläser korrigiert werden können, auch bei fehlender Augenflüssigkeit sei eine Kontaktlinsenversorgung möglich bei Anwendung von Tränenersatzmitteln. Die vorgenommene refraktive Laserchirurgie sei ein Eingriff am gesunden Organ, welcher gemäß Anlage B der auf gesetzlicher Grundlage erlassenen Richtlinien nicht übernommen werden könne.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2005 lehnte die Beklagte die Kostenerstattung ab, weil die Augenoperationen mittels Laser keine anerkannte Behandlungsmethode darstelle. Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses seien verbindlich, die angefallenen Kosten könnten nicht übernommen werden.
2.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg hat die Klägerin Kostenerstattung beantragt und vorgetragen, die Versorgung mit einer Brille sei nicht in Frage gekommen, weil die Gläserstärke Bildfehler verursacht hätte. Weil die Klägerin nie eine Satzung der Beklagten erhalten habe, führe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Kostenerstattungspflicht. Die Beklagte habe die Klägerin nicht ausreichend informiert und die gesetzlichen Möglichkeiten nicht hinreichend benannt. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe keine legislative Kompetenz, so dass er weitreichende Entscheidungen, wie die der streitgegenständlichen Ablehnung zugrundeliegende, nicht treffen dürfe.
Mit Urteil vom 4. August 2005 hat das Sozialgericht die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die durchgeführte Laserbehandlung sei medizinisch nicht erforderlich gewesen, Dr.L. habe lediglich eine relative Indikation gestellt. Die Herstellung einer Fehlsichtigkeit von maximal 3 dpt mit dem Ziel, die Aufnahme in den Staatsdienst zu ermöglichen, begründe nicht die medizinische Notwendigkeit im gesetzlichen Sinne. Erblindung habe nicht gedroht. Zudem habe der Gemeinsame Bundesausschuss eine negative Empfehlung für das streitige Laseroperationsverfahren der Augen gegeben, die Krankenversicherung dürfe dieses deshalb nicht zur Verfügung stellen und die entsprechenden Kosten nicht erstatten. Ein Systemversagen liege nicht vor, weil die Entscheidung des Bundesausschusses aus dem Jahre 1993 nicht willkürlich oder sachfremd gefallen sei und seither kein Anlass bestanden habe, anderweitig zu entscheiden. Insbesondere fehle es an wissenschaftlichen Publikationen, die Anlass zu einer anderweitigen Entscheidung oder Überprüfung gegeben hätten. Beratungs- oder Hinweisverschulden der Beklagten seien nicht ersichtlich, weil die Klägerin sich nicht mit der Bitte um Beratung oder Aufklärung an die Beklagte gewandt habe.
3.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und unter Wiederholung des bisherigen Vorbringens zusätzlich geltend gemacht, sie sei bei ihrer starken Fehlsichtigkeit als Behinderte im Sinne des Rehabilitationsrechts anzusehen, so dass sie die Kostenerstattung als Wiedereingliederungsmaßnahme begehren könne. Die Laseroperation sei von der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft empfohlen, so dass es sich um eine wissenschaftlich belegte, zuzulassende Methode der Augenheilkunde handle. Die Operation sei erfolgreich gewesen, die Fehlsichtigkeit auf Dauer korrigiert.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 4. August 2005 und des Bescheides vom 27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2005 zu verurteilen, ihr die Kosten der Laserbehandlung durch Dr. L. gemäß Rechnung vom 2. Dezember 2004 in Höhe von Euro 3.493,93 nebst Verzinsung ab Ablehnung vom 27.09.2005 mit 5 v.H. über dem Basiszinssatz zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 4. August 2005 zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2006, in welcher der Klägerin Auszüge einer Studie zum streitgegenständlichen Verfahren vom Februar 2003 übergeben worden sind, waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151, 153 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2005, mit welchem sie es abgelehnt hat, der Klägerin gemäß Antrag vom 23. September 2004 die Kosten der Excimer-Laserbehandlung durch Dr. L. zu erstatten. Diese Entscheidung ist zu Recht ergangen, wie dies das sozialgerichtliche Urteil vom 4. August 2005 zutreffend ausgesprochen hat. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die entsprechende Kostenerstattung. Insoweit folgt der Senat in der Zurückweisung der Berufung den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Augsburg und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 153 Abs.2 SGG.
Erläuternd ist auszuführen, dass Entscheidungen des Bundesausschusses über den Ausschluss bestimmter Methoden Verwaltung und Gerichte im Grundsatz ebenso binden, wie wenn die Entscheidung vom Gesetzgeber selbst getroffen worden wäre (vgl. BSGE 86, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr.14; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr.1 Satz 1). Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehende Regelung des Bundesausschusses nicht von der Ermächtigungsgrundlage (§ 135 Abs.1 Satz 1, § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V) gedeckt oder die Regelung nicht in dem dafür vorgesehenen Verfahren zustande gekommen ist, sind nicht zu erkennen. Der Ausschluss nicht anerkannter Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aus der vertragsärztlichen Versorgung nach Maßgabe des § 135 Abs.1 SGB V und die damit einhergehende Beschränkung des Leistungsumfangs der gesetzlichen Krankenversicherung verletzt auch kein Verfassungsrecht. Die im Schrifttum gegen die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen auf die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände (vgl. z.B. von Zezschwitz, Freundesgabe für Söllner, 1990, 645; Papier, VSSR 1990, 123, 130 ff.; Wimmer, NJW 1995, 1577; ders, MedR 1996, 425; Ossenbühl, NZS 1997,497) teilt der Senat im Anschluss an die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht (vgl. z.B. BSGE 81, 73, 80 ff. = SozR 3-2500 § 92 Nr.7 S.55 ff.; BSGE 82, 41, 46 ff. = SozR 3-2500 § 103 Nr.2 S.15 ff.; BSGE 85, 36, 44 f. = SozR 3-2500 § 27 Nr.11 S.45 m.w.N.; Urteil vom 27.09.2005, B 1 KR 28/03 R).
Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus den Grundsätzen des sog. Systemversagens. Ungeachtet des in § 135 Abs.1 SGB V statuierten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann nach der Rechtsprechung des Senats eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem Bundesausschuss trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog. "Systemversagen"). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs.1 SGB V vorausgesetzte Aktualisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das Anwendungsverbot erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl. BSGE 81, 54, 65 f. = SozR 3-2500 § 135 Nr.4 S.21; SozR 3-2500 § 92 Nr.12 S.70: "rechtswidrige Untätigkeit des Bundesausschusses"). Einen solchen Fall des Systemversagens hat das SG zutreffend verneint, insbesondere ergeben sich aus der im Februar 2003 veröffentlichten, 252 Seiten umfassenden wissenschaftlichen Studie "Die Verwendung des Excimer Lasers in der refraktiven Augenchirurgie", dass ausreichende medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zur Langzeitwirkung nicht vorliegen und dass ökonomische Erwägungen (entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsgebot in § 2 Abs.1 SGB V) gegen eine Aufnahme des strittigen Verfahrens in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung sprechen.
Zudem ist die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie die Kostenerstattung für die streitige Augenbehandlung auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Wiedereingliederung nach dem SGB IX begehren kann. Denn der Leistungsumfang des für die Beklagten gültigen Rechtes der gesetzlichen Krankenversicherung, wie es das SGB V kodifiziert hat, wird durch die Normen des SGB IX nicht erweitert (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.2003 - B 3 KR 23/02 R; Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 23.03.2006 - L 4 KR 279/04). Aus der Begründung des Gesetzentwurfes eines Sozialgesetzbuchs - Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (Bundestagsdrucksache 14/5074 S.94) ergibt sich, dass der generelle Vorrang der besonderen Rechtsvorschriften der einzelnen Leistungsträger auch weiterhin gelten sollte. Denn das gegliederte System der gesetzlichen Sozialversicherung sollte unverändert bleiben, da sich dieses ebenso wie die "Einbindung" der Leistungen zur Rehabilitation und Eingliederung behinderter Menschen in das Leistungsrecht und die Leistungspraxis der einzelnen Rehabilitationsträger nicht einheitlich regeln lässt. Nur falls besondere Bestimmungen hinsichtlich eines Gegenstandes, des Umfanges oder der Ausführung der Leistungen nicht getroffen sein sollten, können die allgemeinen Regelungen des Neunten Buches Sozialgesetzbuch gelten. Dementsprechend verweist § 4 Abs.2 Satz 2 SGB IX hinsichtlich des Leistungsrechts der Rehabilitation zurück auf die besonderen Rechtsvorschriften, hier des Sozialgesetzbuches V. Über das Recht der Rehabiliation kann die Klägerin somit nicht mehr verlangen, als die Beklagte ihr aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung schuldet.
Die Berufung der Klägerin musste deshalb in vollem Umfang ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
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