L 5 KR 72/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KR 303/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 72/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20.01.2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Kostenerstattung betreffend die stationäre Behandlung in der H.-Klinik vom 19.08. bis 30.09.2003 in Höhe von 7.077,00 EUR.

Die Kläger sind die Söhne und Erben der 1937 geborenen und am 16.12.2003 verstorbenen A. G. , die bei der Beklagten versichert war. Sie litt unter einem Adenokarzinom des Pankreaskopfes und wurde deshalb vom 05.02. bis 27.02.2003 stationär und anschließend vom 04.03. bis 08.04.2003 in der F.klinik im Rahmen einer Anschlussheilbehandlung behandelt. Ab Januar 2003 erhielt sie Leistungen der Pflegestufe I.

Am 30.06.2003 ging bei der Beklagten eine Verordnung von Krankenhausbehandlung in der H.-Klinik durch den Allgemeinmediziner/Naturheilverfahren Dr.L. ein, der ein Attest über die Notwendigkeit intensiver immunbiologischer Behandlung beigefügt war. In einem Fragebogen der Beklagten bejahte Dr.L. am 03.07.2003 die Notwendigkeit stationärer Leistungen zur Rehabilitation. Auf den gleichlautenden Antrag der Versicherten vom 03.07.2003 wurde eine Stellungnahme des MDK durch den Internisten Dr.H. eingeholt. Dieser hielt eine ambulante wohnortnahe Therapie für ausreichend und bejahte keine Indikation für eine vorfristige stationäre Maßnahme drei Monate nach der letzten Reha-Maßnahme. Hierüber unterrichtete die Beklagte die Versicherte mit Schreiben vom 09.07.2003 und forderte sie zur Stellungnahme auf.

Am 28.08.2003 ging ein Attest der H.-Klinik vom 27.08.2003 ein, wonach sich die Versicherte dort seit 19.08.2003 zur ganzheitlichen Behandlung und niedrigdosierten Chemotherapie mit lokaler Tiefenhyperthermie befinde. Letztere finde aufgrund der aktuellen Krankheitsentwicklung statt, eine Kur oder Reha-Maßnahme, wie sie üblicherweise von der Beklagten gewährt werde, sei unwirtschaftlich, es handle sich hier vielmehr um eine medizinisch notwendige Behandlung eines aktuellen Leidens mit den besonderen Mitteln einer darauf spezialisierten Klinik.

Die Beklagte hörte erneut den MDK (Dr.H. am 03.09.2003), der ausführte, die erforderliche Therapie bei einem Lokalrezidiv und mindestens zwei Lebermetastasen sei auch wohnortnah möglich, zunächst ambulant und gegebenenfalls stationär. Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag auf eine stationäre Reha-Maßnahme mit Bescheid vom 05.09.2003 ab.

Am 15.10.2003 ging ein Widerspruch der Versicherten ein, dem ein ärztliches Attest der H.-Klinik beigefügt war. Die Versicherte teilte mit, die stationäre Reha habe nach kurzem Aufenthalt in eine Akutbehandlung umgewandelt werden müssen. Sie habe kein Vertrauen in wohnortnahe Krankenhäuser und andere Versicherte der Beklagten erhielten die Kosten der Behandlung durch die H.-Klinik erstattet. Der Bevollmächtigte ergänzte, die Beklagte habe der Klägerin keine gleichartige oder erfolgreichere Behandlungsmethode benannt. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die H.-Klinik sei kein zugelassenes Krankenhaus und nur berechtigt, Vorsorge- und Reha-Maßnahmen durchzuführen. Eine vorzeitige Reha-Maßnahme vor Ablauf vor vier Jahren sei entsprechend den Einlassungen des MDK nicht notwendig gewesen.

Dagegen hat die Versicherte am 09.12.2003 Klage erhoben und geltend gemacht, neben dem H.-Klinik-Konzept hätten nur palliative Methoden zur Verfügung gestanden. Von Seiten der Beklagten sei keine gleichwertige Behandlung angeboten worden. Bei schweren Erkrankungen sei ein großzügiger Maßstab anzulegen.

Das Sozialgericht Würzburg hat die Klage am 20.01.2005 abgewiesen. § 13 Abs.3 SGB V käme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, wobei die Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung offen bleiben könne. Jedenfalls sei die Kostenübernahme als stationäre Krankenhausbehandlung ausgeschlossen, weil die H.-Klinik kein zugelassenes Krankenhaus sei. Als stationäre Reha-Maßnahme könne die Maßnahme nicht übernommen werden, da eine vorzeitige Rehabilitationsmaßnahme medizinisch nicht notwendig gewesen sei. Die Klinik selbst bescheinige die Unwirtschaftlichkeit einer herkömmlichen Reha-Maßnahme und eine dringende Erforderlichkeit sei nicht erkennbar. Der Versicherte habe generell keinen Anspruch auf eine spezielle Therapie, der Verweis auf Onkologen, Vertragsärzte und Vertragskliniken sei ausreichend.

Gegen dieses am 03.03.2005 zugestellte Urteil haben die Kläger am 01.04.2005 Berufung eingelegt. Sie haben vorgetragen, die spezielle Behandlung in der H.-Klinik sei wegen der Schwere der Krankheit notwendig gewesen, nachdem die Schulmedizin erschöpft gewesen sei. Zumindest hätte das Sozialgericht ein neutrales Gutachten einholen müssen.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20. Januar 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 05.09.2003 sowie des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2003 zu verurteilen, ihnen die Kosten für die in der Zeit vom 19.08.2003 bis zum 30.09.2003 in der H.-Klinik durchgeführte Maßnahme in Höhe von 7.077,00 EUR zu erstatten und gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20. Januar 2005 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakte, der Akte des Sozialgerichts Würzburg sowie der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20.01.2005 ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 05.09.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2003. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten, die anlässlich des Aufenthalts ihrer Mutter in der H.-Klinik im Sommer 2003 entstanden sind.

Zutreffend und ausführlich hat das Sozialgericht Würzburg die mögliche Anspruchsgrundlage sowie die Gründe dafür dargestellt, weshalb die Behandlung in der H.-Klinik nicht vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gedeckt ist. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird daher gemäß § 153 Abs.2 SGG abgesehen.

Die Versicherte hat stationäre Krankenhausbehandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus in Anspruch genommen. Vom Grundsatz des § 39 Abs.1 Satz 2 SGB V, dass Anspruch nur auf Behandlungen in einem zugelassenen Krankenhaus besteht, werden unter anderem für Systemstörungen Ausnahmen gemacht. Hierauf nimmt der Klägerbevollmächtigte in seiner Berufungsschrift vom 05.04.2005 Bezug, wenn er geltend macht, es gebe anderweitig in Deutschland kein alternatives Konzept. Zweifel daran, dass ein derartiges Konzept, wie in der H.-Klink entwickelt, von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht angeboten wird, ergeben sich bereits daraus, dass die H.-Klinik mit allen Pflicht- und Ersatzkassen einen Vertrag nach § 111 SGB V abgeschlossen hat. Die darin angebotenen Maßnahmen werden also als Maßnahmen der Rehabilitation unter den dort notwendigen Voraussetzungen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung gewährt.

Es kann dahinstehen, ob das in der H.-Klinik vertretene alternative Behandlungskonzept von der gesetzlichen Krankenversicherung in bestimmten Krankenhäusern auch als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung angeboten wird. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, scheiterte ein Anspruch aus § 13 Abs.3 SGB V daran, dass für die Behandlung der Versicherten ab August 2003 nach wie vor eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung stand. Die H.-Klinik selbst hat diese in Form der Chemotherapie angewandt. Ob eventuell weitere Maßnahmen zur Verfügung gestanden hätten, wurde nicht weiter abgeklärt, weil die Versicherte keine Leistungen beispielsweise eines Onkologen in Anspruch genommen hat. Der MDK hat in seinem Gutachten vom 03.09.2003 angesichts des in Bad M. festgestellten Lokalrezidivs und mindestens zweier Lebermetastasen eine Mitbehandlung durch einen niedergelassenen Onkologen empfohlen und, falls dies nicht ausreiche, eine intermittierende stationäre Krankenhausbehandlung zum Beispiel zum Zweck einer Chemotherapie. Die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (Az.: 1 BvR 347/98) enthaltene Prämisse, dass nämlich eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, war vorliegend daher nicht gegeben.

Die Kosten sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer selbst beschafften stationären Reha-Maßnahme zu übernehmen. Voraussetzung hierfür wäre, dass es die Beklagte zu Unrecht abgelehnt hat, stationäre Reha zu bewilligen (§ 13 Abs.3 Satz 2 SGB V i.V.m. § 15 Abs.1 Satz 4 SGB IX). Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß § 40 SGB V können nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden, deren Kosten aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich (§ 40 Abs.3 Satz 4 SGB V). Unaufschiebbar ist eine Behandlung, wenn sie zum Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs mehr bestand (BSG, Urteil vom 25.09.2000, B 1 KR 5/99 R). Der Versicherten war vom 04.03. bis 08.04.2003 eine Anschlussheilbehandlung in der F.klinik bewilligt worden, die laut Abschlussbericht eine subjektiv spürbare und objektiv nachweisbare Verbesserung der allgemeinen körperlichen Belastbarkeit erbracht hat. Im Zusammenhang mit der Pflegebegutachtung im Mai 2003 ist kein erneuter Therapiebedarf angemeldet worden. Auch aus dem im Juni 2003 erstellten Attest der H.-Klinik, das allgemein die Vorzüge der dort gewährten intensiven immunbiologischen Behandlung preist, wird nicht auf die besondere Dringlichkeit im Fall der Klägerin eingegangen. Aus dem nach Beginn der Behandlung schließlich am 27.08.2003 erstellten ärztlichen Attest geht aber hervor, dass dort eine medizinisch notwendige Behandlung eines aktuellen Leidens mit den besonderen Mitteln einer darauf spezialisierten Klinik bejaht, nicht hingegen die Dringlichkeit einer Reha-Maßnahme gesehen wurde.

Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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