Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 11 R 273/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 R 1668/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 22. September 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der geborene Kläger begehrt von der Beklagten, die seit dem 01. Oktober 2005 Deutsche Rentenversicherung Bund Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme heißt, die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) für die Zeit vom 01. August 1974 bis zum 30. Juni 1990 sowie der während dieses Zeitraums tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste.
Er erlangte im Oktober 1970 nach erfolgreichem Studium an der Bergakademie F die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Hochschulingenieur (Werkstoffwesen) zu führen; außerdem wurde ihm im April 1976 der akademische Grad Doktor-Ingenieur verliehen. Seit dem 01. November 1973 war im VEB , "W F" (im Folgenden: VEB) seiner Ausbildung entsprechend sozialversicherungspflichtig beschäftigt, dessen Nachfolgegesellschaft, die H Stahl GmbH, am 28. Juni 1990 ins Register eingetragen wurde. Seit dem 1. Dezember 1985 gehörte er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) an. Eine Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem war nicht erfolgt.
Im Oktober 2002 beantragte er beim beklagten Zusatzversorgungsträger, seine Beschäftigungszeiten in der DDR während des streitigen Zeitraums festzustellen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. April 2005).
Die anschließend vor dem Sozialgericht (SG) Neuruppin erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid vom 22. September 2005). Zur Begründung hat das SG im Kern ausgeführt, der Anspruch des Klägers scheitere an der so genannten Stichtagsregelung, da am 30. Juni 1990 der VEB nicht mehr existiert habe.
Mit der Berufung, mit der der Kläger seinen Anspruch weiterverfolgt, macht er geltend, die Nichteinbeziehung verstoße gegen den (allgemeinen) Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG)). Denn nach § 2 Abs 1 Satz 1 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 01. März 1990 (GBl I 170; im Folgenden: Umwandlungsverordnung) seien alle volkseigenen Betriebe und Kombinate verpflichtet gewesen, sich in eine GmbH oder in eine Aktiengesellschaft (AG) umzuwandeln. Nicht "rechtskonform" handelnde volkseigene Betriebe seien kraft Gesetzes gemäß § 11 Abs 1 des Treuhandgesetzes vom 17. Juni 1990 (GBl I S 300; TreuhG) ab dem 1. Juli 1990 als GmbH geführt worden. Damit seien die Angehörigen dieser Betriebe zu Unrecht besser gestellt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 22. September 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. November 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie die in
diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig, da sie im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu entscheiden ist über eine vom Kläger sinngemäß erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtgesetz (SGG)), die nicht nur auf die Feststellung von Zugehörigkeitszeiten im streitigen Zeitraum gerichtet ist, sondern auch auf die Feststellung der während dieses Zeitraums tatsächlich erzielten Entgelte. Obwohl das zuletzt genannte Begehren nicht ausdrücklich Gegenstand seines Antrags im Verwaltungsverfahren war und die Beklagte hierüber im angefochtenen Bescheid (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides) nicht ausdrücklich – negativ – entschieden hat, stehen prozessuale Gründe einer Sachentscheidung des Senats auch insoweit nicht entgegen. Denn da die für dieses Begehren entscheidende Vorfrage des Vorliegens von "Zugehörigkeitszeiten" abschlägig beschieden und damit auch die hiervon abhängigen Ansprüche auf kalenderjährliche Feststellungen von Arbeitsverdiensten abgelehnt wurde, ist davon auszugehen, dass dieses Begehren auch bei der materiell-rechtlichen Prüfung im Verwaltungsverfahren Berücksichtigung gefunden hat.
Die Klage hat keinen Erfolg, weil der Kläger nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) erfasst wird, denn er hatte bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01. August 1991 keinen Versorgungsanspruch gegen einen Versorgungsträger und keine Versorgungsanwartschaft (§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG). Er hatte auch nicht früher einmal nach den Regeln der Versorgungssysteme eine Versorgungsanwartschaft erlangt, die er durch Ausscheiden aus dem Versorgungssystem verloren hatte (§ 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG).
Der Kläger hatte insbesondere, was seinem Anspruch allein zum Durchbruch verhelfen könnte, auch am 01. August 1991 aus bundesrechtlicher Sicht zum 30. Juni 1990 keinen "Anspruch auf eine Versorgungszusage" im Wege einer verfassungskonformen Erweiterung des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG erworben. Danach ist diese Norm auf diejenigen zu erstrecken, die am 30. Juni 1990 (den Tag vor der Schließung der Zusatzversorgungssysteme der DDR) zwar nicht in einem Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, aber aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach der bundesrechtlichen Rechtslage zum 01. August 1991 einen "Anspruch auf Versorgungszusage" im Hinblick auf die bundesrechtlich weiter geltenden leistungsrechtlichen Regeln der Versorgungssysteme gehabt hätten (vgl etwa BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 8 Seite 73). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der AVItech hängt gemäß § 1 der VO-AVItech vom 17. August 1950 (GBl 844) und § 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 der 2. Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl 487) von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab (vgl BSG aaO). Generell war dieses System eingerichtet für
- Personen, die berechtigt waren eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und
- die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar
- in einem volkseigenen oder diesen gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens.
Am 30. Juni 1990 konnte der Kläger jedoch - wie die Beklagte und das SG zutreffend ausgeführt haben - die betrieblichen Voraussetzungen schon deshalb nicht mehr erfüllen, weil sein Arbeitgeber (dazu: BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2) zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der VEB war. Denn mit der Eintragung seiner Nachfolgegesellschaft in das Register (beim Staatlichen Vertragsgericht) wurde die Umwandlung des Betriebes in eine Kapitalgesellschaft wirksam (§ 7 Satz 1 der Umwandlungsverordnung) mit der Folge, dass die Kapitalgesellschaft zu diesem Zeitpunkt Rechtsnachfolger des umgewandelten Betriebes wurde (aaO Satz 2), der gleichzeitig erlosch (aaO Satz 3).
Die Anwendung der Stichtagsregelung auf die Fälle des vom BSG entwickelten fiktiven Anspruchs auf Einbeziehung in ein System der Zusatzversorgung bewirkt keine dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG widersprechende nachteilige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu denjenigen, die von der Regelung der gesetzlich fingierten Anwartschaft in § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG Nutzen gezogen haben. Das BSG war durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gehalten, diese Sonderregelung, die wenige betraf, auf alle diejenigen zur Anwendung zu bringen, die zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung erfüllten. Der vom § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der DDR rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten. Der hier in Frage stehende Personenkreis hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der DDR zu keinem Zeitpunkt inne. Er hatte, wenn er die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG erfüllte, lediglich eine Chance oder Aussicht, die durch die entsprechenden Versorgungsordnungen der DDR eröffnet war und erst durch die gesamtdeutsche Rechtsprechung realisiert wurde. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der DDR der Beitritt zur FZR offen, war dort allerdings mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnelleren Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu versagen. Dies gilt unbeschadet dessen, dass, wie der vorliegende Fall zeigt, die Anwendung des Stichtages 30. Juni 1990 mit erheblichen Härten verbunden ist.
Aus diesem Grund besteht auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebot keine Verpflichtung gegenüber dem Kläger, dessen volkseigener Betrieb in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wurde, einen fiktiven Anspruch auf Zugehörigkeit zum Versorgungssystem AVItech zuzuerkennen. Diese Entwicklung war - wie der Kläger zutreffend betont - nach der Rechtsordnung des Beitrittsgebiets vorgezeichnet. Durch die Umwandlungsverordnung wurde die Umwandlung der volkseigenen Betriebe in Kapitalgesellschaften angeordnet, wobei die Umwandlung sich allerdings nicht unmittelbar kraft Gesetzes vollzog, sondern es sich dabei um ein mehrstufiges Verfahren handelte (vgl §§ 4 ff Umwandlungsverordnung), an dessen Beginn gemäß § 4 Abs 1 Umwandlungsverordnung die Umwandlungserklärung des umzuwandelnden Betriebes und der Treuhandanstalt und an dessen Ende die Eintragung der Umwandlung ins Register stand, mit der die Umwandlung erst wirksam wurde (siehe oben). In Fällen, in denen die Umwandlung zwar schon erklärt, aber wegen Fehlens der Eintragung ins Register bis zum 1. Juli 1990 noch nicht vollzogen war, wurde die Gründung nach der Umwandlungsverordnung durch das Treuhandgesetz und dessen § 11 Abs 1 überholt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 2. Oktober 1997 - II ZR 169/96 - ZIP 1998, 86, 87 und Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Buchholz 115 Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr 18). Das Bestehen eines fiktiven Anspruchs am 30. Juni 1990 hing damit zwar vielfach von Umständen ab, auf die der Betroffene keinen Einfluss hatte. Bei keinem dieser Umstände handelt es sich jedoch um der Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland zurechenbare Rechtsakte oder Vorgänge. Vielmehr beruhte die Entscheidung zur Umwandlung aller volkseigenen Betriebe in eine andere Rechtsform auf einer autonomen Entscheidung der DDR, deren versorgungsrechtliche Nachteile die Bundesrepublik Deutschland nicht auszugleichen hat (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Oktober 2005, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05 und 1 BvR 1144/05).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Tatbestand:
Der geborene Kläger begehrt von der Beklagten, die seit dem 01. Oktober 2005 Deutsche Rentenversicherung Bund Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme heißt, die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) für die Zeit vom 01. August 1974 bis zum 30. Juni 1990 sowie der während dieses Zeitraums tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste.
Er erlangte im Oktober 1970 nach erfolgreichem Studium an der Bergakademie F die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Hochschulingenieur (Werkstoffwesen) zu führen; außerdem wurde ihm im April 1976 der akademische Grad Doktor-Ingenieur verliehen. Seit dem 01. November 1973 war im VEB , "W F" (im Folgenden: VEB) seiner Ausbildung entsprechend sozialversicherungspflichtig beschäftigt, dessen Nachfolgegesellschaft, die H Stahl GmbH, am 28. Juni 1990 ins Register eingetragen wurde. Seit dem 1. Dezember 1985 gehörte er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) an. Eine Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem war nicht erfolgt.
Im Oktober 2002 beantragte er beim beklagten Zusatzversorgungsträger, seine Beschäftigungszeiten in der DDR während des streitigen Zeitraums festzustellen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. April 2005).
Die anschließend vor dem Sozialgericht (SG) Neuruppin erhobene Klage ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid vom 22. September 2005). Zur Begründung hat das SG im Kern ausgeführt, der Anspruch des Klägers scheitere an der so genannten Stichtagsregelung, da am 30. Juni 1990 der VEB nicht mehr existiert habe.
Mit der Berufung, mit der der Kläger seinen Anspruch weiterverfolgt, macht er geltend, die Nichteinbeziehung verstoße gegen den (allgemeinen) Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG)). Denn nach § 2 Abs 1 Satz 1 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften vom 01. März 1990 (GBl I 170; im Folgenden: Umwandlungsverordnung) seien alle volkseigenen Betriebe und Kombinate verpflichtet gewesen, sich in eine GmbH oder in eine Aktiengesellschaft (AG) umzuwandeln. Nicht "rechtskonform" handelnde volkseigene Betriebe seien kraft Gesetzes gemäß § 11 Abs 1 des Treuhandgesetzes vom 17. Juni 1990 (GBl I S 300; TreuhG) ab dem 1. Juli 1990 als GmbH geführt worden. Damit seien die Angehörigen dieser Betriebe zu Unrecht besser gestellt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 22. September 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. November 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie die in
diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig, da sie im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Zu entscheiden ist über eine vom Kläger sinngemäß erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Sozialgerichtgesetz (SGG)), die nicht nur auf die Feststellung von Zugehörigkeitszeiten im streitigen Zeitraum gerichtet ist, sondern auch auf die Feststellung der während dieses Zeitraums tatsächlich erzielten Entgelte. Obwohl das zuletzt genannte Begehren nicht ausdrücklich Gegenstand seines Antrags im Verwaltungsverfahren war und die Beklagte hierüber im angefochtenen Bescheid (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides) nicht ausdrücklich – negativ – entschieden hat, stehen prozessuale Gründe einer Sachentscheidung des Senats auch insoweit nicht entgegen. Denn da die für dieses Begehren entscheidende Vorfrage des Vorliegens von "Zugehörigkeitszeiten" abschlägig beschieden und damit auch die hiervon abhängigen Ansprüche auf kalenderjährliche Feststellungen von Arbeitsverdiensten abgelehnt wurde, ist davon auszugehen, dass dieses Begehren auch bei der materiell-rechtlichen Prüfung im Verwaltungsverfahren Berücksichtigung gefunden hat.
Die Klage hat keinen Erfolg, weil der Kläger nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) erfasst wird, denn er hatte bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01. August 1991 keinen Versorgungsanspruch gegen einen Versorgungsträger und keine Versorgungsanwartschaft (§ 1 Abs 1 Satz 1 AAÜG). Er hatte auch nicht früher einmal nach den Regeln der Versorgungssysteme eine Versorgungsanwartschaft erlangt, die er durch Ausscheiden aus dem Versorgungssystem verloren hatte (§ 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG).
Der Kläger hatte insbesondere, was seinem Anspruch allein zum Durchbruch verhelfen könnte, auch am 01. August 1991 aus bundesrechtlicher Sicht zum 30. Juni 1990 keinen "Anspruch auf eine Versorgungszusage" im Wege einer verfassungskonformen Erweiterung des § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG erworben. Danach ist diese Norm auf diejenigen zu erstrecken, die am 30. Juni 1990 (den Tag vor der Schließung der Zusatzversorgungssysteme der DDR) zwar nicht in einem Zusatzversorgungssystem einbezogen waren, aber aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach der bundesrechtlichen Rechtslage zum 01. August 1991 einen "Anspruch auf Versorgungszusage" im Hinblick auf die bundesrechtlich weiter geltenden leistungsrechtlichen Regeln der Versorgungssysteme gehabt hätten (vgl etwa BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 8 Seite 73). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der AVItech hängt gemäß § 1 der VO-AVItech vom 17. August 1950 (GBl 844) und § 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 der 2. Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl 487) von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab (vgl BSG aaO). Generell war dieses System eingerichtet für
- Personen, die berechtigt waren eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und
- die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar
- in einem volkseigenen oder diesen gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens.
Am 30. Juni 1990 konnte der Kläger jedoch - wie die Beklagte und das SG zutreffend ausgeführt haben - die betrieblichen Voraussetzungen schon deshalb nicht mehr erfüllen, weil sein Arbeitgeber (dazu: BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2) zu diesem Zeitpunkt nicht mehr der VEB war. Denn mit der Eintragung seiner Nachfolgegesellschaft in das Register (beim Staatlichen Vertragsgericht) wurde die Umwandlung des Betriebes in eine Kapitalgesellschaft wirksam (§ 7 Satz 1 der Umwandlungsverordnung) mit der Folge, dass die Kapitalgesellschaft zu diesem Zeitpunkt Rechtsnachfolger des umgewandelten Betriebes wurde (aaO Satz 2), der gleichzeitig erlosch (aaO Satz 3).
Die Anwendung der Stichtagsregelung auf die Fälle des vom BSG entwickelten fiktiven Anspruchs auf Einbeziehung in ein System der Zusatzversorgung bewirkt keine dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG widersprechende nachteilige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu denjenigen, die von der Regelung der gesetzlich fingierten Anwartschaft in § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG Nutzen gezogen haben. Das BSG war durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gehalten, diese Sonderregelung, die wenige betraf, auf alle diejenigen zur Anwendung zu bringen, die zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch im Sinne der dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung erfüllten. Der vom § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG erfasste Personenkreis hat seine Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem als Folge eines Ausscheidens vor dem Leistungsfall verloren. Es bestanden also zunächst nach dem Recht der DDR rechtlich gesicherte Anwartschaften. Diese wollte der gesamtdeutsche Gesetzgeber erhalten. Der hier in Frage stehende Personenkreis hatte dagegen solche Rechtspositionen im Recht der DDR zu keinem Zeitpunkt inne. Er hatte, wenn er die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des BSG erfüllte, lediglich eine Chance oder Aussicht, die durch die entsprechenden Versorgungsordnungen der DDR eröffnet war und erst durch die gesamtdeutsche Rechtsprechung realisiert wurde. Für eine rechtlich gesicherte Verbesserung der Altersversorgung über die Leistungen der Sozialpflichtversicherung hinaus stand dem betroffenen Personenkreis im Rentenrecht der DDR der Beitritt zur FZR offen, war dort allerdings mit eigenen Beitragsleistungen verbunden. Es bestand daher keine verfassungsrechtliche Verpflichtung der gesamtdeutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung, diesen Personenkreis den durch § 1 Abs 1 Satz 2 AAÜG begünstigten Personen gleichzustellen und insoweit die Grundentscheidung des Gesetzgebers abzuschwächen, eine Einbeziehung von Sozialpflichtversicherten in die Zusatzversorgungssysteme über den 30. Juni 1990 hinaus im Interesse einer schnelleren Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit zu versagen. Dies gilt unbeschadet dessen, dass, wie der vorliegende Fall zeigt, die Anwendung des Stichtages 30. Juni 1990 mit erheblichen Härten verbunden ist.
Aus diesem Grund besteht auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebot keine Verpflichtung gegenüber dem Kläger, dessen volkseigener Betrieb in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt wurde, einen fiktiven Anspruch auf Zugehörigkeit zum Versorgungssystem AVItech zuzuerkennen. Diese Entwicklung war - wie der Kläger zutreffend betont - nach der Rechtsordnung des Beitrittsgebiets vorgezeichnet. Durch die Umwandlungsverordnung wurde die Umwandlung der volkseigenen Betriebe in Kapitalgesellschaften angeordnet, wobei die Umwandlung sich allerdings nicht unmittelbar kraft Gesetzes vollzog, sondern es sich dabei um ein mehrstufiges Verfahren handelte (vgl §§ 4 ff Umwandlungsverordnung), an dessen Beginn gemäß § 4 Abs 1 Umwandlungsverordnung die Umwandlungserklärung des umzuwandelnden Betriebes und der Treuhandanstalt und an dessen Ende die Eintragung der Umwandlung ins Register stand, mit der die Umwandlung erst wirksam wurde (siehe oben). In Fällen, in denen die Umwandlung zwar schon erklärt, aber wegen Fehlens der Eintragung ins Register bis zum 1. Juli 1990 noch nicht vollzogen war, wurde die Gründung nach der Umwandlungsverordnung durch das Treuhandgesetz und dessen § 11 Abs 1 überholt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 2. Oktober 1997 - II ZR 169/96 - ZIP 1998, 86, 87 und Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Buchholz 115 Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr 18). Das Bestehen eines fiktiven Anspruchs am 30. Juni 1990 hing damit zwar vielfach von Umständen ab, auf die der Betroffene keinen Einfluss hatte. Bei keinem dieser Umstände handelt es sich jedoch um der Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland zurechenbare Rechtsakte oder Vorgänge. Vielmehr beruhte die Entscheidung zur Umwandlung aller volkseigenen Betriebe in eine andere Rechtsform auf einer autonomen Entscheidung der DDR, deren versorgungsrechtliche Nachteile die Bundesrepublik Deutschland nicht auszugleichen hat (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Oktober 2005, 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05 und 1 BvR 1144/05).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
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BRB
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