Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 33 SB 2547/01
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 B 24/06 SF
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen
Gründe:
I.
Der Kläger, der in der Hauptsache einen höheren Grad der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G – erhebliche Gehbehinderung – begehrt, macht im vorliegenden Beschwerdeverfahren geltend, es bestehe ein Grund zur Besorgnis der Befangenheit des vom Sozialgericht (SG) Berlin mit Beweisanordnung vom 22. September 2004 bestellten Sachverständigen T L.
Das SG hat nach Anhörung des Sachverständigen mit Beschluss vom 19. Januar 2006, auf den wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, ausgeführt, das Ablehnungsgesuch des Klägers sei im Hinblick auf § 406 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht rechtzeitig gestellt. Selbst wenn man dem zunächst unvertreten gewesenen Kläger eine Frist zwischen Kenntnis des behaupteten Ablehnungsgrundes (hier am 9. Dezember 2004) und dem Anbringen des Ablehnungsgesuchs von mehr als zwei Wochen einräumen wollte, so sei die Stellung des Gesuchs (frühestens mit Schreiben vom 1. Februar 2005) als verspätet anzusehen. Darüber hinaus sei das Gesuch auch unbegründet. Der Ablehnungsgrund sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Zwar habe der Kläger eine Zeugenaussage vorgelegt, die den behaupteten Inhalt des Telefongesprächs bestätige. Nach den Einlassungen des Sachverständigen habe aber gar kein Telefonat am 9. Dezember 2004 stattgefunden. Dies sei für das Gericht auch nachvollziehbar.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, die er persönlich am 17. Februar 2006 und durch seine Bevollmächtigte am 27. Februar 2004 eingelegt hat und der das SG nicht abgeholfen hat. Er hält daran fest, am 9. Dezember 2004 mit dem Sachverständigen telefoniert zu haben (und nicht wie dieser in seiner Stellungnahme ausgeführt hat, lediglich am 18. November 2004). Der Sachverständige habe sich dabei ihm gegenüber dahin geäußert, er habe die Akten des Klägers gelesen. Dieser habe ja nie wirklich in den letzten Jahren gearbeitet und jetzt wolle er auch noch eine Erhöhung des GdB und eine Gehbehinderung. Diese Äußerung habe ein Zeuge über den Lauthörmodus des Telefons mitgehört. Er, der Kläger, habe bereits im Dezember 2004 (den Tag könne er nicht mehr nennen, es sei aber vor Weihnachten gewesen) in der Geschäftsstelle des SG telefonisch mitgeteilt, dass er den Sachverständigen für befangen halte. Ein weiteres Gespräch gleichen Inhalts habe er Mitte Januar 2005 geführt; er sei ferner persönlich im SG erschienen, um in die Gutachterliste des Gerichts Einsicht nehmen zu können, aus der er einen anderen Sachverständigen habe auswählen und vorschlagen wollen. Die Mitarbeiterin habe dies notieren und dem Vorsitzenden zur Entscheidung vorlegen wollen. Er sei nicht– auch nicht im Schreiben vom 8. Februar 2005 - darauf hingewiesen worden, dass entsprechende Anträge schriftlich zu stellen gewesen wären.
Die Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten.
Dem Senat haben die Gerichtsakten des SG Berlin (S 33 SB 2547/01) und die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen, auf die wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen wird.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Ablehnungsgesuch ist vom SG zutreffend als unzulässig angesehen worden.
Zwar besteht noch ein Bedürfnis an der Klärung über die Frage der behaupteten Befangenheit des Sachverständigen, auch wenn die Beweisanordnung vom 22. September 2004 mittlerweile aufgehoben worden ist und die Begutachtung durch den abgelehnten Sachverständigen damit nicht mehr in Rede steht. Denn das SG hat angekündigt, ein weiteres Sachverständigengutachten nicht mehr einholen zu wollen, da die Begutachtung durch den Sachverständigen L aus Gründen, die der Kläger zu vertreten habe, nicht habe stattfinden können. Für den Fall, dass das Ablehnungsgesuch begründet ist, muss das SG allerdings (und zwar - entgegen dem Wortlaut von § 412 Abs. 2 ZPO - ohne dass insoweit Ermessen bestünde) einen anderen Sachverständigen gemäß § 404 ZPO benennen, da es die Beweisfragen offenbar noch für erheblich hält (Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 25. Auflage § 406 RdNr. 15 und § 412 RdNr. 4).
Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Sachverständigen ist jedoch verspätet angebracht worden und stellt sich deshalb als unzulässig dar.
Der Ablehnungsantrag gegen einen gerichtlich bestellten Sachverständigen ist nach § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Ein solcher Fall liegt hier vor, denn der Kläger leitet den Ablehnungsgrund aus einem Telefongespräch her, das nach seiner Behauptung am 9. Dezember 2004 und also nach der Bekanntgabe des Beschlusses über die Sachverständigenernennung stattgefunden haben soll. In diesem Fall ist der Ablehnungsantrag ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB -), d.h. innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- bzw. Überlegungsfrist zu stellen (vgl. OLG Koblenz in NJW-RR 1999, S. 72, 73; OLG Düsseldorf in NJW-RR 1998, S. 933, 934), und zwar unabhängig von der Prozesslage.
Unterstellt ein Telefongespräch zwischen dem Kläger und dem Sachverständigen habe am 9. Dezember 2004 stattgefunden – wogegen insbesondere das Schreiben des Sachverständigen vom 9. Dezember 2004 spricht, wonach der Kläger sich an diesem Tag gerade nicht telefonisch entschuldigt hat –, hat der Kläger den behaupteten Ablehnungsgrund nicht ohne schuldhaftes Zögern geltend gemacht. Er hat vielmehr in Abhängigkeit von der weiteren Prozesslage, und zwar insbesondere erst auf die Hinweise des Vorsitzenden, ein Recht zur Auswahl eines anderen Sachverständigen stehe ihm nicht zu, und die abschließende Anhörung zum Gerichtsbescheid hin das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen sinngemäß am 13. Juni 2005 und ausdrücklich am 29. Juni 2005 und damit verspätet angebracht. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgendem:
Auf entsprechende Bitte des Sachverständigen hat der Vorsitzende den Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 2005 aufgefordert, binnen 2 Wochen uneingeschränkt mitzuteilen, ob er zur Teilnahme an der Untersuchung durch den bestellten Sachverständigen bereit sei. Damit ist auch für einen rechtlich unvertretenen Prozessbeteiligten unmissverständlich klargestellt, dass Gründe, die gegen eine Begutachtung durch den vom Gericht bestellten Sachverständigen sprechen und mithin auch Gründe für die Besorgnis seiner Befangenheit, innerhalb dieser Frist vorzutragen sind.
Dem Antwortschreiben vom 1. Februar 2005 lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass ein Ablehnungsgesuch gestellt werden sollte. Der Kläger hat hierin in erster Linie mitgeteilt, er sei bereit sich untersuchen zu lassen, bitte aber darum den Sachverständigen selbst benennen zu dürfen. Dabei bitte er einige Punkte bezüglich seiner Besorgnis zu beachten. Neben vier Punkten, die nicht die Person des Sachverständigen betrafen, hat er zwar ausgeführt, "bei einem Telefonat mit dem vom Gericht sondierten Arbeitsmediziner" habe er den Eindruck bekommen, "dass der Arbeitsmediziner vermutlich voreingenommen" sei. Er "sehe das nicht grundsätzlich so" und räume auch ein, dass er eventuell "etwas übervorsichtig" geworden sei. Mit diesen Ausführungen hat er seine Behauptung selbst unter Vorbehalte gestellt. Zudem hat er den später behaupteten Ablauf des Telefonats nicht näher dargelegt. Das Schreiben war damit erkennbar nicht mit dem Ziel versandt worden, dass sich das Gericht mit den Ablehnungsgründen auseinandersetzten solle. Diese hat der Kläger vielmehr zurückgehalten und abgewartet, ob eine für ihn günstigere prozessuale Situation eintritt, nämlich die Einräumung eines Rechts zur Benennung eines anderen Gutachters unabhängig von der Durchführung eines Ablehnungsverfahrens.
Auch der weitere Verlauf des Verfahrens zwingt zu dem Schluss, dass der Kläger diese Prozessstrategie verfolgt hat und daher das Gesuch bewusst erst gestellt hat, als er erkannte, dass der Vorsitzende ihm ohne weiteres die Benennung eines anderen Sachverständigen nicht zugestehen würde. Obwohl er vom Vorsitzenden mit Schreiben vom 8. Februar 2005 unter Hinweis darauf, dass ein Vorschlagsrecht nicht bestehe, erneut zur Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen aufgefordert worden war, ist er nicht auf die behaupteten Ablehnungsgründe zurückgekommen und hat auch auf das Schreiben des Gerichts vom 14. April 2005 und die erneute Einladung durch den Sachverständigen zunächst nicht reagiert. Zu dem Zeitpunkt, als er erstmals klargestellt hat, dass er eine Voreingenommenheit des Sachverständigen uneingeschränkt als Grund dafür geltend mache, sich von diesem Sachverständigen nicht untersuchen zu lassen (Schreiben vom 13. Juni 2005), war das Gesuch als verspätet anzusehen. Dem Kläger war bis zu diesem Zeitpunkt mehrfach Gelegenheit zur Stellungnahme gerade zur Frage nach der Begutachtung gegeben worden. Es liegt dabei auch für einen juristischen Laien klar auf der Hand, dass behauptete Ablehnungsgründe in diesem Zusammenhang benannt werden müssen. Das Gericht ist nicht verpflichtet, wegen möglicher Ablehnungsgründe auf vage Hinweise der Beteiligten hin von sich aus nachzufragen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass dem Kläger auch ohne entsprechende Belehrung das Institut der Sachverständigenablehnung wohl bekannt war, wie die Formulierungen im Schreiben vom 29. Juni 2005 zeigen.
Die im Beschwerdeverfahren erstmals aufgestellte Behauptung, ein Ablehnungsgesuch sei telefonisch schon vor dem 1. Februar 2005 gestellt worden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn die behaupteten Telefonate tatsächlich erfolgt sein sollten, ist nicht vorgetragen, dass sie einen anderen Inhalt als das Schreiben vom 1. Februar 2005 hatten. Dies genügt zur Anbringung eines Ablehnungsgesuchs jedoch – wie bereits ausgeführt – nicht.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Kläger, der in der Hauptsache einen höheren Grad der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G – erhebliche Gehbehinderung – begehrt, macht im vorliegenden Beschwerdeverfahren geltend, es bestehe ein Grund zur Besorgnis der Befangenheit des vom Sozialgericht (SG) Berlin mit Beweisanordnung vom 22. September 2004 bestellten Sachverständigen T L.
Das SG hat nach Anhörung des Sachverständigen mit Beschluss vom 19. Januar 2006, auf den wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, ausgeführt, das Ablehnungsgesuch des Klägers sei im Hinblick auf § 406 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nicht rechtzeitig gestellt. Selbst wenn man dem zunächst unvertreten gewesenen Kläger eine Frist zwischen Kenntnis des behaupteten Ablehnungsgrundes (hier am 9. Dezember 2004) und dem Anbringen des Ablehnungsgesuchs von mehr als zwei Wochen einräumen wollte, so sei die Stellung des Gesuchs (frühestens mit Schreiben vom 1. Februar 2005) als verspätet anzusehen. Darüber hinaus sei das Gesuch auch unbegründet. Der Ablehnungsgrund sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Zwar habe der Kläger eine Zeugenaussage vorgelegt, die den behaupteten Inhalt des Telefongesprächs bestätige. Nach den Einlassungen des Sachverständigen habe aber gar kein Telefonat am 9. Dezember 2004 stattgefunden. Dies sei für das Gericht auch nachvollziehbar.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, die er persönlich am 17. Februar 2006 und durch seine Bevollmächtigte am 27. Februar 2004 eingelegt hat und der das SG nicht abgeholfen hat. Er hält daran fest, am 9. Dezember 2004 mit dem Sachverständigen telefoniert zu haben (und nicht wie dieser in seiner Stellungnahme ausgeführt hat, lediglich am 18. November 2004). Der Sachverständige habe sich dabei ihm gegenüber dahin geäußert, er habe die Akten des Klägers gelesen. Dieser habe ja nie wirklich in den letzten Jahren gearbeitet und jetzt wolle er auch noch eine Erhöhung des GdB und eine Gehbehinderung. Diese Äußerung habe ein Zeuge über den Lauthörmodus des Telefons mitgehört. Er, der Kläger, habe bereits im Dezember 2004 (den Tag könne er nicht mehr nennen, es sei aber vor Weihnachten gewesen) in der Geschäftsstelle des SG telefonisch mitgeteilt, dass er den Sachverständigen für befangen halte. Ein weiteres Gespräch gleichen Inhalts habe er Mitte Januar 2005 geführt; er sei ferner persönlich im SG erschienen, um in die Gutachterliste des Gerichts Einsicht nehmen zu können, aus der er einen anderen Sachverständigen habe auswählen und vorschlagen wollen. Die Mitarbeiterin habe dies notieren und dem Vorsitzenden zur Entscheidung vorlegen wollen. Er sei nicht– auch nicht im Schreiben vom 8. Februar 2005 - darauf hingewiesen worden, dass entsprechende Anträge schriftlich zu stellen gewesen wären.
Die Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten.
Dem Senat haben die Gerichtsakten des SG Berlin (S 33 SB 2547/01) und die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen, auf die wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen wird.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Ablehnungsgesuch ist vom SG zutreffend als unzulässig angesehen worden.
Zwar besteht noch ein Bedürfnis an der Klärung über die Frage der behaupteten Befangenheit des Sachverständigen, auch wenn die Beweisanordnung vom 22. September 2004 mittlerweile aufgehoben worden ist und die Begutachtung durch den abgelehnten Sachverständigen damit nicht mehr in Rede steht. Denn das SG hat angekündigt, ein weiteres Sachverständigengutachten nicht mehr einholen zu wollen, da die Begutachtung durch den Sachverständigen L aus Gründen, die der Kläger zu vertreten habe, nicht habe stattfinden können. Für den Fall, dass das Ablehnungsgesuch begründet ist, muss das SG allerdings (und zwar - entgegen dem Wortlaut von § 412 Abs. 2 ZPO - ohne dass insoweit Ermessen bestünde) einen anderen Sachverständigen gemäß § 404 ZPO benennen, da es die Beweisfragen offenbar noch für erheblich hält (Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 25. Auflage § 406 RdNr. 15 und § 412 RdNr. 4).
Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen den Sachverständigen ist jedoch verspätet angebracht worden und stellt sich deshalb als unzulässig dar.
Der Ablehnungsantrag gegen einen gerichtlich bestellten Sachverständigen ist nach § 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (§ 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Ein solcher Fall liegt hier vor, denn der Kläger leitet den Ablehnungsgrund aus einem Telefongespräch her, das nach seiner Behauptung am 9. Dezember 2004 und also nach der Bekanntgabe des Beschlusses über die Sachverständigenernennung stattgefunden haben soll. In diesem Fall ist der Ablehnungsantrag ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB -), d.h. innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- bzw. Überlegungsfrist zu stellen (vgl. OLG Koblenz in NJW-RR 1999, S. 72, 73; OLG Düsseldorf in NJW-RR 1998, S. 933, 934), und zwar unabhängig von der Prozesslage.
Unterstellt ein Telefongespräch zwischen dem Kläger und dem Sachverständigen habe am 9. Dezember 2004 stattgefunden – wogegen insbesondere das Schreiben des Sachverständigen vom 9. Dezember 2004 spricht, wonach der Kläger sich an diesem Tag gerade nicht telefonisch entschuldigt hat –, hat der Kläger den behaupteten Ablehnungsgrund nicht ohne schuldhaftes Zögern geltend gemacht. Er hat vielmehr in Abhängigkeit von der weiteren Prozesslage, und zwar insbesondere erst auf die Hinweise des Vorsitzenden, ein Recht zur Auswahl eines anderen Sachverständigen stehe ihm nicht zu, und die abschließende Anhörung zum Gerichtsbescheid hin das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen sinngemäß am 13. Juni 2005 und ausdrücklich am 29. Juni 2005 und damit verspätet angebracht. Im Einzelnen ergibt sich dies aus folgendem:
Auf entsprechende Bitte des Sachverständigen hat der Vorsitzende den Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 2005 aufgefordert, binnen 2 Wochen uneingeschränkt mitzuteilen, ob er zur Teilnahme an der Untersuchung durch den bestellten Sachverständigen bereit sei. Damit ist auch für einen rechtlich unvertretenen Prozessbeteiligten unmissverständlich klargestellt, dass Gründe, die gegen eine Begutachtung durch den vom Gericht bestellten Sachverständigen sprechen und mithin auch Gründe für die Besorgnis seiner Befangenheit, innerhalb dieser Frist vorzutragen sind.
Dem Antwortschreiben vom 1. Februar 2005 lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass ein Ablehnungsgesuch gestellt werden sollte. Der Kläger hat hierin in erster Linie mitgeteilt, er sei bereit sich untersuchen zu lassen, bitte aber darum den Sachverständigen selbst benennen zu dürfen. Dabei bitte er einige Punkte bezüglich seiner Besorgnis zu beachten. Neben vier Punkten, die nicht die Person des Sachverständigen betrafen, hat er zwar ausgeführt, "bei einem Telefonat mit dem vom Gericht sondierten Arbeitsmediziner" habe er den Eindruck bekommen, "dass der Arbeitsmediziner vermutlich voreingenommen" sei. Er "sehe das nicht grundsätzlich so" und räume auch ein, dass er eventuell "etwas übervorsichtig" geworden sei. Mit diesen Ausführungen hat er seine Behauptung selbst unter Vorbehalte gestellt. Zudem hat er den später behaupteten Ablauf des Telefonats nicht näher dargelegt. Das Schreiben war damit erkennbar nicht mit dem Ziel versandt worden, dass sich das Gericht mit den Ablehnungsgründen auseinandersetzten solle. Diese hat der Kläger vielmehr zurückgehalten und abgewartet, ob eine für ihn günstigere prozessuale Situation eintritt, nämlich die Einräumung eines Rechts zur Benennung eines anderen Gutachters unabhängig von der Durchführung eines Ablehnungsverfahrens.
Auch der weitere Verlauf des Verfahrens zwingt zu dem Schluss, dass der Kläger diese Prozessstrategie verfolgt hat und daher das Gesuch bewusst erst gestellt hat, als er erkannte, dass der Vorsitzende ihm ohne weiteres die Benennung eines anderen Sachverständigen nicht zugestehen würde. Obwohl er vom Vorsitzenden mit Schreiben vom 8. Februar 2005 unter Hinweis darauf, dass ein Vorschlagsrecht nicht bestehe, erneut zur Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen aufgefordert worden war, ist er nicht auf die behaupteten Ablehnungsgründe zurückgekommen und hat auch auf das Schreiben des Gerichts vom 14. April 2005 und die erneute Einladung durch den Sachverständigen zunächst nicht reagiert. Zu dem Zeitpunkt, als er erstmals klargestellt hat, dass er eine Voreingenommenheit des Sachverständigen uneingeschränkt als Grund dafür geltend mache, sich von diesem Sachverständigen nicht untersuchen zu lassen (Schreiben vom 13. Juni 2005), war das Gesuch als verspätet anzusehen. Dem Kläger war bis zu diesem Zeitpunkt mehrfach Gelegenheit zur Stellungnahme gerade zur Frage nach der Begutachtung gegeben worden. Es liegt dabei auch für einen juristischen Laien klar auf der Hand, dass behauptete Ablehnungsgründe in diesem Zusammenhang benannt werden müssen. Das Gericht ist nicht verpflichtet, wegen möglicher Ablehnungsgründe auf vage Hinweise der Beteiligten hin von sich aus nachzufragen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass dem Kläger auch ohne entsprechende Belehrung das Institut der Sachverständigenablehnung wohl bekannt war, wie die Formulierungen im Schreiben vom 29. Juni 2005 zeigen.
Die im Beschwerdeverfahren erstmals aufgestellte Behauptung, ein Ablehnungsgesuch sei telefonisch schon vor dem 1. Februar 2005 gestellt worden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn die behaupteten Telefonate tatsächlich erfolgt sein sollten, ist nicht vorgetragen, dass sie einen anderen Inhalt als das Schreiben vom 1. Februar 2005 hatten. Dies genügt zur Anbringung eines Ablehnungsgesuchs jedoch – wie bereits ausgeführt – nicht.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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