L 16 R 555/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 13 RA 5072/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 555/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. Mai 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nummer 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten des Klägers vom 05. September 1977 bis zum 30. Juni 1990 Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.

Der 1945 geborene Kläger hatte in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) den Beruf des Gärtners erlernt; nach einem Studium an der Fachschule für G W (H) in der Fachrichtung Obstbau erwarb der Kläger das Recht, die Berufsbezeichnung "Gartenbauingenieur" zu führen (Urkunde vom 07. Juli 1967). Nach einem Fernstudium wurde ihm ferner die Berechtigung zuerkannt, die Berufsbezeichnung "Außenwirtschafts-Ökonom" zu führen (Urkunde der Fachschule für A B vom 04. März 1977). Ab dem 01. September 1967 war der Kläger wie folgt beschäftigt: bis zum 29. Februar 1968 bei der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) "D" P – – (Assistent), vom 06. März 1968 bis zum 31. Oktober 1968 beim Volkseigenen Gartenbaubetrieb (VEB) S – B D – Betriebsteil B – B – (Gartenbaumeister), nach der Wehrdienstzeit (05. November 1968 bis zum 29. April 1970) vom 01. Mai 1970 bis zum 31. August 1977 bei dem Betrieb "F" (Disponent, Branchenleiter, Importkaufmann), vom 05. September 1977 bis zum 31. Dezember 1983 bei der Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) K B (Materialwirtschaftler, wissenschaftlicher Mitarbeiter) und vom 01. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 bei dem Volkseigenen Kombinat (VEK) K– Stammbetrieb Volkseigener Kühlbetrieb B – (im Folgenden: VEKB; Mitarbeiter Materialwirtschaft bzw. Abteilungsleiter Materialwirtschaft); die Umwandlung des VEKB in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Löschung des Betriebes von Amts wegen erfolgten durch Eintragungen in das Register der volkseigenen Wirtschaft (Registernummer ) im September 1990. Der Kläger war mit Wirkung vom 01. Juni 1973 der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten; eine Versorgungszusage hatte er nicht erhalten.

Mit Bescheid vom 01. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2003 lehnte die Beklagte die Vormerkung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG für die Zeit vom 06. März 1968 bis zum 30. Juni 1990 ab mit der Begründung, dass der Kläger am Stichtag nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen sei.

Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst die Vormerkung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG vom 01. September 1977 bis zum 30. Juni 1990 begehrt, im Termin zur mündlichen Verhandlung aber beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verpflichten, Zeiten der Zugehörigkeit zur AVTI vom 01. September 1967 bis zum 30. April 1970 und vom 05. September 1977 bis zum 30. Juni 1990 nebst der insoweit erzielten tatsächlichen Arbeitsentgelte festzustellen. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat Registerunterlagen des VEKB und des Nachfolgebetriebes K-A GmbH nebst deren DM-Eröffnungsbilanz zum 01. Juli 1990 beigezogen sowie Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des letzten amtierenden Generaldirektors des VEKB Dr. K (im Folgenden: Dr. K.), von dem der Kläger bereits ein schriftliches "Tätigkeitsprofil" des VEKB vom 15. September 2003 vorgelegt hatte; hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 09. Mai 2005 Bezug genommen. Mit Urteil vom 09. Mai 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung der im Klageantrag bezeichneten Daten. Denn das AAÜG sei auf ihn bereits nicht anwendbar. Er habe zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG weder einen Anspruch auf Versorgung noch eine Versorgungsanwartschaft innegehabt. Auch die Voraussetzungen für einen fiktiven Versorgungsanspruch am Stichtag, dem 30. Juni 1990, würden nicht vorliegen. Denn der Kläger erfülle jedenfalls nicht die betriebliche Voraussetzung in Gestalt einer Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens im Sinne der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. Nr. 62 S. 487) zu der Verordnung über die AVTI vom 17. August 1950 (AVTI-VO; GBl. I Nr. 93 S. 844). Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers habe drei Aufgaben verfolgt, nämlich den Betrieb mehrerer Kühlhäuser für die Vorratshaltung im Bereich B, die koordinierende Tätigkeit für alle Kombinatsbetriebe sowie die Produktion von Volleipulver am Standort eines der Kühlhäuser in B. Dies ergebe sich aus der Aussage des Zeugen Dr. K. Danach sei lediglich die Volleipulverproduktion als industrielle Produktion anzusehen, die dem B Stammbetrieb aber nicht das Gepräge gegeben habe. Dies folge schon daraus, dass nach den Angaben von Dr. K. nur etwa 20 - 25 % der Mitarbeiter im Bereich der Volleipulverproduktion tätig gewesen seien. Bei der Lagerhaltung und den so genannten Leitungsaufgaben des Stammbetriebes handele es sich nicht um Tätigkeiten der Industrieproduktion. Dies folge auch daraus, dass der Beschäftigungsbetrieb des Klägers in der Systematik der Volkswirtschaftzweige der DDR der Wirtschaftsgruppe 53310 (Kühlbetriebe) zugeordnet gewesen sei. Der Kläger habe daher am 30. Juni 1990 jedenfalls die betrieblichen Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVTI nicht erfüllt. Inwieweit diese Voraussetzungen zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hätten, sei ohne Belang.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren – nur noch – für die Zeit ab 5. September 1977 weiter. Er trägt vor: Das SG habe verkannt, dass auch die Lebensmittelkühlung als industrielle Produktion anzusehen sei. Schwerpunkt der Tätigkeit des VEKB sei die industrielle Massenproduktion von gefrorenen Lebensmitteln gewesen, die nach der Herstellung gelagert worden seien. Er sei nach dem vorgelegten Funktionsplan als Bereichsleiter Materialwirtschaft auch ingenieurtechnisch tätig gewesen. Auf den Schriftsatz des Klägers vom 03. August 2005 nebst Anlagen sowie sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2006 wird insoweit Bezug genommen. Der Kläger hat ferner eine schriftliche Erklärung des Zeugen Dr. K. vom 06. Juli 2005 und den Funktionsplan des VEKB vorgelegt; hierauf wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 09. Mai 2005 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 01. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2003 zu verpflichten, die Zeiten vom 05. September 1977 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nummer 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz sowie die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat hinsichtlich des Schwerpunktes der Betriebstätigkeit des VEKB Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen Dr. K.; auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 19. April 2006 wird Bezug genommen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Zusatzversorgungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger hat keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) durchsetzbaren Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie gegebenenfalls der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 05. September 1977 bis zum 30. Juni 1990. Das AAÜG ist auf den Kläger schon deshalb nicht anwendbar, weil er am 01. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hatte. Denn der Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Der Kläger war aber auch am 01. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte – unstreitig – bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat auch in den angefochtenen Bescheiden eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen.

§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung eine Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: vgl. z. B. Urteile vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und – B 4 RA 3/02 R = SGb 2002, 379 sowie – B 4 RA 18/01 R – veröffentlicht in juris). Ein derartiger fiktiver Anspruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Versorgungssystem vorgesehen war (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R – veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R – veröffentlicht in juris). Allein maßgebend sind insoweit die Texte der AVTI-VO und der 2. DB dazu. Die genannten Vorschriften der DDR sind unabhängig von deren Verwaltungs- und Auslegungspraxis allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – veröffentlicht in juris). Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt ein fingierter Anspruch auf eine Versorgungszusage nur vor, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 drei Voraussetzungen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (betriebliche Voraussetzung; vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).

Der Kläger war zwar am 30. Juni 1990 berechtigt, die ihm durch staatlichen Zuerkennungsakt verliehene Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (Urkunde vom 07. Juli 1967). Unabhängig davon, ob im Hinblick auf seine im Juni 1990 ausgeübte Tätigkeit als Bereichsleiter Materialwirtschaft die sachliche Voraussetzung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit bzw. Beschäftigung erfüllt wäre, fehlt es jedoch in jedem Fall an der betrieblichen Voraussetzung für eine Zugehörigkeit zur AVTI am Stichtag. Denn der VEKB als rechtlich selbständiger Stammbetrieb B des VEK K war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens, da eine industrielle Produktion ihm nicht das Gepräge gegeben hat (vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 5 S. 34 f.; BSG, Urteil vom 06. Mai 2004 – B 4 RA 44/03 R – veröffentlicht in juris).

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Hauptzweck des VEKB nicht in der industriellen (serienmäßigen wiederkehrenden) Massenfertigung (Herstellung, Anfertigung, Fabrikation) von Sachgütern, sondern im Bereich der Lager- und Vorratshaltung von Nahrungsgütern und deren Werterhaltung durch Kältekonservierung bestand. Die industrielle Massenproduktion von Sachgütern, namentlich die Produktion von Volleipulver, hatte daneben einen nur deutlich untergeordneten Umfang, was sich unabhängig von dem von dem Zeugen Dr. K ohne konkrete Bezifferung eingeschätzten Anteil dieser Produktion am Gewinn des Betriebes bereits aus der Anzahl der im Stammbetrieb bei der Volleipulverproduktion beschäftigten Mitarbeiter (etwa 20 bis 25 % der Gesamtzahl aller Mitarbeiter des VEKB) ergibt. Auch der Kläger hat bestätigt, dass der Schwerpunkt des VEKB in den von ihm beschriebenen Gefriervorgängen bestand. Prägend für den Beschäftigungsbetrieb des Klägers war mithin das Gefrieren von aus der Schlachtung angelieferten Tierkörpern, Butter und Eimasse zum Zwecke der Lagerhaltung, Konservierung und Erhaltung des Nährwertes der genannten Lebensmittel. Mit diesen Aufgaben war die ganz überwiegende Anzahl der Mitarbeiter des VEKB sowohl nach den Angaben des Klägers als auch den Einlassungen des Zeugen Dr. K. (75 % der Mitarbeiter) betraut. Daneben oblagen dem VEKB – allerdings in nur untergeordnetem Umfang im Vergleich zur Kältekonservierung - Leitungsaufgaben in Bezug auf das gesamte VEK K; der Zeuge Dr. K. hatte noch bei seiner Vernehmung durch das SG die Zahl der in diesem Bereich im Juni 1990 beschäftigten Mitarbeiter bei dem Stammbetrieb bei insgesamt 300 Mitarbeitern mit 80 Personen beziffert. Soweit er in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2006 demgegenüber ausgesagt hat, ihm sei nicht mehr erinnerlich, wie viele Personen mit Leitungsaufgaben und wie viele mit der Produktion beschäftigt gewesen seien, mag dies einem Erinnerungsverlust durch Zeitablauf geschuldet sein, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass ein nicht unerheblicher Teil der Beschäftigten des VEKB in diesem Bereich tätig war. Auch insoweit handelte es sich nicht um Produktions-, sondern vielmehr um Verwaltungs- und Dienstleistungsaufgaben. Auch der von dem Zeugen Dr. K als weitere Aufgabe des VEKB geschilderte Rationalisierungsmittelbau hatte im Vergleich zur Lebensmittelkühlung lediglich untergeordnete Bedeutung.

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Aussagen des Zeugen Dr. K., der bei seinen beiden Vernehmungen im Ergebnis im Wesentlichen übereinstimmende Angaben zu den Aufgabenbereichen und betrieblichen Tätigkeitsfeldern des VEKB gemacht hat, sowie auf dem Vorbringen des Klägers. Danach steht fest, dass am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990) der Hauptzweck des VEKB nicht in der industriellen Produktion von Sachgütern lag, sondern in der Kältekonservierung, Bevorratung und Lagerhaltung von Lebensmitteln. Schwerpunkt des VEKB war somit jedenfalls nicht die fabrikmäßige und serienmäßige, regelmäßig wiederkehrende Massenproduktion von Sachgütern. Letztlich hatte dies auch der Zeuge Dr. K. anlässlich seiner Vernehmung bei dem SG am 09. Mai 2005 noch bejaht, indem er ausdrücklich erklärt hat, die Volleipulverproduktion, in der etwa 20 bis 25 % der Mitarbeiter des Stammbetriebes gearbeitet hätten, sei die "einzige Produktionsaufgabe" des Stammbetriebes gewesen. Soweit er diese Angabe im Berufungsverfahren anlässlich seiner erneuten Vernehmung auf der Grundlage einer differenzierenden Betrachtungsweise des Begriffs "Produktion" relativiert hat, beruht dies augenscheinlich darauf, dass der Zeuge auch die Lebensmittelkonservierung mittels Gefrierens nunmehr als Produktionstätigkeit einstuft. Dem ist jedoch nicht zu folgen. Denn die bloße Kältekonservierung und Vorrats- bzw. Lagerhaltung mittels unterschiedlicher Gefriervorgänge ohne Herstellung eines (neuen) Endproduktes kann nicht als industrielle Fertigung von Sachgütern angesehen werden. Dies erhellt auch aus dem Statut der VVB K, der Vorläuferin des VEK K, vom 15. Mai 1975. Darin heißt es in § 1 Abs. 1, dass die VVB K das wirtschaftsleitende Organ für die Bestandsbildung und Lagerhaltung von Nahrungsgütern, die zu ihrer Werterhaltung der Kältekonservierung bedürfen, für die Großhandelstätigkeit mit Gefrierkonserven und Speiseeis, sowie für die Produktion von Speiseeis, Gefriervollei und Volleipulver auf der Grundlage der staatlichen Planauflagen entsprechend der Verordnung vom 28. Mai 1973 über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der VEB, Kombinate und VVB (GBl. I Nr. 15 S. 129) in der Fassung der Verordnung vom 27. August 1973 zur Änderung der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der VEB, Kombinate und VVB (GBl. I Nr. 39 S. 105) ist. Auch nach dem Sprachgebrauch der DDR wurde somit zwischen den Produktionsaufgaben, von denen der VEKB lediglich die Volleipulverproduktion wahrnahm, und der Bevorratung und Lagerhaltung mittels Kältekonservierung, dem Hauptzweck des VEKB, unterschieden. Dies korrespondiert auch mit der Tatsache, dass das VEK K, dessen Kombinatsbetrieb der VEKB war, nicht einem Industrieministerium, sondern dem Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft der DDR untergeordnet war. Dass es sich bei dem VEKB nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie handelte, folgt auch aus der Kennziffer, die dieser Betrieb nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR hatte. Er unterfiel nämlich der Wirtschaftsgruppe , die K vorbehalten war.

Andere Rechtsgrundlagen, auf die der Kläger sein Begehren stützen könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere verstößt es nicht gegen Verfassungsrecht, dass der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR und deren Differenzierungen angeknüpft hat. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Grundgesetz gebietet es nicht, von den historischen Gegebenheiten in der DDR, aus denen sich Ungleichheiten ergeben könnten, abzusehen und sie rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigung der damals Einbezogenen hat der Bundesgesetzgeber als ein Teilergebnis der Verhandlungen im Einigungsvertrag angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (vgl. BVerfGE 100, 138, 190 = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1). Zu einer "Totalrevision" des aus der DDR stammenden Versorgungsrechts war er über die mit der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vorgenommene Modifikation von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hinaus nicht verpflichtet (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2; Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 1/03 R –). Zwischenzeitlich hat auch das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Auslegung der Texte der Zusatzversorgungsordnungen durch die Fachgerichte, insbesondere durch das BSG, nicht willkürlich ist (vgl. BVerfGE, Beschluss vom 04. August 2004 – 1 BvR 1557/01 – nicht veröffentlicht –; Beschluss vom 08. September 2004 – 1 B 4 BvR 1503/04 – nicht veröffentlicht – und zuletzt Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. – nicht veröffentlicht –).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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