L 13 AS 2298/06 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 1246/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 2298/06 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zur Interessenabwägung bei der Anordnung der aufschiebenden Wirkung wegen der Zurücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Vergangenheit und die Zukunft.
2. Widerspruch und Anfechtungsklage wegen der Erstattung der Beiträge zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung haben aufschiebende Wirkung; es greift weder § 39 Nr. 1 SGB II ein noch handelt es sich um die Anforderung von Beiträgen im Sinn des eng auszulegenden § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 30. März 2006 abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Klage wegen der im Bescheid vom 13. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2006 verfügten Erstattung von Arbeitslosengeld II und Beiträgen zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 12.462,40 EUR aufschiebende Wirkung hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Klägers, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, ist sachlich nur teilweise begründet.

Zutreffend hat das Sozialgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wegen der im Bescheid vom 13. Februar 2006 (Widerspruchsbescheid vom 20. März 2006) für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2006 verfügten Zurücknahme der Bewilligungen von Arbeitslosengeld II (Alg II) abgelehnt. Erfolg hat die Beschwerde hingegen insoweit, als die aufschiebende Wirkung der Klage wegen der im genannten Bescheid ebenfalls verfügten Erstattung von Alg II einschließlich Beiträgen zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 12.462,40 EUR festzustellen ist.

Ausgangspunkt des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2006. Darin hat die Beklagte die Bewilligungen von Alg II für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2006 ganz zurückgenommen und die Erstattung des bis zum 28. Februar 2006 gezahlten Alg II einschließlich der Beiträge zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 12.462,40 EUR angeordnet. Die vom Kläger erhobene zulässige Anfechtungsklage zielt auf Beseitigung dieser Regelungen. Mit dem am 15. März 2006 anhängig gemachten Begehren des vorläufigen Rechtsschutzes hat der Kläger die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wegen der Zurücknahme geltend gemacht; daneben geht es ihm aber auch, wie seine Begründung erkennen lässt, darum, dass die aufschiebende Wirkung der Klage wegen der Erstattung angeordnet wird.

1. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage wegen der Zurücknahme der mit den Bescheiden vom 14. April 2005, 13. Juni 2005 und 13. Dezember 2005 verfügten Bewilligungen des Alg II.

Bei der von der Beklagten verfügten Zurücknahme der Bewilligungen handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 39 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II), der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet und der mit Widerspruch und einer nachfolgenden Anfechtungsklage angegriffen werden kann. Der vom Kläger eingelegte Widerspruch und seine Anfechtungsklage hatten deshalb keine aufschiebende Wirkung. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 14. Juni 2006 - L 13 AS 1824/06 ER-B m.w.N.), dass als Verwaltungsakte im Sinne von § 39 Nr. 1 SGB II auch solche anzusehen sind, welche die Bindungswirkung einer Leistungsbewilligung ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft und/oder die Vergangenheit beseitigen. Die von Gesetzes wegen entfallene aufschiebende Wirkung kann indes angeordnet werden (vgl. § 86 b Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)), wenn der Hauptsacherechtsbehelf - hier also die Anfechtungsklage - offensichtlich begründet ist. Auch wenn wegen § 39 Nr. 1 SGB II im Regelfall der durch den Verwaltungsakt Betroffene das Vollzugsrisiko zu tragen hat, besteht in einem derartigen Fall grundsätzlich kein öffentliches Interesse am Sofortvollzug eines aller Voraussicht nach aufzuhebenden Verwaltungsaktes. Dies gilt (vgl. § 86 a Abs. 3 Satz 1 SGG) auch bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes, wenn also der Erfolg lediglich wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg. Abzulehnen ist hingegen der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, wenn der Rechtsbehelf offensichtlich keinen Erfolg hat. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist das vom Gesetzgeber generell angenommene Sofortvollzugsinteresse und das individuelle Suspensivinteresse gegeneinander abzuwägen. Überwiegt das Suspensivinteresse, was in entsprechender Anwendung von § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG auch der Fall ist, wenn der Sofortvollzug für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Übersteigt das Suspensivinteresse das öffentliche Vollzugsinteresse nicht, hat es bei der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes zu verbleiben (vgl. auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 14. April 2005 - 4 VR 1005/04 - in Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 69).

Zutreffend ist das Sozialgericht im angegriffenen Beschluss zum Ergebnis gelangt, dass der Ausgang des Klageverfahrens offen ist. In tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ist auch ein Wahrscheinlichkeitsurteil nicht möglich. Der Erfolg der Anfechtungsklage hängt (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X)) vom Nachweis der Rechtswidrigkeit der Bewilligungen und, weil die Rücknahme auch mit Wirkung für die Vergangenheit verfügt wurde, davon ab, ob die Voraussetzungen für eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit erfüllt sind (vgl. § 45 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 SGB X, letztere Bestimmung in der nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II für entsprechend anwendbar erklärten Modifizierung durch § 330 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III)). Entscheidungserheblich ist deshalb, ob und in welchem Umfang unter Heranziehung der Verteilungsregel des § 19 Satz 2 SGB II nach § 11 SGB II und den Bestimmungen der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Alg II/Sozialgeld (Alg II-V) vom 20. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2622) zu berücksichtigendes Einkommen und nach § 12 SGB II i.V.m. der Alg II-V zu berücksichtigendes Vermögen des Klägers seine Hilfebedürftigkeit (vgl. § 9 Abs. 1 SGB II) und damit seine Berechtigung auf Alg II (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) ausgeschlossen hat. Vorrangig ist zu klären, ob und ggf. seit wann seine Ehe mit C. U. geschieden ist, verneinendenfalls, ob der Kläger von seiner Ehefrau dauernd getrennt lebt (zum dauernden Getrenntleben vgl. Senatsbeschluss vom 26. August 2005 - L 13 AS 3390/05 ER-B) oder ob im Fall der Scheidung der nach den Verwaltungsakten im Haus seiner Mutter wohnende Kläger mit dieser eine Haushaltsgemeinschaft bildet, bejahendenfalls dann die Vermutungsregelung des § 9 Abs. 5 SGB II widerlegt ist. Beim zu berücksichtigenden Einkommen steht zwar fest, dass dem Kläger seit 1. Januar 2005 die Mietzahlungen aus dem Anwesen R.-H.-Straße 5 in F., welches ihm und C. U. je zur Hälfte gehört, zugeflossen sind. Unklar ist indes, ob für alle vermieteten Räume die Mietverträge und ggf. weshalb allein vom Kläger als Vermieter geschlossen worden sind. Sodann muss festgestellt werden, ob dem Kläger weitere Einnahmen zugeflossen sind und welche Posten vom Einkommen abgesetzt werden müssen. Was das Vermögen anbelangt, bedarf der Aufklärung, welches über den Freibeträgen des § 12 Abs. 2 SGB II liegende Vermögen nach § 12 SGB II und der Alg II-V mit welchem Wert zu berücksichtigen ist und ob es auch verwertbar ist. Wenn dem Kläger der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für ihn eine besondere Härte bedeuten würde, würde dies seine Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs. 4 1. Halbsatz SGB II nicht ausschließen; allerdings hätte die Leistung dann nur als Darlehen erbracht werden dürfen (§ 9 Abs. 4 2. Halbsatz SGB II). Beim Vermögen bedarf der Klärung, wer neben dem dem Kläger gehörenden Daewoo Baujahr 2003 Eigentümer des BMW 323 i und insoweit im als Beweiszeichen dienenden Kfz-Brief als Halter eingetragen ist. Der Kläger wird sich insoweit auch dazu erklären müssen, wie er den Kaufpreis für den Daewoo von ca. 6000 EUR aufbringen konnte. Für den Fall, dass er ein Verwandtendarlehen behaupten sollte, wird er auch angeben müssen, ob es sich dabei um das Verwandtendarlehen handelt, das ihm seinen Angaben zufolge für den Aufbau seiner selbständigen Erwerbstätigkeit eingeräumt worden ist. Für die von der Beklagten bewilligten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bedarf der tatsächlichen Klärung, ob der zwischen dem Kläger und seiner Mutter geschlossene Mietvertrag, was die Verpflichtung zur Zahlung der Mietaufwendungen anbelangt, auch - ggf. mit einer Stundungsabrede - umgesetzt worden ist oder ob es sich bei der Mietzinsvereinbarung und dem Mietvertrag nur um ein Scheingeschäft (vgl. § 117 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gehandelt hat. Für den Fall, dass die Rechtswidrigkeit der Bewilligung ganz oder teilweise feststeht, müsste schließlich auch einer der den Vertrauensschutz ausschließenden Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfüllt sein. Die Beklagte macht dem Kläger insoweit den Vorwurf, vorsätzlich oder grob fahrlässig unvollständige Angaben gemacht zu haben. Dies kann sich aber nur darauf beziehen, dass der Kläger bei Antragstellung seine Modelleisenbahnsammlung und - für den Fall, dass er auch Eigentümer des BMW 323 ist - dieses Kfz verschwiegen sowie möglicherweise zu niedrige Mieteinkünfte angegeben hat. Die Mieteinkünfte als solche und die übrigen Vermögensgegenstände hat der Kläger bei Antragstellung am 24. November 2004 und im Verlauf des hierdurch ausgelösten Verfahrens mitgeteilt. Dann aber müsste geprüft werden, inwieweit der Verwaltungsakt auf den verschwiegenen oder unrichtigen Angaben beruht, diese also die Rechtswidrigkeit wesentlich verursacht haben (zum Kausalzusammenhang vgl. BSG SozR 3-1300 § 32 Nr. 2; BSG, Urteil vom 19. März 1998 - B 7 AL 44/97 R - in DBlR 4457 a, AFG/§ 152).

Die hiernach vorzunehmende Interessenabwägung durch den Senat führt zu keinem anderen Ergebnis wie im angegriffenen Beschluss. Das Suspensivinteresse des Klägers geht für die Zeit des Leistungsbezugs vom 1. Januar 2005 bis 28. Februar 2006 dahin, dass er die gewährten Leistungen als rechtmäßig erbracht behalten darf und diese nicht erstatten muss. Diesem Interesse wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass, wie noch auszuführen ist, die Anfechtungsklage wegen der Erstattung der Leistungen und der Beiträge zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung aufschiebende Wirkung hat und diese aufschiebende Wirkung festgestellt wird, so dass es der Beklagten derzeit verwehrt ist, deshalb Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Darüber hinaus geht das Suspensivinteresse des Klägers dahin, dass ihm für vier Monate, nämlich vom 1. März 2006 bis 30. Juni 2006, dem Endzeitpunkt der letzten befristeten Bewilligung vom 13. Dezember 2005, Alg II in Höhe von 708,43 EUR weiter geleistet wird und er in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung Versicherungsschutz genießt. Die Vorenthaltung bewilligter Leistungen und der fehlende Versicherungsschutz ist indes regelmäßig Folge einer Entziehung der ganzen Leistung. Weil das Gesetz jede Entziehung, ob ganz oder teilweise, für sofort vollziehbar erklärt und die gesetzliche Regelung auf einer typisierenden Abwägung der Individualinteressen und der öffentlichen Interessen beruht, hat dieses Individualinteresse im Abwägungsprozess gegenüber dem öffentlichen Interesse, dass eine Behörde bei vollkommen unklarer Sach- und Rechtslage sowie fehlender Erkennbarkeit einer Erfolgschance keine Leistungen erbringen muss, kein das öffentliche Interesse überragendes Gewicht. Dies gilt zumal dann, wenn - wie hier - durch die Entziehung keine unabänderlichen Tatsachen geschaffen werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger im Haus der Mutter wohnt und diese ihn während der Zeit ohne Leistungen unterstützt, u.a. durch Stundung der Miete. Daneben verfügt der Kläger, wie die vorgelegten Kontoauszüge belegen, über Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Er selbst hat den Gewinn aus seiner weiter ausgeübten selbständigen Tätigkeit auf ca. 224 EUR monatlich im ersten Geschäftsjahr und rund 1.474 EUR im zweiten Geschäftsjahr geschätzt. Außerdem fließen ihm monatliche Mieteinnahmen in Höhe von 1.570 EUR zu. Diesen stehen nach der Aufstellung des Klägers zwar Ausgaben von auf den Monat gerechnet 1.580,25 EUR gegenüber. Verschiedene Ausgaben fallen indes nicht kontinuierlich jeden Monat an, so dass dem Kläger von den monatlichen Mieteinnahmen noch weitere Beträge verbleiben. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass der Lebensunterhalt des Klägers und sein Versicherungsschutz insbesondere in der Krankenversicherung anderweitig sichergestellt ist und sichergestellt werden kann. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob das Suspensivinteresse auch im Hinblick auf das beim Kläger vorhandene Vermögen zu verneinen ist. Immerhin ist er Miteigentümer eines in Freiburg gelegenen bebauten Grundstücks zur Hälfte, dessen Verkehrswert vom Kläger selbst mit 300.000 EUR angegeben wird und auf dem nur noch Grundschulden in Höhe von ca. 114.240 EUR lasten. Außerdem gehört ihm neben einer der Ablösung eines Hauserwerbsdarlehens dienenden Kapitallebensversicherung und eines Bausparguthabens eine Eisenbahnsammlung, von der er hin und wieder Teile verkauft und die - insoweit allerdings unbestätigt - einen Wert von 100.000 EUR haben soll. Bei dieser Sachlage kann auch von einer unbilligen Härte keine Rede sein, weil hier die Entziehung der Leistung für vier Monate den Kläger nicht in eine existenzielle Notlage bringt. Der Senat hat bei seiner Abwägungsentscheidung durchaus auch grundrechtliche Belange berücksichtigt, wenn gleich die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - keinen Fall der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Leistungsentziehung, sondern den im Wege der einstweiligen Anordnung verfolgten Anspruch auf Alg II betrifft. Angesichts der anderweitigen Sicherstellung des Lebensunterhalts sieht er indes keinen Grund, das Suspensivinteresse als dem öffentliche Interesse vorrangig zu bewerten, so dass es bei der gesetzlich angeordneten Vollziehbarkeit der Rücknahme der Bewilligung von Alg II auch für die Zeit vom 1. März bis 30. Juni 2006 zu bleiben hat.

2. Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage wegen der Erstattungsforderung.

Die Anfechtungsklage wegen der Erstattung des Alg II und der Beiträge zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 12.462,40 EUR hat aufschiebende Wirkung. Aufschiebende Wirkung hat, wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30. Dezember 2005 - L 13 AS 5471/05 ER-B - und vom 14. Juni 2006 - L 13 AS 1824/06 ER-B - m.w.N.) in jedem Fall der Widerspruch oder eine Anfechtungsklage wegen einer auf § 50 SGB X gestützten Erstattung des Alg II. Denn insoweit liegt kein Fall des § 39 Nr. 1 SGB II vor. Keine Entscheidung über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende enthält auch der auf § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II) gestützte, die Beiträge zur Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung betreffende Erstattungsanspruch. Widerspruch und Anfechtungsklage wegen einer solchen die geleisteten Beiträge betreffenden Erstattung haben deshalb gemäß § 86 a Abs. 1 SGG ebenfalls aufschiebende Wirkung. Bei dem auf den Ersatz der Beiträge gerichteten Erstattungsanspruch handelt es sich auch nicht um eine Anforderung von Beiträgen im Sinn des eng auszulegenden § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG. Materiell-rechtlich setzt der Ersatzanspruch nach § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht nur die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung, sondern auch die regelmäßig an der aufschiebenden Wirkung teilhabende Rückforderung der Leistung voraus, so dass es wegen dieser Akzessorietät gerechtfertigt ist, auch den Ersatzanspruch dem selben rechtlichen Schicksal zu unterwerfen (vgl. auch Senatsbeschluss vom 25. August 2003 - L 13 AL 2374/03 ER - abgedruckt in Juris). Da die Beklagte die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage missachtet, war die aufschiebende Wirkung dieser Klage festzustellen (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 2. Juli 2004 - L 13 R 2467/04 ER-B - m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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