S 18 AS 62/06 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 AS 62/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) ab dem 30.03.2006 (Eingang ihres Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes).

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig.

Die Antragsgegnerin ist auch im Hinblick auf die Frage des materiellen Rechts passiv legitimiert, denn sie hat die hier streitige Entscheidung vom 28.02.2006 über die Ablehnung der mit Antrag vom 20.02.2006 begehrten Leistungen nach dem SGB II im eigenen Namen getroffen und ist insofern auch materiell verpflichtet. Ferner ist sie auch die sachlich zuständige Behörde für den gestellten Leistungsantrag. Der Kreis M hat gemäß § 1 der Satzung über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II als nach § 6 a Abs. 2 SGB II zugelassener kommunaler Träger der Leistungen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Ziffer 1 und Ziffer 2 SGB II den kreisangehörigen Städten und Gemeinden die Durchführung der in den §§ 4 und 5 der Satzung bezeichneten Aufgaben zur Entscheidung im eigenen Namen entsprechend übertragen. Somit ist die Stadt P – hier Antragsgegnerin – zuständige Leistungsträgerin. Dem Kreis M. obliegt lediglich die Prozessvertretung gemäß § 71 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Demgemäß handelt es sich um eine Delegation im weiteren Sinne, das heißt ein Rechtsakt, durch den ein Hoheitsträger seine ihm durch das Recht eingeräumte Befugnis zum Erlass von Hoheitsakten auf ein anderes Subjekt überträgt, auch wenn er selbst weisungsbefugt bleibt. Dementsprechend werden die kreisangehörigen Gemeinden in § 8 der Satzung auch als "Delegationsnehmer" bezeichnet.

Das Gericht vermag der neueren Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein Westfalen ((LSG NRW Beschluss vom 22.11.2005 – L 12 B 38/05 AS ER, vom 24.11.2005 – L 9 B 87/05 AS ER, und vom 23.12.2005, L 19 B 67/05 AS ER) nicht zu folgen. Zutreffend wird in diesen Entscheidungen darauf hingewiesen, dass sich der Kreis M in § 8 der Satzung die Durchführung von Rechtsbehelfs- und Rechtsstreitverfahren vorbehalten hat und diese Satzungsregelung nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Dies ändert jedoch nichts an der sachlichen Zuständigkeit und materiellen Verpflichtung zur Erbringung der Leistungen auf Seiten der herangezogenen Kommune als Delegationsnehmerin. Ausschlaggebend ist nicht die weiterhin bestehende Leistungsträgerschaft des Kreises nach § 6 a SGB II, sondern die Frage, welcher Rechtsträger leistungsverpflichtet ist. Diese Frage kann im Sozialhilferecht und im Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II nur einheitlich beantwortet werden, zumal nach dem AG SGB XII NRW vom 16.12.2004 (GVBL. NRW Seite 816) in § 3 der örtliche Träger der Sozialhilfe die kreisangehörigen Gemeinden durch die Durchführung der ihn als Träger der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben ebenfalls durch Satzung heranziehen kann. Auch im diesem Bereich entscheiden die Kommunen dann im eigenen Namen. Diese Regelung gibt insoweit nur den bereits vor dem 01.01.2005 geltenden Rechtsstand wieder. Insofern war und ist unumstritten, dass die Rücknahme der Delegation bezüglich des Widerspruchsverfahrens nicht dazu führte, dass der Landkreis nunmehr als Beklagter zu führen ist. Diese Regelung entspricht § 90 SGB X. Es handelt sich hierbei um eine Ausnahme von der allgemeinen Delegation und diese Sonderregelung erfasst, jedenfalls im Bereich der Sozialhilfe, lediglich die Zuständigkeit im Vorverfahren. Für das Klageverfahren bleibt weiterhin die Beklagte die kreisangehörige Gemeinde, es sei denn, der Widerspruchsbescheid hat die Klägerin erstmals im Sinne des § 78 Abs. 2 VwGO beschwert (Schellhorn, Kommentar zum BSVG, 16. Auflage, § 96 Rd-Nr. 20). Entsprechend diesen weiterhin im Bereich der Sozialhilfe geltenden Rechtsgrundsätzen kann auch bei den aufgrund einer Delegation von kreisangehörigen Gemeinden zu erbringenden Leistungen nach dem SGB II wegen der Durchführung des Widerspruchsverfahrens durch den Kreis nicht die passive Legitimation der materiell verpflichteten Kommunen entfallen. Die Stellung der kommunalen Delegationsnehmer als Beklagte bzw. Antragsgegnerin wird im Wesentlichen durch die Verfahrensgrundsätze des Sozialgerichtsgesetzes und damit durch ein Bundesgesetz bestimmt, welches durch eine untergesetzliche Satzungsbestimmung nicht modifiziert werden kann. Dem Kreis M bleibt es unbenommen, das Rechtsstreitverfahren sowohl schriftlich als auch durch Entsendung eines Beamten des Kreises als Prozessvertreter der Gemeinde durchzuführen. Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz wird nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in einem solchen Vorgehen nicht gesehen. Die Beteiligtenrolle der Gemeinde als Beklagte bzw. Antragsgegnerin wird allerdings hierdurch nicht berührt (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 29.07.1997 – VIII B 295/97).

Ferner ist der von der Antragsgegnerin gestellte Antrag auf Feststellung, wer passiv legitimiert ist, unzulässig. Hierbei handelt es sich um eine Feststellungswiderklage, die nur unter den Voraussetzungen zulässig ist, unter denen auch eine Feststellungsklage erhoben werden kann. Eine Feststellungsklage mit dem Ziel der Überprüfung der Passivlegitimation ist jedoch wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage unzulässig. Denn die Passivlegitimation ist im Rahmen der Begründetheit von Amts wegen zu überprüfen. Wird mit der Feststellungsklage lediglich die selbständige Feststellung einer Vorfrage eines Leistungsstreits begehrt, ist sie nach den oben genannten Grundsätzen unzulässig.

Das Gericht sieht daher keinen Rechtsgrund, dem Antrag der Antragsgegnerin auf Feststellung des Kreises M als richtige Antragsgegnerin zu entsprechen.

Darüber hinaus ist der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht begründet.

Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung).

Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).

Im vorliegenden Fall kommt eine Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher, bei Zuwarten des Hauptsacheverfahrens nicht mehr abwendbarer Nachteile in Betracht.

Der Antrag einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 der Zivilprozessordnung – ZPO) glaubhaft macht.

Das Gericht hat im Rahmen einer summarischen Überprüfung festzustellen, ob der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch im materiell-rechtlichen Sinne zusteht. Erst wenn die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs glaubhaft dargetan sind, stellt sich die Frage nach der Dringlichkeit bzw. Unzumutbarkeit des weiteren Zuwartens. Grundsätzlich darf im Wege einer einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Dabei hat das Gericht zwischen dem Interesse der Antragstellerin an einer vorläufigen Leistung zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen und dem Interesse der Antragsgegnerin, einer möglicherweise unberechtigte Leistung zu verweigern, abzuwägen. Im Interesse der Effektivität des einstweiligen Rechtsschutzes kann es aber ausnahmsweise erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn sonst der Rechtsschutz nicht erreichbar und für den Antragsteller unzumutbar wäre (Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 7. Auflage, § 86 b Rd-Nr. 31).

Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Überprüfung steht der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch im materiell-rechtlichen Sinne hinsichtlich der begehrten Leistungen nach dem SGB II nicht zu.

Gemäß § 19 S. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld-II

1.
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung,

2.
unter den Voraussetzungen des § 24 einen befristeten Zuschlag.

Gemäß § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt, der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht

1.
durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit,

2.
aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen.

Gemäß § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (Nr. 1) und als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen u. a. die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (Nr. 3 b).

Danach stellen die Antragstellerin und Herr K K eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Ziffer 3 b SGB II dar, denn es ist davon auszugehen, dass sie in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben.

Die eheähnliche Gemeinschaft ist nach einhelliger gefestigter Rechtsprechung definiert als die Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, und damit über die Beziehung einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (Bundesverfassungsgericht -BVerfG- E 87, 234, 264 ff.; vgl. auch BSG Urteil vom 29.04.1998, Aktenzeichen: B 7 AL 56/97 R, abgedruckt in SozR 3-4100, § 119 Nr. 15).

Als wichtige Indizien für die Feststellung einer solchen eheähnlichen Gemeinschaft hat das Bundesverfassungsgericht die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen, genannt (BVerfGE, Urteil vom 17.11.1992, SozR 3-4100, § 137 Nr. 3). Hinsichtlich der Dauer des Zusammenlebens sind wichtige Hinweise Tatsachen über die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor Gründung der Wohngemeinschaft, der Anlass für das Zusammenziehen, die konkrete Lebenssituation der streitgegenständlichen Zeit und die nach außen erkennbare Intensität der Gemeinschaft (LSG NRW, Beschluss vom 21.04.2005, Aktenzeichen: L 9 B 6/05 SO ER, m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts -BVerwG-). Hiermit werden jedoch nicht abschließend aufgezählte Indizien für eine eheähnliche Lebensgemeinschaft beschrieben, die zu dem nicht kumulativ vorliegen müssen. Vielmehr sind damit für den Rechtsanwender nur die maßgeblichen Umstände mit individueller Bedeutung zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "eheähnlichen Gemeinschaft" erläutert. Für die Beurteilung, ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, ist stets maßgebend, ob das "Gesamtbild" aller zu wertenden Tatsachen die Annahme des Vorliegens einer solchen Gemeinschaft rechtfertigen (einhellige Meinung: BVerwG E 98, 195 ff.; = NJW 90, 2802; BSG SozR 3-4100, § 137 Nr. 3; Rotkegel, Sozialhilferecht, Teil III, Kapitel 13, Rd-Nr. 10 ff.; Grube/Warendorf, SGB XII, § 20, Rd-Nrn. 111 ff.). Hiervon ausgehend hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass zwischen ihr und K K nicht eine eheähnliche Gemeinschaft besteht. Vielmehr sprechen überwiegende Gesichtspunkte dafür, dass zwischen ihnen seit mehr als zehn Jahren eine eheähnliche Gemeinschaft besteht. Hierfür sprechen zum einen die eigenen Angaben der Antragstellerin in ihrem Leistungsantrag vom 20.02.2006, wonach sie unter Punkt 2 (persönliche Verhältnisse) K K als ihren Partner in eheähnlicher Gemeinschaft angegeben hat. Auch unter Punkt 7 des Zusatzblatts 1 (zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung) gab sie ihn namentlich als ihren Partner an. Ferner hatte sie im Rahmen des am 19.04.2006 durchgeführten Hausbesuches in Gegenwart der Mitarbeiter der Antragsgegnerin Herrn K als "ihren Mann" bezeichnet (Blatt 48 der Gerichtsakte). Die eigenen Angaben der Antragstellerin und des Herrn K, dass sie sich seit dem Jahre 1983 kennen würden und der Grund, gemeinsam eine Wohnung bzw. ein Haus zu beziehen, ein gemeinsames Kind und dessen gemeinsame Erziehung gewesen sei, fallen bei der Würdigung der Frage nach einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft besonders ins Gewicht. Dabei geht das Gericht davon aus, dass es sich bei dem gemeinsamen Kind um die mittlerweile volljährige Tochter M B handelt, die nach wie vor in dem Haushalt der Antragstellerin und des Herrn K lebt. Offensichtlich kümmern sich beide gemeinsam weiterhin um ihre sich noch in Ausbildung befindende Tochter. Für ein familiäres Zusammenleben, welches über eine bloße Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht, spricht auch der Umstand, dass die Antragstellerin und Herr K im März 1996 gemeinsam von der Wohnung D 16 / P in das Haus W 32 / P umgezogen sind.

Nach dem Ergebnis des Hausbesuches schlafen die Antragstellerin und Herr K in getrennten Schlafräumen, was durchaus auch in ehelichen Lebensgemeinschaften nicht unüblich ist, nutzen jedoch auch gemeinsam solche Räume, wie Küche, Bad, Wohnzimmer und Diele, wie es in einem familiären Verbund üblich ist. Ferner findet eine gemeinsame Nutzung des Küchengeschirrs und der -geräte statt. Auch das Telefon des Herrn K wird von der Antragstellerin mitbenutzt, ohne das vorliegend eine getrennte Abrechnung nachgewiesen wurde. Die Anschaffung von Lebensmitteln und anderen Vorräten erfolgt nach den Angaben der Antragstellerin und des Herrn K. aus einer gemeinsamen Kasse, in die beide nach Bedarf einzahlen. Eine Aufbewahrung der Lebensmittel in getrennter Form findet nicht statt. Jeder übernimmt abwechselnd auch das Zubereiten und Kochen der Mahlzeiten. Insgesamt sind zwar diese Indizien für sich allein betrachtet, nicht ausschlaggebend für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft, sprechen aber in der Gesamtbetrachtung aller für eine solche Lebensgemeinschaft sprechenden Punkte dafür und "runden" gewissermaßen das Bild ab.

Das Vorliegen eines zwischen Herrn K und der Antragstellerin geschlossenen Mietvertrages mit der Vereinbarung eines Mietzinses in Höhe von 100,00 EUR, kann allein nicht gegen die Annahme einer eheähnlichen Partnerschaft sprechen, zumal sich diesbezüglich erhebliche Zweifel ergeben, ob das dargelegte Mietvertragsverhältnis den tatsächlichen Verhältnissen entspricht oder nur formal geschlossen wurde, um das Argument des Vorliegens einer eheähnlichen Partnerschaft auszuräumen. Denn im Rahmen der Antragstellung im Februar 2006 wurde ein solcher Mietvertrag nicht zu den Antragsunterlagen gereicht. Vielmehr ließ die Antragstellerin im Zusatzblatt 1 (Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung) die Frage nach einem Mietverhältnis offen und gab lediglich an, dass Herr K Eigentümer eines eigenen Hauses sei. Zu den Unterkunftskosten wurden lediglich Heizkosten, nicht aber gegenüber Herrn K bestehende Mietzinsverpflichtungen angegeben. Erst im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens bzw. des am 19.04.2006 durchgeführten Hausbesuches legte die Antragstellerin den Mietvertrag vor. Insofern verhalten sich die Angaben der Antragstellerin zu ihrem Leistungsantrag von Februar 2006 und die erst nach Rechtshängigkeit des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens erfolgte Vorlage des Mietvertrages äußert widersprüchlich zueinander.

Auch der Umstand, dass die Antragstellerin und Herr K keine gemeinsamen Vermögensdispositionen getroffen haben und auch über getrennte Girokonten verfügen, spricht für sich allein ebenfalls nicht gegen eine eheähnliche Lebensgemeinschaft. Dem gegenüber fallen die vorgenannten Gesichtspunkte, die für eine eheähnliche Partnerschaft sprechen, im Gesamtbild wesentlich mehr ins Gewicht. Ausgehend von dem eine eheähnliche Lebensgemeinschaft unter anderem prägenden Merkmal des gegenseitigen Einstehens der Partner ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass Herr K im Rahmen der Leistungsantragstellung im Februar 2006 nicht nur wesentlich bei der Darlegung der wirtschaftlichen und räumlichen Verhältnisse mitgewirkt, sondern im Rahmen des Hausbesuches offensichtlich auch das Wort geführt hat. Würde lediglich eine lockere Wohngemeinschaft vorliegen oder gar ein reines Mieter-Vermieterverhältnis, wäre ein solches Einstehen füreinander äußerst ungewöhnlich. Die Antragsgegnerin ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen der Antragstellerin und Herrn K eine eheähnliche Lebensgemeinschaft besteht und somit Herr K Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 Ziffer 3 b SGB II ist.

Der Zugehörigkeit des Herrn K zu der Bedarfsgemeinschaft im o.g. Sinne steht nicht entgegen, dass er eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bezieht. Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass eine Zugehörigkeit des Herrn K zu der Bedarfsgemeinschaft aus dem Grunde ausgeschlossen sei, weil er gemäß § 7 Abs. 4 SGB II aufgrund seines Altersrentenbezuges keine Leistungen nach dem SGB II beziehen kann, folgt das Gericht dieser Rechtsauffassung nicht. Denn die Regelung des § 7 Abs. 4 2. Alternative SGB II, wonach diejenigen, die unter anderem eine Rente wegen Alters beziehen, Leistungen nach dem SGB II nicht beziehen, regelt nicht, dass solche Personen von vornherein aus der Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 auszuschließen sind. Vielmehr dient die Regelung des § 7 Abs. 4 2. Alternative SGB II der Klarstellung, dass diejenigen Personen, die endgültig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, keine Leistungen nach dem SGB II beziehen sollen. Aufgrund dieser Regelung werden dabei Personen, die eine Rente wegen Alters beziehen, über die Personen hinaus, die bereits aufgrund ihres Alters gemäß § 7 Abs. 1 Ziffer 1 SGB II wegen des Bezugs der Regelaltersrente bei Vollendung des 65. Lebensjahres vom Leistungsbezug ausgeschlossen sind, einbezogen. Denn dieser Personenkreis, der Altersrenten unter bestimmten Voraussetzungen wie bei der Regelaltersrente vorzeitig in Anspruch genommen hat, muss nicht mehr in Arbeit eingegliedert werden (siehe auch Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7, Rd-Nr. 36; SG Chemnitz, Beschluss vom 27.02.2006, Aktenzeichen: S 21 AS 381/06 ER m.w.N.).

Auch dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 SGB II ist ein erkennbarer Wille des Gesetzgebers, die Altersrentenbezieher im Sinne von § 7 Abs. 4 SGB II aus der Bedarfsgemeinschaft auszuschließen, nicht ersichtlich. Hätte der Gesetzgeber eine solche Regelung treffen wollen, hätte er die in § 7 Abs. 3 Ziffer 4 SGB II, wonach minderjährige und verheiratete Kinder, die aufgrund ihres eigenen Einkommens und Vermögens sind hilfebedürftig sind, nicht zu der elterlichen Bedarfsgemeinschaft gehören, einen entsprechenden Willen zum Ausdruck gebracht. Dies hat der Gesetzgeber jedoch nicht getan. Vielmehr spricht § 7 Abs. 2 Ziffer 3 b SGB II ohne Einschränkung davon, dass die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist, unabhängig davon, ob derjenige überhaupt Leistungen nach dem SGB II beziehen kann (siehe auch SG Chemnitz, a.a.O.). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Bildung der Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II nach formalen Kriterien erfolgt und grundlegend voraussetzt, dass mindestens ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger zu der Bedarfsgemeinschaft gehört. Ohne eine solche Person wird der Zugang zum SGB II nicht eröffnet, das heißt der Leistungsberechtigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II ist konstitutiv für die Bedarfsgemeinschaft, die wiederum, bestehend aus anderen Personen im Sinne des § 7 Abs. 3 Ziffer 2 bis 4 SGB II, gleichsam ein Annex des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist (Spellbrink, a.a.O., § 7, Rd-Nr. 23). Unter diesen Gesichtspunkten vermag das Gericht keinen gesetzlichen Ansatz zu erkennen, der Auffassung des Sozialgerichts Chemnitz in seinem Urteil vom 08.12.2005, Aktenzeichen: S 6 AS 260/05, zu folgen, (siehe auch SG Chemnitz, a.a.O.).

Danach hat die Antragsgegnerin zu Recht das Einkommen des Herrn K gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 SGB II berücksichtigt und das den Bedarf übersteigende Einkommen bei der Antragstellerin bedarfsmindernd zugrunde gelegt. Im Hinblick auf die in dem angefochtenen Bescheid vom 28.02.2006 zugrunde gelegten Rechnungspositionen ist lediglich zu beanstanden, dass die Antragstellerin bei der Feststellung des Einkommens des Herrn K die in Ansatz zu bringende Versicherungspauschale nach § 3 Nr. 1 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung unberücksichtigt gelassen hat, dies wirkt sich letztendlich jedoch nicht insoweit aus, als der sich hieraus ergebende Einkommensüberhang nach wie vor nicht den Fehlbedarf der Antragstellerin decken würde. Vielmehr ergibt sich weiterhin ein den Fehlbedarf der Antragstellerin übersteigender Betrag. Im Übrigen schließt sich das Gericht der Rechnung der Antragsgegnerin voll inhaltlich an, so dass eine Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 9 SGB II, bezogen auf die Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin und des Herrn K, nicht feststellbar ist.

Darüber hinaus hat das Gericht Zweifel an dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes, denn nach dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in ihrem Antragsschriftsatz vom 29.03.2006 verfügt diese noch über ein Girokontoguthaben in Höhe von 900,00 EUR, welches zumindest bis zum Ende des Monats Mai 2006 deren Bedarf abdecken würde.

Insgesamt war daher der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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