L 12 AS 5188/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1989/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 5188/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28.10.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem 2. Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) im Streit.

Der 1963 geborene Kläger lernte im Jahr 2001 im Düsseldorfer Karneval die 1968 geborene Zeugin T. kennen. Im Februar 2002 zog er aus der Wohnung seiner Eltern in D. nach B. in die Drei-Zimmer-Wohnung der Zeugin T, in der er bis zum heutigen Tag gemeinsam mit der T lebt. Die Zeugin T ist Witwe ist und hat ein regelmäßiges Einkommen als Sekretärin. Dem Kläger gelang es in der Folgezeit, in den Jahren 2002 - 2004 in der Freibadsaison als Schwimmbadaushilfe zu arbeiten; in den Wintermonaten bezog er dann Arbeitslosengeld bzw. (Anschluss-)Arbeitslosenhilfe. In seinem ersten Antrag auf Anschlussarbeitslosenhilfe hatte er angegeben, dass eine "Haushaltsgemeinschaft mit seiner Lebenspartnerin" bestehe.

Der Kläger beantragte am 12.01.2005 die Gewährung von Arbeitslosengeld II. In dem Antragsformular gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen an, dass er ledig sei. In dem Antrag ist zunächst angekreuzt worden, der Kläger sei alleinstehend und ledig; diese Kreuze sind später durchgestrichen worden, und stattdessen wurde angekreuzt, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft mit der T als Partnerin bestehe. Die T habe ein eigenes Arbeitseinkommen als Sekretärin, er selbst habe zuletzt bis zum 16.01.2005 Arbeitslosengeld in Höhe von wöchentlich 200,27 Euro bezogen. Kosten für seine Unterkunft entstünden ihm nicht, da er "freies Wohnrecht bei seiner Freundin" habe. Allerdings machte der Kläger in dem Antragsformular keine Angaben zu dem Arbeitseinkommen der Zeugin T. Dem Antrag war eine "Verzichtserklärung" der Zeugin T vom 12.01.2005 beigefügt, in der diese erklärte, dass der Kläger bei ihr "zur freien Miete wohne". Sie sei jedoch "in keinster Weise bereit, ihn darüber hinaus finanziell zu unterstützen".

Mit dem angegriffenen Bescheid vom 22.02.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld II ab. Da keinerlei Nachweise über das Einkommen der Zeugin T vorgelegt worden seien, werde vermutet, dass der Bedarf anders als durch den Bezug von Arbeitslosengeld II gedeckt werden könne.

Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er und die Zeugin T getrennte Bankkonten unterhielten. Es bestehe keine gegenseitige Verfügungsbefugnis über Einkommen und Vermögen. Auch seien ihm die Einkünfte der Zeugin T nicht einmal bekannt. Die Zeugin T weigere sich, einen Nachweis über ihr Einkommen zu erbringen. Bisher habe er keine Unterhaltsleistungen von ihr erhalten, und diese sei gemäß ihrer Erklärung vom 12.01.2005 hierzu auch nicht bereit. So sei er beispielsweise seit dem 16.01.2005 aufgrund der Entscheidung der Beklagten ohne Krankenversicherungsschutz, da er die Beiträge nicht zahlen könne und die Zeugin T diese nicht übernehmen wolle. Seiner Auffassung nach könne man in seinem Fall von einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht sprechen, bloß weil er in einer Wohnung mit jemanden zusammen lebe. Zudem dauere die Wohngemeinschaft noch nicht lange an.

Mit Widerspruchbescheid vom 11.06.2005 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Entgegen den Ausführungen des Klägers sei vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen. Durch die mietfreie Unterkunft bei der Zeugin T sei sehr wohl ein Einstehen der Partner füreinander zu erkennen. Die Zeugin T sei nicht bereit gewesen, ihr Einkommen offen zu legen, so dass erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit bestünden.

Die Bevollmächtigten des Klägers haben deswegen am 14.07.2005 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage erhoben. Der Kläger trug hierbei erstmalig vor, dass er als Gegenleistung für das mietfreie Wohnen bei der Zeugin T deren Wohnung umfassend renoviert habe, wozu er eine Übersicht der geleisteten Arbeiten vorlegte. Diese Arbeiten seien mit dem mietfreien Wohnen abgegolten worden. Die für die Renovierungsarbeiten entstandenen Materialkosten seien dem Kläger von der Zeugin T ersetzt worden. Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft im Sinne der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere in dem Beschluss vom 02.09.2004 (Az. 1 BVR 1962/04), liege nicht vor. Desweiteren sei die Regelung über die Anrechnung des Einkommens von Partnern in nichtehelichen Lebensgemeinschaft wegen eines Verstoßes gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) rechtswidrig (unter Hinweis auf SG Düsseldorf, Beschlüsse vom 22.02.2005, Az. S 35 SO 23/05 ER u. 35 SO 28/05 ER).

Die Beklagte trat dem Vortrag des Klägers mit dem Argument entgegen, dass die zuvor vorgelegte Bescheinigung über das mietfreie Wohnen zeitlich nicht begrenzt gewesen und nicht an eine Gegenleistung gebunden gewesen sei. Die Tatsache, dass der Kläger die Wohnung der Zeugin T renoviert habe, sei nach ihrer Auffassung ein weiteres Indiz für ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander.

Das SG hat in einem Erörterungstermin vom 20.10.2005 den Kläger angehört sowie die Zeugin T vernommen. Der Kläger gab an, dass ihm die Höhe der Miete und der Nebenkosten seiner Wohnung nicht genau bekannt seien. Die finanziellen Angelegenheiten würden getrennt gehalten. Im Winter 2004/2005 habe er die Wohnung renoviert und hierbei allein für die Küche 11 Tage benötigt. Eine Vergütung für die Arbeit habe er von der Zeugin T nicht erhalten. Das Telefon der Zeugin T benutze er nicht. Er habe ein eigenes Handy. Allerdings könne er den von der Zeugin T gekauften Computer mitbenutzen. Der Computer sei mit dem Internet über eine Flatrate verbunden, wobei er sich an den Kosten und auch an den Kosten für die GEZ nicht beteilige. Sowohl er als auch die Zeugin T hätten ein Kraftfahrzeug, welches jeder selbst finanziere. Er leiste einen monatlichen Beitrag von 200,00 Euro an die Zeugin T, den er als Zuschuss für die Miete ansehe. Im Keller habe er einen Raum von einer Größe von etwa 5 x 4 m ausgebaut, den er für sein Hobby nutze; er baue Modellgaleeren und hoffe, künftig einmal eine große Galeere zur Benutzung durch Passagiere beispielsweise im Mittelmeer zu bauen. Die Hausarbeit sei nicht eingeteilt, es werde nach Bedarf geputzt. Gekocht werde selten, meistens koche er dann. Die Nahrungsmittel würden getrennt eingekauft. Die Waschmaschine würde gemeinsam genutzt, das Waschmittel kaufe die Zeugin T gemeinsame Urlaube hätten sie nicht gemacht; die Zeugin T (von ihm in seiner Aussage als "meine Freundin" bezeichnet) sei im Sommer auf S. gewesen, er habe in dieser Zeit arbeiten müssen. Lediglich im Zeitraum Januar bis April 2005 habe er seinen monatlichen Beitrag von 200,00 Euro nicht gezahlt, da ihm das nicht möglich gewesen sei; deswegen seien in diesem Zeitraum vorgenommene Renovierungsarbeiten als Vorauszahlung des Beitrages von 200,00 Euro in diesem Zeitraum angesehen worden. In der Vergangenheit habe es zwischen ihm und der Zeugin T insbesondere auch wegen finanzieller Angelegenheiten schon Konflikte gegeben. Diese habe dann davon gesprochen, dass sie ihn nicht immer "durchfüttern" könne. Die Zeugin T sehe die Situation auf Dauer als unbefriedigend an, weil er nicht ausreichend zu ihrem gemeinsamen Lebensunterhalt beitrage.

Die Zeugin T gab an, ihre Wohnung koste sie monatlich 600,00 Euro einschließlich Nebenkosten, die verbrauchsbezogen abgerechnet würden. Sie arbeite als Sekretärin und fahre mit einem Kraftfahrzeug des Typs Audi TT zur Arbeit. Der Kläger selbst fahre einen Nissan Micra. Der Einzug des Kläger in ihre B. Wohnung sei zunächst als Übergangslösung gedacht gewesen, da der Kläger damals arbeitslos gewesen sei und eine Aussicht auf eine Anstellung als Badewärter in H. gehabt habe. Eine Liebesbeziehung habe niemals bestanden. Bei seinem Einzug habe der Kläger einen Kühlschrank, einen Teppich und Kleingegenstände mitgebracht. Bis zum Sommer 2005 habe der Kläger in einem Abstellraum geschlafen, der jetzt von ihr als Büro benutzt werde. Im übrigen bestätigte die Zeugin T die Aussagen des Klägers hinsichtlich eines monatlichen Kostenbeitrages von 200,00 Euro mit Ausnahme des Zeitraumes ab Januar 2005, in welchem die Renovierung der Wohnung stattfand. Hausarbeiten würden nicht nach festen Regeln erledigt. Die Waschmaschine werde von beiden bedient. Es gebe auch keine Regelung, wer welche Dinge einkaufe. Gemeinsamen Urlaub hätten sie nicht gemacht. Wenn Bekannte in D. besucht würden, werde mal das Auto des Klägers, mal ihr Auto benutzt, oder es fahre auch jeder selbst, falls nicht die gleiche Zeit in D. verbracht werde.

Anschließend hat das SG nach Anhörung der Beteiligten die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.10.2005 als unbegründet abgewiesen. Eine Würdigung aller Einzelumstände ergebe, dass zwischen dem Kläger und der Zeugin T eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe. Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft werde gekennzeichnet durch eine Gemeinschaft zwischen einer Frau und einem Mann, die von Rechts wegen heiraten könnten, eine Wohn- und Wirtschaftgemeinschaft sowie durch ein subjektiv-personales Element der Gemeinschaft, woraus sich die Vermutung für ein gegenseitiges Einstehen ergebe. Von Rechts wegen könne zwischen dem Kläger und der Zeugin T eine Ehe geschlossen werden. Schließlich sei eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft anzunehmen. Hierfür sprächen zunächst die dem Kläger zurechenbaren Angaben, die Zeugin T sei seine "Lebenspartnerin" (unter Hinweis auf den Arbeitslosenhilfeantrag vom 13.01.2003) bzw. es bestehe eine "eheähnliche Lebensgemeinschaft" (unter Hinweis auf den Antrag vom 12.01.2005). Eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehe auch inhaltlich, denn der Beitrag des Klägers von 200,00 Euro monatlich sei nicht ausreichend, um die aus dem Zusammenleben mit T entstehenden Kosten zu decken, zumal behauptet werde, dieser Beitrag sei lediglich als ein Beitrag zur Miete anzusehen. Dem Kläger würden insofern wesentliche Teile der restlichen gemeinsamen Lebenshaltung (Nutzung von Einrichtungsgegenständen, Bettwäsche, Computer und Internetanschluss, Waschmaschine, Verbrauchsmittel für den Haushalt) seitens der Zeugin T zugewandt. Diese laufenden, von den Partnern nicht im einzelnen ausgerechneten Zuschüsse zum Lebensunterhalt des Klägers zeigten, dass keine getrennte Lebenshaltung, sondern eine gemeinsame Lebensführung stattfinde. Hierbei trage die Zeugin T als die wirtschaftlich stärkere Partnerin die überwiegenden Kosten. Gegen ein bloßes vorübergehendes kostenloses Wohnenlassen des Klägers bei der Zeugin spreche zum einen die lange Dauer des Zusammenlebens von drei Jahren im Zeitraum von Januar 2002 bis Januar 2005 und zum anderen auch, dass die Zeugin T dem Kläger tatsächlich auch Gestaltungen im Hinblick auf die von ihr gemietete Wohnung eingeräumt habe, wozu das SG auf den ausgebauten Kellerraum für die Hobbyzwecke des Klägers verwies. Schließlich sei die Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und der Zeugin T auch von einem subjektiv-personalen Element getragen, aus dem sich ein gegenseitiges Einstehen vermuten lasse. Die Zeugin T habe bei ihrer Vernehmung zwar bestritten, dass zwischen ihr und dem Kläger eine Liebesbeziehung bestehe, jedoch sei diese Aussage nach den geschilderten äußeren Umständen des Kennenlernens und des Zusammenlebens nach allgemeiner Lebenserfahrung unglaubwürdig. Dagegen spreche auch die Angabe des Klägers, er habe mit der T gemeinsam in Urlaub fahren wollen, was jedoch alleine am fehlenden Geld gescheitert sei. Diese Vorstellung zeige, dass sich die persönliche Beziehung zwischen dem Kläger und der Zeugin T nicht im gemeinsamen Leben in der Wohnung in Brühl erschöpfe. Wäre die Beziehung zwischen dem Kläger und der Zeugin T nicht von einer tiefgreifenden persönlichen Verbindung getragen, sei es nicht nachvollziehbar, weshalb die T dem Kläger nahezu sämtliche Gegenstände des gemeinsamen Haushalts zur Nutzung zur Verfügung stelle. Es sei daher davon auszugehen, dass das Einkommen und Vermögen der Zeugin T die Bedürftigkeit des Klägers gem. § 9 Abs. 1 SGB II ausschließe, weil die Partner gegenüber der Beklagten und auch gegenüber dem Gericht beharrlich nähere Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Zeugin T, welche ein festes Gehalt als Sekretärin beziehe, verweigerten. Der Gerichtsbescheid des SG wurde den Klägerbevollmächtigten am 03.11.2005 zugestellt.

Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 02.12.2005 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zu Unrecht habe das SG eine Bereitschaft der Klägerin und des Zeugen T angenommen, gegenseitig über die Beziehung in einer reinen Haushalts- oder Wirtschaftsgemeinschaft hinaus füreinander einzustehen. Dies zeige sich daran, dass die Zeugin T auch nach der Arbeitslosigkeit des Klägers nicht auf den Mietkostenbeitrag des Klägers verzichte, sondern darauf bestanden habe, der Kläger müsse hierfür Renovierungs- und Sanierungsarbeiten in der Wohnung vornehmen. Schließlich habe die Zeugin T dem Kläger auch das erforderliche Geld für die Aufrechterhaltung seines Krankenversicherungsschutzes nicht gegeben. Die Gemeinschaft der Zeugin T mit dem Kläger sei eine reine Zweckgemeinschaft. Die Zeugin T verfüge über ausreichend Wohnraum und gewähre dem Kläger lediglich eine Unterkunft und die Mitbenutzung von Gebrauchsgütern. Gemeinsame Anschaffungen seien nicht getätigt worden, wobei der Hausrat alleine der Zeugin T gehöre. Der Kläger habe lediglich einige Gegenstände und seine Modellbauvorhaben untergebracht. Schließlich sei auch bei der Antragstellung seitens des Klägers nicht von einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgegangen worden; der diesbezügliche Antrag sei durch den Sachbearbeiter geändert worden. Der Kläger habe lediglich angegeben, dass er ledig und die Zeugin T verwitwet sei. Seitens der Sachbearbeitung der Beklagten würde offensichtlich das Zusammenleben zwischen Mann und Frau sogleich als eheähnliche Lebensgemeinschaft interpretiert. Überdies sei die Regelung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar, da nicht getrennt lebende Ehegatten und Partner eine Lebensgemeinschaft einen einklagbaren Anspruch auf Unterhalt und damit auf soziale Absicherung hätten, den der Kläger nicht habe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28.10.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 17.01.2005 Leistungen nach dem SGB II im gesetzlichen Umfang zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtmäßig.

Insbesondere das gewichtigste Indiz der Dauer des Zusammenlebens (ca. 3 Jahre zum Zeitpunkt der Antragstellung) und der Art des Kennenlernens sprechen für eine eheähnliche Gemeinschaft. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger rund ein Jahr, nachdem er die Zeugin T kennen gelernt habe, von D. nach B. gezogen sei, lediglich um eine günstige Wohngelegenheit zu erlangen. Seine Stelle als Saisonaushilfe in einem Schwimmbad habe er damals erstmals zwei Monate nach seinem Umzug angetreten, weswegen nicht anzunehmen sei, dass er im R.-N.-Raum aus beruflichen Gründen eine günstige Bleibe benötigt habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass er sich am neuen Wohnort - dem seiner Freundin, der Zeugin T - eine Tätigkeit gesucht habe. Gegenseitiges Einstehen füreinander zeige sich außerdem schon daran, dass der überwiegend arbeitslose Kläger unentgeltlich bei der Zeugin T wohnen könne, was jedoch bei einer reinen Wohn- und Haushaltsgemeinschaft nicht der Fall wäre. Das der Kläger mit dem Renovieren der gemeinsamen Wohnung im Jahre 2004 eventuelle Mietrückstände bezahlen sollte, sei nur vorgeschoben und daher unglaubhaft. Mietzuschüsse in Höhe von 200,00 Euro seien vom Kläger erst nachträglich vorgetragen worden, was widersprüchlich zu den Angaben der Zeugin T sei, welche zunächst angegeben habe, der Kläger wohne bei ihr mietfrei. Selbst wenn sich der Kläger tatsächlich mit 200,00 Euro monatlich an Kost und Logis beteilige, wäre dieser Betrag zu gering, um die Kosten zu decken. Auch dies spreche für ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander in den Not- und Wechselfällen des Lebens, so dass von einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft ausgegangen werden müsse. In dem Renovieren der Wohnung der Zeugin T durch den Kläger müsse - neben dem Einräumen von Platz für das Hobby des Klägers - als Umbau des Wohnraumes mit Blick auf das Zusammenleben ein Gestalten des gemeinsamen Lebensraumes gesehen werden. Ob die Angabe in dem Antrag, er lebe mit der Zeugin T in eheähnlicher Gemeinschaft, durch ihn selbst oder durch einen Sachbearbeiter getätigt worden sei, sei unerheblich, da er diese Angabe durch seine Unterschrift bestätigt habe. Schließlich habe der Kläger selbst angegeben, er habe freies Wohnrecht "bei seiner Freundin". Wenn dies nicht der Fall wäre, hätte er die Zeugin T explizit in der vorgesehenen Stelle als Vermieterin oder Mitbewohnerin bezeichnen müssen. Damit habe er wahrheitsgemäß umgangssprachlich genau das angegeben, was juristisch gesehen dem Leben in einer eheähnlichen Gemeinschaft entspreche. Das Fehlen eines gemeinsamen Kontos spreche nicht gegen eine eheähnliche Gemeinschaft (unter Hinweis auf Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.12.2005 - L 8 AS 4496/05 ER-B -).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den § 143 f. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist nicht begründet.

Leistungen nach dem SGB II werden nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II ausschließlich Antragstellern gewährt, die hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II bestimmt hierzu, dass bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Vermögen und Einkommen des Partners zu berücksichtigen ist.

Zur Bedarfsgemeinschaft gehört nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II auch als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen "in eheähnlicher Gemeinschaft" lebt (vgl. auch BTDrucks. 15/1516, S. 52). Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Anrechnungsregelung hat der Senat nicht, da umgekehrt eine Nichtanrechnung eine Benachteiligung der in Art. 6 Grundgesetz (GG) geschützten Ehe vorläge.

Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger und der Zeugin T eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, was das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft und die Anrechnung des Einkommens und Vermögens der T auf die Ansprüche des Klägers nach dem SGB II zur Folge hat. Da die T und der Kläger keine näheren Angaben zu dem Einkommen und Vermögen der T gemacht haben, hat die Beklagte bislang zu Recht die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II abgelehnt.

Eine eheähnliche Gemeinschaft ist eine Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (vgl. BVerfGE 87, 234, 264). Dass zwei Personen dieselbe Meldeadresse haben, reicht hierfür nicht aus (vgl. auch BVerwGE 98, 195, 198 f.). Bloße Mitglieder einer Wohngemeinschaft gehören auch nicht zu der "Haushaltsgemeinschaft" nach § 9 Abs. 5 SGB II (BVerfG 02.09.2005 NVwZ 2005, 1178), denn diese Regelung erfasst nur Verwandte oder Verschwägerte im Sinne der §§ 1589 f. BGB (vgl. BTDrucks 15/1516, S. 53).

Das SG hat umfassend und überzeugend dargelegt, weshalb bei dem Kläger und der Zeugin T vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II auszugehen ist. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen, denen er sich ausdrücklich anschließt, nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.

Danach kann auch nach dem Vortrag des Klägers und der Zeugin T nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen dem Kläger und der T eine bloße Zweck-, Haushalts- oder Wohngemeinschaft vorliegt. Der Kläger hat die T im D. Karneval kennen gelernt und ist anschließend in ihre Wohnung eingezogen. Die beiden haben gemeinsame Bekannte, die sie in D. gemeinsam und auch getrennt besuchen. Die T räumt dem Kläger überdies permanent Gebrauchsvorteile an der gemeinsamen Wohnung ein, deren Wert deutlich über die behauptete monatliche Zuwendung des Klägers in Höhe von 200 EUR hinausgeht. Es kann daher auch offen gelassen werden, ob diese - erstmalig im Klageverfahren vor dem SG behauptete - Zuwendung auch tatsächlich von Anfang an gezahlt wurde oder lediglich als Schutzbehauptung anzusehen ist. Dass durch diesen Beitrag jedenfalls der Wert des Wohnrechts bei der T nicht erreicht wird, zeigt sich bereits an der schriftlichen Bestätigung der T im Verwaltungsverfahren, sie räume dem T ein Wohnen zur "freien Miete" ein.

Im Übrigen hat das SG zutreffend dargelegt, dass auch darüber hinaus zahlreiche Indizien vorliegen, die auf eine dauerhafte und tiefer greifende Beziehung zwischen dem Kläger und der T hinweisen. So ist es mit einer bloßen Wirtschaftsgemeinschaft nicht vereinbar, dass ein Wille nach gemeinsamem Urlaub besteht, wie ihn der Kläger eingeräumt hat.

Außerdem hat der Kläger auch eingeräumt, dass es wegen des finanziellen Ungleichgewichts zwischen ihm und der T schon öfter Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen gegeben habe. In diesem Zusammenhang ist jedoch die Tatsache, dass die T den Kläger weiterhin - nach ihren Worten - "durchfüttert" ein weiteres gewichtiges Indiz dafür, dass die T tatsächlich und auch in ihren Augen die Kosten der Lebensführung des Klägers (mit)trägt und daher ihren Einstandswillen auch nach außen dokumentiert. Denn in einer bloßen Zweckgemeinschaft, die überwiegend von wirtschaftlichen Erwägungen geprägt ist, wäre ein solches Verhalten über einen längeren Zeitraum kaum zu erwarten. Hierbei ist es unbeachtlich, wenn die T dem Kläger in manchen Bereichen, wie etwa bei den Krankenversicherungsbeiträgen, nicht unterstützt, wenn auf der anderen Seite in anderen Lebensbereichen eine Unterstützung regelmäßig erfolgt.

Ein weiterer wesentlicher Hinweis für das Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft sind die Angaben hierzu in den Antragsformularen. Selbst wenn die maßgeblichen Kreuze durch den Sachbearbeiter geändert worden wären, hätte der Kläger den Antrag mit diesen Änderungen doch unterschrieben. Im Übrigen werden diesbezüglich gegebenenfalls noch bestehende Restzweifel dadurch beseitigt, dass der Kläger die T in dem Antrag als "meine Freundin" und nicht etwa als "Mitbewohnerin" oder "Bekannte" bezeichnet hat, was umgangssprachlich als Lebenspartner verstanden wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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