Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 435/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 3718/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1948 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Reinigungsarbeiter und bis zum Jahr 2001 als Helfer im Fensterbau versicherungspflichtig beschäftigt (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf Aktenteile 10 und 11 der ärztlichen Unterlagen Bezug genommen). Ein erster, im Februar 1995 gestellter Rentenantrag war bestandskräftig abgelehnt worden (Bescheid vom 20.10.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.3.1996 und Rücknahme der beim Sozialgericht Heilbronn [SG] im Verfahren S 3 RJ 854/96 erhobenen Klage nach zweifacher nervenärztlicher Begutachtung mit jeweils vollschichtiger Leistungsbeurteilung). Der Kläger hat einen PKW und die hierfür erforderliche Fahrerlaubnis. Er benutzt das Fahrzeug auch.
Im August/September 2001 absolvierte der Kläger eine stationäre Heilbehandlung in der Reha-Klinik P. in Bad W., aus der er als arbeitsunfähig, aber mit der Leistungsbeurteilung entlassen worden war, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten bei Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig verrichtet werden (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf den bei den ärztlichen Unterlagen Blatt 7 m befindlichen entsprechenden Reha-Entlassungsbericht vom 24.9.2001 Bezug genommen).
Am 18.3.2002 beantragte der Kläger erneut die Rentengewährung.
Die hierauf von der Beklagten veranlasste Begutachtung (Gutachten Dr. G. vom 21.6.2002) erbrachte ein Impingement-Syndrom links, ein Wirbelsäulensyndrom (Spondylolisthese Grad I, skoliotische Fehlhaltung, Spondylarthrose, Osteochondrose, Zustand nach Bandscheibenvorfall C 5/6 und Hyperlordorsierung der Lendenwirbelsäule), eine erregbare Persönlichkeitsstruktur mit depressiver Belastungsreaktion in Stresssituationen, ein chronisches Schmerzsyndrom mit Somatisierungstendenz, den Verdacht auf eine Rechtsherzinsuffizienz mit ausgeprägten Unterschenkelödemen, eine Adipositas Grad II sowie posttraumatische Handgelenksbeschwerden links. Leichte Tätigkeiten könnten bei Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen mehr als sechs Stunden am Tag verrichtet werden.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28.6.2002 ab.
Die im anschließenden Widerspruchsverfahren veranlasste nervenärztliche und chirurgische Begutachtung (zusammenfassende Würdigung Dr. M. vom 11.11.2002 erbrachte ein erhebliches Übergewicht, ein stato-myalgisches Dorso-Lumbalsyndrom bei leichter Fehlhaltung mit Aufbraucherscheinungen der Halswirbelsäule und mit kleinem Bandscheibenvorfall C 5/6 sowie Vorwölbungen ohne aktuelle belangvolle Wurzelreizsymptomatik bei Zeichen einer somatoformen Schmerzstörung, Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule mit Wirbelgleiten L 5/S 1 ohne darüber hinausgehende, die Altersnorm übersteigende Verschleißveränderungen bei Hohl-Rundrücken und stato-myalgischem Dorso-Lumbalsyndrom ohne belangvolle Wurzelreizsymptomatik, ein Zustand nach Akromio-Plastik beidseits mit endgradigem Funktionsdefizit links, einen Zustand nach Meniskus-Operation rechts ohne aktuelle Reizzeichen oder Bewegungseinschränkung, eine leichte Rhizarthrose links, eine leichte Radiokarpalarthrose links ohne Beweglichkeitseinschränkung, einen Senk-Spreiz-Fuß beidseits, einen Verdacht auf eine Rechtsherzinsuffizienz mit ausgeprägten, derzeit gering ausgebildeten Unterschenkelödemen, eine Adipositas Grad II sowie eine stimmungslabile, reizbare Persönlichkeit ohne Rückwirkung auf das Leistungsvermögen. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten mit weiteren Einschränkungen vollschichtig verrichtet werden.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.1.2003 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 21.2.2003 beim SG Klage erhoben, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Orthopäde Dr. S. hat in seiner Auskunft vom 8.5.2003 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten ohne Einschränkung der Wegefähigkeit gesehen und den Schwerpunkt der leistungseinschränkenden Befunde auf orthopädischem und - wegen des Schmerzsyndroms mit Somatisierungsstörung - nervenärztlichem Gebiet angesiedelt. Der Neurologe und Psychiater Dr. S. hat in seiner Stellungnahme vom 4.6.2003 über Behandlungen wegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms mit multiplen psychosomatischen Beschwerden sowie wegen Verstimmungs- und Erregungszuständen bei impulsiver und leicht erregbarer Persönlichkeit berichtet und die Auffassung vertreten, der Kläger könne aus neurologischer und psychiatrischer Sicht leichte körperliche Tätigkeiten weiterhin vollschichtig verrichten.
Das SG hat die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid vom 14.8.2003 abgewiesen.
Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften sowie unter Darstellung der Grundsätze zum Berufsschutz entschieden, dass der als Ungelernter und damit breit verweisbar einzustufende Kläger die ihm damit noch zumutbaren leichten Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne. Gefolgt werde den im Verwaltungsverfahren eingeholten und im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten sowie der Einschätzung der behandelnden Fachärzte. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 19.8.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.9.2003 Berufung eingelegt, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt. Zur Begründung beruft er sich auf diverse Arztbriefe und eine arbeitsamtsärztliche Stellungnahme vom 9.9.2003, wonach - gestützt auf eine entsprechende Auffassung der behandelnden Nervenärztin - von einem unter sechsstündigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen wird (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf Blatt 17/19 der LSG-Akte Bezug genommen).
In seiner ärztlichen Stellungnahme für die Beklagte vom 15.12.2003 weist Dr. G. darauf hin, dass der Arbeitsamtsarzt keine eigene Untersuchung durchgeführt habe. Bei der Bewertung der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen stehe jetzt der psychiatrische Bereich im Vordergrund, weshalb eine nervenärztliche Begutachtung vorgeschlagen werde.
Daraufhin hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. E. vom 7.6.2004. Dieser diagnostiziert auf psychiatrischem Fachgebiet eine chronifizierte, leichte depressive Entwicklung mit dysthymen Zügen. Anhaltspunkte für eine schwere Depression hätten sich nicht ergeben. Neurologischerseits würden sich Hinweise auf eine Wurzelreizsymptomatik L 5/S 1 links ergeben. Die Beschwerden seien nicht vorgetäuscht, jedoch aggraviert worden. Unter Mitberücksichtigung der auf orthopädischem Fachgebiet vorbeschriebenen Einschränkungen sei der Kläger in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Publikumsverkehr vollschichtig zu verrichten.
Zu den vom Kläger zuletzt vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 49, 53 der LSG-Akte) und insbesondere zu einer Stellungnahme des Psychiaters Dr. G. vom 27.5.2005, wonach wegen einer mäßig eingeschränkten Stresstoleranz und eines mäßig eingeschränkten Durchhaltevermögens auch für körperlich leichte Tätigkeiten keine Leistungsfähigkeit von mehr als vier Stunden vorliege (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf Blatt 58/61 der LSG-Akte Bezug genommen) äußert sich die Beklagte unter Vorlage einer erneuten ärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 19.7.2005 und tritt der von Dr. G. vertretenen Auffassung zum Leistungsvermögen entgegen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. August 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2003 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, weil er zur Überzeugung des Senats noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf welche er als allenfalls angelernter Arbeiter des unteren Bereichs zumutbar verwiesen werden kann, mindestens sechs Stunden am Tag zu verrichten.
Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 SGG).
Die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen weisen - der Beklagten folgend - darauf hin, dass das Schwergewicht der leistungseinschränkenden Befunde sich mittlerweile auf das nervenärztliche Fachgebiet verschoben hat. Dies ergibt sich zum einen aus dem Erfordernis einer entsprechenden stationären Behandlung im Jahr 2003 und wird zum anderen bestätigt durch die vom Kläger zuletzt vorgelegten ärztlichen Unterlagen.
Insoweit stützt der Senat seine Überzeugung eines gleichwohl gegebenen vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten in erster Linie auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. E ... Danach bedingen die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen - in Übereinstimmung mit den vom SG gehörten behandelnden Ärzten - lediglich die Beschränkung auf noch leichte bzw. mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung der weiteren, in dem Sachverständigengutachten bzw. den Arztauskünften im Einzelnen aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen. Insbesondere ist danach die Annahme einer quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkung nach wie vor medizinisch nicht begründet. Die von Prof. Dr. E. vorgenommene Leistungsbeurteilung ist nach den erhobenen Befunden, bei kritischer Würdigung und der gebotenen Anlegung eines strengen Maßstabes für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er ihr folgt. Hierbei beachtet der Senat insbesondere auch die von Prof. Dr. E. erhobene Tagesstruktur des Klägers (vgl. dazu insbesondere Blatt 38/39 der LSG-Akte), die keine so weit gehende Einschränkung erkennen lässt, dass daraus eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten abzuleiten wäre. Die sozialmedizinische Beurteilung bei somatoformen Schmerzstörungen (wie sie z. B. von Dr. G. diagnostiziert worden ist; Vergleichbares gilt aber auch bei anderen psychischen Befunden) erfordert eine ausführliche Befragung des Probanden zu den Tagesaktivitäten. Erfragt (und hinterfragt) werden müssen auch Symptome des sozialen Rückzugs. Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit ist von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, DRV-Schriften, Band 30, S. 47). Wie bereits ausgeführt, lässt die von Prof. Dr. E. durchgeführte Erhebung keine derartige Einschränkung erkennen und auch die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der Verlust einer selbstbestimmten Lebens- und Teilhabegestaltung nicht deutlich geworden ist.
Die hiervon abweichende Leistungsbeurteilung durch Dr. G. erachtet der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens als widerlegt. Es handelt sich hierbei lediglich um eine abweichende Beurteilung des selben medizinischen Sachverhalts, den bereits Prof. Dr. E. zu beurteilen hatte. Insbesondere bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte, dass sich der medizinische Sachverhalt seit der Begutachtung durch Prof. Dr. E. in wesentlicher Hinsicht geändert hat, zumal auch Dr. G. von "seit Jahren bestehenden" Beschwerden spricht.
Die vom Chirurgen Dr. T. im Wesentlichen mitgeteilten Schmerzen sind weitgehend im Rahmen der psychischen Grunderkrankung zu sehen (vgl. insoweit auch die Aussage von Dr. S. vom 8.5.2003 - Blatt 16 der SG-Akte - in Verbindung mit dem Arztbrief von Dr. S. vom 27.2.2003 - Blatt 22 der SG-Akte -) und sind in deren Beurteilung des Restleistungsvermögens eingeflossen.
Orthopädischerseits sieht der Senat die beim Kläger vorliegenden Befunde im Wesentlichen durch die Aussage des vom SG gehörten behandelnden Orthopäden als geklärt an. Zureichende Anhaltspunkte, dass insoweit zwischenzeitlich eine wesentliche Änderung eingetreten ist, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Die am 29.8.2003 durchgeführte Knieoperation (vgl. Blatt 17 der LSG Akte) ist komplikationslos abgelaufen und hinterließ keine Begrenzung des Bewegungsausmaßes. Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen könnten sich daraus ohnehin nur insoweit ergeben, als Arbeiten mit überwiegendem Stehen und Gehen, Arbeiten in der Hocke und Arbeiten im Knien ausgeschlossen sind. Insoweit ergibt sich also keine wesentlich weitergehende Einschränkung als in der Aussage des behandelnden Orthopäden dargelegt.
Ob beim Kläger möglicherweise eine eingeschränkte Gehfähigkeit vorliegt, kann dahinstehen. Zwar gilt der Arbeitsmarkt als verschlossen, wenn der Weg zur Arbeitsstelle nicht zurückgelegt werden kann. Zur Erwerbsfähigkeit gehört nämlich auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können (BSG SozR 2200 § 1247 Nrn. 47, 50, 53, 56). Allerdings kann nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 1247 Nr. 56) Erwerbsunfähigkeit (und damit entsprechend dem ab 1.1.2001 geltenden Recht volle Erwerbsminderung) in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn nur noch eine Gehfähigkeit vorhanden ist, die maximal 500 Meter Wegstrecke zulässt, der Versicherte keinen Arbeitsplatz inne hat und einen solchen auch nicht mit Hilfe eines eigenen Kfz bzw. eines Fahrrads erreichen kann (vgl. hierzu KassKomm-Niesel, Rdnr. 93 zu § 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung mwN) und der Rentenversicherungsträger diesbezüglich auch keine beruflichen Reha-Leistungen anbietet. Die Zumutbarkeit der Fußwege richtet sich hierbei nach allgemeinen medizinischen Kriterien. Sie ist zu verneinen, wenn beim Gehen auch unter Verwendung von Hilfsmitteln (z. B. Gehstützen) erhebliche Schmerzen auftreten, übermäßige körperliche Anstrengungen erforderlich sind oder die Gesundheit in besonderer Weise gefährdet ist. Die Zumutbarkeitsgrenze kann auch durch die für die Wegstrecke erforderliche Zeit überschritten werden. Das ist der Fall, wenn für 500 Meter mehr als 20 Minuten benötigt werden. In der Regel ist daher nur erwerbsunfähig (bzw. voll erwerbsgemindert), wer nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Besonderheiten zum Beispiel der individuellen Wohnlage und der Beschaffenheit in Betracht kommender Wegstrecken sind bei der gebotenen generalisierenden Abgrenzung des Versichertenrisikos unbeachtlich (vgl. hierzu BSG vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -).
Hier kann der Kläger in Betracht kommende Arbeitsplätze jedenfalls mit seinem PKW erreichen.
Nach den durchgeführten Ermittlungen ist im Rahmen der dem Kläger noch zumutbaren leichten Tätigkeiten keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. keine schwere spezifische Leistungsbehinderung zu beachten, die dazu zwingen würde, unter diesem Gesichtspunkt eine konkrete Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu benennen, die der vollschichtig bzw. mindestens sechs Stunden arbeitsfähige Kläger noch verrichten kann, bzw. zu prüfen, inwiefern derartige Arbeitsplätze überhaupt vorhanden sind (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 75, 81, 90, 104, 117, 136).
Nur ausnahmsweise u.a. in diesen Fällen ist nämlich auch für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten mit vollschichtigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist (BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 50). In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG a.a.O. mwN), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr muss eine Verweisungstätigkeit erst benannt werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger und außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG a.a.O.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Tätigkeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen, und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den wesentlichen qualitativen Einschränkungen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Die übrigen qualitativen Einschränkungen engen das Arbeitsfeld des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt darüber hinaus nicht in ungewöhnlicher Weise weiter ein.
Zwar verneint der Senat damit das Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung, verkennt dabei aber nicht, dass das Leistungsvermögen des Klägers in mehrfacher Hinsicht qualitativ eingeschränkt ist. Gleichwohl ist ihm der allgemeine Arbeitsmarkt deshalb nicht verschlossen. Nach den durchgeführten Ermittlungen ist nämlich nicht ersichtlich, warum der Kläger nicht mehr fähig sein soll, beispielsweise Zureich-, Abnehm-, Montier-, Klebe-, Sortier-, Verpackungs- und/oder Etikettierarbeiten vollschichtig zu verrichten. Derartige Tätigkeiten erfordern kein Heben und Tragen von mehr als 5 bis 6 kg, sind in der Regel in überwiegend sitzender Arbeitsposition mit der Möglichkeit des Wechsels der Körperhaltung nach dem individuellen Bedarf, in Normalarbeitszeit, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Stressbelastungen ausführbar und werden in geschlossenen, wohltemperierten Räumen ausgeführt (vgl. Urteile des 9. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 28.08.2001 - L 9 RJ 2798/00 - und - L 9 RJ 1657/01 - mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1948 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt und war zuletzt als Reinigungsarbeiter und bis zum Jahr 2001 als Helfer im Fensterbau versicherungspflichtig beschäftigt (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf Aktenteile 10 und 11 der ärztlichen Unterlagen Bezug genommen). Ein erster, im Februar 1995 gestellter Rentenantrag war bestandskräftig abgelehnt worden (Bescheid vom 20.10.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.3.1996 und Rücknahme der beim Sozialgericht Heilbronn [SG] im Verfahren S 3 RJ 854/96 erhobenen Klage nach zweifacher nervenärztlicher Begutachtung mit jeweils vollschichtiger Leistungsbeurteilung). Der Kläger hat einen PKW und die hierfür erforderliche Fahrerlaubnis. Er benutzt das Fahrzeug auch.
Im August/September 2001 absolvierte der Kläger eine stationäre Heilbehandlung in der Reha-Klinik P. in Bad W., aus der er als arbeitsunfähig, aber mit der Leistungsbeurteilung entlassen worden war, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten bei Beachtung weiterer qualitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig verrichtet werden (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf den bei den ärztlichen Unterlagen Blatt 7 m befindlichen entsprechenden Reha-Entlassungsbericht vom 24.9.2001 Bezug genommen).
Am 18.3.2002 beantragte der Kläger erneut die Rentengewährung.
Die hierauf von der Beklagten veranlasste Begutachtung (Gutachten Dr. G. vom 21.6.2002) erbrachte ein Impingement-Syndrom links, ein Wirbelsäulensyndrom (Spondylolisthese Grad I, skoliotische Fehlhaltung, Spondylarthrose, Osteochondrose, Zustand nach Bandscheibenvorfall C 5/6 und Hyperlordorsierung der Lendenwirbelsäule), eine erregbare Persönlichkeitsstruktur mit depressiver Belastungsreaktion in Stresssituationen, ein chronisches Schmerzsyndrom mit Somatisierungstendenz, den Verdacht auf eine Rechtsherzinsuffizienz mit ausgeprägten Unterschenkelödemen, eine Adipositas Grad II sowie posttraumatische Handgelenksbeschwerden links. Leichte Tätigkeiten könnten bei Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen mehr als sechs Stunden am Tag verrichtet werden.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 28.6.2002 ab.
Die im anschließenden Widerspruchsverfahren veranlasste nervenärztliche und chirurgische Begutachtung (zusammenfassende Würdigung Dr. M. vom 11.11.2002 erbrachte ein erhebliches Übergewicht, ein stato-myalgisches Dorso-Lumbalsyndrom bei leichter Fehlhaltung mit Aufbraucherscheinungen der Halswirbelsäule und mit kleinem Bandscheibenvorfall C 5/6 sowie Vorwölbungen ohne aktuelle belangvolle Wurzelreizsymptomatik bei Zeichen einer somatoformen Schmerzstörung, Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule mit Wirbelgleiten L 5/S 1 ohne darüber hinausgehende, die Altersnorm übersteigende Verschleißveränderungen bei Hohl-Rundrücken und stato-myalgischem Dorso-Lumbalsyndrom ohne belangvolle Wurzelreizsymptomatik, ein Zustand nach Akromio-Plastik beidseits mit endgradigem Funktionsdefizit links, einen Zustand nach Meniskus-Operation rechts ohne aktuelle Reizzeichen oder Bewegungseinschränkung, eine leichte Rhizarthrose links, eine leichte Radiokarpalarthrose links ohne Beweglichkeitseinschränkung, einen Senk-Spreiz-Fuß beidseits, einen Verdacht auf eine Rechtsherzinsuffizienz mit ausgeprägten, derzeit gering ausgebildeten Unterschenkelödemen, eine Adipositas Grad II sowie eine stimmungslabile, reizbare Persönlichkeit ohne Rückwirkung auf das Leistungsvermögen. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten mit weiteren Einschränkungen vollschichtig verrichtet werden.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.1.2003 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 21.2.2003 beim SG Klage erhoben, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt hat.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Orthopäde Dr. S. hat in seiner Auskunft vom 8.5.2003 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten ohne Einschränkung der Wegefähigkeit gesehen und den Schwerpunkt der leistungseinschränkenden Befunde auf orthopädischem und - wegen des Schmerzsyndroms mit Somatisierungsstörung - nervenärztlichem Gebiet angesiedelt. Der Neurologe und Psychiater Dr. S. hat in seiner Stellungnahme vom 4.6.2003 über Behandlungen wegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms mit multiplen psychosomatischen Beschwerden sowie wegen Verstimmungs- und Erregungszuständen bei impulsiver und leicht erregbarer Persönlichkeit berichtet und die Auffassung vertreten, der Kläger könne aus neurologischer und psychiatrischer Sicht leichte körperliche Tätigkeiten weiterhin vollschichtig verrichten.
Das SG hat die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid vom 14.8.2003 abgewiesen.
Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften sowie unter Darstellung der Grundsätze zum Berufsschutz entschieden, dass der als Ungelernter und damit breit verweisbar einzustufende Kläger die ihm damit noch zumutbaren leichten Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne. Gefolgt werde den im Verwaltungsverfahren eingeholten und im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachten sowie der Einschätzung der behandelnden Fachärzte. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 19.8.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.9.2003 Berufung eingelegt, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt. Zur Begründung beruft er sich auf diverse Arztbriefe und eine arbeitsamtsärztliche Stellungnahme vom 9.9.2003, wonach - gestützt auf eine entsprechende Auffassung der behandelnden Nervenärztin - von einem unter sechsstündigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegangen wird (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf Blatt 17/19 der LSG-Akte Bezug genommen).
In seiner ärztlichen Stellungnahme für die Beklagte vom 15.12.2003 weist Dr. G. darauf hin, dass der Arbeitsamtsarzt keine eigene Untersuchung durchgeführt habe. Bei der Bewertung der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen stehe jetzt der psychiatrische Bereich im Vordergrund, weshalb eine nervenärztliche Begutachtung vorgeschlagen werde.
Daraufhin hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung des nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. E. vom 7.6.2004. Dieser diagnostiziert auf psychiatrischem Fachgebiet eine chronifizierte, leichte depressive Entwicklung mit dysthymen Zügen. Anhaltspunkte für eine schwere Depression hätten sich nicht ergeben. Neurologischerseits würden sich Hinweise auf eine Wurzelreizsymptomatik L 5/S 1 links ergeben. Die Beschwerden seien nicht vorgetäuscht, jedoch aggraviert worden. Unter Mitberücksichtigung der auf orthopädischem Fachgebiet vorbeschriebenen Einschränkungen sei der Kläger in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Publikumsverkehr vollschichtig zu verrichten.
Zu den vom Kläger zuletzt vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 49, 53 der LSG-Akte) und insbesondere zu einer Stellungnahme des Psychiaters Dr. G. vom 27.5.2005, wonach wegen einer mäßig eingeschränkten Stresstoleranz und eines mäßig eingeschränkten Durchhaltevermögens auch für körperlich leichte Tätigkeiten keine Leistungsfähigkeit von mehr als vier Stunden vorliege (zur näheren Feststellung der Einzelheiten wird auf Blatt 58/61 der LSG-Akte Bezug genommen) äußert sich die Beklagte unter Vorlage einer erneuten ärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 19.7.2005 und tritt der von Dr. G. vertretenen Auffassung zum Leistungsvermögen entgegen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. August 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2003 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, weil er zur Überzeugung des Senats noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf welche er als allenfalls angelernter Arbeiter des unteren Bereichs zumutbar verwiesen werden kann, mindestens sechs Stunden am Tag zu verrichten.
Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 SGG).
Die vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen weisen - der Beklagten folgend - darauf hin, dass das Schwergewicht der leistungseinschränkenden Befunde sich mittlerweile auf das nervenärztliche Fachgebiet verschoben hat. Dies ergibt sich zum einen aus dem Erfordernis einer entsprechenden stationären Behandlung im Jahr 2003 und wird zum anderen bestätigt durch die vom Kläger zuletzt vorgelegten ärztlichen Unterlagen.
Insoweit stützt der Senat seine Überzeugung eines gleichwohl gegebenen vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten in erster Linie auf das Sachverständigengutachten von Prof. Dr. E ... Danach bedingen die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen - in Übereinstimmung mit den vom SG gehörten behandelnden Ärzten - lediglich die Beschränkung auf noch leichte bzw. mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung der weiteren, in dem Sachverständigengutachten bzw. den Arztauskünften im Einzelnen aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen. Insbesondere ist danach die Annahme einer quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkung nach wie vor medizinisch nicht begründet. Die von Prof. Dr. E. vorgenommene Leistungsbeurteilung ist nach den erhobenen Befunden, bei kritischer Würdigung und der gebotenen Anlegung eines strengen Maßstabes für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er ihr folgt. Hierbei beachtet der Senat insbesondere auch die von Prof. Dr. E. erhobene Tagesstruktur des Klägers (vgl. dazu insbesondere Blatt 38/39 der LSG-Akte), die keine so weit gehende Einschränkung erkennen lässt, dass daraus eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten abzuleiten wäre. Die sozialmedizinische Beurteilung bei somatoformen Schmerzstörungen (wie sie z. B. von Dr. G. diagnostiziert worden ist; Vergleichbares gilt aber auch bei anderen psychischen Befunden) erfordert eine ausführliche Befragung des Probanden zu den Tagesaktivitäten. Erfragt (und hinterfragt) werden müssen auch Symptome des sozialen Rückzugs. Nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit ist von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, DRV-Schriften, Band 30, S. 47). Wie bereits ausgeführt, lässt die von Prof. Dr. E. durchgeführte Erhebung keine derartige Einschränkung erkennen und auch die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der Verlust einer selbstbestimmten Lebens- und Teilhabegestaltung nicht deutlich geworden ist.
Die hiervon abweichende Leistungsbeurteilung durch Dr. G. erachtet der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens als widerlegt. Es handelt sich hierbei lediglich um eine abweichende Beurteilung des selben medizinischen Sachverhalts, den bereits Prof. Dr. E. zu beurteilen hatte. Insbesondere bestehen keine zureichenden Anhaltspunkte, dass sich der medizinische Sachverhalt seit der Begutachtung durch Prof. Dr. E. in wesentlicher Hinsicht geändert hat, zumal auch Dr. G. von "seit Jahren bestehenden" Beschwerden spricht.
Die vom Chirurgen Dr. T. im Wesentlichen mitgeteilten Schmerzen sind weitgehend im Rahmen der psychischen Grunderkrankung zu sehen (vgl. insoweit auch die Aussage von Dr. S. vom 8.5.2003 - Blatt 16 der SG-Akte - in Verbindung mit dem Arztbrief von Dr. S. vom 27.2.2003 - Blatt 22 der SG-Akte -) und sind in deren Beurteilung des Restleistungsvermögens eingeflossen.
Orthopädischerseits sieht der Senat die beim Kläger vorliegenden Befunde im Wesentlichen durch die Aussage des vom SG gehörten behandelnden Orthopäden als geklärt an. Zureichende Anhaltspunkte, dass insoweit zwischenzeitlich eine wesentliche Änderung eingetreten ist, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Die am 29.8.2003 durchgeführte Knieoperation (vgl. Blatt 17 der LSG Akte) ist komplikationslos abgelaufen und hinterließ keine Begrenzung des Bewegungsausmaßes. Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen könnten sich daraus ohnehin nur insoweit ergeben, als Arbeiten mit überwiegendem Stehen und Gehen, Arbeiten in der Hocke und Arbeiten im Knien ausgeschlossen sind. Insoweit ergibt sich also keine wesentlich weitergehende Einschränkung als in der Aussage des behandelnden Orthopäden dargelegt.
Ob beim Kläger möglicherweise eine eingeschränkte Gehfähigkeit vorliegt, kann dahinstehen. Zwar gilt der Arbeitsmarkt als verschlossen, wenn der Weg zur Arbeitsstelle nicht zurückgelegt werden kann. Zur Erwerbsfähigkeit gehört nämlich auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können (BSG SozR 2200 § 1247 Nrn. 47, 50, 53, 56). Allerdings kann nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 1247 Nr. 56) Erwerbsunfähigkeit (und damit entsprechend dem ab 1.1.2001 geltenden Recht volle Erwerbsminderung) in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn nur noch eine Gehfähigkeit vorhanden ist, die maximal 500 Meter Wegstrecke zulässt, der Versicherte keinen Arbeitsplatz inne hat und einen solchen auch nicht mit Hilfe eines eigenen Kfz bzw. eines Fahrrads erreichen kann (vgl. hierzu KassKomm-Niesel, Rdnr. 93 zu § 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung mwN) und der Rentenversicherungsträger diesbezüglich auch keine beruflichen Reha-Leistungen anbietet. Die Zumutbarkeit der Fußwege richtet sich hierbei nach allgemeinen medizinischen Kriterien. Sie ist zu verneinen, wenn beim Gehen auch unter Verwendung von Hilfsmitteln (z. B. Gehstützen) erhebliche Schmerzen auftreten, übermäßige körperliche Anstrengungen erforderlich sind oder die Gesundheit in besonderer Weise gefährdet ist. Die Zumutbarkeitsgrenze kann auch durch die für die Wegstrecke erforderliche Zeit überschritten werden. Das ist der Fall, wenn für 500 Meter mehr als 20 Minuten benötigt werden. In der Regel ist daher nur erwerbsunfähig (bzw. voll erwerbsgemindert), wer nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Besonderheiten zum Beispiel der individuellen Wohnlage und der Beschaffenheit in Betracht kommender Wegstrecken sind bei der gebotenen generalisierenden Abgrenzung des Versichertenrisikos unbeachtlich (vgl. hierzu BSG vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -).
Hier kann der Kläger in Betracht kommende Arbeitsplätze jedenfalls mit seinem PKW erreichen.
Nach den durchgeführten Ermittlungen ist im Rahmen der dem Kläger noch zumutbaren leichten Tätigkeiten keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. keine schwere spezifische Leistungsbehinderung zu beachten, die dazu zwingen würde, unter diesem Gesichtspunkt eine konkrete Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu benennen, die der vollschichtig bzw. mindestens sechs Stunden arbeitsfähige Kläger noch verrichten kann, bzw. zu prüfen, inwiefern derartige Arbeitsplätze überhaupt vorhanden sind (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 75, 81, 90, 104, 117, 136).
Nur ausnahmsweise u.a. in diesen Fällen ist nämlich auch für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten mit vollschichtigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist (BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 50). In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG a.a.O. mwN), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr muss eine Verweisungstätigkeit erst benannt werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger und außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG a.a.O.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Tätigkeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeit, Lasten zu bewältigen, und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den wesentlichen qualitativen Einschränkungen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Die übrigen qualitativen Einschränkungen engen das Arbeitsfeld des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt darüber hinaus nicht in ungewöhnlicher Weise weiter ein.
Zwar verneint der Senat damit das Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung, verkennt dabei aber nicht, dass das Leistungsvermögen des Klägers in mehrfacher Hinsicht qualitativ eingeschränkt ist. Gleichwohl ist ihm der allgemeine Arbeitsmarkt deshalb nicht verschlossen. Nach den durchgeführten Ermittlungen ist nämlich nicht ersichtlich, warum der Kläger nicht mehr fähig sein soll, beispielsweise Zureich-, Abnehm-, Montier-, Klebe-, Sortier-, Verpackungs- und/oder Etikettierarbeiten vollschichtig zu verrichten. Derartige Tätigkeiten erfordern kein Heben und Tragen von mehr als 5 bis 6 kg, sind in der Regel in überwiegend sitzender Arbeitsposition mit der Möglichkeit des Wechsels der Körperhaltung nach dem individuellen Bedarf, in Normalarbeitszeit, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Stressbelastungen ausführbar und werden in geschlossenen, wohltemperierten Räumen ausgeführt (vgl. Urteile des 9. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 28.08.2001 - L 9 RJ 2798/00 - und - L 9 RJ 1657/01 - mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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