Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2100/06 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig. Gegenstand des Verfahrens ist ein Erstattungsanspruch, den der Kläger auf 2.462,04 EUR beziffert. Mit diesem Streitwert wird die Wertgrenze des § 144 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - (selbst unter Einberechnung der geltend gemachten Zinsen) bei Weitem nicht erreicht. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat in dem Gerichtsbescheid die Berufung nicht zugelassen, wie sich aus dem völligen Schweigen hierzu in den Entscheidungsgründen ergibt. Allein die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung stellt keine Zulassungsentscheidung dar (vgl. hierzu Littmann in Lüdtke, SGG, Handkommentar 2. Auflage, § 144 Rdnr. 22 m.w.N.).
Die formgerechte Beschwerde ist auch fristgerecht erhoben worden. Zwar ist die Beschwerdefrist des § 145 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht gewahrt, da die Beschwerde gegen den am 18. Januar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid erst am 24. April 2006 beim Landessozialgericht eingegangen ist. Die Beschwerde ist aber gleichwohl rechtzeitig erhoben worden, da der Gerichtsbescheid eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung enthielt, weshalb gemäß § 66 Abs. 2 SGG eine Jahresfrist zu beachten war.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die hier allein in Frage kommende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - die vom Kläger erwähnte Entscheidung der Zentralen Spruchstelle für Fürsorgeangelegenheiten gehört nicht zu den bei der Divergenz i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG berücksichtigungsfähigen Entscheidungen - ist nicht gegeben. Grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) hat eine Rechtssache, wenn es für die Entscheidung des Gerichts auf eine Rechtsfrage ankommt, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat, die sich dem SG in entscheidungserheblicher Weise gestellt hat und die sich im Berufungsverfahren ebenso stellen würde. Weiter ist Voraussetzung für die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung, dass diese Frage berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Das SG hat sich einer in diesem Punkt einhelligen Rechtsprechung der bis 31. Dezember 2004 für die Anwendung der dem hier maßgeblichen § 110 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) inhaltsgleichen Norm des § 111 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zuständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit angeschlossen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist aber mit dieser Rechtsprechung die angesprochene Rechtsfrage, ob es für die Erreichung des so genannten Bagatellgrenze auf den Aufwand oder die streitige Erstattungssumme ankommt, geklärt. Einer weiteren berufungsgerichtlichen Klärung bedarf es nicht. Insbesondere die grundlegende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 19. Dezember 2000 (BVerwGE 112, 294) stellt unter Verwertung der Gesetzesmaterialien für die mit Wirkung zum 1. Januar 1994 eingeführte Regelung des § 111 Abs. 2 Satz 1 BSHG darauf ab, dass Zweck der eingeführten Wertgrenze eine Begrenzung der verwaltungsaufwändigen Kostenerstattungsfälle sei. Es solle eine schnelle Entscheidung über die Hilfe sichergestellt und es sollten die bisher zahlreichen Konfliktfälle zwischen Trägern der Sozialhilfe verringert werden. Maßgeblich ist nach dieser Sichtweise also, dass Verwaltungsverfahren, die - wie der vorliegende Fall zeigt - sich lang hinziehen und äußerst streitig verlaufen können, vermieden werden sollen, wenn um eine Summe unter der gesetzlich festgelegten Grenze gestritten wird. Damit kann nur gemeint sein, dass maßgeblich der verlangte und nicht der für die Sozialhilfe früher aufgewendete Betrag ist.
Diese Rechtsprechung hat das BVerwG in einer weiteren Entscheidung (Urteil vom 26. September 2002, FEVS 54, 193) wiederholt und bekräftigt. Der in diesem Urteil aufgestellte Grundsatz, dass der im Gesetz angesprochene Zwölfmonatszeitraum der Leistungsgewährung von dem erstattungsberechtigten Träger in gewissem Umfang bestimmt werden kann, hat zur Folge, dass durch eine Verschiebung des maßgeblichen Zeitraums die Bagatellgrenze erreicht werden kann, weshalb dann eine Erstattung zu erfolgen hat. Auch diese Entscheidung kann nur so verstanden werden, dass entscheidend die Höhe des zu erstattenden Betrages und nicht die Höhe (ggf. weit) zurückliegender Sozialhilfeaufwendungen ist. In Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 29. Januar 2002 (FEVS 53, 470) entschieden, dass solche Kosten bei der Errechnung des Erstattungsbetrages außer Betracht zu bleiben haben, die aus Rechtsgründen (Versäumung der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) von der Erstattung ausgeschlossen sind. Auch diese Entscheidung kann nur so verstanden werden, dass die Höhe des zu erstattenden Betrages maßgeblich ist und nicht die Höhe eines "an sich" geschuldeten Betrages. Dies gilt - jedenfalls nach Erhebung des Verjährungseinwandes - auch für verjährte Forderungen.
Mit dieser Rechtsprechung ist die vom Kläger angesprochene Frage geklärt. Einer weiteren berufungsgerichtlichen Klärung bedarf es nicht. Dass eine im Gesetz verankerte Bagatellgrenze sinnvollerweise nur auf den wirklich zu bezahlenden oder zu erstattenden Betrag bezogen ist, ist auch für den Senat eindeutig. Diese Frage ist nicht anders zu beurteilen als z.B. die der Erreichung der Berufungssumme in § 144 Abs. 1 SGG. Auch hier kommt es nicht darauf an, welche Ansprüche möglicherweise bestehen, sondern auf das, was wirklich eingeklagt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig. Gegenstand des Verfahrens ist ein Erstattungsanspruch, den der Kläger auf 2.462,04 EUR beziffert. Mit diesem Streitwert wird die Wertgrenze des § 144 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - (selbst unter Einberechnung der geltend gemachten Zinsen) bei Weitem nicht erreicht. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat in dem Gerichtsbescheid die Berufung nicht zugelassen, wie sich aus dem völligen Schweigen hierzu in den Entscheidungsgründen ergibt. Allein die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung stellt keine Zulassungsentscheidung dar (vgl. hierzu Littmann in Lüdtke, SGG, Handkommentar 2. Auflage, § 144 Rdnr. 22 m.w.N.).
Die formgerechte Beschwerde ist auch fristgerecht erhoben worden. Zwar ist die Beschwerdefrist des § 145 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht gewahrt, da die Beschwerde gegen den am 18. Januar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid erst am 24. April 2006 beim Landessozialgericht eingegangen ist. Die Beschwerde ist aber gleichwohl rechtzeitig erhoben worden, da der Gerichtsbescheid eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung enthielt, weshalb gemäß § 66 Abs. 2 SGG eine Jahresfrist zu beachten war.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund vorliegt. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die hier allein in Frage kommende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - die vom Kläger erwähnte Entscheidung der Zentralen Spruchstelle für Fürsorgeangelegenheiten gehört nicht zu den bei der Divergenz i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG berücksichtigungsfähigen Entscheidungen - ist nicht gegeben. Grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) hat eine Rechtssache, wenn es für die Entscheidung des Gerichts auf eine Rechtsfrage ankommt, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat, die sich dem SG in entscheidungserheblicher Weise gestellt hat und die sich im Berufungsverfahren ebenso stellen würde. Weiter ist Voraussetzung für die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung, dass diese Frage berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Das SG hat sich einer in diesem Punkt einhelligen Rechtsprechung der bis 31. Dezember 2004 für die Anwendung der dem hier maßgeblichen § 110 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) inhaltsgleichen Norm des § 111 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) zuständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit angeschlossen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist aber mit dieser Rechtsprechung die angesprochene Rechtsfrage, ob es für die Erreichung des so genannten Bagatellgrenze auf den Aufwand oder die streitige Erstattungssumme ankommt, geklärt. Einer weiteren berufungsgerichtlichen Klärung bedarf es nicht. Insbesondere die grundlegende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 19. Dezember 2000 (BVerwGE 112, 294) stellt unter Verwertung der Gesetzesmaterialien für die mit Wirkung zum 1. Januar 1994 eingeführte Regelung des § 111 Abs. 2 Satz 1 BSHG darauf ab, dass Zweck der eingeführten Wertgrenze eine Begrenzung der verwaltungsaufwändigen Kostenerstattungsfälle sei. Es solle eine schnelle Entscheidung über die Hilfe sichergestellt und es sollten die bisher zahlreichen Konfliktfälle zwischen Trägern der Sozialhilfe verringert werden. Maßgeblich ist nach dieser Sichtweise also, dass Verwaltungsverfahren, die - wie der vorliegende Fall zeigt - sich lang hinziehen und äußerst streitig verlaufen können, vermieden werden sollen, wenn um eine Summe unter der gesetzlich festgelegten Grenze gestritten wird. Damit kann nur gemeint sein, dass maßgeblich der verlangte und nicht der für die Sozialhilfe früher aufgewendete Betrag ist.
Diese Rechtsprechung hat das BVerwG in einer weiteren Entscheidung (Urteil vom 26. September 2002, FEVS 54, 193) wiederholt und bekräftigt. Der in diesem Urteil aufgestellte Grundsatz, dass der im Gesetz angesprochene Zwölfmonatszeitraum der Leistungsgewährung von dem erstattungsberechtigten Träger in gewissem Umfang bestimmt werden kann, hat zur Folge, dass durch eine Verschiebung des maßgeblichen Zeitraums die Bagatellgrenze erreicht werden kann, weshalb dann eine Erstattung zu erfolgen hat. Auch diese Entscheidung kann nur so verstanden werden, dass entscheidend die Höhe des zu erstattenden Betrages und nicht die Höhe (ggf. weit) zurückliegender Sozialhilfeaufwendungen ist. In Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 29. Januar 2002 (FEVS 53, 470) entschieden, dass solche Kosten bei der Errechnung des Erstattungsbetrages außer Betracht zu bleiben haben, die aus Rechtsgründen (Versäumung der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) von der Erstattung ausgeschlossen sind. Auch diese Entscheidung kann nur so verstanden werden, dass die Höhe des zu erstattenden Betrages maßgeblich ist und nicht die Höhe eines "an sich" geschuldeten Betrages. Dies gilt - jedenfalls nach Erhebung des Verjährungseinwandes - auch für verjährte Forderungen.
Mit dieser Rechtsprechung ist die vom Kläger angesprochene Frage geklärt. Einer weiteren berufungsgerichtlichen Klärung bedarf es nicht. Dass eine im Gesetz verankerte Bagatellgrenze sinnvollerweise nur auf den wirklich zu bezahlenden oder zu erstattenden Betrag bezogen ist, ist auch für den Senat eindeutig. Diese Frage ist nicht anders zu beurteilen als z.B. die der Erreichung der Berufungssumme in § 144 Abs. 1 SGG. Auch hier kommt es nicht darauf an, welche Ansprüche möglicherweise bestehen, sondern auf das, was wirklich eingeklagt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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