S 25 AL 327/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 AL 327/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Gründe:

I. Die Beteiligten stritten ursprünglich über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 3.7.2005.

Mit ihrem Ausgangsbescheid vom 20.7.2005 in der Fassung des Bescheids vom 12. 10. 2005 hob die Beklagte ursprünglich die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 3.7.2005 mit der Begründung auf, der Kläger sei nicht erreichbar gewesen. In der Zeit vom 13.6.2005 bis zum 2.7.2005 hielt der Kläger sich mit Zustimmung der Beklagten in Kroatien auf. Am 5.7.2005 teilte der Kläger telefonisch mit, dass er erkrankt sei und legte dann für die Zeit vom 4.7. bis zum 29.07.2005 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Erst am 01.08.2005 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos. Gegen den Bescheid legte der Kläger mit Datum vom 25.10.2005 Widerspruch ein, in dem der Kläger wörtlich schilderte:

"Am Ende meines Urlaubs in Kroatien wurde ich krank und bekam starke Schmerzen im rechten Kniegelenk. Das Knie war so geschwollen, dass ich nicht aufstehen und nicht Auto fahren konnte."

Die Beklagte begründete ihren Aufhebungsbescheid damit, dass der Kläger erst nach der Dauer des genehmigten Urlaubs arbeitsunfähig erkrankt sei, diese also zu einem Zeitpunkt eingetreten sei, als bereits wieder ein Aufenthalt in Deutschland habe vorliegen sollen.

Im Klageverfahren reichte dann der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten eine Bescheinigung des in Kroatien behandelnden Arztes inklusive der deutschsprachigen Übersetzung zur Gerichtsakte, aus der sich ergab, dass sich der Kläger bereits am 1.7.2005 wegen Schmerzen in beiden Knien in der Ambulanz gemeldet hat.

Aufgrund dieses Vortrages bewilligte die Beklagte dem Kläger erneut Arbeitslosengeld ab dem 3.7.2005; verweigerte aber die Übernahme außergerichtlicher Kosten mit der Begründung, diese seien nicht notwendig gewesen, da der Kläger entsprechende Nachweise bereits im Verwaltungsverfahren hätte vorlegen können. Daraufhin erklärte der Klägervertreter den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte, nicht aber der Kläger habe Anlass zur Klage gegeben, da er bereits im Verwaltungsverfahren (Blatt 115 der Leistungsakte) in der Begründung des Widerspruchs vom 25.10.2005 vorgetragen habe, er sei bereits gegen Ende seines Urlaubs erkrankt. Auf diesen Vortrag sei die Beklagte im Widerspruchsverfahren in keiner Weise eingegangen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.03. 2006 beantragt der Kläger nunmehr durch seinen Prozessbevollmächtigten schriftsätzlich,

der Beklagten die Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

den Antrag abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, sie sei zur Kostenerstattung nicht verpflichtet, aus dem Widerspruch habe sich nicht ergeben ab wann die Arbeitsunfähigkeit bestand, lediglich dass er am Ende des Urlaubs erkrankt sei, eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit habe erst im Klageverfahren ab dem 01.07.2005 vorgelegen.

II. Gemäß § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das Gericht zu entscheiden, ob und in welchem Umfang (dem Grunde nach) die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, und zwar durch Beschluss, wenn das Verfahren wie hier anders als durch Urteil beendet wird.

Bei der Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, wobei insbesondere Erfolgsaussichten der Klage zum Zeitpunkt ihrer Erledigung sowie die Umstände zu berücksichtigen sind, die zur Erhebung und zur Rücknahme (Erledigung) der Klage führten (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002, Nr. 12 bis 13 b zu § 193 SGG). Allerdings ist hiervon eine Ausnahme zu machen, nach den Grundsätzen des Veranlasserprinzips (Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Aufl. 2005, Nr. 12 b und c zu § 193 SGG). Dies ist der Fall, wenn der Obsiegende unnötig Kosten verursacht. Dies ist nach Auffassung des Gerichts namentlich der Fall, wenn die Beklagte ihrer Amtsermittlungspflicht im Sinne von § 20 SGB X nicht nachkommt, obwohl der Sachvortrag des Klägers im Verwaltungsverfahren einschließlich seiner Einlassungen im Widerspruchsverfahren eine nähere Ermittlung nahegelegt hätte, weil durch den Vortrag des Klägers eigene Zweifel der Behörde an deren unterstellten Sachverhalt begründet gewesen wären (zu den Voraussetzungen, die die Aufklärungspflicht auslösen, vgl. von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 5. Aufl., 2005, Nr. 4 zu § 20 SGB X).

Nach diesen Maßstäben erscheint es angemessen, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Nach den Grundsätzen des Veranlassungsprinzips hat die Beklagte den Anlass für diesen Rechtsstreit gesetzt. Die Beklagte hätte im Rahmen des auch sie treffenden Amtsermittlungsgrundsatzes genügend Anhaltspunkte im Sachvortrag des Klägers im Widerspruchsverfahren vorfinden müssen, um weiter nachzuforschen und beim Kläger anzufragen, ob dieser noch in der Zeit seines genehmigten Urlaubs und damit während des Aufenthalts in Kroatien arbeitsunfähig erkrankt war, oder ob die Arbeitsunfähigkeit erst nach der Beendigung dieses genehmigten Aufenthalts aufgetreten ist. Der Urlaub war hier genehmigt bis zum 2.7.2005, ein Samstag. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die ursprünglich im Widerspruchsverfahren vom Kläger eingeführt wurde, weist den Beginn der Arbeitsunfähigkeit mit dem Stichtag 04.07.2005 aus – hierbei handelte es sich um den darauf folgenden Montag.

Der Kläger hatte ausdrücklich in seinem Widerspruch vom 25.10.2005 vorgetragen, dass er bereits am Ende seines Urlaubs in Kroatien krank wurde. Es ist nahe liegend, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur für die Zeit auszustellen, in der regelmäßig eine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Arbeit besteht. Eine solche arbeitsvertragliche Verpflichtung besteht jedoch in Deutschland für Sonntag in der Regel nicht. Daher ist es nachvollziehbar, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eine Arbeitsunfähigkeit erst ab dem 04.07.2005 ausweist. Angesichts dieser Daten, hätte sich die Beklagte vor dem Hintergrund des Vortrags des Klägers im Widerspruch nicht einfach mit der Abweisung des Widerspruchs durch den Widerspruchsbescheid begnügen dürfen, sondern hätte beim Kläger konkret nachfragen müssen, wann die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit eintrat. Das Unterlassen dieser durch den Amtsermittlungsgrundsatz die Beklagten treffende Pflicht, rechtfertigt es, der Beklagten auch die Kostenlast aufzuerlegen.
Rechtskraft
Aus
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