Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 00923/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 581/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Dezember 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit oder verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Klägerin ist am 1963 geboren, hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeitete vom 13. Juli 1983 bis 30. September 1990 mit Unterbrechungen im Wesentlichen als Reinigungskraft versicherungspflichtig. Danach bezog sie bis 13. Januar 1992 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, wobei sie von September bis November 1991 ohne Erfolg an einer Fortbildung zum Beruf der Datenverarbeitungskauffrau teilnahm. Seitdem ging sie mit Ausnahme der Zeit vom 9. März bis 31. April 1998 (Beschäftigung als Reinigungskraft) keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung mehr nach. Lediglich für eine vorübergehende Zeit arbeitete sie 1998 als Hilfe in Privathaushalten ca. sechs Stunden pro Woche und dreimal pro Woche als Arbeiterin in einer Versandfirma (ca. 15 Stunden pro Woche). Sie hat drei Kinder geboren, S. , am 30. November 1980, S. am 1. Juni 1982 und M. am 8. Juni 1988. Deswegen sind Kindererziehungszeiten und darüber hinaus Kinderberücksichtigungszeiten vom 30. November 1980 bis 31. März 1998 anerkannt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 26. August 2005 verwiesen.
Es erfolgten stationäre Behandlungen der Klägerin vom 30. September bis 26. Oktober 1997 in der Neurologischen Klinik des Klinikums Lahr (Bericht Prof. Dr. Schuchardt, Diagnose u. a. somatisierte Depression), vom 8. Januar bis 19. Februar 1998 in der L. Bad D. (Bericht des Dr. W. , Diagnose somatoforme Schmerzstörung, mittelgradige depressive Episode, Agoraphobie sowie chronischer Spannungskopfschmerz), in der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik, F. , vom 12. Januar bis 4. März 1999 (Bericht Prof. Dr. W. , u. a. Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung) sowie vom 9. bis 30. November 1999 in der AOK-Klinik St. (Bericht Dr. K. , der eine somatoforme Schmerzstörung erhob und eine weitere psychiatrische bzw. psychosomatische Klärung für erforderlich hielt). Vom 4. bis 25. Oktober 2000 ist die Klägerin in stationärer Behandlung in der Rehabilitationsklinik Hausbaden gewesen, nachdem eine Vertebrektomie der HWK 4 und 5 und eine Stabilisierung mit autologem Beckenspan und Verriegelungsplattensystem am 12. September 2000 erfolgt war (Bericht von Dr. Findeisen). Anlässlich einer Behandlung vom 4. bis 25. Februar 2004 in der M.-B.-Klinik hat Prof. Dr. H. eine Anpassungsstörung, längere depressiven Reaktionen und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Nach einer Bandscheibenoperation am 17. März 2005 im Bereich LWK 3/4 und einem stationären Heilverfahren vom 31. März bis 21. April 2005 in der Neurologischen Klinik E. ist Prof. Dr. H. zum Ergebnis gelangt, es bestehe u. a. ein chronisches politopes Schmerzsyndrom und die Klägerin sei arbeitsfähig mit einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden.
Den ersten Antrag vom 24. März 1998 auf Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, begründet mit Beschwerden im Bereich der Lenden- und Halswirbelsäule, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. August 1998 ab.
Dem lagen weitere Arztberichte sowie - nach Untersuchungen vom 6. bis 8. Juli 1998 auf der klinischen Beobachtungsstation der Beklagten - Gutachten von MDR L. , Internist und Sozialmediziner, Dr. B. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, sowie Dr. S. , Orthopäde, zu Grunde (Ergebnis: zumindest leichte Tätigkeiten mit wenigen qualitativen Einschränkungen vollschichtig).
Am 2. Dezember 1999 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. R. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Januar 2000 den Rentenantrag ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2000 zurück.
Deswegen hat die Klägerin am 21. März 2000 Klage zum Sozialgericht in Freiburg (SG) erhoben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. hat angegeben, die Klägerin sei seit 27. September 1999 ein Mal pro Woche in seiner psychiatrisch-psychosomatischen Behandlung und die Auffassung vertreten, die Klägerin sei in psychischer Hinsicht wenig belastbar und könne einer geregelten beruflichen Tätigkeit, auch mit herabgesetzter zeitlicher und körperlicher Beanspruchung, nicht mehr nachgehen. Die neurologischen oder orthopädischen Erkrankungen spielten für die Beurteilung des Leistungsvermögens keine ausschlaggebende Rolle.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Dr. v. B. , Chefarzt, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychoanalyse, Psychotherapie und Naturheilverfahren, Klinik in der Z. GmbH mit stationärer Untersuchung vom 26. bis 29. Juni 2001 und - nach Einwendungen der Beklagten - eine ergänzende Stellungnahme eingeholt. Er hat eine Somatisierungsstörung diagnostiziert, aufgrund derer die Klägerin nicht in der Lage sei, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, selbst wenn in Bezug auf Arbeitszeit und körperliche Beanspruchung Einschränkungen beachtet würden. Es sei davon auszugehen, dass aufgrund der sehr frühen Entwicklungsstörung und der fehlenden Introspektionsfähigkeit jede Art von Konflikt von neuem mit einem Rückzug somatisiert werde. Dieser Zustand habe mit hoher Wahrscheinlichkeit auch schon in den letzten Jahren bestanden.
Mit Urteil vom 18. Dezember 2002 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin ausgehend von einem Leistungsfall vom 2. Dezember 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Es hat sich dem Gutachten von Dr. v. B. angeschlossen.
Gegen das am 13. Februar 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. Februar 2003 Berufung eingelegt.
Der Senat hat Klinikberichte beigezogen und ein Gutachten des Prof. Dr. B. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 7. April 2003 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 16. Dezember 2003 sowie - auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - des Dr. M. , Ärztlicher Direktor der Psychosomatischen Klinik K. , Facharzt für Innere und Psychotherapeutische Medizin, vom 22. Oktober 2003 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 21. Oktober 2004 eingeholt.
Prof. Dr. B. ist zum Ergebnis gelangt, auf neurologischem Fachgebiet bestünden nur leichte Defizite durch ein leicht ausgeprägtes Wirbelsäulensyndrom. Sensible oder neurologische Defizite, die auf das Wirbelsäulensyndrom beziehbar wären, seien nicht feststellbar. Diese Erkrankungen bedingten lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Auf psychiatrischem Fachgebiet seien keine relevanten objektiven Krankheitssymptome feststellbar. Lediglich in ihren eigenen anamnestischen Angaben hätten sich Hinweise auf eine zeitweise bestehende negativ-getönte subjektive Befindlichkeit im Sinne einer Dysthymie gefunden, jedoch ohne daraus resultierende objektive Krankheitssymptome. Eine quantitative Leistungsminderung sei nicht zu begründen. Sowohl bei dem von ihm als auch dem von Dr. M. festgestellten Krankheitsbild handle es sich um eine neurotische Störung, die zumutbaren Willensanstrengungen nicht entzogen sei. Das Gutachten des Dr. M. enthalte einen diametralen Widerspruch zwischen dem Befund einer Anpassungsstörung (Angst und Depression gemischt) und der gerade nicht feststellbaren depressiven Denkhemmung als typischem depressiven Symptom. Insgesamt sei auch nicht ausreichend zwischen subjektivem Empfinden und objektivem Befund differenziert. Im übrigen beruhten die von Dr. M. seiner Beurteilung mit zugrunde gelegten Testbefunde auf ausschließlich subjektiven Selbstbeschreibungsbogen.
Dr. M. hat - neben orthopädischen und inneren Erkrankungen - eine anhaltende, somatoforme Schmerzstörung, eine Anpassungsstörung – Angst und Depression gemischt – sowie eine gemischte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen und emotional instabilen Zügen diagnostiziert. Bedingt durch die Erkrankungen auf nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet sei die Klägerin nicht in der Lage, irgendeine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Durch die hohen Schmerzsymptome, auch durch ängstliche Vermeidungen wie plötzlich überflutende depressive Symptome, könnten entsprechende Tätigkeiten kaum ausgeübt werden. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichteste Arbeiten weniger als zwei Stunden täglich auszuüben. Dieses Krankheitsbild bestehe im Wesentlichen seit 1999, als sich die Klägerin längere Zeit in stationärer Behandlung in der Psychosomatischen Universitätsklinik F. befunden habe und ihr Mann lebensgefährlich erkrankt sei.
Der Senat hat außerdem den Heilverfahren-Entlassungsbericht der M.-B.-Klinik vom 9. März 2004 und den Entlassungsbericht der Neurologischen Klinik E. vom 28. April 2005 beigezogen.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte unter Vorlage von Stellungnahmen des Dr. G. vor, das Leistungsvermögen der Klägerin sei jedenfalls bis Dezember 2004 nicht rentenberechtigend gemindert gewesen. Auf Grund des operativ behandelten Bandscheibenvorfalles sei zwar ab 25. Dezember 2004 bis voraussichtlich 31. Dezember 2006 von einer vollen Erwerbsminderung auszugehen, doch stehe einer Rentengewährung entgegen, dass bei Eintritt der Erwerbsminderung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Dezember 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung des SG und das Gutachten von Dr. M ...
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit sowie wegen Erwerbsminderung.
Soweit der Eintritt eines Leistungsfalles vor dem 1. Januar 2001 strittig ist, ist bei der Überprüfung der Entscheidung des SG gemäß § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI das Sechste Buch Sozialgesetzbuch in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) heranzuziehen, soweit ein Leistungsfall nach dem 31. Dezember 2000 in Betracht kommt das SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung ( SGB VI n.F.).
Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte derjenige, der die allgemeine Wartezeit erfüllte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI a.F.), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen konnte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a.F.) und darüber hinaus erwerbsunfähig war (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F.).
Erwerbsunfähig waren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630 Deutsche Mark überstieg. Erwerbsunfähig war dagegen nicht, wer eine selbstständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F.).
Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hatte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres derjenige, der berufsunfähig war, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hatte und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI a.F.).
Berufsunfähig waren nach § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war, wobei der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, alle Tätigkeiten umfasste, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnte.
Ausgehend von ihrer bisherigen Berufstätigkeit, bei der sie im Wesentlichen als Reinigungskraft arbeitete und für die sie keine Ausbildung absolvierte und benötigte, ist die Klägerin als Ungelernte anzusehen und sind ihr alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sozial zumutbar.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit, in dem drei Jahre Pflichtbeitragszeiten enthalten sein mussten, verlängerte sich u. a. um Anrechnungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt waren, soweit während dieser Zeit auch eine mehr als nur geringfügige selbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden war (44 Abs. 4 SGB VI a.F. i. V. m. § 43 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB VI a.F.). Pflichtbeitragszeiten vor Eintritt der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit waren nicht erforderlich, wenn der Versicherte vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllte und jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonats vor Eintritt des Versicherungsfalles u. a. mit Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten oder Berücksichtigungszeiten (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt war oder wenn der Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1984 eingetreten war, wobei für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig war, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich war (§§ 240 Abs. 2, 241 Abs. 2 SGB VI a.F.).
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI n.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n.F.). Außerdem besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch bei Versicherten, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI n.F.). Die Voraussetzungen für die Annahme von Berufsunfähigkeit entsprechen insofern im wesentlichen denen des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F., wobei die Leistungsfähigkeit für sozial noch zumutbare Tätigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken sein muss (vgl. § 240 Abs. 2 SGB VI n.F.).
Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht, wenn der Versicherte voll erwerbsgemindert ist, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung unter Tätigkeit zurückgelegt sind und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI n.F.). Voll erwerbsgemindert sind u. a. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n.F.).
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, in dem drei Jahre Pflichtbeitragszeiten enthalten sein müssen, verlängert sich u. a. um Anrechnungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind, soweit während dieser Zeit eine mehr als nur geringfügige selbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist (§ 43 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VI n.F.). Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit sind für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit u. a. mit Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten oder Berücksichtigungszeiten (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist, wobei für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich ist (§ 241 Abs. 2 SGB VI n.F.).
Die Klägerin erfüllte vor dem 1. Januar 1984 nicht die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 SGB VI). Außerdem hatte sie in dem - gemäß §§ 44 Abs. 4, 43 Abs. 3 SGB VI a.F. verlängerten - Zeitraum von fünf Jahren letztmals am 31. Juli 2000 mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung zurückgelegt (vgl. Versicherungsverlauf vom 26. August 2005), d. h. der Versicherungsfall müsste spätestens zu diesem Zeitpunkt eingetreten sein. Dies ist nicht der Fall, weshalb es dahingestellt bleiben kann, ob die Klägerin - wie von der Beklagten zuletzt angenommen - ab 25. Dezember 2004 (vorübergehend) als voll erwerbsgemindert anzusehen ist. Bei späterem Eintritt des Versicherungsfalles können die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch durch Nachentrichtung von Beiträgen nicht mehr erfüllt werden, weil die allgemeine Wartezeit vor dem 1. Januar 1984 nicht erfüllt war.
Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der medizinischen Beweiserhebung im Verwaltungsverfahren, erstinstanzlichen Klageverfahren sowie dem Berufungsverfahren steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin jedenfalls in der Zeit vor 2004 im Wesentlichen an einer somatoformen Schmerzstörung, zeitweise an depressiven Störungen sowie an einer gemischten Persönlichkeitsstörung mit abhängigen und emotional instabilen Zügen sowie Erkrankungen auf orthopädischem (u. a. Verschleißleiden der Wirbelsäule bei HWS- und LWS-Syndrom, Bandscheibenprotrusion LWK 5/S1, Zervikalstenose mit Operation im September 2000) und internistischem (u. a. äthyltoxisch bedingte Lebervergrößerung) Fachgebiet litt, die aber allenfalls in qualitativer Hinsicht Auswirkungen auf das Leistungsvermögen hatten. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Äußerungen der behandelnden Ärzte in verschiedenen Berichten sowie dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. R. und den Feststellungen des im erstinstanzlichen Verfahren als Gutachter tätigen Dr. v. B ... Darüber hinausgehende, für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung erhebliche und dauerhafte Gesundheitsstörungen sind - jedenfalls für die Zeit vor 2004 - zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen.
Soweit Prof. Dr. B. lediglich eine Dysthymie angenommen hat, vermag der Senat ihm nicht zu folgen. Allerdings sieht Prof. Dr. B. - was die Leistungsbeurteilung angelangt - keinen wesentlichen Unterschied zu den Differenzialdiagnosen Somatisierungsstörung und somatoforme Schmerzstörung. Insbesondere hat er die Beschwerden, die die Klägerin angegeben hat, berücksichtigt und bei der Leistungsbeurteilung unter Einbeziehung seiner weiteren Feststellungen, u. a. und vor allem der Angaben zum Tagesablauf, berücksichtigt. Ohnehin ist im Verfahren über die Gewährung von Rente nicht allein auf die Diagnose - hier eine im Vordergrund stehende somatoforme Schmerzstörung - abzustellen, sondern auf die tatsächlichen Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher und qualitativer Hinsicht. Aus diesem Grund ist die Leistungsbeurteilung von Prof. Dr. B. trotz angreifbarer Diagnosestellung weiterhin von Relevanz.
Trotz der genannten Gesundheitsstörungen war die Klägerin - von vorübergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - jedenfalls bis 31. Juli 2000 (aber auch bis 2004) nicht außer Stande, einer - ihr sozial zumutbaren - Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig nachzugehen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats schlüssig und nachvollziehbar aus dem Gutachten von Dr. R. , Dr. B. und Prof. Dr. B. sowie den als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwerteten Stellungnahmen von Dr. G ... Für die sozialmedizinische Beurteilung des Leistungsvermögens ist maßgeblich auf Einschränkungen der Fähigkeit zur Teilnahme an Aktivitäten des täglichen Lebens, insbesondere und u. a. auf Minderung von Antrieb, Interesse und Aufmerksamkeit abzustellen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, Oktober 2001, S. 47). Insoweit weisen die Gutachten von Dr. B. und Prof. Dr. B. - und sogar Dr. M. - aber noch durchaus Aktivitäten und Interessen der Klägerin aus. Mit dieser Tatsache haben sich lediglich Dr. B. und Prof. Dr. B. auseinander gesetzt, nicht aber in hinreichendem Umfang Dr. M ... Tatsächlich hat die Klägerin eine Reihe von Freizeitgestaltungen angegeben, die mit der Annahme einer wesentlichen zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht in Einklang zu bringen sind. So ist sie mit dem Fahrrad ins Freibad gefahren und mit Nachbarinnen spazieren gegangen, hat PC-Spiele und Unternehmungen am Wochenende, insbesondere Besuche, gemacht und offenbar auch viel ferngesehen sowie mit Nachbarinnen kommuniziert. Ein von Schmerz geprägter sozialer Rückzug und Interessenverlust ist nicht ersichtlich. Eine Unfähigkeit der Klägerin zu überwiegendem Sitzen, Gehen oder Stehen, wie von Dr. M. angenommen, ist damit nicht zu vereinbaren. Eine Erklärung hierzu gibt Dr. M. nicht. Seinem Gutachten fehlt es an einer kritischen Überprüfung der Schmerzangaben in der Untersuchung, wofür angesichts der Angaben der Klägerin zur Freizeitgestaltung aller Anlass bestanden hätte. Daran änden auch die durchgeführten Tests nichts. Auch wenn die Klägerin manche Beschwerden gänzlich verneint oder nur gering ausgeprägt angibt, ist dies nur ein Anhaltspunkt von mehreren für die Frage der tatsächlichen Leistungsfähigkeit und ersetzt die erwähnte kritische Überprüfung der Schmerzangaben nicht. Im übrigen ist seine Leistungsbeurteilung gerade auch für die Zeit vor seiner Untersuchung, insbesondere vor 2004 nicht nachvollziehbar. Denn der Sachverständige hat völlig übersehen, dass es, was sich beispielhaft an den Unterarmgehstützen zeigt, die die Klägerin damals nach eigenen Angaben erst seit zwei oder drei Wochen benötigte, zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen sei.
Das Gutachten von Dr. v. B. , dem völlig die Erhebung einer Tagesstruktur und eine kritische Hinterfragung der Beschwerdeangaben fehlt, ist schon aus diesem Grund nicht überzeugend. Der von ihm beschriebene psychische Befund erscheint nicht dramatisch. Die erwähnten Anzeichen einer reduzierten Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit traten erst nach längerer Beobachtung auf. Da die Klägerin nicht im Arbeitsleben gestanden hat, erscheint dies nach einer längeren Untersuchungssituation auch nachvollziehbar und nicht ohne weiteres pathologisch. Der Einschätzung von Dr. v. B. vermag der Senat daher nicht zu folgen. Im Übrigen weisen auch die Heilverfahren-Entlassungsberichte, was die Zeit vor 2004 betrifft, keine rentenrelevante Leistungseinschränkung aus. Selbst wenn man zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. M. von einer relevanten Einschränkung ausginge, z. B. auf Grund der Benutzung von zwei Unterarmgehstützen, die Dr. M. allerdings nicht im Hinblick auf die Tagesaktivitäten hinterfragt, würde dies einen Rentenanspruch nicht begründen, denn die rentenrelevante Leistungseinschränkung müsste bis 31. Juli 2000 eingetreten seien. Dies ist durch keines der Gutachten und durch keine ärztliche Äußerung überzeugend belegt.
So konnte die Klägerin im Januar/Februar 1998 noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten (Bericht der Luisenklinik). Bei der Untersuchung bei Dr. B. im Juli 1998 zeigte sich die Klägerin munter, plaudernd, immer wieder ausgesprochen lachend bei einer nicht unerheblichen Diskrepanz zwischen Beschwerdeschilderung und dem zu keinem Zeitpunkt irgendwie Leidensdruck vermittelnden Auftreten und gab an, Langeweile kenne sie zum Glück nicht, sie sei viel unterwegs, mit Picknicken, Baden und Zelten. Dementsprechend hielt der Gutachter zumindest leichte Tätigkeiten bei qualitativen Einschränkungen für vollschichtig möglich. Auch aus der AOK-Klinik wurde sie im November 1999, allerdings vorbehaltlich weiterer Einschränkungen aus psychosomatischer Sicht, als für leichte Tätigkeiten vollschichtig leistungsfähig und sofort arbeitsfähig entlassen. Der Hausarzt Dr. Thum schloss sich noch im Mai 2000 der Leistungsbeurteilung von MDR L. - anders als der behandelnde Nervenarzt M. (gar keine Leistungsfähigkeit mehr, Begründung: Schmerzsyndrom bei schwierigen psychosozialen Bedingungen und Therapieresistenz, kein Wort zur Alltagsfähigkeit) - an. Im Juni 2001 erhob Dr. v. B. nur einen etwas reduzierten psychischen Befund, allerdings nichts zu Tagesaktivitäten. Noch im April 2004 stellte Prof. Dr. B. ein gepflegtes Erscheinungsbild und eine geringfügige Überernährung fest und die Klägerin gab an, sie gehe spazieren, mache Besuche, wobei der früher erwähnte Besuch kirchlicher Treffen entfallen sei, weil sie 1999 weggezogen seien (also auch hier kein schmerzbedingter Anlass), fahre immer noch mit dem Fahrrad zum Baden, allerdings zelte sie nicht mehr und sie sei (erst) in den letzten Monaten ständig müde oder kaputt. Eine Störung von Gedächtnis, Antrieb, Konzentration hat sich bei einer eindreiviertelstündigen Untersuchung nicht ergeben und es haben sich keine Auffälligkeiten hinsichtlich der Gehfähigkeit bei einer Belastungsuntersuchung gefunden. Leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen hat Prof. Dr. B. für vollschichtig zumutbar erachtet, insbesondere auch die Tätigkeit einer Pförtnerin. Diese Einschätzung überzeugt den Senat, weil sie nicht an der gestellten Diagnose, sondern an den psychischen Befund und die sozialen Umständen anknüpft.
Im Ergebnis ist der Senat in Übereinstimmung mit Prof. Dr. B. der Überzeugung, dass das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin bis zu dessen Untersuchung und jedenfalls vor dem 1. August 2000 nicht eingeschränkt gewesen ist und keine qualitativen Einschränkungen vorgelegen haben, die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, insbesondere als einfache Pförtnerin, entgegengestanden haben. Zu Recht hat Prof. Dr. B. darauf hingewiesen, dass die von Dr. M. herangezogenen testpsychologischen Ergebnisse relativ wenig aussagekräftig sind, hier insbesondere im Hinblick auf die von der Klägerin selbst eingeräumten tatsächlichen Aktivitäten.
Damit liegt ein Eintritt des Versicherungsfalles der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor dem 31. Juli 2000 nicht vor und kommt es auf die Frage, ob der Versicherungsfall - wie von der Beklagten angenommen - im Dezember 2004 eingetreten ist, nicht an, weil bei Eintritt eines Versicherungsfalles nach dem 31. Juli 2000 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit nach dem SGB VI a.F., aber auch einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem SGB VI n.F., nicht mehr erfüllt sind.
Auf die Berufung der Beklagten ist somit das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit oder verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die Klägerin ist am 1963 geboren, hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeitete vom 13. Juli 1983 bis 30. September 1990 mit Unterbrechungen im Wesentlichen als Reinigungskraft versicherungspflichtig. Danach bezog sie bis 13. Januar 1992 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, wobei sie von September bis November 1991 ohne Erfolg an einer Fortbildung zum Beruf der Datenverarbeitungskauffrau teilnahm. Seitdem ging sie mit Ausnahme der Zeit vom 9. März bis 31. April 1998 (Beschäftigung als Reinigungskraft) keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung mehr nach. Lediglich für eine vorübergehende Zeit arbeitete sie 1998 als Hilfe in Privathaushalten ca. sechs Stunden pro Woche und dreimal pro Woche als Arbeiterin in einer Versandfirma (ca. 15 Stunden pro Woche). Sie hat drei Kinder geboren, S. , am 30. November 1980, S. am 1. Juni 1982 und M. am 8. Juni 1988. Deswegen sind Kindererziehungszeiten und darüber hinaus Kinderberücksichtigungszeiten vom 30. November 1980 bis 31. März 1998 anerkannt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Versicherungsverlauf vom 26. August 2005 verwiesen.
Es erfolgten stationäre Behandlungen der Klägerin vom 30. September bis 26. Oktober 1997 in der Neurologischen Klinik des Klinikums Lahr (Bericht Prof. Dr. Schuchardt, Diagnose u. a. somatisierte Depression), vom 8. Januar bis 19. Februar 1998 in der L. Bad D. (Bericht des Dr. W. , Diagnose somatoforme Schmerzstörung, mittelgradige depressive Episode, Agoraphobie sowie chronischer Spannungskopfschmerz), in der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik, F. , vom 12. Januar bis 4. März 1999 (Bericht Prof. Dr. W. , u. a. Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung) sowie vom 9. bis 30. November 1999 in der AOK-Klinik St. (Bericht Dr. K. , der eine somatoforme Schmerzstörung erhob und eine weitere psychiatrische bzw. psychosomatische Klärung für erforderlich hielt). Vom 4. bis 25. Oktober 2000 ist die Klägerin in stationärer Behandlung in der Rehabilitationsklinik Hausbaden gewesen, nachdem eine Vertebrektomie der HWK 4 und 5 und eine Stabilisierung mit autologem Beckenspan und Verriegelungsplattensystem am 12. September 2000 erfolgt war (Bericht von Dr. Findeisen). Anlässlich einer Behandlung vom 4. bis 25. Februar 2004 in der M.-B.-Klinik hat Prof. Dr. H. eine Anpassungsstörung, längere depressiven Reaktionen und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Nach einer Bandscheibenoperation am 17. März 2005 im Bereich LWK 3/4 und einem stationären Heilverfahren vom 31. März bis 21. April 2005 in der Neurologischen Klinik E. ist Prof. Dr. H. zum Ergebnis gelangt, es bestehe u. a. ein chronisches politopes Schmerzsyndrom und die Klägerin sei arbeitsfähig mit einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden.
Den ersten Antrag vom 24. März 1998 auf Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, begründet mit Beschwerden im Bereich der Lenden- und Halswirbelsäule, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. August 1998 ab.
Dem lagen weitere Arztberichte sowie - nach Untersuchungen vom 6. bis 8. Juli 1998 auf der klinischen Beobachtungsstation der Beklagten - Gutachten von MDR L. , Internist und Sozialmediziner, Dr. B. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, sowie Dr. S. , Orthopäde, zu Grunde (Ergebnis: zumindest leichte Tätigkeiten mit wenigen qualitativen Einschränkungen vollschichtig).
Am 2. Dezember 1999 beantragte die Klägerin erneut Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. R. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Januar 2000 den Rentenantrag ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2000 zurück.
Deswegen hat die Klägerin am 21. März 2000 Klage zum Sozialgericht in Freiburg (SG) erhoben.
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. hat angegeben, die Klägerin sei seit 27. September 1999 ein Mal pro Woche in seiner psychiatrisch-psychosomatischen Behandlung und die Auffassung vertreten, die Klägerin sei in psychischer Hinsicht wenig belastbar und könne einer geregelten beruflichen Tätigkeit, auch mit herabgesetzter zeitlicher und körperlicher Beanspruchung, nicht mehr nachgehen. Die neurologischen oder orthopädischen Erkrankungen spielten für die Beurteilung des Leistungsvermögens keine ausschlaggebende Rolle.
Das SG hat ein Sachverständigengutachten des Dr. v. B. , Chefarzt, Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychoanalyse, Psychotherapie und Naturheilverfahren, Klinik in der Z. GmbH mit stationärer Untersuchung vom 26. bis 29. Juni 2001 und - nach Einwendungen der Beklagten - eine ergänzende Stellungnahme eingeholt. Er hat eine Somatisierungsstörung diagnostiziert, aufgrund derer die Klägerin nicht in der Lage sei, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, selbst wenn in Bezug auf Arbeitszeit und körperliche Beanspruchung Einschränkungen beachtet würden. Es sei davon auszugehen, dass aufgrund der sehr frühen Entwicklungsstörung und der fehlenden Introspektionsfähigkeit jede Art von Konflikt von neuem mit einem Rückzug somatisiert werde. Dieser Zustand habe mit hoher Wahrscheinlichkeit auch schon in den letzten Jahren bestanden.
Mit Urteil vom 18. Dezember 2002 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin ausgehend von einem Leistungsfall vom 2. Dezember 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Es hat sich dem Gutachten von Dr. v. B. angeschlossen.
Gegen das am 13. Februar 2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18. Februar 2003 Berufung eingelegt.
Der Senat hat Klinikberichte beigezogen und ein Gutachten des Prof. Dr. B. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 7. April 2003 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 16. Dezember 2003 sowie - auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - des Dr. M. , Ärztlicher Direktor der Psychosomatischen Klinik K. , Facharzt für Innere und Psychotherapeutische Medizin, vom 22. Oktober 2003 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 21. Oktober 2004 eingeholt.
Prof. Dr. B. ist zum Ergebnis gelangt, auf neurologischem Fachgebiet bestünden nur leichte Defizite durch ein leicht ausgeprägtes Wirbelsäulensyndrom. Sensible oder neurologische Defizite, die auf das Wirbelsäulensyndrom beziehbar wären, seien nicht feststellbar. Diese Erkrankungen bedingten lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Auf psychiatrischem Fachgebiet seien keine relevanten objektiven Krankheitssymptome feststellbar. Lediglich in ihren eigenen anamnestischen Angaben hätten sich Hinweise auf eine zeitweise bestehende negativ-getönte subjektive Befindlichkeit im Sinne einer Dysthymie gefunden, jedoch ohne daraus resultierende objektive Krankheitssymptome. Eine quantitative Leistungsminderung sei nicht zu begründen. Sowohl bei dem von ihm als auch dem von Dr. M. festgestellten Krankheitsbild handle es sich um eine neurotische Störung, die zumutbaren Willensanstrengungen nicht entzogen sei. Das Gutachten des Dr. M. enthalte einen diametralen Widerspruch zwischen dem Befund einer Anpassungsstörung (Angst und Depression gemischt) und der gerade nicht feststellbaren depressiven Denkhemmung als typischem depressiven Symptom. Insgesamt sei auch nicht ausreichend zwischen subjektivem Empfinden und objektivem Befund differenziert. Im übrigen beruhten die von Dr. M. seiner Beurteilung mit zugrunde gelegten Testbefunde auf ausschließlich subjektiven Selbstbeschreibungsbogen.
Dr. M. hat - neben orthopädischen und inneren Erkrankungen - eine anhaltende, somatoforme Schmerzstörung, eine Anpassungsstörung – Angst und Depression gemischt – sowie eine gemischte Persönlichkeitsstörung mit abhängigen und emotional instabilen Zügen diagnostiziert. Bedingt durch die Erkrankungen auf nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet sei die Klägerin nicht in der Lage, irgendeine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Durch die hohen Schmerzsymptome, auch durch ängstliche Vermeidungen wie plötzlich überflutende depressive Symptome, könnten entsprechende Tätigkeiten kaum ausgeübt werden. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, leichteste Arbeiten weniger als zwei Stunden täglich auszuüben. Dieses Krankheitsbild bestehe im Wesentlichen seit 1999, als sich die Klägerin längere Zeit in stationärer Behandlung in der Psychosomatischen Universitätsklinik F. befunden habe und ihr Mann lebensgefährlich erkrankt sei.
Der Senat hat außerdem den Heilverfahren-Entlassungsbericht der M.-B.-Klinik vom 9. März 2004 und den Entlassungsbericht der Neurologischen Klinik E. vom 28. April 2005 beigezogen.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte unter Vorlage von Stellungnahmen des Dr. G. vor, das Leistungsvermögen der Klägerin sei jedenfalls bis Dezember 2004 nicht rentenberechtigend gemindert gewesen. Auf Grund des operativ behandelten Bandscheibenvorfalles sei zwar ab 25. Dezember 2004 bis voraussichtlich 31. Dezember 2006 von einer vollen Erwerbsminderung auszugehen, doch stehe einer Rentengewährung entgegen, dass bei Eintritt der Erwerbsminderung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Urteils des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Dezember 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung des SG und das Gutachten von Dr. M ...
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit sowie wegen Erwerbsminderung.
Soweit der Eintritt eines Leistungsfalles vor dem 1. Januar 2001 strittig ist, ist bei der Überprüfung der Entscheidung des SG gemäß § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI das Sechste Buch Sozialgesetzbuch in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI a.F.) heranzuziehen, soweit ein Leistungsfall nach dem 31. Dezember 2000 in Betracht kommt das SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung ( SGB VI n.F.).
Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatte derjenige, der die allgemeine Wartezeit erfüllte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI a.F.), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen konnte (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a.F.) und darüber hinaus erwerbsunfähig war (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI a.F.).
Erwerbsunfähig waren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630 Deutsche Mark überstieg. Erwerbsunfähig war dagegen nicht, wer eine selbstständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F.).
Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hatte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres derjenige, der berufsunfähig war, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hatte und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt hatte (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI a.F.).
Berufsunfähig waren nach § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a.F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war, wobei der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, alle Tätigkeiten umfasste, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnte.
Ausgehend von ihrer bisherigen Berufstätigkeit, bei der sie im Wesentlichen als Reinigungskraft arbeitete und für die sie keine Ausbildung absolvierte und benötigte, ist die Klägerin als Ungelernte anzusehen und sind ihr alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sozial zumutbar.
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit, in dem drei Jahre Pflichtbeitragszeiten enthalten sein mussten, verlängerte sich u. a. um Anrechnungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt waren, soweit während dieser Zeit auch eine mehr als nur geringfügige selbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden war (44 Abs. 4 SGB VI a.F. i. V. m. § 43 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB VI a.F.). Pflichtbeitragszeiten vor Eintritt der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit waren nicht erforderlich, wenn der Versicherte vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllte und jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonats vor Eintritt des Versicherungsfalles u. a. mit Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten oder Berücksichtigungszeiten (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt war oder wenn der Versicherungsfall vor dem 1. Januar 1984 eingetreten war, wobei für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig war, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich war (§§ 240 Abs. 2, 241 Abs. 2 SGB VI a.F.).
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI n.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n.F.). Außerdem besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch bei Versicherten, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind (§ 240 Abs. 1 SGB VI n.F.). Die Voraussetzungen für die Annahme von Berufsunfähigkeit entsprechen insofern im wesentlichen denen des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F., wobei die Leistungsfähigkeit für sozial noch zumutbare Tätigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken sein muss (vgl. § 240 Abs. 2 SGB VI n.F.).
Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht, wenn der Versicherte voll erwerbsgemindert ist, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung unter Tätigkeit zurückgelegt sind und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt ist (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI n.F.). Voll erwerbsgemindert sind u. a. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n.F.).
Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung, in dem drei Jahre Pflichtbeitragszeiten enthalten sein müssen, verlängert sich u. a. um Anrechnungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind, soweit während dieser Zeit eine mehr als nur geringfügige selbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist (§ 43 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB VI n.F.). Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit sind für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit u. a. mit Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten oder Berücksichtigungszeiten (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist, wobei für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich ist (§ 241 Abs. 2 SGB VI n.F.).
Die Klägerin erfüllte vor dem 1. Januar 1984 nicht die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 SGB VI). Außerdem hatte sie in dem - gemäß §§ 44 Abs. 4, 43 Abs. 3 SGB VI a.F. verlängerten - Zeitraum von fünf Jahren letztmals am 31. Juli 2000 mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung zurückgelegt (vgl. Versicherungsverlauf vom 26. August 2005), d. h. der Versicherungsfall müsste spätestens zu diesem Zeitpunkt eingetreten sein. Dies ist nicht der Fall, weshalb es dahingestellt bleiben kann, ob die Klägerin - wie von der Beklagten zuletzt angenommen - ab 25. Dezember 2004 (vorübergehend) als voll erwerbsgemindert anzusehen ist. Bei späterem Eintritt des Versicherungsfalles können die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen auch durch Nachentrichtung von Beiträgen nicht mehr erfüllt werden, weil die allgemeine Wartezeit vor dem 1. Januar 1984 nicht erfüllt war.
Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der medizinischen Beweiserhebung im Verwaltungsverfahren, erstinstanzlichen Klageverfahren sowie dem Berufungsverfahren steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin jedenfalls in der Zeit vor 2004 im Wesentlichen an einer somatoformen Schmerzstörung, zeitweise an depressiven Störungen sowie an einer gemischten Persönlichkeitsstörung mit abhängigen und emotional instabilen Zügen sowie Erkrankungen auf orthopädischem (u. a. Verschleißleiden der Wirbelsäule bei HWS- und LWS-Syndrom, Bandscheibenprotrusion LWK 5/S1, Zervikalstenose mit Operation im September 2000) und internistischem (u. a. äthyltoxisch bedingte Lebervergrößerung) Fachgebiet litt, die aber allenfalls in qualitativer Hinsicht Auswirkungen auf das Leistungsvermögen hatten. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Äußerungen der behandelnden Ärzte in verschiedenen Berichten sowie dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr. R. und den Feststellungen des im erstinstanzlichen Verfahren als Gutachter tätigen Dr. v. B ... Darüber hinausgehende, für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung erhebliche und dauerhafte Gesundheitsstörungen sind - jedenfalls für die Zeit vor 2004 - zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen.
Soweit Prof. Dr. B. lediglich eine Dysthymie angenommen hat, vermag der Senat ihm nicht zu folgen. Allerdings sieht Prof. Dr. B. - was die Leistungsbeurteilung angelangt - keinen wesentlichen Unterschied zu den Differenzialdiagnosen Somatisierungsstörung und somatoforme Schmerzstörung. Insbesondere hat er die Beschwerden, die die Klägerin angegeben hat, berücksichtigt und bei der Leistungsbeurteilung unter Einbeziehung seiner weiteren Feststellungen, u. a. und vor allem der Angaben zum Tagesablauf, berücksichtigt. Ohnehin ist im Verfahren über die Gewährung von Rente nicht allein auf die Diagnose - hier eine im Vordergrund stehende somatoforme Schmerzstörung - abzustellen, sondern auf die tatsächlichen Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens in zeitlicher und qualitativer Hinsicht. Aus diesem Grund ist die Leistungsbeurteilung von Prof. Dr. B. trotz angreifbarer Diagnosestellung weiterhin von Relevanz.
Trotz der genannten Gesundheitsstörungen war die Klägerin - von vorübergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit abgesehen - jedenfalls bis 31. Juli 2000 (aber auch bis 2004) nicht außer Stande, einer - ihr sozial zumutbaren - Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig nachzugehen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats schlüssig und nachvollziehbar aus dem Gutachten von Dr. R. , Dr. B. und Prof. Dr. B. sowie den als qualifizierten Beteiligtenvortrag verwerteten Stellungnahmen von Dr. G ... Für die sozialmedizinische Beurteilung des Leistungsvermögens ist maßgeblich auf Einschränkungen der Fähigkeit zur Teilnahme an Aktivitäten des täglichen Lebens, insbesondere und u. a. auf Minderung von Antrieb, Interesse und Aufmerksamkeit abzustellen (Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen, Oktober 2001, S. 47). Insoweit weisen die Gutachten von Dr. B. und Prof. Dr. B. - und sogar Dr. M. - aber noch durchaus Aktivitäten und Interessen der Klägerin aus. Mit dieser Tatsache haben sich lediglich Dr. B. und Prof. Dr. B. auseinander gesetzt, nicht aber in hinreichendem Umfang Dr. M ... Tatsächlich hat die Klägerin eine Reihe von Freizeitgestaltungen angegeben, die mit der Annahme einer wesentlichen zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht in Einklang zu bringen sind. So ist sie mit dem Fahrrad ins Freibad gefahren und mit Nachbarinnen spazieren gegangen, hat PC-Spiele und Unternehmungen am Wochenende, insbesondere Besuche, gemacht und offenbar auch viel ferngesehen sowie mit Nachbarinnen kommuniziert. Ein von Schmerz geprägter sozialer Rückzug und Interessenverlust ist nicht ersichtlich. Eine Unfähigkeit der Klägerin zu überwiegendem Sitzen, Gehen oder Stehen, wie von Dr. M. angenommen, ist damit nicht zu vereinbaren. Eine Erklärung hierzu gibt Dr. M. nicht. Seinem Gutachten fehlt es an einer kritischen Überprüfung der Schmerzangaben in der Untersuchung, wofür angesichts der Angaben der Klägerin zur Freizeitgestaltung aller Anlass bestanden hätte. Daran änden auch die durchgeführten Tests nichts. Auch wenn die Klägerin manche Beschwerden gänzlich verneint oder nur gering ausgeprägt angibt, ist dies nur ein Anhaltspunkt von mehreren für die Frage der tatsächlichen Leistungsfähigkeit und ersetzt die erwähnte kritische Überprüfung der Schmerzangaben nicht. Im übrigen ist seine Leistungsbeurteilung gerade auch für die Zeit vor seiner Untersuchung, insbesondere vor 2004 nicht nachvollziehbar. Denn der Sachverständige hat völlig übersehen, dass es, was sich beispielhaft an den Unterarmgehstützen zeigt, die die Klägerin damals nach eigenen Angaben erst seit zwei oder drei Wochen benötigte, zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen sei.
Das Gutachten von Dr. v. B. , dem völlig die Erhebung einer Tagesstruktur und eine kritische Hinterfragung der Beschwerdeangaben fehlt, ist schon aus diesem Grund nicht überzeugend. Der von ihm beschriebene psychische Befund erscheint nicht dramatisch. Die erwähnten Anzeichen einer reduzierten Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit traten erst nach längerer Beobachtung auf. Da die Klägerin nicht im Arbeitsleben gestanden hat, erscheint dies nach einer längeren Untersuchungssituation auch nachvollziehbar und nicht ohne weiteres pathologisch. Der Einschätzung von Dr. v. B. vermag der Senat daher nicht zu folgen. Im Übrigen weisen auch die Heilverfahren-Entlassungsberichte, was die Zeit vor 2004 betrifft, keine rentenrelevante Leistungseinschränkung aus. Selbst wenn man zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. M. von einer relevanten Einschränkung ausginge, z. B. auf Grund der Benutzung von zwei Unterarmgehstützen, die Dr. M. allerdings nicht im Hinblick auf die Tagesaktivitäten hinterfragt, würde dies einen Rentenanspruch nicht begründen, denn die rentenrelevante Leistungseinschränkung müsste bis 31. Juli 2000 eingetreten seien. Dies ist durch keines der Gutachten und durch keine ärztliche Äußerung überzeugend belegt.
So konnte die Klägerin im Januar/Februar 1998 noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten (Bericht der Luisenklinik). Bei der Untersuchung bei Dr. B. im Juli 1998 zeigte sich die Klägerin munter, plaudernd, immer wieder ausgesprochen lachend bei einer nicht unerheblichen Diskrepanz zwischen Beschwerdeschilderung und dem zu keinem Zeitpunkt irgendwie Leidensdruck vermittelnden Auftreten und gab an, Langeweile kenne sie zum Glück nicht, sie sei viel unterwegs, mit Picknicken, Baden und Zelten. Dementsprechend hielt der Gutachter zumindest leichte Tätigkeiten bei qualitativen Einschränkungen für vollschichtig möglich. Auch aus der AOK-Klinik wurde sie im November 1999, allerdings vorbehaltlich weiterer Einschränkungen aus psychosomatischer Sicht, als für leichte Tätigkeiten vollschichtig leistungsfähig und sofort arbeitsfähig entlassen. Der Hausarzt Dr. Thum schloss sich noch im Mai 2000 der Leistungsbeurteilung von MDR L. - anders als der behandelnde Nervenarzt M. (gar keine Leistungsfähigkeit mehr, Begründung: Schmerzsyndrom bei schwierigen psychosozialen Bedingungen und Therapieresistenz, kein Wort zur Alltagsfähigkeit) - an. Im Juni 2001 erhob Dr. v. B. nur einen etwas reduzierten psychischen Befund, allerdings nichts zu Tagesaktivitäten. Noch im April 2004 stellte Prof. Dr. B. ein gepflegtes Erscheinungsbild und eine geringfügige Überernährung fest und die Klägerin gab an, sie gehe spazieren, mache Besuche, wobei der früher erwähnte Besuch kirchlicher Treffen entfallen sei, weil sie 1999 weggezogen seien (also auch hier kein schmerzbedingter Anlass), fahre immer noch mit dem Fahrrad zum Baden, allerdings zelte sie nicht mehr und sie sei (erst) in den letzten Monaten ständig müde oder kaputt. Eine Störung von Gedächtnis, Antrieb, Konzentration hat sich bei einer eindreiviertelstündigen Untersuchung nicht ergeben und es haben sich keine Auffälligkeiten hinsichtlich der Gehfähigkeit bei einer Belastungsuntersuchung gefunden. Leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen hat Prof. Dr. B. für vollschichtig zumutbar erachtet, insbesondere auch die Tätigkeit einer Pförtnerin. Diese Einschätzung überzeugt den Senat, weil sie nicht an der gestellten Diagnose, sondern an den psychischen Befund und die sozialen Umständen anknüpft.
Im Ergebnis ist der Senat in Übereinstimmung mit Prof. Dr. B. der Überzeugung, dass das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin bis zu dessen Untersuchung und jedenfalls vor dem 1. August 2000 nicht eingeschränkt gewesen ist und keine qualitativen Einschränkungen vorgelegen haben, die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, insbesondere als einfache Pförtnerin, entgegengestanden haben. Zu Recht hat Prof. Dr. B. darauf hingewiesen, dass die von Dr. M. herangezogenen testpsychologischen Ergebnisse relativ wenig aussagekräftig sind, hier insbesondere im Hinblick auf die von der Klägerin selbst eingeräumten tatsächlichen Aktivitäten.
Damit liegt ein Eintritt des Versicherungsfalles der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor dem 31. Juli 2000 nicht vor und kommt es auf die Frage, ob der Versicherungsfall - wie von der Beklagten angenommen - im Dezember 2004 eingetreten ist, nicht an, weil bei Eintritt eines Versicherungsfalles nach dem 31. Juli 2000 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit nach dem SGB VI a.F., aber auch einer Rente wegen Erwerbsminderung nach dem SGB VI n.F., nicht mehr erfüllt sind.
Auf die Berufung der Beklagten ist somit das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Rechtskraft
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