Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 U 321/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1012/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2006 und der Bescheid vom 27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2005 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Unfall vom 29. Juni 2004 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der am 1948 geborene Kläger ist GmbH-Gesellschafter/Geschäftsführer des Malerbetriebes B. GmbH in G ... Er ist bei der Beklagten als unternehmerähnlich anerkannter GmbH-Gesellschafter/Geschäftsführer freiwillig versichert. Er ist außerdem Freizeitradsportler und fährt ca. 10 bis 15 mal im Jahr mit dem Fahrrad längere Strecken, die er in der Regel mit dem Zeugen N. L. zurücklegt. Im Frühjahr 2004 hatte der Kläger mit seinem Malerbetrieb am Wohnhaus des Zeugen aufgrund des Kostenvoranschlags vom 19.02.2004 (Neuanstrich der Außenfassade) bereits die Grundierung der Außenfassade vorgenommen, der Endanstrich war noch nicht fertig. Am 29.06.2004, einem Samstag, kam der Kläger gegen ca. 12.00 Uhr von der Arbeit nach Hause. Kurz danach erschien der Zeuge L., der zuvor erfolglos versucht hatte, den Kläger telefonisch zu erreichen, mit seinem Fahrrad und überredete den Kläger, zusammen mit ihm und unter Mitnahme einer Farbkarte mit dem Fahrrad nach B. (Entfernung ca. 40 km) zu fahren, um dem Kläger dort an einem bestimmten Haus die Farbe der Außenfassade zu zeigen, die er selbst für sein Haus haben wollte. Auf dem Weg dorthin stürzte der Kläger in der Nähe von Sch. über einen am Boden liegenden Holzkeil und zog sich dabei einen Schlüsselbeinbruch zu.
Mit Bescheid vom 27.09.2004 und Widerspruchsbescheid vom 10.01.2005 entschied, die Beklagte, das Ereignis vom 29.05. (richtig 29.06.) 2004 stelle keinen Arbeitsunfall dar. Bei der Radtour nach B. habe es sich um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit gehandelt.
Dagegen hat der Kläger am 25.01.2005 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben und ergänzend vorgetragen, alleiniger Anlass für die Fahrt zu dem Haus nach B. sei gewesen, die Farbgebung des Hauses in B. in Augenschein zu nehmen.
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2006 den Kunden Norbert L. als Zeugen vernommen - auf den Inhalt des Protokolls wird verwiesen - und mit Urteil vom 17.01.2006 die Klage abgewiesen. Es habe sich um eine gemischte Tätigkeit gehandelt, deren Charakter einer Freizeitaktivität so wesentlich im Vordergrund gestanden habe, dass die betrieblichen Interessen allenfalls noch das Ziel der eigentlich privaten Fahrt beeinflusst hätten und damit hinter den eigenwirtschaftlichen Gründen zurückgetreten seien.
Gegen das am 13.02.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.02.2006 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, am Unfalltag habe für ihn eine "Radtour" ursprünglich nicht zu Debatte gestanden. Er habe an diesem Tag seine Ruhe haben wollen, dann aber dem Wunsch seines Kunden - das Haus an diesem Tag zu besichtigen und die Fahrt mit dem Fahrrad zu unternehmen - nachgegeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall vom 29. Juni 2004 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Bei dem Unfall vom 29.06.2004 handelte es sich um einen Arbeitsunfall. Das Sozialgericht hätte der Klage stattgeben müssen.
Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, kann der Kläger eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG erheben. Dies hat der Kläger bei sinnentsprechender Auslegung seines Vorbringens (BSG, Urteil vom 7. September 2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2) auch getan. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, a.a.O.).
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist erforderlich (hierzu und zum Nachfolgenden BSG Urteil vom 12. April 2005, B 2 U 5/04 R in SozR 4 -2700 § 2 Nr. 4 m.w.N.), dass das Verhalten des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Es muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine bestimmte Handlung in einem solchen rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten Tätigkeit steht, ist die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten.
Die für den Versicherungsschutz notwendige Handlungstendenz kommt in dem von der Rechtsprechung verwendeten Begriff der dem Unternehmen "dienlichen", "dienenden" oder "zu dienen bestimmten" Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, sogenannter eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten, erfolgen. Von der Handlungstendenz ist der subjektive Beweggrund, das heißt die persönliche Motivation für die Tätigkeit, abzugrenzen. Die Annahme einer auf die Belange des Unternehmens gerichteten Handlungstendenz setzt entsprechend voraus, dass anhand objektiver Kriterien ein nachvollziehbarer Zusammenhang mit dem Unternehmen anzunehmen ist. Wie bei allen anderen Zurechnungsentscheidungen sind für die Beurteilung des Unfallversicherungsschutzes alle Umstände des Einzelfalls und das sich daraus ergebende Gesamtbild in Betracht zu ziehen.
Die Fahrradtour des Klägers diente sowohl privaten als auch betrieblichen Zwecken. Strittig ist allein die Gewichtung der Interessen. In einem solchen Fall ist in erster Linie darauf abzustellen ob sich der zurückgelegte Weg eindeutig in zwei Teile zerlegen lässt, von denen der eine betrieblichen Zwecken und der andere privaten Interessen gedient hat. Ist eine Trennung nicht möglich, so besteht Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall betrieblichen Interessen wesentlich gedient hat; sie braucht ihnen aber nicht überwiegend gedient zu haben (BSG, Urteil vom 05.05.1994, 2 RU 26/93 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Die Wesentlichkeit des betrieblichen Interesses beurteilt sich hierbei in erster Linie nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren subjektiven Vorstellungen des Versicherten. Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine gemischte Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen gedient hat, ist, ob diese Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen werden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (BSG a.a.O.). Entscheidungserheblich ist damit die Frage, ob die Besichtigung des Hauses in B. nach der subjektiven Sicht des Klägers nicht nur unwesentlicher Nebenzweck der Radtour war.
Der Senat ist davon überzeugt, dass für den Kläger bei der Fahrt mit dem Fahrrad die Besichtigung der Außenfassade des Wohnhauses in B. im Vordergrund stand. Dass dies für den Zeugen L. anders war, dieser vorwiegend und auf jeden Fall Rad fahren wollte, spielt keine Rolle. Denn maßgebend ist insoweit die Handlungstendenz des Versicherten, hier also des Klägers. Nur am Rande ist darauf hinzuweisen, dass allerdings auch der Zeuge L. angegeben hat, gerade nach B. nur wegen der Besichtigung gefahren zu sein, ohne diese Besichtigungsabsicht wäre er woanders hingefahren.
Der Kläger hat glaubhaft vorgetragen, dass er an diesem Samstag morgen bereits gearbeitet hatte und nach seiner Rückkehr in sein Wohnhaus weder weiter arbeiten noch eine Radtour durchführen wollte. Vielmehr wurde der Kläger - wie dies vom Zeugen L. glaubhaft bestätigt worden ist - von diesem unter leichtem Druck dazu überredet, die Besichtigung in B. vorzunehmen und dorthin mit dem Fahrrad zu fahren. Damit steht fest, dass die Fahrt ohne den betrieblichen Anlass der Besichtigung vom Kläger (und auch vom Zeugen) nicht unternommen worden wäre.
Keine Rolle spielt es, dass der Kläger und der Zeuge in der Regel 10 bis 15 mal im Jahr zusammen mit dem Fahrrad längere Strecken zurücklegen. Entscheidend ist vielmehr, dass jedenfalls der Kläger am Unfalltag nur deshalb Rad fuhr, weil er auf Wunsch seines Kunden mit diesem zusammen ein Haus in B. anschauen wollte. Es bleibt daher offen, wie zu entscheiden wäre, wenn der Kläger und der Zeuge schon im Vorfeld eine Radtour vereinbart gehabt und als Ziel dann zum Zweck der Besichtigung des besagten Hauses B. ausgewählt hätten.
Es kommt auch nicht darauf an, ob die Weigerung des Klägers, mit seinem Kunden zusammen die Radfahrt durchzuführen, zu einer Rücknahme des Auftrags geführt hätte. Es reicht vielmehr aus, dass der Kläger einem eindeutigen Kundenwunsch, ein Haus in B. zu besichtigen und dorthin mit dem Fahrrad zu fahren, nachkam. Dass die Auswahl des Farbtons der Außenfassade unmittelbar anstand, ergibt sich daraus, dass am Unfalltag die Grundierung der Außenfassade durch die Firma des Klägers bereits vorgenommen worden war.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und der Berufung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Der am 1948 geborene Kläger ist GmbH-Gesellschafter/Geschäftsführer des Malerbetriebes B. GmbH in G ... Er ist bei der Beklagten als unternehmerähnlich anerkannter GmbH-Gesellschafter/Geschäftsführer freiwillig versichert. Er ist außerdem Freizeitradsportler und fährt ca. 10 bis 15 mal im Jahr mit dem Fahrrad längere Strecken, die er in der Regel mit dem Zeugen N. L. zurücklegt. Im Frühjahr 2004 hatte der Kläger mit seinem Malerbetrieb am Wohnhaus des Zeugen aufgrund des Kostenvoranschlags vom 19.02.2004 (Neuanstrich der Außenfassade) bereits die Grundierung der Außenfassade vorgenommen, der Endanstrich war noch nicht fertig. Am 29.06.2004, einem Samstag, kam der Kläger gegen ca. 12.00 Uhr von der Arbeit nach Hause. Kurz danach erschien der Zeuge L., der zuvor erfolglos versucht hatte, den Kläger telefonisch zu erreichen, mit seinem Fahrrad und überredete den Kläger, zusammen mit ihm und unter Mitnahme einer Farbkarte mit dem Fahrrad nach B. (Entfernung ca. 40 km) zu fahren, um dem Kläger dort an einem bestimmten Haus die Farbe der Außenfassade zu zeigen, die er selbst für sein Haus haben wollte. Auf dem Weg dorthin stürzte der Kläger in der Nähe von Sch. über einen am Boden liegenden Holzkeil und zog sich dabei einen Schlüsselbeinbruch zu.
Mit Bescheid vom 27.09.2004 und Widerspruchsbescheid vom 10.01.2005 entschied, die Beklagte, das Ereignis vom 29.05. (richtig 29.06.) 2004 stelle keinen Arbeitsunfall dar. Bei der Radtour nach B. habe es sich um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit gehandelt.
Dagegen hat der Kläger am 25.01.2005 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben und ergänzend vorgetragen, alleiniger Anlass für die Fahrt zu dem Haus nach B. sei gewesen, die Farbgebung des Hauses in B. in Augenschein zu nehmen.
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2006 den Kunden Norbert L. als Zeugen vernommen - auf den Inhalt des Protokolls wird verwiesen - und mit Urteil vom 17.01.2006 die Klage abgewiesen. Es habe sich um eine gemischte Tätigkeit gehandelt, deren Charakter einer Freizeitaktivität so wesentlich im Vordergrund gestanden habe, dass die betrieblichen Interessen allenfalls noch das Ziel der eigentlich privaten Fahrt beeinflusst hätten und damit hinter den eigenwirtschaftlichen Gründen zurückgetreten seien.
Gegen das am 13.02.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28.02.2006 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, am Unfalltag habe für ihn eine "Radtour" ursprünglich nicht zu Debatte gestanden. Er habe an diesem Tag seine Ruhe haben wollen, dann aber dem Wunsch seines Kunden - das Haus an diesem Tag zu besichtigen und die Fahrt mit dem Fahrrad zu unternehmen - nachgegeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17. Januar 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall vom 29. Juni 2004 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Bei dem Unfall vom 29.06.2004 handelte es sich um einen Arbeitsunfall. Das Sozialgericht hätte der Klage stattgeben müssen.
Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, kann der Kläger eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG erheben. Dies hat der Kläger bei sinnentsprechender Auslegung seines Vorbringens (BSG, Urteil vom 7. September 2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2) auch getan. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, a.a.O.).
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist erforderlich (hierzu und zum Nachfolgenden BSG Urteil vom 12. April 2005, B 2 U 5/04 R in SozR 4 -2700 § 2 Nr. 4 m.w.N.), dass das Verhalten des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Es muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine bestimmte Handlung in einem solchen rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten Tätigkeit steht, ist die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten.
Die für den Versicherungsschutz notwendige Handlungstendenz kommt in dem von der Rechtsprechung verwendeten Begriff der dem Unternehmen "dienlichen", "dienenden" oder "zu dienen bestimmten" Tätigkeit zum Ausdruck. Die Tätigkeit muss mit einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung und nicht zur Verfolgung eigener Angelegenheiten, sogenannter eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten, erfolgen. Von der Handlungstendenz ist der subjektive Beweggrund, das heißt die persönliche Motivation für die Tätigkeit, abzugrenzen. Die Annahme einer auf die Belange des Unternehmens gerichteten Handlungstendenz setzt entsprechend voraus, dass anhand objektiver Kriterien ein nachvollziehbarer Zusammenhang mit dem Unternehmen anzunehmen ist. Wie bei allen anderen Zurechnungsentscheidungen sind für die Beurteilung des Unfallversicherungsschutzes alle Umstände des Einzelfalls und das sich daraus ergebende Gesamtbild in Betracht zu ziehen.
Die Fahrradtour des Klägers diente sowohl privaten als auch betrieblichen Zwecken. Strittig ist allein die Gewichtung der Interessen. In einem solchen Fall ist in erster Linie darauf abzustellen ob sich der zurückgelegte Weg eindeutig in zwei Teile zerlegen lässt, von denen der eine betrieblichen Zwecken und der andere privaten Interessen gedient hat. Ist eine Trennung nicht möglich, so besteht Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall betrieblichen Interessen wesentlich gedient hat; sie braucht ihnen aber nicht überwiegend gedient zu haben (BSG, Urteil vom 05.05.1994, 2 RU 26/93 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Die Wesentlichkeit des betrieblichen Interesses beurteilt sich hierbei in erster Linie nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren subjektiven Vorstellungen des Versicherten. Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine gemischte Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen gedient hat, ist, ob diese Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen werden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (BSG a.a.O.). Entscheidungserheblich ist damit die Frage, ob die Besichtigung des Hauses in B. nach der subjektiven Sicht des Klägers nicht nur unwesentlicher Nebenzweck der Radtour war.
Der Senat ist davon überzeugt, dass für den Kläger bei der Fahrt mit dem Fahrrad die Besichtigung der Außenfassade des Wohnhauses in B. im Vordergrund stand. Dass dies für den Zeugen L. anders war, dieser vorwiegend und auf jeden Fall Rad fahren wollte, spielt keine Rolle. Denn maßgebend ist insoweit die Handlungstendenz des Versicherten, hier also des Klägers. Nur am Rande ist darauf hinzuweisen, dass allerdings auch der Zeuge L. angegeben hat, gerade nach B. nur wegen der Besichtigung gefahren zu sein, ohne diese Besichtigungsabsicht wäre er woanders hingefahren.
Der Kläger hat glaubhaft vorgetragen, dass er an diesem Samstag morgen bereits gearbeitet hatte und nach seiner Rückkehr in sein Wohnhaus weder weiter arbeiten noch eine Radtour durchführen wollte. Vielmehr wurde der Kläger - wie dies vom Zeugen L. glaubhaft bestätigt worden ist - von diesem unter leichtem Druck dazu überredet, die Besichtigung in B. vorzunehmen und dorthin mit dem Fahrrad zu fahren. Damit steht fest, dass die Fahrt ohne den betrieblichen Anlass der Besichtigung vom Kläger (und auch vom Zeugen) nicht unternommen worden wäre.
Keine Rolle spielt es, dass der Kläger und der Zeuge in der Regel 10 bis 15 mal im Jahr zusammen mit dem Fahrrad längere Strecken zurücklegen. Entscheidend ist vielmehr, dass jedenfalls der Kläger am Unfalltag nur deshalb Rad fuhr, weil er auf Wunsch seines Kunden mit diesem zusammen ein Haus in B. anschauen wollte. Es bleibt daher offen, wie zu entscheiden wäre, wenn der Kläger und der Zeuge schon im Vorfeld eine Radtour vereinbart gehabt und als Ziel dann zum Zweck der Besichtigung des besagten Hauses B. ausgewählt hätten.
Es kommt auch nicht darauf an, ob die Weigerung des Klägers, mit seinem Kunden zusammen die Radfahrt durchzuführen, zu einer Rücknahme des Auftrags geführt hätte. Es reicht vielmehr aus, dass der Kläger einem eindeutigen Kundenwunsch, ein Haus in B. zu besichtigen und dorthin mit dem Fahrrad zu fahren, nachkam. Dass die Auswahl des Farbtons der Außenfassade unmittelbar anstand, ergibt sich daraus, dass am Unfalltag die Grundierung der Außenfassade durch die Firma des Klägers bereits vorgenommen worden war.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und der Berufung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.
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