L 3 AL 1515/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 3447/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1515/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewisen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Aufhebung einer Aufrechnungsentscheidung durch das Sozialgericht Karlsruhe.

Dem Kläger wurde von der Beklagten durch Bescheid vom 03.05.2004 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11.05.2004 ab dem 01.04.2004 Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von 204 Kalendertagen mit einem wöchentlichen Leistungssatz von EUR 144,20 bewilligt.

Mit Bescheid vom 18.06.2004 erklärte die Beklagte unter Bezugnahme auf eine bestandskräftig festgestellte Erstattungsforderung von EUR 1.722,82 für die Zeit ab dem 01.06.2004 die Aufrechnung in Höhe von täglich EUR 10,30 mit dem Anspruch des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosengeld. Den gegen diese Entscheidung entsprechend der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung erhobenen Widerspruch ist die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2004 zurück. Diese Entscheidung wurde dem Kläger am 14.07.2004 zugestellt.

Am 16.08.2004, einem Montag, hat der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe Anfechtungsklage erhoben.

Mit Urteil vom 08.03.2005 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 18.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2004 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufrechnung stelle nach neuerer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keine hoheitliche Maßnahme dar, so dass sie nicht in der Form eines Verwaltungsakts erfolgen dürfe.

Gegen die ihr am 18.03.2005 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 18.04.2005 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Entscheidung über eine Aufrechnung sei als Ermessensentscheidung ausgestaltet und daher als Verwaltungsakt zu qualifizieren.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08. März 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten, die beigezogenen Akten des Sozialgerichts Karlsruhe - S 2 AL 3447/04, S 2 AL 1886/03 und S 2 AL 1887/03 ER - sowie die gleichfalls beigezogenen Leistungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden ...

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Denn die genannten Behördenentscheidungen sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Dies hat das Sozialgericht im Urteil vom 08.03.2005 ausführlich und fehlerfrei dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

Die Rechtsauffassung des Sozialgerichts Karlsruhe, die Aufrechnung nach § 51 Abs. 2 SGB I dürfe nicht in der Rechtsform eines Verwaltungsaktes ergehen, weshalb ein insoweit gleichwohl ergangener Bescheid aufzuheben sei, entspricht nicht nur der zitierten Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil von 24.07.2003 - B 4 RA 60/02 R - SozR 4/1200 § 52 Nr. 1), sondern auch derjenigen des beschließenden Senats (vgl. zur parallelen Fallgestaltung der Verrechnung nach § 52 SGB I das gegenüber der Beklagten ergangene und in das vorliegende Verfahren eingeführte Urteil vom 13.04.2005 - L 3 AL 365/01 -). Das von der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung angeführte Urteil des 5. Senats des Bundessozialgerichts vom 10.12.2003 (- B 5 RJ 18/03 R -, SozR 4-1200 § 52 Nr. 2 = BSGE 92, 1 ff.) steht dem nicht entgegen. Denn das Bundessozialgericht hat in dieser Entscheidung ausdrücklich offen gelassen, ob die sozialrechtliche Verrechnung lediglich als rechtsgeschäftliche Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts zu qualifizieren ist oder sich in der Form eines Verwaltungsakts zu vollziehen hat. Der teilweise abweichenden Meinung in der Kommentarliteratur (vgl. hierzu, allerdings ohne weitere Begründung: Gagel, SGB III, Rdnr. 8 zu § 333; vgl. aber auch, Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Rdnr. 21 zu § 51 SGB I) folgt der Senat auch nach erneuter Prüfung nicht.

Von der Aufhebung des Aufrechnungs- oder Verrechnungsbescheides unabhängig ist allerdings die Beantwortung der Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit eine Aufrechnung bzw. Verrechnung in der Sache durchgreift, also einem Begehren des Leistungsempfängers auf Auszahlung ungekürzter Leistungen entgegengehalten werden kann. Ein entsprechendes Leistungsbegehren enthält der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2005 vor dem Sozialgericht gestellte Klageantrag indes nicht. Vielmehr beschränkt sich die Klage auf einen bloßen Anfechtungsantrag. Ist dieser aber zulässig und - nach den oben gemachten Ausführungen - vollumfänglich begründet, so ist die vom Sozialgericht in Anwendung des § 193 SGG getroffene Kostenentscheidung nicht zu beanstanden und hat die Beklagte dem Kläger nach dieser Vorschrift auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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