L 3 R 1625/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 2615/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 1625/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1954 geborene Kläger absolvierte eine Lehre zum Raumausstatter und war - mit einer längeren Unterbrechung - bis zur Aufgabe des Berufs im Jahr 1991 im Zusammenhang mit einem Sportunfall mit Torsionstrauma des rechten Kniegelenkes als Raumausstatter und Bodenleger versicherungspflichtig beschäftigt (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 55 der SG-Akte). In der Folgezeit arbeitete er bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit im März 2001 als Maschinenarbeiter. Hierbei handelte es sich um eine angelernte Tätigkeit mit einer Anlernzeit von drei bis sechs Monaten (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 283/285 der Rentenakte). Im Juni/Juli 2001 absolvierte er eine stationäre Heilbehandlung in der S.-Klinik in Bad S., aus der er als arbeitsunfähig, aber mit der Leistungsbeurteilung entlassen worden war, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten bei Beachtung weiterer qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden am Tag verrichtet werden (wegen der Einzelheiten vgl. den Reha-Entlassungsbericht vom 11.7.2001).

Am 14.2.2002 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die von der Beklagten veranlasste internistisch/sozialmedizinische Begutachtung (Gutachten Dr. D. vom 15.5.2002) erbrachte ein unter dreistündiges Leistungsvermögen in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit und ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (wegen der Einzelheiten Blatt 43/61 der Rentenakte). Dr. R. gelangte in seinem ebenfalls auf Veranlassung der Beklagten erstellten orthopädischen Gutachten vom 10.5.2002 zu einer vergleichbaren Leistungseinschätzung (Blatt 63/93 der Rentenakte).

Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 24.5.2002 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch nach Durchführung weiterer Ermittlungen und Einholung von ärztlichen Stellungnahmen von Dr. D. und Dr. H. (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 289/291 der Rentenakte) mit Widerspruchsbescheid vom 8.10.2002 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 22.10.2002 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt hat. Das Gericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 5.11.2002 an das örtlich zuständige Sozialgericht Mannheim (SG) verwiesen.

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgebracht, er sei hauptsächlich wegen der bei ihm vorliegenden orthopädischen Befunde so weitgehend beeinträchtigt, dass er auch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch weniger als sechs Stunden am Tag verrichten könne. Ferner habe er im Jahr 1991 seinen erlernten Beruf aus Gesundheitsgründen aufgegeben.

Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Internist und Gastroenterologe Prof. Dr. S. hat in seinem Bericht vom 18.1.2003 wegen der beim Kläger bestehenden Refluxkrankheit nur noch Tätigkeiten mit leichter körperlicher Belastung (bis 10 kg) für möglich erachtet. Der Allgemeinmediziner Dr. D. hat in seiner Stellungnahme vom 26.1.2003 wegen im Vordergrund stehender orthopädischer bzw. chirurgischer Befunde nur noch ein quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen für möglich erachtet. Aus HNO-ärztlicher Sicht hat Dr. S. unter dem 4.2.2003 keine Einschränkung der täglichen Arbeitszeit gesehen. Der Orthopäde Dr. V. hat in seiner Aussage vom 25.2.2003 über die Behandlung orthopädischer Befunde berichtet und die Vermeidung knieender Tätigkeiten für sinnvoll erachtet. Der Chirurg Dr. T. hat in seiner Auskunft vom 24.3.2003 die Ansicht vertreten, dass unter Berücksichtigung der im Vordergrund stehenden orthopädischen Befunde nur noch eine vollschichtige Pförtnertätigkeit in Betracht komme. Ferner hat das SG bei den behandelnden Ärzten ermittelt, ob die Aufgabe des erlernten Berufs im Jahr 1991 aus gesundheitlichen Gründen erfolgt ist (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 77/81, 84/135, 136/137, 146 und 154/195 der SG-Akte Bezug genommen) und hat berufskundliche Ermittlungen hierzu angestellt (vgl. Blatt 144/145 und 149 sowie 151/153 der SG-Akte).

Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung des fachorthopädischen Sachverständigengutachtens von Dr. S. vom 13.1.2004. Der Sachverständige hat ein muskuläres Reizsyndrom der Halswirbelsäule mit endgradiger Bewegungseinschränkung, jedoch ohne neurologisches Defizit, ein Muskelreizsyndrom der unteren Lendenwirbelsäule bei radiologisch nachweisbarer Osteochondrose L 5/S 1 und kernspintomografisch nachgewiesenem kleinem Bandscheibenvorfall dort ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, einen Zustand nach endoprothetischer Versorgung des linken Hüftgelenks bei Hüftkopfnekrose, eine Kniegelenksarthrose rechts nach Jahre zurückliegender vorderer Kreuzbandruptur mit Nahtversorgung und Meniskusteilresektion sowie eine Amputation der Fingerkuppen D III und D IV rechts diagnostiziert. Schwere körperliche Arbeiten mit dem Heben und Tragen von Lasten über 15 kg seien nicht mehr möglich. Zu vermeiden seien auch Arbeiten in gebückter Haltung oder in Zwangshaltung. Unzumutbar seien Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, auf unebenen Böden und kniende Tätigkeiten sowie Tätigkeiten in Nässe und Kälte. Vollschichtig zumutbar seien leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen (auch überwiegend im Sitzen) mit dem Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg in trockenen und geheizten Räumen. Hinsichtlich der Beschwerden im rechten Kniegelenk hat der Sachverständige ein flottes und sicheres Gangbild festgestellt. Ein Schonhinken habe auch am rechten Knie nicht festgestellt werden können. Bei äußerer Betrachtung sei die Muskulatur der Oberschenkel beidseitig kräftig ausgebildet, rechts von der Tendenz her etwas stärker. Es habe keine Schleimhautreizung oder Ergussbildung bestanden und lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung vorgelegen.

Das SG hat die Klage aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.3.2004 durch Urteil vom selben Tag abgewiesen.

Es hat unter Darstellung der für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erforderlichen Voraussetzungen und der hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften sowie unter Darstellung der Grundsätze zum Berufsschutz entschieden, dass der Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten im Umfang von sechs Stunden täglich verrichten könne. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit könne der Kläger nicht beanspruchen, weil nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit rückblickend festgestellt werden könne, dass der Kläger im Jahre 1991 seinen erlernten Beruf krankheitsbedingt habe aufgeben müssen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 2.4.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.4.2004 Berufung eingelegt, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt. Hinsichtlich seines Anspruchs auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung beruft er sich in erster Linie auf die Auskunft seines behandelnden Arztes Dr. D. (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 72/83 der LSG-Akte) und ist im Übrigen der Auffassung, dass die gesundheitsbedingte Berufsaufgabe nachgewiesen sei.

Der Senat hat zu Letzterem Ermittlungen bei verschiedenen Versicherungen durchgeführt (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 18/58 der LSG-Akte).

Demgegenüber beruft sich die Beklagte darauf, dass der Kläger jedenfalls nach wie vor in der Lage sei, u. a. Tätigkeiten als Registrator oder Poststellenmitarbeiter auszuüben, und verweist insoweit auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats. Der Kläger weist in diesem Zusammenhang auf die divergierende Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg hinsichtlich der Verweisbarkeit von Handwerkern auf Tätigkeiten als Registrator hin und ist darüber hinaus der Auffassung, dass ihm eine solche Tätigkeit wegen des Erfordernisses des häufigen Bückens, von Arbeiten in der Hocke, auf Schemeln und Leitern nicht zumutbar sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. März 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2002 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, weil er - unabhängig von der Frage einer rentenrechtlich relevanten Lösung vom erlernten Beruf - jedenfalls zur Überzeugung des Senats noch in der Lage ist, ihm sozial zumutbare Verweisungstätigkeiten mindestens sechs Stunden am Tag zu verrichten.

Der Senat weist die Berufung im Wesentlichen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung der streitgegenständlichen Bescheide folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 und § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Auch der Senat erachtet das berufliche Leistungsvermögen des Klägers, das unter Zugrundelegung der Auskünfte der behandelnden Ärzte hauptsächlich durch orthopädische Befunde geprägt wird, als durch das orthopädische Sachverständigengutachten von Dr. S. geklärt.

Danach bedingen die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen lediglich die Beschränkung auf noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung der weiteren, in dem Sachverständigengutachten im Einzelnen aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen. Insbesondere ist nach dem Gutachten die Annahme einer rentenrechtlich relevanten quantitativen (zeitlichen) Leistungseinschränkung medizinisch nicht begründet. Die von Dr. S. vorgenommene Leistungsbeurteilung ist nach den erhobenen Befunden, bei kritischer Würdigung und der gebotenen Anlegung eines strengen Maßstabes für den Senat schlüssig und nachvollziehbar, weshalb er ihr folgt. Die hiervon abweichende Leistungsbeurteilung insbesondere durch Dr. D. erachtet der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens als widerlegt.

Anders als das SG lässt der Senat allerdings offen, ob die vom Kläger im Jahre 1991 vollzogene Lösung vom erlernten Beruf des Raumausstatters aus gesundheitlichen Gründen notwendig war bzw. ob der Kläger Berufsschutz als Facharbeiter genießt und ob er gegebenenfalls nicht mehr in der Lage ist, Tätigkeiten im erlernten Berufsbereich ohne das Erfordernis häufigen Kniens (z. B. Verkauf und Beratung oder Planung) im erforderlichen zeitlichen Umfang zu verrichten.

Denn der Kläger kann jedenfalls subjektiv (sozial) zumutbar auf die Anlerntätigkeit eines Registrators im öffentlichen Dienst in der Vergütungsgruppe VIII BAT verwiesen werden.

In diese Vergütungsgruppe sind nämlich "Angestellte im Büro -, Registratur-, ... sonstigen Innendienst ... mit schwieriger Tätigkeit ..." eingruppiert (vgl. hierzu und zur zumutbaren Verweisbarkeit eines zur Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters gehörenden Berufskraftfahrers auf die Tätigkeit eines Registrators BSG vom 27.11.1991 - 5 RJ 91/89 - und allgemein BSG vom 12.9.1991 - 5 RJ 34/90 - sowie zur Verweisung eines Maurer-Facharbeiters auf die Tätigkeit eines Registrators Urteil des erkennenden Senats vom 19.11.2003 - L 3 RJ 2583/03 -).

Diese Tätigkeit ist ihm mit seinem Restleistungsvermögen auch objektiv (gesundheitlich) zumutbar. Nach einer dem Senat vorliegenden berufskundlichen Stellungnahme des - damaligen - Landesarbeitsamtes Baden-Württemberg vom 16.8.2000, auf die sich der Senat regelmäßig beruft und die den Beteiligten bekannt ist, handelt es sich bei der Tätigkeit eines Registrators um eine Tätigkeit, die auch im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ausgeübt wird und in der Regel lediglich mit leichten Arbeiten verbunden ist. In diesem Rahmen kann zwar das Heben und Tragen von Lasten (Aktenvorgänge, Poststücke) grundsätzlich nicht vermieden werden, es können dabei im Einzelfall durchaus Lasten von über 5 kg bis zu 10 kg zu bewegen sein, im Einzelfall können auch Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten häufig nicht vermieden werden und - je nach Registratur - können durchaus auch Arbeiten auf Leitern vorkommen. Für den erkennenden Senat ist in ständiger Rechtsprechung letztlich jedoch die berufskundliche Einschätzung maßgebend, dass die körperliche Belastung insgesamt auch weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsorganisation abhängt. Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das Bewegen von Lasten von über 5 kg bis zu 10 kg, Zwangshaltungen und das Arbeiten auf Leitern nicht generell und in allen Fällen mit der Tätigkeit eines Registrators verbunden sind. Dies deckt sich im Übrigen mit den Kenntnissen des Senats über die Tätigkeit eines Registrators z.B. bei einem Gericht, die damit aus berufskundlicher Sicht bestätigt wurden.

Schließlich erfüllt diese Verweisungstätigkeit auch die höchstrichterlich vorgegebene Voraussetzung, dass auf eine Tätigkeit nur verwiesen werden darf, wenn die für sie notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung und Einweisung erworben werden können (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 23). Denn nach der erwähnten berufskundlichen Stellungnahme beträgt die Anlernzeit/Einarbeitungszeit üblicherweise nicht länger als drei Monate. Sie hängt dabei zwar auch von den jeweiligen persönlichen Fähigkeiten ab, ist aber weitgehend von Vorkenntnissen unabhängig. Es handelt sich nämlich um eine einfache Anlerntätigkeit, für die keinerlei besondere Ausbildung erforderlich ist.

Da also die für die Ausübung einer Registratorentätigkeit erforderliche Einarbeitungszeit weitgehend von Vorkenntnissen unabhängig ist (und damit auch von EDV- und Verwaltungsgrundkenntnissen), kann die Tatsache, dass der Kläger als ehemals handwerklich bzw. gewerblich Tätiger vorliegend über solche Vorkenntnisse nicht verfügt, im Ergebnis nicht dazu führen, dass er sich auf eine längere und damit nach der Rechtsprechung nicht mehr zumutbare Einarbeitungszeit berufen kann. Dass beim Kläger - von Vorkenntnissen abgesehen - sonst eingeschränkte persönliche Fähigkeiten vorliegen, die eine längere Einarbeitungszeit begründen, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Insbesondere bestehen beim Kläger keine hirnorganischen Beeinträchtigungen hinsichtlich Auffassung, Übersicht, Konzentration und Abstraktionsvermögen. In diesem Zusammenhang kann auch nicht unbeachtet bleiben, dass der Kläger nach Sachlage immerhin über die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Facharbeiters verfügt. Damit wird zumindest eine auf normalem Niveau anzusiedelnde geistige Leistungsfähigkeit und damit auch Lernfähigkeit dokumentiert.

In Betracht kommt ferner die Verweisung auf gehobene Büro- (Hilfs-) Tätigkeiten der Vergütungsgruppe VIII BAT. Diese dem Bereich der angelernten Tätigkeiten zuzuordnenden Bürotätigkeiten sind einem Facharbeiter grundsätzlich zumutbar (Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26.6.1995 - L 2 I 248/94 -). Dazu gehört z. B. die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle der Verwaltungsabteilung - Allgemeine Verwaltung -.

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgaben: Öffnen der eingegangenen Post und Anbringung des Eingangsstempels, Verteilen der Post auf die Abteilungen und Referate entsprechend dem Sachverhalt, Richten von abgehenden Sammelsendungen, Kuvertieren der abgehenden Briefpost und Verpacken der Paketsendungen, Bedienen des Freistemplers entsprechend der Aufgabeneinteilung durch den Bearbeiter, Erfassung der Einschreibesendungen entsprechend der Aufgabeneinteilung durch den Bearbeiter und Beförderung der Post, entsprechend der Anweisung des Bearbeiters, von und zum Postamt mit anstaltseigenem Fahrzeug.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, die im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen ausgeübt werden kann. Zwar müssen in der Poststelle der Verwaltungsabteilung Pakete oder Körbe mit Postsendungen gehoben oder getragen werden, die 5 kg oder mehr wiegen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle nur von wenigen, und zwar speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird. Die Mehrheit der Mitarbeiter der Poststelle ist hingegen ausschließlich mit dem Fertigmachen der auslaufenden Post und mit der Bearbeitung der eingehenden Post betraut, so dass die zu verrichtenden Aufgaben nicht den Schweregrad leichter körperlicher Tätigkeiten übersteigen (Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26.5.1997 - L 2 I 47/95 - mwN).

Der Senat verneint das Vorliegen einer rentenrechtlich relevanten Einschränkung der Gehfähigkeit des Klägers.

Zwar gilt der Arbeitsmarkt als verschlossen, wenn der Weg zur Arbeitsstelle nicht zurückgelegt werden kann. Zur Erwerbsfähigkeit gehört nämlich auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können (BSG SozR 2200 § 1247 Nrn. 47, 50, 53, 56). Allerdings kann nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 2200 § 1247 Nr. 56) Erwerbsunfähigkeit (und damit entsprechend dem ab 1.1.2001 geltenden Recht volle Erwerbsminderung) in diesem Zusammenhang nur angenommen werden, wenn nur noch eine Gehfähigkeit vorhanden ist, die maximal 500 Meter Wegstrecke zulässt, der Versicherte keinen Arbeitsplatz inne hat und einen solchen auch nicht mit Hilfe eines eigenen Kfz bzw. eines Fahrrads erreichen kann (vgl. hierzu KassKomm-Niesel, Rdnr. 93 zu § 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung mwN) und der Rentenversicherungsträger diesbezüglich auch keine beruflichen Reha-Leistungen anbietet. Die Zumutbarkeit der Fußwege richtet sich hierbei nach allgemeinen medizinischen Kriterien. Sie ist zu verneinen, wenn beim Gehen auch unter Verwendung von Hilfsmitteln (z. B. Gehstützen) erhebliche Schmerzen auftreten, übermäßige körperliche Anstrengungen erforderlich sind oder die Gesundheit in besonderer Weise gefährdet ist. Die Zumutbarkeitsgrenze kann auch durch die für die Wegstrecke erforderliche Zeit überschritten werden. Das ist der Fall, wenn für 500 Meter mehr als 20 Minuten benötigt werden. In der Regel ist daher nur erwerbsunfähig (bzw. voll erwerbsgemindert), wer nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Besonderheiten zum Beispiel der individuellen Wohnlage und der Beschaffenheit in Betracht kommender Wegstrecken sind bei der gebotenen generalisierenden Abgrenzung des Versichertenrisikos unbeachtlich (vgl. hierzu BSG vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -).

Vorliegend hat der Sachverständige ein flottes und sicheres Gangbild festgestellt. Ein Schonhinken habe auch am rechten Knie nicht festgestellt werden können. Bei äußerer Betrachtung sei die Muskulatur der Oberschenkel beidseitig kräftig ausgebildet, rechts von der Tendenz her etwas stärker. Es habe keine Schleimhautreizung oder Ergussbildung bestanden und lediglich eine endgradige Bewegungseinschränkung vorgelegen. Damit ist die Wegefähigkeit oben beschriebenen Sinne erhalten.

Die vom Kläger im Berufungsverfahren zuletzt vorgelegten ärztlichen Unterlagen (wegen der Einzelheiten vgl. Blatt 104/107 und 109/110 der LSG-Akte) bedingen nach Art und Umfang der darin beschriebenen Befunde keine abweichende Leistungsbeurteilung. Diesbezüglich folgt der Senat vollumfänglich der von der Beklagten hierzu vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. S. vom 16.11.2005, wonach von akuten Krankheitsbildern mit dementsprechend nur vorübergehenden Beeinträchtigungen auszugehen ist bzw. dadurch keine über das Sachverständigengutachten von Dr. S. hinausgehenden qualitativen Leistungseinschränkungen bedingt werden und aus der beim Kläger bestehenden Refluxerkrankung insbesondere keine zeitliche Leistungseinschränkung begründet abzuleiten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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