L 10 U 4161/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 3103/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4161/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. August 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls.

Der 1948 geborene, aus Portugal stammende und heute in Frankreich lebende Kläger erlitt am 19. Mai 1995 bei seiner Tätigkeit als Maurer bei der KK-Baugesellschaft mbH B. einen Arbeitsunfall, als er mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand in eine Kreissäge geriet. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestand bis 29. Oktober 1995. Nach dem Inhalt des Kündigungsschreibens vom 14. Juni 1996 und einer inhaltgleichen Mitteilung des Arbeitgebers gegenüber der Beklagten vom Juli 1996 wurde dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen (Auftragsmangel) zum 15. Juli 1996 gekündigt. Seit 1. Oktober 2000 bezieht der Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 11. September 1996 und Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 1996 die Gewährung einer Verletztenrente ab. Grundlage war das Gutachten von Prof. Dr. W., Chirurgische Universitätsklinik F., der die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 10 v. H. schätzte.

Während des anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (S 4 U 434/97) nahm die Beklagte mit Bescheid vom 12. Juni 1997 den Bescheid vom 11. September 1996 zurück, anerkannte als Unfallfolgen "An der rechten Hand: Verkürzung des Zeigefingers mit Versteifung des Zeigefingerendgelenks, Narben und Gefühlsstörungen an den Endgliedern von Daumen und Zeigefinger nach Sägeverletzung der Hand" und gewährte dem Kläger vorläufige Rente nach einer MdE und 20 v. H. für die Zeit vom 30. Oktober 1995 bis 31. März 1996. Sie folgte damit einer Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. F., der auf eine noch anfänglich nicht vollständige Gewöhnung an die Verletzungsfolgen der rechten Hand hingewiesen hatte. Soweit die Klage weitergehende Ansprüche umfasste, wurde sie mit Urteil vom 27. August 1999 abgewiesen.

Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 1 U 4072/99) legte der Kläger Atteste seines Hausarztes Dr. H. vor, wonach er an depressiven Angstzuständen leide, die auf den Arbeitsunfall und den folgenden Verlust des Arbeitsplatzes zurückzuführen seien. Nach einem Attest des Psychiaters Dr. H. konsultiere der Kläger diesen seit dem 26. September 1998 wegen depressiver Angstzustände. Dr. S. sah in seinem für das Landessozialgericht erstatteten psychiatrischen und psychotherapeutischen Gutachten eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom, eine Dysthymia, eine generalisierte Angststörung sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung als Unfallfolgen an und bewertete dies mit einer MdE um 40 v. H. Demgegenüber vertrat der Nervenarzt Dr. O. in seiner von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme die Ansicht, die von Dr. S. diagnostizierte soziale Anpassungsstörung sei nicht durch den Arbeitsunfall bedingt, sondern im Wesentlichen die Folge der im Sommer 1996 ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das Landessozialgericht schloss sich im Urteil vom 26. Oktober 2001 dieser Einschätzung an und wies die Berufung zurück. Die Gesundheitsbeeinträchtigungen auf psychiatrischen Fachgebiet seinen Folgen des - gerade nicht unfallbedingten - Arbeitsplatzverlustes und nicht wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen.

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2001, bei der Beklagten am Folgetag eingegangen, beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 11. September 1996 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Er legte u. a. ein Schreiben der KK-Baugesellschaft vom 4. April 2002 vor, wonach die Formulierung im Kündigungsschreiben, dem Kläger sei aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden, nur gewählt worden sei, um das anderweitige berufliche Fortkommen des Klägers nicht zu erschweren. Im Wesentlichen sei die Kündigung ausgesprochen worden, weil der Kläger wegen der Schwere der Fingerverletzung nicht mehr in der Lage gewesen sei, als Maurer seine Arbeit zu erfüllen und keine Möglichkeit bestanden habe, ihn anderweitig einzusetzen.

Mit Bescheid vom 20. Juni 2002 und Widerspruchsbescheid vom 16. August 2002 lehnte es die Beklagte ab, den Bescheid vom 12. Juni 1997 zurückzunehmen und eine depressiv-ängstliche Anpassungsstörung als Unfallfolge anzuerkennen und bei der MdE-Bewertung zu berücksichtigen. Die Erstangaben im Kündigungsschreiben seien glaubwürdiger als die spätere Ergänzung des Arbeitgebers. Jedenfalls sei nicht nur die Fingerverletzung ausschlaggebend gewesen ("im Wesentlichen").

Der Kläger hat am 11. September 2002 Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe erhoben.

K. K., Geschäftsführer der KK-Baugesellschaft mbH, ist als Zeuge zur Entlassung des Klägers befragt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Dr. H., Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums W., hat für das Sozialgericht ein Gutachten mit Ergänzung erstattet. Er hat dabei ein vom Kläger vorgelegtes Attest von Dr. H. berücksichtigt, wonach der Kläger nach dem Arbeitsunfall, der als ungerecht empfundenen Entlassung, den vergeblichen Bemühungen um eine Arbeitsstelle und der damit verbundenen Arbeitslosigkeit immer mehr in eine schwere Depression geglitten sei. Er, Dr. H., habe ihn bis 1998 mit psychotherapeutischen Sitzungen und Gesprächen behandelt und ihn danach an den Psychiater Dr. H. überwiesen. Dr. H. hat eine leichte depressive Episode, darüber hinaus keine weiteren Erkrankungen auf neurologischem oder psychiatrischem Fachgebiet feststellen können. Bei Berücksichtigung des geschilderten Lebenslaufes und der Angaben des Klägers zur (auch zeitlichen) Entwicklung der Krankheitssymptome und der aus den Akten hervorgehenden Informationen erscheine es nach seinem Ermessen aber naheliegend, dass die depressive Episode erst deutlich nach dem Unfall und nach dem mit einer erheblichen Latenz folgenden Verlust des Arbeitsplatzes und den dann eingetretenen finanziellen Schwierigkeiten aufgetreten sei und damit kein direkter, sondern allenfalls ein mittelbarer Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen postuliert werden könne. Daher lasse sich nicht mit Wahrscheinlichkeit ein ursächlicher Zusammenhang zum Unfallereignis belegen. Je zeitnäher man aber das Auftreten der depressiven Symptomatik zum Unfallgeschehen annehme und je ausgeprägter man die damalige depressive Symptomatik einschätzte, desto eher lasse sich ein direkter Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen postulieren.

Mit Urteil vom 31. August 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Selbst wenn man - trotz verbleibender Zweifel - zugunsten des Klägers zu Grunde lege, dass er wegen der Unfallfolgen entlassen worden sei, sei es nach dem Gutachten von Dr. He. nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der unfallbedingte Verlust des Arbeitsplatzes die beim Kläger bestehenden psychischen Einschränkungen verursacht habe. Der Kläger sei erst mehr als drei Jahre nach dem Unfallereignis fachärztlich durch den Psychiater Dr. Ho. behandelt worden. Es sei davon auszugehen, dass die psychischen Beschwerden, sofern solche überhaupt vorgelegen hätten, bis dahin nicht besonders ausgeprägt gewesen seien. Dr. H. sei insbesondere kein Arzt des Fachgebiets der Neurologie und Psychiatrie.

Der Kläger hat gegen das ihm am 12. September 2005 zugestellte Urteil am 11. Oktober 2005 Berufung eingelegt. Er hat weiter vorgetragen, die Gespräche mit psychotherapeutischer Zielrichtung hätten praktisch bei jedem seiner Besuche bei Dr. H. stattgefunden. Erst als Dr. H. festgestellt habe, dass die depressive Symptomatik auch den Einsatz von Psychopharmaka erfordere, habe er ihn an Dr. Ho. verwiesen. Aufzeichnungen über die Gespräche und psychotherapeutischen Sitzungen habe Dr. H. nicht gefertigt. Der Kläger hat ein Attest von Dr. H. vorgelegt, wonach dieser im Rahmen einer früheren Tätigkeit im Krankenhaus von B. eine Ausbildung auf dem Gebiet der Psychiatrie erhalten habe.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. August 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 16. August 2002 aufzuheben, festzustellen, dass eine mittelgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom, eine Dysthymia, eine generalisierte Angststörung und eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung weitere Unfallfolgen sind, sowie die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 12. Juni 1997 abzuändern und ihm Verletztenrente rückwirkend im zeitlichen Rahmen von § 44 Abs. 4 SGB X nach einer MdE um 40 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Dr. He. ist in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme nach Aktenlage bei seiner bisherigen Beurteilung geblieben.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts (einschließlich der dort beigezogenen Akten) und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sowie - was Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet anbelangt - Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, § 55 Abs. 1 Nr. 3, § 56 SGG) zulässig. Da die Beklagte im Bescheid vom 12. Juni 1997 keine Feststellungen zu den hier streitigen Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet getroffen hat, bedarf es insoweit keines Antrags nach § 44 SGB X. Dieser erfasst lediglich die Frage der Gewährung einer höheren und länger andauernden Verletztenrente.

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich auch nach Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 nach den bis dahin geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO); denn nach § 212 SGB VII gilt das neue Recht grundsätzlich erst für Versicherungsfälle, die nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten sind. Einer der Ausnahmetatbestände nach §§ 213 ff SGB VII ist nicht gegeben.

Die geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen müssen Folge eines Arbeitsunfalls sein. Arbeitsunfall ist nach § 548 RVO ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (versicherte Tätigkeit).

Beim Kläger liegt eine leichte depressive Episode vor. Dies ergibt sich aus dem Gutachten von Dr. He. für das Sozialgericht. Von weitergehenden Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet, wie etwa im Gutachten von Dr. Schubert aufgeführt, kann sich der Senat nicht überzeugen. Dies und die genaue diagnostische Einordnung der Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers auf nervenärztlichem Fachgebiet kann im Übrigen offen bleiben, denn der Senat kann sich auch nicht davon überzeugen, dass etwaige Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30. April 1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. (vgl. BSG, Urteil vom 2. November 1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Auf der Grundlage des Gutachtens von Dr. He. kann die depressive Episode nur dann als Unfallfolge anerkannt werden, wenn sich entsprechende Brückensymptome finden. Hierfür ist einerseits erforderlich, den Verlust des Arbeitsplatzes dem Arbeitsunfall zuzurechnen, andererseits ein unmittelbares oder doch zeitlich enges Auftreten der depressiven Symptomatik nach dem Arbeitsunfall bzw. nach dem (dem Arbeitsunfall zuzurechnenden) Arbeitsplatzwertverlust anzunehmen.

Wie das Sozialgericht vermag auch der Senat nicht mit der notwendigen Sicherheit erkennen, dass der Arbeitsplatzverlust nicht allein infolge Auftragsmangels bei der KK-Baugesellschaft mbH erfolgte, sondern zumindest auch, weil der Kläger infolge seiner Fingerverletzung seine Arbeit als Maurer nicht mehr in der notwendigen Qualität durchführen konnte, und damit als mittelbare Folge des Arbeitsunfalls angesehen werden kann. Hiergegen spricht der klare Wortlaut des Kündigungsschreibens vom 14. Juni 1996. Die Aussage des Zeugen K. K. vor dem Sozialgericht hat Gegenteiliges nicht mit der notwendigen Klarheit gebracht. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des Sozialgerichts an. Es ist nicht stimmig, wenn sich der Zeuge an wichtige Tatsachen nicht mehr erinnern kann, jedoch noch sicher ist, der Kläger sei allein wegen der Unfallfolgen entlassen worden. So hat sich der Zeuge, der ausdrücklich Gedächtnisprobleme auch infolge mehrerer Herzoperationen angegeben hat, nicht mehr daran erinnern können, ob der Kläger nach dem Arbeitsunfall weitergearbeitet hat und ob noch andere Mitarbeiter mit ihm entlassen worden sind. Gegen eine Entlassung des Klägers auf Grund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen spricht auch, dass an seiner Stelle kein neuer Arbeiter eingestellt worden ist.

Kann daher der Verlust des Arbeitsplatzes nicht als geeignetes Brückensymptom herangezogen werden, ist allein auf eine etwaige depressive Entwicklung unmittelbar nach dem Arbeitsunfall abzustellen. Auch insoweit kann sich der Senat nicht von einer zeitnahen, erheblichen depressiven Symptomatik überzeugen. Hierzu wäre eine entsprechende, fachlich hinreichend kompetente Befunddokumentation erforderlich. Diese liegt jedoch nicht vor. Dr. H. hat mitteilen lassen, dass er keine Aufzeichnungen angefertigt habe. Da die therapeutischen Gespräche von Dr. H. nicht dokumentiert worden sind, sind auch deren psychiatrische Qualität sowie einzelne Befundtatsachen nicht nachgewiesen. Die Diagnostik von Dr. H. vermag der Senat seiner Entscheidung schon mangels Befunddarstellung nicht zugrunde zu legen. Im Übrigen bleiben Zweifel an der fachlichen Qualifikation des Dr. H. für das psychiatrische Fachgebiet. Gerade wenn Dr. H., wie dieser behauptet hat, einschlägig psychiatrisch vorgebildet ist, hätte er den Kläger im Fall einer zunehmenden depressiven Symptomatik nicht über mehr als drei Jahre ohne entsprechende Medikation und ohne Hinzuziehung eines Psychiaters behandelt.

Auch ein Anspruch auf Abänderung des Bescheids vom 12. Juni 1997 und die Gewährung einer höheren und länger andauernden Verletztenrente besteht nicht. Der Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. August 2002 ist rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für eine Abänderung des Bescheids vom 12. Juni 1997 ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Die Sozialleistung wäre hier eine - in Folge der Berücksichtigung auch einer nervenärztlichen Teil-MdE - höhere und länger andauernde Rente nach § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO. Weitergehende Unfallfolgen auf chirurgischem Fachgebiet sind nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich. Da, wie ausgeführt, auch keine Unfallfolgen auf nervenärztlichem Fachgebiet nachgewiesen sind, ist der Bescheid vom 12. Juni 1997 rechtmäßig und die Voraussetzungen für seine Abänderung und die Gewährung einer höheren und länger andauernden Verletztenrente liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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