L 3 AL 4729/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 3611/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 4729/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger erstrebt die Gewährung von Arbeitslosenhilfe.

Der 1953 geborene Kläger bezog von der Beklagten bis zur Erschöpfung des Anspruchs mit Ablauf des 23.07.2003 Arbeitslosengeld. Am 11.08.2003 beantragte er Arbeitslosenhilfe. Nach den von ihm vorgelegten Unterlagen verfügten er und seine am 28.10.1958 geborene Ehefrau zu jener Zeit neben einem geringen Bargeldbetrag über folgendes Vermögen: EUR 1.296,95 (Girokonto), EUR 2.725,28 (Sparbuch) und EUR 16.306,00 (Wertpapierdepot).

Mit Bescheid vom 16.10.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau über Vermögen in Höhe von EUR 20.328,23 verfüge, dessen Verwertung zumutbar sei. Der nach Abzug der für den Kläger und seine Ehefrau anzusetzenden Freibeträge von EUR 9.800,00 und EUR 8.800,00 verbleibende Betrag von EUR 1.728,23 sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2003 zurück.

Zum 01.12.2003 nahm der Kläger eine selbstständige Tätigkeit im zeitlichen Umfang von 15 bis 20 Stunden in der Woche auf.

Am 11.12.2003 hat der Kläger beim Sozialgericht Mannheim Klage erhoben und die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 24.07.2003 begehrt. Hierzu hat er im wesentlichen vorgetragen, der nach der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) 2002 seit dem Jahre 2003 geltende Freibetrag von lediglich EUR 200,00 je Lebensjahr sei nicht geeignet, der Vermeidung von Altersarmut entgegenzuwirken. Die AlhiV 2002 seit daher rechtswidrig. Der Verbrauch von Vermögen sei ihm nicht zumutbar.

Nach mit Ablauf des 31.03.2004 erfolgter Verringerung des zeitlichen Umfangs seiner selbstständigen Tätigkeit auf wöchentlich 3 bis 5 Stunden hat die Beklagte dem Kläger auf einen erneuten Antrag mit Bescheid vom 11.05.2004 ab dem 01.04.2004 Arbeitslosenhilfe unter Anrechnung des Einkommens seiner Ehefrau bewilligt.

Mit Urteil vom 30.08.2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Vermögen des Klägers und seiner Ehefrau übersteige bis einschließlich Oktober 2003 die Freibeträge nach der AlhiV 2002 um EUR 1.728,26. Für die Folgezeit seien die wegen des fortschreitenden Lebensalters zu erhöhenden Freibeträge um EUR 1.328,26 überschritten. Zu einem Verbrauch der entsprechenden Vermögensbestandteile während des Zeitraums von Juli bis November 2003 habe der Kläger trotz Anregung des Gerichts nichts vorgetragen. Eine Verwertung sei nicht unwirtschaftlich, da bereits das Sparbuch-Guthaben die genannten Beträge überschreite. Eine alterssichernde Zweckbestimmung des auf dem Sparbuch bzw. des im Aktiendepot angelegten Vermögens habe der Kläger schon nicht behauptet. Darüber hinaus fehle bei einer solchen Anlageform jeglicher Bezug zu einer Alterssicherung. Diese Entscheidung ist dem Kläger am 30.09.2004 zugestellt worden.

Am 20.10.2004 hat der Kläger unter Hinweis auf sein erstinstanzliches Vorbringen Berufung eingelegt. Er beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. August 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2003 der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Arbeitslosenhilfe ab dem 24. Juli 2003 zu gewähren.

Die Beklagte stellt keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten, die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten sowie die gleichfalls beigezogenen Akten des Sozialgerichts Mannheim verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Ohne Rechtsfehler hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16.10.2003 sowie der Widerspruchsbescheid vom 26.11.2003 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Denn ihm kann für die Zeit vor dem 01.04.2004 keine Arbeitslosenhilfe gewährt werden.

Bezogen auf den Zeitraum vom 01.12.2003 bis zum 31.03.2004 steht der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe bereits entgegen, dass der Kläger infolge der von ihm seinerzeit in einem zeitlichen Umfang von wöchentlich 15 bis 20 Stunden ausgeübten selbstständigen Tätigkeit nicht arbeitslos i. S. des § 119 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit den §§ 198 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 118 Abs. 1 und 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) war.

Für die vorangegangene Zeit vom 24.07.2003 bis zum 30.11.2003 fehlt es dem Kläger an der gem. § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III erforderlichen Bedürftigkeit. Dies hat das Sozialgericht im Urteil vom 30.08.2004 ausführlich und zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Die in § 1 Abs 2 AlhiV 2002 idF vom 13. Dezember 2001 getroffene, hier einschlägige Regelung des Freibetrages von EUR 200,00 je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners ist ermächtigungskonform und auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BSG, Urteile vom 25.05.2005 - B 11a/11 AL 73/04 R -, zit. nach juris, vom 09.12.2004 - B 7 AL 44/04 R -, BSGE 94, 121 = SozR 4-4300 § 193 Nr 3, jeweils m. w. N.).

Soweit die in der AlhiV 2002 fehlende allgemeine Härteklausel für die Nichtverwertbarkeit von Vermögen nicht mit der Ermächtigungsgrundlage des § 206 Nr. 1 SGB III i. V. mit § 193 Abs. 2 SGB III in Einklang steht und deshalb unter Rückgriff auf § 193 Abs. 2 SGB III eine Verwertung von Vermögen oberhalb des Freibetrages nur zumutbar ist, wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann (so BSG; vgl. auch hierzu die Urteile vom 25.05.2005 und vom 09.12.2004, a. a. O.), vermag dies der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Zum einen ist nämlich die Verwertung des Sparbuchs und der Wertpapiere des Klägers bereits aus den vom Sozialgericht dargelegten Gründen nicht unter dem Gesichtspunkt der Altersvorsorge unbillig. Zum anderen ist die Schließung von Lücken der Altersversorgung im Rahmen der Härtefallregelung nur zu berücksichtigen, wenn die Lücken auf bestimmten, von der Rechtsordnung gebilligten Dispositionen beruhen, die zumindest mit denjenigen Gründen vergleichbar sind, die den Tatbeständen der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) zugrunde liegen. Ein derartiger Sachverhalt liegt indes nicht vor, wenn die Altersversorgung durch Zeiten der Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers geschmälert wird. Die Arbeitslosigkeit beruht in der Regel nicht auf einer Willensentscheidung des Betroffenen und kann jedenfalls nicht als schützenswerte (berufliche) Disposition anerkannt werden. Der Arbeitslose wird hinsichtlich derartiger Lücken folglich auf den durch die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezuges sowie durch die gesetzlich geregelten Freibeträge gewährleisteten Mindestschutz verwiesen (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2005 - B 11a/11 AL 71/04 R -, zit. nach juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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