Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 01261/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3610/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung die Rückforderung von Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1937 geborene Kläger war von 1985 bis März 1995 als Mitinhaber und Geschäftsführer eines Autohauses tätig, von April bis August 1995 als Geschäftsführer eines (anderen) Autohauses. Vom 16.1.1996 bis 30.4.1997 war der Kläger als Kaffeemaschinen-Servicetechniker bei der Fa. P. in G. beschäftigt.
Auf seinen Antrag vom 9.5.1997 bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 2.7.1997 Alg ab 9.5.1997 in Höhe von 300,60 DM wöchentlich für eine Anspruchsdauer von 208 Tagen. Die Leistung wurde gewährt bis 30.6.1997, weil sich der Kläger ab 1.7.1997 selbstständig machen wollte, und, nachdem dies nicht erfolgte, durch Bescheid vom 30.7.1997 vom 10.7.1997 in unveränderter Höhe bis zur Zahlungseinstellung am 29.11.1997 aus folgendem Grund:
Durch eine anonyme Anzeige gelangte der Beklagten am 2.12.1997 zur Kenntnis, dass der Kläger seit längerer Zeit ein selbstständiges Gewerbe in Reparatur und Verkauf von Kaffeemaschinen ausübe, dabei sei er auch vollschichtig ausgelastet. Dazu angehört gab der Kläger an, dass er zwar seit 1995 ein Gewerbe angemeldet, seit Beginn der Arbeitslosigkeit aber keinerlei selbstständige Tätigkeit ausgeübt habe. Außerdem teilte er mit, dass er sich ab 1.1.1998 " jetzt definitiv " selbstständig mache. Durch Bescheid vom 20.2.1998 hob die Beklagte die Bewilligung des Alg ab 1.12.1997 mit der Begründung auf, der Kläger übe eine mehr als kurzzeitige selbstständige Tätigkeit aus und sei daher zumindest ab 1.12.1997 nicht mehr arbeitslos. Den Widerspruch des Klägers, den dieser nicht begründete, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 12.6.1998 zurück.
Gegen diesen mit einfacher Post übersandten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 15.7.1998 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben.
Die Beklagte hat nach vorheriger Anhörung des Klägers mit Bescheid (gem. § 96 SGG) vom 1.12.1998 die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 9.5. bis 30.6.1997 und vom 10.7. bis 29.11.1997 aufgehoben und die Erstattung von Alg und Beiträgen in Höhe von 11.335,74 DM begehrt.
Der Kläger hat seine Klage damit begründet, er sei ab Mai 1997 nicht in mehr als geringfügigem Umfang selbstständig tätig gewesen. Er habe zwar seit 1.12.1995 ein Gewerbe angemeldet gehabt (Vermittlung bzw. Verkauf von EU-Neuwagen). Nach seiner Arbeitsaufnahme im Januar 1996 habe er aber keinerlei Tätigkeit in diese Richtung ausgeübt. Er habe dann beabsichtigt, zum 1.7.1997 einen Kfz-Service einzurichten, dies sei aber an rechtlichen Auflagen gescheitert. Richtig sei, dass er bei der Firma S. in geringem Umfang Ersatzteile gekauft habe, weil er beabsichtigt habe, zum 1.1.1998 neben dem Auto-Service auch Kaffeemaschinen zu reparieren und möglicherweise zu verkaufen. Dies sei jedoch allenfalls als Hilfeleistung für Freunde, Bekannte und Verwandte gewesen, nicht dagegen gewerblich.
Das SG hat von der Firma S. die Auskunft vom 15.4.1999 eingeholt. Danach hat der Kläger seit dem 16.5.1997 Ersatzteile und Geräte bezogen, bis Dezember 1997 im Wert von 4.000,80 DM, bis April 1999 von insgesamt 11.395,38 DM. Der Kläger hat auf Anforderung des SG die von der Firma S. zur Verfügung gestellten Rechnungen von Mai 1997 bis Dezember 1997 vorgelegt (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 21/23 bzw. Blatt 31/57 der Verwaltungsakten Bezug genommen).
Das SG hat sodann auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9.11.2000, bei der für den Kläger dessen Prozessbevollmächtigter erschienen war, durch Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 9.5. bis 30.6. und vom 10.7. bis 29.11.1997 zurückgenommen und vom Kläger die Erstattung von Alg und Beiträgen in Höhe von 11.335,74 DM begehrt. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg hätten für die Zeit vom 9.5.1997 an nicht vorgelegen. Der Kläger sei nicht arbeitslos gewesen, denn er habe eine mehr als geringfügige selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Er habe in dieser Zeit Kaffeemaschinen repariert und verkauft. Es sei auch von einem zeitlichen Umfang von mehr als 15 Wochenstunden auszugehen. Auf den Aufhebungszeitraum entfielen 20 Rechnungen der Firma S., aus denen sich ergebe, dass der Kläger in großem Umfang Ersatzteile gekauft habe. Allein auf Grund der Menge der bezogenen Ersatzteile und der Höhe der Rechnungsbeträge müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger die selbstständige Tätigkeit im Umfang von mehr als 15 Wochenstunden ausgeübt habe. Soweit sich Zweifel im Hinblick auf den zeitlichen Umfang der selbstständige Tätigkeit ergäben, gehe dies zu Lasten des Klägers. Eine Umkehr der Beweislast sei deswegen eingetreten, weil der Kläger weder bei der Arbeitslosmeldung und Antragstellung am 9.5.1997 noch am 10.7.1997 eine selbstständige Tätigkeit angegeben habe. Noch am 19.12.1997 habe der Kläger angegeben, seit Beginn der Arbeitslosigkeit keinerlei selbstständige Tätigkeit ausgeübt zu haben. Der Kläger habe es damit der Beklagten unmöglich gemacht, vor bzw. während der Bewilligung von Leistungen den zeitlichen Umfang der selbstständigen Tätigkeit nachzuprüfen. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Er habe grobfahrlässig unrichtige Angaben gemacht. Die Fristen seien eingehalten, die Erstattungsforderung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Gegen dieses am 31.7.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.8.2001 Berufung eingelegt. Das Urteil sei bereits deshalb fehlerhaft und aufzuheben, weil es nicht mit Gründen versehen sei, nachdem es nicht innerhalb einer Frist von fünf Monaten nach seiner Verkündung schriftlich niedergelegt worden sei. Das Urteil sei auch in der Sache unrichtig. Aus den Rechnungen der Firma Saeco könne nicht auf einen zeitlichen Umfang der Tätigkeit des Klägers geschlossen werden. Der Kläger weist darauf hin, dass er die Ersatzteile in großem Umfang zur Vorbereitung seiner selbstständigen Tätigkeit am 1.1.1998 bezogen habe. Es sei insoweit auch keine Beweislastumkehr eingetreten, denn der Beklagten hätte es jederzeit freigestanden, vor Ort eine eventuelle Tätigkeit des Klägers zu überprüfen. Zweifel an den Angaben des Klägers hätten nicht für eine Aufhebung der Alg-Bewilligung ausgereicht.
Der Kläger stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgericht Konstanz vom 9. November 2000 und den Bescheid der Be- klagten vom 20. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 12. Juni 1998 sowie den Bescheid vom 1. Dezember 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil in der Sache für zutreffend. Insbesondere verweist sie darauf, dass eine Beweislastumkehr eingetreten sei, weil der Kläger von Anfang an eine selbstständige Tätigkeit in Abrede gestellt habe. Der Kläger habe die Beklagte bewusst darüber getäuscht, dass er einer selbstständigen Tätigkeit nachgehe, dadurch habe er die Beklagte gerade davon abgehalten, Nachforschungen anzustellen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
Allerdings ist das angefochtene Urteil deswegen nicht mit Gründen versehen, weil es nicht binnen fünf Monaten nach seiner Verkündung schriftlich niedergelegt, von der Kammervorsitzenden unterschrieben und der Geschäftsstelle zur Zustellung übergeben worden ist (§ 134 Abs. 2 Satz 1 SGG, Gemeinsamer Senat, z. B. NJW 93,2603). Auch nicht begründete Urteile existieren jedoch und müssen angefochten werden, wie sich aus § 202 SGG i. V. m. § 547 Nr. 6 ZPO ergibt. Ob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil wegen dieses Formmangels jedoch aufhebt und die Sache an das SG zurückverweist, steht nach § 159 Abs. 1 SGG in seinem Ermessen. Im vorliegenden Fall sieht der Senat von einer Aufhebung und Zurückverweisung ab, weil zum einen Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nicht auf der mündlichen Verhandlung, vor allem einer Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Klägers beruhen - der Kläger war im Verhandlungstermin nicht anwesend -, sondern auf dem schriftlichen Akteninhalt. Zum anderen sieht der Senat auch aus Gründen der inzwischen verstrichenen Zeit von einer Aufhebung und Zurückverweisung ab und entscheidet stattdessen in der Sache selbst.
In der Sache ist die Berufung des Klägers nicht begründet. Das SG hat in den Entscheidungsgründen die hier anzuwendenden Rechtsnormen zutreffend zitiert. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug. Das SG hat im Ergebnis auch mit zutreffender rechtlicher Begründung die Klage abgewiesen, ebenso ist die Beweiswürdigung des SG im Ergebnis nicht zu beanstanden. Auch der Senat ist auf Grund eigener Überprüfung der Überzeugung, dass die Voraussetzungen für die Rücknahme der Alg-Bewilligung und für deren Aufhebung ab 1.12.1997 vorgelegen haben.
Der Kläger hat während des Alg-Bezuges von Mai bis November 1997 und auch im Dezember 1997 eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Er hat in dieser Zeit in ganz erheblichem Umfang Kaffeemaschinen repariert und wohl auch verkauft. Soweit der Kläger auch im Berufungsverfahren noch vorbringt, er habe in der Zeit von Mai bis Dezember 1997 keine selbstständige Tätigkeit ausgeübt, allenfalls für Verwandte oder Bekannte gelegentlich Ersatzteile beschafft, im Übrigen sich auf die selbstständige Tätigkeit ab Januar 1998 vorbereitet, ist dies keinesfalls glaubhaft. Das SG hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger, der bis April 1997 als Servicetechniker Kaffeemaschinen der Firma S. repariert und verkauft hat, alle Beziehungen und Kontakte sowie technischen Möglichkeiten hatte, um dies ab Mai 1997 auch weiterhin zu tun. Dass der Kläger auch keinesfalls nur gelegentlich für Verwandte oder Bekannte Ersatzteile beschafft hat, ergibt sich bereits aus der Rechnung (Lieferung) vom 27.5.1997. Danach hat der Kläger von vier verschiedenen O-Ringen je 10 Stück bestellt und von vier anderen O-Ringen je fünf Stück. Dies zeigt zum einen, dass der Kläger nicht nur vereinzelt oder gelegentlich Kaffeemaschinen repariert hat. Zum anderen belegt dies auch, dass der Kläger nicht nur vorbereitende Bestellungen für seine selbstständige Tätigkeit ab Januar 1998 getätigt hat. Denn von den O-Ringen 2018, von denen der Kläger am 27.5.1997 10 Stück geliefert bekam, erhielt er bereits am 21.8.1997 erneut 10 Stück geliefert. Dieses Beispiel ließe sich für andere Ringe und Teile ebenfalls wiederholen. Der Kläger hat danach nicht nur seine selbstständige Tätigkeit ab Januar 1998 vorbereitet, sondern eine selbstständige Tätigkeit laufend ausgeübt.
Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Umfang der selbstständigen Tätigkeit des Klägers während der gesamten Zeit mehr als 15 Wochenstunden betragen hat. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass alleine aus den Rechnungen der Firma S. noch nicht darauf geschlossen werden kann, dass der Umfang der selbstständigen Tätigkeit des Klägers mehr als 15 Wochenstunden betragen hat. Es sind jedoch die Gesamtumstände, auf die der Senat seine Überzeugung gründet. Der Gesamtumfang der dem Kläger gelieferten und in Rechnung gestellten Teile indiziert einen ganz erheblichem Umfang der selbstständigen Tätigkeit. Dem Kläger wurden in der Zeit von Mai bis Dezember 1997 Teile und Geräte in Gesamtumfang von etwa 4000 DM geliefert. Dies ist fast die Hälfte der in dieser Zeit bezogenen Lohnersatzleistung Alg. Da der Kläger in diesem Zeitraum von der Lohnersatzleistung auch gelebt haben muss, muss er aus seiner fortlaufend ausgeübten selbstständigen Tätigkeit Einkünfte bezogen haben, die ihrem Umfang nach nicht in weniger als 15 Wochenstunden erzielt werden konnten. Hinzukommt, dass der Kläger in der Zeit ab Januar 1998, also in der Zeit, in der er seine selbstständige Tätigkeit "jetzt definitiv" aufgenommen hatte, weder in größerem Umfang noch mit größerem Materialwert Lieferungen von der Firma S. bezog. Dies lässt zwanglos darauf schließen, dass der Umfang der selbstständigen Tätigkeit im Jahr 1997 nicht geringer war als im Jahr 1998. Dies bedeutet, dass diese selbstständige Tätigkeit, wenn sie 1998 einen Umfang hatte, der den Bezug von Alg ausschloss, sie auch im Jahr 1997 einen solchen Umfang hatte. Natürlich kann dem Kläger nicht Woche für Woche eine konkrete Anzahl von Arbeitsstunden nachgewiesen werden. Der Senat ist jedoch insgesamt davon überzeugt, dass der Umfang der selbstständigen Tätigkeit im gesamten Zeitraum mehr als 15 Wochenstunden betragen hat. Auf eine Umkehr der Beweislast kommt es insoweit nicht an.
Insgesamt erweist sich damit die Berufung des Klägers als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung die Rückforderung von Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1937 geborene Kläger war von 1985 bis März 1995 als Mitinhaber und Geschäftsführer eines Autohauses tätig, von April bis August 1995 als Geschäftsführer eines (anderen) Autohauses. Vom 16.1.1996 bis 30.4.1997 war der Kläger als Kaffeemaschinen-Servicetechniker bei der Fa. P. in G. beschäftigt.
Auf seinen Antrag vom 9.5.1997 bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 2.7.1997 Alg ab 9.5.1997 in Höhe von 300,60 DM wöchentlich für eine Anspruchsdauer von 208 Tagen. Die Leistung wurde gewährt bis 30.6.1997, weil sich der Kläger ab 1.7.1997 selbstständig machen wollte, und, nachdem dies nicht erfolgte, durch Bescheid vom 30.7.1997 vom 10.7.1997 in unveränderter Höhe bis zur Zahlungseinstellung am 29.11.1997 aus folgendem Grund:
Durch eine anonyme Anzeige gelangte der Beklagten am 2.12.1997 zur Kenntnis, dass der Kläger seit längerer Zeit ein selbstständiges Gewerbe in Reparatur und Verkauf von Kaffeemaschinen ausübe, dabei sei er auch vollschichtig ausgelastet. Dazu angehört gab der Kläger an, dass er zwar seit 1995 ein Gewerbe angemeldet, seit Beginn der Arbeitslosigkeit aber keinerlei selbstständige Tätigkeit ausgeübt habe. Außerdem teilte er mit, dass er sich ab 1.1.1998 " jetzt definitiv " selbstständig mache. Durch Bescheid vom 20.2.1998 hob die Beklagte die Bewilligung des Alg ab 1.12.1997 mit der Begründung auf, der Kläger übe eine mehr als kurzzeitige selbstständige Tätigkeit aus und sei daher zumindest ab 1.12.1997 nicht mehr arbeitslos. Den Widerspruch des Klägers, den dieser nicht begründete, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 12.6.1998 zurück.
Gegen diesen mit einfacher Post übersandten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 15.7.1998 beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben.
Die Beklagte hat nach vorheriger Anhörung des Klägers mit Bescheid (gem. § 96 SGG) vom 1.12.1998 die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 9.5. bis 30.6.1997 und vom 10.7. bis 29.11.1997 aufgehoben und die Erstattung von Alg und Beiträgen in Höhe von 11.335,74 DM begehrt.
Der Kläger hat seine Klage damit begründet, er sei ab Mai 1997 nicht in mehr als geringfügigem Umfang selbstständig tätig gewesen. Er habe zwar seit 1.12.1995 ein Gewerbe angemeldet gehabt (Vermittlung bzw. Verkauf von EU-Neuwagen). Nach seiner Arbeitsaufnahme im Januar 1996 habe er aber keinerlei Tätigkeit in diese Richtung ausgeübt. Er habe dann beabsichtigt, zum 1.7.1997 einen Kfz-Service einzurichten, dies sei aber an rechtlichen Auflagen gescheitert. Richtig sei, dass er bei der Firma S. in geringem Umfang Ersatzteile gekauft habe, weil er beabsichtigt habe, zum 1.1.1998 neben dem Auto-Service auch Kaffeemaschinen zu reparieren und möglicherweise zu verkaufen. Dies sei jedoch allenfalls als Hilfeleistung für Freunde, Bekannte und Verwandte gewesen, nicht dagegen gewerblich.
Das SG hat von der Firma S. die Auskunft vom 15.4.1999 eingeholt. Danach hat der Kläger seit dem 16.5.1997 Ersatzteile und Geräte bezogen, bis Dezember 1997 im Wert von 4.000,80 DM, bis April 1999 von insgesamt 11.395,38 DM. Der Kläger hat auf Anforderung des SG die von der Firma S. zur Verfügung gestellten Rechnungen von Mai 1997 bis Dezember 1997 vorgelegt (wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 21/23 bzw. Blatt 31/57 der Verwaltungsakten Bezug genommen).
Das SG hat sodann auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9.11.2000, bei der für den Kläger dessen Prozessbevollmächtigter erschienen war, durch Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 9.5. bis 30.6. und vom 10.7. bis 29.11.1997 zurückgenommen und vom Kläger die Erstattung von Alg und Beiträgen in Höhe von 11.335,74 DM begehrt. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alg hätten für die Zeit vom 9.5.1997 an nicht vorgelegen. Der Kläger sei nicht arbeitslos gewesen, denn er habe eine mehr als geringfügige selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Er habe in dieser Zeit Kaffeemaschinen repariert und verkauft. Es sei auch von einem zeitlichen Umfang von mehr als 15 Wochenstunden auszugehen. Auf den Aufhebungszeitraum entfielen 20 Rechnungen der Firma S., aus denen sich ergebe, dass der Kläger in großem Umfang Ersatzteile gekauft habe. Allein auf Grund der Menge der bezogenen Ersatzteile und der Höhe der Rechnungsbeträge müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger die selbstständige Tätigkeit im Umfang von mehr als 15 Wochenstunden ausgeübt habe. Soweit sich Zweifel im Hinblick auf den zeitlichen Umfang der selbstständige Tätigkeit ergäben, gehe dies zu Lasten des Klägers. Eine Umkehr der Beweislast sei deswegen eingetreten, weil der Kläger weder bei der Arbeitslosmeldung und Antragstellung am 9.5.1997 noch am 10.7.1997 eine selbstständige Tätigkeit angegeben habe. Noch am 19.12.1997 habe der Kläger angegeben, seit Beginn der Arbeitslosigkeit keinerlei selbstständige Tätigkeit ausgeübt zu haben. Der Kläger habe es damit der Beklagten unmöglich gemacht, vor bzw. während der Bewilligung von Leistungen den zeitlichen Umfang der selbstständigen Tätigkeit nachzuprüfen. Auf Vertrauensschutz könne sich der Kläger nicht berufen. Er habe grobfahrlässig unrichtige Angaben gemacht. Die Fristen seien eingehalten, die Erstattungsforderung sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Gegen dieses am 31.7.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.8.2001 Berufung eingelegt. Das Urteil sei bereits deshalb fehlerhaft und aufzuheben, weil es nicht mit Gründen versehen sei, nachdem es nicht innerhalb einer Frist von fünf Monaten nach seiner Verkündung schriftlich niedergelegt worden sei. Das Urteil sei auch in der Sache unrichtig. Aus den Rechnungen der Firma Saeco könne nicht auf einen zeitlichen Umfang der Tätigkeit des Klägers geschlossen werden. Der Kläger weist darauf hin, dass er die Ersatzteile in großem Umfang zur Vorbereitung seiner selbstständigen Tätigkeit am 1.1.1998 bezogen habe. Es sei insoweit auch keine Beweislastumkehr eingetreten, denn der Beklagten hätte es jederzeit freigestanden, vor Ort eine eventuelle Tätigkeit des Klägers zu überprüfen. Zweifel an den Angaben des Klägers hätten nicht für eine Aufhebung der Alg-Bewilligung ausgereicht.
Der Kläger stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgericht Konstanz vom 9. November 2000 und den Bescheid der Be- klagten vom 20. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 12. Juni 1998 sowie den Bescheid vom 1. Dezember 1998 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil in der Sache für zutreffend. Insbesondere verweist sie darauf, dass eine Beweislastumkehr eingetreten sei, weil der Kläger von Anfang an eine selbstständige Tätigkeit in Abrede gestellt habe. Der Kläger habe die Beklagte bewusst darüber getäuscht, dass er einer selbstständigen Tätigkeit nachgehe, dadurch habe er die Beklagte gerade davon abgehalten, Nachforschungen anzustellen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
Allerdings ist das angefochtene Urteil deswegen nicht mit Gründen versehen, weil es nicht binnen fünf Monaten nach seiner Verkündung schriftlich niedergelegt, von der Kammervorsitzenden unterschrieben und der Geschäftsstelle zur Zustellung übergeben worden ist (§ 134 Abs. 2 Satz 1 SGG, Gemeinsamer Senat, z. B. NJW 93,2603). Auch nicht begründete Urteile existieren jedoch und müssen angefochten werden, wie sich aus § 202 SGG i. V. m. § 547 Nr. 6 ZPO ergibt. Ob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil wegen dieses Formmangels jedoch aufhebt und die Sache an das SG zurückverweist, steht nach § 159 Abs. 1 SGG in seinem Ermessen. Im vorliegenden Fall sieht der Senat von einer Aufhebung und Zurückverweisung ab, weil zum einen Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nicht auf der mündlichen Verhandlung, vor allem einer Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Klägers beruhen - der Kläger war im Verhandlungstermin nicht anwesend -, sondern auf dem schriftlichen Akteninhalt. Zum anderen sieht der Senat auch aus Gründen der inzwischen verstrichenen Zeit von einer Aufhebung und Zurückverweisung ab und entscheidet stattdessen in der Sache selbst.
In der Sache ist die Berufung des Klägers nicht begründet. Das SG hat in den Entscheidungsgründen die hier anzuwendenden Rechtsnormen zutreffend zitiert. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug. Das SG hat im Ergebnis auch mit zutreffender rechtlicher Begründung die Klage abgewiesen, ebenso ist die Beweiswürdigung des SG im Ergebnis nicht zu beanstanden. Auch der Senat ist auf Grund eigener Überprüfung der Überzeugung, dass die Voraussetzungen für die Rücknahme der Alg-Bewilligung und für deren Aufhebung ab 1.12.1997 vorgelegen haben.
Der Kläger hat während des Alg-Bezuges von Mai bis November 1997 und auch im Dezember 1997 eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt. Er hat in dieser Zeit in ganz erheblichem Umfang Kaffeemaschinen repariert und wohl auch verkauft. Soweit der Kläger auch im Berufungsverfahren noch vorbringt, er habe in der Zeit von Mai bis Dezember 1997 keine selbstständige Tätigkeit ausgeübt, allenfalls für Verwandte oder Bekannte gelegentlich Ersatzteile beschafft, im Übrigen sich auf die selbstständige Tätigkeit ab Januar 1998 vorbereitet, ist dies keinesfalls glaubhaft. Das SG hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger, der bis April 1997 als Servicetechniker Kaffeemaschinen der Firma S. repariert und verkauft hat, alle Beziehungen und Kontakte sowie technischen Möglichkeiten hatte, um dies ab Mai 1997 auch weiterhin zu tun. Dass der Kläger auch keinesfalls nur gelegentlich für Verwandte oder Bekannte Ersatzteile beschafft hat, ergibt sich bereits aus der Rechnung (Lieferung) vom 27.5.1997. Danach hat der Kläger von vier verschiedenen O-Ringen je 10 Stück bestellt und von vier anderen O-Ringen je fünf Stück. Dies zeigt zum einen, dass der Kläger nicht nur vereinzelt oder gelegentlich Kaffeemaschinen repariert hat. Zum anderen belegt dies auch, dass der Kläger nicht nur vorbereitende Bestellungen für seine selbstständige Tätigkeit ab Januar 1998 getätigt hat. Denn von den O-Ringen 2018, von denen der Kläger am 27.5.1997 10 Stück geliefert bekam, erhielt er bereits am 21.8.1997 erneut 10 Stück geliefert. Dieses Beispiel ließe sich für andere Ringe und Teile ebenfalls wiederholen. Der Kläger hat danach nicht nur seine selbstständige Tätigkeit ab Januar 1998 vorbereitet, sondern eine selbstständige Tätigkeit laufend ausgeübt.
Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Umfang der selbstständigen Tätigkeit des Klägers während der gesamten Zeit mehr als 15 Wochenstunden betragen hat. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass alleine aus den Rechnungen der Firma S. noch nicht darauf geschlossen werden kann, dass der Umfang der selbstständigen Tätigkeit des Klägers mehr als 15 Wochenstunden betragen hat. Es sind jedoch die Gesamtumstände, auf die der Senat seine Überzeugung gründet. Der Gesamtumfang der dem Kläger gelieferten und in Rechnung gestellten Teile indiziert einen ganz erheblichem Umfang der selbstständigen Tätigkeit. Dem Kläger wurden in der Zeit von Mai bis Dezember 1997 Teile und Geräte in Gesamtumfang von etwa 4000 DM geliefert. Dies ist fast die Hälfte der in dieser Zeit bezogenen Lohnersatzleistung Alg. Da der Kläger in diesem Zeitraum von der Lohnersatzleistung auch gelebt haben muss, muss er aus seiner fortlaufend ausgeübten selbstständigen Tätigkeit Einkünfte bezogen haben, die ihrem Umfang nach nicht in weniger als 15 Wochenstunden erzielt werden konnten. Hinzukommt, dass der Kläger in der Zeit ab Januar 1998, also in der Zeit, in der er seine selbstständige Tätigkeit "jetzt definitiv" aufgenommen hatte, weder in größerem Umfang noch mit größerem Materialwert Lieferungen von der Firma S. bezog. Dies lässt zwanglos darauf schließen, dass der Umfang der selbstständigen Tätigkeit im Jahr 1997 nicht geringer war als im Jahr 1998. Dies bedeutet, dass diese selbstständige Tätigkeit, wenn sie 1998 einen Umfang hatte, der den Bezug von Alg ausschloss, sie auch im Jahr 1997 einen solchen Umfang hatte. Natürlich kann dem Kläger nicht Woche für Woche eine konkrete Anzahl von Arbeitsstunden nachgewiesen werden. Der Senat ist jedoch insgesamt davon überzeugt, dass der Umfang der selbstständigen Tätigkeit im gesamten Zeitraum mehr als 15 Wochenstunden betragen hat. Auf eine Umkehr der Beweislast kommt es insoweit nicht an.
Insgesamt erweist sich damit die Berufung des Klägers als unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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