L 7 R 5137/04

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 37/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 5137/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. August 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU).

Die 1951 in P. (Griechenland) geborene Klägerin, die ihren Angaben zufolge keine Berufsausbildung durchlaufen hat, gelangte - nach zeitweiligem Aufenthalt im Bundesgebiet (1964 bis 1966) sowie der Eheschließung in Griechenland - im Januar 1969 endgültig in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland; im August 1969 und August 1971 wurden die beiden Söhne geboren. Zuletzt war die Klägerin seit Januar 1972 als Spulenwicklerin bei einem Fertigungsbetrieb für Transformatoren in D. beschäftigt. Nach ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit ab 14. Juli 1999 (Krankengeldzahlung ab 16. Juli 1999) endete das Arbeitsverhältnis durch - arbeitsgerichtlich bestätigte - Arbeitgeberkündigung zum 31. Oktober 2004. Bis Mitte Dezember 2000 bezog die Klägerin Krankengeld, danach bis Dezember 2004 mit Unterbrechungen Leistungen wegen Arbeitslosigkeit (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe) und seit 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Bereits in der Zeit vom 29. April bis 2. Juni 1999 hatte die Landesversicherungsanstalt (LVA) Baden (bei zuvor seit 16. Februar 1999 bestehender Arbeitsunfähigkeit) in der Rehabilitationsklinik H. , B. , ein stationäres Heilverfahren durchgeführt, aus welchem die Klägerin als sofort arbeitsfähig entlassen worden war (Bericht des Chefarztes Dr. M. vom 24. Juni 1999; Entlassungsdiagnosen: Chronisch-rezidivierendes Halswirbelsäulensyndrom mit Cervicobrachialgie beidseits, Cervicocephalgie, chronisch-rezidivierendes lokales Lendenwirbelsäulensyndrom, depressive Verstimmung und Schmerzchronifizierung). Ein im Oktober 1999 nach Aufforderung durch die Krankenkasse gestellter Antrag auf nochmalige medizinische Leistungen zur Rehabilitation blieb nach medizinischen Ermittlungen (u.a. Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. B. und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie S. jeweils vom 22. Dezember 1999) erfolglos (bestandskräftiger Bescheid vom 28. Februar 2000). Die Klägerin ist als Schwerbehinderte anerkannt (Grad der Behinderung (GbB) von 60 seit März 1994, GdB von 70 seit März 2001).

Am 20. März 2000 beantragte die Klägerin Rente wegen EU oder Berufsunfähigkeit (BU). Die LVA Baden veranlasste gutachtliche Untersuchungen durch Facharzt für Orthopädie Dr. C. sowie erneut durch Neurologin und Psychiaterin S ... Dr. C. erachtete die Klägerin im Gutachten vom 1. August 2000 für körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnden Körperhaltungen, jedoch überwiegend im Sitzen, noch vollschichtig einsatzfähig. Nervenärztin S. , die in ihrem Gutachten vom 2. August 2000 auch das vorgenannte Gutachten verwertete, kam zum Ergebnis, dass die Klägerin körperlich leichte Arbeiten zu ebener Erde ohne häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, Überkopfarbeiten sowie ohne Wechsel- oder Nachtschicht, besonderen Zeitdruck und besondere geistige Anspannung noch vollschichtig verrichten könne. Durch Bescheid vom 15. August 2000 lehnte die LVA den Rentenantrag ab, weil die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig tätig sein könne. Der Widerspruch der Klägerin wurde ohne weitere Ermittlungen mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2000 zurückgewiesen.

Deswegen hat die Klägerin am 5. Januar 2001 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Das SG hat Facharzt für Orthopädie Dr. Co. , Facharzt für Innere Medizin Dr. F. sowie Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ma. als sachverständige Zeugen schriftlich gehört. Dr. Co. (Schreiben vom 23. Juli 2001) und Dr. F. (Schreiben vom 13. August 2001) haben über die Behandlungen der Klägerin seit Mai 2000 berichtet, Dr. Ma. (Schreiben vom 13. September 2001) hat zusätzlich eine Zunahme der "somatisiert depressiven und Schmerzsymptomatik" seit Herbst 2000 angegeben und ergänzend geäußert, dass er die Erwerbsfähigkeit der Klägerin für "schwer gefährdet" halte. Anschließend hat das SG Dr. Sc. , Chefarzt der Abteilung Psychiatrie I der Klinik R. in Ro. (Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie, Gerontopsychiatrie und Neurologie), als Sachverständigen beauftragt. In dem unter Mitarbeit von Oberärztin Dr. H. erstatteten Gutachten vom 8. April 2002 erachtete der Sachverständige die Klägerin - bei den Diagnosen eines episodischen Spannungskopfschmerzes sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leichter bis mittelgradiger Ausprägung bei degenerativem Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom und Adipositas - für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, im Wechsel mit Gehen und Stehen, ohne einseitige Belastung des rechten Armes, Überkopfarbeiten, Schicht- und Nachtarbeit, besonderen Zeitdruck, Akkord- und Fließbandarbeit sowie ohne Arbeiten im Freien halb- bis unter vollschichtig (mindestens sechs Stunden täglich) leistungsfähig; eine "Erwerbsunfähigkeit" liege nach seiner Einschätzung nicht vor. Auf die Einwendungen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Schw. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 20. Juni 2002 hat sich Dr. Sc. im Schreiben vom 12. Juli 2002 dahingehend geäußert, dass er sich in seiner Beurteilung zur Leistungsfähigkeit im Gutachten "nach neuem Recht" gerichtet habe; die Klägerin sei jedoch "eindeutig" noch in der Lage, regelmäßig 7,5 bis acht Stunden täglich zu arbeiten. Darauf hat das SG auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Univ.-Prof. Dr. Bu. , Ärztlicher Direktor der Klinik St. G. in Bad D. (Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie mit integrierter Neurologie und Psychotherapeutischer Medizin) zum Sachverständigen bestellt. Im Gutachten vom 17. September 2003 (Diagnosen: Mononeuropathia des Nervus radialis, Cervicalsyndrom mit cervicocephalem Syndrom, rezidivierende Lumboischialgie durch Bandscheibenschaden, postmenopausale Osteoporose mit Fischwirbelbildung Lendenwirbelkörper 1, Hypercholesterinämie, arzneimittelreduzierte Adipositas, algogenes Psychosyndrom) hat der Arzt die Auffassung vertreten, dass die Klägerin allenfalls körperlich leichte Arbeiten (zu ebener Erde, in wechselnder Haltung, ohne häufiges Bücken, Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne Wechsel- und Nachtschicht, besonderen Zeitdruck und besondere geistige Anspannung) nicht mehr als drei Stunden täglich verrichten könne und "befristet erwerbsunfähig" sei. Dem Gutachten ist die Beklagte unter Vorlage einer erneuten Stellungnahme des Beratungsarztes Schw. vom 12. Januar 2004 entgegengetreten. In seiner Äußerung hierzu vom 24. Februar 2004 ist Prof. Dr. Bu. dabei verblieben, dass es sich beim psychischen Krankheitsbild der Klägerin um ein organpathologisches Korrelat der angegebenen Beschwerden handele; aus Diagnose und Schweregrad der Erkrankung ergebe sich, sofern sich die Chronifizierung aufhalten lasse, die vorbeschriebene Leistungsminderung für einen zu begrenzenden Zeitraum. Auf Anforderung des SG hat Dr. Sc. eine nochmalige ergänzende Stellungnahme vom 27. Juni 2004 vorgelegt, in welcher er - unter Auseinandersetzung mit dem Gutachten des Prof. Dr. Bu. - bei seiner Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin für körperlich leichte Tätigkeiten von täglich 7,5 bis acht Stunden geblieben ist, wobei die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung dahingehend zu relativieren sei, dass diese allenfalls in leichter Ausprägung vorliege. Mit Urteil vom 26. August 2004 hat das SG, das - entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Klägerin (anders noch die Klageschrift vom 3. Januar 2001) - sowohl über eine Rente wegen EU als auch eine Rente wegen BU entschieden hat, die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das dem Bevollmächtigten der Klägerin am 19. Oktober 2004 zugestellte Urteil verwiesen.

Hiergegen richtet sich die am 12. November 2004 beim Landessozialgericht eingelegte Berufung der Klägerin. Sie hat vorgebracht, ihr Gesundheitszustand habe sich weiter verschlechtert; hierzu hat sie das Attest des Dr. F. sowie den Arztbrief des Facharztes für Orthopädie Dr. L. , beide vom 18. April 2006, zu den Akten gereicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. August 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2000 zu verurteilen, ihr ab 1. März 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Sie hat die beratungsärztliche Stellungnahme des Obermedizinalrats F. vom 10. Mai 2006 zu den Akten gereicht.

Der Senat hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG Chirurg/Unfallchirurg Dr. Sch. zum Sachverständigen bestellt. Im Gutachten vom 30. August 2005 ist der Arzt, der eine kernspintomographische Zusatzuntersuchung der rechten Schulter durch den Radiologen Dr. O. veranlasst hat, zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin - bei den Diagnosen eines deutlichen Verschleißleidens der unteren Halswirbelsäule, einer Verformung des 1. und 2. Lendenwirbelkörpers mit daraus resultierender Fehlstatik, eines deutlichen Verschleißleidens der unteren Lendenwirbelsäule, eines Verschleißleidens des rechten Schultergelenks und eines entzündlichen Verschleißleidens der Rotatorenmanschette rechts, einer Fettleibigkeit sowie eines beginnenden Verschleißleidens des rechten Kniegelenks und eines geringen Verschleißleidens der Kniescheibenrückfläche - körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, jedoch ohne überwiegendes Sitzen oder Stehen, noch vollschichtig verrichten könne; ausgeschlossen seinen Heben und Tragen schwerer Lasten über 10 kg (Lasten bis 10 kg nicht regelmäßig, jedoch ausnahmsweise), Zwangshaltungen, Arbeiten in gebückter Haltung, Überkopfarbeiten, ferner Tätigkeiten, die eine rasche Reaktion und ein schnelles Bewegen des Kopfes (z.B. im Kundenverkehr oder beim Autofahren) erforderten, sowie Tätigkeiten, die mit der Hand mit großer Kraft ausgeübt werden müssten.

Zur weiteren Darstelllung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände; 1 Rentenakte, 1 Reha-Akte), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat in der streitbefangenen Zeit keinen Anspruch auf die im Berufungsverfahren allein noch umstrittene Rente wegen EU. Eine Rente wegen BU wird von ihr - nachvollziehbar mit Blick auf ihren Berufsverlauf und die Qualität der zuletzt verrichteten beruflichen Tätigkeiten - nicht mehr verlangt; deswegen bedarf es keines weiteren Eingehens darauf, ob die erst in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 26. August 2004 auch auf diese Rentenart erstreckte Klage als Klageerweiterung zulässig gewesen wäre.

Maßgeblich für den erhobenen Anspruch ist vorliegend noch das bis 31. Dezember 2000 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (aufgehoben mit Wirkung vom 1. Januar 2001 durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998)); denn die Klägerin begehrt eine Rente wegen EU bereits ab 1. März 2000 (vgl. hierzu § 300 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI)). Versicherte haben gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI a.F. bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen EU, wenn sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für diese Rentenart sowie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und erwerbsunfähig sind. Hinsichtlich der Legaldefinition der EU wird auf § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. hingewiesen, dessen Wortlaut im angefochtenen Urteil wiedergegeben ist. Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI) hat die Klägerin erfüllt. Ferner wären die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Rente wegen EU (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 SGB VI a.F ...i.V.m. § 43 Abs. 3 und 4 SGB VI a.F.) ausweislich des Versicherungsverlaufs vom 7. Dezember 2004 gegeben, wenn die verminderte Erwerbsfähigkeit - wie von der Klägerin sinngemäß geltend gemacht - bereits mit der Krankschreibung im Juli 1999 eingetreten wäre; sie wären nach Aktenlage jedoch auch noch bei einem erst mit der Rentenantragstellung oder noch später bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingetretenen Leistungsfall erfüllt. Die beachten ist außerdem die Vorschrift des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F. (Fassung durch Gesetz vom 2. Mai 1996 (BGBl. I S. 659)); danach ist bei einem vollschichtigen Leistungsvermögen die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. dazu allgemein Bundessozialgericht (BSG) - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff. = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen EU, weil sie in der streitbefangenen Zeit nicht erwerbsunfähig gewesen ist.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin berühren in erster Linie das psychiatrisch-neurologische und orthopädische Fachgebiet; sie führen jedoch zu keinen die begehrte Rente begründenden Funktionseinschränkungen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens leidet die Klägerin an deutlichen verschleißbedingten Veränderungen der unteren Hals- und der unteren Lendenwirbelsäule mit Cervicobrachialgie und Lumboischialgie, an keilförmigen Deformierungen des 1. und 2. Lendenwirbelkörpers mit Achsknick der Rumpfwirbelsäule und entsprechender Fehlstatik, an - kernspintomographisch am 11. Juli 2005 nachgewiesenen - Verschleißerscheinungen im Bereich der rechten Schulter im Sinne einer Impingementsymptomatik (hypertrophe Arthrose des rechten Schultereckgelenks, Einengung des Raumes unter dem Schulterdach, entzündliche Degeneration der Rotatorenmanschette), an einer beginnenden medial betonten Kniegelenksarthrose rechts mehr als links sowie an Übergewicht. Eine radikuläre Symptomatik im Bereich der oberen und unteren Extremitäten haben die Sachverständigen Dr. Sc. und Dr. Sch. - ebenso schon früher Dr. Ma. (Berichte vom 14. September 1999, 13. März 2000, 11. Dezember 2001) - verneint; auch Prof. Dr. Bu. sowie zuletzt wieder Dr. Ma. und Dr. L. (Arztbriefe vom 21. September 2004 und 18. April 2006) haben auf eine solche Symptomatik nicht abgehoben. Das sowohl bei Dr. Sc. als auch bei Prof. Dr. Bu. , Dr. Ma. und Dr. L. positive Lasègue-Zeichen ist - wie Obermedizinalrat F. in der vom Senat (wie sämtliche von der Beklagten vorgelegten prüfärztlichen Äußerungen) als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen zu verwertenden Stellungnahme vom 10. Mai 2006 schlüssig dargestellt hat - nicht zwingend mit Nervenwurzelreizerscheinungen in Verbindung zu bringen und im Übrigen bei dem von Dr. L. beschriebenen Grad von 60 auch nicht von einem quantitative Leistungseinschränkungen bedingenden Ausmaß. Die Diagnose des Sachverständigen Prof. Dr. Bu. , der die auch von Dr. Sch. gefundene eingeschränkte Supinationsbewegung des rechten Unterarms als "Mononeuropathia (multiplex?) des Nervus radialis (Ramus profundus) im Sinne eines Supinatorlogensyndroms, wohl mit ulnarer Beteiligung" gedeutet hat, ist vom Sachverständigen Dr. Sc. (Stellungnahme vom 27. Juni 2004) wie schon zuvor von Beratungsarzt Schw. (Stellungnahme vom 12. Januar 2004) überzeugend widerlegt worden; bei einem solchen Syndrom ist die Supination gerade nicht beeinträchtigt. Ein Carpaltunnelsyndrom konnte bereits durch Dr. Ma. ausgeschlossen werden. Die von Prof. Dr. Bu. und Dr. F. (Attest vom 18. April 2006) - widersprüchlich Dr. L. - diagnostizierte Osteoporose ist so nicht verifizierbar; die Knochendichtemessung am 6. August 2002 ergab eine mäßige Erniedrigung der Kalksalzdichte im Bereich der Lendenwirbelsäule als Ausdruck eine Osteopenie (vgl. Bericht des Radiologen Dr. Mä. vom 7. August 2002). Demgemäß hat Dr. Sch. keinen ausreichenden Anhalt für eine Osteoporose gesehen; er hat typische Osteoporosebeschwerden bei der Klägerin verneint.

Bezüglich des psychischen Befundes haben sowohl Dr. Sc. als auch Prof. Dr. Bu. eine depressive Erkrankung ausgeschlossen. Während der letztgenannte Sachverständige indes von einem - nach Darstellung von Dr. Sc. und Nervenarzt Schw. nicht mehr gebräuchlichen (deskriptiven) Begriff des - "algogenen Psychosyndroms" im Sinne von sekundären Veränderungen der Psyche auf Grund dauerhafter schwerer und therapieresistenter Schmerzen ausgegangen ist, hat Dr. Sc. die Diagnose einer somatoformen Schmerzstörung nach der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD 10 F 45.4) gestellt, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass Schmerzen in Verbindung mit emotionalen Konflikten oder psychosozialen Problemen ohne ausreichendes somatisches Korrelat auftreten. Zu Recht hat indessen bereits Nervenarzt Schw. darauf hingewiesen, dass allein die diagnostische Einordnung des Krankheitsbildes der Klägerin für die Bewertung der Leistungsfähigkeit nicht ausschlaggebend ist. Im Übrigen haben auch Dr. Ma. (Schreiben vom 13. September 2001, Bericht vom 21. September 2004) von einer Somatisierung, Dr. Co. (Schreiben vom 23. Juli 2001) von einer funktionellen, Dr. F. (Attest vom 18. April 2004) von einer psychosomatischen Überlagerung gesprochen; wie bereits Dr. Ma. haben Dr. F. und Dr. L. eine psychotherapeutische Mitbehandlung empfohlen. Die von Dr. L. angegebene Fibromyalgie ist nach den schlüssigen Ausführungen von Obermedizinalrat F. bei fehlenden anamnestischen Erhebungen zu Dauer und vegetativen Begleiterscheinungen des für dieses Krankheitsbild typischen Schmerzgeschehens (einschließlich Prüfung der Druckschmerzhaftigkeit der definierten "Tender points") nicht nachvollziehbar, wobei ohnehin Überlappungen mit dem Beschwerdebild der Somatisierungsstörungen bestehen. Nach der - im Übrigen auch von Dr. Sch. geteilten - Diagnose des Sachverständigen Dr. Sc. bestehen darüber hinaus episodische Spannungskopfschmerzen. Die am 14. Juni 2002 im Kreiskrankenhaus Ro. durchgeführte Schilddrüsenoperation bei euthyreoter Struma nodosa (mit autonomem Adenom rechts) verlief erfolgreich.

Damit sind die Gesundheitsstörungen der Klägerin vollständig erfasst; weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen hat sie selbst nicht geltend gemacht. In Anbetracht der überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. Sc. und Dr. Sch. , die sorgfältig, gewissenhaft und gründlich erarbeitet sind und im Übrigen in der Leistungsbeurteilung weitestgehend mit den früheren - urkundenbeweislich zu verwertenden (vgl. BSG SozR Nr. 66 zu § 128 SGG) - Äußerungen der von der Beklagten im Rehabiltations- und Rentenverfahren beauftragten Ärzte Dr. B. , Dr. C. und S. übereinstimmen, und weil darüber hinaus die Mängel des Gutachtens von Prof. Dr. Bu. von Dr. Sc. in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 27. Juni 2004 schlüssig und nachvollziehbar dargestellt sind, besteht keine Veranlassung, der in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2006 vorgebrachten Beweisanregung der Klägerin auf nochmalige Einholung eines Gutachtens nachzugehen (vgl. hierzu § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 412 Abs. 1 der Zivilprozessordnung).

Die bei der Klägerin vorhandenen Gesundheitsstörungen bewirken keine Einschränkung ihres Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Senat schließt sich insoweit der Beurteilung der Sachverständigen Dr. Sc. und Dr. Sch. , der Rentengutachter Dr. C. und S. sowie der Beratungsärzte Schw. und F. an, welche - was in Anbetracht von Art und Ausmaß der bei der Klägerin vorhandenen Gesundheitsstörungen überzeugend ist - nur qualitative Leistungseinschränkungen befürwortet haben. Bereits in den früheren Rehabilitationsverfahren war die Klägerin mit Funktionseinschränkungen für vollschichtig leistungsfähig erachtet worden (vgl. Entlassungsbericht des Dr. M. vom 24. Juni 1999, Gutachten Dr. B. und S. vom 22. Dezember 1999). Lediglich der nach § 109 SGG beauftragte Sachverständige Prof. Dr. Bu. hat quantitative Einschränkungen gesehen, ohne dies jedoch nachvollziehbar zu begründen, wobei er im Gutachten vom 17. September 2003 im Übrigen seine Einschätzung selbst dahingehend relativiert hat, dass er - unter Verwendung von Rechtsbegriffen - davon ausgegangen ist, dass die Klägerin "befristet erwerbsunfähig" sei, und auch in seiner Stellungnahme vom 24. Februar 2004 von einer Leistungsminderung für einen "zu begrenzenden Zeitraum" gesprochen hat. Von den behandelnden Ärzten der Klägerin hat sich allein Dr. Ma. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 13. September 2001 zur Leistungsfähigkeit der Klägerin geäußert; dabei hat er freilich die Erwerbsfähigkeit lediglich als "schwer gefährdet" eingeschätzt, ohne quantitative oder qualitative Einschränkungen zu nennen.

Hinsichtlich des zu beachtenden positiven und negativen Leistungsbildes würdigt der Senat die schlüssigen ärztlichen Äußerungen dahingehend, dass die Klägerin körperlich leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen, jedoch ohne überwiegendes Sitzen oder Stehen, sowie zu ebener Erde noch vollschichtig verrichten kann. Ausgeschlossen sind Arbeiten im Freien, Heben und Tragen von mittelschweren oder schweren Lasten, überwiegend einseitige Körperhaltungen und Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten sowie Arbeiten mit einseitiger Belastung des rechten Armes oder mit Beanspruchung großer Kraftentfaltung im Bereich der Hände, rasche und schnelle Bewegungen des Kopfes erfordernde Tätigkeiten, häufiges Bücken sowie Betätigungen in gebückter Haltung, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, im Akkord oder am Fließband sowie in Wechsel- oder Nachtschicht, außerdem Tätigkeiten mit besonderer geistiger Anspannung oder mit häufigem Publikumsverkehr. Die Notwendigkeit zu Arbeitsunterbrechungen in einem das betriebsübliche Maß übersteigenden Rahmen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 11/96 - (juris)) hat keiner der befragten Ärzte beschrieben. Ferner besteht zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen Dr. Sch. auch eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Gehfähigkeit (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10) nicht. Der schwerbehindertenrechtlich anerkannte GdB ist für die gesetzliche Rentenversicherung ohne Bedeutung, da dort Bewertungsmaßstab im Wesentlichen die körperlichen Auswirkungen der Behinderung sind und der GdB sonach das Maß der Beeinträchtigung der gesundheitlichen Unversehrtheit angibt, während für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu prüfen ist, ob und inwieweit das gesundheitliche Vermögen der Versicherten eine erwerbsbringende Arbeit noch zulässt.

Gründe, die trotz eines quantitativ uneingeschränkten Leistungsvermögens ausnahmsweise einen Anspruch auf Rente wegen EU rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Eine Ausnahme von der bei vollschichtig leistungsfähigen Versicherten entbehrlichen Pflicht zur Benennung von Verweisungstätigkeiten ist nur dann gegeben, wenn qualitative Leistungsbeschränkungen vorliegen, die eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12), oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil die Versicherte nicht in der Lage ist, noch unter betriebsüblichen Bedingungen Tätigkeiten zu verrichten oder ihre Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139). Derartige letztgenannten beiden Gründe für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liegen nach dem Beweisergebnis nicht vor. Ebenso wenig stellt das bei der Klägerin zu beachtende positive und negative Leistungsbild eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 13 RJ 35/97 R - (juris)). Eine Vielzahl der bei der Klägerin zu beachtenden qualitativen Einschränkungen ist bereits vom Begriff der "körperlich leichten Arbeiten" erfasst, z.B. Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, Arbeiten ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, keine Überkopfarbeiten (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; BSG, Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 91/96 - und vom 24. März 1998 - 4 RA 44/96 - (beide juris)); regelmäßig stellen derartige Arbeitsplätze auch keine besonderen Anforderungen an die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Nicht gedeckt sind die verbleibenden Einschränkungen (z.B. kein erheblicher Zeitdruck, keine Tätigkeiten mit besonderer geistiger Anspannung, keine Arbeiten mit Publikumsverkehr); sie führen jedoch zu keiner wesentlichen zusätzlichen Einschränkung des für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsfeldes (vgl. hierzu BSGE 80, 24, 32). Körperlich leichte Arbeiten werden nicht typischerweise unter diesen Bedingungen ausgeübt. Etwaige häufigere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bewirken für sich allein im Übrigen noch keine verminderte Erwerbsfähigkeit (vgl. BSGE 9, 192, 194; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12 S. 23).

Auch das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen Erwerbsminderung geltende Recht (§ 43 SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)) vermag das Begehren der Klägerin nicht zu begründen, weil durch diese Rechtsänderung die Voraussetzungen für derartige Rentenansprüche grundsätzlich verschärft, keinesfalls aber erleichtert worden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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