S 14 RJ 127/02

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 14 RJ 127/02
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zum Sinn und Zweck von geleisteten Anwartschaftsgebühren für Zeiten des Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges im Beitrittsgebiet.
2. Zur Mißbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung im Sinne des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG bei (auch äußerlich) verschlossenen, für die (schlichte) Aufnahme von Erkenntnissen nicht bereiten und auf einem (argumentativ niedrigen) Ausgangsniveau verharrenden Personen mit Verhaltensweisen, die den (äußersten) Rand allgemeiner Umgangsformen und der Rechtsordnung tangieren.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Dem Kläger werden 150,00 EUR Gerichtskosten auferlegt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über ein Recht des Klägers auf Altersrente für schwerbehinderte Men-schen unter Berücksichtigung von Zeiten des Strafvollzuges im Beitrittsgebiet.

Der am 1941 geborene Kläger war vom 1957 bis 1958, 1959 bis 1960, 1961 bis 1963 und. 1964 bis 1971 zum Vollzug von Strafen inhaftiert. Dabei hatte er jeweils in den Haftanstalten Arbeiten zu verrichten. Aufhebungen der strafrechtlichen Entscheidungen liegen weder vor noch wurden sie geltend gemacht.

Von 1993 bis 2003 war der Kläger selbständig tätig. Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestand für diese Tätigkeit nicht. Seit 2003 bezieht er Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz.

Ein Grad der Behinderung von 50 ist ab 1992 anerkannt.

Am 7. Juni 2001 machte der Kläger bei der Beklagten die Leistung der Altersrente für Schwerbehinderte geltend.

Mit Bescheid vom 22. August 2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die erforderliche Wartezeit von 35 Jahren (420 Monaten) sei mit anrechenbaren Zeiten von 25 Jahren und 8 Kalendermonaten (308 Monaten) nicht erfüllt.

Dagegen erhob der Kläger am 30. August 2001 Widerspruch. Er habe 11 Jahre und 6 Monate (138 Monate) Freiheitsentzug verbüßt. Dabei habe Arbeitszwang bestanden. Auf den Entlas-sungsscheinen sei jeweils vermerkt worden, Rentenanwartschaftsgebühren von ... bis ... wur-den entrichtet. Damit habe er 37 Jahre und 4 Monate (448 Monate) - mathematisch richtig: 37 Jahre und 2 Monate (446 Monate) - rentenrechtliche Zeiten zurückgelegt. Die Wartezeit sei somit erfüllt.

Mit Bescheid vom 12. Februar 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Berück-sichtigung der Haftzeiten als Beitragszeiten sei ausgeschlossen. Anwartschaftsgebühren seien keine Beiträge im Sinne des Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI).

Hiergegen richtet sich die Klage vom 5. März 2002.

Am 2. September 2002 begehrte der Kläger bei der Beklagten die Berücksichtigung von Kin-dererziehungszeiten für 1974, 1977 und 1983 geborene Kinder. Eine Abtretungserklärung seiner (von ihm geschiedenen) Ehefrau vom 6. September 2002 legte er hierzu vor.

Mit Bescheid vom 21. März 2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Kindererzie-hungs- und -berücksichtigungszeiten ab. Diese seien bereits für die Mutter der Kinder berück-sichtigt worden. Dessen ungeachtet führe eine Anerkennung dieser Zeiten nicht zur Erfüllung der Wartezeit. Es bleibe vielmehr bei 308 Monaten nachgewiesenen Beitrags- und Anrech-nungszeiten. Der Bescheid werde Gegenstand des Verfahrens.

Das Gericht hat dem Kläger eine (rechtskräftige) Entscheidung des Thüringer Landessozial-gerichtes (LSG) vom 20. Februar 1997 (L 2 J 153/96) übersandt sowie ihn schriftlich (Schrei-ben vom 23. Mai 2002) und mündlich im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2004 auf die Rechtslage hingewiesen. Im vorgenannten Termin hat die Kammer mit dem Kläger des weiteren eine weitere (rechtskräftige) Entscheidung des Thüringer LSG vom 15. März 2000 (L 6 RJ 126/98) und eine des LSG Sachsen-Anhalt vom 14. Februar 2002 (L 3 RJ 104/01) erörtert. Der Kläger wurde darüber hinaus auf die beabsichtigte Auferlegung von Ge-richtskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen. Die Voraussetzungen hierzu wurden ihm erläutert.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Erörterungen und Hinweise im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2004 wird auf die Niederschrift hierzu verwiesen.

Der Kläger ist der Auffassung, er habe ein Recht auf Altersrente für schwerbehinderte Men-schen. Die Differenzierung zwischen Anwartschaftsgebühren und Beiträgen sei (bundesdeut-sche) Wortspielerei. Die (bundesdeutsche) Rechtslage sei ihm bewusst. Diese Wiedervereini-gungskriminalität werde er nicht dulden. Es gehe für ihn und viele andere um die Klärung und das Erkennen, wer sich an dieser Rechtsbeugung beteilige. Er benötige ein rechtskräftiges Urteil dieser Gerichtsbarkeit. Dieses werde der Erbteil für seine Kinder sein.

Der Kläger stellt den Antrag zu Ziffer 1 aus der Niederschrift vom 5. März 2002.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig. Sie habe den Kläger bereits mehr-fach über das geltende Recht aufgeklärt. Auf diese Ausführungen werde verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Klagebegehren (§ 123 SGG) ist, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Au-gust 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2002 in der Fassung des Bescheides vom 21. März 2003 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 1. August 2001 Alters-rente für schwerbehinderte Menschen (vor dem 1. Juli 2001: Schwerbehinderte) zu leisten.

Der Kläger hat kein Recht auf diese (oder eine andere) Rente (wegen Alters).

Nach § 34 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte nur Anspruch auf Rente, wenn die für die jewei-lige Rente erforderliche Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt ist und die jeweiligen besonderen versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen vorliegen.

Ein Recht auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen haben nach § 236a Satz 1 SGB VI Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, wenn sie u.a. die Wartezeit von 35 Jah-ren erfüllt haben, vgl. auch § 50 Abs. 4 Nr. 2 und (hinsichtlich eines Rechtes auf Rente für langjährig Versicherte) § 236 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. Auf diese Wartezeit werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten und auch Kalendermonate mit Ersatzzeiten an-gerechnet, vgl. § 50 Abs. 3f SGB VI.

Die Anwendbarkeit der Vorschriften des SGB VI ergibt sich aus § 300 Abs. 1 SGB VI.

Unter Zugrundelegung des geltenden Rechtes hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu leisten. Denn die Wartezeit von 35 Jahren (420 Kalendermonate) erfüllt der Kläger nicht. Völlig zutreffend hat die Beklagte wie-derholt hierauf und die Ursachen hierfür hingewiesen, vgl. zB Bescheid vom 22. August 2001, Schreiben vom 6. September 2001, Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2002 und Bescheid vom 21. März 2003. Danach sind für den Kläger bisher nur 25 Jahre und 8 Kalen-dermonate (mithin insgesamt 308 Kalendermonate) als rentenrechtliche Zeiten anrechenbar. Denn zum einen ist für den Kläger seit August 1993 keine rentenrechtliche Zeit im Sinne des § 54 SGB VI mehr anrechenbar. Damit scheidet im Übrigen ebenso ein Recht auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit aus, vgl. § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI. Seit August 1993 erfüllte der Kläger keinen Tatbestand für eine rentenrechtliche Zeit. Dies beruht vor allem auf der in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfreien selbständigen Tätigkeit von August 1993 bis Juni 2003 und dem anschließenden Bezug von Leistungen nach dem Bundessozial-hilfegesetz. Der Zeitraum ab August 1993 steht hier nicht im Streit. Zum anderen hat die Be-klagte rechtmäßig die hier streitigen und oben genannten Zeiten des Freiheitsentzuges des Klägers im Zeitraum von Juni 1957 bis März 1971 (insgesamt ca. 142 Kalendermonate) nicht als rentenrechtliche Zeiten nach dem SGB VI angerechnet. Denn hierfür gibt es im geltenden und anwendbaren Recht keine Rechtsgrundlage. Auf die zutreffenden Ausführungen der Be-klagten in den oben genannten Bescheiden wird insoweit ohne inhaltliche Einschränkungen gemäß 136 Abs. 3 SGG verwiesen.

Ergänzend hierzu wird nur noch auf folgendes hingewiesen:

Nach den Tatbeständen der §§ 54 Abs. 1 Nr. 1, 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI setzen Bei-tragszeiten voraus, daß nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind oder Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Dem stehen gemäß § 248 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI Zeiten gleich, für die Beiträge zu einem Sys-tem der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht gelten-den Rechtsvorschriften gezahlt worden sind. Beitragszahlungen erfolgten im streitgegenständ-lichen Zeitraum vom oder für den Kläger nicht. Denn nach dem damals geltenden Recht übten Strafgefangene (mit Ausnahme von bestimmten Personen in der Zeit vom 8. April 1952 bis 30. Juni 1954) während eines Arbeitseinsatzes im Strafvollzug der Deutschen Demokrati-schen Republik (DDR) keine Beschäftigung aus, für die Beiträge zur Sozialpflichtversiche-rung entrichtet wurden (und werden konnten). Vielmehr wurden ab dem 1. Juli 1954 für alle Strafgefangenen nur noch Anwartschaftsgebühren von monatlich 1,- DM (später Mark der Deutschen Notenbank - MDN / Mark der DDR) entrichtet, vgl. ausführlicher zur Rechtsent-wicklung zB Weser, Versicherungs- und Beitragsrecht der Sozialversicherung in der DDR, 2. Auflage 1983, Seite 73ff. Anwartschaftsgebühren sind jedoch nach übereinstimmender Auf-fassung im Schrifttum, vgl. zB Kass-Komm-Polster, Band 2, Stand August 2002, § 248 SGB VI Rn 34 und Beitragszeiten im Beitrittsgebiet, Mitteilungen der bayerischen Landesversiche-rungsanstalten, 9/2003, Seite 421, 427f unter 5.4, sowie der Rechtsprechung, vgl. die oben erwähnten Entscheidungen des Thüringer LSG und LSG Sachsen-Anhalt, keine Beiträge im Sinne des § 248 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI. Denn (grundsätzliche) Voraussetzung hier-für ist ein versicherungspflichtiges Arbeitsrechtsverhältnis, welches Versicherungsschutz (Gewährung von Sach- und Geldleistungen) und eine Beitragspflicht (für Werktätige im Re-gelfall 10% vom monatlichen beitragspflichtigen Bruttoverdienst) begründete. Derartige Ar-beitsrechtsverhältnisse konnten die Strafgefangenen (mit Ausnahme von bestimmten Strafge-fangenen während der oben genannten Zeiten) nicht begründen. Sie waren zwar zur Arbeits-leistung verpflichtet (später Verwirklichung des Rechts auf Arbeit genannt), vgl. zB § 4 Abs. 2 des Gesetzes über den Vollzug der Strafen mit Freiheitsentzug und über die Wiedereinglie-derung Strafentlassener in das gesellschaftliche Leben vom 12. Januar 1968 - Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz - SVWG - (DDR-GBl. Teil I Nr. 3, S. 109) und §§ 2 Abs. 2, 5f, 21ff des Gesetzes über den Vollzug der Strafen mit Freiheitsentzug - StVG - vom 7. April 1977 (DDR-GBl. Teil I Nr. 11, S. 109). Der Arbeitseinsatz begründete für die Strafgefange-nen jedoch kein Arbeitsrechtsverhältnis, so zB ausdrücklich § 22 Abs. 2 Satz 3 StVG. Damit waren die Strafgefangenen in der Sozialversicherung nicht pflichtversichert, vgl. zB § 14 Abs. 1 der Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten (SVO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II Nr. 83, S. 533), § 7 Abs. 1 Satz 1 SVO vom 14. November 1974 (DDR-GBl. I Nr. 58, S. 531) und (zuletzt bis Dezember 1991 geltend) § 2 Abs. 1 Satz 1 SVO vom 17. November 1977 (DDR-GBl. I, S. 373). Vor diesem Hintergrund offenbart sich der Sinn und Zweck der Leistung von Anwartschaftsgebühren. Denn ein Anspruch auf Sach- und Geldleistungen der Sozialversicherung bestand nur, wenn der Leistungsfall (später ge-nannt: Leistungserhalt, wenn der Anspruch bzw. die Voraussetzungen für den Anspruch) während der Dauer der Pflichtversicherung eingetreten ist (sind), vgl. zB § 16 Abs. 1 SVO 1961, § 17 Abs. 1 SVO 1974 und § 6 Abs. 1 SVO 1977. Mangels eines Arbeitsrechtsverhält-nisses bestand für die Strafgefangenen somit grundsätzlich kein Versicherungsschutz, wenn während des Freiheitsentzuges ein Versicherungsfall (zB Krankheit, Invalidität, Alter) einge-treten ist. Sie hatten kraft Gesetzes vielmehr nur Anspruch auf medizinische Betreuung sowie Sachleistungen, vgl. zB § 4 Abs. 4 SVWG und § 43 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StVG. Somit bestand grundsätzlich kein Anspruch auf Geldleistungen (wie zB Gewährung von Renten und Pflege-geldern) aus der Sozialversicherung, wenn der (jeweilige) Versicherungsfall (bei Renten zB Eintritt von Invalidität oder Vollendung eines gesetzlich bestimmten Lebensjahres) während des Strafvollzuges eingetreten ist. Dieser (Versorgungs-) Mangel konnte durch Zahlung von Anwartschaftsgebühren beseitigt werden. Diese bewirkten (grundsätzlich) nichts anderes, als die (bisher) erworbenen Ansprüche zu unveränderten Bedingungen aufrechtzuerhalten, so zB die Formulierung in § 2 Abs. 2 der Verordnung über die Neuregelung der freiwilligen Versi-cherungen in der Sozialversicherung vom 25. Juni 1953 (DDR-GBl. Nr. 80, S. 823). Rechts-grundlage für das Recht auf Zahlung von Anwartschaftsgebühren war insoweit § 2 Abs. 3 Alt. 2 der vorgenannten Verordnung. Damit erhellt sich ohne weiteres, daß die Differenzierung zwischen Beiträgen (im Sinne des § 248 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI) einerseits und Anwartschaftsgebühren für Zeiten des Strafvollzuges andererseits ihren tieferen Hintergrund hat, berechtigt ist und keine Wortspielerei darstellt. Beiträge im Sinne der SVO’en, die den Tatbestand des § 248 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI erfüllen könnten, hat in den hier strei-tigen Zeiten weder der Kläger gezahlt noch wurden oder gelten sie für ihn als gezahlt. Somit war die Beklagte weder verpflichtet noch befugt, insoweit Beitragszeiten anzurechnen. Denn (auch) die Beklagte ist an Gesetz und Recht gebunden (vgl. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG).

Nichts anderes gilt unter Würdigung der (späteren) Gleichstellung von Zeiten des Arbeitsein-satzes während des Strafvollzuges mit Zeiten einer versicherungspflichtigen Tätigkeit, vgl. zB § 6 Abs. 3 StVG und § 1 der 5. Verordnung über die Gewährung von Renten der Sozial-pflichtversicherung - Rentenverordnung - vom 25. Januar 1990 (DDR-GBl. I, S. 24). Durch die vorgenannte Verordnung wurde § 2 Abs. 2 der RVO vom 23. November 1979 (DDR-GBl. I, S. 410) (u.a.) um den Buchstaben q ergänzt. Als versicherungspflichtige Zeit galten danach Zeiten des Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges. Diese Gleichstellung hätte es im üb-rigen nicht bedurft, wenn für diese Zeiten bereits eine Versicherungspflicht bestanden hätte, was wiederum die vorgenannten Ausführungen bestätigt. Rechtsfolge dieser gesetzlichen Vorschriften war u.a. die Berücksichtigung der Zeiten des Arbeitseinsatzes während des Strafvollzuges bei der Berechnung der (Alters-) Rente (anderes ausgedrückt: der Rentenhöhe bzw. des Rentenzahlbetrages). Denn damit konnte sich u.a. die Anzahl der Jahre versiche-rungspflichtiger Tätigkeit erhöhen, was Auswirkungen auf die Berechnung der (Alters-) Rente hatte, vgl. zB § 5 Abs. 1 b) und Abs. 2 b) RVO 1979. Eine Fiktion von Beitragszahlungen im oben genannten Sinne wurde damit weder beabsichtigt noch bewirkt. Diese (und andere die Versicherten der DDR begünstigenden) Regelungen wurden durch den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - (EV) vom 31. August 1990 (BGBl. II, S. 889) verfassungsrechtlich für einen Übergangszeitraum geschützt. Denn zum einen wurde der Bundesgesetzgeber gemäß Art. 30 Abs. 5 Satz 1 EV zwar ermächtigt, die Einzelheiten der Überleitung des SGB VI auf das Beitrittsgebiet durch ein Bundesgesetz zu regeln. Zum anderen wurden jedoch nach Art. 30 Satz 2 EV für die Personen bestimmte bestandsschützende Regelungen für (zeitlich be-grenzt) anwendbar erklärt, deren Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 30. Juni 1995 beginnt. Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat die-sen Zeitraum auf den 31. Dezember 1996 erweitert, vgl. Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung - Ren-tenüberleitungsgesetz - RÜG. Nach diesem Gesetz hätte der Kläger (abgesehen von einem Anspruch auf Invalidenrente, für dessen Voraussetzungen keine Anhaltspunkte vorliegen) auch erst bei Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Altersrente gehabt, vgl. Art. 2 § 4 Abs. 1 RÜG. Im Unterschied zum Recht nach dem SGB VI wären dabei (wie ausgeführt aus Vertrauensschutzgründen) Zeiten des Einsatzes zur Arbeit während des Strafvollzuges zwar berücksichtigungsfähig gewesen, vgl. Art. 2 § 19 Abs. 2 Nr. 13 RÜG. Inwieweit sich daraus jedoch im Vergleich zur Regelaltersrente nach dem SGB VI eine andere (vor allem höhere) Rente ergeben könnte, ist angesichts der völlig differenzierten Berechnungsgrundlagen zur Bestimmung der Rentenhöhe (des Rentenwertes) hier weder bestimmbar noch tatsächlich oder rechtlich entscheidungserheblich. Denn der Kläger hat bisher weder sein 65. Lebensjahr vollendet noch kann Art. 2 RÜG für ihn (noch) anwendbar sein, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 3 des Ge-setzes (Rentenbeginn bis zum 31. Dezember 1996 als Anwendungsvoraussetzung). Aus die-sen Gründen kann sich der Kläger nicht einmal ansatzweise auf einen vertrauensschützenden Tatbestand im Zusammenhang mit der beitrittsbedingten Rentenüberleitung berufen. Vorsorg-lich (Erreichen des 65. Lebensjahres) wird darauf hingewiesen, daß die Stichtagsregelung in Art. 2 § 1 Abs. 1 Nr. 3 RÜG nach ständiger Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit mit dem GG vereinbar ist, vgl. aus jüngerer Zeit zB Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 21. November 2001 - B 8 KN 6/00 R - SozR 3-2600 § 248 Nr. 9, mwN.

Sonstige verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen des Klägers sind ebenso nicht ver-letzt.

Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Denn der Schutz(bereich) des Art. 14 Abs. 1 GG erstreckt sich allein auf die nach Maßgabe des EV ausgestalteten und als Rechts-positionen der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannten Ansprüche und Anwartschaften (u.a.) aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR, ständige Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichtes (BVerfG) seit dem (Leit-)Urteil vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95; 1 BvR 2105/95 - SozR 3-8570 § 10 Nr. 3, vgl. zB auch Beschlüsse vom 2. Juli 2002 - 1 BvR 2544/95, 6. August 2002 - 1 BvR 586/98 oder 13. Dezember 2002 - 1 BvR 1144/00, je http://www.bverfg.de/entscheidungen. Eine derartige Ausgestaltung als subjektives vermö-genswertes Recht im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG ist für die oben genannten Anwartschafts-gebühren durch den EV nicht erfolgt. Sie (die Anwartschaftsgebühren, nicht die Zeiten des Arbeitseinsatzes) wurden (ja auch) bei der Berechnung der Rente nach den Vorschriften der DDR nicht berücksichtigt, wie bereits oben dargelegt wurde.

Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes ist ebenso nicht erkennbar. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Im Kernsystem der gesetz-lichen Rentenversicherung des SGB VI, vgl. näher hierzu zB BSG, Beschluss vom 16. No-vember 2000 - B 4 RA 3/00 R - JURIS, ist die Berücksichtigung von fiktiven, mithin nie er-zielten Verdiensten weder vorgesehen noch (systemgerecht) zulässig. Des weiteren findet eine Gleichbehandlung des Klägers mit Strafgefangenen im (auch sog. alten) Bundesgebiet gerade statt. Denn der Arbeitseinsatz von Strafgefangenen führt(e) in der Bundesrepublik nicht zu einer in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigung, vgl. ausführlicher hierzu zB Sozialgericht Kassel, Gerichtsbescheid vom 2. Juli 2003 - S 7 (8) RJ 1383/02 - JURIS, mwN auch aus der Rechtsprechung des BVerfG.

Die Kostenentscheidung zu Ziffer II. beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Kostenentscheidung zu Ziffer III. beruht auf §§ 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 SGG. Danach kann das Gericht einem Beteiligten die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, daß der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechts-verfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenaufer-legung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Die Voraussetzungen hier-für, insbesondere die Mißbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung, vgl. hierzu zB Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Auflage 2002, § 192 Rn 9 mwN, liegen nach Auffassung der Kammer vor. Die Kammer sah es u.a. als eine der von ihr wahrzunehmenden Funktion an, dem Kläger die Möglichkeit zu bieten, (offenkundig fehlende) Grundkenntnisse über das (bundes-) deutsche (Rentenversicherungs-) Recht und die (auch historischen) Hintergründe der angefochtenen Entscheidungen zu vermitteln. Dies soll(te) dem Ziel dienen, diese Ent-scheidungen zumindest verstehen (im Sinne von nachvollziehen) zu können. Nicht mehr und nicht weniger. Der Kläger stellte sich allerdings als (auch äußerlich) verschlossene, für die (schlichte) Aufnahme von Erkenntnissen nicht bereite sowie auf einem (argumentativ niedri-gen) Ausgangsniveau verharrende Person dar. Dies betrifft originär (nur) ihn selbst und ist nicht der Grund für die Auferlegung von Gerichtskosten. Vielmehr traten zu dieser intraper-sonellen Ausgangssituation im Verfahren noch Verhaltensweisen zu Tage, die den (äußersten) Rand allgemeiner Umgangsformen (insbesondere vor einem Gericht) und der Rechtsordnung tangieren. Denn auch ein Verständnis für die (nicht nur individuelle, sondern auch gesell-schaftlich bedeutsame) Problematik der (hier) rentenrechtlichen Behandlung von Strafgefan-genen (in der DDR und der Bundesrepublik Deutschland) rechtfertigen nach Überzeugung der Kammer nicht die erhobenen Anschuldigungen des Klägers, wonach sich (auch) das Gericht der Rechtsbeugung (Mindestfreiheitsstrafe hierfür ein Jahr) schuldig mache und an (anderen) kriminellen (strafbewehrten) Handlungen beteilige. Diese Kombination rechtfertigten es nach Auffassung der Kammer, den Kläger unter Würdigung der eindeutigen Sach- und Rechtslage (wenigstens ansatzweise) an den Gerichtskosten zu beteiligen.
Rechtskraft
Aus
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