Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 15 KA 23/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der Berufungsausschuss hat den quantitativen Bedarf nicht nur im Verhältnis zu den niedergelassenen Ärzten und Frühförderstellen, sondern auch im Verhältnis zu benachbarten SPZ zu prüfen.
2. Hat der Berufungsausschuss eine Bedarfsprüfung im Verhältnis zu benachbarten SPZ unterlassen, liegt ein Beurteilungsfehler vor.
3. Ein qualitativer Bedarf ist nicht auf besondere Kenntnisse oder Erfahrungen zu stützen.
2. Hat der Berufungsausschuss eine Bedarfsprüfung im Verhältnis zu benachbarten SPZ unterlassen, liegt ein Beurteilungsfehler vor.
3. Ein qualitativer Bedarf ist nicht auf besondere Kenntnisse oder Erfahrungen zu stützen.
I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17.12.2002 verpflichtet, über den Widerspruch gegen den Beschluss vom 17.06.2002 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Be-handlung von Kindern nach § 119 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Im Bundesland S. gibt es 6 sozialpädiatrische Zentren (SPZs), davon im Regierungsbezirk D. mit 1.724.703 Einwohnern je eins in D. Ortsteil N. (D-N.), G. und R.
Das klagende Universitätsklinikum (UK), welches bereits 1995 eine Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern erhalten hatte, die jedoch nicht umgesetzt worden war, beantragte am 10.04.2002 die erneute Erteilung einer Ermächti-gung für ein neu zu gründendes SPZ D.-A ... Das konzipierte SPZ D. Ortseil A. (D-A.) solle - im Unterschied zu den bereits vorhandenen Einrichtungen im Regierungsbezirk D. - ins-besondere für solche Patienten die sozialpädiatrische Betreuung übernehmen, die am UK primär versorgt werden oder auf diagnostische oder therapeutische Angebote angewiesen seien, die nur im UK angeboten würden. Dabei handele es sich auch um Kinder mit beson-derem Betreuungsbedarf oder mit ungewöhnlich schweren, seltenen und komplexen Be-hinderungen. Dabei sollen für diese behinderten Patienten insbesondere interdisziplinäre und diagnostische Möglichkeiten eines Universitätsklinikums mit ständiger Aufnahme neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse aus theoretischer und klinischer Medizin besonders zur Verfügung stehen. In der Stadt D. bestehe wegen des überregionalen Einzugsgebietes des UK ein besonders hoher Bedarf für die sozialpädiatrische Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit schweren und komplexen Behinderungen. Dieser Bedarf dokumentiere sich im UK in einer Zahl von ca. 300 solcher Patienten mit Anspruch auf koordinierte so-zialpädiatrische Betreuung; diese Patienten würden bislang in den Spezialambulanzen be-treut. Auf den Inhalt des Konzepts (Bl. 10 ff Verwaltungsakte) wird verwiesen.
Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag mit Bescheid vom 17.06.2002 mangels Ver-sorgungsbedarfes ab. Es werde keine Notwendigkeit für eine Neugründung eines vierten SPZ im Regierungsbezirk D. gesehen. Es gebe in D. bereits ein SPZ in D-N. mit jetzt drei Behandlungsteams. Dem Ausbau des vorhandenen SPZ in D-N. werde aus wirtschaftlichen Überlegungen der Vorrang gegenüber dem beantragten zweiten SPZ gegeben. Der Regie-rungsbezirk D. mit drei SPZs liege nach einer Empfehlung der Spitzenverbände der Kran-kenkassen und der Gesellschaft für Sozialpsychiatrie, wonach ein SPZ auf 1 Mio. Einwoh-ner kommen solle, im bundesweiten Durchschnitt mit an vorderer Stelle. Mit den vorhan-denen Institutsermächtigungen der Kliniken und Polikliniken des UK sei eine Leistungs-erbringung für einige in der Antragsbegründung aufgeführte Krankheitsbilder möglich und die drei existierenden SPZs würden diese ebenfalls mit in ihre Therapieplanung einbezie-hen. Darüber hinaus könnten Leistungen im Rahmen der Ermächtigung des UK nach § 117 SGB V abgerechnet werden. Zudem habe im Ersatzkassenbereich eine niedergelassene Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie die Genehmigung auf Teilnahme an der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung erhalten.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 02.07.2002 am 08.07.2002 Widerspruch ein. Die Richtzahl von einem SPZ auf 1 Mio. Einwohner im Regierungsbezirk D. sei nicht al-leiniger Maßstab. In Ballungsgebieten sei es durchaus sinnvoll, auch zwei SPZs mit unter-schiedlicher Ausrichtung bzw. Spezialisierung zu betreiben. Den Bedarf eines zweiten SPZ in D. mit einer sich vom schon bestehenden SPZ unterscheidenden Spezialisierung habe auch die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) im Schreiben vom 20.11.2000 gesehen. Durch die Erweiterung des bestehenden SPZs D-N. um ein drittes Behandlungs-team werde der Betreuungsbedarf für die Behandlung, Betreuung und Diagnostik der im Antrag benannten Patientengruppen nicht gedeckt. Der Bedarf für die Betreuung dieser Kinder sei sogar ansteigend, weil durch Verbesserung in der medizinischen Betreuung mehr Patienten mit Behinderungen überleben und eine professionelle Behandlung bean-spruchen würden. Diese Kinder hätten meist komplexe Erkrankungen, die nur umfassend an einem dem Universitätsklinikum angegliederten SPZ behandelt werden könnten. So nehme die Zahl von ehemaligen Frühgeborenen, die aufgrund der immer kürzeren Schwangerschaftsdauer (von z.B. nur 25 Wochen) mit komplexen Behinderungen betreut werden müssten, deutlich zu. Der Hinweis auf die Institutsermächtigungen gehe fehl, weil es sich bei einem SPZ nicht um eine Spezialambulanz handele, die nur für die Leistungen im Umfang für Forschung und Lehre ermächtigt sei. Demgegenüber sei ein SPZ eine Ein-richtung zur ambulanten sozialpädiatrischen Versorgung von Kindern mit drohenden oder manifesten schweren und komplexen Behinderungen; dort solle die interdisziplinäre Zu-sammenarbeit medizinischer, psychologischer, pädagogischer und sozialer Dienste kombi-niert werden. Dass eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie eine Genehmigung auf Teilnahme an der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung erhalten habe, habe inhaltlich nichts mit den Aufgaben eines SPZ zu tun und könne deshalb für die Er-mittlung des Bedarfes nicht relevant sein.
Die beigeladene KÄV sah im Widerspruchsverfahren ebenfalls keinen Bedarf für die Er-richtung eines SPZ beim Kläger. Soweit auf den Beschluss des Berufungsausschusses vom 25.01.1995 verwiesen werde, in welchem zum damaligen Zeitpunkt ein Bedarf für ein wei-teres SPZ ermittelt worden sei, habe sich durch die Erweiterung des SPZ D-N. und durch Veränderungen in Ermächtigungen im UK die Versorgungssituation geändert. Das zuständige Ministerium für Soziales (SMS) teilte im Widerspruchsverfahren unter Hinweis auf den zweiten Bericht der Staatsregierung zur Lage der Menschen mit Behinde-rungen in S. von 1999 (vgl. Bl. 34 f Verwaltungsakte) mit, dass aus landesplanerischer Sicht nur noch je ein SPZ für die Bereiche T. und V. gesehen werde.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Beklagten am 30.10.2002 erläuterten die Vertre-ter des Klägers noch vor allem, dass die besondere Betreuung dieser multipel erkrankten Kinder an anderen SPZ nicht möglich sei, sie könne nur am UK erfolgen. Das SPZ D-N. betreue nicht dasselbe Spektrum und die Wartezeiten betrügen bis zu 6 Monaten. Ingesamt sei festzustellen, dass der Bedarf zunehme; immer mehr Frühgeborene würden überleben. Kinder mit neuromuskulären Erkrankungen seien in Ambulanzen auf bestimmte Therapien angewiesen; hier bestünde eine Unterversorgung.
Der Beklagte wies mit Beschluss vom 17.12.2002 den Widerspruch als unbegründet zu-rück. Es bestehe kein Bedarf für die Ermächtigung eines zweiten SPZ in D. Zum einen sei durch eine ausreichende Anzahl von Frühförderstellen, Fachärzten, Psychologen, Logopä-den und Ergotherapeuten sowohl im Planungsbereich D.-Stadt als auch im näheren und weiteren Umfeld die sozialpädiatrische Behandlung sichergestellt. Weiterhin sei festzustel-len, dass gerade die Versorgung in S. mit SPZ im Vergleich mit anderen Bundesländern unvergleichlich gut sei. Auf die weiteren Ausführungen des Beschlusses (Bl. 39-45 Ver-waltungsakte) wird verwiesen.
Dagegen hat der Kläger am 17.01.2003 Klage erhoben. Nach seiner Auffassung sei eine Ermächtigung aufgrund des vorhandenen Bedarfs zu ertei-len. Es gebe einen qualitativen Bedarf, weil trotz der Erweiterung des SPZ D-N. durch ein drittes Team der Betreuungsbedarf der speziell zu behandelnden Patienten nicht gedeckt sei. In einem SPZ des Klägers würden hoch komplizierte 350 chronisch kranke Kinder mit komplexen Erkrankungen an einem Ort durch ärztliche und nichtärztliche Behandler (in-terdisziplinäre Zusammenarbeit "unter einem Dach") behandelt. Die Übernahme dieser Patientengruppen durch das bereits vorhandene SPZ D-N. sei unrealistisch, weil dort die Betreuung nicht in einem Haus, sondern in verschiedenen Institutionen erfolge und jetzt bereits zu lange Wartezeiten bestünden. Deswegen sei auch ein quantitativer Bedarf gege-ben, weil die Wartezeit in D-N. sechs Monate betrage und deshalb viele Eltern ihre Kinder in den Spezialambulanzen im UK vorstellen würden, welche jedoch nicht die Betreuung eines SPZs hinsichtlich einer fachübergreifenden und teamorientierten Behandlung anbie-ten könnten. Der Kläger hat dazu im Klageverfahren verschiedene Stellungnahmen von niedergelasse-nen Kinderärzten als auch der Leiterin des Gesundheitsamtes der Stadt D. eingereicht; da-nach verlangen deutlich erhöhte psychosoziale Entwicklungsstörungen ein stärkeres sozi-alpädiatrisches Engagement; in D-N. seien zu lange Wartezeiten bei stetig steigendem Be-darf an SPZ-Behandlungen und -Betreuungen.
Der Kläger beantragt:
Der Bescheid des Beklagten vom 17.12.2002 wird aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Ermächtigung zur koordinierten sozialpädiatri-schen Behandlung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen eines sozialpädiatri-schen Zentrums gemäß Antrag vom 10.04.2002 zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung bestehe unter Hinweis auf die Ausführungen im Beschluss des Beklagten vom 17.06.2002 kein Versorgungsbedarf für die Errichtung eines zweiten SPZs in D.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 1. sieht jedoch auch keine Notwendigkeit für eine Ermächtigung, weil eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung im Regierungsbezirk Dresden durch das bestehende SPZ D-N. sowie eine ausreichende Anzahl an Frühförderstellen, Fachärzten, Psychologen, Logopäden usw. gewährleistet werde.
Auch die Beigeladene zu 2. sieht keinen Bedarf für eine Ermächtigung mangels Versor-gungsbedarfes; die derzeit bestehenden Wartezeiten seien angemessen. Die vom Kläger benannten Gründe der "speziellen Möglichkeiten, die nur ein Uni-Klinikum bieten könne" und "langjährige epileptologische Erfahrungen" erzeugten keinen Bedarf. Im Vergleich zu den anderen Städten mit mehr als zwei SPZ, wie E. und D., handele es sich weder bei der Stadt D. um ein Ballungszentrum noch seien sowohl die Bevölkerungsstruktur als auch der Bedarf mit denen in z.B. E. oder D. vergleichbar.
Das Gericht hat im Klageverfahren eine Stellungnahme des Leiters des SPZ D-N. zur Dau-er der Wartezeiten und zum therapeutischen Leistungsumfang des SPZ eingeholt. Danach betrage die Wartezeit je nach Alter des Patienten und Schwere der Erkrankungen zwischen null Wochen und fünf Monaten; die vom Kläger im Antrag aufgeführten Erkrankungen würden alle auch im SPZ D-N. behandelt werden.; auf die Stellungnahmen (Bl. 94 ff. und Bl. 150 ff. d.A.) wird verwiesen. Das Gericht hat weiter eingeholt eine Stellungnahme des Präsidenten der Deutschen Ge-sellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) vom 16.08.2005. Die DGSPJ habe als wissenschaftliche Fachgesellschaft keine eigenen Richtwerte für den Bedarf von SPZs erstellt. Dieser sei regional unterschiedlich (Ballungsräume, dünn besiedelte ländli-che Regionen, regionale kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung) und individuell festzustellen. Im Interesse der betroffenen Familien sei es empfehlenswert, dass ein SPZ innerhalb einer Stunde Fahrzeit (mit Pkw bzw. öffentlichen Verkehrsmitteln) erreichbar sei. Es bestehe ein bedeutsamer sozialpädiatrischer Versorgungsbedarf für chronisch kran-ke Kinder, Jugendliche und ihre Familien, der nach Einschätzung der DGSPJ in D. ebenso wenig gedeckt sei wie an anderen Kliniken der Maximalversorgung für Kinder- und Ju-gendmedizin, die in großer Zahl chronisch kranke Kinder stationär und insbesondere am-bulant betreuen würden. In einer weiteren Stellungnahme an das SG D. vom 15.11.2005 führt die DGSPJ aus, die in früheren Jahren errechnete Relation von einem SPZ pro 1 Mio. Einwohner habe unter Berücksichtigung der medizinischen Entwicklung keine weitere Gültigkeit mehr. Infolge der veränderten Morbiditäten, insbesondere einer zunehmenden Zahl von Entwicklungs- und Verhaltensstörungen sowie chronische Erkrankungen, stelle heute eine Relation von einem SPZ pro 500.000 Einwohner bundesweit in etwa eine an-gemessene Versorgung dar. Dabei seien naturgemäß regionale Besonderheiten zu berück-sichtigen (Ballungszentren, Flächenstaaten mit langen Anfahrtswegen, Spezialisierung der SPZ auf bestimmte Krankheitsbilder).
Dem Gericht liegen ferner Stellungnahmen niedergelassener Kinderärzte vor. Danach betrage die Wartezeit für SPZ-behandlungsbedürftige Kinder im SPZ D-N. mehr als sechs Monate. Dabei handele es sich sehr häufig um sehr junge Kinder, meist sogar Säuglinge, welche eine frühzeitige kinderneurologische Diagnostik und die umgehende Einleitung einer gezielten Therapie benötigen, um Folgeproblemen in der Entwicklung der Kinder und zusätzlichen Belastungen für die Familien vorzubeugen.
Des Weiteren liegt eine Stellungnahme des Landesverbandes S. des Bundesverbandes Kinder- und Jugendärzte (bvkj) e.V vor. Eine genaue Quantifizierung von Kindern und Jugendlichen, die einer sozialpädiatrischen Betreuung bedürfen, sei aufgrund der fehlenden exakten Morbiditätsstatistik für diese Altersgruppe nicht verfügbar. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien keine weiteren sozialpädiatrischen Zentren zur Absicherung des Versor-gungsauftrages erforderlich. Bei einer konstanten Geburtenrate von ca. 32.000 pro Jahr in den letzten zehn Jahren sei nicht von einer Zunahme von Behandlungen durch die SPZ auszugehen; deswegen habe sich die Inanspruchnahme an sozialpädiatrischen Behandlun-gen nicht wesentlich verändert. Demgegenüber hat die Sprecherin der Fachgruppe D. beim bvkj e.V., Dres Dr. H. und Dr. H., mitgeteilt, ihrer Erfahrung nach bedürften zwischen 5 bis 10 % der Kinder und Jugend-lichen einer sozialpädiatrischen Behandlung. Die Inanspruchnahme an sozialpädiatrischen Behandlungen sei mit Sicherheit gestiegen. Dies betreffe aber nicht chronisch kranke Kin-der oder Frühgeburten, deren Zahl seit Jahren etwa konstant bleibe, sondern Kinder mit psychosozialen Problemen, die in erheblichem Umfang zugenommen haben.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte und die Gerichtsakte (Bände I und II) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreise der Krankenkassen und der Vertragsärzte zu verhandeln und zu entscheiden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechtes handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsge-setz [SGG]).
Die zulässige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist begründet. Der den Widerspruch zurückweisende Beschluss des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Beklagte ist den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Prüfung des Ver-sorgungsbedarfs nicht in ausreichendem Maße gerecht geworden. Der Beschluss war des-wegen aufzuheben und der Beklagte zur Neuverbescheidung zu verurteilen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage ist bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsbegehren der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (allgemeine Meinung; st. Rspr.; siehe BSG zuletzt Urteil vom 23.02.2005 – B 6 KA 81/03 R – in juris; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage 2004 § 54 Rdnr. 34; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zum SGG, § 54 Rdnr. 351).
Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Ermächtigung für ein SPZ ist § 119 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.1991 (BGBl I Seite 2325). Sozialpädiatrische Zentren, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, können vom Zulassungsausschuss (§ 96) zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden (§ 119 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicher-zustellen (§ 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Behandlung durch sozialpädiatrische Zentren ist auf diejenigen Kinder auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Er-krankung oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können (§ 119 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Zentren sollen mit den Ärzten und den Frühförderstellen eng zusammenarbeiten (§ 119 Abs. 2 Satz 2 SGB V).
Neben der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit ist nach der gesetzlichen Konzeption weitere Voraussetzung zur Erteilung einer Ermächtigung, dass ein gewisser Versorgungs-bedarf besteht. Dies ergibt sich aus der Formulierung des § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V, wo-nach eine Ermächtigung zu erteilen ist, "soweit" und "solange" sie "notwendig" ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung "sicherzustellen". Es handelt sich bei der Ermächtigung um eine rechtlich gebundene Entscheidung. § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der den Anspruch auf Ermächtigung regelt, ist nämlich zwingend ausgestaltet; die Ermächti-gung "ist" zu erteilten, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozial-pädiatrische Behandlung sicherzustellen. Bei der dafür notwendigen Bedarfsprüfung haben die Zulassungsgremien - in vergleichbarer Weise wie gemäß § 116 SGB V i.V.m. §§ 31 Abs. 1, 31 a Ärzte-ZV - sowohl quantitativ-allgemein die Bedarfssituation als auch qualita-tiv-speziell das jeweilige Leistungsspektrum festzustellen. Die quantitativ- allgemeine Be-darfsfrage ist unter zwei Gesichtspunkten zu prüfen: zum einen im Verhältnis zu den nie-dergelassenen Kinderärzten und Frühförderstellen (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1994 – 6 RKa 32/93 – in SozR 3-2500 § 119 Nr. 1) und zum anderen im Verhältnis zu anderen SPZs (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.06.1995 – L 5 KA 644/94 – in MedR 1996, 89 bis 92; SG Dortmund, Urteil vom 07.03.2003 – S 26 KA 193/01 – in www.sozialgerichtsbarkeit.de). Ein quantitativer Bedarf ist dann zu bejahen, wenn der An-tragsteller besondere Kenntnisse, Fähigkeiten oder Spezialisierungen hat, über die die be-reits bestehenden SPZ nicht oder nicht in ausreichendem Maß verfügen (s. zum vgl. § 116 SGB V: Hess in Kassler Kommentar, SGB V, 47. EL Juni 2005 § 116 Rdnr. 9).
Bei der Beurteilung des Bedarfes steht dem Zulassungs- als auch dem Berufungsausschuss dabei ein Beurteilungsspielraum zu. Ob eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung der Versicherten sichergestellt ist, hängt von mehreren Faktoren ab (z.B. Anzahl der Ärzte, räumliche Zuordnung aufgrund der Verkehrsverbindungen, Wartezeiten in bereits vorhan-denen SPZs), die nicht nur in sich, sondern auch in ihren Wechselwirkungen weitgehend unbestimmt sind. Die Kontrolle des Gerichtes beschränkt sich deshalb darauf, ob der Ver-waltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes ermittelten Gren-zen eingehalten hat und ob sie ihre Substitutionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl. BSG, USK 8930; BSGE 60, 297 = SozR 5520 § 29 Nr. 8; BSGE 38, 138; 38, 228; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 1 und 2). Diese eingeschränkte Überprüfungsfunktion der Gerichte beruht im Wesentlichen darauf, dass die ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen nur ungefähr entscheiden können, ob und inwieweit die bereits niedergelassenen Ärzte und Frühförderstellen eine quantitativ und qualitativ ausrei-chende Versorgung gewährleisten, weil zur Beantwortung dieser Frage eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen sind. Entscheidungen der Zulassungsgremien sind daher hinzunehmen, wenn sie sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung halten (BSG SozR 3-2500 § 101 Nrn. 1 und 4; BSGE 86, 242 ff).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Beschluss des Beklagten vom 17.12.2002 deswegen aufzuheben, weil er den Sachverhalt im Hinblick auf den quantitativen Bedarf im Verhältnis zu anderen SPZs, hier konkret zum SPZ D-N., nicht vollständig ermittelt hat.
Der Beklagte hat den quantitativen Bedarf nur im Verhältnis zu den niedergelassenen Kin-derärzten und Frühförderstellen geprüft. Er hat dazu im Beschluss folgendes ausgeführt:
"Der Berufungsausschuss hatte darüber zu befinden, ob die ambulante Versorgung der in § 119 Abs. 2 SGB V benannten Kinder im Bereich D. durch geeignete Ärzte oder Frühförderstellen si-chergestellt ist. Geeignete Ärzte im Sinne von § 119 SGB V sind Kinderärzte und Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Fachärzte für Neurologie. Im Regierungsbezirk D. existieren derzeit insgesamt 17 Frühförder- und Frühberatungsstellen. Diese fördern frühestmöglich die von Behinderung bedrohten Kinder ab dem Säuglingsalter. In der Stadt D. befindet sich die Frühförder- und Frühberatungsstelle des Caritas-Sozial-Werkes im Bis-tum D. e.V.; die Evangelische Behindertenhilfe D. und Umland gGmbH Frühförderung und Bera-tung, die Vereinigung für interdisziplinäre Frühförderung e.V. und die Lebenshilfe für geistig Behin-derte, Ortsverband D. e.V. Frühförder- und Frühberatungsstelle. Im näheren räumlichen Umfeld um D. sind Frühförder- und Frühberatungsstellen in F., G., M., P. und R. ansässig. Weitere Institutio-nen decken die Städte B., G., H., K., L., R., W. und Z. ab. Diese Stellen arbeiten eng mit den niedergelassenen Kinderärzten, Psychotherapeuten, Logopä-den, Ergotherapeuten und Psychologen zusammen. In der Stadt D. sind 8 Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie niedergelassen. Weitere Fachärzte haben ihren Sitz in N., N., O., M. und P. Ärztliche Psychotherapeuten, welche auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie tätig sind, haben ihre Praxen in D. (3) und je in R., K., K., N. und P. Im Planungsbereich D. Stadt sind insgesamt 56 Kinderärzte niedergelassen bei einem Versor-gungsgrad von 166,0 % zum Stand 01.09.2002. Der Versorgungsgrad im Fachgebiet Neurologie beträgt gleichfalls zum Stand vom 01.09.2002 92,5 %. Zahlenmäßig sind 34,4 Neurologen im Pla-nungsbereich niedergelassen. 16 Logopädische Praxen befinden sich in D.-Stadt. Weitere Praxen haben ihren Sitz in G., B., B., M., N., W., R., G., Z., L., S., H., P., F., K., G., R., B. und H ... Des Weiteren sind in D.Stadt 15 ergo-therapeutische Praxen ansässig. Insgesamt ist der Berufungsausschuss zu dem Ergebnis gelangt, dass zum einen durch eine aus-reichende Anzahl von Frühförderstellen, Fachärzten, Psychologen, Logopäden und Ergotherapeu-ten sowohl im Planungsbereich D.-Stadt als auch im näheren und weiteren Umfeld die sozialpädi-atrische Behandlung sichergestellt ist."
Beurteilungsfehler sind weder vom Kläger gerügt noch für das Gericht erkennbar. Der Sachverhalt wurde zutreffend und umfassend ermittelt; sachfremde Erwägungen liegen nicht vor und Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze eingehalten. Das Gericht brauchte deswegen auch nicht zu entscheiden, ob es aufgrund der besonderen interdis-ziplinären Aufgabenstellung des SPZs überhaupt auf die Versorgung der Region mit Kin-derärzten und Frühförderstellen ankommt (so BSG, Urteil vom 30.11.1994 – 6 RKa 32/93 a.a.O.) oder nicht (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.1995, a.a.O.; SG Dort-mund, Urteil vom 07.03.2003 – S 26 KA 193/01 a.a.O.). Nach letzterer Ansicht sei ein Bedarf für ein SPZ im Verhältnis zu niedergelassenen Ärzten und Frühförderstellen auf-grund seiner besonderen Aufgabe und Funktion sowie der gesetzlichen Vorgaben ohne nähere Prüfung grundsätzlich zu bejahen. Dabei sei zu beachten, dass die Funktion der SPZs nach § 119 Abs. 2 SGB V darin besteht, sich solcher Kinder anzunehmen, die "we-gen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können". Mit dieser Funktionsbeschreibung werde vom Gesetzgeber vorausgesetzt, dass es Patienten gebe, die auf die Behandlung gerade in einem SPZ angewiesen seien, dessen Schwerpunkt die Diagnose und Therapie bei mehrfach behinderten Kindern durch gleichzeitige integrierte multidisziplinäre Arbeit von ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräften sei (siehe auch LSG Baden-Württemberg in MedR 1994, S. 119/120). Davon zu unterscheiden seien die Frühförderstellen, in denen üblicherweise nur Fachkräfte der Heilpädagogik und evtl. der Krankengymnastik vertreten seien (siehe § 119 Abs. 2 Satz 2 SGB V und §§ 35 a SGB VIII, 39 Abs. 3, 40 BSHG, 11 EinglHilfeVO). Diese und ebenso die niedergelassenen Kinderärzte seien vor allem nicht auf das gleichzeitige integrierte multidisziplinäre Zusam-menwirken aller Fachkräfte schon in der Phase der Diagnostik einschließlich des Aufstel-lens des Behandlungsplanes ausgerichtet. Insbesondere hierin – aber auch in der Möglich-keit solchen Zusammenwirkens im Verlaufe der Therapie – liege die eigene Aufgabe und Versorgungsfunktion der SPZs; dies könnten die niedergelassenen Kinderärzte und die Frühförderstellen nicht ersetzen. Insofern gebe es in der ambulanten Krankenversorgung von Kindern eine Trias mit niedergelassenen Kinderärzten, Frühförderstellen und SPZs. Dies habe auch der Gesetzgeber durch die eigenständige Regelung über die SPZs in § 119 Abs. 2 SGB V deutlich zum Ausdruck gebracht. Von dieser besonderen Aufgabe und Funktion sowie gesetzlichen Vorgabe her sei ein Bedarf für SPZs im Verhältnis zu den niedergelassenen Ärzten und Frühförderstellen grundsätzlich zu bejahen.
Dem Vortrag des Klägers, aufgrund einer Betreuung und Behandlung "unter einem Dach" liege eine Spezialisierung vor, die einen qualitativen Bedarf begründe, ist nicht zu folgen. Der Beklagte hat dies zu Recht in seinem Beschluss abgelehnt: Die vom Widerspruchsführer angesprochene Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit medizinischer, psychologischer, pädagogischer und sozialer Dienste, welche nicht im Rahmen einer Ermächtigung nach § 117 SGB V realisierbar ist, rechtfertigt für sich gesehen nicht die Not-wendigkeit der Erteilung einer Ermächtigung für ein weiteres SPZ. Unter medizinischem Aspekt sind am UK für die besondere Betreuung der im Konzept benannten Kinder verschiedene Ermäch-tigungen ausgesprochen worden. Die Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie sei zur Behandlung von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten ermächtigt; die Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde zur Diagnostik und Therapie bei Kindern mit malignen Erkrankungen einschließlich autologer oder allergener Stammzelltransplantation. Aber letztlich stehe nicht die rein medizinische Versorgungssituation im Vordergrund, denn diese sei durch Fachärzte, Ermächtigungen, psychiatrische Institutsambulanzen gemäß § 118 SGB V und entsprechende Ermächtigungen von Polikliniken gemäß § 117 SGB V abgesichert. Förderziele seien vielmehr die Entwicklung lebenspraktischer Fähigkeiten, Förderung von Wahrnehmung, Bewegung, Interaktion, Kommunikation, Sprache, die Unterstützung bei der sozialen Entwicklung sowie die Vermittlung von Kompensationsmitteln. Diese Komplexität werde durch die Zusammenarbeit von Ärzten, wie Kinderärzten und sonstigen Fachärzten, wie Neurologen, Krankengymnasten, Logopäden und Beschäftigungstherapeuten mit Psychologen und Sozialarbeitern und Sozialpädagogen erreicht. Das besondere Augenmerk liege im Bereich der diagnostischen und medizinisch-therapeutischen Angebote für besonders schwierige Fälle. Allein der vom Kläger benannte Umstand, dass die Koordination der verschiedenen Betreuungsangebote im Wege einer Ermächtigung eines SPZs optimierbar sei, rechtfertige auch keine Ermächtigung für ein Spezial-SPZ." Das Gericht weist dabei auf die Rechtsprechung des BSG zur Frage der besonderen Kenntnisse und Erfahrungen eines Krankenhausarztes im Rahmen einer Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 116 SGB V hin. Danach führen besondere Erfahrungen und Kenntnisse nicht zur Bejahung eines qualitativen Bedarfs. Denn nach Auffassung des BSG können die niedergelassenen Ärzte aufgrund ihres gleichwertigen aktuellen Ausbildungsstandes dem Versorgungsanspruch der Versicherten auch in qualitativer Hinsicht voll entsprechen (vgl. BSG, Urteil vom 06.06.1984 – 6 RKa 7/83 in SozR 5520 § 29 Nr. 5 S. 23; BSG SozR 2200 § 368a Nr. 7 S. 18; BSG SozR 5520 § 29 Nr. 3 S. 8; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 1). Besondere Kenntnisse und Erfahrungen können nur dann von Bedeutung sei, wenn sie sich in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen, das bei den niedergelassenen Ärzten nicht oder nicht in ausreichendem Umfang gegeben ist (BSG SozR 5520 § 29 Nr. 3). Insbesondere ist ein hohes wissenschaft-liches Niveau eines Krankenhausarztes nicht Maßstab der vertragsärztlichen Versorgung. Eine Versorgungslücke ist nicht schon dann gegeben, wenn die ärztliche Leistungen der niedergelassenen Vertragsärzte diesem hohen wissenschaftlichen Niveau nicht entsprechen (BSG a.a.O.). Diese Grundsätze sind wegen der Vergleichbarkeit auch auf die Frage des Bedarfs bei einer Ermächtigung nach § 119 SGB V zu übertragen und führen vorliegend dazu, dass der Kläger sich nicht auf einen qualitativen Bedarf berufen kann, weil kein be-sonderes Leistungsangebot gegenüber dem SPZ D-N. vorliegt. Dies ist auch nicht in einer Betreuung und Behandlung "unter einem Dach" zu sehen.
Der Beschluss ist jedoch deswegen aufzuheben gewesen, weil es der Beklagte rechtsfeh-lerhaft unterlassen hat festzustellen, ob ein quantitativer Bedarf im Verhältnis zu anderen bereits bestehenden SPZ konkret besteht. Der Beklagte hat dazu in seinem Beschluss ausgeführt: "Die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie hat als Anhaltspunkt für die Bedarfsschätzung und Planung die Einrichtung von einem SPZ für ein Versorgungsgebiet von 1 Mio Einwohner empfoh-len. Dabei handelt es sich um eine Größenordnung von 2 vollständigen Teams. Ein Vergleich der bundesweiten Versorgung mit SPZ ergibt u.a. folgendes Ergebnis: ... S.: 6 SPZ, Quote 1 SPZ/737.597 Einw ... Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Freistaat durch insgesamt 6 SPZ mit an der Spitze der bundesweiten Versorgung liegt. Das SPZ D-N. verfügt darüber hinaus nach neuestem Stand über drei Behandlungsteams, bei einem üblichen Stand von zwei Behandlungsteams. Die Umfrage bei den KÄVen hat auch zu dem Ergebnis geführt, dass sog. "Spezial-SPZ" nicht ermächtigt wor-den sind. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem 2. Bericht der Staatsregierung zur Lage der Menschen mit Behinderung in Sachsen 1999. Hiernach sollte aus landesplanerischer Sicht noch für das Vogt-land sowie für den Raum T. und die Nachbarregionen das Angebot verbessert werden, um für die Kinder aus dem ländlichen Raum die Inanspruchnahme dieser Hilfen ohne größeren Schwierigkei-ten zu ermöglichen."
Der Beklagte hat zwar – entsprechend der Empfehlung der DGSPJ – geprüft, ob – abstrakt gesehen - genügend SPZ pro Einwohnerzahl zur Verfügung stehen. Jedoch ist dabei die konkrete Situation in Dresden selber nicht beurteilt worden: ob in ausreichender Nähe be-reits andere SPZs existieren, durch die eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung der auf ein SPZ angewiesenen Kinder sichergestellt ist. Der pauschale Hinweis im Be-schluss "Das SPZ D-N. verfüge über drei Behandlungsteams" reicht nicht aus. Vielmehr hätte geprüft und beurteilt werden müssen die Frage nach dem Umfang des Bedarfs an sich (Bevölkerungsdichte, Anzahl der SPZ-bedürftigen Kinder und Jugendlichen allgemein und konkret in Dresden und Umgebung, SPZ-Bedürftigkeit der vom Kläger betreuten 300 Kin-der) und ob der Bedarf bereits vollständig durch das SPZ D-N. im Hinblick auf Wartezei-ten, Anfahrtsweg, umfassendes Behandlungs- und Betreuungsprogramm abgedeckt ist.
Die im Gerichtsverfahren eingeholten Stellungnahmen der DGSPJ vom 15.11.2005 (Bl. 291), der Fachgruppe D. beim Landesverbandes S. des Bundesverbandes Kinder- und Ju-gendärzte (bvkj) e.V. und einiger niedergelassener Kinderärzte als auch die Statistik des Klägers bezüglich der stetig steigenden Anzahl der Frühgeborenen zwischen 1998 und 2005 lassen den Rückschluss zu, dass tatsächlich ein Mehrbedarf in D. bestehen könnte, der nicht vollumfänglich durch das SPZ D-N. abgedeckt wird.
Bei seiner erneuten Entscheidung wird der Beklagte zunächst zu prüfen haben, ob es auf-grund der Anzahl von SPZ-betreuungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen her über-haupt von einem quantitativen Bedarf für ein zweites SPZ ausgegangen werden kann. Da-bei ist die Stellungnahme der DGSPJ vom 15.11.2005 (neuer Richtwert: 1 SPZ auf 500.000 Einwohner) ebenso in die Beurteilung einzubeziehen wie die einzuholenden Stel-lungnahmen der niedergelassenen Kinderärzte, der Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiat-rie und der Fachärzte für Neurologie als auch Erkundigungen bei den Frühförderstellen zu der Frage, wie hoch der tatsächliche Anteil an SPZ-betreuungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen im Einzugsbereich ist. Des Weiteren ist zu prüfen, ob es sich bei den vom Kläger angegebenen 300 bis 300 erkrankten Kindern, die bereits jetzt in den Spezialambu-lanzen des Klägers betreut werden, um SPZ-betreuungsbedürftigen Kinder handelt. Schließlich hat der Beklagte weiter zu ermitteln, ob diese Kinder von der Kapazität her noch im SPZ D-N. in angemessener Zeit behandelt und betreut werden können (Wartezei-ten, zumutbare Anfahrtszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Verkehrsanbindung) und ob dies die Ermächtigung für ein zweites SPZ rechtfertigt.
Kommt der Beklagte bei der erneuten Prüfung zum dem Ergebnis, dass Bedarf vorliegt, sind des Weiteren die Voraussetzungen der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit eines neu zu errichtenden SPZ nach den neuen Begebenheiten zu prüfen. Diese Prüfung hat der Beklagte - folgerichtig – bei vorliegender Entscheidung nicht vorgenommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsge-richtsordnung (VwGO).
Die Berufung ist kraft Gesetzes zugelassen (§ 144 Abs. 1 SGG).
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Be-handlung von Kindern nach § 119 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Im Bundesland S. gibt es 6 sozialpädiatrische Zentren (SPZs), davon im Regierungsbezirk D. mit 1.724.703 Einwohnern je eins in D. Ortsteil N. (D-N.), G. und R.
Das klagende Universitätsklinikum (UK), welches bereits 1995 eine Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern erhalten hatte, die jedoch nicht umgesetzt worden war, beantragte am 10.04.2002 die erneute Erteilung einer Ermächti-gung für ein neu zu gründendes SPZ D.-A ... Das konzipierte SPZ D. Ortseil A. (D-A.) solle - im Unterschied zu den bereits vorhandenen Einrichtungen im Regierungsbezirk D. - ins-besondere für solche Patienten die sozialpädiatrische Betreuung übernehmen, die am UK primär versorgt werden oder auf diagnostische oder therapeutische Angebote angewiesen seien, die nur im UK angeboten würden. Dabei handele es sich auch um Kinder mit beson-derem Betreuungsbedarf oder mit ungewöhnlich schweren, seltenen und komplexen Be-hinderungen. Dabei sollen für diese behinderten Patienten insbesondere interdisziplinäre und diagnostische Möglichkeiten eines Universitätsklinikums mit ständiger Aufnahme neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse aus theoretischer und klinischer Medizin besonders zur Verfügung stehen. In der Stadt D. bestehe wegen des überregionalen Einzugsgebietes des UK ein besonders hoher Bedarf für die sozialpädiatrische Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit schweren und komplexen Behinderungen. Dieser Bedarf dokumentiere sich im UK in einer Zahl von ca. 300 solcher Patienten mit Anspruch auf koordinierte so-zialpädiatrische Betreuung; diese Patienten würden bislang in den Spezialambulanzen be-treut. Auf den Inhalt des Konzepts (Bl. 10 ff Verwaltungsakte) wird verwiesen.
Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag mit Bescheid vom 17.06.2002 mangels Ver-sorgungsbedarfes ab. Es werde keine Notwendigkeit für eine Neugründung eines vierten SPZ im Regierungsbezirk D. gesehen. Es gebe in D. bereits ein SPZ in D-N. mit jetzt drei Behandlungsteams. Dem Ausbau des vorhandenen SPZ in D-N. werde aus wirtschaftlichen Überlegungen der Vorrang gegenüber dem beantragten zweiten SPZ gegeben. Der Regie-rungsbezirk D. mit drei SPZs liege nach einer Empfehlung der Spitzenverbände der Kran-kenkassen und der Gesellschaft für Sozialpsychiatrie, wonach ein SPZ auf 1 Mio. Einwoh-ner kommen solle, im bundesweiten Durchschnitt mit an vorderer Stelle. Mit den vorhan-denen Institutsermächtigungen der Kliniken und Polikliniken des UK sei eine Leistungs-erbringung für einige in der Antragsbegründung aufgeführte Krankheitsbilder möglich und die drei existierenden SPZs würden diese ebenfalls mit in ihre Therapieplanung einbezie-hen. Darüber hinaus könnten Leistungen im Rahmen der Ermächtigung des UK nach § 117 SGB V abgerechnet werden. Zudem habe im Ersatzkassenbereich eine niedergelassene Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie die Genehmigung auf Teilnahme an der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung erhalten.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 02.07.2002 am 08.07.2002 Widerspruch ein. Die Richtzahl von einem SPZ auf 1 Mio. Einwohner im Regierungsbezirk D. sei nicht al-leiniger Maßstab. In Ballungsgebieten sei es durchaus sinnvoll, auch zwei SPZs mit unter-schiedlicher Ausrichtung bzw. Spezialisierung zu betreiben. Den Bedarf eines zweiten SPZ in D. mit einer sich vom schon bestehenden SPZ unterscheidenden Spezialisierung habe auch die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) im Schreiben vom 20.11.2000 gesehen. Durch die Erweiterung des bestehenden SPZs D-N. um ein drittes Behandlungs-team werde der Betreuungsbedarf für die Behandlung, Betreuung und Diagnostik der im Antrag benannten Patientengruppen nicht gedeckt. Der Bedarf für die Betreuung dieser Kinder sei sogar ansteigend, weil durch Verbesserung in der medizinischen Betreuung mehr Patienten mit Behinderungen überleben und eine professionelle Behandlung bean-spruchen würden. Diese Kinder hätten meist komplexe Erkrankungen, die nur umfassend an einem dem Universitätsklinikum angegliederten SPZ behandelt werden könnten. So nehme die Zahl von ehemaligen Frühgeborenen, die aufgrund der immer kürzeren Schwangerschaftsdauer (von z.B. nur 25 Wochen) mit komplexen Behinderungen betreut werden müssten, deutlich zu. Der Hinweis auf die Institutsermächtigungen gehe fehl, weil es sich bei einem SPZ nicht um eine Spezialambulanz handele, die nur für die Leistungen im Umfang für Forschung und Lehre ermächtigt sei. Demgegenüber sei ein SPZ eine Ein-richtung zur ambulanten sozialpädiatrischen Versorgung von Kindern mit drohenden oder manifesten schweren und komplexen Behinderungen; dort solle die interdisziplinäre Zu-sammenarbeit medizinischer, psychologischer, pädagogischer und sozialer Dienste kombi-niert werden. Dass eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie eine Genehmigung auf Teilnahme an der Sozialpsychiatrie-Vereinbarung erhalten habe, habe inhaltlich nichts mit den Aufgaben eines SPZ zu tun und könne deshalb für die Er-mittlung des Bedarfes nicht relevant sein.
Die beigeladene KÄV sah im Widerspruchsverfahren ebenfalls keinen Bedarf für die Er-richtung eines SPZ beim Kläger. Soweit auf den Beschluss des Berufungsausschusses vom 25.01.1995 verwiesen werde, in welchem zum damaligen Zeitpunkt ein Bedarf für ein wei-teres SPZ ermittelt worden sei, habe sich durch die Erweiterung des SPZ D-N. und durch Veränderungen in Ermächtigungen im UK die Versorgungssituation geändert. Das zuständige Ministerium für Soziales (SMS) teilte im Widerspruchsverfahren unter Hinweis auf den zweiten Bericht der Staatsregierung zur Lage der Menschen mit Behinde-rungen in S. von 1999 (vgl. Bl. 34 f Verwaltungsakte) mit, dass aus landesplanerischer Sicht nur noch je ein SPZ für die Bereiche T. und V. gesehen werde.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Beklagten am 30.10.2002 erläuterten die Vertre-ter des Klägers noch vor allem, dass die besondere Betreuung dieser multipel erkrankten Kinder an anderen SPZ nicht möglich sei, sie könne nur am UK erfolgen. Das SPZ D-N. betreue nicht dasselbe Spektrum und die Wartezeiten betrügen bis zu 6 Monaten. Ingesamt sei festzustellen, dass der Bedarf zunehme; immer mehr Frühgeborene würden überleben. Kinder mit neuromuskulären Erkrankungen seien in Ambulanzen auf bestimmte Therapien angewiesen; hier bestünde eine Unterversorgung.
Der Beklagte wies mit Beschluss vom 17.12.2002 den Widerspruch als unbegründet zu-rück. Es bestehe kein Bedarf für die Ermächtigung eines zweiten SPZ in D. Zum einen sei durch eine ausreichende Anzahl von Frühförderstellen, Fachärzten, Psychologen, Logopä-den und Ergotherapeuten sowohl im Planungsbereich D.-Stadt als auch im näheren und weiteren Umfeld die sozialpädiatrische Behandlung sichergestellt. Weiterhin sei festzustel-len, dass gerade die Versorgung in S. mit SPZ im Vergleich mit anderen Bundesländern unvergleichlich gut sei. Auf die weiteren Ausführungen des Beschlusses (Bl. 39-45 Ver-waltungsakte) wird verwiesen.
Dagegen hat der Kläger am 17.01.2003 Klage erhoben. Nach seiner Auffassung sei eine Ermächtigung aufgrund des vorhandenen Bedarfs zu ertei-len. Es gebe einen qualitativen Bedarf, weil trotz der Erweiterung des SPZ D-N. durch ein drittes Team der Betreuungsbedarf der speziell zu behandelnden Patienten nicht gedeckt sei. In einem SPZ des Klägers würden hoch komplizierte 350 chronisch kranke Kinder mit komplexen Erkrankungen an einem Ort durch ärztliche und nichtärztliche Behandler (in-terdisziplinäre Zusammenarbeit "unter einem Dach") behandelt. Die Übernahme dieser Patientengruppen durch das bereits vorhandene SPZ D-N. sei unrealistisch, weil dort die Betreuung nicht in einem Haus, sondern in verschiedenen Institutionen erfolge und jetzt bereits zu lange Wartezeiten bestünden. Deswegen sei auch ein quantitativer Bedarf gege-ben, weil die Wartezeit in D-N. sechs Monate betrage und deshalb viele Eltern ihre Kinder in den Spezialambulanzen im UK vorstellen würden, welche jedoch nicht die Betreuung eines SPZs hinsichtlich einer fachübergreifenden und teamorientierten Behandlung anbie-ten könnten. Der Kläger hat dazu im Klageverfahren verschiedene Stellungnahmen von niedergelasse-nen Kinderärzten als auch der Leiterin des Gesundheitsamtes der Stadt D. eingereicht; da-nach verlangen deutlich erhöhte psychosoziale Entwicklungsstörungen ein stärkeres sozi-alpädiatrisches Engagement; in D-N. seien zu lange Wartezeiten bei stetig steigendem Be-darf an SPZ-Behandlungen und -Betreuungen.
Der Kläger beantragt:
Der Bescheid des Beklagten vom 17.12.2002 wird aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Ermächtigung zur koordinierten sozialpädiatri-schen Behandlung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen eines sozialpädiatri-schen Zentrums gemäß Antrag vom 10.04.2002 zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung bestehe unter Hinweis auf die Ausführungen im Beschluss des Beklagten vom 17.06.2002 kein Versorgungsbedarf für die Errichtung eines zweiten SPZs in D.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 1. sieht jedoch auch keine Notwendigkeit für eine Ermächtigung, weil eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung im Regierungsbezirk Dresden durch das bestehende SPZ D-N. sowie eine ausreichende Anzahl an Frühförderstellen, Fachärzten, Psychologen, Logopäden usw. gewährleistet werde.
Auch die Beigeladene zu 2. sieht keinen Bedarf für eine Ermächtigung mangels Versor-gungsbedarfes; die derzeit bestehenden Wartezeiten seien angemessen. Die vom Kläger benannten Gründe der "speziellen Möglichkeiten, die nur ein Uni-Klinikum bieten könne" und "langjährige epileptologische Erfahrungen" erzeugten keinen Bedarf. Im Vergleich zu den anderen Städten mit mehr als zwei SPZ, wie E. und D., handele es sich weder bei der Stadt D. um ein Ballungszentrum noch seien sowohl die Bevölkerungsstruktur als auch der Bedarf mit denen in z.B. E. oder D. vergleichbar.
Das Gericht hat im Klageverfahren eine Stellungnahme des Leiters des SPZ D-N. zur Dau-er der Wartezeiten und zum therapeutischen Leistungsumfang des SPZ eingeholt. Danach betrage die Wartezeit je nach Alter des Patienten und Schwere der Erkrankungen zwischen null Wochen und fünf Monaten; die vom Kläger im Antrag aufgeführten Erkrankungen würden alle auch im SPZ D-N. behandelt werden.; auf die Stellungnahmen (Bl. 94 ff. und Bl. 150 ff. d.A.) wird verwiesen. Das Gericht hat weiter eingeholt eine Stellungnahme des Präsidenten der Deutschen Ge-sellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) vom 16.08.2005. Die DGSPJ habe als wissenschaftliche Fachgesellschaft keine eigenen Richtwerte für den Bedarf von SPZs erstellt. Dieser sei regional unterschiedlich (Ballungsräume, dünn besiedelte ländli-che Regionen, regionale kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung) und individuell festzustellen. Im Interesse der betroffenen Familien sei es empfehlenswert, dass ein SPZ innerhalb einer Stunde Fahrzeit (mit Pkw bzw. öffentlichen Verkehrsmitteln) erreichbar sei. Es bestehe ein bedeutsamer sozialpädiatrischer Versorgungsbedarf für chronisch kran-ke Kinder, Jugendliche und ihre Familien, der nach Einschätzung der DGSPJ in D. ebenso wenig gedeckt sei wie an anderen Kliniken der Maximalversorgung für Kinder- und Ju-gendmedizin, die in großer Zahl chronisch kranke Kinder stationär und insbesondere am-bulant betreuen würden. In einer weiteren Stellungnahme an das SG D. vom 15.11.2005 führt die DGSPJ aus, die in früheren Jahren errechnete Relation von einem SPZ pro 1 Mio. Einwohner habe unter Berücksichtigung der medizinischen Entwicklung keine weitere Gültigkeit mehr. Infolge der veränderten Morbiditäten, insbesondere einer zunehmenden Zahl von Entwicklungs- und Verhaltensstörungen sowie chronische Erkrankungen, stelle heute eine Relation von einem SPZ pro 500.000 Einwohner bundesweit in etwa eine an-gemessene Versorgung dar. Dabei seien naturgemäß regionale Besonderheiten zu berück-sichtigen (Ballungszentren, Flächenstaaten mit langen Anfahrtswegen, Spezialisierung der SPZ auf bestimmte Krankheitsbilder).
Dem Gericht liegen ferner Stellungnahmen niedergelassener Kinderärzte vor. Danach betrage die Wartezeit für SPZ-behandlungsbedürftige Kinder im SPZ D-N. mehr als sechs Monate. Dabei handele es sich sehr häufig um sehr junge Kinder, meist sogar Säuglinge, welche eine frühzeitige kinderneurologische Diagnostik und die umgehende Einleitung einer gezielten Therapie benötigen, um Folgeproblemen in der Entwicklung der Kinder und zusätzlichen Belastungen für die Familien vorzubeugen.
Des Weiteren liegt eine Stellungnahme des Landesverbandes S. des Bundesverbandes Kinder- und Jugendärzte (bvkj) e.V vor. Eine genaue Quantifizierung von Kindern und Jugendlichen, die einer sozialpädiatrischen Betreuung bedürfen, sei aufgrund der fehlenden exakten Morbiditätsstatistik für diese Altersgruppe nicht verfügbar. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien keine weiteren sozialpädiatrischen Zentren zur Absicherung des Versor-gungsauftrages erforderlich. Bei einer konstanten Geburtenrate von ca. 32.000 pro Jahr in den letzten zehn Jahren sei nicht von einer Zunahme von Behandlungen durch die SPZ auszugehen; deswegen habe sich die Inanspruchnahme an sozialpädiatrischen Behandlun-gen nicht wesentlich verändert. Demgegenüber hat die Sprecherin der Fachgruppe D. beim bvkj e.V., Dres Dr. H. und Dr. H., mitgeteilt, ihrer Erfahrung nach bedürften zwischen 5 bis 10 % der Kinder und Jugend-lichen einer sozialpädiatrischen Behandlung. Die Inanspruchnahme an sozialpädiatrischen Behandlungen sei mit Sicherheit gestiegen. Dies betreffe aber nicht chronisch kranke Kin-der oder Frühgeburten, deren Zahl seit Jahren etwa konstant bleibe, sondern Kinder mit psychosozialen Problemen, die in erheblichem Umfang zugenommen haben.
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte und die Gerichtsakte (Bände I und II) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreise der Krankenkassen und der Vertragsärzte zu verhandeln und zu entscheiden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechtes handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsge-setz [SGG]).
Die zulässige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist begründet. Der den Widerspruch zurückweisende Beschluss des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Beklagte ist den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Prüfung des Ver-sorgungsbedarfs nicht in ausreichendem Maße gerecht geworden. Der Beschluss war des-wegen aufzuheben und der Beklagte zur Neuverbescheidung zu verurteilen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage ist bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsbegehren der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (allgemeine Meinung; st. Rspr.; siehe BSG zuletzt Urteil vom 23.02.2005 – B 6 KA 81/03 R – in juris; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage 2004 § 54 Rdnr. 34; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zum SGG, § 54 Rdnr. 351).
Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Ermächtigung für ein SPZ ist § 119 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.1991 (BGBl I Seite 2325). Sozialpädiatrische Zentren, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, können vom Zulassungsausschuss (§ 96) zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden (§ 119 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicher-zustellen (§ 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Behandlung durch sozialpädiatrische Zentren ist auf diejenigen Kinder auszurichten, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Er-krankung oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können (§ 119 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Zentren sollen mit den Ärzten und den Frühförderstellen eng zusammenarbeiten (§ 119 Abs. 2 Satz 2 SGB V).
Neben der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit ist nach der gesetzlichen Konzeption weitere Voraussetzung zur Erteilung einer Ermächtigung, dass ein gewisser Versorgungs-bedarf besteht. Dies ergibt sich aus der Formulierung des § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V, wo-nach eine Ermächtigung zu erteilen ist, "soweit" und "solange" sie "notwendig" ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung "sicherzustellen". Es handelt sich bei der Ermächtigung um eine rechtlich gebundene Entscheidung. § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der den Anspruch auf Ermächtigung regelt, ist nämlich zwingend ausgestaltet; die Ermächti-gung "ist" zu erteilten, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozial-pädiatrische Behandlung sicherzustellen. Bei der dafür notwendigen Bedarfsprüfung haben die Zulassungsgremien - in vergleichbarer Weise wie gemäß § 116 SGB V i.V.m. §§ 31 Abs. 1, 31 a Ärzte-ZV - sowohl quantitativ-allgemein die Bedarfssituation als auch qualita-tiv-speziell das jeweilige Leistungsspektrum festzustellen. Die quantitativ- allgemeine Be-darfsfrage ist unter zwei Gesichtspunkten zu prüfen: zum einen im Verhältnis zu den nie-dergelassenen Kinderärzten und Frühförderstellen (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1994 – 6 RKa 32/93 – in SozR 3-2500 § 119 Nr. 1) und zum anderen im Verhältnis zu anderen SPZs (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.06.1995 – L 5 KA 644/94 – in MedR 1996, 89 bis 92; SG Dortmund, Urteil vom 07.03.2003 – S 26 KA 193/01 – in www.sozialgerichtsbarkeit.de). Ein quantitativer Bedarf ist dann zu bejahen, wenn der An-tragsteller besondere Kenntnisse, Fähigkeiten oder Spezialisierungen hat, über die die be-reits bestehenden SPZ nicht oder nicht in ausreichendem Maß verfügen (s. zum vgl. § 116 SGB V: Hess in Kassler Kommentar, SGB V, 47. EL Juni 2005 § 116 Rdnr. 9).
Bei der Beurteilung des Bedarfes steht dem Zulassungs- als auch dem Berufungsausschuss dabei ein Beurteilungsspielraum zu. Ob eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung der Versicherten sichergestellt ist, hängt von mehreren Faktoren ab (z.B. Anzahl der Ärzte, räumliche Zuordnung aufgrund der Verkehrsverbindungen, Wartezeiten in bereits vorhan-denen SPZs), die nicht nur in sich, sondern auch in ihren Wechselwirkungen weitgehend unbestimmt sind. Die Kontrolle des Gerichtes beschränkt sich deshalb darauf, ob der Ver-waltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes ermittelten Gren-zen eingehalten hat und ob sie ihre Substitutionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl. BSG, USK 8930; BSGE 60, 297 = SozR 5520 § 29 Nr. 8; BSGE 38, 138; 38, 228; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 1 und 2). Diese eingeschränkte Überprüfungsfunktion der Gerichte beruht im Wesentlichen darauf, dass die ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen nur ungefähr entscheiden können, ob und inwieweit die bereits niedergelassenen Ärzte und Frühförderstellen eine quantitativ und qualitativ ausrei-chende Versorgung gewährleisten, weil zur Beantwortung dieser Frage eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen sind. Entscheidungen der Zulassungsgremien sind daher hinzunehmen, wenn sie sich im Rahmen der Beurteilungsermächtigung halten (BSG SozR 3-2500 § 101 Nrn. 1 und 4; BSGE 86, 242 ff).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Beschluss des Beklagten vom 17.12.2002 deswegen aufzuheben, weil er den Sachverhalt im Hinblick auf den quantitativen Bedarf im Verhältnis zu anderen SPZs, hier konkret zum SPZ D-N., nicht vollständig ermittelt hat.
Der Beklagte hat den quantitativen Bedarf nur im Verhältnis zu den niedergelassenen Kin-derärzten und Frühförderstellen geprüft. Er hat dazu im Beschluss folgendes ausgeführt:
"Der Berufungsausschuss hatte darüber zu befinden, ob die ambulante Versorgung der in § 119 Abs. 2 SGB V benannten Kinder im Bereich D. durch geeignete Ärzte oder Frühförderstellen si-chergestellt ist. Geeignete Ärzte im Sinne von § 119 SGB V sind Kinderärzte und Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Fachärzte für Neurologie. Im Regierungsbezirk D. existieren derzeit insgesamt 17 Frühförder- und Frühberatungsstellen. Diese fördern frühestmöglich die von Behinderung bedrohten Kinder ab dem Säuglingsalter. In der Stadt D. befindet sich die Frühförder- und Frühberatungsstelle des Caritas-Sozial-Werkes im Bis-tum D. e.V.; die Evangelische Behindertenhilfe D. und Umland gGmbH Frühförderung und Bera-tung, die Vereinigung für interdisziplinäre Frühförderung e.V. und die Lebenshilfe für geistig Behin-derte, Ortsverband D. e.V. Frühförder- und Frühberatungsstelle. Im näheren räumlichen Umfeld um D. sind Frühförder- und Frühberatungsstellen in F., G., M., P. und R. ansässig. Weitere Institutio-nen decken die Städte B., G., H., K., L., R., W. und Z. ab. Diese Stellen arbeiten eng mit den niedergelassenen Kinderärzten, Psychotherapeuten, Logopä-den, Ergotherapeuten und Psychologen zusammen. In der Stadt D. sind 8 Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie niedergelassen. Weitere Fachärzte haben ihren Sitz in N., N., O., M. und P. Ärztliche Psychotherapeuten, welche auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie tätig sind, haben ihre Praxen in D. (3) und je in R., K., K., N. und P. Im Planungsbereich D. Stadt sind insgesamt 56 Kinderärzte niedergelassen bei einem Versor-gungsgrad von 166,0 % zum Stand 01.09.2002. Der Versorgungsgrad im Fachgebiet Neurologie beträgt gleichfalls zum Stand vom 01.09.2002 92,5 %. Zahlenmäßig sind 34,4 Neurologen im Pla-nungsbereich niedergelassen. 16 Logopädische Praxen befinden sich in D.-Stadt. Weitere Praxen haben ihren Sitz in G., B., B., M., N., W., R., G., Z., L., S., H., P., F., K., G., R., B. und H ... Des Weiteren sind in D.Stadt 15 ergo-therapeutische Praxen ansässig. Insgesamt ist der Berufungsausschuss zu dem Ergebnis gelangt, dass zum einen durch eine aus-reichende Anzahl von Frühförderstellen, Fachärzten, Psychologen, Logopäden und Ergotherapeu-ten sowohl im Planungsbereich D.-Stadt als auch im näheren und weiteren Umfeld die sozialpädi-atrische Behandlung sichergestellt ist."
Beurteilungsfehler sind weder vom Kläger gerügt noch für das Gericht erkennbar. Der Sachverhalt wurde zutreffend und umfassend ermittelt; sachfremde Erwägungen liegen nicht vor und Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze eingehalten. Das Gericht brauchte deswegen auch nicht zu entscheiden, ob es aufgrund der besonderen interdis-ziplinären Aufgabenstellung des SPZs überhaupt auf die Versorgung der Region mit Kin-derärzten und Frühförderstellen ankommt (so BSG, Urteil vom 30.11.1994 – 6 RKa 32/93 a.a.O.) oder nicht (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.1995, a.a.O.; SG Dort-mund, Urteil vom 07.03.2003 – S 26 KA 193/01 a.a.O.). Nach letzterer Ansicht sei ein Bedarf für ein SPZ im Verhältnis zu niedergelassenen Ärzten und Frühförderstellen auf-grund seiner besonderen Aufgabe und Funktion sowie der gesetzlichen Vorgaben ohne nähere Prüfung grundsätzlich zu bejahen. Dabei sei zu beachten, dass die Funktion der SPZs nach § 119 Abs. 2 SGB V darin besteht, sich solcher Kinder anzunehmen, die "we-gen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können". Mit dieser Funktionsbeschreibung werde vom Gesetzgeber vorausgesetzt, dass es Patienten gebe, die auf die Behandlung gerade in einem SPZ angewiesen seien, dessen Schwerpunkt die Diagnose und Therapie bei mehrfach behinderten Kindern durch gleichzeitige integrierte multidisziplinäre Arbeit von ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräften sei (siehe auch LSG Baden-Württemberg in MedR 1994, S. 119/120). Davon zu unterscheiden seien die Frühförderstellen, in denen üblicherweise nur Fachkräfte der Heilpädagogik und evtl. der Krankengymnastik vertreten seien (siehe § 119 Abs. 2 Satz 2 SGB V und §§ 35 a SGB VIII, 39 Abs. 3, 40 BSHG, 11 EinglHilfeVO). Diese und ebenso die niedergelassenen Kinderärzte seien vor allem nicht auf das gleichzeitige integrierte multidisziplinäre Zusam-menwirken aller Fachkräfte schon in der Phase der Diagnostik einschließlich des Aufstel-lens des Behandlungsplanes ausgerichtet. Insbesondere hierin – aber auch in der Möglich-keit solchen Zusammenwirkens im Verlaufe der Therapie – liege die eigene Aufgabe und Versorgungsfunktion der SPZs; dies könnten die niedergelassenen Kinderärzte und die Frühförderstellen nicht ersetzen. Insofern gebe es in der ambulanten Krankenversorgung von Kindern eine Trias mit niedergelassenen Kinderärzten, Frühförderstellen und SPZs. Dies habe auch der Gesetzgeber durch die eigenständige Regelung über die SPZs in § 119 Abs. 2 SGB V deutlich zum Ausdruck gebracht. Von dieser besonderen Aufgabe und Funktion sowie gesetzlichen Vorgabe her sei ein Bedarf für SPZs im Verhältnis zu den niedergelassenen Ärzten und Frühförderstellen grundsätzlich zu bejahen.
Dem Vortrag des Klägers, aufgrund einer Betreuung und Behandlung "unter einem Dach" liege eine Spezialisierung vor, die einen qualitativen Bedarf begründe, ist nicht zu folgen. Der Beklagte hat dies zu Recht in seinem Beschluss abgelehnt: Die vom Widerspruchsführer angesprochene Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit medizinischer, psychologischer, pädagogischer und sozialer Dienste, welche nicht im Rahmen einer Ermächtigung nach § 117 SGB V realisierbar ist, rechtfertigt für sich gesehen nicht die Not-wendigkeit der Erteilung einer Ermächtigung für ein weiteres SPZ. Unter medizinischem Aspekt sind am UK für die besondere Betreuung der im Konzept benannten Kinder verschiedene Ermäch-tigungen ausgesprochen worden. Die Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie sei zur Behandlung von Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten ermächtigt; die Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde zur Diagnostik und Therapie bei Kindern mit malignen Erkrankungen einschließlich autologer oder allergener Stammzelltransplantation. Aber letztlich stehe nicht die rein medizinische Versorgungssituation im Vordergrund, denn diese sei durch Fachärzte, Ermächtigungen, psychiatrische Institutsambulanzen gemäß § 118 SGB V und entsprechende Ermächtigungen von Polikliniken gemäß § 117 SGB V abgesichert. Förderziele seien vielmehr die Entwicklung lebenspraktischer Fähigkeiten, Förderung von Wahrnehmung, Bewegung, Interaktion, Kommunikation, Sprache, die Unterstützung bei der sozialen Entwicklung sowie die Vermittlung von Kompensationsmitteln. Diese Komplexität werde durch die Zusammenarbeit von Ärzten, wie Kinderärzten und sonstigen Fachärzten, wie Neurologen, Krankengymnasten, Logopäden und Beschäftigungstherapeuten mit Psychologen und Sozialarbeitern und Sozialpädagogen erreicht. Das besondere Augenmerk liege im Bereich der diagnostischen und medizinisch-therapeutischen Angebote für besonders schwierige Fälle. Allein der vom Kläger benannte Umstand, dass die Koordination der verschiedenen Betreuungsangebote im Wege einer Ermächtigung eines SPZs optimierbar sei, rechtfertige auch keine Ermächtigung für ein Spezial-SPZ." Das Gericht weist dabei auf die Rechtsprechung des BSG zur Frage der besonderen Kenntnisse und Erfahrungen eines Krankenhausarztes im Rahmen einer Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nach § 116 SGB V hin. Danach führen besondere Erfahrungen und Kenntnisse nicht zur Bejahung eines qualitativen Bedarfs. Denn nach Auffassung des BSG können die niedergelassenen Ärzte aufgrund ihres gleichwertigen aktuellen Ausbildungsstandes dem Versorgungsanspruch der Versicherten auch in qualitativer Hinsicht voll entsprechen (vgl. BSG, Urteil vom 06.06.1984 – 6 RKa 7/83 in SozR 5520 § 29 Nr. 5 S. 23; BSG SozR 2200 § 368a Nr. 7 S. 18; BSG SozR 5520 § 29 Nr. 3 S. 8; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 1). Besondere Kenntnisse und Erfahrungen können nur dann von Bedeutung sei, wenn sie sich in einem besonderen Leistungsangebot niederschlagen, das bei den niedergelassenen Ärzten nicht oder nicht in ausreichendem Umfang gegeben ist (BSG SozR 5520 § 29 Nr. 3). Insbesondere ist ein hohes wissenschaft-liches Niveau eines Krankenhausarztes nicht Maßstab der vertragsärztlichen Versorgung. Eine Versorgungslücke ist nicht schon dann gegeben, wenn die ärztliche Leistungen der niedergelassenen Vertragsärzte diesem hohen wissenschaftlichen Niveau nicht entsprechen (BSG a.a.O.). Diese Grundsätze sind wegen der Vergleichbarkeit auch auf die Frage des Bedarfs bei einer Ermächtigung nach § 119 SGB V zu übertragen und führen vorliegend dazu, dass der Kläger sich nicht auf einen qualitativen Bedarf berufen kann, weil kein be-sonderes Leistungsangebot gegenüber dem SPZ D-N. vorliegt. Dies ist auch nicht in einer Betreuung und Behandlung "unter einem Dach" zu sehen.
Der Beschluss ist jedoch deswegen aufzuheben gewesen, weil es der Beklagte rechtsfeh-lerhaft unterlassen hat festzustellen, ob ein quantitativer Bedarf im Verhältnis zu anderen bereits bestehenden SPZ konkret besteht. Der Beklagte hat dazu in seinem Beschluss ausgeführt: "Die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie hat als Anhaltspunkt für die Bedarfsschätzung und Planung die Einrichtung von einem SPZ für ein Versorgungsgebiet von 1 Mio Einwohner empfoh-len. Dabei handelt es sich um eine Größenordnung von 2 vollständigen Teams. Ein Vergleich der bundesweiten Versorgung mit SPZ ergibt u.a. folgendes Ergebnis: ... S.: 6 SPZ, Quote 1 SPZ/737.597 Einw ... Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Freistaat durch insgesamt 6 SPZ mit an der Spitze der bundesweiten Versorgung liegt. Das SPZ D-N. verfügt darüber hinaus nach neuestem Stand über drei Behandlungsteams, bei einem üblichen Stand von zwei Behandlungsteams. Die Umfrage bei den KÄVen hat auch zu dem Ergebnis geführt, dass sog. "Spezial-SPZ" nicht ermächtigt wor-den sind. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit dem 2. Bericht der Staatsregierung zur Lage der Menschen mit Behinderung in Sachsen 1999. Hiernach sollte aus landesplanerischer Sicht noch für das Vogt-land sowie für den Raum T. und die Nachbarregionen das Angebot verbessert werden, um für die Kinder aus dem ländlichen Raum die Inanspruchnahme dieser Hilfen ohne größeren Schwierigkei-ten zu ermöglichen."
Der Beklagte hat zwar – entsprechend der Empfehlung der DGSPJ – geprüft, ob – abstrakt gesehen - genügend SPZ pro Einwohnerzahl zur Verfügung stehen. Jedoch ist dabei die konkrete Situation in Dresden selber nicht beurteilt worden: ob in ausreichender Nähe be-reits andere SPZs existieren, durch die eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung der auf ein SPZ angewiesenen Kinder sichergestellt ist. Der pauschale Hinweis im Be-schluss "Das SPZ D-N. verfüge über drei Behandlungsteams" reicht nicht aus. Vielmehr hätte geprüft und beurteilt werden müssen die Frage nach dem Umfang des Bedarfs an sich (Bevölkerungsdichte, Anzahl der SPZ-bedürftigen Kinder und Jugendlichen allgemein und konkret in Dresden und Umgebung, SPZ-Bedürftigkeit der vom Kläger betreuten 300 Kin-der) und ob der Bedarf bereits vollständig durch das SPZ D-N. im Hinblick auf Wartezei-ten, Anfahrtsweg, umfassendes Behandlungs- und Betreuungsprogramm abgedeckt ist.
Die im Gerichtsverfahren eingeholten Stellungnahmen der DGSPJ vom 15.11.2005 (Bl. 291), der Fachgruppe D. beim Landesverbandes S. des Bundesverbandes Kinder- und Ju-gendärzte (bvkj) e.V. und einiger niedergelassener Kinderärzte als auch die Statistik des Klägers bezüglich der stetig steigenden Anzahl der Frühgeborenen zwischen 1998 und 2005 lassen den Rückschluss zu, dass tatsächlich ein Mehrbedarf in D. bestehen könnte, der nicht vollumfänglich durch das SPZ D-N. abgedeckt wird.
Bei seiner erneuten Entscheidung wird der Beklagte zunächst zu prüfen haben, ob es auf-grund der Anzahl von SPZ-betreuungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen her über-haupt von einem quantitativen Bedarf für ein zweites SPZ ausgegangen werden kann. Da-bei ist die Stellungnahme der DGSPJ vom 15.11.2005 (neuer Richtwert: 1 SPZ auf 500.000 Einwohner) ebenso in die Beurteilung einzubeziehen wie die einzuholenden Stel-lungnahmen der niedergelassenen Kinderärzte, der Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiat-rie und der Fachärzte für Neurologie als auch Erkundigungen bei den Frühförderstellen zu der Frage, wie hoch der tatsächliche Anteil an SPZ-betreuungsbedürftigen Kindern und Jugendlichen im Einzugsbereich ist. Des Weiteren ist zu prüfen, ob es sich bei den vom Kläger angegebenen 300 bis 300 erkrankten Kindern, die bereits jetzt in den Spezialambu-lanzen des Klägers betreut werden, um SPZ-betreuungsbedürftigen Kinder handelt. Schließlich hat der Beklagte weiter zu ermitteln, ob diese Kinder von der Kapazität her noch im SPZ D-N. in angemessener Zeit behandelt und betreut werden können (Wartezei-ten, zumutbare Anfahrtszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Verkehrsanbindung) und ob dies die Ermächtigung für ein zweites SPZ rechtfertigt.
Kommt der Beklagte bei der erneuten Prüfung zum dem Ergebnis, dass Bedarf vorliegt, sind des Weiteren die Voraussetzungen der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit eines neu zu errichtenden SPZ nach den neuen Begebenheiten zu prüfen. Diese Prüfung hat der Beklagte - folgerichtig – bei vorliegender Entscheidung nicht vorgenommen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsge-richtsordnung (VwGO).
Die Berufung ist kraft Gesetzes zugelassen (§ 144 Abs. 1 SGG).
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