S 20 RA 989/04

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 20 RA 989/04
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der VEB Rohrleitungsbau W war ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie iS des § 1 Abs 1 S 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (ZAVtIVDBest) vom 24.5.1951 (GBl. DDR 1951, 487).
2.Die Zuordnung zu einer bestimmten Wirtschaftsgruppe ist nur ein Indiz für die Bestimmung des Hauptzweckes eine Betriebes. Dem Gericht vorliegende Geschäftsunterlagen des Betriebes sind vorrangig zu beachten.
I. Der Bescheid vom 10.08.2004 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 19.11.2004 wird aufgehoben und die Beklagte dazu verurteilt, die Zeit vom 1.9.1977 bis zum 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG anzuerkennen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme verpflichtet ist, die Zeit vom 1.9.1977 bis zum 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (AVItech), Ver-sorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) festzustellen.

Dem 1953 geborenen Kläger wurde am ... 1977 von der Ingenieurschule für Schwermaschinenbau " ..." R. das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung Maschinen-Ingenieur zu führen. Vom 1.9.1977 bis über den 30.6.1990 hinaus war er im VEB Rohrleitungsbau W ... als Technologe beschäftigt. Die Rohrleitungsbau W ... GmbH i.A. als Nachfolgegesellschaft des VEB Rohrleitungsbau W ... wurde am 1.9.1990 erstmals ins Handelsregister eingetragen.

Am 3.2.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversor-gungsanwartschaften. Mit Bescheid vom 10.8.2004 lehnte die Beklagte die Feststellung von Zusatzversorgungszeiten mit der Begründung ab, dass der Kläger am 30.6.1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewe-sen sei.

Zur Begründung seines hiergegen am 19.8.2004 erhobenen Widerspruchs führte der Kläger aus, dass der VEB Rohrleitungsbau W ... einem Industrieministerium unterstellt gewe-sen sei. Es seien Rohrschellen, Gleitlager, Loslager, Wellrohrdehnungsausgleicher (Kom-pensatoren) und anderes hergestellt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch wiederum mit der Begründung zurück, dass der VEB Rohrleitungsbau W ... kein volkseigener Pro-duktionsbetrieb und kein im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB vom 24.5.1951 einem volks-eigenem Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb gewesen sei. Bei dem Betrieb würde es sich um einem Reparatur- und Montagebetrieb für Metallkonstruktionen handeln, der der Wirtschaftsgruppe 15559 zugeordnet wurde.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 26.11.2004 Klage beim Sozialgericht Chemnitz erhoben. Der Kläger beruft sich zur Begründung auf das im Widerspruchsverfahren Vorge-tragene. Darüber hinaus führt er aus, dass der Betrieb während seiner gesamten Beschäfti-gungszeit nie ein Reparatur- und Montagebetrieb gewesen sei.

Der Kläger beantragt:

Der Bescheid vom 10.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2004 wird aufgehoben und die Beklagte dazu verurteilt, die Zeit vom 1.9.1977 bis zum 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungs-system der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich zur Begründung im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid. Zu den vom Gericht eingeholten Unterlagen des VEB Rohrleitungsbau W ... und seiner Nachfolgegesellschaft nimmt sie nicht Stellung. Sie führt lediglich aus, dass kein Grund ersichtlich ist, warum die Bestimmung des wirtschaftlichen Hauptzweckes eines Betriebes für statistische Zwecke nicht auch für die Feststellung des Hauptzweckes für die Regelun-gen der Versorgungssysteme gelten soll.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten sowie mehrere Unterlagen zum Hauptzweck des VEB Rohrleitungsbau W ... beigezogen. Diese sowie die in der Klageakte enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf die Akte der Beklagten, auf die Sitzungsniederschrift und den übrigen Akteninhalt wird zur Ergän-zung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid vom 10.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2004 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 1.9.1977 bis zum 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie auf Feststellung des in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienstes.

Der Kläger unterfällt dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 AAÜG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz "für Ansprüche und Anwartschaften", die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. "Erworben worden sind" in diesem Sinne aus der Perspektive des am 1. Au-gust 1991 in Kraft getretenen AAÜG ( Art 3 RÜG ) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606) Versorgungsanwartschaften auch, wenn Nichteinbezogene rückschauend nach den Regeln der Versorgungssysteme, soweit sie auf Grund des Einigungsvertrags vom 31. August 1990 (BGBl II S 889) Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 am 3. Okto-ber 1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden waren, praktisch und rechtsgrundsätzlich im Regelfall am 30. Juni 1990 (vgl Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt II Nr 8, § 22 Rentenangleichungsgesetz vom 28. Juni 1990, GBl I S 495) hätten einbezogen wer-den müssen. Dies ist der Fall, wenn sie - ohne erfolgte Einzelfallregelung (Versorgungs-zusage, Einzelentscheidung, Einzelvertrag) - aus bundesrechtlicher Sicht einen Rechtsan-spruch auf eine Versorgungszusage nach den Regelungen der Versorgungssysteme unter Beachtung des Gleichheitsgebots gehabt hätten.

Da der Kläger zu keinem Zeitpunkt in der DDR eine Versorgungszusage (Art 19 Satz 1 EinigVtr) oder einen Einzelvertrag mit der konkreten Aussicht hatte, bei Eintritt des Ver-sorgungsfalls Leistungen zu erhalten und auch insoweit keine Rehabilitierungsentschei-dung vorliegt, können die Vorschriften des AAÜG mithin auf ihn nur Anwendung finden, wenn ihm aus bundesrechtlicher Sicht nach den Gegebenheiten der DDR, d.h. nach den insoweit vom EinigVtr noch partiell übernommenen Regelungen der Versorgungssysteme, wären diese unter Beachtung des Gleichheitsgebots umsetzt worden, eine Anwartschaft auf eine Versorgung am 30. Juni 1990 hätte eingeräumt werden müssen, er also, wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten, zum 1. Juli 1990 im (jetzt) rechtsstaatli-chen Umfeld ("kraft Gesetzes") Leistungen aus dem Versorgungssystem hätte beanspru-chen können. Dies wäre der Fall gewesen, wenn er nach den Regelungen des Versorgungs-systems "obligatorisch" im Sinne einer "gebundenen Verwaltung" - ohne Ermessensspiel-raum des Versorgungsträgers - in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätte einbezogen werden müssen, weil die abstrakt-generellen Voraussetzungen hierfür insoweit am 30. Juni 1990 (und deswegen am 1. August 1991) erfüllt waren (vgl. BSG vom 31.07.2002, Az.: B 4 RA 21/02 R). Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Zusage im Bereich der AVItech hängt gemäß § 1 der VO-AVItech vom 17.08.1950 (GBl. S. 844) und § 1 Abs. 1 und Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur VO-AVItech vom 24.05.1951 (GBl. S. 487) von drei Voraussetzungen ab. Generell war dieses System einge-richtet für: (1) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), und (2) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Vorausset-zung) und zwar (3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB) oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). (vgl. Urteil des BSG vom 27. Juli 2004 (B4 RA 8/04 R)).

Diese Voraussetzungen waren im Fall des Klägers am 30.06.1990 gegeben. Der Kläger war berechtigt, die Berufsbezeichnung Maschinen-Ingenieur zu führen. Als Technologe übte er eine der Versorgungsordnung der technischen Intelligenz entsprechende Tätigkeit aus. Der VEB Rohrleitungsbau W ... war bei Schließung der Versorgungssysteme am 30.6.1990 auch ein volkseigener Produktionsbetrieb.

Dem betrieblichen Anwendungsbereich der Altersversorgung der technischen Intelligenz unterlagen grundsätzlich nur "volkseigene Produktionsbetriebe", d.h. VEB der Industrie und des Bauwesens, die die industrielle Fertigung von Sachgütern bzw. die Erstellung von Bauwerken betrieben. Bei dem betroffenen Betrieb musste es sich dementsprechend ers-tens um einen VEB handeln, der organisatorisch entweder dem industriellen Produktions-sektor der DDR-Planwirtschaft in Form eines Industrieministeriums oder dem Ministerium für Bauwesen zugeordnet war; ferner musste zweitens der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern bzw. Bauwerken ausgerichtet gewesen sein. Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Der VEB Rohrleitungsbau W ... unterstand dem Ministerium für Schwermaschinen- und Anlagenbau Berlin.

Auch die Aufgabenfelder des VEB Rohrleitungsbau W ... bestanden vorrangig in der "industriellen" Fertigung von Sachgütern und nicht in der Erbringung von Dienstleistun-gen. In Abgrenzung zu Dienstleistungsbetrieben gehören zu den Sachleistungsbetrieben drei Gruppen: Betriebe, die Sachgüter in Form von Rohstoffen gewinnen (vornehmlich in der Urproduktion), auch Gewinnungsbetriebe genannt; ferner Betriebe, die Rohstoffe oder Fabrikate ohne wesentliche Form- oder Substanzänderung lediglich einer gewissen Bear-beitung unterziehen, also Veredelungsbetriebe; schließlich Betriebe, die Sachgüter herstel-len, Fertigungs-, Fabrikations- oder Produktionsbetriebe genannt. Zur Gruppe der Dienst-leistungsbetriebe zählen demgegenüber alle Betriebe, die Dienste zur Verfügung stellen, also z.B. Handels-, Bank-, Versicherungs- und Transportbetriebe (vgl. BSG vom 9.4.2002, Az.: B 4 RA 41/01 R; stellv. Gutenberg, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 24. Aufl., Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York 1983, S 1 f).

Für die Bestimmung, welche Aufgaben dem VEB das Gepräge gegeben haben, kommt es maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse des jeweiligen Betriebes an. Die tatsächli-chen Verhältnisse sind aus Statuten, Gründungsanweisungen, DM-Eröffnungsbilanzen und anderen Unterlagen des entsprechenden Betriebes zu ermitteln. Die Zuordnung zu einer bestimmten Wirtschaftsgruppe ist insoweit nur ein Indiz und kann nicht als alleinige Grundlage für die Ermittlung des Hauptzweckes gelten, soweit dem Gericht weitere Unter-lagen zur Verfügung stehen. Das BSG hat diesbezüglich in seinem Urteil vom 6.5.2004 folgendes ausgeführt: "Das LSG wird nunmehr vor allem zu prüfen haben, welchen Hauptzweck der VEB ... tatsächlich verfolgt hat. Hierfür können die von der Klägerin angesprochenen Beweismittel zu den wirklich in L. erfüllten Aufgaben, die Statuten des VEB ... und besonders seine Geschäftsunterlagen, aber auch Zeitzeugen, ausschlaggebend werden ... Sollte sich dies für das LSG anhand der Hilfstatsachen weder in dem einen noch in dem anderen Sinne mit dem Beweisgrad des Vollbeweises klären lassen, könnte es für die Beweiswürdigung auf die Frage der Zuordnung zum Wirtschaftsbereich ankommen." Die Zuordnung zu einer Wirtschaftsgruppe ist damit nur eine Hilfstatsache. Das Gericht kann nicht sehenden Auges eine Hilfstatsache als alleiniges Entscheidungskriterium heranziehen, wenn den vorrangig zu beachtenden Statuten, Gründungsanweisungen und Geschäftsberichten unmittelbar zum streitgegenständlichen Betrieb Tatsachen zu entnehmen sind, die für eine Einordnung als Produktionsbetrieb sprechen.

Nach Ansicht der Kammer war es Hauptaufgabe des VEB Rohrleitungsbau W ... , Rohrhalterungen und Unterstützungen, Behälter für Wasseraufbereitung und chemische Verfahrenstechnik sowie Rohrelemente und Formstücke industriell zu fertigen. Entgegen der Wirtschaftsgruppe stand die Reparatur und Montage als Dienstleistung nicht im Vor-dergrund. Dies ergibt sich aus der Zusammenschau der eingeholten Unterlagen einschließ-lich der schriftlichen Ausführungen der Buchhalterin des VEB Rohrleitungsbau W ... Insbesondere ergeben sich aus dem beigezogenen Geschäftsbericht des VEB Rohrleitungs-bau W ... vom 1.10.1990 nachstehende 4 Produktgruppen mit ihren Anteilen am Ge-samtumsatz: - Kompensatoren 17 % - Rohrhalterungen und Unterstützungen 37 % - Behälter für Wasseraufbereitung und chemische Verfahrenstechnik 20 % - Rohrelementenfertigung und Formstücke 15 %

Nach den schriftlichen Ausführungen der Buchhalterin im VEB Rohrleistungsbau W ... wurden die Rohrhalterungen und Unterstützungen sowie die Rohrelemente und Formstü-cke in industrieller Massenproduktion gefertigt. Die Herstellung dieser Produkte macht schon mehr als 50 % des Gesamtumsatzes aus. Die Ausführungen der Buchhalterin ent-sprechen auch dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung für die Kammer überzeugend geschildert, wie die einzelnen E-lemente in Serie gefertigt wurden und später dann abgerufen wurden. Eine Spezialanferti-gung erfolgte nicht. Die Behälter für Wasseraufbereitung und chemische Verfahrenstech-nik mit einem Anteil von 20 % des Gesamtumsatzes wurden nach den Ausführungen der Buchhalterin zwar in individueller Produktion gefertigt. Der Kläger hat jedoch in der mündlichen Verhandlung für die Kammer klargestellt, dass auch diese Behälter nicht als Spezialanfertigung für die Kunden gefertigt wurden. Sie wurden lediglich in unterschiedli-cher Größe jedoch in Serie fertigt. Der Kunde konnte dann lediglich bestimmen, welche Größe er benötigt. Damit ist auch der weitere Anteil von 20 % dem industriellen Produkti-onssektor zuzuordnen. Allein die Kompensatoren wurden nach Vortrag des Klägers und nach den Ausführungen der Buchhalterin individuell gefertigt. Die Herstellung der Kom-pensatoren machte jedoch nur 17 % des Gesamtumsatzes aus. Dass die industrielle Herstel-lung der genannten Produkte Hauptaufgabe des VEB Rohrleitungsbau W ... war ergibt sich auch aus der beigezogenen DM-Eröffnungsbilanz der Rohrleitungsbau W ... GmbH i.A. zum 1.7.1990. Nach Punkt B.8. dieser Bilanz ist Gegenstand des Unternehmens die Herstellung und der Vertrieb vom Kompensatoren, Rohrleitungselementen und Behältern. Dienstleistungen werden auch in der DM-Eröffnungsbilanz nicht genannt. Der Vortrag des Klägers, dass die Montage der Rohrsysteme vorrangig von anderen Betrieben vorgenom-men wurde, wird bestätigt durch den Umstand, dass die Montage in keiner der beigezoge-nen Unterlagen als Aufgabenschwerpunkt erwähnt wird. Die Montagekapazitäten werden allein in der beigezogenen Anweisung zur Konzentration der Montagekapazitäten des Rohrleitungsbaues im VEB Kombinat Kraftwerksanlagenbau vom 31.10.1984 erwähnt. Danach wurden die Projektierungs- und Montagekapazitäten des VEB Rohrleitungsbau W ... aus dem Betrieb zum 1.1.1985 ausgegliedert. Folglich konnten sie am 30.6.1990 auch nicht mehr im Betrieb vorhanden sein.

Der VEB Rohrleitungsbau W ... war damit am 30.6.1990 ein volkseigener Produktions-betrieb im Sinne der Versorgungsordnung.

Der Kläger hat auch einen Anspruch gemäß § 8 Abs. 1 bis 4 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 AAÜG darauf, dass die Beklagte die gesamte strittige Zeit vom 1.9.1977 bis zum 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech einschließlich der für diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Zugehörigkeiten i.S. des § 5 AAÜG liegen immer dann vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war, die in den Anlagen 1 und 2 des AAÜG aufgelistet worden ist. Da dem Kläger bereits am 22.7.1977 das Recht verliehen worden war, die Berufsbezeichnung Maschinen-Ingenieur zu führen, erfüllte er im strittigen Zeitraum die persönliche Voraussetzung für die Aner-kennung von Zugehörigkeitszeiten zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelli-genz. Auch die sachliche Voraussetzung ist für die gesamte Zeit erfüllt, weil der Kläger durchgehend als Technologe beschäftigt war. Der VEB Rohrleistungsbau W ... war aber auch während des gesamten Zeitraums ein volkseigener Produktionsbetrieb. Zwar waren bis zum 31.12.1984 noch Projektierungs- und Montagekapazitäten im VEB Rohrleitungs-bau W ... vorhanden, da dieser Bereich erst ab 1.1.1985 aus dem Betrieb ausgegliedert wurde. Jedoch haben die Montagekapazitäten auch vor diesem Zeitpunkt dem VEB Rohr-leitungsbau W ... nicht das Gepräge gegeben. Der Kläger hat in der mündlichen Ver-handlung vorgetragen, dass lediglich 150 der insgesamt 450 Beschäftigen zum 31.12.1985 vom VEB Rohrleitungsbau W ... ausgegliedert wurden. Dies stimmt überein mit den Ausführungen der Buchhalterin in ihrem Schreiben vom 30.11.2005. Danach war vor 1985 das Verhältnis Montageleistung zu Werkstattfertigung ca. 25% zu 75 %. Wenn man die Projektierungskapazitäten hinzurechnet ergibt sich in etwa der vom Kläger vorgetragene Anteil an Personen, die aus dem VEB Rohrleitungsbau W ... ausgegliedert wurden. Dass die Montagekapazitäten nicht den Hauptzweck des Betriebes geprägt haben, ergibt sich zudem aus dem Umstand, dass die Montagekapazitäten aus dem Betrieb ausgegliedert wurden. Man könnte nicht von einer Ausgliederung sprechen, wenn gleichzeitig der ge-samte Betriebszweck geändert worden wäre.

Die Klage hatte deshalb Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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