Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 1938/98
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 4543/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen des Klägers und der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von zu Lasten des Klägers ergangenen Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen der Beklagten sowie das Bestehen eines Anspruches des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosengeld.
Der im Jahre 1951 geborene Kläger war von 1984 bis zum 31.01.1997 in der Schweiz als Geschäftsführer im Transportgewerbe tätig. Er lebt mit seiner Ehefrau in K., wo letztere seit Beginn des Jahres 1996 eine Toto Lotto Verkaufsstelle betreibt.
Am 22.01.1997 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Im von ihm ausgefüllten Antragsvordruck gab er an, er übe keine selbstständige Tätigkeit oder Nebenbeschäftigung aus und helfe auch einem Familienangehörigen nicht bei einer solchen. Abschließend versicherte er unterschriftlich einerseits das Zutreffen seiner Angaben und die Kenntnisnahme vom Inhalt des von ihm erhaltenen Merkblatts 1 für Arbeitslose sowie andererseits die Richtigkeit der durch ihn oder die Antragsannahme des Arbeitsamtes vorgenommenen Änderungen bzw. Ergänzungen.
Mit Bescheid vom 26.02.1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin ab dem 01.02.1997 der Höhe nach vorläufig Arbeitslosengeld nach Leistungsgruppe D für eine Anpruchsdauer von 572 Tagen. Unter Zugrundelegung des in der Folgezeit fiktiv ermittelten Bemessungsentgelts von wöchentlich 1.066,00 wurden ihm durch Änderungsbescheid vom 06.03.1997 rückwirkend zum 01.02.1997 erhöhte Leistungen von wöchentlich DM 348,00 gewährt. Durch weiteren Änderungsbescheid vom 07.03.1997 wurden infolge eines Lohnsteuerklassenwechsels des Klägers ab dem 01.03.1997 Leistungen nach Leistungsgruppe C in Höhe von DM 603,00 bei einer ursprünglichen Anspruchsdauer von 668 Tagen bewilligt. Ab dem 01.01.1998 wurde der Leistungssatz an die geänderte Leistungsentgeltverordnung angepasst und mit Änderungsbescheid vom 09.01.1998 auf DM 605,57 festgesetzt. Schließlich erfolgte mit Änderungsbescheid 25.02.1998 eine Dynamisierung des Bemessungsentgelts auf DM 1.690,00 nebst Bewilligung eines wöchentlichen Leistungssatzes von 615,09 DM. Die bewilligten Leistungen wurden zunächst an den Kläger ausbezahlt.
Am 08.05.1998 erklärte der Kläger auf entsprechende Nachfrage seines Arbeitsvermittlers schriftlich, er habe bei der Antragsabgabe versäumt, eine aus "steuertechnischen Gründen" geringwertige Tätigkeit im Rahmen des 620-DM Gesetzes anzugeben. Er habe nie einen Pfennig erhalten, die Anmeldung sei pro forma bereits vor seiner Arbeitslosigkeit erfolgt. Er arbeite nicht bei seiner Ehefrau.
Im Rahmen der daraufhin von der Beklagten veranlassten Überprüfung durch ihren Außendienst wurde der Kläger in der Zeit vom 08.05.1998 bis zum 29.06.1998 regelmäßig in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau angetroffen. Anlässlich der insgesamt sechs Überprüfungen an fünf verschiedenen Tagen wurde er zu unterschiedlichen Tageszeiten bei der Annahme von Spielscheinen, der Beratung von Kunden bzw. der Öffnung der Annahmestelle beobachtet. Am 29.06.1998 erklärte der Kläger auf Nachfrage durch den Außendienst der Beklagten bei einem Besuch in den Geschäftsräumen der Toto Lotto Verkaufsstelle, er arbeite bereits seit Februar 1997 ganztags unentgeltlich im Geschäft seiner Ehefrau. Die Prüfung der Geschäftsunterlagen im Büro des Steuerberaters des Klägers ergab, dass der Kläger seit Januar 1998 als geringfügig Beschäftigter mit einem Entgelt von 610 DM angemeldet war. Zuvor waren Ende April 1997 eine teilzeitbeschäftigte Mitarbeiterin und mit Ablauf des Jahres 1997 der geringfügig beschäftigte Vater des Klägers aus dem Betrieb ausgeschieden. Darüber hinaus wurde bekannt, dass der Kläger in der Zeit von Januar 1996 bis zum 30.09.1997 als Einzelunternehmer unter dem Namen "Il V. Sportartikel" eine Vertretung für eine italienische Sportartikelfirma betrieben hatte (vgl. zu alledem die Anlage zum Prüfbericht vom 02.07.1998). Bereits am 12.05.1998 war der Beklagten darüber hinaus bekannt geworden, dass der Kläger anlässlich einer Bewerbung mitgeteilt hatte, er sei tagsüber im Geschäft seiner Ehefrau erreichbar (vgl. hierzu den Vermerk über ein Telefonat vom 12.05.1998).
Die Beklagte stellte daraufhin ihre Zahlungen an den Kläger zum 30.06.1998 - bei einer verbleibenden Restanspruchsdauer von 153 Tagen - ein. Mit Bescheid vom 07.07.1998 hob sie ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 01.01.1998 wegen zu diesem Zeitpunkt erfolgter Arbeitsaufnahme des Klägers auf. Durch weiteren Bescheid vom 08.07.1998 nahm sie gestützt auf § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.02.1997 vollumfänglich zurück und forderte vom Kläger die Erstattung überzahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von DM 43.585,31.
Der Kläger erhob Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, er habe nicht ganztags im Betrieb seiner Ehefrau gearbeitet. Zwar habe er sich in der Toto Lotto Verkaufsstelle bevorzugt aufgehalten, jedoch habe er dem Arbeitsmarkt trotz der zeitweisen Mithilfe im Geschäft seiner Ehefrau weiter uneingeschränkt zur Verfügung gestanden. Seine Erklärung vom 08.05.1998 sei unrichtig.
Am 11.08.1998 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In der Folgezeit gab er an, er gehe keiner bezahlten Nebentätigkeit oder selbstständigen Tätigkeit nach. Mit Bescheid vom 27.08.1998 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger mehr als kurzzeitig beschäftigt und damit nicht arbeitslos sei. Seither hat sich der Kläger bei der Beklagten nicht mehr arbeitssuchend gemeldet.
Mit Bescheid vom 11.09.1998 forderte die Beklagte vom Kläger die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.02.1997 bis 30.06.1998 in Höhe von insgesamt 14.522,86 DM.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers "gegen den Bescheid vom 08.07.1998 in der Fassung der Bescheide vom 27.08.1998 und vom 11.09.1998" zurück, da die Rückforderung der Leistungen und die Ablehnung von Arbeitslosengeld zu Recht erfolgt seien. Der Kläger sei unter Berücksichtigung seiner mehr als kurzzeitigen Tätigkeiten in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau und in seinem eigenen Sportartikelgeschäft ab dem 01.02.1997 nicht arbeitslos gewesen.
Am 30.10.1998 hat der Kläger beim Sozialgericht Konstanz Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er bestreite nicht, sich während seiner Arbeitslosigkeit zeitweise in den Geschäftsräumen des von seiner Ehefrau betriebenen Unternehmens aufgehalten zu haben. Die dortigen Einrichtungen habe er für Bewerbungen genutzt. Unbestritten sei, dass er bei Gelegenheit Hilfstätigkeiten in geringem Umfang, jedenfalls unter 15 Stunden wöchentlich, verrichtet habe. Zu den von der Beklagten dokumentierten Zeiten habe er gerade seine pausierende Ehefrau entlastet. Es handle sich nur um eine Koinzidenz, dass zeitgleich einer Mitarbeiterin, wegen Unregelmäßigkeiten (an anderer Stelle heißt es wegen Wegfalls eines Großkunden und dem damit verbundenen Umsatzeinbruch), gekündigt worden sei. Vorgelegt wurde ein Schreiben des Steuerbevollmächtigten Martin vom 31.10.1998, wonach der Kläger bei seiner Frau nicht als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sei; der Kläger habe seinen erkrankten Vater als Aushilfe ersetzt. Eine Vorlage der Bilanzen hat die Ehefrau des Klägers verweigert. Bezogen auf seine Sportartikelvertretung hat der Kläger unter Vorlage entsprechender Einnahmen-Überschussrechnungen vorgetragen, er habe im Jahre 1996 einen Gewinn von DM 10.567,96 erwirtschaftet; im Jahre 1997 sei allerdings ein Verlust in Höhe von DM 18.980,47 angefallen. Nachdem es ihm nicht gelungen sei, deutscher Repräsentant des italienischen Unternehmens zu werden, habe er das Gewerbe bis zur Auflösung im September 1997 nur noch abgewickelt und monatlich jedenfalls unter 5 Stunden an Zeit investiert.
Das Sozialgericht hat in der nichtöffentlichen Sitzung vom 29.03.2001 die Ehefrau des Klägers und die von Januar 1996 bis Oktober 1999 in deren Betrieb beschäftigte H. als Zeugen vernommen. Die Zeugin H. hat dabei im wesentlichen angegeben, der Kläger sei im Jahre 1997 hin und wieder kurz in der Toto Lotto Verkaufsstelle gewesen. Er habe unter Umständen auch einmal die Post geholt, mitgearbeitet habe er aber nicht. Er sei zu jener Zeit sehr mit dem Umbau eines Hauses befasst gewesen und in Arbeitskleidung erschienen, z. B. um ein Vesper zu bringen. Der Umbau sei im Jahre 1997 durchgeführt worden, habe sich aber auch in das Jahr 1998 erstreckt. Ab dem Jahre 1998 habe der Kläger in der Toto Lotto Verkaufsstelle gearbeitet, z. B. kassiert oder die Post geholt. Er sei von dieser Zeit an täglich den ganzen Tag da, aber während des Tages immer wieder weg gewesen. Die Ehefrau des Klägers hat erklärt, ihr Ehemann sei im Jahre 1997 nur gelegentlich im Geschäft, im wesentlichen aber auf der Baustelle ihres Hauses gewesen. Der Umbau habe im Januar oder Februar 1997 begonnen. Ab dem 01.01.1998 habe sie ihren Ehemann gegen ein vereinbartes Arbeitsentgelt von DM 610,00 beschäftigt. Er sei zwar den ganzen Tag da, nicht aber über 15 Stunden in der Woche beschäftigt gewesen. Er habe die Infrastruktur des Geschäfts für Bewerbungen u. ä. genutzt; mitgearbeitet habe er, wenn es nicht anders gegangen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Angaben der Zeuginnen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Mit Urteil vom 25.10.2001 hat das Sozialgericht die Bescheide vom 08.07.1998 und vom 11.09.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998 insoweit abgeändert, "als die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld erst ab dem 01.01.1998 erfolgt". Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Diese Entscheidung ist den Beteiligten am 16.10.2002 zugestellt worden.
Am 15.11.2002 hat der Kläger Berufung eingelegt.
Die Beklagte hat den Inhalt des Prüfberichts vom 02.07.1998 bestätigende dienstliche Äußerungen ihrer Mitarbeiter D., B., R., E. und O. zu den erfolgten Überprüfungen der Toto Lotto Verkaufsstelle der Ehefrau des Klägers vorgelegt. Zum Inhalt derselben wird auf die Prozessakten des Senats verwiesen.
In der nichtöffentlichen Sitzung vom 06.05.2004 hat die damalige Berichterstatterin den Kläger persönlich angehört und die Zeugin H. sowie die Ehefrau des Klägers erneut vernommen. Der Kläger hat vorgetragen, er habe bei seiner Ehefrau im Geschäft die Infrastruktur genutzt und sich um seine Sachen gekümmert. Auch habe er seine Ehefrau unterstützt, da er sich wegen der Lage der Toto Lotto Verkaufsstelle im Bahnhofsbereich und der z. T. merkwürdigen Kundschaft um sie gesorgt habe. Die Zeugin H. hat im wesentlichen angegeben, sie habe bei der Arbeit keine Sicherheitsbedenken gehabt. Sie könne sich nicht erinnern, dass der Kläger ab dem Jahr 1998 tatsächlich den ganzen Tag da gewesen sei. Dies sei auch nicht notwendig gewesen. Er sei nur hin und wieder da gewesen, beispielsweise um die Post zu holen oder zu bringen. Lottoscheine habe er nicht entgegengenommen; auch habe er keine anderen Tätigkeiten in der Annahmestelle verrichtet. 15 oder gar 18 Stunden in der Woche habe er nicht gearbeitet. Die Ehefrau des Klägers hat u. a. erklärt, der Kläger sei im Geschäft nicht eingeplant gewesen und habe kommen und gehen können, wann er gewollt habe. Er habe nur hin und wieder in geringfügigem Umfang im Laden mitgeholfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.11.2004 hat der Senat Beweis erhoben durch erneute Vernehmung der Zeugin H ... Diese hat auf Vorhalt ihrer unterschiedlichen Angaben vor dem Sozialgericht und der Berichterstatterin des Senats im wesentlichen angegeben, der Kläger sei nicht den ganzen Tag in der Toto Lotto Verkaufsstelle gewesen. Er habe allerdings gelegentlich gearbeitet, z. B. kassiert oder die Post geholt. Gelegentlich habe er auch Beträge entgegengenommen. Dass er gearbeitet habe, wie sie im Jahre 2001 ausgesagt habe, würde sie heute nicht wiederholen, zumindest nicht i. S. von Arbeiten. Dies habe sie seinerzeit nicht so gemeint. Ihres Wissens habe sich im Verhalten des Klägers im Jahre 1998 hinsichtlich seiner Anwesenheit im Betrieb und seiner gelegentlichen Mitarbeit nichts geändert. An den Geschäftsablauf könne sie sich durchaus noch erinnern. Allerdings könne sie sich nicht mehr erinnern, ob und wie lange der Kläger im Betrieb und außerhalb des Betriebs tätig gewesen sei.
Die Beklagte hat daraufhin im Termin vom 17.11.2004 Anschlussberufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor, die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Leistungsbewilligungen seien nicht erfüllt, da er während des gesamten Bewilligungszeitraums arbeitslos gewesen sei. Ergänzend hat er vorgetragen, er habe jedenfalls Anspruch auf Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Restanspruchsdauer von 153 Tagen im Anschluss an den von ihm am 11.08.1998 gestellten weiteren Antrag. An seiner Tätigkeit in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau habe sich im Verlaufe des Jahres 1998 nichts geändert; bis März 2002 sei er dann ohne Beschäftigung gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Oktober 2001 abzuändern und die Bescheide vom 08. Juli 1998, 27. August 1998 und 11. September 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 1998 aufzuheben, hilfsweise, den Bescheid vom 27. August 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab dem 11. August 1998 für eine Restanspruchsdauer von 153 Tagen zu bewilligen,
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
sowie das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Oktober 2001 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Ergebnis der Ermittlungen belege eine mangelnde Arbeitslosigkeit des Klägers bereits am 01.01.1997. Im übrigen hält sie das angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten sowie die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten und die gleichfalls beigezogenen Akten des Sozialgerichts Konstanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der - den Aufhebungsbescheid vom 07.07.1998 ersetzende - Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 08.07.1998 sowie der Ablehnungsbescheid vom 27.08.1998 und der Erstattungsbescheid vom 11.09.1998 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998. Insbesondere sind die Bescheide vom 27.08.1998 und vom 11.09.1998 gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Widerspruchsverfahren einbezogen worden, da diese Bescheide auf der Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung beruhen bzw. zur Regelung desselben Dauerrechtsverhältnisses ergangen sind.
Der Kläger erstrebt dabei mit seiner Berufung unbedingt die Aufhebung der Bescheide vom 08.07.1998 und vom 11.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998 auch betreffend den Zeitraum vom 01.01.1998 bis zum 30.06.1998, hilfsweise im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage die Aufhebung des Bescheides vom 27.08.1998 und des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998 nebst Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.08.1998 für eine Restanspruchsdauer von 153 Tagen. Zwischenzeitlich - im Erörterungstermin vom 06.05.2004 - geltend gemachte weitergehende Ansprüche verfolgt der Kläger nicht mehr weiter.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Anschlussberufung gegen die - bezogen auf den Zeitraum vom 01.02.1997 bis zum 31.12.1997 - erfolgte Teilaufhebung ihrer Bescheide vom 08.07.1998 und vom 11.09.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998 durch das Sozialgericht.
Mit diesen Begehren ist die Berufung des Klägers ebenso zulässig wie die die (unselbstständige) Anschlussberufung der Beklagten; insbesondere findet § 524 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) auf die Anschlussberufung im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, RdNrn. 5, 5c zu § 143).
Die Berufung und die Anschlussberufung sind jedoch nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Rücknahme- und Erstattungsbescheide der Beklagten vom 08.07.1998 sowie vom 11.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998 bezogen auf den Zeitraum vom 01.02.1997 bis zum 31.12.1997 aufgehoben (1.) und die Klage im übrigen abgewiesen (2. und 3.).
1. Rechtsgrundlage für eine vollumfängliche Rücknahme der zu Gunsten des Klägers erfolgten Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.02.1997 ist § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, auch nach Unanfechtbarkeit, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X schließt die Rücknahme aus, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Letzteres ist nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der Regel der Fall, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X hingegen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). Nur in diesen Fällen, sowie bei Vorliegen von Wiederaufnahmegründen entsprechend § 580 ZPO wird der Verwaltungsakt gemäß § 45 Abs. 4 SGB X mit Wirkung (auch) für die Vergangenheit zurückgenommen, wobei diese Entscheidung im Ermessen der Behörde steht. Allerdings bestimmt § 152 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw. die inhaltsgleiche Nachfolgeregelung des § 330 Abs. 2 SGB III, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X zwingend mit Wirkung auch für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Bei der Rücknahme eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung und im Falle der Rücknahme eines Verwaltungsakts für die Vergangenheit sind dabei die Fristen des § 45 Abs. 3 und Abs. 4 SGB X zu beachten. Die materielle Beweislast für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts trägt dabei - auch im Falle abweichender Beweislastverteilung bei Erlass des Ursprungsbescheides - die Behörde (vgl. von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, RdNr. 36 zu § 45 SGB X).
In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich die für eine Rücknahme der Bewilligungsentscheidungen, bezogen auf die Zeit vom 01.02.1997 bis zum 31.12.1997, erforderliche Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Arbeitslosengeld bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides nicht erweisen.
Dies gilt insbesondere mit Blick auf die von der Beklagten angenommene fehlende Arbeitslosigkeit des Klägers i. S. der insoweit maßgeblichen §§ 100 ff. AFG, wegen deren Anwendbarkeit und Inhalts auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 30.09.1998 verwiesen wird (§ 153 Abs. 1 i. V. m. § 136 Abs. 3 SGG). Denn der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger im genannten Zeitraum mindestens 18 Stunden in der Woche selbstständig oder als mithelfender Familienangehöriger tätig war.
Zwar heißt es in der Anlage zum Prüfbericht vom 02.07.1998 des Außendienstes der Beklagten, der Kläger habe am 29.06.1998 auf Nachfrage bei einem Besuch in den Geschäftsräumen der Toto Lotto Verkaufsstelle erklärt, er arbeite bereits seit Februar 1997 ganztags unentgeltlich im Geschäft seiner Ehefrau. Jedoch bestehen an der Annahme einer solchen ganztägigen Beschäftigung bereits im Jahre 1997 angesichts der Angaben der Zeuginnen H. und U. in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht nicht auszuschließende Zweifel. Die Zeuginnen haben nämlich insoweit übereinstimmend erklärt, der Kläger sei im Jahre 1997 nur gelegentlich in der Toto Lotto Verkaufsstelle erschienen, da er im wesentlichen mit dem Umbau des Hauses der Eheleute beschäftigt gewesen sei. Diese Angaben sind zwar nicht ohne weiteres überzeugend, aber - trotz der mangelnden Glaubhaftigkeit der die Tätigkeit des Klägers im Jahre 1998 betreffenden weiteren Einlassungen seiner Ehefrau und der späteren Angaben der Zeugen H. im Berufungsverfahren (vgl. hierzu die Ausführungen unter 2.) - auch nicht als von vornherein unglaubhaft anzusehen. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass die Zeugin H. im Rahmen ihrer Vernehmung durch das Sozialgericht - anders als im Berufungsverfahren - eine Mitarbeit des Klägers in der Toto Lotto Verkaufsstelle nicht rundweg verneint, sondern zum Nachteil des Klägers teilweise, bezogen auf das Jahr 1998, bejaht hat. Hinzu kommt, dass sie die angegebene Beschäftigung des Klägers mit dem Umbau des ehelichen Hauses durch die Mitteilung substantiiert hat, er sei im Jahre 1997 (regelmäßig) in Arbeitskleidung im Geschäftslokal erschienen. Damit in zeitlicher Hinsicht übereinstimmend war der Kläger ausweislich der Anlage zum Prüfbericht vom 02.07.1998 auch erst ab Januar 1998 (als geringfügig Beschäftigter) im Betrieb seiner Ehefrau angemeldet und trifft die schriftliche Erklärung des Klägers vom 08.05.1998, die Anmeldung sei bereits vor seiner Arbeitslosigkeit erfolgt, mithin nicht zu.
Nichts anderes gilt mit Blick auf die vom Kläger (ab Januar 1996) bis zum 30.09.1997 als Einzelunternehmer unter dem Namen "Il V. Sportartikel" betriebene Vertretung für eine italienische Sportartikelfirma. Obschon die aus der beim Sozialgericht vorgelegten Einnahmen-Überschussrechnung für das Jahr 1997 u. a. ersichtlichen Aufwendungen für Porto/Telefon in Höhe von DM 2.896,21 und Versandkosten in Höhe von DM 2.867,10 einen nicht unerheblichen zeitlichen Aufwand nahelegen, lässt sich nämlich hierdurch eine Tätigkeit von mindestens 18 Stunden in der Woche nicht belegen.
Angesichts des aus der genannten Einnahmen-Überschussrechnung für das Jahr 1997 ersichtlichen Verlusts in Höhe von DM 18.980,47 scheidet schließlich auch eine Anrechnung von Einkommen auf das dem Kläger bewilligte Arbeitslosengeld aus.
2. Kommt danach allein eine rückwirkende Teilaufhebung der zu Gunsten des Klägers erfolgten Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 01.01.1998 in Betracht, so richtet sich diese nicht nach § 45 SGB X sondern ist sie auf der Grundlage des § 48 SGB X zu beurteilen. Denn Bescheide, die - wie hier diejenigen vom 09.01.1998 und vom 25.02.1998 - die Leistung lediglich auf Grund einer neuen Leistungsverordnung neu festsetzen bzw. dynamisieren, besitzen nur einen eingeschränkten Regelungsgehalt (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2002 - B 7 AL 38/01 R -, SozR 3-1300 § 24 Nr. 21 = FEVS 54, 101 ff. = Breith. 2003, 154 ff. = NZS 2003, 500 ff.), der die hier in Rede stehende Frage der Arbeitslosigkeit des Leistungsempfängers nicht umfasst. Daher ist bei der Prüfung, ob nachträglich eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, nicht auf den Zeitpunkt des Ergehens der genannten Anpassungsbescheide, sondern auf denjenigen des Erlasses des jeweiligen Bewilligungsbescheides abzustellen (vgl. von Wulffen, SGB X, a. a. O., Rdnr. 7 zu § 48). Nichts anderes gilt mit Blick auf die - nach endgültiger Ermittlung des Bemessungsentgelts bzw. einem Lohnsteuerklassenwechsel des Klägers - lediglich die Höhe der Leistungen regelnden Änderungsbescheide vom 06.03.1997 und vom 07.03.1997. Da sich der Aufhebungsbescheid in seinem Verfügungssatz nicht ändert, wenn er hinsichtlich der Folgebescheide nicht mehr auf § 45 SGB X, sondern auf § 48 SGB X gestützt wird, handelt es sich nicht um eine Umdeutung i. S. v. § 43 SGB X. Vielmehr wird der Rücknahmebescheid hinsichtlich der Aufhebung - bei gleich bleibender Regelung - lediglich auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt (vgl. auch hierzu BSG, Urteil vom 15.08.2002, a. a. O.).
Nach § 48 Abs. 1, Abs. 3, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5, Abs. 4 Satz 2 SGB X i. V. mit § 330 Abs. 3 SGB III ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt ist - ebenfalls zwingend - mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X i. V. mit § 330 Abs. 3 SGB III), oder er wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i. V. mit § 330 Abs. 3 SGB III). Dabei sind die die Fristen des § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5, Abs. 4 Satz 2 SGB X zu beachten (§ 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X).
In Anwendung dieser Regelungen sind die für eine Teilaufhebung des Bewilligungsbescheides vom 26.02.1997 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 06.03.1997, vom 07.03.1997, vom 09.01.1998 und vom 25.02.1998 erforderlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X bezogen auf die Zeit ab dem 01.01.1998 erfüllt. Denn der Kläger war ab dem genannten Zeitpunkt nicht mehr arbeitslos i. S. der seither maßgeblichen §§ 117, 118 SGB III, wegen deren Anwendbarkeit und Inhalts wiederum auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 30.09.1998 verwiesen wird (§ 153 Abs. 1 i. V. m. § 136 Abs. 3 SGG). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist auch der Senat davon überzeugt, dass der Kläger in der Zeit ab der offiziellen Aufnahme seiner - angeblich geringfügigen Tätigkeit - am 01.01.1998 eine mindestens 15 Stunden wöchentlich in Anspruch nehmende Beschäftigung in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau ausgeübt hat und somit mangels Beschäftigungslosigkeit die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld nicht (mehr) erfüllt waren.
Dabei geht der Senat zunächst von den im Rahmen der Außenprüfung getroffenen objektiven Feststellungen aus. Denn aus dem Außendienstbericht vom 02.07.1998 und den bei den Akten des Senats befindlichen dienstlichen Äußerungen der Mitarbeiter D., B., R., E. und O. zu den erfolgten Überprüfungen der Toto Lotto Verkaufsstelle ergibt sich nicht nur, dass der ab Januar 1998 als geringfügig Beschäftigter im Betrieb seiner Ehefrau angemeldete Kläger in der Zeit vom 08.05.1998 bis zum 29.06.1998 regelmäßig in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau angetroffen wurde. Vielmehr wurde er anlässlich der insgesamt sechs Überprüfungen an fünf verschiedenen Tagen zu unterschiedlichen Tageszeiten - um 8.30 Uhr, von 11.00 Uhr bis 11.20 Uhr, um 15.00 Uhr (dreimal), um 16.00 Uhr und um 18.30 Uhr - bei der Verrichtung sämtlicher in der Toto Lotto Verkaufsstelle anfallenden Tätigkeiten beobachtet. Dabei hat er nicht nur die Geschäftsräume geöffnet, sondern darüber hinaus auch Spielscheine angenommen sowie kassiert und sogar eine - eingehende Fachkenntnisse voraussetzende - Beratung von Kunden über die Klassenlotterie vorgenommen.
Darüber hinaus hat der bei der Arbeit angetroffene Kläger anlässlich der Außendienstprüfung durch Mitarbeiter der Beklagten am 29.06.1998 angegeben, er arbeite ganztags im Geschäft seiner Ehefrau. Unter Berücksichtigung der über das Ergebnis der Außendienstprüfung erstellten Unterlagen und der dienstlichen Äußerungen des Sachbearbeiters D. hegt der Senat weder Zweifel daran, dass der Kläger diese Angaben gemacht hat, noch dass diese den zeitlichen Umfang der von ihm verrichteten Tätigkeit zutreffend wiedergeben. Dem genannten Sachbearbeiter der Beklagten war die rechtliche Tragweite der damaligen Angaben des Klägers zum zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit bekannt, weshalb der Senat davon überzeugt ist, dass er in besonderem Maße auf die genaue Wiedergabe der klägerischen Angaben geachtet hat. Hinzu kommt, dass der besagte Mitarbeiter der Beklagten die Richtigkeit der seinerzeit im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen sowie der festgehaltenen Angaben des Klägers glaubhaft noch in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 08.03.2003 bestätigt hat. Überzeugend ist dabei insbesondere die Erklärung des Sachbearbeiters, ihm sei trotz des zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraums aus der Erinnerung noch immer gegenwärtig, dass der Kläger besonderen Wert auf die Feststellung gelegt habe, dass er unentgeltlich bei seiner Frau tätig sei.
Dabei zeigt insbesondere diese auch aus seiner schriftlichen Erklärung vom 08.05.1998 ersichtliche Betonung der Unentgeltlichkeit, dass der Kläger seinen am 29.06.1998 gemachten Angaben allein die steuerrechtliche Behandlung seiner Tätigkeit zu Grunde gelegt hat, da er irrig davon ausging, eine leistungsschädliche Beschäftigung oder "Arbeit" liege nur im Falle der Entgeltlichkeit vor. Dies erklärt auch das auf den ersten Blick widersprüchliche Schreiben vom 08.05.1998, in dem es zum einen heißt, es werde eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt und zum anderen ausgeführt wird, der Kläger arbeite nicht. Das vom Kläger am 29.06.1998 abgegebene, mithin nicht von Erwägungen über die rechtlichen Folgen des zeitlichen Umfangs seiner Tätigkeit beeinflusste Eingeständnis einer ganztägigen Beschäftigung ist daher ohne weiteres glaubhaft.
In Ansehung dessen sind die späteren und im übrigen auch wechselnden Einlassungen des Klägers zum Grund seiner Anwesenheit in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau nicht geeignet, Zweifel an der fehlenden Arbeitslosigkeit zu begründen. Vielmehr sind seine Angaben, er habe sich im Geschäftslokal vornehmlich aufgehalten, um die dortigen Einrichtungen für Bewerbungen zu nutzen und weil er sich um seine Ehefrau gesorgt habe, Hilfstätigkeiten habe er nur bei Gelegenheit ausgeübt, als bloße Schutzbehauptungen anzusehen.
Soweit die Ehefrau des Klägers vor dem SG behauptet hat, der Kläger habe sich zwar ab 1998 regelmäßig - mit Unterbrechungen - den ganzen Tag im Betrieb aufgehalten, nicht aber gearbeitet, sind diese Einlassungen nur teilweise zutreffend.
Zutreffend ist zunächst die Angabe der Zeugin, der Kläger sei ab 1998 täglich in der Lottoannahmestelle gewesen. Denn dies stimmt mit den Beobachtungen des Außendienstes an verschiedenen zufällig verteilten Tagen über zwei Monate hinweg und dem Vermerk der Beklagten über den Anruf eines potenziellen Arbeitgebers überein, dem der Kläger zu Bewerbungszwecken gesagt hat, er könne ihn tagsüber in der Lottostelle erreichen. Auch die Zeugin H. hat vor dem SG bestätigt, dass der Kläger sich ab 1998 - mit Unterbrechungen - den ganzen Tag im Geschäft aufgehalten hat.
Nicht glaubhaft ist dagegen, dass der Kläger sich im Geschäft seiner Ehefrau nur aufgehalten haben soll, ohne regelmäßig zu arbeiten. Denn diese Angabe der Ehefrau des Klägers widerspricht den Feststellungen der Außendienstmitarbeiter der Beklagten und den eigenen - wie oben ausgeführt - glaubhaften Angaben des Klägers am 29.06.1998. Das Vorbringen der Ehefrau vor dem Sozialgericht, der Kläger wisse nicht einmal, wie man einen Lottoschein zu stempeln habe, ist angesichts der Angaben des Klägers sowie der Angaben der Zeugin H. gegenüber der früheren Berichterstatterin in der nichtöffentlichen Sitzung des Senats vom 06.05.2004 und der gegenteiligen Feststellungen der Mitarbeiter der Beklagten unzutreffend. Soweit der Kläger, wie von seiner Ehefrau im Rahmen ihrer Vernehmung durch das Sozialgericht und in der nichtöffentlichen Sitzung vom 06.05.2004 angegeben, das Online-System nicht richtig beherrscht haben sollte, steht dies der Annahme einer leistungsschädlichen Betätigung nicht entgegen, zumal die Einführung dieses Systems nach den eigenen Angaben der Zeugin gegenüber dem Sozialgericht erst im Herbst 1998 erfolgte. Zudem hat die Zeugin H. vor dem Sozialgericht ausgesagt, der Kläger habe tatsächlich "gearbeitet", nämlich zum Beispiel die Post geholt und kassiert.
Die Angaben der Zeugin H. im Berufungsverfahren, der Kläger sei nur selten in der Toto Lotto Verkaufsstelle gewesen und habe auch keine Lottoscheine entgegengenommen oder sonstige Tätigkeiten verrichtet, sind offensichtlich unwahr. Zum einen widersprechen sie ihren eigenen Einlassungen vor dem Sozialgericht. Zum anderen hat die Zeugin im Berufungsverfahren auf Frage des Gerichts zunächst aussagt, sie könne sich nicht erinnern, auf die sich anschließende Frage hingegen erklärt, der Kläger habe keine Arbeiten verrichtet, und schließlich auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts eingeräumt, der Kläger habe bei Personalmangel, abends und am Samstag, ausgeholfen sowie die Post geholt. Jede dieser drei Angaben widerspricht der jeweils vorigen, ohne dass die Zeugin H. die Diskrepanzen hätte erklären können. Hinzu kommt, dass die von der Zeugin H. nunmehr angegebene Aufenthaltsdauer und Tätigkeit des Klägers in der Toto Lotto Verkaufsstelle selbst die vom Kläger und seiner Ehefrau eingeräumten (regelmäßigen) Aufenthaltszeiten und (geringfügigen) Tätigkeiten unterschreitet.
Für die vom Kläger angebotene Beweiserhebung durch Vernehmung der Steuerberater Friedmann und Martin besteht kein Anlass. Dass der Kläger im Jahr 1998 nicht als sozialversicherungspflichtig Beschäftigter im Betrieb seiner Ehefrau angemeldet war, ist bereits zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Ob und in welchem zeitlichen Umfang er tatsächlich in der Toto Lotto Verkaufsstelle gearbeitet hat, vermögen die angebotenen Zeugen aus eigener Anschauung nicht anzugeben.
Schließlich ist der Kläger auch seiner nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bestehenden Obliegenheit zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig nicht nachgekommen. Denn er war durch das ihm im Januar 1997 ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose (Stand: April 1996) hinreichend über seine Pflicht zur Mitteilung einer Arbeitsaufnahme - auch als Selbstständiger oder mithelfender Familienangehöriger - und der Ausübung oder Aufnahme selbst einer nicht steuer- oder sozialversicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung belehrt worden (vgl. S. 50 Nrn. 2 und 5 des Merkblatts). Der Kläger hätte daher nach der ihm obliegenden und im übrigen auch durch seine Unterschrift bestätigten Kenntnisnahme vom Inhalt des Merkblattes wissen müssen, dass er zur Anzeige seiner Beschäftigungsaufnahme zum Zwecke der im Merkblatt ebenfalls angeführten Prüfung ihrer Leistungsschädlichkeit durch die Arbeitsverwaltung verpflichtet war.
Der Anspruch der Beklagten auf Erstattung des im Jahre 1998 überzahlten Arbeitslosengeldes sowie der in dieser Zeit entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ergibt sich aus den §§ 50 Abs. 1 SGB X, 335 SGB III).
3. Der auf Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 11.08.1998 gerichtete Hilfsantrag des Klägers hat ebenfalls keinen Erfolg. Denn für eine zu diesem Zeitpunkt wieder eingetretene Arbeitslosigkeit des Klägers besteht keinerlei Anhalt, zumal der Kläger im vorliegenden Berufungsverfahren selbst angegeben hat, an seiner Tätigkeit in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau habe sich im Verlaufe des Jahres 1998 nichts geändert.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von zu Lasten des Klägers ergangenen Aufhebungs- und Erstattungsentscheidungen der Beklagten sowie das Bestehen eines Anspruches des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosengeld.
Der im Jahre 1951 geborene Kläger war von 1984 bis zum 31.01.1997 in der Schweiz als Geschäftsführer im Transportgewerbe tätig. Er lebt mit seiner Ehefrau in K., wo letztere seit Beginn des Jahres 1996 eine Toto Lotto Verkaufsstelle betreibt.
Am 22.01.1997 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Im von ihm ausgefüllten Antragsvordruck gab er an, er übe keine selbstständige Tätigkeit oder Nebenbeschäftigung aus und helfe auch einem Familienangehörigen nicht bei einer solchen. Abschließend versicherte er unterschriftlich einerseits das Zutreffen seiner Angaben und die Kenntnisnahme vom Inhalt des von ihm erhaltenen Merkblatts 1 für Arbeitslose sowie andererseits die Richtigkeit der durch ihn oder die Antragsannahme des Arbeitsamtes vorgenommenen Änderungen bzw. Ergänzungen.
Mit Bescheid vom 26.02.1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin ab dem 01.02.1997 der Höhe nach vorläufig Arbeitslosengeld nach Leistungsgruppe D für eine Anpruchsdauer von 572 Tagen. Unter Zugrundelegung des in der Folgezeit fiktiv ermittelten Bemessungsentgelts von wöchentlich 1.066,00 wurden ihm durch Änderungsbescheid vom 06.03.1997 rückwirkend zum 01.02.1997 erhöhte Leistungen von wöchentlich DM 348,00 gewährt. Durch weiteren Änderungsbescheid vom 07.03.1997 wurden infolge eines Lohnsteuerklassenwechsels des Klägers ab dem 01.03.1997 Leistungen nach Leistungsgruppe C in Höhe von DM 603,00 bei einer ursprünglichen Anspruchsdauer von 668 Tagen bewilligt. Ab dem 01.01.1998 wurde der Leistungssatz an die geänderte Leistungsentgeltverordnung angepasst und mit Änderungsbescheid vom 09.01.1998 auf DM 605,57 festgesetzt. Schließlich erfolgte mit Änderungsbescheid 25.02.1998 eine Dynamisierung des Bemessungsentgelts auf DM 1.690,00 nebst Bewilligung eines wöchentlichen Leistungssatzes von 615,09 DM. Die bewilligten Leistungen wurden zunächst an den Kläger ausbezahlt.
Am 08.05.1998 erklärte der Kläger auf entsprechende Nachfrage seines Arbeitsvermittlers schriftlich, er habe bei der Antragsabgabe versäumt, eine aus "steuertechnischen Gründen" geringwertige Tätigkeit im Rahmen des 620-DM Gesetzes anzugeben. Er habe nie einen Pfennig erhalten, die Anmeldung sei pro forma bereits vor seiner Arbeitslosigkeit erfolgt. Er arbeite nicht bei seiner Ehefrau.
Im Rahmen der daraufhin von der Beklagten veranlassten Überprüfung durch ihren Außendienst wurde der Kläger in der Zeit vom 08.05.1998 bis zum 29.06.1998 regelmäßig in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau angetroffen. Anlässlich der insgesamt sechs Überprüfungen an fünf verschiedenen Tagen wurde er zu unterschiedlichen Tageszeiten bei der Annahme von Spielscheinen, der Beratung von Kunden bzw. der Öffnung der Annahmestelle beobachtet. Am 29.06.1998 erklärte der Kläger auf Nachfrage durch den Außendienst der Beklagten bei einem Besuch in den Geschäftsräumen der Toto Lotto Verkaufsstelle, er arbeite bereits seit Februar 1997 ganztags unentgeltlich im Geschäft seiner Ehefrau. Die Prüfung der Geschäftsunterlagen im Büro des Steuerberaters des Klägers ergab, dass der Kläger seit Januar 1998 als geringfügig Beschäftigter mit einem Entgelt von 610 DM angemeldet war. Zuvor waren Ende April 1997 eine teilzeitbeschäftigte Mitarbeiterin und mit Ablauf des Jahres 1997 der geringfügig beschäftigte Vater des Klägers aus dem Betrieb ausgeschieden. Darüber hinaus wurde bekannt, dass der Kläger in der Zeit von Januar 1996 bis zum 30.09.1997 als Einzelunternehmer unter dem Namen "Il V. Sportartikel" eine Vertretung für eine italienische Sportartikelfirma betrieben hatte (vgl. zu alledem die Anlage zum Prüfbericht vom 02.07.1998). Bereits am 12.05.1998 war der Beklagten darüber hinaus bekannt geworden, dass der Kläger anlässlich einer Bewerbung mitgeteilt hatte, er sei tagsüber im Geschäft seiner Ehefrau erreichbar (vgl. hierzu den Vermerk über ein Telefonat vom 12.05.1998).
Die Beklagte stellte daraufhin ihre Zahlungen an den Kläger zum 30.06.1998 - bei einer verbleibenden Restanspruchsdauer von 153 Tagen - ein. Mit Bescheid vom 07.07.1998 hob sie ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 01.01.1998 wegen zu diesem Zeitpunkt erfolgter Arbeitsaufnahme des Klägers auf. Durch weiteren Bescheid vom 08.07.1998 nahm sie gestützt auf § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.02.1997 vollumfänglich zurück und forderte vom Kläger die Erstattung überzahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von DM 43.585,31.
Der Kläger erhob Widerspruch, zu dessen Begründung er vortrug, er habe nicht ganztags im Betrieb seiner Ehefrau gearbeitet. Zwar habe er sich in der Toto Lotto Verkaufsstelle bevorzugt aufgehalten, jedoch habe er dem Arbeitsmarkt trotz der zeitweisen Mithilfe im Geschäft seiner Ehefrau weiter uneingeschränkt zur Verfügung gestanden. Seine Erklärung vom 08.05.1998 sei unrichtig.
Am 11.08.1998 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In der Folgezeit gab er an, er gehe keiner bezahlten Nebentätigkeit oder selbstständigen Tätigkeit nach. Mit Bescheid vom 27.08.1998 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger mehr als kurzzeitig beschäftigt und damit nicht arbeitslos sei. Seither hat sich der Kläger bei der Beklagten nicht mehr arbeitssuchend gemeldet.
Mit Bescheid vom 11.09.1998 forderte die Beklagte vom Kläger die Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.02.1997 bis 30.06.1998 in Höhe von insgesamt 14.522,86 DM.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers "gegen den Bescheid vom 08.07.1998 in der Fassung der Bescheide vom 27.08.1998 und vom 11.09.1998" zurück, da die Rückforderung der Leistungen und die Ablehnung von Arbeitslosengeld zu Recht erfolgt seien. Der Kläger sei unter Berücksichtigung seiner mehr als kurzzeitigen Tätigkeiten in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau und in seinem eigenen Sportartikelgeschäft ab dem 01.02.1997 nicht arbeitslos gewesen.
Am 30.10.1998 hat der Kläger beim Sozialgericht Konstanz Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er bestreite nicht, sich während seiner Arbeitslosigkeit zeitweise in den Geschäftsräumen des von seiner Ehefrau betriebenen Unternehmens aufgehalten zu haben. Die dortigen Einrichtungen habe er für Bewerbungen genutzt. Unbestritten sei, dass er bei Gelegenheit Hilfstätigkeiten in geringem Umfang, jedenfalls unter 15 Stunden wöchentlich, verrichtet habe. Zu den von der Beklagten dokumentierten Zeiten habe er gerade seine pausierende Ehefrau entlastet. Es handle sich nur um eine Koinzidenz, dass zeitgleich einer Mitarbeiterin, wegen Unregelmäßigkeiten (an anderer Stelle heißt es wegen Wegfalls eines Großkunden und dem damit verbundenen Umsatzeinbruch), gekündigt worden sei. Vorgelegt wurde ein Schreiben des Steuerbevollmächtigten Martin vom 31.10.1998, wonach der Kläger bei seiner Frau nicht als versicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sei; der Kläger habe seinen erkrankten Vater als Aushilfe ersetzt. Eine Vorlage der Bilanzen hat die Ehefrau des Klägers verweigert. Bezogen auf seine Sportartikelvertretung hat der Kläger unter Vorlage entsprechender Einnahmen-Überschussrechnungen vorgetragen, er habe im Jahre 1996 einen Gewinn von DM 10.567,96 erwirtschaftet; im Jahre 1997 sei allerdings ein Verlust in Höhe von DM 18.980,47 angefallen. Nachdem es ihm nicht gelungen sei, deutscher Repräsentant des italienischen Unternehmens zu werden, habe er das Gewerbe bis zur Auflösung im September 1997 nur noch abgewickelt und monatlich jedenfalls unter 5 Stunden an Zeit investiert.
Das Sozialgericht hat in der nichtöffentlichen Sitzung vom 29.03.2001 die Ehefrau des Klägers und die von Januar 1996 bis Oktober 1999 in deren Betrieb beschäftigte H. als Zeugen vernommen. Die Zeugin H. hat dabei im wesentlichen angegeben, der Kläger sei im Jahre 1997 hin und wieder kurz in der Toto Lotto Verkaufsstelle gewesen. Er habe unter Umständen auch einmal die Post geholt, mitgearbeitet habe er aber nicht. Er sei zu jener Zeit sehr mit dem Umbau eines Hauses befasst gewesen und in Arbeitskleidung erschienen, z. B. um ein Vesper zu bringen. Der Umbau sei im Jahre 1997 durchgeführt worden, habe sich aber auch in das Jahr 1998 erstreckt. Ab dem Jahre 1998 habe der Kläger in der Toto Lotto Verkaufsstelle gearbeitet, z. B. kassiert oder die Post geholt. Er sei von dieser Zeit an täglich den ganzen Tag da, aber während des Tages immer wieder weg gewesen. Die Ehefrau des Klägers hat erklärt, ihr Ehemann sei im Jahre 1997 nur gelegentlich im Geschäft, im wesentlichen aber auf der Baustelle ihres Hauses gewesen. Der Umbau habe im Januar oder Februar 1997 begonnen. Ab dem 01.01.1998 habe sie ihren Ehemann gegen ein vereinbartes Arbeitsentgelt von DM 610,00 beschäftigt. Er sei zwar den ganzen Tag da, nicht aber über 15 Stunden in der Woche beschäftigt gewesen. Er habe die Infrastruktur des Geschäfts für Bewerbungen u. ä. genutzt; mitgearbeitet habe er, wenn es nicht anders gegangen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Angaben der Zeuginnen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Mit Urteil vom 25.10.2001 hat das Sozialgericht die Bescheide vom 08.07.1998 und vom 11.09.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998 insoweit abgeändert, "als die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld erst ab dem 01.01.1998 erfolgt". Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Diese Entscheidung ist den Beteiligten am 16.10.2002 zugestellt worden.
Am 15.11.2002 hat der Kläger Berufung eingelegt.
Die Beklagte hat den Inhalt des Prüfberichts vom 02.07.1998 bestätigende dienstliche Äußerungen ihrer Mitarbeiter D., B., R., E. und O. zu den erfolgten Überprüfungen der Toto Lotto Verkaufsstelle der Ehefrau des Klägers vorgelegt. Zum Inhalt derselben wird auf die Prozessakten des Senats verwiesen.
In der nichtöffentlichen Sitzung vom 06.05.2004 hat die damalige Berichterstatterin den Kläger persönlich angehört und die Zeugin H. sowie die Ehefrau des Klägers erneut vernommen. Der Kläger hat vorgetragen, er habe bei seiner Ehefrau im Geschäft die Infrastruktur genutzt und sich um seine Sachen gekümmert. Auch habe er seine Ehefrau unterstützt, da er sich wegen der Lage der Toto Lotto Verkaufsstelle im Bahnhofsbereich und der z. T. merkwürdigen Kundschaft um sie gesorgt habe. Die Zeugin H. hat im wesentlichen angegeben, sie habe bei der Arbeit keine Sicherheitsbedenken gehabt. Sie könne sich nicht erinnern, dass der Kläger ab dem Jahr 1998 tatsächlich den ganzen Tag da gewesen sei. Dies sei auch nicht notwendig gewesen. Er sei nur hin und wieder da gewesen, beispielsweise um die Post zu holen oder zu bringen. Lottoscheine habe er nicht entgegengenommen; auch habe er keine anderen Tätigkeiten in der Annahmestelle verrichtet. 15 oder gar 18 Stunden in der Woche habe er nicht gearbeitet. Die Ehefrau des Klägers hat u. a. erklärt, der Kläger sei im Geschäft nicht eingeplant gewesen und habe kommen und gehen können, wann er gewollt habe. Er habe nur hin und wieder in geringfügigem Umfang im Laden mitgeholfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.11.2004 hat der Senat Beweis erhoben durch erneute Vernehmung der Zeugin H ... Diese hat auf Vorhalt ihrer unterschiedlichen Angaben vor dem Sozialgericht und der Berichterstatterin des Senats im wesentlichen angegeben, der Kläger sei nicht den ganzen Tag in der Toto Lotto Verkaufsstelle gewesen. Er habe allerdings gelegentlich gearbeitet, z. B. kassiert oder die Post geholt. Gelegentlich habe er auch Beträge entgegengenommen. Dass er gearbeitet habe, wie sie im Jahre 2001 ausgesagt habe, würde sie heute nicht wiederholen, zumindest nicht i. S. von Arbeiten. Dies habe sie seinerzeit nicht so gemeint. Ihres Wissens habe sich im Verhalten des Klägers im Jahre 1998 hinsichtlich seiner Anwesenheit im Betrieb und seiner gelegentlichen Mitarbeit nichts geändert. An den Geschäftsablauf könne sie sich durchaus noch erinnern. Allerdings könne sie sich nicht mehr erinnern, ob und wie lange der Kläger im Betrieb und außerhalb des Betriebs tätig gewesen sei.
Die Beklagte hat daraufhin im Termin vom 17.11.2004 Anschlussberufung eingelegt.
Der Kläger trägt vor, die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Leistungsbewilligungen seien nicht erfüllt, da er während des gesamten Bewilligungszeitraums arbeitslos gewesen sei. Ergänzend hat er vorgetragen, er habe jedenfalls Anspruch auf Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Restanspruchsdauer von 153 Tagen im Anschluss an den von ihm am 11.08.1998 gestellten weiteren Antrag. An seiner Tätigkeit in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau habe sich im Verlaufe des Jahres 1998 nichts geändert; bis März 2002 sei er dann ohne Beschäftigung gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Oktober 2001 abzuändern und die Bescheide vom 08. Juli 1998, 27. August 1998 und 11. September 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 1998 aufzuheben, hilfsweise, den Bescheid vom 27. August 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. September 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld ab dem 11. August 1998 für eine Restanspruchsdauer von 153 Tagen zu bewilligen,
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen,
sowie das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25. Oktober 2001 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Ergebnis der Ermittlungen belege eine mangelnde Arbeitslosigkeit des Klägers bereits am 01.01.1997. Im übrigen hält sie das angegriffene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten sowie die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten und die gleichfalls beigezogenen Akten des Sozialgerichts Konstanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der - den Aufhebungsbescheid vom 07.07.1998 ersetzende - Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 08.07.1998 sowie der Ablehnungsbescheid vom 27.08.1998 und der Erstattungsbescheid vom 11.09.1998 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998. Insbesondere sind die Bescheide vom 27.08.1998 und vom 11.09.1998 gemäß § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Widerspruchsverfahren einbezogen worden, da diese Bescheide auf der Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung beruhen bzw. zur Regelung desselben Dauerrechtsverhältnisses ergangen sind.
Der Kläger erstrebt dabei mit seiner Berufung unbedingt die Aufhebung der Bescheide vom 08.07.1998 und vom 11.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998 auch betreffend den Zeitraum vom 01.01.1998 bis zum 30.06.1998, hilfsweise im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage die Aufhebung des Bescheides vom 27.08.1998 und des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998 nebst Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.08.1998 für eine Restanspruchsdauer von 153 Tagen. Zwischenzeitlich - im Erörterungstermin vom 06.05.2004 - geltend gemachte weitergehende Ansprüche verfolgt der Kläger nicht mehr weiter.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Anschlussberufung gegen die - bezogen auf den Zeitraum vom 01.02.1997 bis zum 31.12.1997 - erfolgte Teilaufhebung ihrer Bescheide vom 08.07.1998 und vom 11.09.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998 durch das Sozialgericht.
Mit diesen Begehren ist die Berufung des Klägers ebenso zulässig wie die die (unselbstständige) Anschlussberufung der Beklagten; insbesondere findet § 524 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) auf die Anschlussberufung im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, RdNrn. 5, 5c zu § 143).
Die Berufung und die Anschlussberufung sind jedoch nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Rücknahme- und Erstattungsbescheide der Beklagten vom 08.07.1998 sowie vom 11.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1998 bezogen auf den Zeitraum vom 01.02.1997 bis zum 31.12.1997 aufgehoben (1.) und die Klage im übrigen abgewiesen (2. und 3.).
1. Rechtsgrundlage für eine vollumfängliche Rücknahme der zu Gunsten des Klägers erfolgten Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.02.1997 ist § 45 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 SGB III.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, auch nach Unanfechtbarkeit, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X schließt die Rücknahme aus, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Letzteres ist nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X in der Regel der Fall, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gem. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X hingegen nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (Nr. 1), der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3). Nur in diesen Fällen, sowie bei Vorliegen von Wiederaufnahmegründen entsprechend § 580 ZPO wird der Verwaltungsakt gemäß § 45 Abs. 4 SGB X mit Wirkung (auch) für die Vergangenheit zurückgenommen, wobei diese Entscheidung im Ermessen der Behörde steht. Allerdings bestimmt § 152 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bzw. die inhaltsgleiche Nachfolgeregelung des § 330 Abs. 2 SGB III, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X zwingend mit Wirkung auch für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Bei der Rücknahme eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung und im Falle der Rücknahme eines Verwaltungsakts für die Vergangenheit sind dabei die Fristen des § 45 Abs. 3 und Abs. 4 SGB X zu beachten. Die materielle Beweislast für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts trägt dabei - auch im Falle abweichender Beweislastverteilung bei Erlass des Ursprungsbescheides - die Behörde (vgl. von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, RdNr. 36 zu § 45 SGB X).
In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich die für eine Rücknahme der Bewilligungsentscheidungen, bezogen auf die Zeit vom 01.02.1997 bis zum 31.12.1997, erforderliche Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Arbeitslosengeld bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides nicht erweisen.
Dies gilt insbesondere mit Blick auf die von der Beklagten angenommene fehlende Arbeitslosigkeit des Klägers i. S. der insoweit maßgeblichen §§ 100 ff. AFG, wegen deren Anwendbarkeit und Inhalts auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 30.09.1998 verwiesen wird (§ 153 Abs. 1 i. V. m. § 136 Abs. 3 SGG). Denn der Senat vermag sich nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger im genannten Zeitraum mindestens 18 Stunden in der Woche selbstständig oder als mithelfender Familienangehöriger tätig war.
Zwar heißt es in der Anlage zum Prüfbericht vom 02.07.1998 des Außendienstes der Beklagten, der Kläger habe am 29.06.1998 auf Nachfrage bei einem Besuch in den Geschäftsräumen der Toto Lotto Verkaufsstelle erklärt, er arbeite bereits seit Februar 1997 ganztags unentgeltlich im Geschäft seiner Ehefrau. Jedoch bestehen an der Annahme einer solchen ganztägigen Beschäftigung bereits im Jahre 1997 angesichts der Angaben der Zeuginnen H. und U. in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht nicht auszuschließende Zweifel. Die Zeuginnen haben nämlich insoweit übereinstimmend erklärt, der Kläger sei im Jahre 1997 nur gelegentlich in der Toto Lotto Verkaufsstelle erschienen, da er im wesentlichen mit dem Umbau des Hauses der Eheleute beschäftigt gewesen sei. Diese Angaben sind zwar nicht ohne weiteres überzeugend, aber - trotz der mangelnden Glaubhaftigkeit der die Tätigkeit des Klägers im Jahre 1998 betreffenden weiteren Einlassungen seiner Ehefrau und der späteren Angaben der Zeugen H. im Berufungsverfahren (vgl. hierzu die Ausführungen unter 2.) - auch nicht als von vornherein unglaubhaft anzusehen. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass die Zeugin H. im Rahmen ihrer Vernehmung durch das Sozialgericht - anders als im Berufungsverfahren - eine Mitarbeit des Klägers in der Toto Lotto Verkaufsstelle nicht rundweg verneint, sondern zum Nachteil des Klägers teilweise, bezogen auf das Jahr 1998, bejaht hat. Hinzu kommt, dass sie die angegebene Beschäftigung des Klägers mit dem Umbau des ehelichen Hauses durch die Mitteilung substantiiert hat, er sei im Jahre 1997 (regelmäßig) in Arbeitskleidung im Geschäftslokal erschienen. Damit in zeitlicher Hinsicht übereinstimmend war der Kläger ausweislich der Anlage zum Prüfbericht vom 02.07.1998 auch erst ab Januar 1998 (als geringfügig Beschäftigter) im Betrieb seiner Ehefrau angemeldet und trifft die schriftliche Erklärung des Klägers vom 08.05.1998, die Anmeldung sei bereits vor seiner Arbeitslosigkeit erfolgt, mithin nicht zu.
Nichts anderes gilt mit Blick auf die vom Kläger (ab Januar 1996) bis zum 30.09.1997 als Einzelunternehmer unter dem Namen "Il V. Sportartikel" betriebene Vertretung für eine italienische Sportartikelfirma. Obschon die aus der beim Sozialgericht vorgelegten Einnahmen-Überschussrechnung für das Jahr 1997 u. a. ersichtlichen Aufwendungen für Porto/Telefon in Höhe von DM 2.896,21 und Versandkosten in Höhe von DM 2.867,10 einen nicht unerheblichen zeitlichen Aufwand nahelegen, lässt sich nämlich hierdurch eine Tätigkeit von mindestens 18 Stunden in der Woche nicht belegen.
Angesichts des aus der genannten Einnahmen-Überschussrechnung für das Jahr 1997 ersichtlichen Verlusts in Höhe von DM 18.980,47 scheidet schließlich auch eine Anrechnung von Einkommen auf das dem Kläger bewilligte Arbeitslosengeld aus.
2. Kommt danach allein eine rückwirkende Teilaufhebung der zu Gunsten des Klägers erfolgten Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 01.01.1998 in Betracht, so richtet sich diese nicht nach § 45 SGB X sondern ist sie auf der Grundlage des § 48 SGB X zu beurteilen. Denn Bescheide, die - wie hier diejenigen vom 09.01.1998 und vom 25.02.1998 - die Leistung lediglich auf Grund einer neuen Leistungsverordnung neu festsetzen bzw. dynamisieren, besitzen nur einen eingeschränkten Regelungsgehalt (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.2002 - B 7 AL 38/01 R -, SozR 3-1300 § 24 Nr. 21 = FEVS 54, 101 ff. = Breith. 2003, 154 ff. = NZS 2003, 500 ff.), der die hier in Rede stehende Frage der Arbeitslosigkeit des Leistungsempfängers nicht umfasst. Daher ist bei der Prüfung, ob nachträglich eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, nicht auf den Zeitpunkt des Ergehens der genannten Anpassungsbescheide, sondern auf denjenigen des Erlasses des jeweiligen Bewilligungsbescheides abzustellen (vgl. von Wulffen, SGB X, a. a. O., Rdnr. 7 zu § 48). Nichts anderes gilt mit Blick auf die - nach endgültiger Ermittlung des Bemessungsentgelts bzw. einem Lohnsteuerklassenwechsel des Klägers - lediglich die Höhe der Leistungen regelnden Änderungsbescheide vom 06.03.1997 und vom 07.03.1997. Da sich der Aufhebungsbescheid in seinem Verfügungssatz nicht ändert, wenn er hinsichtlich der Folgebescheide nicht mehr auf § 45 SGB X, sondern auf § 48 SGB X gestützt wird, handelt es sich nicht um eine Umdeutung i. S. v. § 43 SGB X. Vielmehr wird der Rücknahmebescheid hinsichtlich der Aufhebung - bei gleich bleibender Regelung - lediglich auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt (vgl. auch hierzu BSG, Urteil vom 15.08.2002, a. a. O.).
Nach § 48 Abs. 1, Abs. 3, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5, Abs. 4 Satz 2 SGB X i. V. mit § 330 Abs. 3 SGB III ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt ist - ebenfalls zwingend - mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X i. V. mit § 330 Abs. 3 SGB III), oder er wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i. V. mit § 330 Abs. 3 SGB III). Dabei sind die die Fristen des § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5, Abs. 4 Satz 2 SGB X zu beachten (§ 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X).
In Anwendung dieser Regelungen sind die für eine Teilaufhebung des Bewilligungsbescheides vom 26.02.1997 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 06.03.1997, vom 07.03.1997, vom 09.01.1998 und vom 25.02.1998 erforderlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X bezogen auf die Zeit ab dem 01.01.1998 erfüllt. Denn der Kläger war ab dem genannten Zeitpunkt nicht mehr arbeitslos i. S. der seither maßgeblichen §§ 117, 118 SGB III, wegen deren Anwendbarkeit und Inhalts wiederum auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 30.09.1998 verwiesen wird (§ 153 Abs. 1 i. V. m. § 136 Abs. 3 SGG). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist auch der Senat davon überzeugt, dass der Kläger in der Zeit ab der offiziellen Aufnahme seiner - angeblich geringfügigen Tätigkeit - am 01.01.1998 eine mindestens 15 Stunden wöchentlich in Anspruch nehmende Beschäftigung in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau ausgeübt hat und somit mangels Beschäftigungslosigkeit die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld nicht (mehr) erfüllt waren.
Dabei geht der Senat zunächst von den im Rahmen der Außenprüfung getroffenen objektiven Feststellungen aus. Denn aus dem Außendienstbericht vom 02.07.1998 und den bei den Akten des Senats befindlichen dienstlichen Äußerungen der Mitarbeiter D., B., R., E. und O. zu den erfolgten Überprüfungen der Toto Lotto Verkaufsstelle ergibt sich nicht nur, dass der ab Januar 1998 als geringfügig Beschäftigter im Betrieb seiner Ehefrau angemeldete Kläger in der Zeit vom 08.05.1998 bis zum 29.06.1998 regelmäßig in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau angetroffen wurde. Vielmehr wurde er anlässlich der insgesamt sechs Überprüfungen an fünf verschiedenen Tagen zu unterschiedlichen Tageszeiten - um 8.30 Uhr, von 11.00 Uhr bis 11.20 Uhr, um 15.00 Uhr (dreimal), um 16.00 Uhr und um 18.30 Uhr - bei der Verrichtung sämtlicher in der Toto Lotto Verkaufsstelle anfallenden Tätigkeiten beobachtet. Dabei hat er nicht nur die Geschäftsräume geöffnet, sondern darüber hinaus auch Spielscheine angenommen sowie kassiert und sogar eine - eingehende Fachkenntnisse voraussetzende - Beratung von Kunden über die Klassenlotterie vorgenommen.
Darüber hinaus hat der bei der Arbeit angetroffene Kläger anlässlich der Außendienstprüfung durch Mitarbeiter der Beklagten am 29.06.1998 angegeben, er arbeite ganztags im Geschäft seiner Ehefrau. Unter Berücksichtigung der über das Ergebnis der Außendienstprüfung erstellten Unterlagen und der dienstlichen Äußerungen des Sachbearbeiters D. hegt der Senat weder Zweifel daran, dass der Kläger diese Angaben gemacht hat, noch dass diese den zeitlichen Umfang der von ihm verrichteten Tätigkeit zutreffend wiedergeben. Dem genannten Sachbearbeiter der Beklagten war die rechtliche Tragweite der damaligen Angaben des Klägers zum zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit bekannt, weshalb der Senat davon überzeugt ist, dass er in besonderem Maße auf die genaue Wiedergabe der klägerischen Angaben geachtet hat. Hinzu kommt, dass der besagte Mitarbeiter der Beklagten die Richtigkeit der seinerzeit im Rahmen der Außenprüfung getroffenen Feststellungen sowie der festgehaltenen Angaben des Klägers glaubhaft noch in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 08.03.2003 bestätigt hat. Überzeugend ist dabei insbesondere die Erklärung des Sachbearbeiters, ihm sei trotz des zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraums aus der Erinnerung noch immer gegenwärtig, dass der Kläger besonderen Wert auf die Feststellung gelegt habe, dass er unentgeltlich bei seiner Frau tätig sei.
Dabei zeigt insbesondere diese auch aus seiner schriftlichen Erklärung vom 08.05.1998 ersichtliche Betonung der Unentgeltlichkeit, dass der Kläger seinen am 29.06.1998 gemachten Angaben allein die steuerrechtliche Behandlung seiner Tätigkeit zu Grunde gelegt hat, da er irrig davon ausging, eine leistungsschädliche Beschäftigung oder "Arbeit" liege nur im Falle der Entgeltlichkeit vor. Dies erklärt auch das auf den ersten Blick widersprüchliche Schreiben vom 08.05.1998, in dem es zum einen heißt, es werde eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt und zum anderen ausgeführt wird, der Kläger arbeite nicht. Das vom Kläger am 29.06.1998 abgegebene, mithin nicht von Erwägungen über die rechtlichen Folgen des zeitlichen Umfangs seiner Tätigkeit beeinflusste Eingeständnis einer ganztägigen Beschäftigung ist daher ohne weiteres glaubhaft.
In Ansehung dessen sind die späteren und im übrigen auch wechselnden Einlassungen des Klägers zum Grund seiner Anwesenheit in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau nicht geeignet, Zweifel an der fehlenden Arbeitslosigkeit zu begründen. Vielmehr sind seine Angaben, er habe sich im Geschäftslokal vornehmlich aufgehalten, um die dortigen Einrichtungen für Bewerbungen zu nutzen und weil er sich um seine Ehefrau gesorgt habe, Hilfstätigkeiten habe er nur bei Gelegenheit ausgeübt, als bloße Schutzbehauptungen anzusehen.
Soweit die Ehefrau des Klägers vor dem SG behauptet hat, der Kläger habe sich zwar ab 1998 regelmäßig - mit Unterbrechungen - den ganzen Tag im Betrieb aufgehalten, nicht aber gearbeitet, sind diese Einlassungen nur teilweise zutreffend.
Zutreffend ist zunächst die Angabe der Zeugin, der Kläger sei ab 1998 täglich in der Lottoannahmestelle gewesen. Denn dies stimmt mit den Beobachtungen des Außendienstes an verschiedenen zufällig verteilten Tagen über zwei Monate hinweg und dem Vermerk der Beklagten über den Anruf eines potenziellen Arbeitgebers überein, dem der Kläger zu Bewerbungszwecken gesagt hat, er könne ihn tagsüber in der Lottostelle erreichen. Auch die Zeugin H. hat vor dem SG bestätigt, dass der Kläger sich ab 1998 - mit Unterbrechungen - den ganzen Tag im Geschäft aufgehalten hat.
Nicht glaubhaft ist dagegen, dass der Kläger sich im Geschäft seiner Ehefrau nur aufgehalten haben soll, ohne regelmäßig zu arbeiten. Denn diese Angabe der Ehefrau des Klägers widerspricht den Feststellungen der Außendienstmitarbeiter der Beklagten und den eigenen - wie oben ausgeführt - glaubhaften Angaben des Klägers am 29.06.1998. Das Vorbringen der Ehefrau vor dem Sozialgericht, der Kläger wisse nicht einmal, wie man einen Lottoschein zu stempeln habe, ist angesichts der Angaben des Klägers sowie der Angaben der Zeugin H. gegenüber der früheren Berichterstatterin in der nichtöffentlichen Sitzung des Senats vom 06.05.2004 und der gegenteiligen Feststellungen der Mitarbeiter der Beklagten unzutreffend. Soweit der Kläger, wie von seiner Ehefrau im Rahmen ihrer Vernehmung durch das Sozialgericht und in der nichtöffentlichen Sitzung vom 06.05.2004 angegeben, das Online-System nicht richtig beherrscht haben sollte, steht dies der Annahme einer leistungsschädlichen Betätigung nicht entgegen, zumal die Einführung dieses Systems nach den eigenen Angaben der Zeugin gegenüber dem Sozialgericht erst im Herbst 1998 erfolgte. Zudem hat die Zeugin H. vor dem Sozialgericht ausgesagt, der Kläger habe tatsächlich "gearbeitet", nämlich zum Beispiel die Post geholt und kassiert.
Die Angaben der Zeugin H. im Berufungsverfahren, der Kläger sei nur selten in der Toto Lotto Verkaufsstelle gewesen und habe auch keine Lottoscheine entgegengenommen oder sonstige Tätigkeiten verrichtet, sind offensichtlich unwahr. Zum einen widersprechen sie ihren eigenen Einlassungen vor dem Sozialgericht. Zum anderen hat die Zeugin im Berufungsverfahren auf Frage des Gerichts zunächst aussagt, sie könne sich nicht erinnern, auf die sich anschließende Frage hingegen erklärt, der Kläger habe keine Arbeiten verrichtet, und schließlich auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts eingeräumt, der Kläger habe bei Personalmangel, abends und am Samstag, ausgeholfen sowie die Post geholt. Jede dieser drei Angaben widerspricht der jeweils vorigen, ohne dass die Zeugin H. die Diskrepanzen hätte erklären können. Hinzu kommt, dass die von der Zeugin H. nunmehr angegebene Aufenthaltsdauer und Tätigkeit des Klägers in der Toto Lotto Verkaufsstelle selbst die vom Kläger und seiner Ehefrau eingeräumten (regelmäßigen) Aufenthaltszeiten und (geringfügigen) Tätigkeiten unterschreitet.
Für die vom Kläger angebotene Beweiserhebung durch Vernehmung der Steuerberater Friedmann und Martin besteht kein Anlass. Dass der Kläger im Jahr 1998 nicht als sozialversicherungspflichtig Beschäftigter im Betrieb seiner Ehefrau angemeldet war, ist bereits zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Ob und in welchem zeitlichen Umfang er tatsächlich in der Toto Lotto Verkaufsstelle gearbeitet hat, vermögen die angebotenen Zeugen aus eigener Anschauung nicht anzugeben.
Schließlich ist der Kläger auch seiner nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bestehenden Obliegenheit zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich, zumindest aber grob fahrlässig nicht nachgekommen. Denn er war durch das ihm im Januar 1997 ausgehändigte Merkblatt für Arbeitslose (Stand: April 1996) hinreichend über seine Pflicht zur Mitteilung einer Arbeitsaufnahme - auch als Selbstständiger oder mithelfender Familienangehöriger - und der Ausübung oder Aufnahme selbst einer nicht steuer- oder sozialversicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung belehrt worden (vgl. S. 50 Nrn. 2 und 5 des Merkblatts). Der Kläger hätte daher nach der ihm obliegenden und im übrigen auch durch seine Unterschrift bestätigten Kenntnisnahme vom Inhalt des Merkblattes wissen müssen, dass er zur Anzeige seiner Beschäftigungsaufnahme zum Zwecke der im Merkblatt ebenfalls angeführten Prüfung ihrer Leistungsschädlichkeit durch die Arbeitsverwaltung verpflichtet war.
Der Anspruch der Beklagten auf Erstattung des im Jahre 1998 überzahlten Arbeitslosengeldes sowie der in dieser Zeit entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ergibt sich aus den §§ 50 Abs. 1 SGB X, 335 SGB III).
3. Der auf Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 11.08.1998 gerichtete Hilfsantrag des Klägers hat ebenfalls keinen Erfolg. Denn für eine zu diesem Zeitpunkt wieder eingetretene Arbeitslosigkeit des Klägers besteht keinerlei Anhalt, zumal der Kläger im vorliegenden Berufungsverfahren selbst angegeben hat, an seiner Tätigkeit in der Toto Lotto Verkaufsstelle seiner Ehefrau habe sich im Verlaufe des Jahres 1998 nichts geändert.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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