Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 6 KN 4/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 KN 7/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. Januar 2004 wird zurückgewiesen. Der Bescheid vom 25. August 2005 wird insoweit aufgehoben, als damit die Rente des Klägers bis zum 31. August 2008 befristet wird. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte einen Bescheid, mit dem dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt wurde, zu Recht aufgehoben hat.
Der 1966 geborene Kläger legte am 13. Juli 1990 die Abschlussprüfung der Ingenieurschule für Geodäsie und Kartographie D in der Fachrichtung Geodäsie ab. Er arbeitet dann als Vermessungsingenieur. Bei einem Verkehrsunfall im Mai 1998 erlitt der Kläger ein Schädelhirntrauma dritten Grades, ein Hirnödem und eine posttraumatische Epilepsie. Er leidet an einer Myositis ossificans der Hüftgelenke.
Der Sozialmedizinische Dienst Cottbus der Beklagten gelangte im Gutachten vom 24. Juni 1999 zu der Auffassung, das Leistungsvermögen des Klägers für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit von wirtschaftlichem Wert sei aufgehoben. Es müsse von einem Dauerzustand ausgegangen werden, eine Nachuntersuchung sollte jedoch in zwei Jahren erfolgen, da gewisse Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustandes bestehe.
Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22. September 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis längstens zur Vollendung des 65. Lebensjahres ab 01. November 1998. Bei der Nachuntersuchung am 04. Dezember 2001 diagnostizierte die Chirurgin B eine bestehende Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke und des linken Ellenbogens, den Zustand nach Polytrauma bei Fahrrad-Verkehrsunfall sowie eine posttraumatische Epilepsie, bei der Anfallsfreiheit seit Juni 2000 bestehe. Es sei eine Besserung des Leistungsvermögens in körperlicher und geistiger Hinsicht gegenüber dem Vorgutachten vom Juni 1999 eingetreten. Der Kläger sei nunmehr in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten ohne Heben und Tragen schwerer Lasten ohne Steigen auf Leitern und Gerüste, ohne Absturzgefahr und ohne besonderen Zeitdruck vollschichtig auszuüben. Als Vermessungsingenieur könne er, da es sich dabei teilweise um geistig schwierige und teilweise um körperlich mittelschwere Arbeiten handele, nicht eingesetzt werden.
Mit Schreiben vom 13. Juni 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie beabsichtige, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu entziehen, Berufsunfähigkeit liege jedoch weiterhin vor. Sie gab dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme. Die beabsichtigte Umwandlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit begründete sie damit, der Kläger sei nunmehr wieder in der Lage, Berufstätigkeiten vollschichtig zu verrichten.
Der Kläger suchte am 21. Juni 2002 die Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherungsträger in Senftenberg auf und teilte mit, er sei wegen einer starken Anstrengung des Gedächtnisses und des Konzentrationsvermögens nicht in der Lage, Bürotätigkeiten zu verrichten.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 31. Juli 2002 die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Wirkung vom 01. September 2002 auf und bewilligte dem Kläger ab diesem Tage Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. Dezember 2002 (zugestellt am 09. Dezember 2002) zurück. Sie begründete dies damit, es sei eine wesentliche Veränderung in den Verhältnissen bei Leistungsgewährung eingetreten. Es sei nämlich eine Besserung des Leistungsvermögens sowohl in körperlicher als auch geistiger Hinsicht festgestellt worden.
Hiergegen hat sich die am 09. Januar 2003 beim Sozialgericht Cottbus erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger vorgetragen hat, er könne wegen starker Konzentrationsschwächen die von der Beklagten genannten Bürotätigkeiten nicht verrichten.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid vom 31. Juli 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Dezember 2002 aufzuheben.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt und sodann den Chefarzt der Orthopädischen Klinik im C Klinikum C Dr. L zum Sachverständigen ernannt. In dem am 11. Juli 2003 erstatteten Gutachten hat Dr. L folgende Diagnosen gestellt:
1. Zustand nach Polytrauma nach Fahrrad-Verkehrsunfall vom 21. Mai 1998 mit Schädel-Hirn-Trauma 3. Grades, Kontusionsblutungen rechts frontoperietal, Subdural-Hämatom rechts, Epidural Hämatom links, Hirnödem 2. Hirnorganisches Psychosyndrom, posttraumatische Epilepsie. Orientierter, verlangsamt reagierender Versicherter mit Konzentrationsschwächen im reduzierten Allgemeinzustand. 3. Zustand nach Clavicula-Mehrfachfraktur links, Impingement-Syndrom linke Schulter mit leichter Funktionseinschränkung, Exostenbildung linke Scapula, Zystenbildung linker Humeruskopf 4. Myositis ossifikans beider Hüftgelenke, Funktionseinschränkung links mehr als rechts, leichte bis mittelgradige Koxarthrose links, Femurkopfnekrose rechts 5. Rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom mit leichter Funktionseinschränkung, kein Radikulär-Syndrom, keine degenerativen und posttraumatischen Veränderungen 6. Leichte bis mittelgradige Ellenbogengelenksarthrose beidseits, Funktionseinschränkung links mehr als rechts, periartikuläre Verkalkung am Ellenbogengelenk links 7. Leichte bis mittelgradige posttraumatische Gonarthrose links mit Funktionseinschränkung und vorderer Instabilität 8. Endogenes Ekzem
Daraus ergebe sich eine Leistungsbeurteilung dahingehend, dass der Kläger nur noch drei bis sechs Stunden täglich leichte Arbeiten ausüben könne und dass aufgrund der zahlreichen geschädigten Gelenke ein vollschichtiger Arbeitseinsatz auch in Zukunft nicht zu erwarten sei. Im Gegenteil führten die vorhandenen degenerativen Veränderungen bei der ihnen inne wohnenden Progredienz sogar zu einer weiteren Einschränkung des körperlichen Leistungsvermögens. Wegen der verlangsamten Reaktionen des Klägers mit
Konzentrationsschwächen, die er bei seiner Untersuchung festgestellt habe, empfehle er eine neurologisch-psychiatrische Zusatzbegutachtung.
Zu diesem Gutachten hat der Ärztliche Dienst der Beklagten dahingehend Stellung genommen, dass in Bezug auf die qualitativen Leistungseinschränkungen Übereinstimmung bestehe, dass jedoch die Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit nicht durch zusätzliche Befunde begründet werde.
Mit Urteil vom 09. Januar 2004 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beweisaufnahme habe ergeben, dass sich an der Situation bei der Rentenbewilligung keine wesentliche Änderung ergeben habe. Der Kläger könne gegenwärtig nur drei bis sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten, so dass wegen der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes weiterhin Erwerbsunfähigkeit vorliege. Die Beklagte habe einen Teilzeitarbeitsplatz auch nicht angeboten. Die Wesentlichkeit der Änderung der Verhältnisse sei nicht am Gesundheitszustand des Klägers zu messen, der sich leicht gebessert haben mag, sondern an den Leistungseinschränkungen. Wenn aber nach wie vor volle Erwerbsunfähigkeit vorliege, so bestünde keine wesentliche Änderung.
Gegen dieses der Beklagten am 16. Januar 2004 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 09. Februar 2004. Nach dem Gutachten des Dr. L vom Juli 2003 könne der Kläger derzeit nur drei bis sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten, so dass gegenüber dem Vorgutachten vom Dezember 2001 von einer gesteigerten körperlichen Leistungsfähigkeit auszugehen sei. Die wesentliche Änderung bestehe in den tatsächlichen gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers: Bei Rentenbewilligung sei das Leistungsvermögen aufgehoben gewesen. Nunmehr könne er zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeiten. Daher sei lediglich wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes weiter Erwerbsunfähigkeit anzunehmen. Insoweit sei gegenüber dem Zeitpunkt der Rentenbewilligung ein neuer Leistungsfall, begründet durch die Arbeitsmarktlage, eingetreten, so dass lediglich eine befristete Rentenleistung wegen voller Erwerbsminderung in Betracht komme.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. Januar 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. August 2008 hinaus begehrt wird.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Befristung des Rentenanspruches im Bescheid vom 25. August 2005 aufzuheben.
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte, die keinen Aussetzungsantrag gestellt hat, dem Kläger zunächst die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit als Urteilsrente weitergezahlt und mit Bescheid vom 25. August 2005 dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31. August 2008 gewährt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Leistungsakte der Beklagten zur Versicherungsnummer verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da dem Kläger weiterhin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit zusteht. Daher war auch der entgegenstehende Bescheid vom 25. August 2005 insoweit aufzuheben, als er wiederum nur Zeitrente gewährt.
Der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Dezember 2002 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, so dass das dies aussprechende Urteil des Sozialgerichts keiner Beanstandung unterliegt. Diese Rechtswidrigkeit setzt sich im Bescheid vom 25. August 2005 fort, der auf den vorausgegangenen Bescheiden aufbaut. Die Beklagte durfte mit der von ihr abgegebenen Begründung die ursprünglich gewährte Rente nicht entziehen und damit auch keine "Umwandlung" in eine Zeitrente vornehmen.
Nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Entgegen der Auffassung der Beklagten war zu dem hier erheblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten.
Die Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. L, an deren Richtigkeit nunmehr auch die Beklagte nicht mehr zweifelt und von der nicht auszugehen auch der Senat ebenso wie das Sozialgericht keine Veranlassung hat, hat ergeben, dass beim Kläger zwar eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation dahingehend eingetreten ist, dass er nunmehr wieder drei bis sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten kann. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine wesentliche Änderung der Verhältnisse. Denn wesentlich ist eine Änderung dann, wenn die im Ausgangsbescheid enthaltene Regelung objektiv nicht mehr gerechtfertigt ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 60).
Sowohl zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides als auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides jedoch lag beim Kläger Erwerbsunfähigkeit vor. Daraus, dass die Erwerbsunfähigkeit ursprünglich darauf beruhte, dass der Kläger keinerlei Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten konnte und nunmehr darauf, dass er zwar noch Teilzeittätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben könnte, dies jedoch wegen des verschlossenen Arbeitsmarktes ausscheidet, vermag sich keine wesentliche Änderung der Verhältnisse zu ergeben. Verhältnisse, die zum gleichen rechtlichen Ergebnis führen, unterscheiden sich in Bezug auf die sozialrechtliche Beurteilung nicht wesentlich voneinander. Eine Änderung, die den Leistungsanspruch nicht berührt, kann nicht wesentlich sein. Der Anspruch auf Rentengewährung ist allerdings auch von der Arbeitsmarktlage abhängig. § 100 Abs. 3 SGB VI sieht jedoch eine nachträgliche Befristung eines Rentenanspruches für einen solchen Fall nicht vor. Damit fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte einen Bescheid, mit dem dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt wurde, zu Recht aufgehoben hat.
Der 1966 geborene Kläger legte am 13. Juli 1990 die Abschlussprüfung der Ingenieurschule für Geodäsie und Kartographie D in der Fachrichtung Geodäsie ab. Er arbeitet dann als Vermessungsingenieur. Bei einem Verkehrsunfall im Mai 1998 erlitt der Kläger ein Schädelhirntrauma dritten Grades, ein Hirnödem und eine posttraumatische Epilepsie. Er leidet an einer Myositis ossificans der Hüftgelenke.
Der Sozialmedizinische Dienst Cottbus der Beklagten gelangte im Gutachten vom 24. Juni 1999 zu der Auffassung, das Leistungsvermögen des Klägers für eine regelmäßige Erwerbstätigkeit von wirtschaftlichem Wert sei aufgehoben. Es müsse von einem Dauerzustand ausgegangen werden, eine Nachuntersuchung sollte jedoch in zwei Jahren erfolgen, da gewisse Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustandes bestehe.
Daraufhin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22. September 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis längstens zur Vollendung des 65. Lebensjahres ab 01. November 1998. Bei der Nachuntersuchung am 04. Dezember 2001 diagnostizierte die Chirurgin B eine bestehende Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke und des linken Ellenbogens, den Zustand nach Polytrauma bei Fahrrad-Verkehrsunfall sowie eine posttraumatische Epilepsie, bei der Anfallsfreiheit seit Juni 2000 bestehe. Es sei eine Besserung des Leistungsvermögens in körperlicher und geistiger Hinsicht gegenüber dem Vorgutachten vom Juni 1999 eingetreten. Der Kläger sei nunmehr in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel der Haltungsarten ohne Heben und Tragen schwerer Lasten ohne Steigen auf Leitern und Gerüste, ohne Absturzgefahr und ohne besonderen Zeitdruck vollschichtig auszuüben. Als Vermessungsingenieur könne er, da es sich dabei teilweise um geistig schwierige und teilweise um körperlich mittelschwere Arbeiten handele, nicht eingesetzt werden.
Mit Schreiben vom 13. Juni 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie beabsichtige, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu entziehen, Berufsunfähigkeit liege jedoch weiterhin vor. Sie gab dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme. Die beabsichtigte Umwandlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit begründete sie damit, der Kläger sei nunmehr wieder in der Lage, Berufstätigkeiten vollschichtig zu verrichten.
Der Kläger suchte am 21. Juni 2002 die Auskunfts- und Beratungsstelle der Rentenversicherungsträger in Senftenberg auf und teilte mit, er sei wegen einer starken Anstrengung des Gedächtnisses und des Konzentrationsvermögens nicht in der Lage, Bürotätigkeiten zu verrichten.
Die Beklagte hob mit Bescheid vom 31. Juli 2002 die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit Wirkung vom 01. September 2002 auf und bewilligte dem Kläger ab diesem Tage Rente wegen Berufsunfähigkeit.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03. Dezember 2002 (zugestellt am 09. Dezember 2002) zurück. Sie begründete dies damit, es sei eine wesentliche Veränderung in den Verhältnissen bei Leistungsgewährung eingetreten. Es sei nämlich eine Besserung des Leistungsvermögens sowohl in körperlicher als auch geistiger Hinsicht festgestellt worden.
Hiergegen hat sich die am 09. Januar 2003 beim Sozialgericht Cottbus erhobene Klage gerichtet, zu deren Begründung der Kläger vorgetragen hat, er könne wegen starker Konzentrationsschwächen die von der Beklagten genannten Bürotätigkeiten nicht verrichten.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid vom 31. Juli 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Dezember 2002 aufzuheben.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen.
Das Sozialgericht hat zunächst Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt und sodann den Chefarzt der Orthopädischen Klinik im C Klinikum C Dr. L zum Sachverständigen ernannt. In dem am 11. Juli 2003 erstatteten Gutachten hat Dr. L folgende Diagnosen gestellt:
1. Zustand nach Polytrauma nach Fahrrad-Verkehrsunfall vom 21. Mai 1998 mit Schädel-Hirn-Trauma 3. Grades, Kontusionsblutungen rechts frontoperietal, Subdural-Hämatom rechts, Epidural Hämatom links, Hirnödem 2. Hirnorganisches Psychosyndrom, posttraumatische Epilepsie. Orientierter, verlangsamt reagierender Versicherter mit Konzentrationsschwächen im reduzierten Allgemeinzustand. 3. Zustand nach Clavicula-Mehrfachfraktur links, Impingement-Syndrom linke Schulter mit leichter Funktionseinschränkung, Exostenbildung linke Scapula, Zystenbildung linker Humeruskopf 4. Myositis ossifikans beider Hüftgelenke, Funktionseinschränkung links mehr als rechts, leichte bis mittelgradige Koxarthrose links, Femurkopfnekrose rechts 5. Rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom mit leichter Funktionseinschränkung, kein Radikulär-Syndrom, keine degenerativen und posttraumatischen Veränderungen 6. Leichte bis mittelgradige Ellenbogengelenksarthrose beidseits, Funktionseinschränkung links mehr als rechts, periartikuläre Verkalkung am Ellenbogengelenk links 7. Leichte bis mittelgradige posttraumatische Gonarthrose links mit Funktionseinschränkung und vorderer Instabilität 8. Endogenes Ekzem
Daraus ergebe sich eine Leistungsbeurteilung dahingehend, dass der Kläger nur noch drei bis sechs Stunden täglich leichte Arbeiten ausüben könne und dass aufgrund der zahlreichen geschädigten Gelenke ein vollschichtiger Arbeitseinsatz auch in Zukunft nicht zu erwarten sei. Im Gegenteil führten die vorhandenen degenerativen Veränderungen bei der ihnen inne wohnenden Progredienz sogar zu einer weiteren Einschränkung des körperlichen Leistungsvermögens. Wegen der verlangsamten Reaktionen des Klägers mit
Konzentrationsschwächen, die er bei seiner Untersuchung festgestellt habe, empfehle er eine neurologisch-psychiatrische Zusatzbegutachtung.
Zu diesem Gutachten hat der Ärztliche Dienst der Beklagten dahingehend Stellung genommen, dass in Bezug auf die qualitativen Leistungseinschränkungen Übereinstimmung bestehe, dass jedoch die Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit nicht durch zusätzliche Befunde begründet werde.
Mit Urteil vom 09. Januar 2004 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beweisaufnahme habe ergeben, dass sich an der Situation bei der Rentenbewilligung keine wesentliche Änderung ergeben habe. Der Kläger könne gegenwärtig nur drei bis sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten, so dass wegen der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes weiterhin Erwerbsunfähigkeit vorliege. Die Beklagte habe einen Teilzeitarbeitsplatz auch nicht angeboten. Die Wesentlichkeit der Änderung der Verhältnisse sei nicht am Gesundheitszustand des Klägers zu messen, der sich leicht gebessert haben mag, sondern an den Leistungseinschränkungen. Wenn aber nach wie vor volle Erwerbsunfähigkeit vorliege, so bestünde keine wesentliche Änderung.
Gegen dieses der Beklagten am 16. Januar 2004 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 09. Februar 2004. Nach dem Gutachten des Dr. L vom Juli 2003 könne der Kläger derzeit nur drei bis sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten, so dass gegenüber dem Vorgutachten vom Dezember 2001 von einer gesteigerten körperlichen Leistungsfähigkeit auszugehen sei. Die wesentliche Änderung bestehe in den tatsächlichen gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers: Bei Rentenbewilligung sei das Leistungsvermögen aufgehoben gewesen. Nunmehr könne er zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeiten. Daher sei lediglich wegen der Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarktes weiter Erwerbsunfähigkeit anzunehmen. Insoweit sei gegenüber dem Zeitpunkt der Rentenbewilligung ein neuer Leistungsfall, begründet durch die Arbeitsmarktlage, eingetreten, so dass lediglich eine befristete Rentenleistung wegen voller Erwerbsminderung in Betracht komme.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 09. Januar 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. August 2008 hinaus begehrt wird.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Befristung des Rentenanspruches im Bescheid vom 25. August 2005 aufzuheben.
Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte, die keinen Aussetzungsantrag gestellt hat, dem Kläger zunächst die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit als Urteilsrente weitergezahlt und mit Bescheid vom 25. August 2005 dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31. August 2008 gewährt.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Leistungsakte der Beklagten zur Versicherungsnummer verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da dem Kläger weiterhin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit zusteht. Daher war auch der entgegenstehende Bescheid vom 25. August 2005 insoweit aufzuheben, als er wiederum nur Zeitrente gewährt.
Der Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Dezember 2002 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, so dass das dies aussprechende Urteil des Sozialgerichts keiner Beanstandung unterliegt. Diese Rechtswidrigkeit setzt sich im Bescheid vom 25. August 2005 fort, der auf den vorausgegangenen Bescheiden aufbaut. Die Beklagte durfte mit der von ihr abgegebenen Begründung die ursprünglich gewährte Rente nicht entziehen und damit auch keine "Umwandlung" in eine Zeitrente vornehmen.
Nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Entgegen der Auffassung der Beklagten war zu dem hier erheblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides keine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten.
Die Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. L, an deren Richtigkeit nunmehr auch die Beklagte nicht mehr zweifelt und von der nicht auszugehen auch der Senat ebenso wie das Sozialgericht keine Veranlassung hat, hat ergeben, dass beim Kläger zwar eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation dahingehend eingetreten ist, dass er nunmehr wieder drei bis sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichten kann. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine wesentliche Änderung der Verhältnisse. Denn wesentlich ist eine Änderung dann, wenn die im Ausgangsbescheid enthaltene Regelung objektiv nicht mehr gerechtfertigt ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 60).
Sowohl zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides als auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides jedoch lag beim Kläger Erwerbsunfähigkeit vor. Daraus, dass die Erwerbsunfähigkeit ursprünglich darauf beruhte, dass der Kläger keinerlei Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert mehr verrichten konnte und nunmehr darauf, dass er zwar noch Teilzeittätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben könnte, dies jedoch wegen des verschlossenen Arbeitsmarktes ausscheidet, vermag sich keine wesentliche Änderung der Verhältnisse zu ergeben. Verhältnisse, die zum gleichen rechtlichen Ergebnis führen, unterscheiden sich in Bezug auf die sozialrechtliche Beurteilung nicht wesentlich voneinander. Eine Änderung, die den Leistungsanspruch nicht berührt, kann nicht wesentlich sein. Der Anspruch auf Rentengewährung ist allerdings auch von der Arbeitsmarktlage abhängig. § 100 Abs. 3 SGB VI sieht jedoch eine nachträgliche Befristung eines Rentenanspruches für einen solchen Fall nicht vor. Damit fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
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